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Antifaschismus

Brandenburg an der Havel: Nach Brandanschlag Zeichen gegen zunehmende Fremdenfeindlichkeit gesetzt


An ein­er Kundge­bung „gegen Frem­den­hass und geistige Brand­s­tiftung“ in Bran­den­burg an der Hav­el haben sich am frühen Abend, trotz strö­menden Regen, unge­fähr 50 Men­schen beteiligt. Sie waren dem Aufruf ein­er Ini­tia­tive zweier Einzelper­so­n­en gefol­gt, die mit dieser Ver­samm­lung ein Zeichen set­zen woll­ten. Hin­ter­grund war der mut­maßliche Bran­dan­schlag auf eine geplante Flüchtling­sun­terkun­ft in der ver­gan­genen Woche. Die Kundge­bung fand deshalb auch in unmit­tel­bar­er Nähe des Tatortes am Nico­laiplatz statt. Als Red­ner trat­en die bei­den Ini­tia­toren Chriss Kühnl und Sebas­t­ian Möck­el auf. Bei­de verurteil­ten die Tat, Kühnl zu dem auch expliz­it die, sein­er Mei­n­ung nach, dafür ver­ant­wortliche Het­ze bes­timmter poli­tis­ch­er Organ­i­sa­tio­nen. Sebas­t­ian Möck­el warnte zudem vor neon­azis­tis­chen Aktiv­itäten im Stadt­ge­bi­et von Bran­den­burg an der Hav­el und wider­sprach dabei deut­lich einem Bericht ein­er Lokalzeitung, dem­nach keine Szen­estruk­turen erkennbar wären. Erst wenige Stun­den vor dem Bran­dan­schlag, so hät­ten es ihm Anwohner_innen berichtet, soll eine Gruppe mut­maßlich­er Neon­azis durch die Alt­stadt gezo­gen sein. Diese solle auch ver­fas­sungswidrige Parolen skandiert haben, so Möck­el in sein­er Rede.
Polizeiliche Ermit­tlun­gen zur Bran­dur­sache laufen
Das momen­tan vom Brand betrof­fene, derzeit noch leer­ste­hende Gebäude am Nico­laiplatz war von der Stadt Bran­den­burg als Notun­terkun­ft für Flüchtlinge geplant. Gemäß Polizeiangaben vom 27. Novem­ber 2015 war das Feuer von einem Zeu­gen ent­deckt und anschließend von der Feuer­wehr gelöscht wor­den. Von den Flam­men betrof­fen soll jedoch nur der Rah­men eines Außen­fen­sters sein, möglicher­weise auch deshalb weil der Brand rechtzeit­ig ent­deckt wurde. Der polizeiliche Staatss­chutz (Dez­er­nat 2) der Polizei­di­rek­tion West habe inzwis­chen die Ermit­tlun­gen zum Ver­dacht der Brand­s­tiftung übernommen.Ein frem­den­feindlich­er Hin­ter­grund der mut­maßlichen Bran­dle­gung sei momen­tan nicht auszuschließen.
Zunahme frem­den­feindlich motiviert­er Straftaten
Lei­der war der mut­maßliche Bran­dan­schlag auch nicht der erste Ver­such in Bran­den­burg an der Hav­el mit gemeinge­fährlichen Mit­teln Flüchtlinge zu vertreiben bzw. ihre Unter­bringung in der Stadt zu ver­hin­dern. Bere­its am 25. Juli 2015 hat­te es vor der Woh­nung ein­er geflüchteten Fam­i­lie aus Inguschetien gebran­nt. Auch hier wurde der Brand schnell gelöscht und schlim­meres verhindert.
Wie aus ein­er Anfrage der Land­tagsab­ge­ord­neten Andrea Jolige (DIE.LINKE) vorge­ht, nah­men die Attack­en auf Flüchtlinge und deren Unterkün­fte auch lan­desweit zu. Allein von Juli bis Sep­tem­ber 2015 habe die Polizei dem­nach 51 dieser Straftat­en gezählt, von Jan­u­ar bis Juni 2015 waren es 26.Im gesamten Jahr 2014 wur­den allerd­ings „bloß“ 36 Angriffe auf Flüchtlinge und deren Unterkün­fte gezählt, 2013 sog­ar „nur“ 15.
Frem­den­feindlichkeit spür­bar wie lange nicht mehr
Neben den Straftat­en mit mut­maßlich frem­den­feindlichen Hin­ter­grund haben übri­gens auch die Ver­samm­lun­gen mit der­ar­tigem Charak­ter zugenom­men. Dies geht eben­falls aus der Anfrage der Land­tagsab­ge­ord­neten Jolige her­vor. Dem­nach haben Ver­anstal­tun­gen, die sich gegen Flüchtlinge und die Asylpoli­tik richt­en, von 61 im Jahr 2013, auf 130 im Jahr 2014 und bisher175 im laufend­en Jahr erhöht. Dabei wur­den auch die Ver­samm­lun­gen ver­meintlich­er „Bürg­erini­tia­tiv­en“, der „BraMM/PEGIDA“ und der „Alter­na­tive für Deutsch­land“ (AfD) berück­sichtigt. Für eine Vielzahl dieser Ver­samm­lun­gen sind aber nach wie vor ein­schlägige Neon­azis ver­ant­wortlich, die sich in der NPD, im „drit­ten Weg“ oder so genan­nten „Freien Kräften“ organisieren.
Aktuelle Ten­den­zen im Bran­den­burg­er Neonazimileu
Für die Stadt Bran­den­burg an der Hav­el ist eine ähn­liche Entwick­lung erkennbar. Allein fünf­mal zog im ersten Hal­b­jahr 2015 die ursprünglich von einem Repub­likan­er ini­ti­ierte „BraMM/PEGIDA“ durch die Havel­stadt, ein­mal kam die NPD und ein­mal der „dritte Weg“. Alle Drei eint ihre ablehnende Hal­tung gegenüber Flüchtlin­gen. Die schein­bare Aktiv­ität der genan­nten Organ­i­sa­tio­nen kon­nte jedoch nicht darüber hin­wegtäuschen, dass deren lokale Ver­ankerung nur bed­ingt vorhan­den ist. Der Stadtver­band der NPD ist schon seit Jahren inak­tiv, „drit­ter Weg“ und „BraMM“ haben über­haupt keine öffentlich erkennbaren Lokalgliederun­gen vor Ort. Den­noch sind sehr wohl aktive Einzelper­so­n­en und kleinere Grup­pen aus Bran­den­burg an der Hav­el bekan­nt, die regelmäßig an Ver­samm­lun­gen der genan­nten Organ­i­sa­tio­nen teil­nehmen. Beson­ders auf­fäl­lig war dies­bezüglich eine lose Gemein­schaft von fünf bis zehn Per­so­n­en, die in der Kon­stel­la­tion erst seit 2014 auftritt. Bei Aufmärschen und Kundge­bun­gen fällt diese Gruppe sowohl durch ein­heitlich gestal­tete Klei­dungsstücke mit der Auf­schrift „Divi­sion Bran­den­burg“ als auch zu ihrer Nähe zum „drit­ten Weg“ auf. Sie gilt fern­er nicht nur als aktion­saf­fin, son­dern tritt dur­chaus auch als gewalt­suchend auf. Am 20. Feb­ru­ar 2015 provozierten beispiel­sweise mehrere Mit­glieder dieser Gruppe, zu der u.a. auch der mehrfach vorbe­strafte Totschläger Sascha L. gehören soll, während eines Gedenkspazier­ganges für den 1996 von L. getöteten Punker Sven Beuter.
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Sonstiges

Flüchtlingspolitische Initiativen aus Brandenburg vereinbaren Zusammenarbeit auf Landesebene

Am 28. und 29. Novem­ber trafen sich in Blossin Aktive aus Ini­tia­tiv­en, die in elf Bran­den­burg­er Land­kreisen für die Unter­stützung von Geflüchteten wirken. Das Tre­f­fen wurde organ­isiert von Ini­tia­tiv­en aus den Land­kreisen Dahme-Spree­wald, Uck­er­mark und Ober­hav­el sowie der Aktion Schutzschild der Amadeu Anto­nio Stiftung und dem Flüchtlingsrat Bran­den­burg. Die Opfer­per­spek­tive e.V. brachte ihre Exper­tise zum The­ma Schutz vor rechter Gewalt und Umgang mit Diskri­m­inierung ein.
Im Vorder­grund des Tre­f­fens stand die lan­desweite Ver­net­zung und der Aus­tausch von Erfahrun­gen und Fach­in­for­ma­tio­nen zu The­men wie konkrete Unter­stützung, Asyl­rechtsver­schär­fun­gen und dro­hen­den Abschiebun­gen, Umgang mit rechter Gewalt und Bedro­hun­gen, Möglichkeit­en der Ein­flussnahme auf kom­mu­naler Ebene, Par­tizipa­tion Geflüchteter sowie die Unter­stützung von Flüchtlin­gen in Sam­melun­terkün­ften und Erstaufnahmeeinrichtungen.
Die Willkom­mensini­tia­tiv­en haben die bun­desweit­en Asyl­rechtsver­schär­fun­gen kri­tisiert und eine lan­desweite Zusammenarbeit
sowie kon­tinuier­lichen Erfahrungsaus­tausch zu flüchtlingspoli­tis­chen The­men verabre­det. Auf dem Tre­f­fen wurde auch die Poli­tik der Lan­desregierung und das Ver­wal­tung­shan­deln der Land­kreise kri­tisch diskutiert.
Angesichts man­gel­nder oder fehlen­der Auf­nahme- und Ver­sorgungsstruk­turen beklagten viele Aktive eine sys­tem­a­tis­che Vere­in­nah­mung ihres ehre­namtlichen Engage­ments. In zahlre­ichen Einzelfällen und auf unbes­timmte Zeit sind es ehre­namtlich Aktive, die staatliche Ver­sorgungsaus­fälle aus­gle­ichen und mit unsin­ni­gen geset­zlichen Regelun­gen zu kämpfen haben. Zusät­zlich belas­ten die Ehre­namtlichen Anfein­dun­gen von Rechts, denen sie bere­its aus­ge­set­zt sind oder die sie befürcht­en müssen.
Ein weit­eres Ver­net­zungstr­e­f­fen wurde für das kom­mende Jahr vereinbart.

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Flucht & Migration

Gemeinsam gegen Hetze, Ausgrenzung, Unmenschlichkeit!


Für Mon­tag, den 30.11. wird im Inter­net erneut zu ein­er Demon­stra­tion gegen das ange­bliche Asylchaos aufgerufen. Wir stellen uns dage­gen und tre­f­fen uns um 19.00 Uhr in der Alt­stadt. Wir wollen in Straus­berg weit­er friedlich zusam­men leben! Gemein­sam gegen Het­ze, Aus­gren­zung, Unmenschlichkeit!
Wer jet­zt den Weg über das Mit­telmeer hier­her schafft, flieht unter Lebens­ge­fahr vor Krieg, aus zer­störten Län­dern, vor unmen­schlichen Zustän­den und Hunger in Flüchtlingslagern. Wenn wir diesen Men­schen ein men­schen­würdi­ges Leben bieten wollen, muss deshalb keine Straus­berg­erin und kein Straus­berg­er sein Zuhause ver­lassen, nie­mand ist dadurch in sein­er Exis­tenz bedro­ht. Viele von uns helfen — beru­flich, ehre­namtlich, pri­vat. Wir wollen hier weit­er friedlich zusam­men leben, egal, wer wo geboren und aufgewach­sen ist.
Kriegs­flüchtlinge, Asyl­be­wer­ber und Migranten sind für die Organ­isatoren solch­er Demon­stra­tio­nen das eigentliche Ziel. Lügen, Ver­drehun­gen, Gerüchte über frei erfun­dene Gewalt­tat­en begleit­en Parolen gegen “Rund­funk-Steuer, Gen­der­wahn, Islamisierung, Gren­zkrim­i­nal­ität, Hartz IV-Betrug, Min­dest­lohn­lüge, Inte­gra­tionsin­dus­trie”. Alle sollen sich dahin­ter ver­sam­meln kön­nen, die Unzufriede­nen und die, die schon immer mal um sich schla­gen woll­ten. Organ­isatoren, Mitläuferin­nen und Mitläufer wis­sen und lassen es zu, dass solche Demon­stra­tio­nen die Anschläge auf Unterkün­fte und Men­schen befeuern. Von Anfang an sind recht­sradikale Drahtzieher die Prof­i­teure solch­er Demon­stra­tio­nen und Aktio­nen von Pegi­da und Co. Wer diesen Parolen fol­gt, demon­stri­ert seine Bere­itschaft, Gewalt in den All­t­ag zu tra­gen, Hass zu recht­fer­ti­gen, Gesund­heit und Leben von Men­schen zu beschädigen.
Wir lehnen die Dif­famierung und Aus­gren­zung von Men­schen ab: Es gibt kein einziges Prob­lem, das mit Hass und Gewalt gegen Aus­län­derin­nen und Aus­län­der gelöst wer­den kön­nte, außer unbe­friedigten ras­sis­tis­chen Gewalt­phan­tasien. Wer das bestre­it­et, belügt sich und andere und will mit Ras­sis­mus nach und nach die Grund­la­gen unseres Zusam­men­lebens zerstören.
Stellen Sie sich mit uns dieser ras­sis­tis­chen Ver­het­zung ent­ge­gen! Am Mon­tag, 30. Novem­ber, 19 Uhr, Straus­berg, Buch­horst / Müncheberg­er Straße.
„Straus­berg­er Bünd­nis für Menschlichkeit“

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Antifaschismus

Genthin: Brandenburger Neonazis veranstalteten Kundgebung des „dritten Weges“


An ein­er Ver­samm­lung der Partei des „drit­ten Weges“ auf dem Mark­t­platz in Gen­thin (Sach­sen-Anhalt) nah­men heute Mit­tag unge­fähr 30 Per­so­n­en, darunter auch eine Del­e­ga­tion der Partei DIE.RECHTE aus den Land­kreisen Jeri­chow­er Land und Sten­dal, teil. Die Ver­anstal­tung war sta­tionär, als Kundge­bung, angemeldet und bein­hal­tete im Wesentlichen die Auf­stel­lung eines Info­tis­ches, das Verteilen von Pro­pa­gan­da sowie das Abhal­ten zweier Rede­beiträge. Gegen die neon­azis­tis­che Ver­samm­lung protestierte eine Gruppe von unge­fähr 20 Men­schen unter dem Mot­to „Nie wieder Faschis­mus“. Die Proteste waren erst vor Ort angemeldet worden.
Der dritte Weg in Sachsen-Anhalt
Der dritte Weg trat im Bun­des­land Sach­sen-Anhalt erst­mals am 21. Juni 2014 während eines Auf­marsches in Merse­burg in Erschei­n­ung, gut sechs Monate später, am 6. Dezem­ber 2015, erfol­gte am sel­ben Ort eine Infover­anstal­tung. Seit dem 4. April 2015 existiert eben­falls dort, ein­schließlich der Großstädte Halle/Saale und Leipzig, ein Stützpunkt „Mit­tel­land“.
Im Nor­den Sach­sen-Anhalts war die 2013 gegrün­dete „Partei“ jedoch bish­er noch nicht aktiv.
Für den Land­kreis Jeri­chow­er-Land sieht sich eher deren schein­bare Konkur­ren­z­partei DIE.RECHTE, deren Gebi­et­sleit­er Ingo Zim­mer­mann in Burg bei Magde­burg resi­diert, zuständig. Allerd­ings scheint es doch fre­und­schaftliche Verbindun­gen zwis­chen den bei­den „Parteien“ zu geben. So nahm Zim­mer­mann heute mit ein­er kleinen Del­e­ga­tion aus Burg und Sten­dal an der Kundge­bung des „drit­ten Weges“ Teil. Dabei trug er auch einen offen­bar bewusst gewählten Pullover mit der Auf­schrift „DIE.RECHTE – Kreisver­band Magde­burg / Jeri­chow­er Land“.
Der dritte Weg in Genthin
Den­noch scheint es auch in Gen­thin Einzelper­so­n­en zu geben, die sich eher dem „drit­ten Weg“ zuge­hörig fühlen. Im Ort macht seit ger­aumer Zeit zumin­d­est eine junge Dame mit der Ver­bre­itung der­ar­tige Pro­pa­gan­da auf sich aufmerk­sam. Diese scheint auch in enger Beziehung zu der vor allem in einem sozialen Inter­net­net­zw­erk aktiv­en Ini­tia­tive „Keine Erstauf­nahmestelle in Gen­thin“ zu ste­hen. Auch für die heutige Ver­samm­lung hat­te die junge Frau gewor­ben, nahm jedoch nicht an dieser Teil. Sie wur­den allerd­ings, etwas abseits mit einem Begleit­er ste­hend, erkannt.
Weit­er­hin hat­ten Unbekan­nte, offen­bar im Vor­feld der heuti­gen Ver­samm­lung auf dem Mark­t­platz, im Stadt­ge­bi­et von Gen­thin mehrere Plakate des „drit­ten Weges“ mit der Auf­schrift: „Asylflut stop­pen“ angebracht.
Ob das Engage­ment des „drit­ten Weges“ mit „Protesten“ gegen die Unter­bringung von Flüchtlin­gen im Ort oder gar den kom­menden Land­tagswahlen im März 2016 zusam­men­hängt blieb hinge­gen unklar. Neben den auswär­ti­gen Neon­azis nah­men jeden­falls auch Einzelper­so­n­en aus der Stadt Gen­thin und dem näheren Umland teil.
Unter­stützung aus Brandenburg
Angemeldet wor­den war die Ver­samm­lung heute Mit­tag jedoch offen­bar von Bran­den­burg­er Neon­azis. Eine Abor­d­nung mehrerer Autos aus Pots­dam und Pots­dam-Mit­tel­mark war kurz vor 10.00 Uhr am Ver­samm­lung­sort eingetrof­fen. Als polizeilich­er Ansprech­part­ner und augen­schein­lich­er Ver­samm­lungsleit­er trat Manuel Schmidt aus Kloster Lehnin auf. Als Red­ner fungierte u.a. der ursprünglich aus Bad Belzig stam­mende Pas­cal Stolle. In seinem Rede­beitrag nahm Stolle kein Blatt vor dem Mund, meinte in seinem neuen Wohnort Eisen­hüt­ten­stadt ange­blich „vor lauter Aus­län­der … nicht mehr treten“ zu kön­nen, verunglimpfte „Schwarzafrikan­er“ pauschal als „Dro­gen­deal­er“ und sprach im Hin­blick auf die steigen­den Flüchtlingszahlen von ein­er „Über­schwem­mung“ durch „Frem­dras­sige“.
Wieder­se­hen in Genthin
Ein Teil der heuti­gen Sympathisant_innen der Partei „der dritte Weg“ waren heute übri­gens nicht das erste mal in Gen­thin. Einzelper­so­n­en aus Pots­dam und Pots­dam-Mit­tel­mark, darunter auch Manuel Schmidt, nah­men bere­its am 7. Juni 2008 an einem Auf­marsch der „Jun­gen Nation­aldemokrat­en“ (JN) in der sach­sen-anhal­tinis­chen Kle­in­stadt teil. Unter dem Mot­to „Nationale Zen­tren erkämpfen – Polizeis­taat abschal­ten“ hat­ten damals unge­fähr 200 Neon­azis für den Erhalt eines Szen­e­tr­e­ff­punk­tes demon­stri­ert, in dem auch ein­schlägige Rechts Rock Konz­erte stat­tfan­den. Zu dieser Zeit gab es eine enge Verbindung zwis­chen den JN-nahen „Freien Kräften Gen­thin“ und den aus dem Pots­damer JN Stützpunkt her­vorge­gan­genen „Freien Kräften Pots­dam“, die später als „Infor­por­tal Pots­dam“ und „Lichtschat­ten“ in Erschei­n­ung trat­en und nun­mehr den harten Kern des Stützpunk­tes „Potsdam/Mittelmark“ inner­halb des „drit­ten Weges“ bilden.
Aus dem sach­sen-anhal­tinis­chen Stützpunkt „Mit­tel­land“ war heute hinge­gen offen­bar nie­mand angereist.
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(Anti-)Rassismus

Antifa Jugend zum Anschlag auf Notunterkunft

In der Nacht vom 26. auf den 27. Novem­ber verübten bish­er unbekan­nte Täter_innen auf das Gebäude der alten Nico­lais­chule einen Bran­dan­schlag. Das Haus sollte in den kom­menden Wochen als Notun­terkun­ft für Geflüchtete dienen. In Vor­bere­itung auf die Bele­gung wur­den die einzel­nen Räume schon ein­gerichtet und das ehe­mals als Schule genutzte Gebäude ist bere­it für die Belegung.
Während ein­er Einwohner_innenversammlung am 27. Okto­ber wurde von der Stadtver­wal­tung deut­lich gemacht, dass dieses Gebäude nur eine Zwis­chen­lö­sung sei, denn im Anschluss braucht die neu ent­standene Medi­zinis­che Hochschule die Räume für ihre Zwecke. Gle­ichzeit­ig gehörte diese Einwohner_innenversammlung zu denen, die am wenig­sten Diskus­sio­nen hervorbrachten.
Dass dieser Anschlag nicht aus heit­erem Him­mel kommt, son­dern es schon seit Beginn des Jahres ver­mehrt ras­sis­tis­che und neon­azis­tis­che Aktio­nen, Kundge­bun­gen und Demon­stra­tio­nen gibt, muss allen klar sein. Den Anfang machte der lokale PEGI­DA-Ableger BraMM mit ins­ge­samt fünf Spaziergän­gen. Es fol­gten Kundge­bun­gen des neon­azis­tis­chen III. Wegs und der NPD. Gle­ichzeit­ig treten wieder ver­mehrt Aufk­le­ber, Plakate und Flug­blät­ter dieser Organ­i­sa­tio­nen in der Havel­stadt auf. Des Weit­eren nah­men bei zahlre­ichen Demon­stra­tio­nen und Kundge­bun­gen im Land Bran­den­burg wieder­holt Neon­azis aus Bran­den­burg an der Hav­el teil.
Neben diesen poli­tis­chen Aktio­nen gibt es aber auch immer wieder Über­griffe auf Geflüchtete, so wurde beispiel­sweise am 09. März ein Keni­an­er in der Straßen­bahn belei­digt und geschla­gen und am 24. Juli wird ein Tune­si­er ras­sis­tisch belei­digt und geschla­gen. Hinzu kom­men zahlre­iche all­t­agsras­sis­tis­che Erfahrun­gen von Geflüchteten, welche nicht zur Anzeige gebracht wur­den. Hierzu zählen das Anrem­peln von Geflüchteten, dass vor ihnen Ausspuck­en oder ras­sis­tis­che Beleidigungen.
Es ist somit eine Kon­ti­nu­ität von ras­sis­tis­chen und neon­azis­tis­chen Aktiv­itäten in der Havel­stadt zu erken­nen, waren es am Anfang des Jahres nur Demon­stra­tio­nen und Kundge­bun­gen, sind es mit­tler­weile Über­griffe und Brandanschläge.
Wir wis­sen wohin solche Tat­en führen kön­nen, die Bilder von Ros­tock-Licht­en­hagen und Mölln haben wir nicht vergessen, genau­so wenig den Mord an Sven Beuter in Bran­den­burg an der Hav­el. Der Wind dreht sich, wenige ras­sis­tis­che und neon­azis­tis­che Bürger_innen machen gegen Geflüchtete Stim­mung und es ist an uns ihnen ent­ge­gen zu treten. Wenn geplante Unterkün­fte bren­nen, wenn Men­schen auf­grund ihrer Herkun­ft oder auf­grund ihres Engage­ments für Geflüchtete sich nicht mehr sich­er fühlen und die Polizei zuschaut, ist es an der Zeit sich zu organ­isieren und zu wehren.
Wir dür­fen einen neon­azis­tis­chen und ras­sis­tis­chen Ter­ror wie in den 1990er Jahren in der Stadt nicht dulden, wir dür­fen es nicht zulassen, dass Men­schen die vor Krieg, Hunger und Armut fliehen hier in Angst leben müssen, wir müssen uns zusam­men­tun und gemein­sam gegen Ras­sis­mus, Neon­azis­mus und Diskri­m­inierung aufbegehren.
Organ­isiert euch!
Bildet euch!
Wehrt euch!

Linksju­gend [´sol­id] Bran­den­burg an der Havel
Antifa Jugend Brandenburg

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(Anti-)Rassismus Antifaschismus Flucht & Migration

Oranienburg/Cottbus: Rechte Versammlungen ohne Gegenwehr

INFORIOT Diese Woche fan­den in Bran­den­burg erneut mehrere neon­azis­tis­che Aufmärsche statt. Am Dien­stag marschierte die sog. “Bürg­er­wehr Havel­land” mit knapp 600 Per­so­n­en durch Rathenow. 270 Per­so­n­en nah­men am siebten “Abendspazier­gang” in Oranien­burg teil und in Cot­tbus führte die AfD eine Demon­stra­tion mit knapp 600 Teil­nehmerIn­nen durch. Neben den Bran­den­burg­er AfD-Frak­tionsvor­sitzen­den und Bun­des-Vize Alexan­der Gauland, sprach in Cot­tbus eben­falls der Thüringer AfD-Lan­desvor­sitzende Björn Höcke. Am Fre­itag fand in Cot­tbus-Sach­sendorf außer­dem eine weit­ere NPD Kundge­bung statt.
Oranien­burg: 270 bei recht­en “Abendspazier­gang”

Demonstration in Oranienburg am 25. November. Bild: Sören Kohlhuber
Demon­stra­tion in Oranien­burg am 25. Novem­ber. Bild: Sören Kohlhuber

Am Mittwoch marschierten zum siebten Mal Ras­sistIn­nen und Neon­azis gegen Geflüchtete in Oranien­burg auf. An der Demon­stra­tion, die durch die dun­klen Straßen Oranien­burgs führte, nah­men knapp 270 Men­schen teil. Wie auch schon die Aufmärsche zuvor, wurde die Ver­anstal­tung durch die örtliche NPD unter­stützt und ange­führt (Infori­ot berichtete). Die Eröff­nungsrede hielt wie schon die Aufmärsche zuvor das ver­meintliche JN und NPD Mit­glied Mar­tin Ulbrecht. Die mobile Sprechan­lage betreute des bekan­nte JN Mit­glied Philipp Bad­c­zong. Auch aus den benach­barten Land­kreisen Ost­prig­nitz-Rup­pin und Barn­im waren Neon­azis angereist. So war der Neu­rup­pin­er NPD Stadtverod­nete Dave Trick, sowie der NPDler Andreas Rokohl. Zu dem wurde das NPD-Trans­par­ent zur aktuellen Kam­pagne “Asyl­be­trug macht uns arm” auf der Demon­stra­tion mitgeführt.
rechts: Philipp Badczong beim Abrichten der mobilen Musikanlage.  Bild: Sören Kohlhuber
rechts: Philipp Bad­c­zong beim Abricht­en der mobilen Musikan­lage. Bild: Sören Kohlhuber

Diese Mal wurde von Seit­en der örtlichen Zivilge­sellschaft auf eine Gegen­demon­stra­tion verzichtet. Stattdessen wurde der “Abendspazier­gang” für seine Teil­nehmerIn­nen zu einem unfrei­willi­gen Spenden­lauf. Für jeden Kilo­me­ter, den einE Demon­stran­tIn zurück­gelegt hat, soll ein Euro an “Willkom­men in Oranien­burg” gespendet wor­den sein. Zu der Aktion rief das Forum gegen Ras­sis­mus und rechte Gewalt Oranien­burg auf, Tage zuvor hat­ten sich kleinere Unternehmer_innen und Einzelper­so­n­en für Spenden bere­it erk­lärt. Am 16. Dezem­ber soll der näch­ste “Abendspazier­gang” stattfinden.
Im Hintergrund: ein NPD Banner. Vor dem Banner links der NPD Verordnete Björn Beuchel und daneben das NPD Mitglied Roy Zillgitt.  Bild: Sören Kohlhuber
Im Hin­ter­grund: ein NPD Ban­ner. Vor dem Ban­ner links der NPD Verord­nete Björn Beuchel und daneben das NPD Mit­glied Roy Zill­gitt. Bild: Sören Kohlhuber

Weit­ere Bilder: hier.
Cot­tbus: NPD pausiert bis Januar
Nach­dem am Mittwoch, den 25. Novem­ber, knapp 600 Neon­azis und Ras­sistIn­nen an ein­er AfD Demon­stra­tion gegen Asyl teilgenom­men haben, floppte die NPD am Fre­itag grandios. Zu der vierten NPD Demon­stra­tion im Stadt­teil Sach­sendorf waren lediglich 60 Per­so­n­en erschienen, sodass die Organ­isatorIn­nen auf eine Demon­stra­tion verzichteten und eine ein­stündi­ge Kundge­bung abhiel­ten. Auf der Demon­stra­tion sprachen die NPD Mul­ti­funk­tionärIn­nen Aileen Rokohl und Ron­ny Zasowk. Mit den Worten “Das wars für heute” been­dete Oliv­er Schier­ack die Kundge­bung und kündigte eine Demon­stra­tionspause bis Jan­u­ar an.
Somit ist der NPD endgültig miss­lun­gen auf den Anti-Asyl-Zug in Cot­tbus aufzusteigen. Nach­dem “besorgte Bürg­erIn­nen” sich Anfang Okto­ber zu spon­ta­nen Ver­samm­lun­gen auf dem Norma­park­platz in der Lipezk­er Straße ver­sam­melt hat­ten, hielt die NPD in einem zwei­wöchi­gen Rhyt­mus Demon­stra­tio­nen ab um das ras­sis­tis­che Poten­tial auszuschöpfen (Infori­ot berichtete). Mit jed­er Demon­stra­tion sank die Zahl der Teil­nehmerIn­nen. Gle­ichzeit­ig fing die AfD an eben­falls Demon­stra­tio­nen im monatlichen Rhyt­mus in Cot­tbus abzuhal­ten. Auch andere Grup­pierun­gen scheinen in der AfD einen poten­tielles Zugpferd für die ras­sis­tis­che Mobil­isierung zu sehen. Laut Augen­zeu­gen­bericht­en waren am Mittwoch bei der AfD-Demon­stra­tion Mit­gliederIn­nen des “III.Weg”, sowie der Vere­in “Zukun­ft Heimat e.V.”, welch­er als eines der Nach­fol­ge­pro­jek­te der Spreelichter ver­mutet wird, vertreten. Let­zteres präsen­tierte sich sog­ar mit einem Trans­par­ent und kündigte eine weit­ere Demon­stra­tion in der Spree­wal­dre­gion an. Für den 5. Dezem­ber ist in Lübbe­nau eine Demon­stra­tion angemeldet. 
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Antifaschismus

Unter dem Banner des „Sturmvogels“

Der junge Bun­des­führer aus Bay­ern ste­ht stramm. Sein Ton ist zack­ig, die Arme hält er angewinkelt. Auf dem grü­nen Uni­formhemd prangt am Ärmel  das „Schild“ des Bun­des, der schwarze Vogel auf weiß-rotem Hin­ter­grund. Das  Hal­stuch hat der junge Mann mit dem schar­fen Schei­t­el ver­knotet. Streng kon­trol­liert der Anführer den Auf­bau der schwarzen Koht­en, die in drei Vier­errei­hen errichtet wer­den. Neben ihm scharen sich seine Unter­führerin­nen und ‑führer. In Reich­weite gibt es zwei hölz­erne Klo­häuschen und die schwarze Dop­peljurte für die Tre­f­fen. Die ank­om­menden Kinder und Jugendlichen sowie deren Eltern wer­den mit „Heil Dir“ oder „Heil Euch“ begrüßt. Die dunkel­haarige Unter­führerin Freke S. aus dem thüringis­chen Land­kreis Nord­hausen kon­trol­liert mit strengem Gesicht­saus­druck die Anmel­dun­gen auf dem Zettel ihres Klemm­brettes. Über 70 Schüt­zlinge wer­den 2015 zum Som­mer­lager des recht­slasti­gen „Stur­mvo­gel – Deutsch­er Jugend­bund“ in Bran­den­burg erwartet.
Ein dun­kler Wagen mit einem Dem­min­er Kennze­ichen fährt vor. Der Mann, der mit seinem Sohn aussteigt, ist bekan­nt in der Revi­sion­is­ten- und Holo­caust-Leugn­er-Szene: Bern­hard Schaub. Der Schweiz­er hat es nicht weit bis ins bran­den­bur­gis­che Grabow, er gehört zu den Neusiedlern in Meck­len­burg. Schaub war ehe­ma­liger Vor­sitzen­der des ver­bote­nen „Vere­ins zur Reha­bil­i­tierung der wegen Bestre­it­ens des Holo­caust Ver­fol­gten“ (VRBHV). Seine Wut scheint  sich der „Vor­denker“ jüngst in einem Artikel für die recht­sex­treme „Stimme des Reich­es“, Son­der­heft Num­mer 5/2015, von der Seele, geschrieben zu haben. Dort heißt es unter anderem: „Dass wir die willi­gen Sklaven der Bana­nen­re­pub­lik Deutsch­land in einem Scheineu­ropa sind, das de fac­to seit 1945 eine amerikanisch-zion­is­tis­che Kolonie gewor­den ist.“ Auch echauffiert sich der ehe­ma­lige Wal­dorff-Lehrer über die west­liche „Ver­hauss­chwei­n­ung“.  Wer keine  ästhetis­chen Prinzip­i­en habe, bemerke auch die „Entar­tung der Kun­st“ nicht und der fände auch „Pop­musik ‚cool’ und die Über­frem­dung ‚okay’, den stören Dön­er-Buden, Cola-Dosen und schwarze Gesichter eben nicht“.

In der „Heimattreuen Deutschen Jugend“ aktiv

Seinen Sohn schickt der umtriebige Szene-Aktivist  ins strenge, ein­wöchige Som­mer­lager des „Stur­mvo­gels“ mit Früh­sport, Stramm­ste­hen und „Arbeit­sein­sätzen“. Die Fahne der Organ­i­sa­tion ist bere­its gehisst. Ein Mann mit Brille im blauen Fis­cher­hemd läuft herum. Er beordert anson­sten den NPD-Ord­nungs­di­enst „Waterkant“. Frank Klawit­ter aus Greif­swald hat seine Jungs abgeliefert. In den 1990er Jahren galt er als „Führer von Greif­swald“ und wurde mit Wehrsportübun­gen in Verbindung gebracht. Bis zum Ver­bot der ver­fas­sungs­feindlichen „Heimat­treuen Deutschen Jugend“ (HDJ) bildete er in der „Ein­heit Meck­len­burg und Pom­mern“ aus.
In der HDJ waren auch die bei­den Frauen aktiv, die nun die „Sturmvogel“-Lagerküche ver­sor­gen: Petra Müller aus Lal­en­dorf und Gesine S. aus Hohen-Neuen­dorf in Bran­den­burg. Müller gehörte 2006 zu den Grün­derin­nen des NPD-nahen „Rings Nationaler Frauen“, sie fährt seit Jahren zu den kon­spir­a­tiv­en Tre­f­fen der ras­sis­tis­chen „Art­ge­mein­schaft – Ger­man­is­che Glaubens­ge­mein­schaft“. Zwei ihrer jüng­sten Kinder unter­richtet die gebür­tige Öster­re­icherin zuhause in Lal­en­dorf. Auch der Nach­wuchs ihrer Nach­barn war schon beim „Stur­mvo­gel“. S. beteiligte sich unter anderem 2007 am großen Pfin­gst­lager der HDJ in Eschede, der Ehe­mann stammt aus der Kam­er­ad­schaftsszene, die Schwest­er war Bun­des­führerin der HDJ.

Zum Fahnenappell der Größe nach im Kreis

Mit dabei beim „Sturmvogel“-Lager in Grabow ist in diesem Som­mer auch Inge­borg Gode­nau aus dem hes­sis­chen Seb­beterode. Ihr Ehe­mann ist führen­des Mit­glied der dor­ti­gen NPD und erschien kür­zlich beim Prozess gegen die Holo­caust-Leugner­in Ursu­la Haver­beck. Sich selb­st und ihre Kinder hat die ehe­ma­lige Lehrerin seit langem in den Jugend­bund einge­bracht. Eines der ersten Zelt­lager fand auf dem Gode­nau- Anwe­sen statt. Die älteste Tochter siedelte nach Meck­len­burg, ein­er der Söhne führte 2010 das Win­ter­lager in Reck­nitzberg nahe Bad Dober­an an und ver­trieb Medi­en­vertreter mit Schlä­gen gegen die Kamera.
In dem kleinen Dör­fchen Grabow ist das Lager gut sicht­bar, doch fast nie­mand scheint sich daran zu stören. Am frühen Mor­gen wer­den die Kinder und Jugendlichen zusam­mengetrom­melt und zum Fah­ne­nap­pell nach der Größe in einem Kreis aufgestellt. Sie rühren sich kaum. Die weib­lichen und männlichen Anführer blick­en streng. Derzeit­ige Bun­des­führerin ist Dietlind B., eine junge Päd­a­gogin aus der Nähe von München. Die Mäd­chen tra­gen alle alt­modis­che, schwarze Röcke, grüne Uni­formhem­den und Zöpfe oder geflocht­ene Frisuren. Die Anstren­gung ist den Kleineren anzuse­hen. Die Zer­e­monie mit Reden und Gesang dauert an diesem Tag annäh­ernd eine Stunde. Manche Gesichter sehen müde aus. Hil­fe­suchend blick­en sich die Mäd­chen an, doch keines wagt es wohl, aus der Rei­he zu tanzen. Nach einiger Zeit lächelt kaum noch eines.

Bunter Abend“ mit Eltern und Verwandten

Als alles vorüber ist, sackt ein klein­er Junge in grünem Hemd und Led­er­san­dalen laut­los auf den Boden. Ein­er der jun­gen Anführer hebt ihn hoch. Der Kör­p­er des Kindes hängt schlaff herunter, es scheint bewusst­los. Nach einiger Zeit ste­ht der Junge wieder, zwei Anführer leg­en ihm die Arme auf die Schul­tern. An einem Abend in dieser Woche fährt ein Notarzt­wa­gen zum Lager. Höhep­unkt des „Som­mer­lagers“ ist ähn­lich wie bei der HDJ der „Bunte Abend“, zu dem auch viele Eltern und Ver­wandten erwartet werden.
Die meis­ten Ange­höri­gen des „Stur­mvo­gels“ stam­men aus „Sip­pen“, deren ältere Mit­glieder noch die sol­datis­che Erziehung der 1994 ver­bote­nen „Wik­ing Jugend“ mit­bekom­men haben. Die WJ erzog den Nach­wuchs offen mil­i­tant und im Sinne des Nation­al­sozial­is­mus, der „Stur­mvo­gel“ wählte einen gemäßigteren Weg, doch die Organ­i­sa­tion scheut den Kon­takt zu Neon­azis nicht. 1987, nach der Abspal­tung von der „Wik­ing-Jugend“, hat­te der Anti­quar Rudi Wit­tig zunächst die Führung des Jugend­bun­des über­nom­men.  Mit­glieder sein­er weitläu­fi­gen Fam­i­lie waren sowohl in der WJ, der HDJ als auch dem Stur­mvo­gel aktiv. Ursprünglich sollte auf einem Gut­shof nahe Wis­mar das „Bun­de­shaus“ entste­hen. Das Anwe­sen diente bere­its für Tre­f­fen, doch das Vorhaben scheit­erte.  Selb­st den Jün­geren ist Wit­tig noch ein Begriff, obwohl er sich kaum noch einzubrin­gen scheint. Das Anti­quar­i­at hat er inzwis­chen aufgegeben. Antifa-Recherchen zufolge zeigte sich der erste „Stur­mvo­gel“- Anführer 2015 bei ein­er Ver­samm­lung der extrem recht­en „Iden­titären Bewe­gung“. Ein weit­eres Grün­dungsmit­glied des „Stur­mvo­gels“ aus Baden-Würt­tem­berg beteiligte sich an Tre­f­fen der ras­sis­tis­chen „Art­ge­mein­schaft“ und referierte 2012 für den recht­sex­tremen Vere­in „Gedächt­nis­stätte“.

Angetreten, um das „große deutsche Kulturerbe“ zu bewahren

Die „Stur­mvögel“ beze­ich­neten sich in der Ver­gan­gen­heit als „volk­streu eingestellte Deutsche“, die die Kam­er­ad­schaft von Kindern und Jugendlichen im Alter von drei bis 18 Jahren fördern und Eltern bei der Erziehung zur Seite ste­hen woll­ten. Wie bei der „Wik­ing-Jugend“ sind Mäd­chen- und Jun­gen­dar­beit getren­nt. Fahrten der Grup­pen führen nach „West­preußen“, „Südtirol“, in das Elsass oder nach „Sieben­bür­gen“. Der Jugend­bund war ange­treten, um das „große deutsche Kul­turerbe“ zu bewahren. Zöglinge ler­nen Runen­schrift, geben den Monat­en ger­man­is­che Namen. Gesun­gen wer­den in diesen Kreisen Lieder wie eines von Falko Stegmann mit Zeilen, die laut­en: „Es herrscht im Land die kranke Macht, das Wach­s­tum der Geschwüre. So gra­bet Euch den eige­nen Schacht, der Kinder Aug ist Türe. (…) und schmettern die Ket­ten der Mächte entzwei, der Wille der Tat, der macht uns frei.“
Anders als die HDJ sind die „Stur­mvögel“ um unauf­fäl­lige Außen­wirkung bemüht. Kinder und Jugendliche sollen sich neben­her beim Roten Kreuz oder in Feuer­wehren engagieren, hieß es intern. Langjähriges Mit­glied des „Stur­mvo­gels“ war die heutige Lan­desvor­sitzende der NPD-Frauenor­gan­i­sa­tion in Baden-Würt­tem­berg, Edda Schmidt. Deren Tochter, die in der Nähe von Uelzen lebt, gilt als Akteurin im Hin­ter­grund. Der Name von Irmhild S. fiel auch im Prozess 2015 um den Tod des kleinen Siedlerkindes Sighild, deren Eltern zu ein­er Bewährungsstrafe verurteilt wur­den, weil sie das dia­beteskranke, vier­jährige Mäd­chen nicht aus­re­ichend mit Insulin ver­sorgt hat­ten. Die Mut­ter von Sighild war mit Irmhild S. befre­un­det, bei­de sollen Anhän­gerin­nen des anti­semi­tis­chen Begrün­ders der „Ger­man­is­chen Neuen Medi­zin“, Ryke Geerd Hamer, sein, der in der Bun­desre­pub­lik nicht prak­tizieren darf. Edda Schmidts Tochter und derem Ehe­mann wird Ein­fluss in der völkischen Szene  nachge­sagt. Tanztr­e­f­fen oder Brauch­tums­feiern fan­den auf dem geräu­mi­gen Anwe­sen in Nieder­sach­sen statt.

Den Jungen wird viel über Wehrmacht und SS beigebracht

Kinder rechter Fam­i­lien aus Kop­pelow, Lal­en­dorf, Berlin, Ban­sow, Bautzen, Kas­sel, dem Ilmkreis, Mar­burg, der Lüneb­urg­er Hei­de und eini­gen weit­eren Regio­nen und Orten nehmen an deren geheimen Zusam­menkün­ften wie in Grabow teil. Kleinere Lager und „Heimabende“ find­en region­al statt in den Mädel- und Jun­gen­grup­pen, die Hei­del­erchen, Seeschwal­ben, Son­nen­re­it­er oder Wald- und Wer­wölfe heißen. Die Organ­i­sa­tion ist eben­so wie bei der HDJ hier­ar­chisch gegliedert. Nicht immer scheint es wirk­lich kindgerecht zuzuge­hen. Dann liefern Eltern den Nach­wuchs erst spät in der Nacht an. Diszi­plin und Härte scheinen ver­langt zu wer­den. Die Sprache ist streng regle­men­tiert, Anglizis­men sind uner­wün­scht, so wird ein Pullover  eingedeutscht zum „Überzieher“.
In der Ver­gan­gen­heit soll es auch schon mal zehn Liegestützen als Strafe für ein „falsches Wort“ gegeben haben. Das Straf­maß hängt dem­nach vom Ermessen der jew­eili­gen Lager­leitung ab. Kinder ler­nen Feind­bilder ken­nen, die bre­ite Gesellschaft wird in vie­len „Sip­pen“ all­ge­mein als zu mod­ern, tol­er­ant und dekadent ver­achtet. Neben der Ein­wan­derungspoli­tik find­et vor allem auch das The­ma Homo­sex­u­al­ität in diesen Kreisen mas­sive Ablehnung. Jeans, eine Erfind­ung des jüdis­chen Indus­triellen Levi Strauss, gilt es nicht zu tra­gen. Vor allem den Jun­gen wird viel über Wehrma­cht und SS beige­bracht, die „Helden“ der NS-Zeit sind in diesen Fam­i­lien omnipräsent.

Sommerlager auf dem Anwesen des Ortsvorstehers

Vor dem HDJ-Ver­bot  trafen sich unter anderem Mit­glieder der „Heimat­treuen“ und des „Stur­mvo­gels“ zum „Über­bündis­chen Burgfest“ wie 2004 auf der Wewels­burg. Das let­zte bekan­nte größere Lager gab es im hes­sis­chen Treis­bach, die rund 50 Teil­nehmer kamen unter anderem aus Güstrow und Ham­burg. Es wurde auf ein­er Wiese errichtet.
Das Som­mer­lager in Grabow dage­gen fand auf dem Anwe­sen des ehre­namtlichen Ortsvorste­hers von Grabow statt. Markus K. betreibt dort eine Kom­mune, die vor allem in eso­ter­ischen Kreisen unter den Begrif­f­en „Fam­i­lien­land­sitze“ und „Land­freikauf“ geläu­fig ist. „Gold­enes Grabow“ nen­nen sie ihr Pro­jekt und feiern Fes­ti­vals, Brauch­tums­feste und Tanzver­anstal­tun­gen. Unter den Ref­er­enten, die auf ein­er Home­page angezeigt wer­den, sind völkische Rechte, aber auch schein­bar unpoli­tis­che Leben­skün­stler. K. selb­st besuchte 2007 das Ostertr­e­f­fen des anti­semi­tis­chen „Bunds für Got­terken­nt­nis – Luden­dorf­fer“. Für Grabow plant die Sied­ler­gruppe laut Home­page „Lan­dolf­swiese“ eine eigene „Goden­schule“.
Dem „Stur­mvo­gel“ gewährten der Ortsvorste­her und seine Ehe­frau für eine Woche Aufen­thalt. Wenige Wochen zuvor fan­den im Juni dort die so genan­nten „Anas­ta­sia-Fest­spiele“ mit Som­mer­son­nen­wende statt. Die eso­ter­isch-spir­ituelle „Anas­ta­sia-Bewe­gung“ stammt aus Rus­s­land. Sek­ten-Experten brin­gen sie mit dem Neuhei­den­tum in Verbindung. Die öster­re­ichis­che Tageszeitung „Der Stan­dart“ ord­nete ihr einen „Mix aus eso­ter­ischen und recht­sex­tremen Ideen“ zu. Zu den Fest­spie­len gehörten auch Wet­tkämpfe, zu denen die „Urge­walti­gen“ aufge­fordert hät­ten. Bei Baum­stein­weitwurf, Bar­fußlauf und Feld­steinziel­wurf maßen sich die bunt gek­lei­de­ten Teil­nehmer. In dem kleinen Ort selb­st scheint das Treiben ignori­ert zu wer­den. Doch die uni­formierten Kinder, die im August durchs Dorf zogen, kön­nen die Anwohn­er nicht überse­hen haben.

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Antifaschismus

Rathenow: „Mit Herz statt Hetze“ gegen PEGIDA-nahen Hassaufmarsch

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Erst­mals seit drei Wochen hat das zivilge­sellschaftliche Aktions­bünd­nis in Rathenow wieder Flagge für eine Stadt „mit Herz statt Het­ze“ gezeigt. An der Ver­anstal­tung am his­torischen Kur­fürs­ten­denkmal nah­men unge­fähr 200 Men­schen teil. Mit ihrer Teil­nahme an der Ver­samm­lung sprachen sie sich für einen Ort der Vielfalt und der Weltof­fen­heit aus und posi­tion­ierten sich gegen Ras­sis­mus und Het­ze gegen Flüchtlinge. Unge­fähr zeit­gle­ich ver­sam­melten sich allerd­ings auch, und zwar nur einige Meter davon ent­fer­nt­mehrere hun­dert­Men­schen, um gegen dieso genan­nte „Asylpoli­tik“ und das ver­meintliche „Poli­tikver­sagen der Bun­desregierung“ zu protestieren. An einem anschließen­den, harm­los als „Spazier­gang“ angekündigten, Hass-Auf­marsch beteiligten sich bis zu 600 Per­so­n­en. Dabei wur­den u.a. Parolen gerufen, die neon­azis­tis­chen Ver­anstal­tun­gen entlehnt waren, sowie anwe­sende Pres­sev­ertreter belei­digt und bedro­ht. Die Polizei hat­te Mühe die Sit­u­a­tion unter Kon­trolle zu behalten.
„Bürg­er­bünd­nis“ radikalisiert sich
Ähn­lich wie an den vor­ange­gan­genen Ver­anstal­tun­gen des „Bürg­er­bünd­niss­es Havel­land“ auf dem Märkischen Platz, ver­sucht­en die Redner_innen ihr Pub­likum am Auswe­i­chort, dem Edwin_Rolf-Platz, durch polar­isierende Polemik, Kol­portierung von Ressen­ti­ments sowie der Schürung von Äng­sten und Vorurteilen eine berauschende und die Zuhörer_innen verbindende Atmo­sphäre zu schaf­fen. Fast dia­bolisch und dystopisch wirk­te die Szener­ie auf dem schwach beleuchteten Edwin Rolf Platz, dem Tre­ff­punkt der ver­meintlichen Wut- und Angstbürger_innen. Die Redner_innen, ein­mal mehr Chris­t­ian Kaiser, Nico Tews und Sebas­tiano Graziani, aber auch der szenebekan­nte PEGI­DA-Red­ner Curd Schu­mach­er sowie die Videoblog­gerin Stephanie Schulz, tat­en ihr Übriges, um ihr Volk den Takt des „Protestes“, mal seicht, mal scharf, zumeist aber in ein­fachen Worten, vorzugeben. „Lügen­presse“, „Volksver­räter“ und „Merkel muss weg“ rief die in „Wut“ und „Angst“ geeinte Gemein­schaft brav ihren Dem­a­gogen nach. Das neben den ver­meintlich „besorgten Bürger_innen“ auch organ­isierte Neon­azis standen, schien dort ein­mal mehr nie­man­den zu stören. Offen­bar reicht­en dies­bezüglich die „ver­trauensvollen“ Worte eines Nico Tews aus, der sich in der Ver­gan­gen­heit immer wieder von der NPD oder „Nazis“ dis­tanzierte. Und Kri­tik daran lässt Tews ohne­hin nicht zu. Wer sich kri­tisch über das Bürg­er­bünd­nis äußert oder nicht in dessen Inter­esse berichtet, muss mit Schmähkam­pag­nen oder Dro­hun­gen rech­nen. Jüngst durfte ein MAZ Lokalredak­teur dies in einem sozialen Inter­net­net­zw­erk wieder über sich erge­hen lassen. Auch während des Marsches am Dien­stagabend waren Pres­sev­ertreter, nach einem Hin­weis von Chris­t­ian Kaiser bezüglich „link­er Presse“ am Rande, wieder das Ziel wüster Beschimp­fun­gen und Dro­hge­bär­den. Eine Eskala­tion wie in der ver­gan­genen Woche, wo es einen Angriff auf einen Foto­jour­nal­is­ten gab und dabei dessen tech­nis­ches Equip­ment teil­weise beschädigt wurde, blieb jedoch dies­mal aus.Dennoch ist glob­al gese­hen ein Trend zur Radikalisierung erkennbar. Nicht nur in der Steigerung der Aggres­siv­ität, son­dern auch im ver­balen Aus­druck und der ide­ol­o­gis­chen Unter­füt­terung. Klar und deut­lich waren gestern Parolen, wie „krim­inelle Aus­län­der raus“ oder „wer Deutsch­land nicht liebt, soll Deutsch­land ver­lassen“, zu hören, die son­st nur bei Neon­aziver­anstal­tun­gen skandiert wer­den. Doch das scheint nur der Anfang zu sein.
„Bürg­er­bünd­nis“ will sich mit Neu-Rechter Kam­pagne vernetzen
In seinem ein­lei­t­en­den Rede­beitrag stellte Chris­t­ian Kaiser, presserechtlich Ver­ant­wortlich­er des „Bürg­er­bünd­niss­es Havel­land“, ein Ver­net­zung­spro­jekt vor, welch­es eine enge Zusam­me­nar­beit so genan­nter „Bürg­er­be­we­gun­gen“ bein­hal­tet. Diese momen­tan auch in anderen Orten als bun­desweite Kam­pagne bewor­bene Ver­net­zung trägt den unver­fänglichen Arbeit­sti­tel: „ein Prozent für unser Land“. Die Idee dahin­ter klingt dann allerd­ings weit weniger harm­los. 800.000 Men­schen, also ein Prozent der bun­desre­pub­likanis­chen Bevölkerung, sollen sich, gemäß den Ini­tia­toren der Kam­pagne, find­en, um deren „juris­tis­che, medi­ale und poli­tis­che Aktio­nen“ zu unter­stützen. Ziel sei es die durch wach­sende Flüchtlingsströme befürchtete „Auflö­sung“ des „Staates“ zu ver­hin­dern. Da die führen­den Köpfe der „Einprozent“-Gruppe allerd­ings auch bekan­nte Köpfe der extremen Recht­en, wie der Neu-Rechte Götz Kubitschek oder der Quer­frontler Jür­gen Elsäss­er, sind, kön­nten damit auch ganz andere Zwecke, wie beispiel­sweise die bre­ite Sabotierung oder gar die Abschaf­fung des demokratis­chen Recht­staates angestrebt wer­den. Mit 800.000 Sympathisant_innen wäre diese Kam­pagne sog­ar stärk­er als die SPD, mit ihren 460.000 Mit­gliedern, als größte poli­tis­che Partei der Bun­desre­pub­lik. Diese Dimen­sio­nen lassen dieses Vorhaben aber ander­er­seits auch gle­icher­maßen irre­al erscheinen. Zudem sind die anvisierten „Bürg­er­be­we­gun­gen“ keine homo­ge­nen Aktion­s­grup­pen, sie eint lediglich der Frust auf „die da oben“. Trotz des eher aus­sicht­slosen Vorhabens ist jedoch jet­zt zumin­d­est, durch die deut­liche Sym­pa­thie mit der­ar­ti­gen Pro­jek­ten, eine deut­liche Offen­heit des „Bürg­er­bünd­niss­es Havel­land“ gegenüber der extremen Recht­en erkennbar.
Tum­melplatz für extrem rechte Parteigänger_innen
Darüber hin­aus bleibt die Ver­samm­lung des „Bürg­er­bünd­nis Havel­land“ nach wie vor ein Tum­melplatz für recht­spop­ulis­tis­che und neon­azis­tis­che Vere­ini­gun­gen. Erst­mals nahm am Dien­stagabend beispiel­sweise „PEGIDA Havel­land“, eine Gruppe die haupt­säch­lich in und um Schön­walde-Glien aktiv sein soll und auch schon zu entsprechen­den Ver­anstal­tun­gen in Dres­den fährt, mit einem eige­nen Ban­ner an der „Bündnis“-Versammlung in Rathenow teil. Eine Abor­d­nung der neon­azis­tis­chen „Freien Kräfte Neu­rup­pin / Osthavel­land“ war eben­falls vertreten, genau wie die üblichen NPD Sympathisant_innen aus Rathenow, Prem­nitz und Nauen. Neon­az­ibarde Thomas L. alias „TOy­ton­i­cus“ war zudem wieder als Ord­ner einge­set­zt. Des Weit­eren nah­men bekan­nte Sym­pa­thisan­ten der Partei „DIE.RECHTE“ aus Sten­dal am Marsch des „Bürg­er­bünd­niss­es Havel­land“ teil.
Sin­gen gegen Hass und Hetze
All dem kon­nte das zivilge­sellschaftliche Aktions­bünd­nis „Rathenow zeigt Flagge“ allerd­ings nur wenig ent­ge­genset­zen. Ein­er­seits will es über die Gerüchte und Vorurteile aufk­lären, also schon einen Kon­tra­punkt zu der Pro­pa­gan­da des „Bürg­er­bünd­niss­es Havel­land“ set­zen, ander­er­seits aber auch Bürger_innen zurück­gewin­nen. Von ein­er „Gegen­ver­anstal­tung“ im eigentlichen Sinne kann also nicht gesprochen wer­den. Die Posi­tion­ierung von „Rathenow zeigt Flagge“ war im Wesentlichen neu­tral, dafür aber mit einem konkreten Ange­bot für eine vielfältige und offene Gesellschaft „mit Herz statt Het­ze“. Neben poli­tis­chen Reden gab es so beispiel­sweise Auftritte von unter­schiedlichen, auch inter­na­tionalen Musik­in­ter­pre­ten. Vielfach war den Men­schen auch ein­fach nur wichtig an dem Abend öffentlich präsent zu sein und sich gegen­seit­ig Mut zu machen. Konkret sah dies beispiel­sweise so aus, dass gemein­sam das Lied „die Gedanken sind frei“ gesun­gen wurde.
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(Anti-)Rassismus Flucht & Migration Gender & Sexualität

Schutz für geflüchtete Frauen – vor allen Formen von Gewalt!

Women in Exile und Flüchtlingsrat fordern zum Inter­na­tionalen Tag der Gewalt gegen Frauen: Schutz für geflüchtete Frauen – vor allen For­men von Gewalt!
Flüchtlings­frauen sind akut bedro­ht: „Wir sind alle betrof­fen von sex­ueller Beläs­ti­gung im Lager, es gibt keine Frau, die nicht eine Geschichte von auf­dringlichen Blick­en, wider­lichen Kom­mentaren, uner­wün­schtem Anfassen oder ver­suchter oder tat­säch­lich­er Verge­wal­ti­gung erzählen kön­nte,“ berichtete eine geflüchtete Frau der Organ­i­sa­tion Women in Exile während ein­er Bus­tour durch Flüchtlingslager. Das Ergeb­nis der Besuche ist alarmierend. Geflüchtete Frauen und LGBTI Per­so­n­en wer­den auf­grund ihres Geschlechts oder sex­uellen Iden­tität mehrfach diskri­m­iniert und ver­let­zt: durch ras­sis­tis­che Über­griffe und Asylge­set­ze, durch trau­ma­tis­che Erfahrun­gen auf der Flucht, die in den Masse­nun­terkün­ften ihre Fort­set­zung find­en, durch kör­per­liche und sex­uelle Beläs­ti­gun­gen, fehlende Pri­vat­sphäre und Angst vor Abschiebung.
Keine Masse­nun­terkun­ft kann geflüchteten Frauen Schutz bieten. Ein Leben im Lager bedeutet die tägliche Erfahrung struk­tureller Gewalt, die in Form von Iso­la­tion, Aus­gren­zung und Schut­zlosigkeit statt find­et. Diese struk­turelle Gewalt ver­stärkt Gewalt­poten­ziale und führt oft zu physis­chen, psy­chis­chen und sex­u­al­isierten Über­grif­f­en vor allem gegen Frauen, Kinder und LGBTI Per­so­n­en. Solche Über­griffe passieren auch auf deutschen Straßen und ins­beson­dere in deutschen Haushal­ten. Aber in ein­er Sam­melun­terkun­ft, die eine Zwangswohn­form ist, treten sie konzen­tri­ert­er und ver­mehrt auf. Denn dort haben Men­schen kaum Rück­zugsmöglichkeit­en und sind häu­fig extremen All­t­agssi­t­u­a­tio­nen, Enge und Stress aus­ge­set­zt. Das deutsche Gewaltschutzge­setz ermöglicht Inter­ven­tions­befug­nisse für die Polizei: Wenn gewalt­tätige Über­griffe in deutschen Haushal­ten passieren, kann die Polizei die oder den Täter/in des „Platzes ver­weisen“. Dies find­et im deutschen Lager­sys­tem keine Anwen­dung. Geflüchtete Frauen erhal­ten damit in Deutsch­land kaum Schutz vor Gewalt.
Laut der seit Mitte 2015 auch in Deutsch­land gel­tenden EU-Auf­nah­merichtlin­ie für Flüchtlinge müssen beson­ders schutzbedürftige Flüchtlinge als solche erkan­nt, angemessen ver­sorgt und unterge­bracht wer­den. Der Schutz dieser Grup­pen (unter anderem Schwan­gere, Allein­erziehende, Men­schen, die sex­u­al­isierte Gewalt erlebt haben und Min­der­jährige) ste­ht in großer Zahl Frauen und ihren Kindern zu. Dieser Schutz kann ihnen in über­füll­ten Masse­nun­terkün­ften ohne aus­re­ichen­den Zugang zu Ver­sorgungs- und Unter­stützungsstruk­turen nicht zukom­men. Darum sagen wir: Beson­ders schutzbedürftige Flüchtlinge kön­nen nicht in ein­er Masse­nun­terkun­ft leben!
Die kür­zlich ver­schärften Asylge­set­ze sehen vor, dass Flüchtlinge sechs Monate und viele darüber hin­aus in den über­füll­ten Erstauf­nah­me­lagern verbleiben müssen. Sie unter­liegen in dieser Zeit der Res­i­den­zpflicht und dür­fen die Unterkün­fte nicht oder nur aus­nahm­sweise ver­lassen. Sie müssen schnellere Abschiebun­gen befürcht­en, sind fak­tisch ohne Zugang zu Rechts­ber­atung und Über­set­zung, ohne Bargeld und mit Arbeitsver­boten belegt. Frauen und LGBTI Per­so­n­en aus den so genan­nten sicheren­Herkun­ftsstaat­en unter­liegen diesen Restrik­tio­nen während des gesamten Asylver­fahrens. Aus den West­balkan­län­dern fliehende Rom­ni­ja sind beson­ders häu­fig exis­ten­tiell bedro­ht und von Gewalt und Über­grif­f­en betrof­fen. In Deutsch­land angekom­men, wer­den sie durch Schnel­lver­fahren geschleust, dür­fen die Flüchtlingslager nicht mehr ver­lassen und ihre Flucht­gründe wer­den gar nicht mehr geprüft. Damit wer­den ganze Flüchtlings­grup­pen entrechtet, die geset­zlich als „falsche“ Flüchtlinge abge­han­delt werden.
Kriege, befeuert durch Rüs­tung­sex­porte, und die Zer­störung regionaler Märk­te durch multi­na­tionale Konz­erne, rauben Men­schen weltweit Lebens­möglichkeit­en und Exis­ten­z­grund­la­gen. Davon sind ins­beson­dere Frauen und Kinder betrof­fen. Sie sind in der Regel ärmer, schut­zlos­er, schneller in ihrer Exis­tenz bedro­ht und laufen stärk­er Gefahr, auf der Flucht Über­griffe zu erlei­den. Die Abschot­tung der Gren­zen ist unter­lassene Hil­feleis­tung, die für viele Frauen und Kinder mit dem Tod endet.
Wir fordern, dass geschlechtsspez­i­fis­che Flucht­gründe immer anerkan­nt werden!
Die Asyl­rechtsver­schär­fun­gen, die schutzbedürftige Per­so­n­en beson­deren Gefahren aus­set­zen, müssen zurück genom­men werden!
Gewaltschutz und Zugang zu Regelleis­tun­gen für geflüchtete Frauen und LGBTI Personen!
Wir fordern: Frauen, Kinder und LGBTI Per­so­n­en sofort raus aus den Lagern! Alle Lager abschaffen!
Nein zur Fes­tung Europa — Bewe­gungs­frei­heit für alle!

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Liebe Genoss_Innen,
Liebe Fre­undin­nen und Freunde,
wir benöti­gen deine/eure Hil­fe! Am 28.11.2015 ab 10:00Uhr wollen wir unseren Umzug aus dem alten Mit­ten­Drin in das neue Gebäude im Sozialen Zen­trum (Bahn­hof) durch­führen. Es ist eine logis­tis­che Mam­mu­tauf­gabe für uns und wir kön­nen das lei­der nicht alleine bewälti­gen. Wir haben für den Tag einen LKW gemietet und wer­den die Vor­bere­itungsar­beit­en im Vor­feld erledigt haben.
Für den Tag selb­st benöti­gen wir allerd­ings min­destens 20 Helfer_Innen die beim Tra­gen, Ein­laden, Aus­laden, Ein­lagern und dem Abbau/Aufbau des verbliebe­nen Inven­tars helfen. Eure Voll-Verpfle­gung (Essen+Getränke) wer­den wir organ­isieren! Schlaf­plätze stellen wir bei Bedarf zur Ver­fü­gung, an euren Fahrtkosten wer­den wir uns beteili­gen oder sie voll tra­gen – das wird indi­vidu­ell ausgehandelt.
Diese Nachricht kann gerne weit­ergeleit­et werden!
Bitte meldet euch per Mail unter info@jwp-mittendrin.de verbindlich zurück, sodass wir eine Pla­nungs­grund­lage haben. Wir zählen auf euch!
Freundschaft!
Eure JWP-Bahnhofscrew

Inforiot