INFORIOT Rund 80 Neonazis haben bei einer Kundgebung am Samstag (25.10.) in Brandenburg/Havel „gegen staatliche Repressionen“ protestiert. Veranstalter war die „Gefangenenhilfe“, eine Organisation, die inhaftierte Neonazis unterstützen will. Auch die NPD sowie das Kameradschafts-Netzwerk „Licht und Schatten“ hatten zu der Aktion mobilisiert.
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Am Rande der rechten Kundgebung auf dem Neustädtischen Markt protestierten rund 70 Menschen. Aufgerufen dazu hatte die stadtoffizielle „Koordinierungsgruppe für Demokratie und Toleranz“. Vereinzelt waren Antifas an den Protesten beteiligt. Trotz einiger Pfeifkonzerte und Zwischenrufe war der Protest vergleichsweise schwach.
Bruder von NSU-Angeklagtem federführend / rechter Mörder ebenfalls vor Ort
Federführende Person bei der Neonazi-Kundgebung war Maik Eminger — der Zwillingsbruder des im Münchener NSU-Terrorprozess Angeklagten André Eminger. Bei seiner Ansprache beklagte Maik Eminger, dass das deutsche Volk “in Fesseln” liege und darum der „Volkstod“ drohe. Alle, die dagegen Widerstand leisten würden, müssten damit rechnen, in den „Kerker des herrschenden Systems“ gesperrt zu werden.
Unter den TeilnehmerInnen der Kundgebung befand sich auch Neonazi Sascha Lücke, der 1996 in Brandenburg/Havel den Punk Sven Beuter ermordet hatte und dafür im Gefängnis saß. Auch er fühlt sich offenbar als Opfer der „Repression durch das System“.
Jammern über die „Flimmersynagoge“
Auch Sebastian Schmidtke, vorbestrafter NPD-Vorsitzender in Berlin, jammerte in seiner Rede. Alle, die die “Wahrheiten” aussprechen würden, würden in den “Repressionsapparat des Systems” geraten. Die Meinung beispielsweise, das es Unterschiede zwischen Männern und Frauen geben würde, dürfe man nicht aussprechen — sonst drohten Sanktionen durch den “Repressionsapparat”. Horst Mahler, in Brandenburg inhaftierter Holocaustleugner, sei im Gefängnis, nur weil er “Geschichtsforschung” betrieben habe, so Schmidtke. In etwas eigenwilliger Logik führte Schmidtke dann aus, dass trotz der allgegenwärtigen politischen Unterdrückung seine Partei, die NPD, kein Verbot zu befürchten habe: “Wer nichts verbotenes tut, kann auch nicht verboten werden”.
Ein weiterer Redebeitrag kam vom Südbrandenburger Neonazi Pierre Dornbrach. Für ihn mache sich die Repression auch in einer “psychologischen Kriegsführung” bemerkbar, die gegen das deutsche Volk geführt werde. Ein Hauptinstrument dafür sei die “Flimmersynagoge” — gemeint ist das als antisemitisches Schmähwort fürs Fernsehen.
Rechte Aufmärsche “gegen Repression” sind in Brandenburg/Havel kein Novum: Erst im Juli hatte es eine Kundgebung von 25 Neonazis mit ähnlicher Ausrichtung in Brandenburg/Havel gegeben. 2011 hatten in der Stadt rund 250 Neonazis für Horst Mahler demonstriert.
Hitler auch dabei – als Schauspieler
Neben der Neonazikundgebung bewegte sich einige Zeit ein als Adolf Hitler verkleideter Schauspieler, begleitet von einem Kamerateam. Anscheinend wurde die Kundgebung als Kulisse für die Verfilmung der Hitlersatire „Er ist wieder da“ genutzt.
Autor: Curtis
INFORIOT Neonazis planen am kommenden Samstag (25.10.2014) einen Aufmarsch in Brandenburg/Havel. Unter dem Motto “Solidarität gegen staatliche Repressionen” wollen sich die Rechten ab um 14 Uhr auf dem Neustädtischen Markt treffen. Ein Aufruf der neonazistischen “Gefangenenhilfe” kursiert seit kurzem im Internet.
Proteste sind geplant. Die “Koordinierungsgruppe für Demokratie und Toleranz” der Stadt ruft zu einer Gegendemonstration auf. Treffpunkt: 13 Uhr, ebenfalls auf dem Neustädtischen Markt.
Log Kalbitz?
INFORIOT Andreas Kalbitz, AfD-Landtagsabgeordneter in Brandenburg, hat womöglich über seine Vergangenheit gelogen. Wie das Portal “Blick nach Rechts” berichtet, war Kalbitz in den frühen 1990er Jahren bei der extrem rechten Partei “Die Republikaner”. Als sich Kalbitz im Mai 2014 für die Landesliste der AfD aufstellen ließ, wurde von ihm auch verlangt, Auskunft über frühere Parteimitgliedschaften zu geben. Er verwies lediglich auf seine Vormitgliedschaft in der Jungen Union und der CSU. Eine Mitgliedschaft in den “Republikanern” wird in seinem öffentlich einsehbaren “Bewerberprofil” nicht erwähnt. Dass Kalbitz tatsächlich bei den Republikanern aktiv war, berichtete laut “Blick nach Rechts” 1992 die Tageszeitung “Süddeutsche”.
UPDATE 21.10.2014: Kalbitz hat sich inzwischen zu seiner Republikaner-Mitgliedschaft geäußert. Tatsächlich sei er dort Mitglied gewesen, “wahrscheinlich” zwischen 1992 und 1994. Die PNN schreibt: “Kalbitz habe sich zuvor nicht daran erinnern können und habe erst bei Durchsicht seiner Unterlagen einen Hinweis darauf gefunden.” Die AfD hat mit dem Gedächtnisschwund von Kalbitz offenbar kein Problem, sie deckt ihm den Rücken: Er habe “eine zweite politische Chance verdient”, so Brandenburgs AfD-Pressesprecher Detlef Frye.
Zahlreiche weitere Verquickungen von Kalbitz mit der extremen Rechten wurden von Inforiot bereits aufgezeigt.
Die Lüge per Verschweigen bei Kalbitz wäre nicht der erste Fall dieser Art bei der Brandenburger AfD: Auch ein anderer jetziger AfD-Landtagsabgeordneter hatte bei seiner Bewerbung die eigene politische Vergangenheit verschwiegen. Sven Schröder war bei der extrem rechten Partei “Pro Deutschland”, hatte dies aber in seinem Bewerbungsschreiben nicht erwähnt. Er hätte gedacht, dass “Pro Deutschland” eher ein Verein und keine Partei im eigentlichen Sinne sei, erklärte Schröder damals auf Nachfrage.
INFORIOT Der AfD-Landtagsabgeordnete Andreas Kalbitz hat eine bewegte politische Vergangenheit im Feld zwischen hart rechtskonservativen und extrem rechten Organisationen. Schon Anfang der 1990er sprach sich Kalbitz für eine Radikalisierung nach Rechts in den Unionsparteien aus. Von dort führte ihn sein politisches Wirken an etliche extrem rechte Organisationen und Zeitschriften heran. Als Autor schrieb Kalbitz selbst im einschlägigen Duktus. Kalbitz, Jahrgang 1972, lebt in Königs Wusterhausen und zog nach den Wahlen im September für die “Alternative für Deutschland” in den Potsdamer Landtag ein.
UPDATE 21.10.2014: Kalbitz war auch Mitglied der rechtsradikalen Partei “Die Republikaner”. Er behauptet, diese Mitgliedschaft vergessen zu haben und sie darum bei seiner Bewerbung auf einen Landeslistenplatz nicht angegeben zu haben.
Die Zeitschrift “Der Rechte Rand” berichtete in einer Ausgabe aus dem Jahr 1995, dass Kalbitz im “Witikobund” wirken würde. Der 1950 gegründete, extrem rechte, völkische und revanchistische Witikobund ist nach seinem Selbstverständnis eine “nationale Sudetendeutsche Gesinnungsgemeinschaft” und gehört zum äußersten rechten Rand im Milieu der Vertriebenenverbände. Wer einmal dabei ist, soll auf ewig bleiben: Die Mitgliedschaft ist auf Lebenszeit ausgerichtet.
“Kampf gegen den volklichen Tod”
2001 gratulierte Kalbitz im Witikobund-eigenen Rundschreiben “Witikobrief” dem extrem rechten “Freundschafts- und Hilfswerk — Ost” (FHwO) zum zehnjährigen Jubiläum. Kalbitz lobte den Einsatz des FHwO, weil es positiv im “oftmals aussichtslos scheinenden Kampf gegen den kulturellen und volklichen Tod auf jahrtausendealtem deutschen Kulturboden” wirken würde. Das FHwO ist unter anderem mit der Neonazipartei NPD eng verquickt. In einem weiteren Text fragte Kalbitz “Wo ist der Widerstand?” und trauerte über die weg sterbenden “Kameraden der Erlebnisgeneration”. Die “Jugend von heute” wiederum sei Opfer eines “nie dagewesenen kulturellen Substanzverlusts” und “durch Materialismus und Genußsucht” zu “entseelten Konsumenten” geworden. In Manier der extremen Rechten beklagte Kalbitz, dass ein “Ethnozid am deutschen Volk” stattfinden würde — ganz so, wie derzeit Brandenburger Neonazis vor einem “Volkstod” warnen.
Autor für Neonazi-Vereinsblatt
Passend dazu: Zwischenzeitlich trat Kalbitz als Autor für die Zeitschrift “Fritz” in Erscheinung — dem Vereinsblatt der extrem rechten “Jungen Landsmannschaft Ostdeutschland” (JLO, bis 2006: “Junge Landsmannschaft Ostpreußen”). Die JLO war jahrelang für Anmeldung und Organisation der “Trauermärsche” in Dresden verantwortlich. Diese Demonstrationen waren zeitweise die europaweit größten und bedeutendsten Versammlungen von Alt- und Neonazis. 2003, als Kalbitz Texte beisteuerte, war die JLO bereits von Neonazis dominiert. In Interviews in Neonazi-Zeitschriften aus dieser Zeit bezeichnen sich JLO-Funktionäre selbst als “Nationale Sozialisten”, nutzen die Neonazi-Grußformel “88” (Zeitschrift “Das treue Mädel”) und loben die Zusammenarbeit mit dem “Witikobund” (Zeitschrift “Die Kameradschaft”).
Verschwörungstheorien als “Meisterleistung”
In Kalbitz’ Texten für die JLO-Zeitschrift “Fritz” bemüht dieser erneut seine Volkstod-Analyse: Ein “Bewußtseinsethnozid in den Köpfen der bundesrepublikanischen Jugend” sei zu beklagen und die Erinnerung an NS-Verbrechen sei eine “Verständnisimplantation von 12 Jahren als 99% deutscher Geschichte”. Ein Buch des französischen Verschwörungstheoretikers Thierry Meyssan wird indes von Kalbitz als “geistige Waffe” und als “Meisterleistung des investigativen Journalismus” gelobt. Meyssan vertritt die These, dass bei den Terroranschlägen vom 11. September 2001 kein Flugzeug in die New Yorker Twin Towers geflogen sei, es handele sich um einen Fall von “inszeniertem Terrorismus”.
Schlagende Schülerverbindung und JU-Radikaler
Der gebürtige Münchner Kalbitz ist zudem “Alter Herr” bei der in seiner Heimatstadt ansässigen “Pennalen Burschenschaft Saxonia-Czernowitz”, einer schlagenden Schülerverbindung. Die Saxonia-Czernowitz hält ihre Treffen im Haus der Burschenschaft “Danubia” ab. Die Danubia ist bekannt für das Abhalten von extrem rechte Veranstaltungen in ihrem Anwesen — unter anderem sprachen dort Holocaustleugner wie Horst Mahler und Wilhelm Stäglich.
In Kalbitz’ Münchner Zeit fällt auch sein zeitweiliges Engagement in CSU und in der “Jungen Union” (JU) — er war unter anderem CSU-Parteitagsdelegierter und im Bezirksverbandsausschuß der JU München. Kalbitz trat entschieden für eine Radikalisierung seiner damaligen Partei nach Rechts ein. So schrieb er 1992 in einem Debattenbeitrag für die neurechte Wochenzeitung “Junge Freiheit” ein Plädoyer “für einen rechten Aufbruch in der CDU/CSU”: “Nonkonformistische Rechte” müssten “Altlasten” in der Union “ertränken” — oder aber “den verkommenen Gefechtsstand” der Union “aufgeben” und sich dann einer “unverbrauchten politischen Kraft” zuwenden. Offenbar war also Kalbitz schon damals auf der Suche nach einer rechten “Alternative” in der Parteienlandschaft.
Zuletzt — von 2009 bis 2014 — war Kalbitz Geschäftsführer des Hörbuchverlages “Edition Apollon” in Königs Wusterhausen. Der mittlerweile insolvente Verlag veröffentlichte unter anderem einen Jahreskalender 2011 mit Ansichten der Wewelsburg, die im Nationalsozialismus zu einer SS-Kultstätte umgebaut werden sollte.
”Auf dem Boden des Grundgesetz”?
INFORIOT Steffen Königer, Landtagsabgeordneter der “Alternative für Deutschland”, war jahrelang Redakteur beim Rechtsaußen-Wochenblatt “Junge Freiheit”. Das sei völlig unproblematisch, findet Königer erwartungsgemäß. Er ließ verlauten, dass jeder Redakteur dort fest auf dem Boden der freiheitlich-demokratischen Grundordnung stehe, und zwar „fester als mancher Bundestagsabgeordnete“. Dies berichteten jüngst die “Potsdamer Neuesten Nachrichten”.
Die “Junge Freiheit”, Flaggschiff der “neuen Rechten”, ganz fest auf demokratischem Boden? Und zwar ohne Ausnahme “jeder Redakteur”? Nun: Königer selbst war beispielsweise bis 2004 dort tätig und verließ das Blatt zusammen mit Angelika Willig und Manuel Ochsenreiter. Willig machte weiter beim Blatt “Hier und Jetzt”, das sich selbst im Untertitel “radikal rechte Zeitung” nennt und Theorieorgan der neonazistischen NPD-Jugendorganisation “Junge Nationaldemokraten” ist. Manuel Ochsenreiter hingegen ist Chefredakteur der Monatszeitung “Zuerst!” — ein Versuch, ein extrem rechtes Nachrichtenmagazin an den Kiosken zu etablieren. Herausgeber ist Dietmar Munier, einer der einflussreichsten Verleger aus der extremen Rechten.
INFORIOT Der designierte Brandenburger AfD-Abgeordnete Steffen Königer sucht offenbar die Nähe zum christlichen Fundamentalismus und profiliert sich als Abtreibungsgegner. Am vergangenen Samstag nahm Königer am “Marsch für das Leben” in Berlin teil. Auf der von Protesten begleiteten Veranstaltung forderten die rund 5.000 selbst ernannten “Lebensschützer” eine radikale Wende in der deutschen Gesellschaft.
Haupthema des Marsches war die vorgebliche Unrechtmäßigkeit von Schwangerschaftsabbrüchen — die “Lebenschützer” wetterten gegen Abtreibungen und titulierten Frauen, die abgetrieben haben, als Mörderinnen. Das Spektrum, das die Märsche organisiert, vertritt eine fundamentalistische christliche Moral. Dementsprechend wird vielfach eine “verfehlte” Sexualerziehung in den Schulen beklagt, vorehelicher Sex verurteilt, Homosexualität als Krankheit diffamiert und sogar Verhütung durch Kondome oder die Pille verurteilt. Königer nahm sowohl an der Auftaktkundgebung als auch am eigentlichen “Marsch” teil, der vom Bundeskanzleramt vor den Berliner Dom führte. In der ersten Reihe des Aufzugs war die AfD mit ihrer Europaabgeordnete Beatrix von Storch ebenfalls prominent vertreten.
Steffen Königer ist eines der elf frisch gewählten Landtagsmitglieder der “Alternative für Deutschland” (AfD) in Brandenburg. Außerdem ist der Werderaner Vorsitzender des Kreisverbandes Potsdam-Mittelmark. Königer war schon Mitglied und Kandidat des rechtspopulistischen “Bund freier Bürger” und von 2000 bis 2004 Redakteur der neu-rechten Wochenzeitung “Junge Freiheit”.
Laut Presseberichten gibt es Bemühungen in der Brandenburger AfD, Königer und drei weitere gewählte Abgeordnete (Rainer van Raemdonck, Sven Schröder und Thomas Jung) vom Antritt ihres Landtagsmandats abzuhalten. Die AfD dementiert.
Taz-Preis für Women in Exile
Brandenburger Flüchtlingsfrauengruppe ‘Women in Exile’ bekommt den taz Panter Preis und fordert zum solidarischen Handeln für mehr Flüchtlingsrechte auf
Die Flüchtlingsfrauenselbstorganisation ‘Women in Exile’ wurde am 13. September mit dem taz Panter Preis ausgezeichnet. Mit dem Preis werden Menschen gewürdigt, die sich mit großem persönlichen Einsatz für andere starkmachen, Missstände aufdecken und für eine bessere Welt kämpfen.
‘Women in Exile’ nutzte die Preisverleihung, um zum solidarischen Handeln für mehr Flüchtlingsrechte aufzufordern:
“Wir freuen uns sehr über diesen Preis und sehen ihn als Ausdruck einer wachsenden Solidarität mit den Kämpfen von Flüchtlingsfrauen. Diese Solidarität brauchen wir auch sehr, denn zur Zeit plant die Bundesregierung Schritte zu unserer weiteren Entrechtung. Schon nächste
Woche soll per Gesetz noch mehr asylsuchenden Frauen als bisher ihr Recht auf Schutz genommen werden.“sagte Elisabeth Ngari,
Mitbegründerin von ‘Women in Exile’ und erläuterte, dass am 19. September im Bundesrat über eine Änderung des Asylgesetzes entschieden
wird, die Serbien, Bosnien-Herzegowina und Mazedonien zu sogenannten “sicheren” Herkunftsländern machen möchte. Damit werden zahlreiche Berichte von Angriffen auf ethnische Minderheiten und Homosexuelle bewusst ignoriert, um unerwünschte Asylsuchende noch schneller als bisher abschieben zu können oder in die Illegalität zu drängen.
Deshalb appelliert Ngari: “Wir bitten alle, die uns dabei unterstützt haben, den Taz-Panterpreis zu gewinnen: Bitte nutzen Sie alle ihre
Einflussmöglichkeiten, um die Unterzeichnung dieses Gesetzes im Bundesrat zu verhindern und setzten Sie sich gemeinsam mit uns für ein
faires Asylverfahren für alle Asylsuchenden ein.”
Die Flüchtlingsfrauenorganisation ‘Women in Exile’ engagiert sich seit 2002 aus der Perspektive von selbst Betroffenen für die Interessen von asylsuchenden Frauen und fordert ein menschenwürdiges Leben für Flüchtlingsfrauen ein.
“Wir haben entschieden, uns als Flüchtlingsfrauengruppe zu organisieren, weil wir die Erfahrung gemacht haben, dass Flüchtlingsfrauen doppelt Opfer von Diskriminierung sind,” erzählt Ngari aus der Gründungszeit. “Sie werden als Asylbewerberinnen durch rassistische Gesetze ausgegrenzt und als Frauen diskriminiert.“Diese Erfahrung sahen die Frauen von ‘Women in Exile’ auch in ihrer letzten Aktion, einer Tour auf Flößen quer durch Deutschland in vielen Gespräche mit anderen Flüchtlingsfrauen bestätigt.
Damarice Okore berichtet: “Wir haben viele menschenunwürdige Lager gesehen, in denen es am Notwendigsten fehlt, vor allem an einem Minimum an Privatsphäre. Damit sind Frauen Gewalt und sexueller Belästigung ausgesetzt, ohne dass sich jemand für ihren Schutz verantwortlich fühlt.” Flüchtlingsfrauen empfinden ein Leben mit Essenspaketen oder Gutscheinen, Betteln beim Sozialamt um jede Krankenbehandlung als entmündigend und entwürdigend und fühlen sich durch Arbeitsverbote, mangelnde Möglichkeiten Deutsch zu lernen und die Residenzpflicht schikaniert, ausgegrenzt und ans Haus gefesselt.
Damarice Okore: “Meistens sind es Frauen, die sich verantwortlich fühlen, unter solchen Bedingungen den Alltag für ihre Kinder und
Familien zu organisieren. Deshalb fordern wir: Asylbewerberleistungsgesetz, Arbeitsverbote, Residenzpflicht und Sammelunterkünfte abschaffen! Mit anderen Worten: Gleiche Rechte für Alle.
Auch für diese Forderungen wünschen wir uns Solidarität!
Mehr Information über die Arbeit von Women in Exile: www.women-in-exile.net
Deutschland IV: jetzt noch humaner, rationeller, schneller, sparsamer, härter, größer, verantwortungsvoller. Veranstaltungsreihe gegen die nationale Inszenierung am 3.Oktober
Das Jahr 2014 ist ein deutsches Supergedenkjahr. 100 Jahre Erster Weltkrieg und 25 Jahre Mauerfall geben den Hintergrund ab für deutsche Ideologieproduktion vom Feinsten. Während sich z.B. die Deutschen von einem australischen Historiker bescheinigen lassen, dass das Kaiserreich am 1. Weltkrieg nicht mehr Schuld trage als alle anderen beteiligten Länder, reist Bundespräsident Gauck durch die Welt belehrt hier, mahnt da und fordert, dass Deutschland international mehr Verantwortung übernehmen solle. Wie das aussieht wenn Deutschland Verantwortung übernimmt, davon können nicht nur Jugoslaw_innen, Griech_innen und Italiener_innen ein Lied singen. Während sich jedoch im Westen und Süden die deutsche Vorherrschaft in Europa wirtschaftlich ausdrückt, findet deutsche “Machtprojektion” in Ost-und Südosteuropa auch militärisch statt. Mit Bomben auf Belgrad wurde schon in den 90er Jahren klargemacht, dass Deutschland in dem von ihm als “Hinterhof” und Einflusssphäre beanspruchten Ländern (Süd-)Osteuropas auch bereit ist, seine Interessen militärisch durchzusetzen. Das hindert deutsche Politiker_innen und Journalist_innen nicht daran die Machtpolitik der russischen Regierung wortreich zu verurteilen. Denn Machtpolitik, das machen immer nur die anderen, die Amis oder Putin. Deutsche egal welcher Partei — wenn es um nationale Interessen geht kennen Deutsche seit spätestens 100 Jahren keine Parteien mehr — nehmen
stattdessen “Verantwortung” wahr oder sind “ehrliche Makler”.
In zwei Veranstaltungen wollen wir ergründen, was es mit der ökonomischen und politischen und angestrebten militärischen deutschen Vormachtstellung in Europa auf sich hat, was diese mit den Ländern rundum, vor allem aber auch mit dieser Gesellschaft anrichtet, auf welchen Grundlagen sie beruht und wie sie sich ideologisch legitimiert.
Klaus Thörner
“Der ganze Südosten ist unser Hinterland”: Deutsche Südosteuropapläne von 1840 bis 1945
01.10.14 — 19:30 — Buchladen Sputnik (Charlottenstr. 28 — 14467 Potsdam)
Analysen zur aktuellen deutschen Südosteuropapolitik blieben bisher weitgehend geschichtslos. Eine umfassende Darstellung der Südosteuropapolitik des Deutsches Reiches vom Kaiserreich über die Weimarer Republik bis zum Nationalsozialismus, die Voraussetzung für die Frage nach historischen Bezügen oder Kontinuitäten der heutigen Politik wäre, liegt bis heute nicht vor. Thörners Untersuchung erhebt nicht den Anspruch, als Darstellung der gesamten deutschen Südosteuropapolitik zwischen 1840 und 1945 zu gelten.
Im Mittelpunkt stehen vielmehr langfristige Konzeptionen und deren ideologische Begründungsmuster, die im Kontext der wirtschaftlichen und politischen Rahmenbedingungen betrachtet werden. Dabei ist die Frage leitend, inwiefern sich Kontinuitäten in den historischen Zielsetzungen deutscher Südosteuropapolitik und ihren Begründungen zeigen.
Klaus Thörner analysiert die ausschlaggebenden Planungen des deutschen “Drangs nach Südosten” von 1840 bis 1945. Dieser wurde bisher, im Gegensatz zum “Drang nach Osten”, kaum kritisch unter die Lupe genommen.
Rainer Trampert
“Europa zwischen Weltmacht und Zerfall”: Die Krise als Panzerkette der nächsten deutschen world domination tour
02.10.14 — 19:30 — Freiland hauszwei (Friedrich Engelsstr. 22 14473 Potsdam)
Rainer Trampert analysiert in seinem Buch eine neue Epoche. Warum stagniert der alte Kapitalismus, während die halbe Menschheit sich auf dem Weg der größten Industrialisierung aller Zeiten befindet? Warum ist Europa der Sanierungsfall des Weltkapitalismus, dem die große Kapitalvernichtung noch bevorsteht? Imperialismus ist kein Privileg der USA und der europäischen Staaten mehr. Worauf steuern die Verschiebung der Produktion nach Asien, das Tauziehen um die Ukraine, die Stellvertreterkriege im Nahen Osten und in Afrika und
andere geostrategische Brennpunkte zu?
Anders als im 19. Jahrhundert driften Kapitalbewegung und Staatsidee heute auseinander. Das expansive Kapital sprengt die Fesseln der europäischen Nationen, aber das Bewusstsein klebt an der Nation oder fällt in die Kleinstaaterei mit eigener Münzprägung zurück, in den
Rechtspopulismus und Faschismus.
Trampert erklärt, warum Deutschland nicht erst durch den Euro zum Hegemon der EU aufgestiegen ist, dem auf der Höhe seiner Macht das Objekt derselben abhanden zu kommen droht. Er analysiert die deutsche Ideologie, etwa die Propaganda von der überlegenen europäischen Kultur gegenüber den USA, vom “gesunden nordischen Charakter” versus der “griechischen Krankheit”, ein Begriff, der Kulturen beseitigen soll, die dem Kapitalismus noch Leben abtrotzen. Er beschreibt die europäische Geschichte, räumt mit der Mär vom “guten Nachkriegskeynesianismus”; auf, kritisiert den Linkskeynesianismus und behandelt das Thema “Krise und Verschwörungsphantasien”.
Er untersucht, ob die Motorisierung der Welt und die grüne Revolution neue Impulse bringen und stellt die Systemfrage. “Das linke Europa gibt es genauso wenig wie das linke Vaterland.” Die Marktwirtschaft ist historisch überholt, aber wo ist das Bewusstsein für eine neue Gesellschaft?
Erste Transtagung in Potsdam
Wir laden ein auf die erste Transtagung in Potsdam vom 3. bis 5. Oktober 2014.
Nachdem die Transtagungen in den letzten Jahren so immens gewachsen sind, haben wir uns zu einem Schwerpunkt in der Zielgruppe entschieden: Im Zentrum soll das Thema (trans*) Männlichkeit stehen. Es sind aber alle eingeladen, die die Tagung interessiert, egal
welches gender, ob trans*, cis, beides, alles oder weder*noch. Also auch Frauen und Weiblichkeiten sind herzlich eingeladen.
Uns geht es um einen positiven und reflektierten Bezug auf Mann sein und Männlichkeit. Dazu gehört die Reflektion von männlichen
Privilegien, ebenso wie der Austausch darüber, was uns an unserer eigenen Männlichkeit, Maskulinität oder Nichtweiblichkeit am Herzen
liegt. Von Freitagnachmittag bis Sonntagmittag finden über 20 Workshops und Vorträge zu den Themen körperliche Transition, Sex und Beziehung, Kultur und Gesellschaft, statt. Für spontane Vernetzungen, Austauschrunden und Experimente gibt es Open Spaces. Außerdem wird es immer auch ein Angebot zu Sport & Körpererfahrung geben.
Anmeldung, Programm und Infos hier:
www.transtagung-potsdam.de
Seit Anfang der Woche müssen sich drei Neonazis vor dem Amtsgericht Oranienburg wegen „Störung der Totenruhe“ in der Gedenkstätte des ehemaligen KZ Sachsenhausen verantworten. Sie werden beschuldigt, NPD-Flyer ausgelegt und provoziert zu haben. Weil ZeugInnen fehlten, wurde der Prozess vertagt.
INFORIOT Von den drei Neonazis, die am 15.09. auf der Anklagebank saßen, sind zwei als neonazistische Gewalttäter einschlägig bekannt. Bei ihnen handelt es sich um Pierre Schumann aus Wittstock und Patrick Schulz aus Leegebruch. Sie sind den „Freien Kräften Ost“ (FKO) zuzurechnen. Dritte im Bunde der Angeklagten ist Anja D.
Hetze gegen NS-Opfer
Die drei Neonazis werden beschuldigt, am 5. Juni 2013 zur Gedenkstätte im ehemaligen KZ Sachsenhausen gefahren zu sein, um dort Nazi-Flyer auszulegen, die die Opfer des Nationalsozialismus verhöhnten. Auf den Flyern der NPD Mecklenburg-Vorpommern wird gegen Asylsuchende und Sinti und Roma gehetzt. Während der NS-Zeit wurden in Europa 500.000 Sinti und Roma ermordet, über 1.000 von ihnen im KZ Sachsenhausen.
Provokantes Auftreten
Laut Angaben einer Zeugin verhielten sich die drei Neonazis am fraglichen Tag in hohem Maße provokant. Wie eine Berliner Lehrerin im Zeugenstand beschrieb, fuhren die drei Angeklagten am Vormittag des 5. Juni 2013 in einem dunklen Auto an der Gedenkstätte vor. Dabei dröhnte Rechtsrock aus den Autoboxen. Zumindest bei Anja D. ist sich die Zeugin sicher, dass sie ein T‑Shirt mit der Aufschrift „Nationaler Widerstand“ trug. Daraufhin informierte die Lehrerin die MitarbeiterInnen der Gedenkstätte. Laut ihren Schilderungen war möglicherweise ein vierter Täter mit dabei.
Verhandlung wird fortgesetzt
Der Gerichtstermin stieß in der Öffentlichkeit auf wenig Interesse. Auf den Zuschauerbänken im Gericht saßen drei Neonazis zur Unterstützung ihrer KameradInnen. Weil viele der weiteren geladenen ZeugInnen nicht zum Gerichtstermin erschienen, wurde die Verhandlung verschoben. Der Folgetermin: 1. Oktober, ab 9.30 Uhr im Amtsgericht Oranienburg (Berliner Str. 38).
Bekannte Angeklagte
Der Angeklagte Patrick Schulz war Mitgründer des 2007 aufgelösten „Sturm Oranienburg“, und in der (inzwischen ebenfalls stillgelegten) Struktur „Kameradschaft Märkisch Oder Barnim“ aktiv. Wegen eines Brandanschlags auf das Oranienburger Büro der damaligen PDS im Jahr 2007 wanderte er für 20 Monate ins Gefängnis. Pierre Schumann war zusammen mit anderen Neonazis an einem Messerangriff auf alternative Jugendliche am 12. April 2012 in Neuruppin beteiligt. Auch er war bereits in Haft.