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Antifaschismus Geschichte & Gedenken

Ein “Versöhnungshaufen” an Frau Steinbach

INFORIOT Am Don­ner­stag, den 26.März, protestierten ca. sechzig Men­schen in Pots­dam am Neuen Markt, als die Vor­sitzende des „Bun­des der Ver­triebe­nen“ (BdV), Eri­ka Stein­bach, in Pots­dam eine Ver­anstal­tung gegen 19Uhr abhielt. Unter dem Mot­to „60 Jahre Demokratie- von der Vertrei­bung zur Ver­söh­nung“ referierte sie auf Ein­ladung der Pots­damer CDU-Fraktion.

Ende Mai let­zten Jahres plante schon ein­mal das His­torische Insti­tut der Uni­ver­sität Pots­dam eine Vor­tragsrei­he zur „Sied­lungs­geschichte der Deutschen in Ost­mit­teleu­ropa“ mit Eri­ka Stein­bach.
Nach hefti­gen Protesten, die unter anderem einen gewalt­täti­gen Polizeiein­satz mit sich tru­gen, sagte die CDU-Bun­destagsab­ge­ord­nete weit­er geplante Ter­mine ab.

 

Dies­mal sollte alles anders laufen. Die Polizei sper­rte die Eingänge des Ver­anstal­tung­sortes kom­plett ab, ein­treten durften nur diejeni­gen, die eine Ein­ladung vor­weisen kon­nten.
Wenn es auch dies­mal, wie bei den let­zten Protes­tak­tio­nen, keine Wasser­bomben waren, die Eri­ka Stein­bach als Protest gegen sie und ihre Poli­tik hin­nehmen musste, so war es dies­mal ein riesiger Mis­thaufen, der vor dem Hofein­gang des Ver­anstal­tung­sortes gegen 18:00 Uhr vorzufind­en war.
In einem Fly­er, ein­er Par­o­die der „Char­ta der deutschen Heimatver­triebe­nen“ wurde der große Mis­thaufen als „Ver­söh­nung­shaufen“ ernan­nt. („Diesen Haufen mit Zwang von sein­er Heimat tren­nen, bedeutet, ihn im Geiste töten“).

 

Die Protestieren­den erfreuten sich an dem Anblick des riesi­gen Mis­thaufens und ergänzten ihren Protest mit Trans­par­enten und Papp­schildern. Lei­der kon­nte die Ver­anstal­tung zur „Vertrei­bung“ ohne weit­ere Störun­gen stattfinden.

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(Anti)militarismus

Oberverwaltungsgerichtsentscheidung über die militärische Nutzung des Bombodromgeländes

Berlin, 27. März 2009

 

2007 hat das Ver­wal­tungs­gericht Pots­dam in drei Muster­ver­fahren in erster
Instanz entsch­ieden, den Bescheid des Vertei­di­gungsmin­is­teri­ums zur
mil­itärischen Nutzung aufzuheben. Daher durfte die Bun­deswehr das Gelände
bish­er nicht mil­itärisch nutzen. Dage­gen hat die Bun­deswehr Beschw­erde
ein­gelegt. Heute hat das Oberver­wal­tungs­gericht die Aufhe­bung des
Nutzungs­beschei­ds bestätigt.

Zunächst war während der Aus­führun­gen der Mil­itärvertreterIn­nen die
Arro­ganz der Macht im Saal zu spüren: Die Bun­deswehr habe einen
ver­fas­sungsmäßi­gen Auf­trag und genieße deshalb bes­timmte Priv­i­legien —
beispiel­sweise brauche sie keine Bau­genehmi­gun­gen. Sie bestanden darauf:
„Wir sind den Weg gegan­gen, den wir seit 50 Jahren immer gegan­gen sind.“
Dabei beriefen sie sich auf das „Landbeschaf­fungs­ge­setz“ von 1935. Remo
Klinger, Anwalt der Bom­bo­drom-Geg­n­er, set­zte genau dort an: “Das ist ein
Gesetz von 1935, es diente der Weltkriegsvor­bere­itung und wurde 1955 ein­fach
reak­tiviert. Dieses Gesetz entspricht nicht den Min­destanforderun­gen unseres
heuti­gen Rechtsstaates.” Richter Kipp äußerte eben­falls
ver­fas­sun­grechtliche Bedenken angesichts dieses Geset­zes und ver­wies damit
indi­rekt auf das Bun­desver­fas­sungs­gericht. Er hätte von der Bun­deswehr
min­destens ein “Plan­fest­stel­lungsver­fahren light” erwartet. „So nicht!“
läßt sich sein Urteil zusam­men­fassen: Die Bun­deswehr darf auch weit­er­hin
nicht Krieg üben in der Kyritz-Rup­pin­er Heide.

Dazu sagte Markus Euskirchen, ein­er der SprecherIn­nen des Aktions­bünd­niss­es
Rosa Hei­de: „Wir freuen uns über die heutige Gericht­sentschei­dung. Sie
belegt wieder ein­mal die Unfähigkeit der Bun­deswehr, einen rechtlich
wasserdicht­en Nutzungs­bescheid für die Inbe­trieb­nahme ihres
Bomben­ab­wurf­platzes zu erlassen. Heute hat die autoritäre Gesin­nung, die in
der Bun­deswehr herrscht, einen juris­tis­chen Denkzettel ver­passt bekom­men.“
Genau hier liege aber auch das Prob­lem: Mit jed­er Entschei­dung gegen ihre
Ver­suche, das Bom­bo­drom durchzuset­zen, bekomme die Bun­deswehr wichtige
Hin­weise für ihr weit­eres Vorge­hen. Was, wenn die Bun­deswehr dem­nächst
einen „verbesserten“ Nutzungs­bescheid vor­legt und sich zu einem for­mal
demokratis­cheren Ver­fahren durchringt? Was, wenn die Gerichte dann keine
Ein­wände mehr gegen die Mil­i­tarisierung der Hei­de zulassen? Endgültig zu
ver­hin­dern sei die Auf­nahme des mil­itärischen Übungs­be­triebes auf dem
juris­tis­chen Weg also nicht, auch wenn die heutige Gericht­sentschei­dung sich
zunächst anders anhöre. „Aber diese Entschei­dung bedeutet Zeit­gewinn.
Immer­hin. Gut für alle Betrof­fe­nen und gut für weit­ere Aktiv­itäten zur
poli­tis­chen Ver­hin­derung des Bom­bo­droms“, so Euskirchen weiter.

Das Aktions­bünd­nis Rosa Hei­de werde daher auf dem umstrit­te­nen Gelände
weit­ere Aktio­nen organ­isieren und hat angekündigt — wie auch schon in den
ver­gan­genen Jahren – in den Tagen vom 13. bis zum 17. August 2009 mehrere
Tage auf dem Platz zu camp­en, die umliegen­den Dör­fer zu besuchen und dafür
deutsch­land- und europaweit einzu­laden, um so die soziale Basis dafür zu
schaf­fen, das Bom­bo­drom poli­tisch zu ver­hin­dern. Denn nach der Ein­schätzung
des Aktions­bünd­niss­es, so Euskirchen, „wird nur der Druck ein­er starken
und viel­seit­i­gen Bewe­gung gegen die Pläne der Bun­deswehr den
Bomben­ab­wurf­platz endgültig verhindern.“

Aktions­bünd­nis Rosa Heide 

Weit­ere Infor­ma­tio­nen:
www.sichelschmiede.org/Analyse/Juristisches.htm
www.freieheide-nb.de
www.g8andwar.de
www.ClowsFREIHEIDe.de.tl

E‑Mail: g8undkrieg@so36.net

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Antifaschismus Law & Order

Tat und Opfer rücken in den Hintergrund

Die Beweisauf­nahme im Mord­prozess gegen Sven P. und Chris­t­ian W. vor dem Landgericht Neu­rup­pin, kommt erneut nicht zum Ende. Nach­dem die Kam­mer den Befan­gen­heit­santrag gegen den Vor­sitzen­den Richter abgelehnt hat­te, lehnte wiederum wie erwartet der Vertei­di­ger von Sven P. die gesamte Kam­mer ab. Die Ver­hand­lung wurde auf näch­sten Dien­stag vertagt.

Der Vertei­di­ger von Sven P. fühlt sich durch die Äußerung des Vor­sitzen­den Richters über seine unqual­i­fizierten Beweisanträge grob her­abgewürdigt und sieht durch die durchgängige Ablehnung der Beweisanträge seine Rechte als Vertei­di­ger eingeschränkt. Der Richter nahm das Wort unqual­i­fiziert gestern nicht mehr in den Mund. Er sprach stattdessen von Beweisanträ­gen, die wed­er Hand noch Fuß hätten.

Statt seine Chance zu nutzen, diesen Wider­spruch in sein­er Ablehnung der Kam­mer her­auszuar­beit­en und so die Kam­mer zumin­d­est in die Gefahr der Befan­gen­heit zu rück­en, blieb er hier recht unpräzise und pochte weit­er auf zusät­zliche DNS-Analy­sen, die Uwe L., der den Getöteten gefun­den hat­te, als möglichen Täter oder Mit­täter belas­ten könnten.

Der Staat­san­walt stellte in sein­er Erwiderung klare Fra­gen, die gegen weit­ere DNS-Analy­sen und damit gegen den Befan­gen­heit­santrag sprachen. Wenn Sven P. nicht an der Tat beteiligt gewe­sen sein will, warum präsen­tierte er dann ein falsches Ali­bi. Wie kommt die Mis­chspur in der Gen­ma­te­r­i­al von Sven P. gefun­den wurde auf die Taschen­lampe, die neben dem toten Bernd K. gefun­den wurde? Wenn Sven P. meint, nicht an der Tat beteiligt gewe­sen zu sein, warum bricht er dann nicht endlich sein Schweigen?

Die Ange­höri­gen von Bernd K. empfind­en das Vorge­hen der Vertei­di­gung mit­tler­weile als entwürdi­gend. Für sie ver­schwindet hin­ter den zahlre­ichen die Ver­hand­lung läh­menden Beweis- und Befan­gen­heit­santrä­gen die eigentlich Ursache des Prozess­es, die Ermor­dung des Vaters, des Ehe­mannes, des Bruders.

Prozesss­plit­ter

Der Berlin­er Recht­san­walt Wol­fram Narath, ehe­ma­liger Chef der ver­bote­nen Wik­ing Jugend und ein bekan­nter Vertei­di­ger von Per­so­n­en aus der recht­en Szene, hat­te für diesen Ver­hand­lungstag die Pflichtvertei­di­gung von Chris­t­ian W. über­nom­men. Narath war bere­its am drit­ten Prozesstag im Gespräch mit den Vertei­di­gern der bei­den Angeklagten gese­hen worden.

Chris­t­ian W. brach das erste Mal sein Schweigen. „Dann sagen sie das doch gle­ich!“ pflaumte er den Vor­sitzen­den Richter an nach­dem der einen Satz zum The­ma Revi­sion wieder­holte, den sein Vertei­di­ger Narath akustisch nicht ver­standen hat­te. Sein erst­ma­liger Ver­such, nach Prozes­sun­ter­brechung mit Sven P. Kon­takt aufzunehmen, wurde von ein­er Jus­tizwacht­meis­terin ener­gisch unterbunden.

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Antifaschismus

Sie wollten heim ins Reich, wir schickten sie” [V. Havel]

Am 26.3.09 um 19.00 Uhr wird Eri­ka Stein­bach, Vor­sitzende des Bun­des der
Ver­triebe­nen, einen zweit­en Ver­such starten, um einen Vor­trag in Pots­dam zu hal­ten.
Dies­mal im Restau­rant “La man­age” im Kutschstall am Neuen Markt. Beim ersten Mal im
Mai 2008 wollte sie ihre Vor­tragsrei­he zur Sied­lungs­geschichte der Deutschen in
Ost­mit­teleu­ropa an der Uni­ver­sität Pots­dam begin­nen. Damals musste sie unter
heftigem Protest und von Wasser­bomben „betrof­fen“, unver­richteter Dinge wieder von
dan­nen ziehen. Daraufhin sagte Stein­bach eingeschnappt die gesamte
Ver­anstal­tungsrei­he ab. Die alter­na­tive Vertrei­bungsak­tion löste europaweit ein
Medi­ene­cho aus, doch anders als in Deutsch­land war die Berichter­stat­tung gegenüber
dem Protest im europäis­chen Aus­land eher pos­i­tiv­er Natur.

Weshalb die ganze Aufregung?

Frau Stein­bach ist die Vor­sitzende eines nach dem Zweit­en Weltkrieg von hochrangi­gen
Nazis gegrün­de­ten Ver­ban­des. Dessen Mit­glieder erken­nen zum großen Teil bis heute
nicht die deutschen Ost­gren­zen an. Stein­bach selb­st stimmte 1990 im Bun­destag
eben­falls gegen die Oder-Neiße-Gren­ze. Das Welt- und Geschichts­bild des Bun­des der
Ver­triebe­nen (BdV) wird an der Per­son sein­er Vor­sitzen­den deut­lich: Eri­ka Stein­bachs
Vater war als Offizier der nation­al­sozial­is­tis­chen Wehrma­cht in Polen sta­tion­iert
und floh mit dem Großteil der deutschen Bevölkerung vor der Roten Armee gen West­en.
Später wur­den, geregelt durch das Pots­damer Abkom­men, auch die übri­gen Teile der
noch in den Ost­ge­bi­eten leben­den deutschen Bevölkerung,bis auf wenige, die
nach­weisen kon­nten Antifaschis­ten zu sein, aus­ge­siedelt. Wenn dies den Polen heute
als men­schen­rechtswidriger Akt der Vertrei­bung vorge­wor­fen wird, dann wird klar,
dass der BdV unter dem Recht auf Heimat das Recht deutsch­er Her­ren­men­schen auf
Aus­beu­tung, Ver­sklavung und Aus­rot­tung ander­er “Völk­er” versteht.

Stein­bach treibt aber auch auf anderen The­men­feldern ihr Unwe­sen. So kämpft sie u.a.
aktiv gegen die Gle­ich­stel­lung von Homo­sex­uellen und trat aus der hes­sis­chen
evan­ge­lis­chen Kirche, welche die gle­ichgeschlechtliche Ehe anerkan­nte,
kon­se­quenter­weise aus. Diese Per­son wurde von der Jun­gen Union zu einem Vor­trag auf
das Gelände des Haus­es für preußisch-bran­den­bur­gis­che Geschichte ein­ge­laden. Sie
ste­ht damit exem­plar­isch für die Etabliertheit von rechtem und revi­sion­is­tis­chem
Gedankengut in der sich selb­st ernan­nten “Mitte der Gesellschaft”.

Deshalb lasst uns dem revi­sion­is­tis­chen Pöbel wieder die Hölle heiß machen und
ver­suchen, den recht­en Kon­sens zu brechen!

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Schönbohm: NPD in Brandenburg nicht kampagnenfähig

Bran­den­burgs Innen­min­is­ter Jörg Schöhn­bohm hat in Pots­dam den Ver­fas­sungss­chutzbericht 2008 vorgestellt. Dabei bescheinigte er der NPD, in dem Bun­des­land nicht kam­pag­nen­fähig zu sein. Allerd­ings habe die Nach­wuch­sor­gan­i­sa­tion “Junge Nation­aldemokrat­en” seit 2004 ihre Mit­gliederzahl von 130 auf rund 300 erhöhen kön­nen. Die NPD naz­i­fiziere sich zunehmend, so Schön­bohm. Ihre Strate­gie, sich ein bürg­er­lich­es Gewand zu ver­passen, sei bei der Kom­mu­nal­wahl 2008 “auf ganz­er Lin­ie gescheit­ert”. Der recht­sex­tremen Partei fehle es an “Per­son­al, Geld, Intellekt und Mit­gliedern”, so Schön­bohm weit­er. Sie existiere in Bran­den­burg teil­weise nur im Internet.

Die DVU ver­liert laut Schön­bohm weit­er an Mit­gliedern, in dem Bun­des­land seien es etwa 220. Der Innen­min­is­ter schloss nicht aus, dass die NPD den Druck auf die DVU weit­er erhöhen werde, möglicher­weise werde es eine durch die NPD “naz­i­fizierte DVU” geben. Ins­ge­samt schätzt der Ver­fas­sungss­chutz das recht­sex­treme Per­so­n­en­poten­zial auf knapp 1300.

 

Zahl der Gewalt­tat­en rückläufig

 

Als ein erfreulich­es Sig­nal wertete der Innen­min­is­ter erneut den Rück­gang der recht­sex­trem­istis­chen Gewalt­straftat­en um 22 Delik­te auf 71. Auch in diesem Jahr set­ze sich der rück­läu­fige Trend bish­er fort. Diese Entwick­lung sei umso wichtiger, da sie bun­desweit lei­der so nicht zu beobacht­en sei. Während in Bran­den­burg zwis­chen 2004 und 2008 die Zahl rechter Gewalt­straftat­en um rund 32 Prozent abnahm, reg­istri­erte die Polizei bei rechter Gewalt für ganz Deutsch­land bis 2007 — für 2008 liegen bis­lang nur vor­läu­fige Angaben vor — einen Anstieg um fast 27 Prozent auf ins­ge­samt 1.054 Delikte.

Schön­bohm wies auf die “Ver­suche der Ver­fas­sungs­feinde” hin, “junge Men­schen mit plumper Dem­a­gogie zu ködern, die sie jugendgemäß ver­pack­en”. Die Lei­t­erin der Ver­fas­sungss­chutzbe­hörde Win­friede Schreiber nan­nte als Beispiele die recht­sex­trem­istis­che Musik­szene und das Inter­net. So gibt es in Bran­den­burg mit 25 recht­sex­trem­istis­chen Bands ein nahezu unverän­dert hohes Poten­tial, wobei hin­ter mehreren Bands oft diesel­ben Per­so­n­en steck­en. Bei Bands und Konz­erten der Szene bildet der Süden Bran­den­burgs den Schw­er­punkt. Der Druck der Sicher­heits­be­hör­den verun­sichert allerd­ings zunehmend die Konz­ertver­anstal­ter. Im ver­gan­genen Jahr wur­den neun solch­er Konz­erte reg­istri­ert, von denen vier aufgelöst wor­den sind. Fünf weit­ere Konz­erte kon­nten bere­its im Vor­feld unter­bun­den wer­den. Im Jahr 2007 hat­ten die Sicher­heits­be­hör­den noch 14 solch­er Hass-Konz­erte gezählt.

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Antifaschismus

Weniger rechte Gewalttaten in Brandenburg

Die Opfer­per­spek­tive hat 2008 deut­lich weniger rechte Gewalt­tat­en gezählt als in den Jahren zuvor. 

104 rechte Gewalt­tat­en hat der Pots­damer Vere­in für das ver­gan­gene Jahr erfasst. 174 Per­so­n­en waren von den Angrif­f­en betrof­fen. Zwar wer­den erfahrungs­gemäß noch Nach­mel­dun­gen hinzukom­men. Der Rück­gang zum Vor­jahr, als 159 Über­griffe mit 262 Geschädigten gezählt wur­den, ist aber deut­lich. Von 2003 bis 2007 war die Zahl rechter Gewalt­tat­en jedes Jahr angestiegen. Bran­den­burg ist das einzige Bun­des­land, für das bis­lang ein Rück­gang gemeldet wird. Bun­desweit wird für 2008 erneut mit einem Anstieg der Zahl rechts motiviert­er Straf- und Gewalt­tat­en gerechnet.

Die Mehrzahl der in Bran­den­burg erfassten Tat­en richtete sich gegen poli­tis­che Geg­n­er (34). Beson­ders linke Jugendliche wur­den Opfer von zum Teil bru­tal­en Über­fällen. Bürg­er, die gegen rechte Pöbeleien ein­schrit­ten, wur­den geschla­gen, eben­so Poli­tik­er der LINKEN. 30 Tat­en waren ras­sis­tisch motiviert, 32 richteten sich gegen Ange­hörige alter­na­tiv­er Jugend­kul­turen und andere Per­so­n­en, die auf­grund ihrer Erschei­n­ung nicht in das Welt­bild Recht­sex­tremer passen. In den meis­ten Fällen han­delte es sich um Kör­per­ver­let­zungs­de­lik­te (77).

Seit Jahren ist erst­mals wieder ein Todes­opfer rechter Gewalt zu bekla­gen. Am 22. Juli 2008 wurde im uck­er­märkischen Tem­plin der 55-jährige Bernd K. zu Tode geprügelt. Zwei Neon­azis, die gegen­wär­tig vor dem Landgericht Neu­rup­pin angeklagt sind, sollen den arbeit­slosen Melio­ra­tionstech­niker erniedrigt und bru­tal getötet haben, weil sie ihn auf Grund sein­er Lebensweise verachteten.

Hohe Dunkelziffer

Der deut­liche Rück­gang der Zahl rechter Gewalt­tat­en ist ermuti­gend. Wenn gesellschaftlich­es Engage­ment und Strafver­fol­gung in Bran­den­burg erre­ichen, dass weniger Men­schen zu Opfern rechter Gewalt wer­den, wäre dies ein großer Erfolg. Das muss sich aber noch zeigen. Schon mehrfach gab es kurzfristige Rück­gänge (1994, 1997, 2001), nach denen die Zahl rechter Gewalt­de­lik­te wieder anstieg.

Die Sta­tis­tik der Opfer­per­spek­tive, eben­so wie entsprechende polizeiliche Angaben, enthält nur bekan­nt gewor­dene Gewalt­tat­en. Nach ein­er kür­zlich veröf­fentlicht­en Studie des Krim­i­nol­o­gis­chen Forschungsin­sti­tuts Nieder­sach­sen ist das Dunkelfeld erhe­blich: Jugendliche, die ras­sis­tis­che Gewalt­tat­en verübt hat­ten, gaben in über 76 Prozent der Fälle an, dass sie anschließend keinen Kon­takt zur Polizei hat­ten. Etwa 80 Prozent der Jugendlichen, die Opfer von Kör­per­ver­let­zun­gen wer­den, stell­ten keine Anzeige; nur eines von hun­dert Opfern wen­dete sich an eine Beratungsstelle. Am ger­ing­sten ist die Anzeige­bere­itschaft, wenn das Opfer aus­ländis­ch­er und der Tätern deutsch­er Herkun­ft ist.

Die bekan­nt gewor­de­nen Tat­en hat die Opfer­per­spek­tive auf der Web­site des Vere­ins veröf­fentlicht. Erfasst wer­den Gewalt­tat­en, nicht aufge­führt sind Pro­pa­gan­dade­lik­te wie etwa Hak­enkreuzschmier­ereien. Dro­hun­gen und ver­suchte Kör­per­ver­let­zun­gen wer­den reg­istri­ert, eben­so Brand­s­tiftun­gen und Sachbeschädi­gun­gen, wenn sich diese unmit­tel­bar gegen Per­so­n­en richteten. Dabei han­delt es sich um Angriffe gegen Gewer­be­be­triebe von Migran­tInnen sowie Über­fälle auf Tre­ff­punk­te von Linken. Nicht gezählt wer­den Anschläge auf Gedenkstät­ten und Friedhofsschändungen.

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Arbeit & Soziales Law & Order

Grabschen nach bereits weggeschwommenen Fellen

Neu­rup­pin Der erhoffte let­zte Prozesstag gegen die bei­den wegen Mordes an einem 55-jähri­gen Arbeit­slosen angeklagten Tem­plin­er Recht­sex­trem­is­ten Sven P. und Chris­t­ian W. ging gestern in ein­er Flut von Anträ­gen der Vertei­di­gung unter und endet mit einem Befan­gen­heit­santrag gegen den Vor­sitzen­des Richter.

Ein Ziel der Beweisanträge der Vertei­di­gung war es, Uwe L. , einen Tem­plin­er Alko­ho­lik­er, der seinem Kumpel Bernd K. tot in dessen Werk­stattge­bäude aufge­fun­den hat­te, als möglichen Mörder ins Spiel zu bringen.

Die Kam­mer lehnte diese Beweisanträge alle­samt ab, weil nach allen bish­eri­gen Ermit­tlungsergeb­nis­sen Uwe L. nicht als Täter infrage kam. Der Richter ver­wies aus­drück­lich auf die Schuhe von Uwe L., die kein­er­lei Blut­spuren aufwiesen als der den Leichen­fund bei der Polizei meldete. Gle­ichzeit­ig rügte der Richter die man­gel­hafte Auswer­tung von DNS-Spuren, die es dem Gericht schw­er­er macht, der­ar­tige Beweisanträge abzulehnen.

Das zweite Ziel war es nachzuweisen, dass Chris­t­ian W. und sein Opfer Bernd K. befre­un­det waren und dass bei­de Angeklagte nicht zur recht­en Szene gehörten. Um das zu bele­gen, sollte der Bran­den­bur­gis­che NPD Vor­sitzende Klaus Beier und die Bran­den­bur­gis­che Ver­fas­sungss­chutzchefin Win­friede Schreiber geladen werden.

Auch dem schob der Vor­sitzende Richter einen Riegel vor: Dass Chris­t­ian W. und Bernd K. Kumpels waren, sei unstrit­tig und dass die bei­den Angeklagten zur recht­en Szene Tem­plins gehörten und über ein gefes­tigtes neo­faschis­tis­ches Welt­bild ver­fügten, sei eben­falls geklärt.

Weil der Vor­sitzende Richter dann auf ein zügiges Ver­fahren drängte und sich nach einem Wort­ge­fecht zu der Bemerkung hin­reißen ließ, die Beweisanträge seien unqual­i­fiziert, muss sich die Kam­mer nun mit einem Befan­gen­heit­santrag gegen ihren Vor­sitzen­den befassen.

Der Prozess wurde auf Don­ner­stag vertagt. Mit einem Urteil ist allerd­ings auch dann nicht zu rech­nen. Die Vertei­di­gung wird durch weit­ere Beweisanträge ver­suchen, den Prozess in die Länge zu ziehen und in den Ablehnun­gen nach Revi­sion­s­grün­den suchen.

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Antifaschismus

Gesine auf Landpartie

Anlässlich des Anti­ras­sis­mustags war es. Die engagierten Men­schen von Oranien­burg hat­ten zum 10. Mal dazu aufgerufen, gegen Ras­sis­mus auf die Straße zu gehen. Da melde­ten, bis dato unbekan­nte, „Freien Kräfte Oranien­burg“ einen Aufzug unter dem Mot­to „Kein Platz für linke Chaoten in Oranien­burg“ an. 100 bis 400 Kam­er­aden soll­ten kom­men. Das sorgte für all­ge­meine Irri­ta­tion. Nach­dem sich 2007 der Sturm Oranien­burg offiziell aufgelöst hat­te, gab es eigentlich keine Nazistruk­turen, die unab­hängig von NPD und JN in Oranien­burg agierten. Der Anmelder – gän­zlich unbekan­nt. Wilde Speku­la­tio­nen machen die Runde. Von HDJ- und NJ- Umfeld ist die Rede. Gar von der Wider­bele­bung des Märkischen Heimatschutzes. Am 22. März dann Klarheit, die zum erle­ichterten schmun­zeln und für die Beobachter zu schal­len­dem Gelächter wird.

Gesine Hen­nrich – Ex-NPD-Chef­fin von Marzahn-Hellers­dorf und ihr Haufen von Plat­ten­bau-Dep­pen rückt an. Der Fall Gesine Hen­nrich sorgt derzeit unter der Naz­i­brut für erhe­blichen Aufruhr. Die ehe­ma­lige NPD-Chefin von Marzahn-Hellers­dorf ver­ließ mit ihrem Kreisver­band (man redet von über 80%) die NPD. Von pornografis­chen Fotos im Inter­net ist die Rede und vom Ver­such der NPD „ihren Unrat“ los zu wer­den. Der Aus­tritt von Hein­rich und Co. soll der Berlin­er NPD einen Mit­glieder­schwund von 20% einge­bracht haben. In diesem Zusam­men­hag ste­ht auch die Grün­dung des die Grün­dung des „Freien Nationalen Bünd­nis e.V.“ aus dem säch­sis­chen Vogt­land. der FNB e.V. wurde von den EX-NPDlern und Kreistagsab­ge­ord­neten Nicole For­t­ak und Olaf Mar­tin. gegrün­det. Dieser, als Dachver­band gedachter Vere­in, soll als Auf­fang­beck­en für NPD-Abwe­ich­ler und Aussteiger dienen.

Doch zurück nach Oranien­burg. Gesine Hein­rich und ihre Freien Kräfte rück­ten an. Alles in allem: 31Personen, mehr wur­den es nicht. Und es kam für sie noch schlim­mer. Schon nach ein paar müden Kilo­me­ter durch das Nev­er­land von O´Burg, hat­ten zwei Kam­eradIn­nen die Fax­en dicke. Sie dreht­en ab. Nun waren es nur noch 29, die durch unbe­wohnte und men­schen­leere Straßen von Oranien­burg latscht­en. Die weni­gen, die Sie antrafen, ver­standen gar nichts. Wie auch. Der Depp am Mikro brüllte, im wahrsten Sinn des Wortes, unver­ständlich­es Zeug. Seine Stimme über­schlug sich, die Laut­sprecher­box­en dro­hen zu zer­sprin­gen. Immer wieder dröh­nte die gle­icht Has­s­musik, aggres­siv, destruk­tiv, abstoßend.

Nach der hal­ben Runde hat­te auch ich genug: Was für Deppen.

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(Anti-)Rassismus

Dombrowski: Rassismus bewährt sich

Dieter Dom­brows­ki, Gen­er­alsekretär der Bran­den­bur­gis­chen CDU,
vertei­digte in ein­er Mit­teilung vor weni­gen Tagen sowohl die
Res­i­den­zpflicht als auch das Gutschein­sys­tem für Flüchtlinge: Ein
Ver­lassen des Land­kreis­es sei schließlich nach Anmel­dung möglich,
Gutscheine statt Bargeld wür­den ins­beson­dere Kindern zu Gute kom­men, da
so sichergestellt wer­den könne, dass das Geld tat­säch­lich zum
Leben­sun­ter­halt genutzt wird.

Katha­ri­na Dahme, Lan­dessprecherin der linksju­gend [’sol­id] Bran­den­burg,
erk­lärt hierzu: „Dass Herr Dom­brows­ki die ras­sis­tis­chen Instru­men­tarien
deutsch­er Flüchtlingspoli­tik vertei­digt, erscheint aus sein­er Sicht nur
logisch: Schließlich wird hier nicht verse­hentlich Men­schen das Leben in
Bran­den­burg so schw­er wie möglich gemacht, son­dern ganz bewusst.
Flüchtlinge, die aus rechtlichen Grün­den nicht abgeschoben wer­den kön­nen
und in der hiesi­gen Wirtschaft ver­meintlich nicht gebraucht wer­den,
sollen sich in der BRD auch nicht wohl fühlen. In der Logik der CDU
sollen sie das Land ja schnell wieder ver­lassen. Die Betrof­fe­nen sollen
sich nicht inte­gri­eren – und das wird durch Gutschein­sys­teme und die
Res­i­den­zpflicht tat­säch­lich erreicht.

Zynisch find­et Katha­ri­na Dahme die Begrün­dung von Gutscheinen mit dem
Wohl der Kinder: „Hier offen­bart Dom­brows­ki seine ras­sis­tis­chen
Stereo­typen, unter­stellt er Flüchtlin­gen doch, unfähig zu sein, für die
eige­nen Fam­i­lien zu sor­gen. Statt der auch in jüng­ster Zeit zahlre­ich
pub­lizierten Stu­di­en zur Res­i­den­zpflicht und der Sit­u­a­tion von
Flüchtlin­gen in Deutsch­land hat der CDU-Gen­er­alsekretär wohl eher Karl
May gele­sen und verdächtigt nun Migran­tInnen, sofort „Perlen gegen
Feuer­wass­er“ tauschen zu wollen. Wäre Dom­brows­ki wirk­lich um das Wohl
der Kinder besorgt, würde er ihnen einen gesicherten Aufen­thaltssta­tus
beschaf­fen, dafür sor­gen, dass sie auch ohne lästi­gen Behör­den­gang zu
Auswärtsspie­len des Fußbal­lvere­ins oder auf Klassen­fahrten fahren
kön­nen, und ihnen die entwürdi­gende Gutschein-Ein­lö­sung an der
Super­mark­tkasse ersparen.“

Ein­er aktuellen Studie des Bun­desin­nen­min­is­teri­ums zu Folge sind 5,2 %
der 15-jähri­gen Jungs in Deutsch­land in neon­azis­tis­chen Struk­turen
organ­isiert. Ras­sis­tis­che Ein­stel­lun­gen der soge­nan­nten bürg­er­lichen
Mitte, die ihren Aus­druck unter anderem in der Migran­tInnen-feindlichen
Poli­tik der CDU find­en, sind nur die andere Seite der­sel­ben Medaille.
Insofern bewähren sich Res­i­den­zpflicht und Gutschein­sys­tem nicht als
Instru­mente zeit­gemäßer Lan­deser­wal­tung, son­dern als Beweis von
insti­tu­tion­al­isiert­er Frem­den­feindlichkeit und staatlichem Rassismus.

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Antifaschismus Law & Order

Gewaltbereiter Nationalsozialist vor Gericht

Peer D. soll am 28. August 2008 auf dem jährlich stat­tfind­en Dachs­bergfest in Prem­nitz einem Punker durch eine wuchti­gen Kopf­s­toß die Nase gebrochen haben. Ein­er jun­gen Frau, die dem Ver­let­zten helfen wollte, soll er ins Gesicht gespuckt und zu Boden geschub­st haben.

Am 18. Okto­ber 2008 soll der Angeklagte fünf linke Jugendliche ange­grif­f­en haben. Diese waren auf dem Heimweg nach einem Tag der Offe­nen Tür im alter­na­tiv­en Prem­nitzer Jugend­club Pre­Ju. Peer D. soll ihnen Pfef­fer­spray ins Gesicht gesprüht haben und die daraufhin wehrlosen Betrof­fe­nen nacheinan­der auf den Kopf und ins Gesicht geschla­gen und getreten haben. Laut Anklage war bei bei­den Angrif­f­en auss­chließlich sein Hass auf Linke Grund für die Gewaltausbrüche.

Nach der zweit­en Gewalt­tat war Haft­be­fehl gegen den Angeklagten erlassen wor­den. Seit­dem sitzt Peer D. in Unter­suchung­shaft. Kurz vor den Tat­en war er im Juli 2008 vorzeit­ig auf Bewährung aus der Haft ent­lassen wor­den. Wegen Verabre­dung zum Mord in Tatein­heit mit Brand­s­tiftung sowie weit­er­er Straftat­en war er zu ein­er Gesamtju­gend­strafe von zweiein­halb Jahren verurteilt wor­den. Peer D. hat­te am 04. Juni 2005 mit ein­er Gruppe Recht­sex­trem­is­ten ver­sucht, den Prem­nitzer Jugend­club Pre­Ju mit Molo­tow­cock­tails anzugreifen.

Prozesster­min 26.3.2009, 9:30, Amts­gericht Rathenow, Raum 2.13
Infor­ma­tio­nen Tobias Pieper
Tele­fon 0171 1935669

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