Kategorie: (Anti-)Rassismus
Neulich sollte es in unserer Stadt eine Wahlkampf-Veranstaltung der AFD geben. Aus diesem Anlass haben wir in der Umgebung des vorgesehenen Ortes Informationsmaterial verteilt. (Es muss vielleicht gesagt werden, dass wir das nicht alle Tage machen.) Die ganze Aktion war nicht mit viel Aufwand verbunden, weil es dankenswerterweise unter www.aufstehen-gegen-rassismus.de vorbereitetes Material gibt. Eine Stunde vor dem geplanten Beginn, sind wir in der Umgebung die Läden abgeklappert – in Nullkommanix waren 40 Plakate verteilt, viele davon konnten wir selbst sofort aufhängen, einige weitere folgten schon bald nachdem zum Beispiel Angestellte mit den BesitzerInnen der Läden gesprochen hatten.
Wir haben die Erfahrung gemacht, dass es bei den Plakaten gut ist, ein bisschen Auswahl zu haben (z.B. Plakat „Stoppt die AfD“, oder Plakat „Nie wieder“, oder Plakat „Nein zur Hetze gegen Muslime“, oder Plakat „Rassismus ist keine Alternative“.
Als Ergänzung haben Flyer (Download z.B. hier: „Warum die AfD KEINE Alternative ist“ Außenseite // Innenseite) super funktioniert … unsere hundert Stück waren schnell gedruckt und ebenso schnell weg und vergriffen. Eigentlich wollten wir sie den PassantInnen zum Tausch gegen die Flyer der AFD anbieten … aber die AFD hatte offenbar verpennt und ist nicht gekommen.
Gefreut haben wir uns über die fast ausschließlich positive Resonanz – insbesondere auch in den Geschäften! … dies wird vermutlich nicht unser letzter Ausflug gegen die Nazi-Umtriebe in der Gegend gewesen sein.
Eine Begegnung hätte etwas brenzlig werden können … da sind wir wohl an einen AFD-Anhänger geraten. Deshalb zu guter Letzt noch ein Tipp: Macht euch, machen Sie sich schlau, wie es um die Nazis und andere Rechte in Ihrer Gegend steht und gehen Sie im Zweifel nicht allein.
Mit einer Fahrrad-Demonstration für „Freiheit, Vielfalt und Solidarität“ wird am 19.9. ab 18.00 Uhr erneut gegen eine rechte Kundgebung in der Innenstadt protestiert. Startpunkt ist das Staatstheater (Schillerplatz). Nach 8 Aufmärschen des Vereines Zukunft Heimat wird nun noch offensichtlicher: es handelte sich um AfD-Wahlkampf-Veranstaltungen. Gegen 19.00 Uhr trifft sich die Fahrraddemo mit einer Kundgebung vom Cottbuser Aufbruch an der Stadthalle, dann führt die Fahrraddemo weiter in Richtung der AfD-Versammlung.
„Wie in Lübben und Lübbenau nutzt die AfD die Veranstaltungen von Zukunft Heimat für ihren Wahlkampf und inszeniert sich als Partei einer Basisbewegung. Wir wollen dem etwas entgegen setzen und ihnen die Straßen nicht überlassen. Fremdenfeindlichkeit und Rassismus, die sich in sprachlicher und realer Gewalt zeigen und auf diesen Veranstaltungen vorbereitet werden, dürfen in Cottbus nicht Normalität werden.“, so Luise Meyer von Cottbus Nazifrei.
Die Teilnehmerzahlen der Veranstaltungen von Zukunft Heimat waren zuletzt auf rund 200 zurück gegangen. Bei den Veranstaltungen waren immer viele gewaltbereite Neonazis, Mitglieder von NPD und AfD sowie der Identitären Bewegung anwesend. Im Umfeld der zweiten Demonstration kam es zu gewalttätigen Übergriffen.
„Wir möchten, dass alle Menschen sich in Cottbus frei und ohne Angst bewegen können. Wir wollen, dass in Cottbus Verschiedenheit als Bereicherung angesehen wird. Wir zeigen uns solidarisch mit den Menschen, die Benachteiligung und Gewalt erfahren.“ so Luise Meyer weiter.
Der Protest wird in Cottbus erstmalig durch eine Fahrrad-Demonstration vorgetragen. Diese startet ab 18.00 Uhr am Staatstheater und schließt sich ab 19.00 Uhr der Kundgebung vom Cottbuser Aufbruch unter dem Motto: „Nix drin für Nazis und Rechtspopulisten“ an. Zu Fuß und per Fahrrad geht es dann weiter Richtung Sandow.
Alle Cottbuser*innen sind dazu aufgerufen, sich an der Demonstration zu beteiligen und ein starkes Zeichen des Zusammenhalts gegen Ausgrenzung, Neonazis, Rechtspopulismus und alle Spielarten der Herabwürdigung anderer Menschen zu setzen.
Fahrrad-Demonstration „Freiheit, Vielfalt und Solidarität“ am 19. September 2017 ab 18.00 Uhr, Staatstheater
Die Flüchtlingsräte der Bundesländer wenden sich als
Interessenvertretungen von Geflüchteten und Unterstützungsinitiativen anlässlich ihrer derzeit in Berlin stattfindenden Herbsttagung entschieden gegen die Instrumentalisierung der Flüchtlingspolitik zu Wahlkampfzwecken und die wiederholt vorgetragenen Rufe nach weiteren Verschärfungen im Asyl- und Aufenthaltsrecht.
„Insbesondere die in den letzten Tagen aufgekommene Forderung nach einer weiteren Aussetzung des Familiennachzugs durch Spitzenpolitiker der Unionsparteien sind unerträglich“ erklärt Katharina Müller vom Flüchtlingsrat Berlin. „Der Schutz von Familie und Ehe ist eins der höchsten Rechtsgüter unserer Verfassung und wird bei anderen Anlässen
von den Parteien mit dem großen C im Namen gerne beschworen – anscheinend soll dies aber nicht für diejenigen gelten, die um ihre Angehörigen in Kriegsgebieten bangen.“ Aus diesem Grund unterstützen
die Landesflüchtlingsräte die Kundgebung am heutigen Freitag, den 08.09. vor der Parteizentrale der CDU
Mehr dazu
Der Ausschluss des Familiennachzugs führt auch jetzt schon dazu, dass immer mehr Familienangehörige die gefährliche Überfahrt über das Mittelmeer versuchen müssen, da sie keine legalen Wege zur Einreise haben – viele von ihnen kommen bei dem Versuch, zu ihren Angehörigen zu gelangen, ums Leben.
Des Weiteren verurteilen die Flüchtlingsräte die für den kommenden Dienstag geplante Wiederaufnahme der Sammelabschiebungen nach Afghanistan aufs Schärfste. „Die deutsche Botschaft in Kabul ist zwar seit dem Anschlag vom 31. Mai außerstande, Familiennachzüge zu
bearbeiten, sieht sich aber offenbar in der Lage, Abschiebungen zu verwalten“, sagt Georg Classen von Flüchtlingsrat Berlin und fügt hinzu: „Der neue Lagebericht des Auswärtigen Amtes liefert keine Argumente für die These, dass Abschiebungen nach Afghanistan vertretbar seien. Berichte humanitärer Organisationen und weiterer Expert*innen machen sehr deutlich, dass die Lage im ganzen Land weiterhin extrem
gefährlich ist.“
Angesichts der verschärften Stimmungsmache ist es wichtig, deutlich wahrnehmbar Widerspruch zu artikulieren. Um genau dies eine Woche vor der Bundestagswahl zu tun, rufen die Flüchtlingsräte gemeinsam mit vielen anderen Organisationen auf zu einer bundesweiten Parade für Flüchtlingsrechte und Bleiberecht am Samstag, den 16.09. in Berlin unter
dem Motto Welcome United.
Gestern wurde der bekannte Neonazi Sandy L. vor dem Landgericht Neuruppin wegen mehrerer rechter Gewalttaten zu einer Haftstrafe von 2 Jahren und 4 Monaten verurteilt. Der Mitangeklagte Raiko K. erhielt eine Freiheitstrafe von 9 Monaten, die zur Bewährung ausgesetzt wurde. Zusammen hatten sie im September 2015 eine damals 16-jährige Schülerin und ihren 18-jährigen Begleiter im Einkaufszentrum REIZ mit einem Fausthieb zu Boden geschlagen und anschließend durch Fußtritte erheblich verletzt.
Am selben Abend machten die beiden Rechten gemeinsam mit anderen an einer Tankstelle Jagd auf weitere linke Jugendliche. Eine 15-jährige Schülerin wurde von Sandy L. abgefangen, gegen die Wand der Tankstelle geschubst und mehrfach getreten und geschlagen. Zuvor hatten die alkoholisierten Neonazis bereits am alternativen Jugendprojekt
„MittenDrin“ randaliert. Ursprünglich hatten die Rechten geplant, zu einer Demonstration nach Hamburg zu reisen, ihren Plan aber auf Grund eines Verbots der Veranstaltung geändert. Ein weiterer Mittäter wurde bereits gesondert verurteilt.
Besonders bedrückend war es im Gerichtssaal festzustellen, wie die brutalen Angriffe von wenigen Minuten Dauer bei den Betroffenen noch Jahre später nachwirkten und sie nachhaltig in ihrem Sicherheitsgefühl erschütterten. Die Jugendlichen berichteten davon, wie sie nach dem neonazistischen Gewaltexzess ihr Leben umstellten, und sich lange nicht in ihrem gewohnten Umfeld bewegen konnten. Bis heute vermeiden sie es teilweise, alleine bei Dunkelheit in Neuruppin unterwegs zu sein. Das Ziel der Neonazis, linke Jugendliche durch Drohungen und Gewalt einzuschüchtern, wurde zumindest zeitweilig erreicht.
„Die in den vergangenen Wochen verhandelten Gewalttaten verdeutlichen noch einmal eindrücklich, wie enthemmt und rücksichtslos Neonazis gegen politische Gegner_innen und Geflüchtete vorgehen. Die gegen die Betroffenen ausgeübte Gewalt war nicht zufällig, sondern eine logische Folge der rechten Ideologie der Verurteilten an. Ich bin erleichert, dass Staatsanwaltschaft und Strafkammer dies in Plädoyer bzw. Urteilsbegründung würdigten, indem sie die aus der Tat sprechende menschenverachtende Gesinnung als Hatecrimedelikt nach §46 Absatz 2 StGB als strafverschärfend werteten.“, kommentierte nach Prozessende Anne Brügmann, Beraterin beim Verein Opferperspektive, die zwei der Betroffenen im Prozess begleitet hatte.
Sandy L. und Raiko K. gehören zu den führenden Kadern der militanten Neonaziszene in der Region. Der 36-jährige L. war Sektionsleiter der Kameradschaft „Weiße Wölfe Terrorcrew“, die im vergangenen Jahr durch das Bundesinnenministerium verboten wurde. Sie agitiere „offen und aggressiv gegen Staat und Gesellschaft, Migranten und Andersdenkende“, hieß es in der Verbotsverfügung. Was dies in der Praxis bedeutet, wurde im September 2015 in Neuruppin deutlich.
-
den gesetzlichen Anspruch auf die Ausbildungsduldung zu wahren, indem der Besetzung eines Ausbildungsplatzes durch fachlich geeignete Bewerber_innen stets Vorrang vor aufenthalts-beendenden Maßnahmen gebührt
-
die unbürokratische und schnelle Erteilung einer Ausbildungsduldung durch die Ausländerbehörden sicherzustellen, damit alle Beteiligten bereits frühzeitig Planungs- und Rechtssicherheit erhalten
-
den Zeitraum im Vorfeld einer Ausbildung produktivfür konkrete berufsvorbereitende Maßnahmen (z.B. berufsorientierte Sprachförderung, Praktika, Einstiegsqualifizierungen) zu nutzen und diese Phase großzügig durch die Erteilung von Ermessensduldungen (2) rechtlich abzusichern.
Am 12. Juli um 15:30 Uhr will die brandenburgische JungeAlternative (JungeAlte), die “Jugend”-Organisation der AfD, an einer allgemeinpolitischen Podiumsdiskussion, initiiert vom Landesschüler*innenrat, im Potsdamer Einstein-Gymnasium teilnehmen.
Die brandenburgische Vorfeldorganisation der AfD hat sich in der Vergangenheit hauptsächlich dadurch hervorgetan, dass sie am äußeren rechten Rand der AfD zu Gange war. Sie ist ein nicht unmaßgeblicher Faktor in der Radikalisierung der AfD. Unter anderem hat das JA-Vorstands-Mitglied Franz Dusatko an einer Aktion der Identitären Bewegung teilgenommen und dabei mitten in der Nacht heroischerweise vor der menschenleeren CDU-Zentrale gesessen. Ein wahrer Held der Bewegung also! Bis kürzlich war auch Jean-Pascal Hohm, nicht nur Vorstandsmitglied der JungenAlten Brandenburg oder Teilnehmer bei der Winterakademie des “Instituts für Staatspolitik” (einer sogenannten “Denkfabrik” des akademischen Rechtsaußen-Randes) sondern auch genüßlich am Bier trinken, während fünf Meter neben ihm Cottbusser Neonazi-Hools Hitlergrüße im Babelsberger Fußballstadion machten. Außerdem beteiligte sich die Führungsriege der brandenburgischen JungenAlten gemeinsam mit Mitgliedern der Identitären Bewegung an einer internen Abendveranstaltung auf dem Gelände einer völkischen Burschenschaft in Berlin. Für diese sogenannte “Jugendorganisation” gibt es kaum ein “zu rassistisch” oder “zu menschenverachtend”, sie nimmt alles mit. Abgrenzung erfolgt nur, wenn das Bild der “wilden jungen radikalen Konservativen” in der Öffentlichkeit zu sehr nach Neonazismus riecht. Aber auch dann nicht aus inhaltlichen Gründen, sondern wegen der befürchteten schlechten PR.
Es gehört also eine enorme Portion politischer Ignoranz (oder eben ein grundsätzliches Wohlwollen gegenüber den Positionen der JungenAlten) dazu, dieser durch und durch rassistischen und völkisch-nationalistischen Organisation ein Podium zu bieten. Darauf haben wir mal so gar keinen Bock, weder am Einstein-Gymnasium
noch anderswo. Und wenn wir keinen Bock auf Dinge haben, finden diese, realistisch betrachtet, nur selten so statt wie von Seiten der Rassist_innen geplant. Viel mehr Worte brauchen wir dazu auch eigentlich nicht mehr zu verlieren, oder? Wir wissen doch alle, was zu tun ist.
Gegen völkischen Wahn und mörderischen Rassismus!
Gegen den rassistischen Normalzustand!
#G20-Aftershow
#Blockade-Afterhour
#Potsdambleibtstabil
Mit großer Enttäuschung nimmt die Antidiskriminierungsberatung des Vereins Opferperspektive zur Kenntnis, dass die SPD-Fraktion des Landestages sich gegen die Einführung eines Landesantidiskriminierungsgesetzes für Brandenburg stellt. „Damit vergibt die SPD die große Chance, wirksame Rechtsgrundlagen für den
Diskriminierungsschutz im Bereich der öffentlichen Verwaltung zu schaffen. Die hier bestehende Schutzlücke, die nur auf Landesebene geschlossen werden kann, wird fortbestehen. Das Land stiehlt sich aus der Verantwortung, weil es sich weigert, Regelungen zum Diskriminierungsschutz einzuführen, die für Privatpersonen auf der
Grundlage des AGG seit über 10 Jahren verbindlich sind.“, so Cristina Martín von der ADB.
Der Antidiskriminierungsberatung begegnen in der Praxis immer wieder Fälle, bei denen Betroffene von Diskriminierungserfahrungen bei öffentlichen Stellen, z.B. bei Sozialämtern oder in Schulen berichten. Zwar sind diese Stellen aufgrund des Allgemeinen Gleichbehandlungsgrundsatzes zu diskriminierungsfreien Handlungen
verpflichtet, jedoch lässt sich diese Verpflichtung in der Praxis weitaus schwieriger durchsetzen, als gegenüber Privatpersonen oder Unternehmen.
Durch die Ablehnung eines LADG wird es nun auch keine Verpflichtung zu sogenannten positiven Maßnahmen geben, mit denen Diversität und Chancengleichheit auf struktureller Ebene gefördert werden. Im Hinblick auf die 2013 in die Landesverfassung eingeführte Antirassismusklausel ist auch dies eine Enttäuschung. Vor diesem Hintergrund weiterhin von Willkommenskultur sprechen zu wollen, zeigt inwiefern die Brandenburger SPD-Fraktion die Lebensrealität von Bürger*innen, die von rassistischer Diskriminierung betroffen sind, verkennt. Denn institutionelle Diskriminierung ist das größte Hindernis zur Verwirklichung einer solchen Willkommenskultur. Ab heute darf dank dieser Entscheidung der SPD-Fraktion des Landestages nur von einer im Wesentlichen abgeschwächten Willkommenskultur die Rede sein.
In Brandenburg sind Flüchtlinge immer wieder von willkürlichen Leistungskürzungen betroffen.
Die Initiative „Willkommenskreis Neuhardenberg“ und betroffene Flüchtlinge protestieren in dieser Woche gegen die rechtswidrigen Kürzungen in ihrem Landkreis. Der Flüchtlingsrat fordert sofortige Einstellung migrationspolitisch motivierter Leistungskürzungen.
Sozialämter in Brandenburg schikanieren Geflüchtete immer wieder mit Kürzungen der Sozialleistungen bis weit unter das menschenwürdige Existenzminimum. Im Landkreis Märkisch-Oderland etwa wurden Flüchtlinge über Monate mit willkürlichen Leistungskürzungen durch das Sozialamt konfrontiert. Hier wiegen die Schikanen besonders schwer: Das Sozialamt verweigerte die Zahlung auch nach Aufforderung durch das Sozialgericht zur entsprechenden Leistungserbringung. Die Initiative „Willkommenskreis
Neuhardenberg“ und betroffene Flüchtlinge veranstalten diese Woche Aktionstage vor dem Sozialamt, um sich gegen die verschiedenen willkürlichen Maßnahmen der Behörde zu wehren.
Auch in anderen Landkreisen erhalten Geflüchtete massiv gekürzte Leistungen oder sogar nur Warengutscheine, weil ihnen zum Beispiel bereits von einem anderen EU-Mitgliedsstaat ein Aufenthaltsrecht gewährt wurde. Sie sollen in Länder wie Bulgarien oder Italien zurückkehren, in denen ihnen Menschenrechtsverletzungen drohen. Immer wieder stoppen Gerichte deswegen Abschiebungen in diese Länder. Die Leistungen werden dennoch verfassungswidrig gekürzt, obwohl noch nicht klar ist, ob die Betroffenen Deutschland überhaupt wieder verlassen müssen.
Dem Gedanken, es gäbe ein Existenzminimum unterhalb des Existenzminimums, hat das Bundesverfassungsgericht im Juli 2012 eine gründliche Absage erteilt. Das Grundrecht auf ein menschenwürdiges Existenzminimum ist migrationspolitisch nicht zu relativieren. Dennoch kürzen Sozialämter die Leistungen, etwa wenn es um die Mitwirkung an der eigenen Abschiebung geht, immer wieder pauschal. Dabei wird häufig der Einzelfall außer Acht gelassen und zuweilen überschreiten die Ämter, wie in Märkisch-Oderland geschehen, ihre Kompetenzen. Die Praxis, Leistungen bei so genannter Nicht-Mitwirkung zu kürzen, die häufig nicht selbst sondern durch Botschaften und Behörden verschuldet ist, kann auch Flüchtlinge aus Afghanistan treffen, denen eine Abschiebung ins Kriegsgebiet droht. Die Leistungseinschränkung führt häufig dazu, dass die Betroffenen ihre AnwältInnen nicht mehr bezahlen können und damit ihren Rechtsbeistand verlieren.
Nur eine Abschaffung des Asylbewerberleistungsgesetzes und eine Eingliederung der Flüchtlinge in das System der Sozialhilfe bzw. des Arbeitslosengeldes II können die jahrelange Diskriminierung von Flüchtlingen beenden und deren gesellschaftliche Teilhabe von Anfang an ermöglichen. Diese Forderung stellt nicht nur der Flüchtlingsrat, sondern in Richtung Bund auch das Land Brandenburg. Dennoch toleriert die Landesregierung, wie bereits im letzten Jahr in Ostprignitz-Ruppin
geschehen (Link),
rechtswidrige und migrationspolitisch motivierte Leistungskürzungen im eigenen Bundesland, die in die Grundrechte der betroffenen Menschen eingreifen. Der Flüchtlingsrat Brandenburg fordert die Landesregierung daher auf, das verfassungsrechtliche Urteil zur Bestimmung des Existenzminimums ernst zu nehmen, die Abschaffung des Asylbewerberleistungsgesetzes vehement einzufordern sowie im Rahmen ihrer Möglichkeiten dafür zu sorgen, dass die schikanöse Praxis der
betreffenden Sozialämter im Land ein Ende hat.
Die Aktionstage am 3., 4. und 6. Juli 2017 finden jeweils von 08:00 bis 15:00 Uhr vor dem Sozialamt Seelow in 15306 Vierlinden, OT Diedersdorf/
Waldsiedlung statt,
siehe: Link
Übersicht über die Gesetzesgrundlage: Hier
Seit vielen Monaten verweigert das Sozialamt Märkisch-Oderland zahlreichen Geflüchteten die ihnen gesetzlich zustehenden Leistungen. Schriftliche Leistungsbescheide, gegen die sich die Betroffenen rechtlich wehren könnten, erteilt das Sozialamt seit langem überhaupt nicht mehr. In vielen Fällen wurden die Leistungen über Monate rechtswidrig auf ein Minimum gekürzt und statt Bargeld nur noch Gutscheine ausgegeben. Dies betraf auch Familien mit kleinen Kindern.
Um die geringen Leistungen überhaupt zu erhalten, müssen die Betroffenen jeden Monatsanfang meist stundenlange Fahrten mit sämtlichen Familienangehörigen aus den entlegenen Unterkünften im Landkreis zum Sozialamt Seelow bzw. Diedersdorf auf sich nehmen und dafür erhebliche Fahrtkosten aufwenden. An diesen Tagen ist den Geflüchteten folglich auch die Teilnahme an Deutschkursen und anderen integrativen Maßnahmen nicht möglich. Die Sozialverwaltung besteht auf mindestens einmal monatlicher Vorsprache zur Scheck- oder Gutscheinausgabe, obwohl fast alle Betroffenen Konten haben. Diese Praxis steht im Widerspruch zu der der meisten Sozialbehörden bundesweit, die die deutlich verwaltungskostensparenderen Überweisungen der Leistungen längst eingeführt haben.
Wegen rechtswidriger Leistungskürzungen kam es gegen das Sozialamt Märkisch-Oderland zu mehreren Verfahren vor dem Sozialgericht Frankfurt (Oder). Beschlüsse des Gerichts setzte die Sozialbehörde Seelow mehrfach nur nach Androhung von Vollstreckungsmaßnahmen um – ein für die an Recht und Gesetz gebundene Verwaltung ebenfalls unerhörtes Vorgehen. Das Sozialamt argumentiert vor Gericht, schriftliche Bescheide könnten „aus personellen und organisatorischen Gründen nicht ergehen“. Dabei wäre es ein Leichtes, den Betroffenen menschenwürdige und rechtsstaatliche Verwaltungsverfahren zu gewährleisten und zugleich personelle und finanzielle Ressourcen zu sparen. Nahezu alle anderen Landkreise in Brandenburg agieren in dieser Weise, etwa durch Kontenüberweisungen und elektronische Gesundheitskarten. Das Sozialamt Märkisch-Oderland schikaniert bewusst Geflüchtete und agiert völlig willkürlich und eindeutig rechtsstaatswidrig.
Gegen diese Praxis des Sozialamtes wird am 3.,4. und 6. Juli 2017 jeweils von 08:00 bis 15:00 Uhr vor dem Sozialamt Seelow in 15306 Vierlinden, OT Diedersdorf/ Waldsiedlung protestiert. Auf den Aktionstagen werden Mitglieder des Willkommenskreis Neuhardenberg e.V. und UnterstützerInnen den Geflüchteten eine Stimme geben. Die Betroffenen können ihre Situation in Märkisch-Oderland in einem Fragebogen bewerten, Anträge auf Kontoüberweisung ausfüllen und weitere Informationen über ihre Rechte gegenüber dem Landratsamt erhalten.