Umzugshilfe gesucht – Unser Stadthaus zieht um!
Das Stadthaus übernimmt Verantwortung und macht Platz für Geflüchtete.
Potsdams Wohnpolitik ist gescheitert. Seit Jahren fehlt es an sozialem Wohnraum für Alteingesessene und Neuankömmlinge. Nicht die Menschen, die aus Krieg und Elend geflohen sind, sollen nun die Konsequenzen der verfehlten Wohnpolitik tragen. Das Stadthaus zieht ab sofort in bereitgestellte Leichtbauhallen und sucht hierfür ehrenamtliche Umzugshelferinnen und ‑helfer! Ihr Engagement beim Umzug stärkt unsere Stadtgemeinschaft und entlastet den Finanzhaushalt.
Machen Sie mit als Umzugshelfer/in und kommen Sie am Donnerstag, den 26.11.2015 um 15 Uhr in angemessener Arbeitskleidung zum Stadthaus. Wir zählen auf Sie!
Monat: November 2015
Am kommenden Dienstagabend wird es wieder eine Veranstaltung des Aktionsbündnisses „Rathenow zeigt Flagge“ geben. Dazu hatte sich die zivilgesellschaftliche Initiative bei ihrem Treffen am vergangenen Mittwoch entschlossen. Die Versammlung soll wieder unter dem Motto: „Mein Rathenow: Mit Herz statt Hetze“ stattfinden. Gleichzeitig wird das selbsternannte „Bürgerbündnis Havelland“ seine mittlerweile fünfte öffentliche Veranstaltung durchführen. Da ein szenebekannter PEGIDA-Redner dort auftreten soll, wird mit einer großen Teilnehmer_innenzahl gerechnet.
„Bürgerbündnis“mit PEGIDA-Redner am Rolf-Platz
Als Versammlungsort hat das „Bürgerbündnis Havelland“, genau wie in der vergangenen Woche, den Edwin-Rolf-Platz in der Rathenower Altstadt angemeldet. Dort wird es zunächst eine Kundgebung und dann einen so genannten „Spaziergang“ geben. Eine genaue Strecke ist jedoch noch nicht bekannt. In der vergangenen Woche frequentierte der Aufzug allerdings die Baustraße, die Große Burgstraße und die Steinstraße. Der Märkische Platz, ursprünglicher Versammlungsort des „Bürgerbündnisses Havelland“ bei den ersten drei Veranstaltungen, kann derzeit nicht für Versammlungen genutzt werden, da dort der Weihnachtsmarkt stattfindet. Dies schließt jedoch nicht aus, dass es einen angemeldeten „Spaziergang“ in diese Richtung geben könnte. Genauere Angaben machte der Veranstalter dazu aber bisher nicht.
Im Zuge der Bewerbung ihrer Veranstaltung, wurde durch das „Bürgerbündnis Havelland“, lediglich bekannt gegeben, dass der szenebekannte Videokanal-Blogger Curd Schumacher alias „Curd ben Nemsi“ dort als Redner auftreten soll. Schumacher gilt als besonders mitteilungsbedürftig und tritt mit seinem plumpen, vermeintlich volksnah wirkenden Sprach-Repertoire regelmäßig bei PEGIDA-Aufmärschen in Duisburg (Nordrhein-Westfalen) auf. Dabei polemisiert er hauptsächlich gegen die Bundesregierung und kolportiert Ressentiments gegen Flüchtlinge. Insofern ist inhaltlich eine Fortsetzung der üblichen Hetzreden zu erwarten.
Hetze und Drohungen gegen Pressevertreter
Kontinuierlich fortzusetzen scheinen sich übrigens auch die Hetze und Drohgebärden gegen Pressevertreter_innen mit kritischer Berichterstattung. Nachdem das „Bürgerbündnis Havelland“ auf seinen Veranstaltungen eine Rathenower Lokalzeitung als „Lügenpresse“ diffamierte und einen lokalen Fernsehsender aus Brandenburg an der Havel, nach dessen Fernsehbeitrag vom 12. November 2015, ebenfalls mit öffentlicher Diffamierung drohte, enthemmte sich in der vergangenen Woche nun die rohe Gewalt. Diese richtete sich vor allem gegen das technische Equipment eines Fotojournalisten und verursachte einen dreistelligen Schaden.
Trotz des Sachschadens und der mitunter bedrohlichen Situation sah das „Bürgerbündnis Havelland“ jedoch noch keine Veranlassung sich von derartigen Exzessen zu distanzieren. Im Gegenteil, die Sympathisant_innen versuchten die Gewalt zu rechtfertigen und riefen teilweise zu weiteren, mitunter strafbaren Handlungen auf. Ein „Pascal B.“ schrieb beispielsweise in einem Kommentar auf der Veranstaltungsseite des Bündnisses in einem sozialen Internetnetzwerk: “für aufdringliche Fotografen kann ich einen Lippenstift oder Creme empfehlen … fürs objektiv“. „B.“ ist zumindest in diesem sozialen Netzwerk sowohl mit einem der beiden Hauptakteure des „Bürgerbündnisses Havelland“, als auch bekannten Aktivist_innen des neonazistischen Milieus aus dem Osthavelland bzw. dem Landkreis Ostprignitz-Ruppin befreundet. Deutlich drohender agierte hingegen der Kleinunternehmer Lutz M., der bisher an allen Versammlungen des „Bürgerbündnisses Havelland“ teilnahm. In einer Hassmail an den bereits in der vergangenen Woche attackierten Fotojournalisten drohte er u.a.: „Pass auf was du machst ich kriege dich und dann bist du im krankenhaus“ (Rechtschreibung im Original).
Kundgebung der Zivilgesellschaft am Schleusenplatz
Nach dem das Aktionsbündnis „Rathenow zeigt Flagge“ in den vergangenen beiden Wochen keine adäquate Veranstaltung zur Versammlung des „Bürgerbündnis Havelland“ angeboten hatte, wurde innerhalb der Zivilgesellschaft vielfach Kritik an dem als zu passiv empfundenen Auftreten gegenüber den Hetzern und Demagogen laut. Auf einer Sitzung der zivilgesellschaftlichen Initiative am vergangenen Mittwoch setzte sich deshalb der Vorschlag einer erneuten Veranstaltung „mit Herz statt Hetze“ durch. Diese Versammlung ist inzwischen angemeldet und polizeilich bestätigt. Sie soll am Dienstagabend um 18.00 Uhr auf dem Schleusenplatz in der Berliner Straße Ecke Schleusenstraße beginnen und ein vielfältiges Kulturangebot beinhalten.
Der Wechsel vom August-Bebel-Platz, dem ursprünglichen Kundgebungsort der Zivilgesellschaft bei vorangegangenen Veranstaltungen, zum Schleusenplatz scheint dabei bewusst gewählt zu sein. Offenbar will „Rathenow zeigt Flagge“ in räumlicher Nähe zum „Bürgerbündnis“ für eine Stadt „mit Herz statt Hetze“ werben.
Jugendinitiative gegründet
Neben dem Setzen von Zeichen strebt die Rathenower Zivilgesellschaft aber auch langfristige Projekte für eine Stadt „mit Herz statt Hetze“ an. Ein Beispiel dafür soll künftig die „Jugendinitiative Rathenow“ sein. Diese Initiative hat sich zum Ziel gesetzt „für eine bessere Aufklärung von Gerüchten“ zu sorgen sowie „Fragen bezogen auf die Flüchtlingsthematik“ zu beantworten. Betreut werden soll das Vorhaben durch den Rathenower Erzieher Max Vogt, der zuvor im Kinder- und Jugendparlament der Stadt aktiv war und zurzeit im kirchlichen Jugendhaus „Oase“ arbeitet. Er will durch seine Initiative vor allem Jugendliche motivieren sich in die Gesellschaft einzubringen. Diese sollen dann beispielsweise Fragen zur Flüchtlingsthematik sammeln und dann Antworten in Interviews mit Sachverständigen oder sachkundigen Bürger_innen finden. Die Ergebnisse der Arbeit sollen dann, gemäß Vogt, auf einer Seite in einem sozialen Internetnetzwerk veröffentlicht werden.
Am Montag den 16.11. 2015 hatte die BraMM (Brandenburger für Meinungsfreiheit) zu einer Kundgebung ab 19.30 auf dem Müncheberger
Parkplatz in Strausberg aufgerufen.
Die Organisation gilt als brandenburger PEGIDA-Ableger, wurde von Mitgliedern der REP gegründet und steht in Zusammenhang mit der NPD und organisierten Neonazis. Dem entsprechend tritt die BraMM zumeist mit Themen auf, die den rassistischen Einstellungen ihrer Zielgruppe entsprechen.
Offiziell gibt man sich aber bürgerlich und versucht mit so unkonkreten wie breitgefächerten Themen möglichst viele Menschen anzusprechen. Diesmal wurde versucht, mit einem einem thematischen Sammelsorium von Schlagworten wie Asylchaos, Islamisierung, Genderwahn, Rundfunkgebühren und Hartz‑4 Betrug Menschen auf ihre Veranstaltung zu mobilisieren. Das Ergebnis: 120 Personen kamen aus ganz Märkisch Oderland, anderen Teilen Brandenburgs und auch Berlin, von denen ein beträchtlicher Teil der rechten Szene zuzuordnen ist.
In den Redebeiträgen ging es dann um die Verteidigung des Abendlandes durch Schließung der Grenzen, sowie die Abschiebung aller Geflüchteten, den Kampf gegen die von Merkel geführte Scheindikatur und paradoxer Weise gegen Extremismus, während die anwesenden Nazis geduldet wurden. In Strausberg werden, wie in vielen anderen Städten, demnächst Flüchtlinge in der Barnimkaserne untergebracht. An vielen Orten lösten solche Pläne seitens der Bürger_innen, meist von Nazis organisierte rassistische Proteste und Gewalt gegen die Geflüchtete aus. Vermutlich hatte die BraMM darauf spekuliert in Strausberg ein ähnliches Klima vor zu finden.
Dem aber bließ der bunte und laute Wind von 200 Gegenprotestler_innen entgegen.
Das Bündnis “Strausberg Nazifrei” hatte zur Gegenkundgebung aufgerufen. 200 engagierte Menschen aus Strausberg und der Welt zeigten den Rassist_innen dass hier kein Platz ist für Hass und Rassimus.
Viele hatten sich ihre ganz eigenen Mittel ausgedacht und mitgebracht um ihren Ablehnung gegen Rassimus zum Ausdruck zu bringen.
Trommeln, Pfeifen, Flyer, viele bunte Plakate und laute, entschlossene Stimmen.
Ebenso bunt waren die Leute, alte und junge, aus den verschiedensten Vereinen, Institutionen und Parteien. Wir freuten uns sehr, dass auch die Bürgermeisterin ihren Protest zeigte und mit uns an der Kundgebung von “Strausberg Nazifrei” teilnahm.
Wir bedanken uns bei allen, die an diesem Tag, dem Anruf von “Strausberg Nazifrei” gefolgt sind und sich gegen die BraMM und ihre rassistische Hetze positionierten.
Leider wurde für den 30.11. eine weitere Veranstaltung des PEGIDA-Ablegers angekündigt, wobei noch nicht ganz klar ist, was an
diesem Tag passieren wird. Achtet deshalb auf weitere Ankündigungen. Eines ist jedoch sicher: sobald Rassist_innen und Rechte den
öffentlichen Raum für sich beanspruchen, um ihre menschenverachtende Ideologie zu verbreiten, werden wir das nicht schweigend hinnehmen. Deswegen kommt auch an diesem Montagabend wieder gemeinsam mit uns auf die Straße, um gegen die rechte Mobilmachung zu protestieren. Werdet kreativ, schreibt euern Protest auf Schilder oder Transpis. Nehmt Pfeifen, Trommeln und alles andere mit, was Krach macht. Bringt Freund_innen mit und passt auf euch auf.
Die faschistischen und rassistischen Demonstrationen und Kundgebungen von besorgten Bürgern, bekannten Nazis und rechtsorientierten Hools zielen immer weiter auf Südbrandenburg ab. Neben den großen wöchentlichen Demonstrationen in Cottbus, die regelmäßig durch die Afd, Npd oder durch „Nein zum Heim“ Gruppen organisiert werden oder neben der großen Demonstration mit ca. 700 Teilnehmern in Lübbenau, organisiert vom Afd-nahen Verein „Zukunft Heimat e.V.“ finden auch immer mehr Kundgebungen und Demonstrationen im Umland von Finsterwalde statt. Hier mal eine kurze Auflistung:
19.10.2015 „Montagsdemo“ in Großräschen
26.10.2015 „Montagsdemo“ in Großräschen
29.10.2015 Afd Infotisch in Elsterwerda
30.10.2015 BraMM Demo in Senftenberg
01.11 2015 rassistische Kundgebung und „Grablicht aktion“ in Badliebenwerda
02.11.2015 „Montagsdemo“ in Großräschen
05.11.2015 faschistische Kundgebung bekannter Nazis in Sonnewalde
08.11.2015 rassistische Kundgebung und „Grablicht Aktion“ in Bad Liebenwerda
09.11.2015 „Montagsdemo“ in Großräschen
13.11.2015 Afd „Stammtisch“ in Sonnewalde
14.11.2015 „Gedenkaktion“ für Paris und Verbreitung faschistischer Propaganda in Finsterwalde
Bei den selbsternannten „Montagsdemos“ in Großräschen finden sich wöchentlich ca. 100–150 Nazis und Wutbürger zusammen um in einer einstündigen Kundgebung gegen die bestehende Asylpolitik und gegen den Antifaschismus zu wettern. Organisiert wird der braune Müll vom Reichsbürger R. Handta. Verpackt wird die faschististche Hetze in schlecht vorgetragenen Reden von verschiedenen Rednern wie „Andy“ oder der „Anheizer Sven“. Ab und zu kann man von den meist stark betrunkenen Nazis Sprüche hören wie „Wir sind das Volk“ und „Wer Deutschland nicht liebt muss Deutschland verlassen“.
Am 30.10.2015 veranstaltete die faschistische BraMM in Senftenberg nach ihrer Sommerpause ihre erste Demonstration. An dieser Demo nahmen ca. 200–250 Menschen teil. Auf der Demonstration redete der BraMM-Chef und Vorsitzende der Freiheitlichen Liga e.V., Haiko Müller. Weitere Gastredner aus Sachsen kamen außerdem zu Wort. Unter anderem sprach Engelbert Merz. Nach dem die Faschisten mehrere Reden auf den Senftenberger Marktplatz abhielten sollte ihre Demo durch die Innenstadt ziehen welche aber durch eine Blockade umgeleitet wurde. Nach einem 30 minütigen Fußmarsch endete der rassistische Spuk mit einer Abschlussrede.
In Bad Liebenwerda trifft sich Sonntags die sogenannte „Graswurzelbewegung“ die einen bundesweiten Bürgerprotest mit den Namen „Aktion Grablicht“ organisieren. Dafür versammeln sich ca. 100 „Bürger Deutschlands“ vor dem Rathaus in Bad Liebenwerda um schweigend mit einen Grablicht gegen Flüchtlinge und „offene Grenzen“ zu demonstrieren. Das Motto der Demonstranten „still, friedlich und demokratisch“ damit fordern sie den Rücktritt der Merkel und ein Stop der Einwanderung von Geflüchteten.
Am 05.11.2015 versammelten sich in Sonnewalde ca. 50 bekannte Nazis aus Finsterwalde und den umliegenden Dörfern. Auf dem Marktplatz von Sonnewalde hielten sie mehrere Reden mit einem Megaphone ab und versuchten durch das Ansprechen von den in Sonnewalde immer aktuellen Abwasserproblem Bürger auf ihre Seite zu ziehen. Die Faschisten standen ca. eine Stunde unbeachtet auf dem Markt.
Am Samstag den 14.11.2015 mobilisierten Neonazis aus den Raum Finsterwalde zu einer „Gedenkaktion“ für Paris auf den Rathausvorplatz. Nachdem sich die Nazis dort trafen und auch einige Bürger die von der Scheinveranstaltung nichts wussten erschienen, verteilten die Faschisten regierungsfeindliche Propaganda. Beim Eintreffen der ersten Antifaschisten aus Finsterwalde verschwand das braune Pack. Diese Aktion bleibt nicht unbeantwortet!
Für Montag den 23.11.2015 mobilisieren die Nazis zu ihrer letzten „Montagsdemo“. Am 27.11.2015 will die faschistische BraMM wieder in Senftenberg demonstrieren! Wir rufen euch auf gemeinsam mit uns die bevorstehenden Nazikundgebungen zu sabotieren und zu blockieren! Gemeinsam gegen Naziterror und Rassismus in Südbrandenburg in der BRD und auf der restlichen Welt. Den Faschismus im Keim zu ersticken bleibt unser Ziel!
Support your local Antifa and Join the Fight!
Am Dienstag, den 17.11.2015, kam es in Rathenow im Zuge eines Aufmarsches des rassistischen „Bürgerbündnis Havelland“ zu einem Übergriff auf einen befreundeten Fotografen. Unser Freund wurde dabei glücklicherweise nicht verletzt, allerdings ein Teil seiner Ausrüstung durch die “besorgten Bürger” zerstört. Der Täter konnte im Anschluss festgenommen werden und erhielt eine Anzeige.
Wir rufen dazu auf, sich mit allen Betroffenen, der Übergriffe des rechten Mobs, zu solidarisieren! Konkret wollen wir eine kleine Spendenkampagne starten, damit die zerstörte Ausrüstung nicht nur ersetzt, sondern eventuell sogar erweitert werden kann! Unser Freund macht seit Jahren eine hervorragende Arbeit und begibt sich dafür immer wieder in Gefahr. Es ist Zeit, ihm auch dafür zu danken! Bitte spendet an:
JWP-MittenDrin e.V.
IBAN: DE81 1605 0202 1730 0101 95
BIC: WELADED1OPR
Verwendung: Unterstützung Rathenow
Desweiteren fordern wir die Zivilgesellschaft in Rathenow auf, endlich Farbe gegen die rechten Umtriebe in ihrer Stadt zu bekennen. Es muss Gegenprotest in Sicht- und Hörweite stattfinden, um zu zeigen, dass es Widerspruch zu den rechten Hetzparolen gibt. Ebenso werden wir den Gegenprotest am kommenden Dienstag auch personell unterstützen und rufen alle Antifaschist_Innen auf, sich ebenfalls zu beteiligen. Weitere Infos folgen!
Rechten Hetzern das Handwerk legen!
Refugees are welcome here!
Weitere Infos: https://presseservicern.wordpress.com/2015/11/17/rathenow-trauermarsch-mit-ubergriff/
Bilder: https://www.flickr.com/photos/presseservice_rathenow/sets/72157661270189856/with/22705532359/
Nach dem gestern bereits die evangelische Kirche, unter Beteiligung von 200 Menschen, eine Gedenkzeremonie für die Opfer der heimtückischen Anschläge des so genannten „Islamischen Staates“ durchgeführt hatte, zog heute das flüchtlingsfeindliche „Bürgerbündnis Havelland“ mit einer eigenen Veranstaltung nach. An diesem so genannten Trauermarsch beteiligten sich ungefähr 180 Personen. Deutlich weniger als bei den Veranstaltungen an den drei voran gegangenen Dienstagen. Und klar aggressiver. Nach dem bereits bei den vorangegangenen Veranstaltungen gegen die vermeintliche „Lügenpresse“ gehetzt und seit letzter Woche konkret auch gegen einen bestimmten Fotojournalisten Stimmung gemacht wurde, eskalierte die Situation heute am Rande. Mehrere Personen umringten zunächst den Fotografen, dann griff einer nach dessen Technik und zerstörte einen Teil seiner Ausrüstung. Der mutmaßliche Täter wurde durch die Polizei gestellt und Anzeige wegen Sachbeschädigung erstattet.
Gegen den Marsch des „Bürgerbündnisses“ gab es auch heute keine Proteste. Lediglich am Märkischen Platz gab es eine Lichtinstallation, die darauf hinwies, dass Anschläge nicht nur in Frankreich stattfinden, sondern beispielsweise in Syrien alltäglich und somit Ursache für die Flucht nach Europa sind.
Fotos: hier
An einer von einem Kreistagsabgeordneten der rechtspopulistischen „Alternative für Deutschland“ (AfD) angemeldeten Versammlung in Pritzwalk (Landkeis Prignitz) nahmen am Montagabend ungefähr 160 Menschen teil. Die Veranstaltung hatte das Motto „Gegen das Politikversagen“ und richtete sich überwiegend gegen die weitere Aufnahme von Flüchtlingen. Die Kundgebung in der Marktstraße wurde zuvor sowohl vom AfD Kreisverband Prignitz, von einem „Prignitzer Bürgerzusammenschluss“ und der latent neonazistischen Internet-Initiative „Pritzwalk sagt NEIN zur Asylpolitik“ beworben. Zeitgleich zu der flüchtlingsfeindlichen Versammlung fand zwischen St. Nikolaikirche und Markt eine Gegenveranstaltung statt, an der insgesamt 100 Menschen teilnahmen.
Proteste in Hör- und Sichtweite
Zentraler Protestort war der Platz nördlich der Marktstraße, zwischen Stadtverwaltung und einem Kreditinstitut. Dort hatten sich ungefähr 50 Menschen versammelt und lautstark versucht, die AfD-Kundgebung auf der anderen Straßenseite mit Pfiffen und Rufen zu stören. Die Polizei hielt jedoch die Teilnehmer_innen beider Veranstaltungen weitgehend auf Distanz. Zwischen den konträren Versammlungen war ein Raum von 15 bis 20m in der Breite, der mit Gittern abgetrennt war. Dort hielten sich auch zusätzliche Beamt_innen der Bereitschaftspolizei, mit Blickrichtung Gegendemonstration, auf. Der Protest in Hör- und Sichtweite blieb allerdings friedlich.
Eine zweite Versammlung, die ebenfalls als Gegenkundgebung zur AfD-Versammlung gewertet werden kann, fand wenige Meter weiter in um die St. Nikolaikirche statt. Bei dieser Veranstaltung handelte es sich um ein Friedensgebet. Ungefähr 50 Menschen beteiligten sich daran.
AfD-Kundgebung mit flüchtlingsfeindlichem Charakter
Hintergrund der AfD-Versammlung soll die derzeitige „Asylpolitik” gewesen sein. Anmelder Thomas Schlaffke hatte der Lokalzeitung „Der Prignitzer“ gegenüber erwähnt, dass sich bei so genannten „Bürgerstammtischen“ seiner Partei einige Menschen nicht ausreichend über das Thema Asyl informiert sahen. Obwohl er als Kreistagsabgeordneter Zahlen und Fakten kenne, sei er trotzdem um eine Anmeldung zu einer Demonstration gebeten worden.
Die Gründe hierfür scheinen auf der Hand zu liegen. Flüchtlingsfeindliche Versammlungen sind momentan populär und versprechen künftige Wähler_innenstimmen. Momentan liegt die momentan nicht im Bundestag vertretende AfD, laut Forsa-Umfrage vom 11. November 2015, im Bundestrend bei stolzen 7 %, bei INSA sogar bei 10 % (Umfrage vom 9. November 2015).
Bei den letzten Kommunalwahlen im Mai 2014 holte die „Alternative für Deutschland“ im Landkreis Prignitz allerdings gerade einmal 1,0 % der gültigen Wähler_innenstimmen und lag damit sogar noch unter dem Landesdurchschnitt von 1,3 %. Für das Mandat von Thomas Schlaffke im Landkreis Prignitz reichte es also gerade so. Deshalb vielleicht zur Verstärkung, hatte die AfD am Montagabend mit Andreas Kalbitz und Steffen Königer auch zwei ihrer Landtagsabgeordneten zur Kundgebung nach Pritzwalk entsandt. Ihr Thema war vor allem die derzeitige Flüchtlingssituation.
Kalbitz, der eine Biografie in der extremen Rechten hat, beklagte vor allem die, seiner Meinung nach, „völlig unkontrollierte Zuwanderung“ und wandte sich gegen den Zuzug von Familienangehörigen von Flüchtlingen. Weiterhin schürte er Überfremdungsängste und warf den „Politikern“ im Allgemeinen den „Verrat am deutschen Volk“ vor. Speziell wurde aber auch Bundeskanzlerin Angela Merkel in seiner Rede angegriffen. Weiterhin thematisierte Kalbitz den demografischen Wandel und präsentierte als einfaches Rezept, statt Ausländer ins Land zu holen, einfach mehr Kinder zu machen. Ähnlich argumentiert übrigens auch die extreme Rechte innerhalb ihrer so genannten „Volkstod“-Kampagne. Mit „Nazis“ wolle die AfD jedoch nichts zu tun haben. Diesbezüglich meinte Steffen Königer in seinem Redebeitrag, dass er hier, auf der Kundgebung, keine Verfassungsfeinde sehe. Diese vermutete er eher im Bundestag in Berlin. Die Schwarz-weiß-rote Reichsflagge, die auf der AfD Kundgebung wehte, war Königer anscheinend nicht aufgefallen. Er bejammerte stattdessen, dass gegen seine Partei immer wieder die „Nazikeule“ geschwungen werde. Dies beklagte auch der aus Neuruppin angereiste ehemalige Vorsitzender des Parteiverbandes Ostprignitz-Ruppin, Klaus Engelbertz, in seinem Redebeitrag. Er kritisierte vor allem die Gewerkschaften für deren vermeintlichen „Goebbels-Jargon“ und setzte die Antifa mit der „SA“ gleich. Zu dem deutlichen Anstieg von Anschlägen auf Flüchtlingsunterkünfte verlor er hingegen kein Wort.
Neonazis auf der AfD-Kundgebung
Trotz der scheinheiligen Distanzierungsversuche, scheinen die „Alternative für Deutschland“ und die extreme Rechte zumindest in der Beantwortung der Flüchtlingsfrage gemeinsame Schnittstellen zu haben. Auch gestern zog es so einige Sympathisant_innen des neonazistischen Milieus, es mögen zwischen 30 und 40 gewesen sein, zu der AfD-Kundgebung auf den Pritzwalker Marktplatz. Auch Neonazis aus lose organisierten Gruppen, wie den „Freien Kräften Prignitz“ oder den „Freien Kräften Wittstock/Dosse“ waren anwesend. Sie waren offenbar dem Aufruf der latent neonazistischen Internet-Initiative „Pritzwalk sagt NEIN zur Asylpolitik“ gefolgt. Eine deutliche Distanzierung der AfD zu dieser Seite gab es im Vorfeld nicht. Ebenso wenig erfolgte der Ausschluss der Neonazis von der Versammlung. Dies wäre übrigens ohne weiteres möglich gewesen, da der Kundgebungsort komplett mit Polizeigittern abgezäunt war und die Zugänge von Ordner_innen der Versammlung kontrolliert wurden. Stattdessen wurden einzelne Neonazis von den Ordnungskräften per Handschlag persönlich begrüßt.
Fotos: hier
Für Montag, den 16.11. wird im Internet zu einer Demonstration gegen das angebliche “Asylchaos” aufgerufen. Wir stellen uns dagegen und treffen uns um 19.00 Uhr in der Altstadt. Wir wollen in Strausberg weiter friedlich zusammen leben! Gemeinsam gegen Hetze, Ausgrenzung, Unmenschlichkeit!
Wer jetzt den Weg über das Mittelmeer hierher schafft, flieht unter Lebensgefahr vor Krieg, aus zerstörten Ländern, vor unmenschlichen Zuständen und Hunger in Flüchtlingslagern. Wenn wir diesen Menschen ein menschenwürdiges Leben bieten wollen, muss deshalb keine Strausbergerin und kein Strausberger sein Zuhause verlassen, niemand ist dadurch in seiner Existenz bedroht. Viele von uns helfen — beruflich, ehrenamtlich, privat. Wir wollen hier weiter friedlich zusammen leben, egal, wer wo geboren und aufgewachsen ist.
Wir lehnen die Diffamierung und Ausgrenzung von Menschen ab: Es gibt kein einziges Problem, das mit Hass und Gewalt gegen Ausländerinnen und Ausländer gelöst werden könnte, außer unbefriedigten rassistischen Gewaltphantasien. Wer das bestreitet, belügt sich und andere und will mit Rassismus nach und nach die Grundlagen unseres Zusammenlebens zerstören.
Stellen Sie sich mit uns dieser rassistischen
Verhetzung entgegen!
Montag, 13. November, 19 Uhr, Strausberg, Altstadt.
Bündnis „Strausberg Nazifrei“
INFORIOT Bereits zum dritten Mal marschierte die NPD unter dem Motto “Das Boot ist voll” gegen Geflüchtete in Cottbus-Sachsendorf auf. An der Demonstration nahmen 150–200 Neonazis und RassistInnen teil. Während sich die NPD bei den ersten Demonstrationen noch um ein “bürgerliches” Auftreten bemüht hatte, leugnete sie an dem gestrigen Freitag nicht mehr die Parteinähe der Veranstaltung.
Die Demonstration begann am Zelt auf dem Gelsenkirchener Platz mit einer Ansprache von dem Anmelder Oliver Schierack und der Brandenburger NPD-Schatzmeisterin und Vorsitzende des Kreisverbandes Barnim-Uckermark, Aileen Rokohl. Danach bewegte sich der Aufzug unter Rufen wie “Kriminelle Ausländer Raus” oder “Wie wollen keine Asylantenheime” in die Gelsenkirchener Straße. In Höhe des Lidls, mitten im Nichts, hielt die Demonstration eine Zwischenkundgebung ab, auf der der stellvertretende Vorsitzende der NPD Berlin, Stefan Lux, der von Oliver Schierack als “Politikwissenschaftler” angekündigt wurde. Stefan Lux sprach von einer “wahren Sinnflut von Fremden”, die Deutschland “überschwemmen” würde. Er hetzte gegen Geflüchtete und bezeichnete sie als “bildungsfeindlich”, von der “islamistischen Hassideologie” und “menschenverachtendem Rassismus” besessen, die nur wegen Sozialleistungen her kommen würden. Nach einer kurzen Ansprache ging die Demonstration zurück und bog in die Ricarda-Huch-Straße ein.
Im Wohngebiet in der Helene-Weigel-Straße wurde eine weitere Zwischenkundgebung abgehalten. Dort hielt der Görlitzer NPD-Funktionär Andreas Storr eine längere Rede. In seiner Hetzrede prangerte er die Politik an, die “die Lebensinteressen [des] Volkes Tag täglich verrät und verletzt”. Er sprach von “paradisischen Zuständen” in Cottbus, anders als der “vordere Orient in Europa”, womit er den Duisburger Stadtteil “Marxlohe” (Fehler im Original) meinte. Außerdem sprach er davon, dass ganze “Völkerschaften” nach Deutschland kommen würden, die “naturgegeben” unter sich bleiben wollen. Storr prophezeite, dass die Deutschen zu einer Minderheit werden und dass Deutschland “Mord und Totschlag” vorherrschen würde.
Von der Helen-Weigel-Straße führte die Demonstration dann über die Berthold-Brecht-Straße zurück zum Ausgangspunkt. Ohne einer Abschlussrede meldete Oliver Schierack die Demonstration ab. Proteste gegen den NPD-Aufmarsch blieben an diesem Tag aus.
NPD kein Zugpferd in Cottbus
Die geringe TeilnehmerInnenzahl deutet darauf hin, dass die flüchtlingsfeindlichen Proteste in Cottbus an Antrieb verlieren. Am 9. Oktober versammelten sich knapp 40o Menschen auf den Norma Parkplatz in der Lipezker Straße zu einer unangemeldeten Versammlung, um von dort aus zur Notunterkunft in der Pozaner Straße zu ziehen. Dort fand zeitgleich ein Willkommensfest statt (Inforiot berichtete). Wöchentlich folgten Demonstrationen von der NPD und durch den mutmaßlichen Reichsbürger Rico Handta.
Wie schon bei den Demonstrationen zuvor offenbart sich, dass die NPD nicht das richtige Zugpferd für die Anti-Asyl-Mobilisierung in Cottbus ist. Mit den abwechselnden Demonstrationen der NPD und von Rico Handta im zweiwöchigem Rhytmus splittet sich inzwischen die potenzielle TeilnehmerInnenzahl in unterschiedliche Spektren auf.
Bekannte NPD-Aktivisten geben sich aggressiv
Während Andreas Storr in seiner Rede betonte, dass in seiner 30-jährigen NPD-Arbeit noch nie Gewalt durch die Partei ausging, sondern nur von den “bezahlten Antifa-Truppen”, bewiesen einige NPD Funktionäre im Verlauf der Demonstration genau das Gegenteil. So versuchte der Vize-Vorsitzende des Lausitzer NPD-Kreisverbandes, Alexander Bode, Pressevertreter_innen einzuschüchtern. Bode gilt als der Haupttäter der Hetzjagd von Guben 1999, in Folge dessen der Asylsuchende Farid Guendoul verstarb. Nach Auflösung der Demonstration kam es zu einem versuchten Übergriff: Mehrere Personen, darunter auch der Gubener NPD-Verordnete Markus Noack, nahmen Pressevertreter_innen ins Visier. Durch die Polizei konnte die Eskalation jedoch verhindert werden.
Weitere Veranstaltungen in Brandenburg
In zwei Wochen will die NPD erneut in Cottbus aufmarschieren. Ebenso hat die Alternative für Deutschland für den 25. November eine weitere Demonstration mit dem Brandenburger Parteichef Alexander Gauland angekündigt.
Auch in weiteren Städten Brandenburgs hält die rassistische Mobilisierung an. Am Samstag, den 14. November, wollen die BB.Patrioten eine Demonstration in Prenzlau abhalten. Für Montag, den 16. November, will BraMM eine Kundgebung in Strausberg abhalten. Ebenfalls will die AfD am Montag eine Demonstration in Pritzwalk abhalten. Als Redner werden die landtagsabgeordneten Andreas Kalbitz und Steffen Königer angekündigt. Am Dienstag, den 17. November will das NPD-nahe “Bürgerbündnis Havelland” eine dritte Demonstration in Rathenow abhalten. Weitere Demonstrationen sollen am Freitag, den 20. November, in Jüterbog und am 21. November in Lindow stattfinden. Indes plant die NPD ebenfalls am kommenden Sonnabend eine Kundgebungstour duch Nordbrandenburg. In Templin, Angermünde und Bad Freienwalde wollen sie Halt machen. Als Redner der Kundgebungstour sind der Stargarder NPD-Stadtverordnete Norman Runge und der Landtagsabgeordnete Michael Andrejewski aus Mecklenburg-Vorpommern angekündigt.
Bilder: hier.
Fighting for 20 years!
Am 7. November 1992 wurde Rolf Schulze in Lehnin von drei Neonazis zusammengeschlagen, ertränkt und verbrannt.
Am 20. Februar 1996 wurde Sven Beuter in Brandenburg an der Havel von einem Neonazi zu Tode getreten.
Diese Morde sind nur zwei von über 180 die seit der Wiedervereinigung in der Bundesrepublik verübt wurden. Beide Fälle eint, dass die Menschen von bekennenden und organisierten Neonazis ermordet worden sind. Beide Männer mussten sterben, weil sie „kein Recht, [haben] unter der strahlenden Sonne zu leben“, wie es einer der Mörder von Rolf Schulze während der Gerichtsverhandlung verlauten ließ.
Rolf Schulze war zu seinem Todeszeitpunkt im Jahre 1992 wohnungslos und schlief häufig auf Bahnhöfen. Des Weiteren ging er keiner geregelten Arbeit nach. Dies allein machte ihn zum potentiellen Opfer. Die drei Täter sahen in ihm nur eine Belastung für die Gesellschaft und befanden daher, dass sie im Sinne dieser agieren, wenn sie ihn misshandelten und in letzter Konsequenz töteten. Aus ihrer Ideologie machten sie während der Gerichtsverhandlung keinen Hehl. Auch gaben sie offen zu in verschieden neonazistischen Gruppierungen aktiv zu sein. Dies lässt die Schlussfolgerung zu, dass ihre Handlung nicht im Affekt geschehen ist, sondern letztendlich die Konsequenz ihrer Weltanschauung ist, in der nur Menschen ein Recht zu leben haben, die einen Mehrwert für die Gesellschaft darstellen
Ähnlich verhält es sich bei dem Mord an dem alternativen Jugendlichen Sven Beuter. Er wurde von dem noch heute in der Neonaziszene aktiven Sascha L. ermordet. Dieser versuchte zwar während der Gerichtsverhandlung Reue zu zeigen, tat dies nachweislich jedoch nur, um mit einer milderen Gefängnisstrafe davon zu kommen. Nach Beendigung dieser, machte er da weiter, wo er vor dem Mord aufgehört hatte. Seit diesem im Jahre 1996 gibt es immer wieder Gedenkveranstaltungen die versuchten, diesen nicht auf eine Auseinandersetzung von rivalisierenden Jugendgruppen zu reduzieren, sondern die politische Dimension klar zu benennen. An diese Tradition gilt es in diesem Jahr anzuknüpfen, denn solche Morde, als auch die zahlreichen Übergriffe auf Geflüchtete und deren Unterkünfte geschehen nicht von ungefähr, sondern sind die logische Konsequenz der Ungerechtigkeit des kapitalistischen Systems.
Dieses basiert auf der Ausnutzung von Vor- und Nachteilen. Wer den Vorteil des Reichtums hat, kann weitestgehend tun und lassen was er_sie will. Wer diesen Vorteil nicht hat, muss sich ausbilden lassen, um möglichst nützlich zu sein und anschließend hoffen, dass er_sie irgendwo benötigt wird. Randgruppen passen nicht in dieses System, weil sie kaum Vorteile haben, welche sie zu ihren Gunsten nutzen können oder wollen. Der Kapitalismus kennt nur zwei Größen: Kapital und Arbeit, wer das eine nicht hat, muss das andere verkaufen. Wohnungslose Personen haben nur eine sehr kleine Chance sich wieder in die normale Gesellschaft zu integrieren. Randgruppen sind fremd und kaum eine_r möchte freiwilligen Kontakt zum Fremden. Das Fremde ist unangenehm, ob es nun LGBTIs, Geflüchtete, Wohnungslose oder andere sind, sie haben keinen Platz in der Gesellschaft, sie sind nicht präsent, sie haben nur ein kleine oder gar keine Lobby. So klärt sich auch die Frage wer Schuld an der aktuellen Misslage hat. Keine_r übernimmt gern die Verantwortung, also wird sie jenen zugeschoben, welche in der öffentlichen Wahrnehmung nicht präsent sind. Soziale Gruppen werden zu Verursacher_innen stilisiert. Momentan wird dies, ohne zu hinterfragen, hauptsächlich auf geflüchtete Menschen angewendet.
Immer wieder bedienen sich namenhafte Politiker_innen der aktuellen Flüchtlingsthematik um gegen diese oder jene geflüchteten Gruppe mobil zu machen. Es wird versucht zwischen diese Menschen ein Keil zu treiben in dem zwei Gruppen geschaffen werden, zum einen die politischen Geflüchteten die vor dem Bürgerkrieg in Syrien, dem Irak und Afghanistan fliehen, und womöglich einen Mehrwert für unsere Gesellschaft haben, und zum anderen die ökonomischen Geflüchteten, die angeblich nur wegen der wirtschaftlichen Situation aus den Westbalkanländern fliehen. Ganz klar verschwiegen wird hierbei jedoch, dass gerade Länder wie Deutschland Fluchtursachen wie Krieg und Armut schaffen. Dies geschieht durch den Export von Waffen, die Unterstützung von diktatorischen und monarchistischen Regimen sowie die hemmungslose Ausbeutung von Rohstoffen, um nur einige Gründe zu nennen. Solange jedoch die oberste Maxime ist, unter allen Umständen Profit zu erwirtschaften, die Menschen gegeneinander auszuspielen und die Verantwortung für die eigenen Handlungen wegzuschieben, wird sich nichts ändern.
Die aktuelle Situation lässt sich gut mit den 1990er Jahren vergleichen als zahlreiche Menschen auf der Suche nach Schutz in die Bundesrepublik kamen. Schnell wurde für schon vorher bestehende Probleme genau diese Menschen verantwortlich gemacht. Der Hass entlud sich in Mölln, in Rostock-Lichtenhagen, aber auch in Lehnin und Brandenburg an der Havel. Die Konsequenz etwa war nicht, die Menschen vor den Übergriffen zu schützen, sondern die Asylgesetze zu verschärfen und die Polizei besser auszurüsten. Ähnliches geschieht gerade wieder, denn nahezu täglich brennen geplante Geflüchtetenunterkünfte, kommt es zu Übergriffen auf Geflüchtete und ihre Unterstützer_innen. Die Konsequenzen sind ähnlich denen in den 1990er Jahren: Verschärfung der Gesetze, Ausweitung der Liste mit den sogenannten sicheren Herkunftsstaaten, Aufstockung der Polizeibediensteten und die Forderung nach Grenzkontrollen und ‑zäunen.
Ebenso ist die antifaschistische Antwort der der 1990er Jahre nicht unähnlich. Der antifaschistischen Reaktion auf die rassistische Gewalt und Politik wird und wurde stark repressiv begegnet. Während in Rostock-Lichtenhagen über mehrere Tage bürgerliche Rassist_innen und Neonazis gemeinsam Unterkünfte angreifen konnten, in denen Asylbewerber_innen und ehemalige Vertragsarbeiter_innen untergebracht waren, war es möglich einer antifaschistischen Demonstration sechs Tage später mit 3.000 Polizeibediensteten zu begegnen. Es wurden Zufahrtswege nach Rostock, sowie der Bahnverkehr kontrolliert und unterbrochen, mehrere Polizei- und Bundesgrenzschutzhubschrauber kreisten über Rostock, mehrere tausend Demonstrationsteilnehmer_innen konnten noch vor Rostock festgehalten werden. Das heutige Äquivalent ist nahezu jede Woche zu beobachten, regelmäßig brennen Asylbewerber_innenunterkünfte, es ist bemerkenswert, dass es noch keine Toten gab. Wie in den 1990er Jahren ist die antifaschistische Bewegung, durch rassistische Gewalt und Repression, zur Reaktion gezwungen. Es gibt keine universell funktionierende Gegenstrategie. Damals wie heute ist man damit beschäftigt die Brände zu löschen und die Mitstreiter_innen gegen Repression zu unterstützen.
Wir werden nicht zulassen, dass Sven Beuter, Rolf Schulze und all die anderen Todesopfer neonazistischer und kapitalistischer Weltanschauung vergessen werden. Wir werden am 20. Februar gemeinsam auf die Straße gehen und zeigen, wohin Neonazismus und Kapitalismus führen – zum Mord an Menschen. Dies bedeutend für uns, dass der antifaschistische Kampf auch immer ein antikapitalistischer ist. Solange Menschen vertrieben, unterdrückt und ermordet werden, gehen wir auf die Straße. Wir kämpfen für eine Welt ohne Grenzen, in der sich Menschen frei entfalten können. In der Krieg, Unterdrückung und Ausbeutung der Vergangenheit angehören. Kommt mit uns am 20. Februar auf die Straße, gedenkt den zahlreichen ermordeten Menschen und zeigt deutlich, dass der Kapitalismus für uns keine Option ist.
Wir werden dafür kämpfen, dass den Opfern neonazistischer und kapitalistischer Gewalt erinnert wird, und aus Taten Konsequenzen gezogen werden. Dies schließt die kritische Auseinandersetzung, und Bekämpfung, des kapitalistischen Systems ein. Eine Gesellschaft welche aus der Ausbeutung der Unterschiede, vor allem den daraus resultierenden Nachteilen, basiert, wird als Folge unausweichlich die Gewalt ernten, die von den Vertreter_innen des Systems zuvor noch verurteilt worden ist. Das antifaschistische Gedenken und der damit verbundene Kampf schließt für uns auch die Auseinandersetzung mit der Abschottung Europas und die Unterstützung von Geflüchteten mit ein. Es kann nicht nur eine Spielregel des Regelbuchs bekämpft werden, die Problematik liegt im Ganzen. Wie in den 1990er Jahren werden wir dafür kämpfen, dennoch darf nicht vergessen werden, dass wir uns selbst (weiter-)bilden müssen. Antifaschistisches Handeln bedeutet nicht nur, dass man sich durch Kleidung, Aufnäher und Musik mit ihr identifiziert. Sie bedeutet vor allem geistig und körperlich fit zu sein, um auf allen Ebenen agieren zu können. Wir müssen in der Lage sein rassistischen Bürger_innen auch argumentativ entgegenzutreten, da diese keine Minderheit, sondern ein Großteil unserer Gesellschaft sind. Eine gewisse körperliche Fitness ist in Zeiten, in denen rassistische und neonazistische Gewaltäter_innen, immer freier agieren können, unabdingbar, um sich selbst und andere zu verteidigen.
Es ist deswegen nicht notwendig mit Motorradhelmen auf Demos zu gehen, dennoch können Aktion und Theorie nur funktionieren, wenn sie kombiniert werden.
Deshalb:
Organisiert euch!
Bildet euch!
Wehrt euch!
– Am 20. Februar 11 Uhr – Antifaschistische Demonstration in Brandenburg an der Havel –