Am Samstagvormittag veranstalteten Neonazis eine Kundgebung auf dem Marktplatz in Wittstock/Dosse. Die Versammlung stand in Zusammenhang mit der Unterbringung weiterer Flüchtlinge im Stadtgebiet. Thematisch dazu planen Neonazis auch am 6. Dezember 2015 einen Fackelmarsch durch Wittstock/Dosse. An der heutigen neonazistischen Veranstaltung nahmen ungefähr 50 Personen aus den Landkreisen Ostprignitz-Ruppin, Prignitz und Havelland teil. An einer Protestveranstaltung des zivilgesellschaftlichen Bündnisses „Wittstock bekennt Farbe“ in Hör- und Sichtweite beteiligten sich ungefähr 60 Menschen.
Fotos: hier
Monat: November 2015
Bei der Errichtung der Notunterkünfte für Flüchtlinge im freiLand verstoßen die Verantwortlichen rüde gegen Absprachen und riskieren nicht nur eine gute Kooperation und die Betriebsgenehmigung des Kulturzentrums sondern auch das gemeinsame Projekt zur Unterbringung der Flüchtlinge in neuen Unterkünften, die kein Zelt oder Container sind.
Obwohl die Vertreter der Landeshauptstadt und der Stadtwerke öffentlich stets versichern, eine gute Kooperation mit dem freiLand anzustreben, werden nunmehr gegebene Zusagen zum wiederholten Male gebrochen. Eine vertrauensvolle Zusammenarbeit ist so nicht möglich.
Die Stadtwerke planen die Parkplätze und die Wiese, die teilweise zum Pachtgelände gehören, durch einen Zaun abzutrennen und mittelfristig zu verkaufen. Das freiLand hat hiervon erst erfahren, als Aufträge bereits ausgelöst waren und auch das nur durch Zufall und hartnäckiges Nachfragen.
Werden diese Pläne Wirklichkeit, geht die Möglichkeit verloren, das von der FH Potsdam, der Stadt und vom freiLand geplante MakeSpace Projekt umzusetzen. Ziel des Projekts ist es, gute und preiswerte Unterkünfte für Flüchtlinge auf der Wiese des freiLand zu realisieren. Aus den uns bekannt gewordenen Planungsunterlagen wird deutlich, dass nicht, wie abgesprochen, beide Leichtbauhallen auf den Betonflächen errichtet werden sollen, sondern eine der Hallen auf der Wiese.
Unterstützung für das gemeinsame Anliegen einer besseren Unterbringung und schnellen Intergration der Neu-Potsdamer_innen versicherte zum Beispiel Frank Thomann, Leiter der Taskforce Flüchtlinge, unter anderem auf einer Pressekonferenz im freiLand.
Die jetzige unabgesprochene Vorgehensweise von SWP und KIS, zwei Gesellschaften, die sich im Eigentum der Landeshauptstadt befinden, führt diese Versicherungen jedoch völlig ad absurdum.
Offensichtlich ist es ihnen egal, wie lange Menschen im wunderschönen Potsdam im Container ausharren müssen, solange nur der Druck der Situation genutzt werden kann, um das städtische Grundstück an der Friedrich-Engels-Straße für einen gewinnversprechenden Verkauf vorzubereiten. Dies ist besonders bizarr in einer Situation, in der öffentlich nutzbare Flächen und Gebäude händeringend gesucht werden.
Das Plenum des freiLandes erlebt hier in beispielloser Weise, wie in kürzester Zeit Versprechen gebrochen, hinterrücks Absprachen getroffen und Beschlüsse vorbereitet werden, während der Öffentlichkeit gegenüber der Geist der Kooperation und Integration beschworen wird.
En passant erfahren wir, dass nicht nur der Raum für MakeSpace nicht zur Verfügung steht, sondern auch unsere Parkplätze aus dem Pachtvertrag gelöst und auf das Innere des Geländes verlegt werden sollen.
Die Parkflächen sind unverzichtbar für die Betriebsgenehmigung, und so plant man mit einem Ingenieurbüro offenbar bereits fleißig, die in ehrenamtlicher Arbeit entstandenen Grün- und Spielflächen auf dem freiLand-Gelände ganz einfach zu planieren. Weder der respektlose Umgang mit dem Engagement vieler Menschen noch die Vernichtung von Bäumen und öffentlichen Aufenthaltsorten passt in irgendeiner Weise in die Zeit oder eine offene, tolerante und demokratische Stadt. Parkplätze statt Spielplätze ist 1960er.
Dieser Umgang mit den dem freiLand ist indiskutabel und hochgradig irritierend. Die Nutzer*innnen des freiLands werden sich diese unfreundliche und vordemokratische Verfahrensweise nicht gefallen lassen.
Damit die Geflüchteten so gut wie möglich vor Ort integriert werden können und das freiLAND weiterhin seinem soziokulturellen Auftrag gerecht werden kann, sind unabdingbar:
Die Sicherung der seit Aufnahme des freiLAND-Betriebs mitgenutzten Wiese zur Friedrich-Engels-Straße für die Realisierung des Make-Space-Projekts wie vereinbart.
Den Verzicht auf einen Zaun, der die Flüchtlinge vom freiLAND abschottet, was dem Ziel der Integration entgegenwirkt.
Die Einrichtung von Schallschutz zum Schutze der Flüchtlinge vor Störungen durch Veranstaltungen und Besucher*innen des freiLands.
Die Sicherung der freiFlächen zwischen den freiLand-Häusern für Veranstaltungsbetrieb und vorhandene Projektgärten und Spielflächen.
Fotos der Spiel- und Gartenflächen im freiLand, die Parkplätzen weichen sollen:
https://goo.gl/photos/6KgPhtT5Qoq6zK9P7
Die Fotos sind aufgenommen von Max Dalichow und ohne weitere Bedingungen für kommerzielle und nichtkommerzielle Nutzung, Weiterverarbeitung und Änderung jeglicher Art frei. Die Nutzungsrechte werden soweit zulässig aufgegeben.
( https://creativecommons.org/publicdomain/zero/1.0/ )
An öffentlichen Versammlungen im Stadtgebiet von Velten (Landkreis Oberhavel) haben sich am frühen Abend insgesamt 300 Menschen beteiligt. Die Veranstaltungen bewegten sich im Kontext der bundesweit debattierten Kontroverse um die Aufnahme von Asylsuchenden. Am so genannten „1. Abendspaziergang für eine angemessene Asylpolitik“, der sich gegen die Unterbringung von Flüchtlingen in Velten richtete, beteiligten sich ungefähr 200 Personen. Diese Veranstaltung wurde im Vorfeld hauptsächlich durch die NPD-nahe Internetinitiative „Nein zum Heim in Oranienburg“, beworben und durch nationaldemokratische Parteifunktionäre protegiert. Das Design des Internetaufrufs für den Abendspaziergang sowie Konzept und Ablauf knüpften zudem sehr deutlich an ähnliche Versammlungen in Oranienburg und Zehdenick (ebenfalls Landkreis Oberhavel) an. Unter dem Motto: „ Herz statt Hetze! Velten ist anders, weltoffen, bunt!“ protestierte die „Initiativgruppe gegen Rassismus und Gewalt Velten“ mit ungefähr 100 Menschen gegen die flüchtlingsfeindliche Demonstration.
Abendspaziergang nach NPD Konzept
Der so genannte „Abendspaziergang“ begann indes auf dem Veltener Marktplatz mit einer Auftaktkundgebung. Dabei wurde recht schnell klar, dass die gesamte Versammlung auf einem komplett aus Oranienburg importierten Konzept basierte. In der Kreisstadt des Landkreises Oberhavel hatten so genannte „besorgte Bürger_innen“ bereits seit Dezember 2014 ähnliche Aufzüge durchgeführt. Die regionalen NPD und JN Strukturen hatten dabei stets entscheidenden organisatorischen Anteil, vermieden es jedoch offen für die nationaldemokratische Partei zu werben. Die Mobilisierung lief stattdessen über deren virtuelle Tarnseite „Nein zum Heim in Oranienburg“, auf der auch für Velten mobilisiert wurde. Entsprechend deutlich war der Einfluss der von NPD und JN auch dort zu spüren. Zwar mögen auf dem „1. Abendspaziergang“ in Velten mehrheitlich tatsächlich so genannte „besorgte“ und „verängstigte“ Bürger_innen gewesen sein, viele Ausdrucksmittel, wie Schilder und Banner, verdeutlichten jedoch einen ganz offensichtlichen Bezug zur Ideologie der extremen Rechten. „Überfremdung ist auch eine Form von Völkermord“ stand beispielsweise auf einem Pappschild geschrieben. Ein mitgeführtes großes Banner mit der Aufschrift „Asylbetrug macht uns arm“ entsprach nahezu exakt dem Werbematerial der NPD, bis auf das deren drei Buchstaben nicht enthalten waren. Des Weiteren beteiligten sich auch wieder mehrere Kommunalpolitiker der Partei, allen voran deren örtlicher Stadtverordneter Robert Wolinski an der Demonstration.
Darüber hinaus wurde der Abendspaziergang auch von einer Gruppe Neonazis aus dem Landkreis Havelland, um den verurteilten Terroristen Christopher H., unterstützt. H. wurde Anfang März 2005 zu einer mehrjährigen Haftstrafe verurteilt, weil er eine Organisation namens „Freikorps Havelland“ aufgebaut, geleitet und in diesen Rahmen Brandanschläge auf Dönerstände und Asia-Imbisse durchgeführt haben soll.
Aus Berlin waren heute ebenfalls viele Personen nach Velten gereist. Ein „besorgter Bürger“ aus Marzahn-Hellersdorf ergriff bei der Abschlusskundgebung beispielsweise das Mikro und klagte sein Leid über die vermeintliche Überfremdung durch die Aufnahme von Flüchtlingen. Besonders übel stieß ihm dabei u.a. auf, dass „man heute nicht einmal mehr ‚Neger‘ sagen dürfe“.
Stadt bekennt sich gegen Rassismus
Für ein buntes und weltoffenes Velten traten hingegen heute die Bürger_innen ein, die sich am Abend an der evangelischen Kirche in der Viktoriastraße versammelt hatten. Diese Veranstaltung begann bereits eine Stunde vor dem „Abendspaziergang“ mit einem Friedensgebet. Später sprach dort auch Veltens Bürgermeisterin Ines Hübner. Sie begrüßte die Gegenveranstaltung und betonte das Velten „eine weltoffene Stadt ohne Rassismus“ sei.
Auf der Versammlung „Initiativgruppe gegen Rassismus und Gewalt Velten“ war heute weiterhin u.a. auch vom Kreisbrandmeister der Feuerwehr unterstützt, der heute demonstrativ Präsenz zeigte. Im Vorfeld war nämlich bekannt geworden das einer seiner Feuerwehrmänner nicht nur Flyer für die NPD verteilt, sondern auch den „Abendspaziergang“ angemeldet haben soll.
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INFORIOT Nach sieben Monaten Pause marschieren wieder Neonazis und RassistInnen in Oranienburg auf. Zu einem sog. “Abendspaziergang” am Mittwoch, den 4. November, hatte die vermeintlich NPD-gesteuerte Facebookseite “Nein zum Heim in Oranienburg” aufgerufen. Zuvor wurden in der Stadt großflächig Flyer für die Veranstaltung verteilt. Eine weiterer Aufzug wurden am Folgetag, den 5. November, im benachbarten Velten durchgeführt. Am kommenden Sonnabend wollen die RassistInnen in Rheinsberg (OPR) aufmarschieren, am 25. November soll der nächste Aufmarsch in Oranienburg folgen.
Oranienburg: Business as usual
Nach mehreren Monaten Abstinenz und des klaren Abdriftens des bundespolitischen Diskurses nach recht, dürfte man annehmen, dass die Zahl der Demonstrierenden gegen Asyl, unter dem Vorwand der Forderung “nach angemessener Asylpolitik”, in der Kreisstadt Oranienburg steigen sollte. Mit 300 bis 350 Personen blieb die Anzahl der TeilnehmerInnen weiterhin auf konstantem Niveau.
Auch bei dem Aufmarsch wurde wieder Mal ersichtlich, dass die rassistischen Proteste weiterhin von der örtlichen NPD gesteuert werden. Wie auch die Demonstrationen zuvor, wurde die Technik durch vermeintliche NPD-Mitglieder bzw. SympathisantInnen gestellt. Die mutmaßlichen NPDler Maik N. und Marco F. bedienten die mobile Musikanlage auf dem Fahrrad. Die Fahnen der Demonstration wurden durch das JN-Mitglied Philipp Badczong verteilt. Zeitweise trug der NPDler Robert Wegner ein Hochtransparent. Weitere Personen, die an eine NPD-Kundgebung am 17. Oktober in Velten teilgenommen haben, übernahmen Ordnertätigkeiten. Die Fotos, die später auf der “Nein zum Heim in Oranienburg” Facebookseite veröffentlicht wurden, wurden mutmaßlich durch den Veltener NPD-Stadtverordneten Robert Wolinski angefertigt. Er lief mit einer Spiegelreflexkamera herum und fertigte Bilder von dem “Abendspaziergang”, Pressevertreter_innen und den Gegenprotest an.
Wie auch die Demonstrationen zuvor trat das JN-Mitglied Martin Ulbricht bei der Auftaktkundgebung als Redner auf und verbreitete erneut rassistische Hetze. In seinem Redebeitrag thematisierte er einen angeblichen Messerangriff von minderjährigen Geflüchteten auf deutsche Fußballfans in Berlin. Eine Quelle für die Geschichte nannte Ulbricht, der bewusst ohne Namen auf den Demonstrationen auftritt, nicht. Eine entsprechende Presse- oder Polizeimeldung findet sich weder im Web, noch auf der “Nein zum Heim”- Seite. Bereits in der Vergangenheit wurde sogenannte “Vorfälle” durch die RednerInnen der “Abendspaziergänge” in Oranienburg thematisiert, ohne einen richtigen Beleg. Im Frühjahr kursierten im Internet Gerüchte darüber, dass Bewohner_innen der Sammelunterkunft in Lehnitz im Rewe-Markt in der Lehnitzstraße Diebstähle begehen würden, ohne dafür belangt zu werden. Diese Meldung wurde ebenfalls auf den Demonstrationen im Frühjahr in Oranienburg thematisiert. Die Geschichte erwies sich als ein Märchen, wie der Filialleiter vom Rewe gegenüber der Presse erklärt hatte.
Als weiterer Redner trat der Oranienburger Carlo-Eik Christopeit auf. Er trat in der Vergangenheit als Anmelder der “Abendspaziergänge” auf. In seiner Rede sprach er von “Asylanten” und hetzte gegen eine multikulturelle Gesellschaft. Er sprach von der “Lüge der Bereicherung” und “Verräter am eigenen Volk”, die es zu “enttarnen” gilt. Auf der Abschlusskundgebung redeten weitere dubiose Gestalten. Ein Redner aus Berlin beendete seinen Beitrag mit dem obligatorischen “Merkel muss weg”, die Menge tat es ihm gleich und rief ebenfalls die Parole.
An einer Gegendemonstration nahmen etwa 150 Menschen aus dem demokratischen Spektrum teil. Zu einer Demonstration hatten das “Forum gegen Rassismus und rechte Gewalt” aufgerufen. Die Demonstrationsstrecke führte vom Bahnhof in die Bernauer Straße / Ecke Sachsenhausener Straße, wo die Abschlusskundgebung stattfand. Symbolisch wurden die Straße vom “braunen Dreck” gekehrt.
Bilder: hier.
Velten: The same procedure
In Velten nahmen am ersten sog. “Abendspaziergang” 200 Neonazis und RassistInnen teil. Zusammen mit dem Aufmarsch in Oranienburg wurde die Veranstaltung auf Flyern beworben. Dabei sind in Velten noch keine Geflüchteten untergebracht. Als möglicher Standort für eine dezentrale Unterbringung ist Velten jedoch seit einigen Monaten im Gespräch.
Bereits im Vorfeld der Demonstration wurde der NPD-Hintergrund der Veranstaltung deutlich. Die Demonstration wurde durch den in Velten lebenden Maik Neuber angemeldet. Nachweislich hat Neuber für die NPD im Oranienburger Ortsteil Marwitz Flyer verteilt. Ein entsprechendes Bild findet sich auf der Facebookseite der NPD Oberhavel. Ebenso hat er am 17.Oktober an der NPD-Kundgebung in Velten teilgenommen und hielt dort ein Transparent der neonazistischen Partei. Zu dem kam heraus, dass er Oberfeuerwehrmann der Freiwilligen Feuerwehr Oberkrämer-Marwitz ist.
Und auch auf der Demonstration in Velten wurde deutlich, dass die NPD Oberhavel in die Organisation der rassistischen Proteste im Landkreis fest eingebunden ist, bzw. diese anführt. Wie in Oranienburg wurde auch in Velten die Technik von der NPD gestellt. Der Kreisvorsitzende der NPD Oberhavel, Burkhard Sahner, holte diese im Anschluss an die Demonstration mit seinem PKW ab. Weitere NPD-Mitglieder übernahmen Aufgaben auf der Demonstration. Auch die mitgeführten Schilder sind die selben Schilder, die am 17. Oktober bei der NPD-Kundgebung in Velten gezeigt wurden. In Velten redeten exakt die selben Redner, wie einen Tag zuvor in Oranienburg. Personell wurde die Demonstration außerdem von Neonazis aus Berlin und dem Havelland unterstützt, darunter auch von dem verurteilten Rechtsterroristen Christopher Hartley aus Falkensee.
An einer Friedensandacht und Kundgebung an der evangelischen Kirche in der Viktoriastraße gegen den Aufmarsch nahmen über 120 Menschen teil. Unter dem Motto “Herz statt Hetze” hatte die “Initiativgruppe gegen Gewalt und Rassismus” aufgerufen. Auch nahmen an der Kundgebung eine Vielzahl von Feuerwehrmännern teil, sichtlich aus Protest gegen die geistige Haltung ihres Kameraden Neuber. Laut PNN-Recherchen soll in der Freiwilligen Feuerwehr Oberkrämer-Marwitz die politische Gesinnung Neubers nicht unbekannt gewesen sein.
Bilder: hier und hier.
Weitere Veranstaltungen am Wochenende
Nach den Veranstaltungen in Oranienburg und Zehdenick, sowie erstmalig in Velten, weitet sich der Aktionsradius der rassistischen Proteste über die Grenzen des Landkreises hinaus. So soll am folgenden Sonnabend, den 7. November, ein ähnlicher Aufzug in Rheinsberg, Landkreis Ostprignitz-Ruppin, stattfinden. Bei dem Layout des Flyers ist identisch mit denen in Oberhavel. Dies lässt vermuten, dass es sich einerseits um einen Ableger der Veranstaltungen in Oberhavel handeln könnte und andererseits, dass die rassistischen Proteste in Rheinsberg von Oberhavel aus gesteuert werden.
In weiteren Städten Brandenburgs sollen dieses Wochenende flüchtlingsfeindliche Veranstaltungen stattfinden. Am Freitag ruft der vermeintliche Reichsbürger Rico Handta zu einer Demonstration in Cottbus auf. Dieses Mal soll die Demonstration durch die Cottbuser Innenstadt ziehen. Am Samstag wollen Neonazis um die Facebookseite “Wittstock SAGT NEIN ZUR Asylpolitik” eine Kundgebung zwischen 10 und 12 Uhr auf den Wittstocker Marktplatz abhalten. In Eisenhüttenstadt will die rassistische Gruppierung “Beeskow wehrt sich” erneut eine Kundgebung vor der ZAST in der Poststraße abhalten. Am Sonntag soll eine weitere flüchtlingsfeindliche Kundgebung in Bad Freienwalde stattfinden.
Übergriff nach der Demonstration auf dem Altmarkt.
500 Menschen folgten am Mittwochabend dem Aufruf von Cottbus Nazifrei! und beteiligten sich an der Demonstration unter dem Motto „Herz statt Hetze“. In Zusammenarbeit mit anderen gesellschaftlichen Akteuren wie dem Cottbuser Aufbruch, dem Filmfestival Cottbus, dem Humanistischen Jugendwerk Cottbus e.V. und der Initiative Flucht und Migration Cottbus wurde ein vielfältiges Programm gestaltet. Auch Personen des öffentlichen Lebens wie der Universitätspräsident Dr. Jörg Steinbach fanden klare Worte. Im Anschluss kam es zu einem Übergriff auf einen Demonstrationsteilnehmer.
Bis zu 500 Menschen setzten in den Abendstunden ein kraftvolles Zeichen für Solidarität und Menschlichkeit. „Wir stehen gemeinsam für eine vielfältige Stadt ohne Hass und rechte Gewalt!“, so Jakob Lupus von Cottbus Nazifrei!. Sämtliche Plätze in der Innenstadt wurden von der Demonstration eingenommen, sodass die Kundgebung der rechtspopulistischen „Alternative für Deutschland“ auf den Viehmarkt verdrängt wurde.
Ein engagierter Demonstrationsteilnehmer beobachtete im Anschluss an die Demonstration, wie Einzelpersonen ein Transparent auf dem Altmarkt zerstörten, das im Laufe der Demonstration entstanden war. Er forderte
die Störer auf, dies zu unterlassen und wurde daraufhin von bis zu 10 Menschen bedroht und tätlich angegriffen. „Wir lassen Betroffene von solchen Übergriffen nicht allein und lassen uns nicht einschüchtern,“ so Lupus weiter. Auch in Zukunft wird das Bündnis Cottbus Nazifrei! gegen rechte Gewalt und Hetze mobil machen.
An Versammlungen im Stadtgebiet von Rathenow nahmen heute mehrere hundert Menschen teil. Die Kundgebung des „Bürgerbündnisses Havelland“ zog ungefähr 450 Versammlungsteilnehmer_innen, etwas weniger als letzte Woche. Die zivilgesellschaftliche Initiative „Rathenow zeigt Flagge“ zog mit ihrem Veranstaltungskonzept ungefähr 250 Menschen an, ebenfalls weniger als am vergangenen Dienstag. Zu nennenswerten Zwischenfällen kam es nicht. Für den nächsten Dienstag wurde seitens des „Bürgerbündnisses Havelland“ eine weitere Kundgebung mit Demonstration durch die Stadt angekündigt. „Rathenow zeigt Flagge“ wird wahrscheinlich ebenfalls wieder präsent sein. Eine genaue Aktionsform steht zur Stunde aber noch nicht fest.
Bürgerbündnis polarisiert weiter
Die 450 Sympathisanten des „Bürgerbündnisses Havelland“, darunter wieder ungefähr 50 Neonazis, hatten sich, wie in der vergangenen Woche, wieder ab 18.30 Uhr auf dem Märkischen Platz versammelt. Sich dort einzufinden wurde zuvor u.a. wie Veranstaltungsseite in einem sozialen Internetnetzwerk sowie gedruckten und als Postwurfsendung verteilten Flyern kommuniziert. Gemäß Statement des „Bürgerbündnisses“ ging es bei der massiven Werbeaktion vor allem darum, mehr Versammlungsteilnehmer_innen anzulocken als in der Vorwoche. Die Zahl von 500, wie in der vergangenen Woche, wurde jedoch heute nicht erreicht. Auch die Stimmung war deutlich weniger euphorisch. Lediglich wenn die Redner_innen Begriffe, wie „Lügenpresse“, „Volksverräter“, „Merkel muss weg“ und „Wir sind das Volk“, in ihren Beiträgen nutzten, war eine mitreißende Atmosphäre erlebbar. Als Redner_innen traten heute hauptsächlich Christian Kaiser und Nico Tews auf. Des Weiteren wendeten sich eine Frau namens Susanne sowie ein älterer Herr an das versammelte Volk. Erstmals wurden vom „Bürgerbündnis Havelland“ auch Forderungen an die Politik gerichtet. Diese hatten hauptsächlich mit dem Thema Asyl zu tun. Unter anderem wurde ein Limit bzw. eine Höchstzahl für die Aufnahme von Flüchtlingen gefordert. Ansonsten wurde sich auch wieder von Nazis distanziert, ohne dass sich die Veranstalter_innen aber tatsächlich an ihre Worte gebunden sahen.
Neonazis verteilten Flyer für Demo des „Bürgerbündnisses“
Für die heutige Versammlung hatten nämlich auch wieder bekannte Neonazis mobilisiert. Der Nauener Kommunalpolitiker Maik Schneider (NPD) hatte beispielsweise im Vorfeld auf seiner öffentlich einsehbaren Seite in einem sozialen Internetnetzwerk verkündet „die Rathenower“ wieder „unterstützen“ zu wollen. Bereits in der vergangenen Woche sei, seinen Angaben zu Folge, „ein kleiner Trupp der Nauner NPD“ vor Ort gewesen. Dieser hatte dort mehrere Banner mit rassistisch motivierten Parolen gezeigt. Die Aktion sollte nun offenbar nicht nur planmäßig wiederholt werden, sondern auch noch mehr Gesinnungsgenoss_innen anlocken. Schneider dazu auf seiner Seite: „Dass es diesmal noch mehr Bürger werden die gegen dieses asoziale System demonstrieren, haben wir im Vorfeld hundert von Briefkästen in Nauen mit Infomaterial versehen.“ Als Fotobeweis für die Verteilaktion präsentierte Maik Schneider mit Infoflyern des „Bürgerbündnisses“ bestückte Briefkästen. Sollten die Fotos und seine Angaben dazu authentisch sein, sind dies klare Indizien für eine Zusammenarbeit zwischen dem „Bürgerbündnis Havelland“ und der NPD.Tatsächlich nahm heute auch wieder eine Delegation Neonazis aus Nauen an der Kundgebung des „Bürgerbündnisses“ teil. Diese hatten sich vor den Redner_innen mit Bannern präsentiert, schwenkten Fahnen oder waren als Ordner eingesetzt.
Neonazis als Ordner
Rathenower Neonazis waren übrigens ebenfalls auf der Kundgebung des „Bürgerbündnisses Havelland“ als Ordner erkenntlich, darunter der mehrfach wegen Gewaltdelikten vorbestrafte Peer D. Er saß mehrere Jahre in einer JVA ein, weil er sich u.a. mit weiteren Gesinnungsgenossen im Juni 2005 dazu verabredete, den Jugendclub in Premnitz anzuzünden. Des Weiteren hatte er 2008 einen Premnitzer Stadtverordneten der Linkspartei mit Reizgas angegriffen. Als Ordner wird D. offenbar trotzdem gerne genommen, nicht nur vom „Bürgerbündnis Havelland“. Auch bei Kundgebungen der NPD ist er öfter mit einer Ordnerbinde zu sehen.
„Rathenow zeigt Flagge“ sucht Dialog
Trotz des weiterhin sehr polarisierenden Charakters der Versammlung des „Bürgerbündnisses Havelland“ sucht das zivilgesellschaftliche Aktionsbündnis „Rathenow zeigt Flagge“ weiter die Verständigung. Bewusst sei die Gestaltung der Kundgebung auf dem August-Bebel-Platz nicht als „Gegenveranstaltung“ beworben worden. Es würde weiter der Dialog gesucht. Vorurteile, Sorgen und Ängste, sollten, so die Veranstalter_innen, dadurch ausgeräumt werden. Es gab auf der Kundgebung auch die Möglichkeit, entsprechende Fragen oder Anregungen schriftlich und anonym zu stellen. An dem Motto: „Mein Rathenow, mit Herz statt Hetze“ hielt das Aktionsbündnis jedoch weiterhin fest, frei nach dem von Bürgermeister Ronald Seeger am heutigen Abend verwendeten Reim: „Mein Rathenow mit Herz und Verstand: bunt und tolerant“. Einfach über die andere Veranstaltung hinwegsehen und warten was da komme, wollten aber viele Menschen auch nicht. Vor allem junge Leute zeigten sich noch immer schockiert von der Versammlung des „Bürgerbündnisses Havelland“ am vorhergehenden Dienstag. Eine junge Frau, die sich als Maria vom „Laut und bunt“-Jugendiniative vorstellte, meinte: „Was ich da gesehen habe, erinnerte mich an Szenen die ich nur aus Dokumentationen und Geschichtsbüchern kenne.“ Und für sie noch schlimmer: „…dass da drüben Menschen stehen, die einmal Freunde waren, meine Ansichten teilten und jetzt diesem Blödsinn zujubeln“.Der Ohnmacht ergeben wollte sich die junge Frau jedoch nicht, vielmehr sei es sehe jetzt an der Zeit „zu handeln“ und „ein Zeichen für Toleranz und Weltoffenheit sowie gegen Rassismus und Fremdenhass zu setzen“.
Klare Trennlinie zwischen Versammlungen
Nach dem es in der vergangenen Woche zu verbalen Auseinandersetzungen zwischen Neonazis und Antifaschist_innen am Rande beider Veranstaltungen gekommen war, zeigte die Polizei heute massive Präsenz. Zwischen beiden Lager wurde nicht nur eine Polizeikette aufgestellt, sondern auch eine Sperre aus Fahrzeugen errichtet. Zu nennenswerten Zwischenfällen kam es nicht. Auch die verbale Auseinandersetzung war deutlich abgeschwächter als in der vergangenen Woche.
Fotos: hier
Braunes Wochenende in Brandenburg
INFORIOT In mehreren Städten Brandenburgs fanden an diesem Wochenende rassistische und flüchtlingsfeindliche Versammlungen statt. Dabei erreichen die Teilnehmer_innenzahlen, die sich bei den meisten Veranstaltungen im dreistellgen Bereich bewegen ein neues Höchstniveau. Während am Sonnabend in Brandenburg an der Havel “nur” 50 NPDlerInnen und SympathisantInnen eine Kundgebung abhielten, marschierten nach Polizeiangaben 700 RassistInnen in Lübbenau (Dahme-Spreewald) gegen Asylsuchende auf. Der folgende Artikel fasst die Ereignisse des Wochenendes zusammen.
Freitag: Cottbus, Senftenberg
NPD-Hetze in Cottbus
Erneut marschierte am Freitag, den 30. Oktober, die Brandenburger NPD in Cottbus-Sachsendorf auf. In üblicher Manier wurde im Vorfeld der Demonstration versucht die Parteinähe der Veranstaltung zu vertuschen. Mit einem Mobilisierungsvideo ohne Parteibezug sollte eine Eindruck des “bürgerlichen Protestes” erzeugt werden. Doch sowohl Video, als auch die RednerInnen vor Ort offenbarten klar, dass es sich um eine NPD Demonstration handelt. Auf der Demonstration, zu der schätzungsweise 300 Menschen zusammengefunden waren, redeten der Brandenburger NPD-Vize Ronny Zasowk, die Pressespecherin und Chefin der NPD Barnim-Uckermark Aileen Rokohl und die NPD Funktionärin Manuela Kokott. Ebenso sprach der rassistische Liedermacher Björn Brusak auf der Demonstration. Nach Schilderung des Bündnisses “Cottbus Nazifrei” soll ein beträchtiger Teil der DemonstrantInnen den Aufzug zum Ende hin verlassen haben. Auch konnte die Demonstration nicht das Potential an Menschen auffangen, die sich Wochen zuvor jeweils auf den Norma Parkplatz in der Boxberger Straße versammelt hatten. Bei den vorwiegend illegalen Ansammlungen kamen bis zu 400 BürgerInnen (Inforiot berichtete). Für den Cottbuser Raum scheint die NPD kein wirkliches Zugpferd der rassistischen Anti-Asyl-Bewegung zu sein. In zwei Wochen will die Partei erneut eine Demonstration in Cottbus abhalten. Laut Polizei wurde im Anschluss an die Demonstration eine Gruppe von DemonstrantInnen überprüft und zwei davon in Gewahrsam genommen. Sie sollen zuvor lautstark “Heil Hitler” skandiert haben.
BraMM-Aufmarsch in Senftenberg zeitweise blockiert
Die Gegenproteste an dem Freitagabend verlagerten sich eher in das benachbarte Senftenberg. Dort hatte der Brandenburger PEGIDA Ableger, die “Brandenburger für Meinungsfreiheit und Mitbestimmung” (BraMM) zu einer Demonstration mit dem Motto “Es hat sich Ausgemerkelt” aufgerufen. Knapp 200–250 Menschen nahmen an dem Aufzug teil. Etwa 300 Gegendemonstrat_innen nahm an mehreren Gegenveranstaltungen teil. Auf den Kirchplatz hatten sich Vertreter_innen verschiedenster Organisationen und Parteien versammelt. Auf dem Neumarkt fand eine weitere Kundgebung statt. Zum Beginn der Demonstration formierte sich eine Menschenblockade in der Bärengasse und zwang so den BraMM-Aufzug zum Stopp. Ihre Demonstration konnte BraMM jedoch trotzdem durch die Stadt führen.
Unterstützung aus Sachsen
Auf der Demonstration redete der BraMM-Chef und Vorsitzende der Freiheitlichen Liga e.V., Haiko Müller. Weitere Gastredner aus Sachsen kamen außerdem zu Wort. Unter anderem sprach Engelbert Merz aus Hoyerswerda, der für das Bürgermeisteramt im sächsischen Bautzen kandidiert hat. Merz war bis 2011 Mitglied der CDU und gründete 2013 in Hoyerswerda die Kleinstpartei “die Alternativen”. Zur Bundestagswahl wurde die Partei nicht zugelassen. Anderthalb Jahre später kandidierte er im Kreis Bautzen–Hoyerswerda–Kamenz und erlang 2.000 Stimmen, was einem Anteil von 1,3% der Wähler_innenstimmen entsprach. Anfang 2014 gründete er mit weiteren MitstreiterInnen den Verein “Mündige Bürger”, für den er als Bürgermeisterkandidat in Bautzen antrat. Er ist Anhänger der islamfeindlichen PEGIDA-Bewegung. Laut der Sächsischen Zeitung (SZ) soll er seit Oktober 2014 regelmäßig an den Aufmärschen in Dresden teilnehmen. In Bautzen trat er in Vergangenheit als Hauptredner der asylfeindlichen PEGIDA-Demonstrationen auf.
AfD-Offensive in Südbrandenburg
Am 27. November will BraMM erneut eine Demonstration in Senftenberg durchführen. Zufällig will auch die AfD eine Veranstaltung am selben Tag in Senftenberg abhalten. Zu dem wollen die RechtspopulistInnen am kommenden Mittwoch, den 4. November, eine Anti-Asyl-Demonstration in Cottbus durchführen. Als Zugpferd ist der Brandenburger Fraktionsvorsitzende und Bundes-Vize Dr. Alexander Gauland angekündigt. Gegen die AfD-Demonstration in Cottbus hat sich breiter Protest formiert. Die Bündnisse “Cottbus Nazifrei” und “Cottbuser Aufbruch” wollen unter dem Motto “Herz statt Hetze” mit vielfältigen Aktionen ein positives Zeichen setzen. Vom Heronplatz soll eine Demonstration abgehalten werden, die am Altmarkt und dem Oberkirchplatz, wo weitere Veranstaltungen stattfinden, Halt machen soll.
Samstag 270 Neonazis in Bad Freienwalde gegen Geflüchtete
Am Samstag, den 31.Oktober, demonstrierten etwa 270 RassistInnen gemeinsam mit den neonazistischen Parteien NPD und Die Rechte unter dem Motto „Ostbrandenburg erwacht! Für den Schutz unserer Heimat und Werte — gegen die unkontrollierte Masseneinwanderung“ gegen die Entstehung von Asylunterkünften in Bad Freienwalde (Märkisch-Oderland). Auf der Facebookseite „Brandenburg erwacht”, wurde, wie bereits zu der Neonaziveranstaltung vor zwei Wochen in Wriezen, zur überparteilichen Versammlung auf dem Marktplatz in Bad Freienwalde aufgerufen. Am 8. und 21. November sollen weitere Proteste stattfinden.
Überparteilich = NPD, Die Rechte und AfD
Als RednerInnen traten der Anmelder Lars Günther, der NPD ?ler Andrew Stelter, NPD-Funktionärin Manuela Kokott und NPD-Landeschef Klaus Beier. Zwar stellte sich Letzterer als Vertreter einer „deutschfreundlichen Partei“ und nicht explizit der NPD vor, um den „überparteilichen“ Charakter der Versammlung zu unterstreichen, dennoch waren anhand der OrdnerInnen, RednerInnen, Plakaten und Fahnen die politische Parteinahme für NPD und Die Rechte deutlich: Neben Neonazis aus der Region, wie Robert Gebhardt (Die Rechte MOL), Rene Herrmann (Zentralversand, Die Rechte), Jan-Paul Jäpel (ex-Freie Nationalistischen Uckermark) oder Kai Hasselmann (Klänge des Blutes) waren auch Gesine und Ronny Schrader als VertreterInnen von Die Rechte Berlin vor Ort. Unter den VersammlungsteilnehmerInnen befanden sich neben den genannten ParteiaktivistInnen von NPD und Die Rechte insbesondere viele AnwohnerInnen. Außerdem nahm an der Versammlung der Brandenburger AfD-Pressesprecher Detlev Frye mit drei weiteren älteren Männern teil.
Der übliche rassistische Stumpfsinn
Anmelder Lars Günther aus Berlin, der bereits in seiner Heimatstadt in Wriezen die Veranstaltung angemeldet hatte, schwadronierte in seiner Rede vom Schutz der „Existenz unseres Volkes und unserer deutschen Kinder“, in Anlehnung an die sogenannten 14 Words — das rassistische Bekenntnis des US-amerikanischen Neonazis David Lane. Außerdem lobte Günther die Abschottungspolitik des ungarischen Präsidenten Victor Orbán.
Die Reden von allen vier Neonazis waren insgesamt einfallslos, gespickt mit den immer wieder gleichen falschen Behauptungen und dem gleichen rassistische Sprech, der vielerorts in Brandenburg zu hören ist. Die Menge jubelte zur Hetze gegen Politik, Geflüchtete und Demokrat_innen, die von den Neonazis spottend als „Gutmenschen“ bezeichnet wurden. Kokott ließ keinen Zweifel daran, dass sich ihre Ablehnung der Asylpolitik gegen alle Geflüchteten richte. So meinte sie in ihrem Redebeitrag, dass es sich bei den Flüchtlingen ohnehin nicht um politisch Verfolgte, sondern um „Illegale Einwanderer und Asylschmarotzer“ handele. Klaus Beier, der als letzter Redner auftrat, rief die Polizei auf an die Grenzen zu fahren und diese zu sichern, denn er meinte an die anwesende Polizei gerichtet: „hier werden Sie nicht gebraucht, wir sind friedlich“.
Vor der Kirche, gegenüber des Marktplatzes, sammelte sich der Gegenprotest aus etwa 100 Menschen aus Stadtpolitik, Kirche und antirassistischen Initiativen. Die Versammlungen, die vom Bürgermeister angemeldet worden war, übertönte zeitweise die Neonaziveranstaltung mit lauter Musik und Redebeiträgen.
NPD floppt in Brandenburg an der Havel
Die teilnehmerInnenschwächste Versammlung fand am Sonnabend in Brandenburg an der Havel statt. Ungefähr 50 NPDlerInnen und vermeintliche SympathisantInnen hielten eine Kundgebung “gegen Asylbetrug” am Neustädtischen Markt ab. Zu dem wurde die Kundgebung von “freien Kräften” und MitgliederInnen der Kleinstpartei “III.Weg” unterstützt. Als Redner auf der Kudngebung traten auf der Rathenower NPD Stadtverodnete und Chef des Kresiverbandes Havel-Nutze Michel Müller und das Bad Belziger Stadtverordnete André Schär auf. Zur Gegenkundgebung versammelten sich hingegen knapp 200 Bürger_innen und Antifas.
Weitere Bilder: hier.
Blau-braune Allianz in Lübbenau
In Lübbenau hielten knapp 700 Menschen eine asylfeindliche Demonstration ab. Zur Veranstaltung hatte der Afd-nahe Verein “Zukunft Heimat e.V.” aufgerufen. An der Demonstration nahmen eine Vielzahl prominenter AfD-Funktionäre, darunter Andreas Kalbitz und Jens-Birger Lange teil. Lange kandidierte am 11. Oktober für das Amt des Landrates in Dahme-Spreewald und erzielte mit 22,9% das zweitbeste Ergebnis. Auch die NPD-Jugendorganisationen, die Jungen Nationaldemokraten (JN) Brandenburg und zahlreiche weitere Neonazis nahmen an dem Aufzug teil. Lokale Szenekenner_innen gehen davon aus, dass die Initiative “Zukunft Heimat e.V.” und die Veranstaltung stark durch die ehemaligen Mitglieder der “Widerstandbewegung Südbrandenburg” geprägt sein soll.
Weitere Bilder: hier.
Sonntag: Neonazis mit mehr Zulauf in Frankfurt (Oder)
Zum 1. November riefen erneut Neonazis der Gruppierung „Frankfurt/Oder wehrt sich“ zu einer Demonstration unter dem Motto „Stopp dem Asylwahn“. Für die Frankfurter extrem Rechte um den inzwischen in Beeskow wohnenden Peer Koss war es bereits die sechste Versammlung in diesem Jahr. Unterstützt wurde sie dabei von Anfang an vom extrem rechten „III. Weg“, aber auch von der NPD. Das Bündnis „Kein Ort für Nazis in Frankfurt (Oder)“ mobilisierte gegen den Aufmarsch.
Wieder mehr Neonazis auf der Straße
Die Demonstration der Neonazis sollte, wie bereits bei ihrem Aufmarsch im April, an der Strassenbahnhaltestelle „Stadion“ starten und von dort in die Innenstadt ziehen. Die Mobilisierung war damals wegen erneut angekündigter Proteste recht kurzfristig angekündigt worden und konnte nur 55 Neonazis auf die Strasse bringen. Auch sonst nahm die Teilnehmendenzahl seit dem ersten Aufmarsch am 17. Januar kontinuierlich ab und lag bei ihrer letzten Kundgebung am 3. Oktober bei nur noch 40. Diesmal konnten jedoch deutlich mehr Personen mobilisiert werden. Insgesamt nahmen an dem Aufmarsch knapp 150 Personen teil. Darunter waren neben Neonazis aus verschiedenen Teilen Brandenburgs auch erstmals seit Februar wieder eine erkennbare Zahl an sogenannten „besorgten BürgerInnen“. Auch die Anzahl der jugendlichen TeilnehmerInnen war auffallend hoch gewesen. Die Partei „Die Rechte“ um Robert Gebhardt aus Bad Freienwalde bildete einen eigenen Block. „Der III. Weg“ und die NPD waren ebenso personenstark vertreten.
Die Demonstration startete kurz nach 15 Uhr und zog über die Walter-Korsing-Straße und Paul-Feldner-Straße vorbei an der Arbeitsagentur auf die Logenstraße ins Stadtzentrum. Anders als vorher befürchtet, war das Ziel der Demonstration nicht die geplante Unterkunft für geflüchtete Familien am Karl-Ritter-Platz am nördlichen Rand der Innenstadt, sondern der Vorplatz des Kaufland-Einkaufszentrum, auf dem sich bei den letzten extrem rechten Veranstaltungen immer die Gegendemonstrierenden versammelt hatten. Anheizer der Neonazis war erneut der Finkenheerder Björn Brusak, der gegen Geflüchtete und die sog. “Lügenpresse” hetzte. Am zweiten Mikrofon stimmte eine Frankfurter Fleischerverkäuferin die Menge mit „Kriminelle Ausländer raus“ ein und ergänzte „und die Anderen hinter her“. Am Rande wurden dabei immer wieder Pressevertreter_innen bedroht und gegen die Regionalzeitung „MOZ“ gehetzt, während zeitgleich die rassistische Menge „Pressefreiheit“ fordere.
Auf dem Kaufland-Vorplatz fanden an diesem Tag die einzigen inhaltlichen Beiträge der Neonazis statt. Neben Hauptredner Björn Brusak standen erneut Manuela Kokott (NPD) und Pascal Stolle („III. Weg“) am Mikrofon. Ein weiterer Redner, vermutlich ebenfalls vom „III. Weg“, hetzte in einer kurzen Rede gegen Geflüchtete. Auch sonst unterschieden sich die Reden inhaltlich kaum voneinander. Hetze gegen Geflüchtete, die Bundesregierung sowie Beleidigungen in Richtung der Gegendemonstrierenden, garniert mit ein paar verschwörungsideologischen Elementen in Brusaks Beitrag, sind die Quintessenz der Reden. Im Anschluss zogen die Neonazis weiter zum Hauptbahnhof, wo sie ihre Demonstration kurz nach 17 Uhr beendeten.
Zulauf zu Gegenprotest stagniert
Zu der Kundgebung des Bündnis „Kein Ort für Nazis in Frankfurt (Oder)“ am Oderturm versammelten sich ab 14 Uhr etwa 200 Antifaschist_innen, darunter auch der Oberbürgermeister, der zu einem friedlichen Miteinander und Protest gegen Neonazis aufrief. Am Rande provozierte der einschlägig vorbestrafte Neonazi Sven Lemke mit zwei Begleitern den Protest gegen ihren Aufmarsch. Aufmerksame Antifaschist_innen vertrieben die Rechten, die sich anschließend hinter Polizeikräften versteckten. Lemke erstattete zudem Anzeige wegen Körperverletzung.
Wie in anderen Städten, die mit regelmäßigen rassistischen Aufmärschen in den letzten Monaten konfrontiert sind, stagniert ebenso in der Oderstadt die Anzahl der Gegendemonstrierenden. Waren am 17. Januar, beim ersten Aufmarsch von „Frankfurt/Oder wehrt sich“, noch 700 Menschen gegen Neonazis auf der Straße gegangen, konnten bei den folgenden Aufmärschen immer weniger Leute mobilisiert werden. So sind Blockaden, zu denen das Frankfurter Bündnis immer wieder aufruft, kaum noch möglich. Die Brandenburger Polizei war in Frankfurt mit einem Großaufgebot vor Ort um mögliche Auseinandersetzungen zu verhindern. Sogar ein Hubschrauber war im Einsatz. Über die Pressestelle waren, wie üblich, keine Informationen zum Einsatz zu erfahren.
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In Rathenow wird es am kommenden Dienstag eine Neuauflage der Kundgebungen des „Bürgerbündnisses Havelland“ und des Aktionsbündnisses „Rathenow zeigt Flagge“ geben. Hintergrund ist die auch bundesweit kontrovers diskutierte Flüchtlingspolitik. Für die Gegner von pauschalisierender Hetze gegen Flüchtlinge sei es zudem wichtig, am Dienstag wieder ein klares Zeichen gegen Ressentiments zu setzen.
Bürgerbündnis läutet zur zweiten Runde
Nach dem das „Bürgerbündnis Havelland“ am vergangenen Dienstag, aus dessen Sicht, erfolgreich gegen „die Islamisierung des Abendlandes“ und „unkontrollierter ´Zuwanderung“ sowie für die konsequente Abschiebung abgelehnter Asylbewerber“ protestiert hatte und dabei ungefähr 500 Sympathisant_innen auf dem Märkischen Platz versammelte, hatte Veranstalter Christian Kaiser noch am selben Abend die Fortsetzung der Veranstaltung angekündigt. Diese erneute Versammlung soll nun wieder an einem Dienstag, genauer gesagt am 3. November 2015, zur gleichen Zeit und am gleichen Ort stattfinden. In einem sozialen Internetnetzwerk wird bereits dafür ausführlich geworben. Des Weiteren ließ das „Bürgerbündnis Havelland“ auch heute wieder bedruckte, in schwarz-rot-goldenen Farben gehaltene Flyer als Veranstaltungshinweis in Briefkästen privater Haushalte einwerfen.
Vom Immobilienmakler zum Volkstribun
Aufgrund seines Engagements für das „Bürgerbündnis Havelland“ weiter in den Fokus des öffentlichen Interesses gerutscht ist, neben Versammlungsleiter Christian Kaiser, inzwischen auch der aus dem osthavelländischen Senzke stammenden Immobilienmakler Nico Tews. Er ist gesetzlicher Vertreter der Latinum Hausverwaltungs GmbH und in einem Maklerhaus in der Fontanestadt Neuruppin integriert. Als Hausverwalter setzte er in der Kreisstadt des Landkreises Ostprignitz-Ruppin im Jahr 2011 u.a. die Räumung einer insolventen Kindertagesstätte durch. Auf der letzten Versammlung des „Bürgerbündnisses Havelland“ auf dem Märkischen Platz soll er dagegen bekräftigt haben, sich angeblich für die Zukunft „unserer Kinder“ einzusetzen. Darüber gefiel er sich offenbar in der Rolle des Tribuns, der im Sinne des einfachen Volkes die vermeintliche „Lügenpresse“ und die Regierung Merkel anklagte. Auch die weiterhin in der Bundesrepublik angekommenen Flüchtlinge wurden thematisiert. Tews Meinung nach seien es zu viele, die in „unser Land“ kommen. Derartige Ansichten widersprechen allerdings der von der Bundesrepublik ratifizierten UN Menschenrechtserklärung, demnach Flüchtlinge, egal wie viele es sind, ein Recht auf Schutz vor Krieg und Verfolgung haben, und somit nicht nur demokratische, sondern übrigens auch auf christliche Werte. Bei seinem Publikum, das freilich nicht nur aus bekannten Neonazis bestand, kam Tews trotzdem gut an. Dies heißt allerdings nicht, dass sein Redebeitrag unbedenklich ist. Tatsächlich hatte Tews Rede zum Teil recht demagogische Züge.
Die Scham des Erkannten
Im Gegensatz zu seinem selbstbewussten Auftreten und seiner recht freizügigen Rede vor seinem „Volk“ im Dunkel des Märkischen Platzes gab sich Tews, im Nachgang zu der Versammlung auf dem Märkischen Platz, einerseits getroffen und andererseits recht angriffslustig gegenüber Medien, die über ihn auch im Lichte der Öffentlichkeit berichteten. So verlangte er u.a. die Anonymisierung seines Namens und die Löschung von Bildern, auf dem sein Konterfei abgebildet sei. Als Unternehmer bzw. Hausverwalter hatte er allerdings bisher keine Probleme damit im Licht der Öffentlichkeit zu stehen. Im Impressum seiner Firma steht er mit vollem Name und Adresse, ebenso bei seiner Landiner Ferienwohnungvermietung. Und im Team des Maklerhauses Neuruppin ist er sogar mit Porträtfoto zu sehen. Nicht einmal als er die besagte Kindertagesstätte in der Fontanestadt zwangsräumen ließ und daraufhin in einer Lokalzeitung mit vollen Namen über ihn berichtet wurde, störte ihm das offenbar. Anders hingegen bei Berichten über die flüchtlingsfeindliche Kundgebung auf dem Märkischen Platz. Anscheinend sind ihm einige seiner dort vertretenen Positionen, möglicherweise im Zusammenhang seiner beruflichen Stellung, inzwischen peinlich. Für die nächste Veranstaltung des „Bürgerbündnisses Havelland“, am 3. November 2015, wirbt er, im Gegensatz zu ersten Versammlung am 27. Oktober 2015 auch nicht mehr unter seinem eigenem Namen. Denkbar ist aber, dass die Flyer mit Hilfe von Tews Kapital finanziert werden. Das „Bürgeründnis“ hat sich übrigens mittlerweile auch eine eigene Seite in einem sozialen Internetnetzwerk zugelegt, mit der Anonym für die nächste Kundgebung geworben und Hetze gegen Flüchtlinge geschürt wird. Die dort veröffentlichten, ausnahmslos in einseitigem Kontext veröffentlichten Zeitungsartikel erinnern übrigens an die so genannten „Nein zum Heim“-Seiten der NPD.
Die Rolle der NPD
Die nationaldemokratische Partei selber scheint somit zwar einen gewissen Einfluss auf die Gestaltung der „Bürgerproteste“ zu haben, Veranstalter Christian Kaiser sympathisiert in einem sozialen Internetnetzwerk ja auch recht deutlich mit dieser Organisation, den Ton geben ihre Funktionäre jedoch bisher nicht an. Tews ist als Immobilienmakler schon beruflich höhergestellt als der ranghöchste regionale NPD Funktionär Michel Müller. Außerdem ist in Rathenow auffällig, dass an der Veranstaltung des Bürgerbündnisses verstärkt eher kleinbürgerliches Klientel, also kleinere Lädenbesitzer_innen oder Dienstleistungsunternehmer_innen, teilnahmen. Prekariat, prekarisiertes Proletariat oder Alkoholabhängige, wie beispielweise bei den klar von der NPD dominierten rassistischen Aufmärschen in Nauen, war in Rathenow anteilsmäßiger deutlich weniger vertreten. Auch wurde in der havelländischen Kreisstadt offensichtlich, dass die nationaldemokratische Partei bisher nur auf die Proteste aufgesprungen ist und möglicherweise nur aus taktischen Gründen mit dem „Bürgerbündnis Havelland“ sympathisiert. Die NPD ist nämlich momentan in der Region die einzige politische Partei der extremen Rechten die bei politischen Wahlen antritt und offensiv gegen Flüchtlinge hetzt. Das „Bürgerbündnis Havelland“ ist dagegen bisher nur eine lose Vereinigung, ohne konkreten politischen Einfluss oder entsprechenden Ambitionen. Die Option, dass die NPD, diese Organisationsschwäche ausnutzt, um zum einen in die so genannte gesellschaftliche „Mitte“ vorzustoßen und zum andern selber politisches Kapital daraus zu schlagen ist zumindest vorstellbar.
Einzelne Antifas machen mobil
In jedem Fall hat die Versammlung des „Bürgerbündnisses Havelland“ auch zu einer extremen Polarisierung der Lager geführt. Eine in Rathenow nicht näher bekannte Gruppe namens „Writer Antifas Rathenow“ mobilisiert beispielsweise seit letztem Freitag im Internet unter dem Motto „dem deutschen Volksmob entgegentreten“ für direkte Proteste gegen die flüchtlingsfeindliche Kundgebung. Als Vorabtreffpunkte werden u.a. Bahnhöfe in Berlin und Potsdam angegeben.
Rathenow will wieder Flagge zeigen
Auch das zivilgesellschaftliche Rathenower Aktionsbündnis für Demokratie und Toleranz will am kommenden Dienstag wieder Flagge zeigen. Mit „Zivilcourage und Entschlossenheit“ wollen die Akteure „den vielen Gerüchten, den Ressentiments und der Ignoranz“ entgegentreten. Die Versammlung des Aktionsbündnisses soll wieder um 18.00 Uhr auf dem August-Bebel-Platz (Postplatz) stattfinden. Neben dem Bekenntnis für ein Rathenow „mit Herz statt Hetze“ wird aber auch Gesprächsbereitschaft gegen über allen Interessierten signalisiert. Es sei, so das Aktionsbündnis in einer Pressemitteilung, „wichtiger, miteinander in Gespräch zu kommen, als nebeneinander Parolen nachzurufen“. „Ängste“ sollten so „besprochen und möglichst aufgelöst werden“ und so bestehende Ressentiments abgebaut werden.
Die heute von der NPD durchgeführte Kundgebung unter dem Motto „Gegen die Überfremdung unserer Heimat“ steht stellvertretend für Kundgebungen der NPD. Nach dem Verteilen der drei Banner, sechs Fahnen und fünf Schildern startete die Veranstaltung mit Musik, anschließend folgte die erste Rede, vorgelesen durch den NPD-Kreisverbandsvorsitzenden Michel Müller. Nach weiterer Musik folgte der Redebeitrag des NPD-Kommunalpolitkers André Schär. Nachdem auch er seinen Beitrag verlesen hatte, wurde recht zügig zusammengepackt und die ersten kleinen Gruppen der 29 Teilnehmer_innen, hauptsächlich aus dem Havelland und Mittelmark, entfernten sich. Mindestens sieben Personen kamen aus der kreisfreien Stadt. Vier von diesen nehmen regelmäßigen an rassistischen und neonazistischen Demonstrationen und Kundgebungen im Land Brandenburg teil. Auch das restliche Klientel war von ideologisch gefestigten Personen, etwa aus dem Umfeld der NPD, des III. Weges oder der Freien Kräfte, bestimmt. Die Themen der Redebeiträge stammen, wie das Motto der Veranstaltung, aus dem Standardrepertoire der NPD: es wurde gegen Geflüchtete gehetzt und der Untergang Deutschlands durch die gestiegene Zuwanderung konstruiert. Für Abwechslung sorgte nur der spontane Versuch auf den Protest einzugehen, da im Rahmen der Gegenkundgebung ein Transparent mit der Aufschrift „Gebt den Nazis die Straße zurück – Stein für Stein“ entfaltet wurde. Nach 90 Minuten war die NPD verschwunden.
Bunter Gegenprotest
Der Gegenprotest kann, für Brandenburger Verhältnisse, als voller Erfolg bezeichnet werden: es kamen ca. 200 Personen. Dennoch war effektiver Protest kaum möglich, da die Kundgebungen so weit wie auf dem Neustadt Markt nur möglich voneinander entfernt waren und Rufe oder Pfiffe kaum bei der NPD angekommen sein dürften. Die Lage war so eher für die Polizei optimal, als für den Protest.
Polizei – parteiisch as usual?
Die An- und Abreise von Teilnehmer_innen der NPD-Kundgebung erfolgte fast unkontrolliert. Kleine Gruppen konnten nah an der Gegenveranstaltung vorbei und anfangs sogar durch sie hindurch laufen. Erklären lässt sich diese Zurückhaltung der Polizeibediensteten womöglich dadurch, dass diese von Anfang an recht stark damit beschäftigt waren den Gegenprotest im Auge zu behalten. Ohne Gefährdungssituation wurden dem Protest keine spontanen Möglichkeiten eingeräumt, als Antifaschist_innen einen Meter auf die Steinstraße gingen, wurden diese zurückgeschickt.
Seit Beginn der Veranstaltungen lagen mehrere lose Pflastersteine auf dem Platz der Gegenveranstaltung, gegen Mitte der Veranstaltung wurden von einer Person, weil einer der Steine zufällig in seiner Nähe lag, die Personalien aufgenommen. Anschließend sammelten mehrere Polizeibedienstete die verstreut herumliegenden Steine ein. Ebenfalls war fast durchgängig eine Kamera auf die Veranstaltung gerichtet, es ist davon auszugehen, dass sie mindestens teilweise filmte. Durch derartige Maßnahmen soll antifaschistischer Protest eingeschüchtert und kriminalisiert werden. Wir werden uns durch solche Provokationen nicht einschüchtern lassen, sondern weiterhin gegen Neonazis und Rassist_innen auf die Straße gehen und für eine Gesellschaft ohne Diskriminierung kämpfen.
AG Antifa [BRB]
Am 07. November jährt sich der brutale Mord an Rolf Schulze. Er wurde im Jahr 1992 von drei Neonazis auf dem Bahnhof Schönefeld aufgegriffen und zum Kolpinsee in der Nähe des Dorfes Lehnin gebracht. Dort quälten die drei jungen Männer den wohnungslosen 52-jährigen stundenlang: sie traten und schlugen ihn, hielten seinen Kopf unter Wasser und zündeten ihn schlussendlich an. Anschließend ließen sie Rolf Schulze am Strand des Sees liegen und fuhren nach Hause. Am darauffolgenden Tag wurde die Leiche gefunden. Die Neonazis prahlten mit ihrer Tat, sodass es schnell gelang sie festzunehmen und ihnen den Prozess zu machen. Alle drei verbüßten daraufhin lange Gefängnisstrafen.
Das Opfer geriet danach nahezu in Vergessenheit. Der Name Rolf Schulze tauchte zwar immer wieder in den Statistiken zu /Todesopfern rechter Gewalt/ auf, eine Gedenkveranstaltung oder die weitere Aufarbeitung des Mordes geschah bis zum Jahr 2012 jedoch nicht. Zum 20. Todestag organisierte das /Antifaschistische Netzwerk: Brandenburg-Premnitz-Rathenow/ Infoveranstaltungen und, gemeinsam mit der Partei Die LINKE, eine Kundgebung. Seither finden jährlich Veranstaltungen statt um den Mord nicht in Vergessenheit geraten zu lassen.
In diesem Jahr will die Antifa Jugend Brandenburg gemeinsam mit der Linksjugend [’solid], der AG Antifa und der Partei Die LINKE daran anknüpfen. Gerade die Entwicklung der GIDA-Bewegungen, die nahezu täglich stattfindenden Brandanschläge auf geplante Geflüchtetenunterkünfte und die Bedrohungen gegenüber Geflüchteten und deren Unterstützer_innen zeigen deutlich, dass sich das politische Klima wandelt. Gewalttätige Übergriffe sind fast wieder an der Tagesordnung und wir sehen die realistische Gefahr, dass es nur eine Frage der Zeit ist, bis nicht nur geplante sondern auch bewohnte Unterkünfte brennen und wieder Menschen sterben. Der Tod von Rolf Schulze zeigt deutlich, wohin rassistische und klassistische Hetze führt. Gegen diese gilt es am 07. November auf die Straße zu gehen.
November – 10 Uhr – Markgrafenplatz/Lehnin
Antifa Jugend Brandenburg | AG Anitfa [BRB] | linksjugend [’solid] BRB