Die rassistische Gruppierung „Frankfurt/Oder wehrt sich“ will bereits zum sechsten Mal in diesem Jahr gegen Geflüchtete in Frankfurt (Oder) hetzen. Auch trotz sinkender Teilnehmer*innenzahl, die auf ihrem Tief am 03.10.2015 mit etwa 40 Neonazis ankam, scheint die Motivation des harten Kerns ungebrochen. Unterstützt werden die lokalen Neonazis durch professionelle Kader der neonazistischen Partei der III. Weg. Eine Demonstration soll vom Stadion aus in die Stadt führen. Ein naheliegendes Ziel könnte die geplante Außenstelle der Erstaufnahmeeinrichtung am Karl-Ritter-Platz sein. Flyer der neonazistischen Gruppe zeigen den Karl-Ritter-Platz im Hintergrund. Daher hat diese Demonstration für die Neonazis einen symbolischen Charakter.
Am 21.Oktober versammelten sich laut Polizeiangabe rund 20 der geistigen Brandstifter zu einem spontanen unangemeldeten Fackelzug durch die Leipziger Straße. „Solche Versammlungen erinnern an die Aktionen der verbotenen ‚Spreelichter‘ und ihre ideologischen Vorbilder aus dem Nationalsozialismus. Diese Bilder sind alarmierend sie zeigen wie notwendig eine antifaschistische Intervention geworden ist.“, so Janek Lassau, Sprecher des Bündnisses „Kein Ort für Nazis in Frankfurt (Oder)“.
Die Bilder aus Cottbus und aus anderen Städten beweisen, dass hinter dem Slogan „Nein zum Heim“ bitterer Ernst und gewalttätige Phantasien stecken. Über 500 Anschläge auf Flüchtlingsunterkünfte in diesem Jahr sind der Beweis für ein Erstarken rassistischen Gedankenguts. „Deutschland hat kein Flüchtlingsproblem sondern ein Rassismusproblem!“ so Lassau. Als couragierte Zivilgesellschaft stellen wir uns gegen diesen Hass und rufen daher zur Solidarität mit den Geflüchteten auf. Daher wollen wir am 01.11.2015 mittels Blockaden die Neonazis daran hindern ihre rechte Hetze auf die Straße zu tragen.
„Weiter muss es für die demokratischen und zivilgesellschaftlichen Kräfte heißen, sich den rechten Aufmärschen in den Weg zu stellen. Nur mit viel Engagement und Ausdauer können derartige Aufmärsche gestoppt oder gar verhindert werden und ein Umdenken in der Gesellschaft erreicht werden.“ so Lassau weiter.
Die Hauptkundgebung des Bündnis „Kein Ort für Nazis in Frankfurt (Oder)“ findet ab 14:00 Uhr am Oderturm statt. Dorthin laden wir mit einem vielfältigen Programm all diejenigen ein, die sich gegen die neonazistische Hetze in der Stadt stellen wollen.
Autor: Simon
INFORIOT Nachdem Neonazis und RassistInnen sich zwei Wochen in Folge jeweils Freitags zu asylfeindlichen Kundgebungen versammelt hatten, soll die Aufmarschserie in Cottbuser-Sachsendorf diesen Freitag fortgesetzt werden. Bei Facebook kursiert ein entsprechender Aufruf, der zu einer angemeldeten Kundgebung auf der Wiese vor Norma in der Boxberger Straße mobilisiert.
Wie zum Teil bereits letzte Woche soll sich die Veranstaltung gegen die etablierte Politik richten. Dass die Veranstaltung zufällig in der Nähe der Notunterkunft in der Poznaner Straße liegt, lässt an der Intention der OrganisatorInnen zweifeln. Denn bereits vor zwei Wochen hatte eine Versammlung von knapp 400 Menschen versucht zur Unterkunft zu gelangen, wo zeitgleich ein Willkommensfest stattfand.
Reichsbürger will sich profilieren
Die Kundgebung nächsten Freitag wird durch Rico Handta aus Großräschen beworben. Bereits letzten Freitag trat er als Redner auf der Eilversammlung in der Boxberger Straße in Cottbus auf und verbreitete seine rassistischen und verschwörungstheoretischen Ansichten. In seiner Heimatstadt Großräschen versucht er Montagsdemonstrationen zu etablieren. Die erste Kundgebung fand diesen Montag statt, an der laut Polizei 70–100 Menschen teilnahmen. Weitere Kundgebungen sollen immer Montags in den nächsten Wochen folgen.

Rico Handta soll der Vorsitzende der Kleinspartei “Bürgerforum Gerechte Zukunft” (BGZ) sein. Das BGZ wurde im Februar 2014 in Oranienburg gegründet und hat auch laut Webseite ihren Sitz in der Erich-Mühsam-Straße 1. Die Partei entfaltet jedoch wenig eigene Aktivitäten. Seit Frühjahr dieses Jahres wurde die Seite nicht mehr aktualisiert. Frühere Beiträge verweisen auf die Montagsmahnwachen in Chemnitz und Leipzig, in anderen Beiträgen wird positiver Bezug auf Ken Jebsen (ehem. RBB-Moderator, der wegen antisemitischen Äußerungen gekündigt wurde) genommen. Jebsen gilt als wichtiges Think-Tank der “Friedensmahnwachen”-Bewegung. Am 09. April soll die Partei ihre einzige Veranstaltung in einem Gasthof bei Schönwalde abgehalten haben.
Handta betreibt außerdem einen Youtube-Channel bzw. ist Protagonist in weiteren Video-Produktionen, in denen er sich als Hobby-Rechtsanwalt und Experte für Staatsangehörigkeitsfragen ausgibt. Beides lässt darauf schließen, dass Handta ein Anhänger der Reichbürgerbewegung ist. Bei den Reichsbürgern handelt es sich um eine extrem Rechte und verschwörungstheoretische Bewegung, die davon ausgeht, dass das Deutsche Reich fortbestehe, aber nicht als staatliches Konstrukt der Bundesrepublik. Dass Handta ein Anhänger der Reichsbürger sein soll, offenbaren zahlreiche Beiträge auf seine Facebook-Seite. So veröffentlichte er beispielsweise mehrere Bilder von seinem PKW-Kennzeichen, an dem ein Aufkleber des Deutschen Reichs auf dem Länderkennzeichen platziert ist.

Hotspot Südbrandenburg
In den vergangenen Wochen fanden mehrere asylfeindliche Versammlungen in Cottbus-Sachsendorf statt. Vor zwei Wochen versuchten knapp 400 RassistInnen und Neonazis sich Zutritt zur Notunterkunft in der Pozaner Straße zu verschaffen, wo zeitgleich ein Willkommensfest stattfand. Sie versammelten sich illegal auf dem Norma-Parkplatz in der Boxberger Straße. Eine Woche später trafen sich erneut mindestens genauso viele “besorgte BürgerInnen” zu einer unangemeldeten Kundgebung mit dem gleichen Ziel an gleicher Stelle. Es fand sich ein Anmelder für eine Eilversammlung, die dann auf einem Parkplatz nur wenige hundert Meter weiter in der Lipezker Straße abgehalten wurde. Von dort zog etwa die Hälfte der Menge zur NPD Demonstration, die unter den Motto “Das Boot ist voll” die rassistische Stimmung in Cottbus versucht hat aufzufangen. Mit Erfolg: knapp 450 Teilnehmer_innen ziehen gemeinsam mit der NPD durch Cottbus. Vergangenem Samstag fand in Abwesenheit von Gegenprotesten eine weitere asylfeindliche Kundgebung mit über 200 TeilnehmerInnen im benachbarten Spremberg (Spree-Neiße) statt.
Für den 30. Oktober hat der Vize-Vorsitzende des NPD Brandenburg, Ronny Zasowk, eine weitere Demonstration in Cottbus angekündigt. In Absprache mit den InitiatorInnen der Ansammlungen auf den Norma Parkplatz sollten in der Zeit (aus Befürchtung vor Ermittlungsbehörden) keine weiteren Versammlungen in Cottbus stattfinden. Allen Anschein nach herrscht Uneinigkeit zwischen der NPD und der Fraktion um Rico Handta.
Auch andere Gruppierungen entdecken die Region als potenzielles Einzugsgebiet bei dem Thema Asyl. Für den 30. Oktober hat der Brandenburger PEGIDA-Ableger BraMM eine Versammlung in Senftenberg (Oberspreewald-Lausitz) angekündigt. Und auch die “Alternative für Deutschland” (AfD) will das Potential in ihrer “Herbstoffensive” in der südbrandenburgischen Region ausschöpfen. Kommenden Montag, den 26. Oktober, will die AfD Brandenburg eine Saalveranstaltung im Cotbusser Stadthaus mit der Parteivorsitzenden Dr. Frauke Petry abhalten. Für den 04. November hat die AfD eine Demonstration unter den Motto “Asylchaos stoppen” in Cottbus angekündigt. Stargast der Demonstration soll der Brandenburger AfD-Vorsitzende und Bundesvize Dr. Alexander Gauland sein.
Am vergangenen Freitag haben sich im Stadtteil Sachsendorf viele Menschen einer unangemeldeten Versammlung gegen die neue Flüchtlings-Erstaufnahmestelle in der Poznaner Straße angeschlossen. Im Internet ursprünglich als Versammlung angekündigt, die aufgrund von Sorgen und Ängsten stattfinden sollte, traten schnell dumpfer Rassismus und Fremdenfeindlichkeit zu Tage. Angst hatten wohl nur die Menschen, gegen die sich die illegale Versammlung richtete. Viel zu sehr erinnerte die Situation an den August 1992: Hunderte Neonazis hatten mehrere Tage lang Wohnblöcke angegriffen, die als Asylunterkünfte genutzt wurden. Es wurden Molotow-Cocktails, Flaschen und Steine geworfen. Diese Geschichte darf sich nicht wiederholen. Hier ist die Cottbuser Zivilgesellschaft gefragt.
Sachsendorf ist heute ein Stadtteil, der geprägt ist von Zuwanderung und Vielfalt. Geflüchtete werden dort schon seit Jahren in einer Sammelunterkunft untergebracht. Viele von ihnen bleiben in Sachsendorf nachdem ihr Asylantrag bewilligt wurde. Sie ziehen in eine eigene Wohnung, ihre Kinder gehen hier zur Schule oder in den Kindergarten, sie haben hier ihren Hausarzt. Oft bestehen enge Freundschaften und Bekanntschaften mit alteingesessenen Menschen. Sachsendorf, das vielen als sozialer Brennpunkt verschrien war, hatte einen guten Weg gefunden: Weg von der Stimmung der 90er Jahre hin zu einem Viertel in dem Migration als Chance begriffen wird.
Die Situation, dass Geflüchtete in den Turnhallen in der Poznaner Straße untergebracht werden, ist für alle neu und für niemanden wünschenswert. Unterschiedliche rechte Parteien versuchen aus der Situation Kapital zu schlagen und Bürger*innen auf ihre Seite zu ziehen. Neonazis aus dem organisierten NPD-Umfeld hetzen im Internet, initiieren und organisieren rassistische Versammlungen. Die Unterbringung der Geflüchteten in den Turnhallen dient den Nazis als Aufhänger, die Stimmung Anfang der 90er Jahre wieder aufleben zu lassen.
Unsere neuen Nachbar*innen müssen geschützt werden. Zugleich ist es wichtig, Vorurteile, Ängste und Unklarheiten zu beseitigen und miteinander ins Gespräch zu kommen oder zu bleiben. Es kann nicht das Ziel sein, innenpolitische Probleme auf dem Rücken von geflüchteten Menschen auszutragen. Wir sind überzeugt davon, dass es immer die bessere Lösung ist, sich in Freundschaft und mit freundschaftlicher Absicht zu begegnen.
Dazu laden wir die ganze Stadt am Freitag ein. Mit einer facettenreichen Demonstration wollen wir ein Zeichen der Solidarität setzen. Wir wollen beim Hoffest vor der Erstaufnahmeeinrichtung den Geflüchteten zur Seite stehen. Wir dürfen uns in unserer Hilfsbereitschaft und Humanität nicht spalten lassen — egal ob Helfende, Angestellte, Ehrenamtliche, Menschen aus der Stadtmitte, Sachsendorfer*innen, Neuzugezogene oder Alteingesessene.
Denn Freundschaft überwindet Grenzen.
FR 16.10. | 16:00 | Bhf. Cottbus
Kundgebung: Refugees Welcome!
Deutschland diktiert, wie Zufluchtsuchende untergebracht werden. Aktuelle Konzepte sind Zelte, Container, Turnhallen und Leichtbauhallen. Alle schaffen menschenunwürdige Lebensbedingungen. Bei aller Hilfsbereitschaft, die wir zeigen, gilt es, diese Lagerunterbringung konsequent zu kritisieren und vorhandene Alternativen umsetzen! Standorte wie z.B. die Heinrich-Mann-Allee und Eisenhüttenstadt sind nicht langfristig tragbar.
Wir forden die sofortige dezentrale Unterbringung und absolute Bewegungsfreitheit aller Menschen!
Kommt am 06.10.2015 um 17 Uhr zum Alten Martk!
Seid da! Seid laut! Seid Viele
“Refugees Welcome — Everyone, Everytime, Everywhere!
Against Accommodation in Camps and against Criminalisation of Refugees! No Lager!”
Germany is dictating the way in which people who seek for refuge are accommodatet. The current concepts are tents, containers, gyms and lightweight building constructions. All of them are providing a living only under desolate and inhumane conditions. With all the readiness to help, that we show, we must consistently criticise lager-accomodation and put existing alternatives into practice! Places such as the
Heinrich-Mann-Alle or Eisenhüttenstadt can not be long-term-solutions.
We call for the instant decentralised accomodation of all refugees and absolute freedom of movement for everybody!
Come to “Alter Markt” on 06.10.2015 at 17.00 h!
Be there! Be loud! Be many!
INFORIOT Für den 03. Oktober mobilisieren Neonazis auf Facebook zu einer landesweiten Aktion unter dem gemeinsamen Motto „Tag der Deutschen Einheit – Wir sind das Volk!“. Nach aktuellem Stand sollen in den Städten Bad Belzig, Beeskow, Bernau, Brieskow-Finkelheerd, Calau, Eberswalde, Frankfurt/Oder, Fürstenberg/Havel, Fürstenwalde, Guben, Königs Wusterhausen, Nauen, Plessa, Prenzlau, Rheinsberg und Templin Kundgebungen bzw. Mahnwachen stattfinden. In Hennigsdorf soll ein Infotisch durchgeführt werden.
Die öffentlich einsehbare Facebook-Gruppe unter den Namen „WIR“ ruft auf, sich an der landesweiten Aktion „über die Partei- und Organisationsgrenzen hinweg“ zu beteiligen. Federführend bei der Initiierung der Gruppe und der Aktion ist die NPDlerin Manuela Kokott, die als „besorgte Bürgerin“ auf flüchtlingsfeindlichen Kundgebungen im Raum Oder-Spree holprige Redebeiträge hält. Die Gruppe umfasst 26 Mitglieder (Stand: 29.09.2015), darunter bekannte Neonazis wie der Nauener NPD-Stadtverordnete Maik Schneider, der verurteilte Gewalttäter Alexander Bode, “III. Weg”-Mitglied Pascal Stolle oder Peer und Franziska Koss, die maßgeblich die asylfeindlichen Protesten im Raum Frankfurt/Oder antreiben. Peer Koss hat laut eigener Ankündigung in der Gruppe für den 3. Oktober eine eigene Demonstration in Frankfurt/Oder angemeldet.

Die meisten Veranstaltungen sollen zwischen 10:55 und 11:55 stattfinden. Dabei ist die Endzeit an die Redensart „Fünf vor Zwölf“ angelehnt, was umgangssprachlich für Eile oder einen Aufbruch aus der Dringlichkeit heraus steht. Die Flyerankündigung bestätigt den Eindruck der gezielt gewählten Zeit. Darin wird ein Untergangsszenario beschrieben, wonach „Millionen von Fremden“, die durch sog. „Gutmenschen“ importiert werden, „das Volk“ bedrohen würden.
Gegenproteste angekündigt
Als Reaktion auf die Ankündigung der Kundgebung in Beeskow hat die zivilgesellschaftliche Initiative „Beeskow gegen Rassismus“ Gegenproteste angekündigt. Unter den Motto „Beeskow gegen Rassismus – Solidarität mit Geflüchteten“ soll eine Protestkundgebung zwischen 10–13Uhr in der Breitestraße stattfinden. In Frankfurt (Oder) ruft das Bündnis “Kein Ort für Nazis in Frankfurt/Oder” zur antirassistischen Kundgebung von 10–13 Uhr am Frankfurter Bahnhof auf. Das Bündnis “Fürstenwalde gegen Rassismus” hat eine Kundgebung ab 10.00Uhr in der Richard-Strauss-Str. (Stadtteil Nord) angemeldet. Und auch in Bad Belzig wollen Menschen gegen die neonazistische Kundgebung demonstrieren. Unter den Motto “BAD BELZIG LOVES ALL COLOURS !” wollen sie sich ab 10.30Uhr auf den Marktplatz den Neonazis entgegen stellen. In Rheinsberg, Prenlau, Hennigsdorf und Fürstenberg/Havel wurden weitere Gegenveranstaltungen angemeldet. In weiteren Städten sollen Gegenproteste folgen.
Saison der “Abendspaziergänge” geht wieder los
Indes sollen der sog. „Abendspaziergänge“ in verschiedenen Städten in Brandenburg wieder starten. Im Schutze der Dunkelheit will der inoffizielle Brandenburger Pegida-Ableger „BraMM – Brandenburger für Meinungsfreiheit und Mitbestimmung” am 30. Oktober in Senftenberg am Markt 1 aufmarschieren. Die Facebookseite „Nein zum Heim Zehdenick“ ruft zum 3. Abendspaziergang am 2. Oktober in Zehdenick (Oberhavel) auf.

Am 23. September 2015 veröffentlichten die Antifaschistische Recherche_Potsdam // Umland Informationen über die Auftragsfotografin „Charlotte Friedrich“. [1] Unter diesem Pseudonym ist die Potsdamer Neonazistin Melanie Witassek seit spätestens März 2012 tätig. Witassek ist darüberhinaus jedoch auch seit spätestens 2001 in der Potsdamer Neonaziszene aktiv und beteiligte sich seitdem an Einschüchterungsversuchen gegenüber alternativen Jugendlichen sowie an gewalttätigen Angriffen auf Antifaschist_innen. Weiterhin gehört seit ihren Anfängen in dieser Szene die sogenannte Anti — Antifa — Arbeit zu ihren Aktionsfeldern. [2]
Wenige Stunden nach unserer Veröffentlichung hat sie nun einige Änderungen auf ihren Facebook-Seiten vorgenommen. Es sind sämtliche Bilder ihres Partners Mirko Kubeler und ihrer Kinder gelöscht worden. Ebenso viele Bilder, auf denen sie selbst sowie ihre Tättowierungen zu sehen waren. Dennoch sind einige Bilder, auf denen sie zu sehen ist, geblieben. Zusätzlich postete sie ein bereits zuvor von ihr veröffentlichtest Bild, auf dem eine Person einen Mittelfinger zeigt. Ein erstes klares Statement auf die Veröffentlichung über sie.

Ihren Kund_innen gegenüber wird sie nun eventuell erklären, dass das alles „früher“ gewesen sei und sie damit nichts mehr zu tun hätte. Jedoch belegen Aufnahmen ihrer Person auf neonazistischen Aufmärschen, dass sie noch immer ihre verinnerlichte neonazistische Ideologie auf die Straße trägt, wie beispielsweise am 15. September 2012, als sie an einer Demonstration der NPD in Potsdam teil nahm. Hier gesellte sie sich zu ihrem alten Berliner Bekannten und Neonazischläger Oliver Oeltze. [3]

Weiterhin zeigen auch ihre persönlichen Kontakte eine kontinuierliche Zugehörigkeit zur Potsdamer Neonaziszene. Neben der Beziehung zum Neonazikader Mirko Kubeler, der kurzzeitig auch im Impressum ihrer Facebookseite aufgeführt war [4], und einer langen Freundschaft zum Neonazi und ebenfalls Auftragsfotografen Benjamin Müller aka „Burny“ [5], hat Witassek mindestens über Facebook gelegentlich bis regelmäßig Kontakt zu Neonazis wie Benjamin Oestreich, Melanie Bushardt, Philipp Hinzmann, Max Seidel, Steve Schmitzer, Paddy Bohm, Alyne Kückling, Henri Obst, Tim Kroll, Christian Helmstedt, Michael Fischer und Sebastian Glaser. Benjamin Müller bezeichnet Witassek in einem Kommentar sogar als „Sandkastenfreundin“. Dieses Kommentar, sowie viele andere Belege solcher Kontakte, hat sie nun versucht zu vertuschen. Doch eine so eindeutige und unmissverständliche neonazistisch aktive und organisierte Vergangenheit und Gegenwart lässt sich mit ein paar Klicks nicht vergessen.
[1] http://arpu.blogsport.eu/2015/09/22/von-anti-antifa-zur-babyfotografin-melanie-witassek-aka-charlotte-friedrich/
[2] http://arpu.blogsport.eu/2011/12/07/potsdamer-neonazis-veroffentlichen-wieder-fotos-von-vermeintlichen-antifaschist_innen/
[3] Bild von Sören Kohlhuber; https://www.flickr.com/photos/soerenkohlhuber/7989336480/in/album-72157631543085292/; 15. September 2012 in Potsdam
[4] Screenshot Impressum „Charlotte Friedrich Fotografie“ – https://www.facebook.com/pages/CharlotteFriedrich-Fotografie/337306389649480?sk=info&tab=page_info – abgerufen 2. März 2015 und 22. September 2015
[5] http://arpu.blogsport.eu/2013/03/13/potsdamer-neonazis-und-die-marke-%E2%80%9Efourth-time%E2%80%9C/

Schlafende (weiße) Babys, strahlende (blauäugige) Kleinkinder, glückliche (heterosexuelle) Hochzeitspaare und weichgezeichneter Kitsch ohne Ende – so der erste Eindruck beim Besuch der Facebook-Seite der Auftragsfotografin „Charlotte Friedrich“. [1]
Unter diesem Pseudonym arbeitet die Neonazistin Melanie Witassek (geboren 1985) nun seit mindestens dreieinhalb Jahren in Potsdam, Berlin und Umgebung. Im Frühjahr 2001 – im Alter von 15 Jahren – wird sie im Zuge der Veröffentlichung einer Studie der Universität Potsdam zu rassistischen Einstellungen in den neuen Bundesländern von einem Journalisten interviewt. Dadurch wird sie erstmals einer interessierten Öffentlichkeit bekannt. Bereits damals äußerte sie sich rassistisch, als sie angab jeglichen Kontakt zu „Fremden“ zu meiden und weiter: „They’re different,“ she said. „There are too many of them here. I don’t like them.“ [2]
Kurze Zeit später erfolgte dann die Orientierung an die Neonaziszene der Brandenburger Landeshauptstadt. Der Weg von der konsensfähigen Ablehnung alles vermeintlich Fremden, getarnt in Begriffen wie Angst und Besorgnis, hin zur aktiven Praxis, die sich in einem Anschluss an eine neonazistische Szene zeigte, war ein kurzer. Schnell wurde sie zu einem Teil dieser Szene und hatte Kontakt zu den „ganz Großen“ – dazu zählen die wichtigen Neonazis der RechtsRock-Szene wie Martin Rollberg und dem mutmaßlichen NSU-Mitwisser und Szenegröße Uwe Menzel. Aber auch zum ehemaligen Mitarbeiter der Neonazi-Szenekneipe „Zum Henker“ Danny Leszinski der ebenso wie Menzel dem „Blood & Honour“ Netzwerk zu zu rechnen ist. Mit Leszinski war sie im Jahr 2003 beim jährlichen Nazi- und Neonazigroßaufmarsch in Halbe. [3]

Im Jahr 2003 veröffentlichten Menzel und Rollberg zusammen mit weiteren Neonazis ihr erstes Album („Ausser Kontrolle“) der gemeinsamen Band „Bloodshed“. In diesem wird Melanie Witassek abgebildet und von Martin Rollberg aka „William“ gegrüßt. [4]

Im Jahr 2002 taucht Witassek auch immer öfter mit ihrer Kamera am Rande antifaschistischer Veranstaltungen auf und versucht sich in selbsternannter „Anti-Antifa“-Arbeit. Diese trägt bereits im Januar 2003 sichtbare Früchte, als die Homepage der „Anti-Antifa Potsdam“ online geht. Auf dieser werden Menschen die sich vermeintlich oder tatsächlich der Neonaziszene entgegenstellen und alternative und linke Treffpunkte veröffentlicht. Die Auflistung der als „Drecklöcher“ betitelten linken Wohnprojekte dient der Einschüchterung der dort Wohnenden sowie der Übersicht für die Neonaziszene über noch anzugreifende Häuser. Deutlich wird dies dadurch, dass das dort geführte Haus des Chamäleon e.V. auf der Seite bereits durchgestrichen war. [5] Denn hier ereignete sich kurz zuvor, am 31. Dezember 2002 ein gezielter Angriff an dem auch Melanie Witassek beteiligt war. Neben ihr waren auch Andre Ewers, Jens Franke, Michael Gent, Heiko Groch, Oliver Kalies, Danny Leszinski, Steve Schmitzer und Torsten Schümann an dem Angriff beteiligt, der von der Wohnung von Mike Marten (Gutenbergstr. 111) ausging, wo die Neonazis gemeinsam feierten. [6]
Im Sommer 2005 beteiligte sich Witassek dann an mehreren gewalttätigen Angriffen auf vermeintliche oder tatsächliche Linke in Potsdam. So war sie bei einem Angriff am 19. Juni in einer Straßenbahn in Babelsberg beteiligt. Hierbei wurde eine Person, die vom antirassistischen Stadionfest aus losfuhr, angegriffen. Im Juli beteiligte sie sich zusammen mit den Neonazis Oliver Oeltze, Oliver Kalies, Danny Leszinski, Thomas Pecht und Benjamin Oestreich am sogenannten „Tram-Überfall“ in der Potsdamer Innenstadt, bei dem es zu einem Angriff auf zwei linke Studierende kam. [7] Danach zog sie für mehrere Jahre nach Berlin und ist seit spätestens 2011 wieder in Potsdam wohnhaft.
Seit mindestens zwölf Jahren bewegt sich Melanie Witassek nun in der organisierten Potsdamer und Berliner Neonaziszene. Ihr Interesse an Fotografie nutze sie damals zur politischen Arbeit, heute dient ihr ihr Hobby als Beruf. In den Jahren 2002 bis 2006 waren es vornehmlich linke Aktivist_innen und Antifaschist_innen die sie fotografierte und heute sind es Babys, Kleinkinder und Hochzeitspaare.

Perspektiven auf Neonazis, die unkritisch gegenüber Heteronormativität und Sexismus sind, könnten glauben, dass durch den Rückzug von Aktivistinnen (wie im Fall Witassek), aus dem auf den ersten Blick sichtbaren Feld antifaschistischer Analysen (u.a. Demonstrationen, öffentliche Veranstaltungen), diese vermeintlich unwichtiger oder sogar ungefährlicher werden. Dem gegenüber steht die Expertise zahlreicher antifaschistischer Zusammenhänge, Journalist_innen und Wissenschaftler_innen, die sich seit vielen Jahren mit der Thematik beschäftigen und immer wieder die Bedeutung und Gefährlichkeit dieser – aus dem sichtbaren Feld verschwundenen oder zurückgezogenen – Frauen bestätigen.

Bei Melanie Witassek handelt es sich um eine langjährig aktive, in militanten und völkischen Strukturen sozialisierte und überzeugte Neonazistin, die einen der wichtigsten Kader der Potsdamer Neonaziszene – Mirko Kubeler („Freie Kräfte Potsdam“, ehemals „Infoportal Potsdam“ „Junge Nationaldemokraten“ JN, „Licht und Schatten“, „Ein Licht für Deutschland“, „Der III. Weg“) – als Partner hat und mit diesem gemeinsam drei Kinder groß zieht.

Ihre Gesinnung trägt sie auch unter ihrer Haut in Form eines „Unsterblich“-Tattoo. [8] Dieses kann im Bezug auf die „Volkstod-Kampagne“, an der sich auch die Potsdamer Neonaziszene in den letzten jahren aktiv beteiligte, gelesen werden. [9] Die (neo)nazistische Überzeugung, die in diesem Begriff steckt, beinhaltet die Vorstellung, dass sie – als Neonazis – durch ihr völkisches Leben und Handeln unsterblich werden, sich also einreihen in eine rassistisch imaginierte Linie ihrer, als sich „reinrassig“ vorzustellenen und zu erhaltenen, „arischen“ Vor- und Nachfahren. Das dies auch ganz besonders wichtig im sogenannten privaten und familiären Bereich zu verorten ist, lehrt uns der historische Vorgänger des Neonazismus: Der Nationalsozialismus.

Der „Rückzug in die Familie“ bedeutet keineswegs eine Entradikalisierung der menschenverachtenden Ideologie. Besonders Neonazis, die vermeintlich die Szene hinter sich gelassen haben, tauchen nach einigen Jahren – immernoch ideologisch gefestigt – auf und tragen ihre Gesinnung als Eltern in Kindergärten oder Schulen, als „unpolitsche“ Mitglieder in Vereinen jeder Art oder in Ähnlichen Konstellationen nach Außen. Oder aber sie tauchen ab und ziehen gedeckt durch Staat und Geheimdienst mordend durch Deutschland. Viele Gründe Neonazis zu beobachten und sie aus ihrem ruhigem Alltag zu ziehen. Melanie Witassek oder Mirko Kubeler sind nicht vergessen. Sie werden jetzt, wie zuvor Martin Rollberg, ihre Facebookseite und anderen Profile löschen oder umbenennen. Sie werden versuchen im Dunkeln zu bleiben. Wir werfen Licht auf sie und ihre menschenverachtenden Aktivitäten.
[1] “https://www.facebook.com/CharlotteFriedrich-Fotografie-337306389649480/timeline
[2] http://www.news24.com/xArchive/Archive/Germans-increasingly-xenophobic-20010311
[3] https://www.antifainfoblatt.de/sites/default/files/public/styles/front_full/public/AA_PD_0.jpg?itok=TrfQrt5b
[4] Booklet zum Album „Ausser Kontrolle“ der RechtsRock-Band „Bloodshed“; 2003
[5] https://inforiot.de/jagd-auf-politische-gegner/
[6] https://www.antifainfoblatt.de/artikel/die-anti-antifa-potsdam-entdeckt-das-internet
[7] http://www.tagesspiegel.de/berlin/brandenburgi/mehrjaehrige-haftstrafen-fuer-rechtsextreme-schlaeger/697556.html und http://arpu.blogsport.eu/2013/06/08/rbb-dokumentation-verharmlosende-darstellung-neonazistischer-gewalttaten/
[8] https://www.facebook.com/337306389649480/photos/pb.337306389649480.–2207520000.1442313432./547612671952183/?type=3&theater
[9] http://arpu.blogsport.eu/2014/02/12/aus-hinter-den-kulissen-3-regionalbericht-potsdam/ und http://arpu.blogsport.eu/2011/04/19/die-demokraten-bringen-uns-den-volkstod/
Am 23. September 201 ruft der AfD-Landesverband Brandenburg zu 8 Uhr morgens zu einer Kundgebung vor dem Fortuna-Portal (Alter Markt) gegen die “verfehlte Asylpolitik” auf. Neben Forderungen nach “zentralen Auffangzentren” und “Rückführungszentren” geht es der AfD um eine abstrakte Beendigung des “Asylchaos” und die Wiederherstellung des “Rechtsstaates”. Dass dahinter rechtspopulistische Stimmungsmache und ein zum Teil rassistisches Weltbild steckt ist offensichtlich. Von der AfD geforderte “Zentrale Auffangzentren” im Ausland sollen mögliche Geflüchtete schon weit vor den deutschen Grenzen von der weiteren Flucht in sicherere Gefilde abhalten, “Rückführungszentren”, insbesondere für Asylanstragsteller_innen vom Balkan, werden vor allem seit je her rassistisch verfolgte Sinti und Roma treffen. Das alles werden wir nicht unwidersprochen lassen!
Dabei können wir aber eine Forderung der AfD, wenn auch natürlich nicht in der Intention, teilen: “Asylchaos” beenden. Das sogenannte Asylchaos ist aber kein Chaos, weil Geflüchtete nach Deutschland kommen, sondern weil weite Teile der Gesellschaft und staatliche Strukturen aus rassistischen Motiven und aus Angst vor ökonomischem Abstieg einem menschlichen Umgang mit Refugees entgegenwirken. Dass die AfD diese Situation versucht anzuheizen, ist nicht erstaunlich. Gerade deswegen ist jedoch antirassistische Intervention gegen die Kundgebung der AfD und im Alltag notwendig.
In der letzten Woche zeigte sich auch in Potsdam, dass der deutsche Staat nicht willens und nicht fähig ist, kurzfristig eine menschenwürdige Unterkunft für Geflüchtete zur Verfügung zu stellen. Die erlebte Situation in der Notunterkunft in der Heinrich-Mann-Allee, die vor allem durch die vielen freiwilligen Helfer_innen in geordnete Bahnen gelenkt werden konnte, war vorhersehbar und hätte keine Verwaltung und kein Ministerium überraschen dürfen. Dass es doch so war, ist ein offensichtliches Versagen staatlicher Strukturen.
Wir fordern eine menschenwürdige Unterbringung und Versorgung aller Geflüchteten in Potsdam, Brandenburg und Deutschland.
Kommt am Mittwoch, 23. September 2015 um 7.30 Uhr auf den Alten Markt! Gemeinsam gegen Rassismus und AfD!
Aufruf der Linksjugend [’solid] Brandenburg: hier.
Am 23. September 2015, möchte der Kreisverband Märkisch Oderland der „Alternative für Deutschland“ um 17:00 Uhr im Bürgerhaus Neuenhagen im Rahmen der „Herbstoffensive 2015“ eine Bürgerveranstaltung mit der Parteivorsitzenden Frauke Petry und Christina Schade (MdL) abhalten. Dies gilt es zu stören!
Was man von der Rednerinnen zu hören bekommen wird, ist klar: Nationalismus und Rassismus. Denn mit der neuen Parteivorsitzenden hat sich die Alternative für Deutschland noch klarer am rechten Rand positioniert. Frauke Petry ist Gründungsmitglied, Sachsenvorsitzende und vertrat jeher den rechten Flügel der Partei. Mitte diesen Jahres löste sie den eher neoliberal geprägten Bernd Lucke ab. Gerade in Sachsen fiel die AfD auf, da die Parteijugend Equipment für rechtsradikale Versammlungen stellte oder sich die Partei mit rassistischen Parolen in den Diskurs um die Aufnahme von Flüchtlingen einbrachte.
Wo früher noch nach rassistischen Entgleisungen von Mitgliedern und Funktionär*Innen umso schneller zurückgerudert wurde, wird sich jetzt offen zu Pegida und den als „asylkritisch“ beschönigten und damit legitimierten rassistischen Ausschreitungen allerorts in Deutschland bekannt. Nicht nur der AfD-Bundesvize Alexander Gauland (MdL Brandenburg) zeigt immer wieder Verständnis für die offen rassistischen Demonstrationen und gewalttätigen Eskalationen. Das Rechtfertigen von Brandstiftung und körperlicher Gewalt gegen Geflüchtete und ihre Unterstützer*innen ist mittlerweile in der AfD zur Parteiraison geworden. Im Juli sind die neoliberalen Biedermänner um Bernd Lucke von Bord gegangen, übrig geblieben sind die (verbalen) BrandstifterInnen um Frauke Petry, Alexander Gauland, André Poggenburg und Beatrix von Storch.
„Wären die Bürger einbezogen worden und hätten sie das Gefühl, dass nicht nur sie und die Kommunen gefordert werden, sondern auch die Politik auf Bundes- und Landesebene alles tut, um der Situation Herr zu werden, ließen sich Reaktionen wie jetzt in Nauen sicherlich verhindern“ – Alexander Gauland nach dem Brandanschlag auf eine geplante Geflüchtetenunterkunft in Nauen
All dies zeigt, dass die „Alternative für Deutschland“ keine Partei ist, die man nur als Wahlalternative für enttäuschte FDP oder CDU Wähler*innen sehen kann. Das Parteiprogramm ist klassistisch, nationalistisch und rassistisch. Es handelt sich um eine Partei der Neuen Rechten, in der eine große Bandbreite von Rechtskonservativen, Mitgliedern der Identitären Beweugung bis hin zu Verschwörungstheoretiker*innen und Rassist*innen aktiv sind.
Wir rufen dazu auf, sich am 23.September 2015 in Neuenhagen gemeinsam gegen die rechtspopulistische und rassistische Hetze der AfD zu stellen. In Zeiten brennender Geflüchtetenwohnheime und der gewalttätigen Übergriffe durch Neonazis und RassistInnen auf Menschen, die nicht in ihr Weltbild passen, muss der rechtspopulistischen „Alternative für Deutschland“ klar signalisiert werden, dass sie in der Gesellschaft keinen Rückhalt hat!
Refugees Welcome
23.09.2015 / 17:00 Uhr / Bürgerhaus Neuenhagen / Hauptstr. 2 / 15366 Neuenhagen bei Berlin
INFORIOT Homosexualität gilt in Russland als Tabu-Thema. Per Gesetzt werden LBGTs diskriminiert und entrechtlicht. Mit Inkrafttreten des Gesetzes gegen sogenannte „Homo-Propaganda“ im Juli 2013 werden jegliche positive Äußerungen zu Homosexualität in Anwesenheit von Minderjährigen oder in Medien sowie dem Internet unter Strafe gestellt. Zudem sind LBGT Aktivist_innen täglich gewalttätigen Angriffen ausgesetzt.
Alissa ist LBGT Aktivistin aus St. Petersburg und musste Russland verlassen aufgrund der unzumutbaren Zustände, die es ihr nicht erlaubt haben, sich frei zu entfalten. In der Bundesrepublik beantragt sie nun Asyl und wurde dazu im Frühjahr dieses Jahres der Stadt Brandenburg/Havel zugewiesen. Heute lebt sie in einer Wohnung in einer Nachbarstadt. INFORIOT hat ein Interview mit Alissa geführt.
Alissa, was hat dich dazu bewegt Russland zu verlassen und nach Deutschland zu flüchten?
Alissa: Die Entscheidung wurde gefällt, eine Stunde nachdem ich auf meine Freunde gewartet habe, welche mir geholfen haben meine Sachen zu packen und mich zu verstecken, bis zum Abflug aus St. Petersburg. Ich konnte nicht mehr in Russland bleiben. Meine Sicherheit und die Sicherheit meiner Familie und Freunde war nicht mehr gewährleistet. In meiner Heimatstadt waren überall Plakate mit meinen Foto drauf, auf denen behauptet wurde, ich sei pädophil. Die russischen Massenmedien propagandieren täglich Hass und unterstellen, dass alle Homosexuelle Vergewaltiger_innen und Pädophile seien. Mich haben sie auch dazu gerechnet und stellten mich in der ganzen Stadt bloß. Erst kurz zuvor wurde ich Opfer eines Übergriffes. Ich wurde brutal zusammengeschlagen. Mir wurde zu verstehen gegeben, dass ich umgebracht werde, wenn ich in Russland bleibe. Ich wusste, dass die Polizei mir nicht helfen wird. So habe ich mich zunächst versteckt und bin dann geflohen.
In Deutschland angekommen hast du bereits negative Erfahrungen mit den Behörden machen müssen. Welche Steine haben sie dir in den Weg gelegt?
Alissa: Es waren eher Schwierigkeiten, die mit der Übersetzung zusammenhingen. Die Übersetzerin, welche mir zugewiesen wurde, war mir gegenüber negativ eingestellt, nachdem sie erfahren hat, dass ich lesbisch bin. Sie übersetzte recht wählerisch und manchmal verweigerte sich ganz die Übersetzung. Außerdem erlaubte sie sich ausfallende Kommentare mir gegenüber hinzufügen. Ich weiß von Fällen, bei denen muslimische Übersetzer_innen sich weigern das Wort „gay“ zu übersetzen. Das ist ein großes Problem.
Doch auch in der Sammelunterkunft in Brandenburg/Havel hattest du Probleme mit anderen Asylsuchenden. Schildere uns doch bitte, was dort passiert ist.
Alissa: Ich bekam [in der Sammelunterkunft] Besuch von einer tschetschenischen Frau, da sie auch aus Russland kam und wir beide die selbe Sprache sprechen. Oft verstehen die Menschen nicht, die in den Heimen arbeiten, dass Russland ein multinationaler und multikonfessioneller Staat ist. Sie ist muslimisch, ich bin katholisch. Sie war sicherlich auch nicht davon begeistert über die Nachbarschaft mit dem Mädchen mit den „rasierten Schläfen”. Eines Morgens kamen in mein Zimmer aggressiv gestimmte Muslima und fingen an mich dafür zu beleidigen, dass ich eine Kurzhaarfrisur habe und dass ich keine Röcke und kein Kopftuch tragen würde. Und einige Tage später kam einer der Ehemänner von ihnen, stürzte sich auf mich mit Fäusten und sagte, dass man solche wie mich (Lesben) töten müsse. Nachdem habe ich nicht mehr im Heim gewohnt.
Relativ selten ist in den deutschen Medien etwas zur Situation von LBGT Aktivist*innen aus Russland zuhören, die hier Asyl beantragen. Mit den Organisationen von LBGT-Geflüchteten bist du sehr gut vernetzt. Wie sieht die Situation von russischen LBGT-Geflüchteten in Deutschland aus?
Alissa: Im August bekam eine homosexuelle Familie (Dima und Wanja Tschunusowi) politisches Asyl in Deutschland. Soweit es mir bekannt ist, ist das nämlich der erste Fall eines politischen Asyl. Es gibt einen Fall von sozialem Schutz [bzw. Duldung] auf bestimmte Zeit. Alle anderen Ankömmlinge befinden sich in der Wartezeit auf das Interview [Anm.d.Red: Jede Person, die Asyl beantragt, muss sich einem Interview durch das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge stellen, das entscheidend ist für den Fortgang des Asylverfahrens ist]. In der Regel dauert die Wartezeit zwischen einem und zwei Jahren. Mit jedem Jahr bitten immer mehr Familien mit Kindern um Asyl, weil in Russland ein Gesetz geprüft wird, welches erlauben soll, nicht-traditionellen Familien die Kinder wegzunehmen.
Was meinst du, welche konkreten Maßnahmen würden LBGT Menschen das Leben erleichtern, zum Beispiel in den Asylunterkünften?
Alissa: Das größte Problem von LBGT-Geflüchteten besteht darin, dass, auch wenn wir von Diskriminierung und Hass fliehen, uns dieser Hass in den Heimen wieder begegnet. Wir werden geschlagen und beschimpft. Weil alle LGBTs in verschiedene Bundesländer verteilt werden und es keine Möglichkeit gibt sich auszutauschen und gegenseitig zu unterstützen. Ich bin überzeugt, dass LBGT-Geflüchtete zusammenleben sollten — in eigenständigen Heimen. Und ich meine nicht nur die russischsprachigen LBGT-Geflüchteten. Genauso gibt es ein Problem im Umgang mit den Sozialarbeiter_innen, oft wissen sie nicht über die Probleme von LBGTs in Russland und verstehen nicht die Fluchtgründe.
Was würdest du dir für deine eigene Situation und die Situation anderer LBGT-Geflüchteter wünschen?
Alissa: Oh! Hm…ich finde, dass ich sehr großes Glück hatte heute hier zu sein. Ich habe erstaunliche Menschen getroffen, welche mir sehr viel helfen und wofür ich sehr dankbar bin! In der letzten Zeit bin ich meine Angst losgeworden! Ich fühle mich glücklich und frei! Ich lerne Deutsch und plane eine Arbeitsstelle zu bekommen. Ich wünsche mir, mich schnell einzufinden und ein geschätztes Mitglied der deutschen Gesellschaft zu werden. Ich möchte in Deutschland bleiben und den anderen Geflüchteten helfen, diese schwierige erste Etappe zu meistern. Dies wünsche ich auch den anderen Geflüchteten. Aus der Schale schlüpfen und ein erfülltes Leben anfangen. Und keine Angst haben! Nie wieder Angst haben!
Vielen Dank für das Interview!
Das Interview wurde schriftlich in russischer Sprache geführt und ins Deutsche übersetzt.
Veranstaltungshinweis: Am 22. September findet um 19 Uhr im Bürgerhaus in der Altstadt (Bäckerstraße 14) in Brandenburg/Havel eine Informationsveranstaltung zum Thema LGBTI (Lesben, Schwule, Bi‑, Trans- und Intersexuelle) und speziell LGBTI-Geflüchteten statt. Mehr Infos: hier.