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Familie aus Eberswalde mit Kind abgeschoben

Familie aus Eberswalde mit Kind im Rollstuhl wurde nach Russland abgeschoben — Proteste gegen Abschiebungen gehen weiter

Am let­zten Mon­tag ver­sam­melten sich 30 Men­schen vor der Eber­swalder Aus­län­der­be­hörde um gegen eine gefürchtete Abschiebung ein­er Eber­swalder Fam­i­lie nach Tschetsche­nien zu protestieren. Frau Miza­e­va, die Mut­ter von 4 Kindern, hat­te die “Ini­tia­tive Barn­im für alle” um Hil­fe gebeten. Gegen eine mögliche Abschiebung hat­ten sich auch einige Lehrer*innen aus der Märkischen Schule in Eber­swalde gewen­det. An dieser Schule ler­nen 2 autis­tis­che Kinder von Frau Miza­e­va. Ein Unter­stützer durfte sie nicht zu ihrem Ter­min in die Aus­län­der­be­hörde begleit­en. Dieses wurde von der Polizei mit Ver­weis auf Coro­na-Schutz­maß­nah­men unter­sagt. Doch statt ein­er Abschiebung bekam Frau Miza­e­va nun eine Ver­längerung ihrer Dul­dung um 3 Monate. Sie bedank­te sich her­zlich bei den Men­schen vor der Aus­län­der­be­hörde. Ihre Anwältin wird nun weit­er ver­suchen Aktenein­sicht zu bekommen.

Wie die “Ini­tia­tive Barn­im für alle” erst heute erfahren hat, wurde bere­its am 16.02. eine Fam­i­lie mit zwei Kindern aus Eber­swalde nach Rus­s­land abgeschoben. Die Tochter der Fam­i­lie ist auf einen Roll­stuhl angewiesen. Die tschetschenis­che Fam­i­lie wurde um 18 Uhr von 20 Polizist*innen abge­holt. Sie durften wed­er ihre Handys mit­nehmen noch wurde ihnen Zeit gegeben ein paar Sachen einzu­pack­en. In Hand­schellen wurde die Fam­i­lie nach Berlin-Schöne­feld gebracht, von dort ging es weit­er­hin in Hand­schellen zum Flughafen Han­nover und dann am Mor­gen des 17.02. startete das Flugzeug nach Moskau. Trotz ein­er Voll­macht ver­weigert die Eber­swalder Woh­nungs­ge­sellschaft (WHG) Freund*innen der Fam­i­lie das Betreten der Woh­nung, so dass die per­sön­lichen Sachen der Fam­i­lie nicht nach Rus­s­land geschickt wer­den können.

Die unmen­schliche Abschiebe­poli­tik der Barn­imer Aus­län­der­be­hörde wird ein zen­trales The­ma unser­er Kundge­bung am 1. März sein”, so Fiona Kisoso von der “Ini­tia­tive Barn­im für alle”. Auch einige Eber­swalder Fam­i­lien, denen eben­falls die Abschiebung nach Tschetsche­nien dro­ht, haben ihre Teil­nahme angekündigt. Die abgeschobene Fam­i­lie wird sich per Handy an der Kundge­bung beteili­gen. Die Kundge­bung begin­nt um 12:00 Uhr direkt vor der Aus­län­der­be­hörde in Eber­swalde (Pfeilstr./ Goethestr.).

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(Anti-)Rassismus Flucht & Migration

Behördliche Unmenschlichkeit zu Weihnachten

Kurz vor Wei­h­nacht­en, am 20. Dezem­ber, gab es in der Eber­swalder Flämingstraße im Bran­den­bur­gis­chen Vier­tel einen 4‑stündigen Großein­satz von Polizei und Aus­län­der­be­hörde. Ziel war die Abschiebung eines jun­gen Mannes und ein­er Fam­i­lie nach Rus­s­land. Alle Betrof­fe­nen waren vor der Bedro­hung durch die bru­tale Dik­tatur in der rus­sis­chen Teil­re­pub­lik Tschetsche­nien geflo­hen. Am Ende des Ein­satzes wurde ein junger 20jähriger abgeschoben, seine Mut­ter bleibt allein zurück. Die Abschiebung der Fam­i­lie musste zwar abge­brochen wer­den, aber die Betrof­fe­nen ste­hen unter Schock. Die Angst vor weit­eren Abschiebun­gen ist groß, auch unter den vie­len anderen geflüchteten Tschetsch­enen, die in Eber­swalde leben.

Wir haben mit eini­gen der Betrof­fe­nen gesprochen und möcht­en der offiziellen Darstel­lung die der betrof­fe­nen Fam­i­lien gegenüber­stellen“, erk­lärt Thomas Janosch­ka vom Barn­imer Bürger*innenasyl. „Der Ein­satz war organ­isiert, als gälte es bewaffnete Schw­erver­brech­er oder Ter­ror­is­ten festzunehmen. Die Betrof­fe­nen woll­ten aber nichts anderes, als hier in Sicher­heit leben. Abschiebun­gen sind unmen­schlich — wir fordern dage­gen ein Bleiberecht für alle!“

Wie uns Frau Kukie­va berichtete, kamen Polizis­ten mit Maschi­nengewehren bewaffnet in die Woh­nung ihrer Fam­i­lie und blieben dort für die Dauer des Ein­satzes. Aus Verzwei­flung wollte Frau Kukie­va ein Mess­er gegen sich selb­st ver­wen­den um sich zu ver­let­zen, aber die Polizei hat sich kurzzeit­ig selb­st bedro­ht gefühlt. Inzwis­chen hat die Polizei ein Ermit­tlungsver­fahren wegen “Nöti­gung” gegen sie ein­geleit­et. Glück­licher­weise war der 16-jährige Sohn der Fam­i­lie nicht zu Hause, ver­mut­lich wurde auch deshalb die Abschiebung der Fam­i­lie abgebrochen.

Die Fam­i­lie, die schon seit 9 Jahren in Deutsch­land lebt, hat­te nicht mit ein­er Abschiebung gerech­net. Laut Gesetz muss diese angekündigt wer­den, wenn die Betrof­fe­nen schon mehr als ein Jahr lang geduldet wer­den. Dabei wird den Betrof­fe­nen nicht der genaue Ter­min mit­geteilt, aber die Absicht in näch­ster Zeit abzuschieben. Weil die Aus­län­der­be­hörde die Abschiebung nicht wie vorgeschrieben angekündigt hat­te, hat die Anwältin der Fam­i­lie eine Einst­weilige Ver­fü­gung bei Gericht beantragt. Zunächst hat die Barn­imer Aus­län­der­be­hörde dem Gericht mündlich zuge­sagt, in den näch­sten vier Wochen keine Abschiebev­er­suche zu unternehmen. Außer­dem ist ein Antrag auf Bleiberecht wegen guter Inte­gra­tion für den 16jährigen Sohn anhängig.

Für den Vater der Fam­i­lie, Her­rn Tse­cho­ev, hat­te die Fam­i­lie der Aus­län­der­be­hörde ein mehr­seit­iges ärztlich­es Gutacht­en vorgelegt. Wegen ein­er Kreb­serkrankung ist er nicht reise­fähig. Eine Mitar­bei­t­erin der Aus­län­der­be­hörde soll bei Vor­lage des Attestes gesagt haben: „Selb­st wenn sie daliegen wie ein Tot­er, ist mir das egal und sie wer­den abgeschoben werden.“

Frau Kukie­va wird immer noch schlecht, wenn sie an die Anspan­nung dieses Polizeiein­satzes denkt. Auf die Frage: „Wie fühlt es sich an, so lange schon mit ein­er ‚Dul­dung‘ zu leben?“ sagt sie: „Wir sind immer im Stress. Wir haben immer Angst, dass eine Abschiebung kom­men kön­nte. Wir haben keine Chance, eine Arbeit zu find­en, weil die Dul­dung nur 3 Monate gilt. Wir kön­nen fast nie entspannen.“

Bei dem sel­ben Polizeiein­satz wurde ein 20-jähriger aus dem­sel­ben Haus tat­säch­lich nach Rus­s­land abgeschoben. Seine Mut­ter, Frau Osmae­va, arbeit­et als Erzieherin und hat seit Okto­ber eine Aufen­thalt­ser­laub­nis. Ihr Sohn hat­te im Som­mer die Schule abgeschlossen und hat­te ger­ade viele Bewer­bun­gen für einen Aus­bil­dungsplatz geschrieben. Außer­dem hat­te er für Anfang Jan­u­ar einen OP-Ter­min, den er nun nicht mehr wahrnehmen kann.
„Für mich ist das ein großer Schock.“, sagt Frau Osmae­va „Ich war seit 2013 mit meinem Sohn in Deutsch­land. Ich war immer allein­erziehend. Im Herb­st habe ich den Aufen­thalt­sti­tel bekom­men und nicht geah­nt, dass mein Sohn trotz­dem abgeschoben wer­den kann, weil er volljährig ist.“ Jet­zt sei er in Moskau und es sei unklar, ob er jemals wieder her kom­men könne. „In Rus­s­land hat er nur gelebt bis er 12 Jahre alt war. Er hat 8 Jahre in Deutsch­land gelebt — er ist hier viel bess­er inte­gri­ert als in Russland.“

Wir fordern die sofor­tige Erlaub­nis der Rück­kehr des abgeschobe­nen 20jährigen”, so Thomas Janosch­ka vom Barn­imer Bürger*innenasyl, “und wir wer­den uns weit­er­hin dafür ein­set­zen, dass es keine weit­eren Abschiebun­gen aus dem Barn­im gibt.”

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Brandenburg – Auf- und Ausbau rechter Strukturen

 Der III.Weg versucht Coronaproteste für sich zu nutzen (Quelle: Presseservice Rathenow)
Der III.Weg ver­sucht Coro­n­aproteste für sich zu nutzen (Quelle: Press­eser­vice Rathenow)

Neben der lei­der im Ver­gle­ich zum Vor­jahr nur in geringem Maße zurück­ge­gan­genen und damit auf einem hohen Niveau verbleiben­den Zahl ras­sis­tis­ch­er, anti­semi­tis­ch­er und rechter Angriffe, waren im Jahr 2021 vor allem Mobil­isierun­gen gegen Men­schen, die migri­ert oder geflo­hen sind, sowie rund um das The­men­feld der Schutz­maß­nah­men gegen die Ver­bre­itung des COVID19-Virus Haupt­betä­ti­gungs­feld von recht­en und ras­sis­tis­chen Einzelper­so­n­en und Organisierungen.
Die Akteurs­land­schaft in Bewe­gung: AfD bleibt stark, Neon­azis bauen Struk­turen aus

Bei der diesjähri­gen Bun­destagswahl erzielte die AfD 18,3 Prozent, 1,1 Prozent weniger als bei den Bun­destagswahlen 2017. Damit schnitt sie in Bran­den­burg weit über dem Bun­des­durch­schnitt ab und ver­schlechterte sich weniger als auf Bun­de­sebene. Sie bleibt knapp hin­ter der CDU drittstärk­ste Partei. Ins­beson­dere in Süd- und Ost­bran­den­burg erzielte sie hohe Ergeb­nisse. In Süd­bran­den­burg stützt sie sich weit­er­hin auf das Milieu, das seit 2015 die ras­sis­tis­chen Proteste gegen die Auf­nahme und Unter­bringung von Asyl­suchen­den trug.

Nach­dem die AfD jahre­lang das rechte Spek­trum parteipoli­tisch zum größten Teil allein abdeck­te, begann sich 2021 die Sit­u­a­tion zu verän­dern. Das Milieu aktivis­tis­ch­er Neon­azis begann wieder ver­stärkt eigene Struk­turen aufzubauen beziehungsweise zu reaktivieren.

Die NPD, die in den let­zten Jahren in Bran­den­burg keine öffentlich wahrnehm­bare Rolle spielte, bemüht sich in Cot­tbus, Königs-Wuster­hausen und Frankfurt/Oder um den Auf­bau lokaler Struk­turen. In Frankfurt/Oder organ­isierte sie in diesem Zusam­men­hang im Früh­jahr eine Kam­pagne gegen einen wegen sex­uellen Miss­brauchs von Kindern verurteil­ten Mann, mit dem Ziel diesen aus der Stadt zu vertreiben. Es gelang ihr, in diesem Zusam­men­hang mehrere Ver­samm­lun­gen durchzuführen, die z.T. durch eine gewalt­bere­ite Teil­nehmer­schaft geprägt waren.

Im Gegen­satz zur NPD ver­fügte der III. Weg in den let­zten Jahren punk­tuell über kon­tinuier­lich aktive Struk­turen in Bran­den­burg. Diese baut er aktuell weit­er aus, wobei er sich u.a. auf ehe­ma­lige Mit­glieder von NPD und Kam­er­ad­schaften stützt. Seit diesem Jahr ver­fügt die Partei auch in der Prig­nitz über aktive Mit­glieder. Grund­lage ihrer poli­tis­chen Tätigkeit ist dabei weit­er­hin vor allem ein vig­i­lan­tis­tis­ch­er Ansatz, den sie in Bran­den­burg in kleinem Rah­men schon in den let­zten Jahren prak­tiziert hat­te. Durch Patrouil­lengänge ver­sucht die Partei sich lokal als Ord­nungs­fak­tor darzustellen und das staatliche Gewalt­monopol auszuhöhlen. Dabei set­zt sie vor allem auf ras­sis­tis­che Mobil­isierun­gen. So patrouil­lierten Aktive des III. Wegs in der nord­bran­den­bur­gis­chen Kle­in­stadt Kyritz, in der es zuvor einige Gewaltvor­fälle unter Beteili­gung tschetschenis­ch­er Jugendlich­er gab.

Auch die im Kreis Märkisch-Oder­land (MOL) aktive Divi­sion MOL steigerte in diesem Jahr ihre Aktiv­itäten. Dabei han­delt es sich um eine Gruppe jugendlich­er Neon­azis im Alter von 15 bis 20 Jahren, deren maßge­bliche Akteur:innen Kinder bekan­nter recht­sradikaler Aktive in der Region sind. Nach­dem sie erst­mals Anfang 2020 mit dem Verkleben von Stick­ern und recht­en Sprühereien auffie­len, nah­men sie in diesem Jahr an mehreren recht­en Aufmärschen in Berlin, Leipzig und Dres­den teil. Dabei fie­len sie auch mit gewalt­täti­gen Aktio­nen auf. Anfang 2021 zer­störten sie den Gedenko­rt für Phan Văn Toản, der 1997 in Fred­er­s­dorf bei Berlin ermordet wor­den war. Sie entwen­de­ten eines der Gedenk-Trans­par­ente und posierten in Hooli­gan-Manier mit dem umge­dreht­en Trans­par­ent. Im Dezem­ber 2021 grif­f­en Mit­glieder der „Divi­sion MOL“ auf ein­er Quer­denker-Demon­stra­tion in Berlin Journalist:innen an.
Vor­bere­itung auf den Tag X: Waf­fen­lager und Schießübungen

Über das Jahr verteilt gab es immer wieder Mel­dun­gen zu aufgedeck­ten Waf­fen­lagern in Bran­den­burg, so etwa in der Prig­nitz und in Märkisch Oder­land. Im August wurde vor dem Landgericht Neu­rup­pin ein Sol­dat aus Hen­nigs­dorf wegen ille­galen Waf­fenbe­sitzes verurteilt, der größere Men­gen an Waf­fen und Muni­tion gehort­et und sich mit anderen zu Schießübun­gen getrof­fen hat­te. Bei der Durch­suchung sein­er Woh­nung war auch eine Hitler­büste gefun­den wor­den. Er selb­st behauptete von sich, auf dem Boden des Grundge­set­zes zu ste­hen und lediglich his­torisch inter­essiert zu sein. Inwiefern die „Waf­fen­lei­den­schaft“ des Mannes einen poli­tis­chen Hin­ter­grund hat, wurde in dem Prozess jedoch nicht gek­lärt. Anfang Dezem­ber fand eine Großrazz­ia in Cot­tbus und Forst sowie bei Bautzen in Sach­sen in mehreren Woh­nun­gen von Mit­gliedern beziehungsweise aus dem Umfeld der neon­azis­tis­chen Vere­ini­gung „Brigade 8“ statt. Dabei fand man u.a. Waf­fen, Elek­troschock­er, einen Teleskop­schlag­stock und Dro­gen. Auch über Razz­ien und Prozesse hin­aus gibt es immer wieder Hin­weise von Anwohner:innen, dass in Bran­den­burgs Wäldern Men­schen mit Schuss­waf­fen und Spreng­mit­teln exper­i­men­tieren – in Einzelfällen bericht­en sie auch, dass es sich dabei um Neon­azis handelt.

Mobil­isierun­gen: Ras­sis­mus und Corona-Leugnung

Die ab Sep­tem­ber 2021 stärk­er wer­dende Diskus­sion über den Umgang mit dem Ver­such von Men­schen aus dem Nahen Osten und Afghanistan, über die Gren­ze zwis­chen Belarus und Polen in die EU einzureisen, wurde von ver­schiede­nen recht­en Akteur:innen in Bran­den­burg für Mobil­isierungsver­suche genutzt.

Die AfD ver­anstal­tete zu dem The­ma zwei Kundge­bun­gen in Frankfurt/Oder und äußerte sich wieder­holt medi­al dazu. Der III. Weg rief am drit­ten Okto­ber­woch­enende zu Patrouillen an der Gren­ze auf. Dabei ori­en­tierte er sich offen­sichtlich am Vor­bild rechter Milizen, die eini­gen Län­dern Osteu­ropas in Gren­znähe Jagd auf Migrant:innen machen. Die Aktion wurde polizeilich unter­bun­den. Dabei wur­den mehr als 50 Rechte aus Bran­den­burg, Sach­sen, Meck­len­burg-Vor­pom­mern, Berlin und Bay­ern fest­gestellt, die zum Teil mit Pfef­fer­spray, Schlagstöck­en und Stich­waf­fen bewaffnet waren.

Im Wider­stand gegen die Infek­tion­ss­chutz­maß­nah­men während der Coro­na-Pan­demie formierte sich auch in Bran­den­burg ein zum Teil gewalt­bere­ites (beziehungsweise gewalt­tätiges) Milieu. Mit der Zus­pitzung der pan­demis­chen Lage im Herb­st und der daraus resul­tieren­den Ver­schär­fun­gen der Maß­nah­men nah­men auch auch die Aktio­nen dieses Milieues stark zu. In vie­len Städten häuften sich ins­beson­dere gegen Jahre­sende die Demon­stra­tio­nen, soge­nan­nte „Spaziergänge“ und auch mar­tialisch anmu­tende Fack­elmärsche, wie etwa in Oranien­burg, Falkensee, Rathenow, Bernau und Pots­dam. Im Dezem­ber fan­den der­ar­tige Aufmärsche in vie­len bran­den­bur­gis­chen Städten wöchentlich statt.

Auch wenn die Szene het­ero­gen zusam­menge­set­zt ist – unter den Teil­nehmenden an den Protesten befind­en sich etwa auch auch „linke“ Esoteriker:innen – bes­tim­men Neon­azis und Reichsbürger:innen doch zunehmend den Charak­ter der Demonstrationen.

Die AfD war auch im zweit­en Pan­demie-Jahr ein­er der zen­tralen Akteure bei der Mobil­isierung gegen die Infek­tion­ss­chutz­maß­nah­men, um sich diese poli­tisch zu Nutzen zu machen und um die Demon­stri­eren­den zu wer­ben. Neben der Beteili­gung an zahlre­ichen Demon­stra­tio­nen, rief die AfD auch selb­st immer wieder zu Protesten gegen die Coro­na-Aufla­gen auf. Anfang Dezem­ber etwa zu ein­er mehrtägi­gen Mah­nwache gegen die Coro­na-Maß­nah­men vor dem Land­tag in Pots­dam. Im Früh­jahr hat­te die AfD in Bezug auf das geplante Infek­tion­ss­chutzge­setz Ver­gle­iche zur Machter­grei­fung Hitlers im Jahr 1933 gezo­gen und von der Errich­tung eines total­itären Staates gesprochen. Ein Bedro­hungsszenario, das sich in radikalen Coro­na-Leugn­er und soge­nan­nten Quer­denker-Grup­pen großer Beliebtheit erfreut und dort den Ein­druck erweckt, man befinde sich als Teil ein­er Wider­stands­be­we­gung bere­its in ein­er Art Bürg­erkrieg. Auf diese Weise wird in solchen Grup­pen dann auch Gewalt als Mit­tel gegen diese ver­meintliche Bedro­hung legit­imiert und zur Notwehr stilisiert.

Das The­ma Coro­na wird dabei mit klas­sisch recht­en The­men ver­mengt. Beson­ders deut­lich wurde das bei den von der AfD und der recht­en Grup­pierung „Zukun­ft Heimat“ ver­anstal­teten Aufmärschen in Cot­tbus, die von recht­en Hooli­gans ange­führt wur­den, u.a. mit einem Ban­ner, auf dem zu lesen war „Kon­trol­liert eure Gren­zen, nicht euer Volk“. Auch ander­norts mis­chen sich unter Aus­sagen zur Pan­demiepoli­tik immer wieder geflüchteten­feindliche Parolen. In Witt­stock (Ost­pring­niz-Rup­pin) gelang es dem III. Weg etwa 300 Teil­nehmende zu einem Fack­el­marsch gegen die Coro­na-Maß­nah­men zu mobilisieren.

Bei ein­er Demon­stra­tion in Treuen­bri­et­zen (Pots­dam-Mit­tel­mark) wurde der Recht­sex­trem­ist Maik Eminger gesichtet, ehe­ma­liges Mit­glied der Partei „Der III. Weg“ und Brud­er des verurteil­ten NSU-Unter­stützers André Eminger.

An mehreren Orten entlud sich der Wider­stand gegen die Infek­tion­ss­chutz­maß­nah­men dann auch gewalt­sam. So gab es neben mehreren Angrif­f­en auf Mitar­bei­t­ende im Einzel­han­del, die etwa auf die Maskenpflicht hingewiesen hat­ten, Ende Novem­ber einen But­ter­säure­an­schlag auf zwei Testzen­tren in Bran­den­burg an der Hav­el, bei dem glück­licher­weise nie­mand ver­let­zt wurde. Eben­falls Ende Novem­ber bedro­hte ein Mann in der Notauf­nahme eines Kranken­haus­es in Pots­dam einen Mitar­beit­er mit einem Mess­er, nach­dem er auf die Coronaregeln hingewiesen wurde.

Bei einem Anfang Dezem­ber verübten Ver­brechen ist die Rolle, die die Mobil­isierung gegen die Coro­na-Schutz­maß­nah­men für dessen Bege­hung spielte, noch genauer zu unter­suchen. In Königs Wuster­hausen erschoss ein Mann seine Frau und die gemein­samen drei Töchter. Durch die zuständi­ge Staat­san­waltschaft Cot­tbus wurde öffentlich bekan­nt gemacht, dass es einen Abschieds­brief gebe. In diesem werde als Motiv der Tat benan­nt, dass die Frau bei ihrem Arbeit­ge­ber einen gefälscht­en Impf­nach­weis vorgelegt habe, was aufge­flo­gen sei. Den gefälscht­en Impf­nach­weis hat­te der Mann besorgt. Aus diesem Grund hät­ten die Eltern eine Inhaftierung und den Entzug ihrer Kinder befürchtet. Diese im Abschieds­brief for­mulierte Begrün­dung lässt befürcht­en, dass die Tathand­lung von poli­tis­chen Ver­schwörungsmythen gelenkt war. Mit­tler­weile wurde auch bekan­nt, dass sich das Paar in regionalen Quer­denkerkreisen bewegt haben soll.

Bemerkenswert ist, dass der recht­en Mobil­isierung gegen die Coro­na-Schutz­maß­nah­men von Seit­en der Zivilge­sellschaft, die in den let­zten 20 Jahren die Proteste gegen Nazi­aufmärsche und ras­sis­tis­che Mobil­isierun­gen trug und den Hand­lungsspiel­raum recht­sradikaler Akteure in Bran­den­burg effek­tiv begren­zen kon­nte, nur vere­inzelt etwas ent­ge­genge­set­zt wird. Auch hier­durch ver­stärkt sich der fälschliche und fatale Ein­druck, man habe es mit ein­er wach­senden Massen­be­we­gung zu tun und nicht mit ein­er lauter wer­den­den und sich radikalisieren­den Min­der­heit. Es ist zu befürcht­en, dass sich daraus sub­stantielle poli­tis­che Machtver­schiebun­gen im Land ergeben können.
Gedenken an Opfer rechter Gewalt

Zu Beginn dieses Jahres fand zum ersten Mal ein öffentlich­es Gedenken für Phan Văn Toản statt, der am 31. Jan­u­ar 1997 am S‑Bahnhof Fred­er­s­dorf im Land­kreis Märkisch Oder­land von zwei Neon­azis zusam­mengeschla­gen wurde und drei Monate später im Alter von 42 Jahren an den Fol­gen des Anriffs ver­starb. Organ­isiert wurde die Mah­nwache von der Beratungsstelle für Opfer rechter Gewalt Märkisch-Oder­land und VVN-BdA Märkisch-Oder­land. Das Gedenken soll von nun an jährlich stat­tfind­en und die Organisator:innen set­zen sich dafür ein, dass am S‑Bahnhof Fred­er­s­dorf eine Gedenk­tafel dauer­haft an Phan Văn Toản erinnert.

Zum 25. Jahrestag des Angriffs auf Noël Mar­tin in Mahlow im Land­kreis Tel­tow-Fläming fand in Blanken­felde-Mahlow im Juni eine Aktionswoche gegen Ras­sis­mus statt, an der sich neben vie­len anderen Mitwirk­enden auch die Opfer­per­spek­tive beteiligte. Am 16. Juni 1996 hat­ten Neon­azis in Mahlow einen ras­sis­tis­chen Anschlag auf Noël Mar­tin und seine Kol­le­gen Arthur B. und Mikel R. verübt. Mar­tin über­lebte nur knapp und war seit­dem quer­schnitts­gelähmt. Er lebte mit mas­siv­en kör­per­lichen Ein­schränkun­gen – und ver­starb infolge dieser am 14. Juli 2020 im Alter von 60 Jahren.

In diesem Jahr jährte sich auch der Angriff auf den Punk Sven Beuter zum 25. Mal. Eine Gruppe Aktivist:innen, die schon die ver­gan­genen Gedenkver­anstal­tun­gen organ­isiert hat­te, grün­de­ten zu diesem Anlass die „Ini­tia­tive zum Gedenken an Sven Beuter“ und organ­isierten rund um den Jahrestag ver­schiedene Ver­anstal­tun­gen und eine Demon­stra­tion. Einige der geplanten Ver­anstal­tun­gen kon­nten auf­grund der Pan­demielage allerd­ings nicht stat­tfind­en. Der damals 23-jährige Sven Beuter wurde am 15. Feb­ru­ar 1996 in Bran­den­burg an der Hav­el von einem Neon­azi zusam­mengeschla­gen und erlag fünf Tage später seinen Verletzungen.

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Stoppt das Sterben!

Stoppt das Ster­ben! Für das Recht zu kom­men, zu gehen und zu bleiben! Wir fordern die sofor­tige Evakuierung der Men­schen an der pol­nisch-belarus­sichen Grenze!

Anlässlich des “Inter­na­tionalen Tages der Migrant:innen” und in  Anlehnung an die Kam­pagne #Grue­nes­Licht­Fuer­Auf­nahme rufen die  Ini­tia­tiv­en “Women in Exile”, “Pots­dam Kon­voi” und die “See­brücke  Pots­dam” am Sam­stag, den 18.12.2021 um 15 Uhr am Luisen­platz Pots­dam  zu ein­er Demon­stra­tion auf.

An der EU-Außen­gren­ze zwis­chen Polen und Belarus wer­den Migrant:innen  seit Wochen gezielt, unter unerträglichen Bed­i­n­un­gen, fest­ge­hal­ten.  Men­schen­rechtsver­let­zun­gen sind an der Tage­sor­d­nung. Ille­gale  Push-Backs wur­den durch pol­nis­che Gerichte legal­isiert und wer­den an  der Gren­ze mit aller Härte durchge­set­zt. Bere­its 15 Men­schen sind an  der pol­nisch-belarus­sis­chen Gren­ze gestor­ben, die Dunkelz­if­fer dürfte  deut­lich höher liegen.
Am 6. Dezem­ber meldete das pol­nis­che NGO-Bünd­nis Gru­pa Grani­ca den Tod  ein­er 38-jähri­gen schwan­geren Mut­ter von fünf Kindern. Sie starb  dem­nach an den Fol­gen von Unterküh­lung, nach­dem die Fam­i­lie sieben  Tage in den Wäldern des Gren­zge­bi­ets ver­brin­gen musste. [1]

Sowohl in Belarus als auch in Polen wer­den Men­schen­rechte bewusst  aus­ge­he­belt. Anstatt sich entsch­ieden gegen die began­genen  Men­schen­rechtsver­let­zun­gen Polens und die Prax­is der ille­galen  Push­backs zu äußern, schlägt die EU-Komis­sion eine mas­sive  Ver­schär­fung des Asyl­rechts in den Gren­zs­taat­en zu Belarus vor. [2]  Das wer­den wir nicht dulden!
Die neu gebildete deutsche Bun­desregierung muss Stel­lung beziehen und  sich für eine men­schen­würdi­ge Auflö­sung der Sit­u­a­tion an der  pol­nisch-belarus­sis­chen Gren­ze ein­set­zen. Sie muss dafür sor­gen, dass  die aushar­ren­den Men­schen an der Gren­ze von Hil­f­skräften erre­icht und  in Sicher­heit gebracht wer­den kön­nen. All diese Men­schen haben das  Recht auf Flucht, legale Fluchtwege und auf ein Ver­fahren zur Auf­nahme  in Europa. Wir fordern die neue Innen­min­is­terin Nan­cy Faeser dazu auf,  See­hofers Poli­tik der Abschot­tung zu been­den und die Auf­nah­me­pro­gramme  der Län­der und Kom­munen nicht weit­er zu blockieren.
Auch unsere Lokalpolitiker:innen hier in Pots­dam müssen darauf  drän­gen, Men­schen von der Gren­ze hier vor Ort SOFORT aufzunehmen!

Am 18.12.2021 wer­den wir die Forderun­gen nach Bewe­gungs­frei­heit für  Alle und die Forderun­gen zur Abschaf­fung des ras­sis­tis­chen  EU-Gren­zregimes auf die Straße bringen!

Desweit­eren unter­stützen wir die Kam­pagne der über­re­gionalen See­brücke  #Grue­nes­Licht­Fuer­Auf­nahme! Aktuell lassen sol­i­darische Anwohner:innen  im pol­nis­chen Gren­zge­bi­et grüne Lichter leucht­en, um schutz­suchen­den  Men­schen ihre Unter­stützung zu zeigen. Diese grü­nen Lichter der  Sol­i­dar­ität sollen auch hier in Pots­dam leucht­en. Über­all wollen wir  zeigen: Wir haben Platz! Auf­nahme jet­zt! Für das Recht zu kom­men, zu  gehen und zu bleiben!

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(Anti-)Rassismus Flucht & Migration

Abschieben, ausgrenzen, verwahren

Eine 21-jährige Schü­lerin wird aus ihrer Fam­i­lie und ihrer erfol­gre­ichen Schul­lauf­bahn geris­sen, ein Eltern­paar mit seinen Kindern mit­ten in der Nacht zur Abschiebung abge­holt, geflüchtete Men­schen wer­den trotz nachgewiesen­er Ansteck­ungs­ge­fahr in Sam­melun­terkün­ften unterge­bracht und völk­er­rechtswidrige Zurück­weisun­gen an den europäis­chen Außen­gren­ze von der Lan­desregierung nicht klar kri­tisiert: Der Flüchtlingsrat Bran­den­burg beobachtet in seinem Bun­des­land immer wieder mas­sive Ver­let­zun­gen von Grund- und Men­schen­recht­en. Dies obwohl sich das Land Bran­den­burg in sein­er Ver­fas­sung aus­drück­lich zu den men­schen­rechtlichen Grund­sätzen beken­nt, wie sie heute vor dreiund­fün­fzig Jahren am 10. Dezem­ber 1948 in der All­ge­meinen Char­ta der Men­schen­rechte ver­ab­schiedet wur­den und an die im Rah­men des Inter­na­tionalen Tages der Men­schen­rechte alljährlich erin­nert wird.

Der Flüchtlingsrat nimmt den diesjähri­gen Men­schen­recht­stag zum Anlass, drei kri­tis­che Schlaglichter auf aktuelle Bere­iche von Grund- und Men­schen­rechtsver­let­zun­gen in Bran­den­burg zu werfen:

Zen­tral­isierte Unter­bringung macht krank

Mit Beginn der Covid-19-Pan­demie wur­den Erstauf­nah­meein­rich­tun­gen und Gemein­schaft­sun­terkün­fte zu noch gefährlicheren Orten für ihre Bewohner­in­nen und Bewohn­er. Obwohl mit ein­er dezen­tral­isierten Unter­bringung in Woh­nun­gen die vielfälti­gen Prob­leme – nicht nur beim Gesund­heitss­chutz – gar nicht erst entste­hen wür­den, wer­den die meis­ten geflüchteten Men­schen in Bran­den­burg ohne Not auch weit­er­hin zen­tral­isiert unterge­bracht. Mit dem eng­stirni­gen Fes­thal­ten an dieser Form der Unter­bringung wer­den wissentlich Gesund­heits­ge­fährdun­gen in Kauf genom­men und für Geflüchtete ein Infek­tion­ss­chutz zweit­er Klasse geschaffen.

Seit Pan­demiebe­ginn mah­nen Zivilge­sellschaft und Wis­senschaft: Das Leben in Masse­nun­terkün­ften erhöht nach­weis­lich das Risiko, sich mit dem Coro­n­avirus zu infizieren. Ohne die Möglichkeit ihre Kon­tak­te zu reduzieren teilen sich die Men­schen dort Küchen und Bäder und häu­fig auch die Schlafräume mit etlichen Nach­barin­nen und Nach­barn, obwohl Gerichte schon im ver­gan­genen Jahr entsch­ieden haben, dass unter den beengten Wohnbe­din­gun­gen Infek­tion­ss­chutz­maß­nah­men nicht ein­halt­bar sind. „Es fehlt am poli­tis­chen Willen, die notwendi­gen Maß­nah­men entschlossen umzuset­zen: Es braucht Woh­nun­gen statt Sam­melun­terkün­fte”, kon­sta­tiert Mara Hasen­jür­gen vom Flüchtlingsrat Brandenburg.

Abschiebun­gen ohne jede Rück­sicht auf Humanität

Allein in den let­zten Novem­berta­gen war der bran­den­bur­gis­che Flüchtlingsrat mit drei Abschiebun­gen befasst, an denen sich auch das Land Bran­den­burg beteiligt hat. Ins­ge­samt 23 Men­schen wur­den hier­bei nach Ghana, Ser­bi­en sowie in die Rus­sis­che Föder­a­tion abgeschoben. „Abschiebun­gen sind Aus­druck ein­er durch und durch inhu­ma­nen Asylpoli­tik und grund­sät­zlich abzulehnen, aber was sich hier hin­ter einzel­nen Abschiebun­gen an haarsträuben­den Geschicht­en ver­birgt, schlägt wieder ein­mal jedem Fass den men­schen­rechtlichen Boden aus”, kri­tisiert Vin­cent da Sil­va vom Flüchtlingsrat.

Da ist beispiel­sweise die Geschichte ein­er 21-jähri­gen Schü­lerin, die seit fünf Jahren in Deutsch­land lebt, in zweiein­halb Jahren Abitur machen und danach studieren wollte. Ihre Zukun­ft­spläne wur­den jäh zer­stört, als Beamte sie in ihrem Zuhause im Land­kreis Dahme-Spree aufge­sucht haben. Inner­halb weniger Minuten musste sie sich von ihrer gesamten Fam­i­lie ver­ab­schieden und fand sich kurze Zeit später mit 100 Euro Handgeld alleine in Moskau wieder, von wo aus sie sich bis in die tschetschenis­che Haupt­stadt Gros­ny durch­schla­gen musste.
Es ist auch die Geschichte ein­er siebenköp­fi­gen Fam­i­lie mit Kindern zwis­chen 3 und 16 Jahren, die nachts um 3 Uhr in Tel­tow aus dem Schlaf geris­sen wurde und unmit­tel­bar von Schöne­feld aus nach Ser­bi­en abgeschoben wurde.
Und es ist die Geschichte von Yunus G.: Ein Men­sch, der die let­zten fast 8 Jahre in Deutsch­land gelebt hat und trotz mas­siv­er gesund­heitlich­er Prob­leme, die ihn fast die Hälfte der Zeit zu sta­tionären Kranken­hausaufen­thal­ten zwan­gen, immer wieder ver­sucht hat, sich ein Leben auf eigen­ständi­gen Füßen aufzubauen. Soweit es seine schwere Erkrankung erlaubte, war Herr G. beim Arbeit­er-Samarit­er-Bund ehre­namtlich engagiert. Seine mit viel Kraft und Durch­hal­tewil­le aufge­baute Lebensper­spek­tive wurde brüsk zer­stört, als er vor rund zwei Wochen unver­mit­telt in die Rus­sis­che Föder­a­tion abgeschoben wurde.

In jed­er dieser Geschichte zeigt sich in frap­pieren­der Deut­lichkeit, wie wenig Bran­den­burg men­schrechtlich ver­briefte Grun­drechte in der konkreten Prax­is achtet. Statt den vie­len Men­schen, die nicht hier geboren, aber längst hier angekom­men sind, zu sig­nal­isieren, dass sie sich auf eine großzügige und humane Ausle­gung der Bleiberecht­sregelun­gen und damit eine Lebensper­spek­tive in Sicher­heit ver­lassen kön­nen, wer­den drastis­che Exem­pel statuiert.

Gren­zen abgeschot­tet – bis zur let­zten, tödlichen Konsequenz

Seit Wochen demon­stri­ert die Europäis­che Union in großer Geschlossen­heit an ihrer Außen­gren­ze zum benach­barten Belarus die prak­tis­che Umset­zung eines Wertesys­tems, das Gren­zschutz unverblümt über den Schutz von notlei­den­den Men­schen stellt. Eine (buch­stäbliche) Geschlossen­heit, die bere­its mehr als ein Dutzend Men­schen irgend­wo unter­wegs auf der der neuen Fluchtroute von Belarus über Polen nach Deutsch­land mit ihrem Leben bezahlen musste. Ein­er dieser Men­schen ver­starb kurz nach­dem er auf bran­den­bur­gis­chem Boden angekom­men war.

Wie weit auch Bran­den­burg bere­it ist, hier seine men­schen­rechtliche Grun­dori­en­tierung über Bord zu wer­fen, spiegelt sich nicht zulet­zt in der Hal­tung der Lan­desregierung gegenüber dieser poli­tis­chen und human­itären Tragödie wider: Wenn Bran­den­burgs Innen­min­is­ter Polens Han­deln bezüglich der Men­schen, die an der pol­nisch-belarus­sis­chen Gren­ze um ihr nack­tes Über­leben kämpfen, als „grund­sät­zlich richtig” beze­ich­net, wer­den ganz offen­siv ein­er her­metis­chen Abriegelung der EU-Außen­gren­ze das Wort gere­det und völk­er­rechtswidrige Push Backs legit­imiert. „Statt sich in aller Deut­lichkeit gegen die mas­siv­en Men­schen­rechtsver­let­zun­gen auszus­prechen, die derzeit im Gren­zge­bi­et zwis­chen Polen und Belarus oder im Geflüchteten­lager im nur 50 Kilo­me­ter von Frank­furt (Oder) ent­fer­n­ten pol­nis­chen Wędrzyn stat­tfind­en, wird blind die europäis­che Abschot­tung vertei­digt und let­ztlich das grundle­gende Men­schen­recht auf Asyl mit Füßen getreten”, kom­men­tiert Vin­cent da Sil­va die düstere Lage.

Pressekon­takt:
Flüchtlingsrat Brandenburg
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Vin­cent da Sil­va: 0151–42027426

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(Anti-)Rassismus Flucht & Migration

Kundgebung vor der Barnimer Ausländerbehörde am 07.12.2021

Die Gruppe kündigte an, diese Demon­stra­tio­nen jeden ersten Dien­stag im Monat fortzuset­zen, solange die Prob­leme nicht beseit­igt wur­den. Die wichtig­sten Forderun­gen sind:

- Keine Abschiebungen!

- Keine Ausstel­lung von Dul­dun­gen mehr!

- Keine Arbeitsverbote!

- Kein Rassismus!

Da die Prob­leme weit­erge­hen, zitieren wir hier unsere Erk­lärung vom let­zten Mal:

In Rede­beiträ­gen wollen die Aktivist*innen über die Angst vor Abschiebung und über das per­spek­tivlose Leben mit Dul­dung sprechen. Ins­beson­dere die soge­nan­nte “Dul­dung light” (“Dul­dung für Per­so­n­en mit ungek­lärter Iden­tität”) bedeutet ein grund­sät­zlich­es Arbeitsver­bot und Kürzun­gen der Sozialleis­tun­gen auf ca. 170 Euro pro Monat. Aber auch eine “nor­male” Dul­dung bedeutet, alle drei Monate oder häu­figer eine neue zu beantra­gen und in stetiger Unsicher­heit zu leben. Auch in diesem Jahr fan­den aus dem Barn­im wieder Abschiebun­gen statt, unter anderem nach Pakistan.

Von der Aus­län­der­be­hörde fordert die Gruppe, keine Dul­dun­gen mehr auszustellen und allen den Zugang zu Arbeit und Aufen­thalt zu ermöglichen. Men­schen mit Dul­dung oder Ges­tat­tung, die kein generelles Arbeitsver­bot haben, müssen zur Jobauf­nahme eine Zus­tim­mung der Aus­län­der­be­hörde beantra­gen. Bis diese bear­beit­et wurde, dauert aktuell im Barn­im 2–3 Monate und mehr. Häu­fig sind die Jobange­bote dann wieder ver­loren — frus­tri­erend für Job­suchende wie Arbeitgeber*innen.

Die Bear­beitungszeit­en für Aufen­thalt­sti­tel betra­gen mehr als 6 Monate.

Ich finde es sehr auf­fäl­lig, dass die Barn­imer Aus­län­der­be­hörde für Arbeit­ser­laub­nisse und Aufen­thalt­sti­tel viele Monate braucht, aber ander­er­seits Kapaz­itäten hat, Abschiebun­gen zu organ­isieren oder Men­schen zügig vorzu­laden, wenn es um Ver­schlechterun­gen für die Betrof­fe­nen geht”, sagt eine betrof­fene Per­son, die ihren Namen hier nicht nen­nen möchte. Sie beruft sich damit auf die Berichte viel­er Bekan­nter, aus denen sich ein solch­es Bild ergibt.

Die Redner*innen wer­den auch über die Bedin­gun­gen sprechen, die Men­schen zur Flucht zwin­gen bzw. ihnen eine Rück­kehr unmöglich oder lebens­ge­fährlich machen — deut­liche Beispiele sind aktuell der Mil­itär­putsch im Sudan und die Machtüber­nahme der Tal­iban in Afghanistan.Dienstag ist der Tag, an dem alle Men­schen mit Dul­dung oder Aufen­thalts­ges­tat­tung zur Aus­län­der­be­hörde müssen, um ihre Ausweise ver­längern zu lassen.

Die vorheri­gen bei­den Kundge­bun­gen am 13.04. und 08.06.2021 hat­ten den Selb­st­mord des Geflüchteten Salah Tayar aus dem Tschad bzw. die Abschiebung eines Mannes nach Nige­ria (nach 22 Jahren in Deutsch­land) zum Anlass genommen.

Dien­stag, 07.12.2021, 12–14 Uhr

Pfeilstr./Ecke Schick­ler­str., 16225 Eberswalde

- gegenüber der Aus­län­der­be­hörde Land­kreis Barnim

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(Anti-)Rassismus Gender & Sexualität

Kundgebung gegen sexualisierte und rassistische Gewalt

Aufruf zur Kundge­bung gegen sex­u­al­isierte und ras­sis­tis­che Gewalt Eisen­hüt­ten­stadt am 25.11. um 13 Uhr

Am 25. Novem­ber, dem „Inter­na­tionalen Tag zur Besei­t­i­gung von geschlechtsspez­i­fis­ch­er Gewalt an Frauen*“, laden Women in Exile&Friends und lokale Ini­tia­tiv­en zu ein­er Kundge­bung in Eisen­hüt­ten­stadt vor der Erstauf­nah­meein­rich­tung Poststra0e 72 ein. Am 25.11. wollen wir auch diejeni­gen begrüßen, die es geschafft haben, die tödlichen Gren­zen Europas zu über­winden, weinen in Wut mit denen, die es nicht geschafft haben – für eine offene und sol­i­darische Gesellschaft. Wir verurteilen den Faschis­mus und Ras­sis­mus, dem Geflüchtete aus­ge­set­zt sind. Wir verurteilen die tödliche Fes­tung Europa von Belarus bis Libyen! Mit unser­er Kundge­bung wollen wir auf die Sit­u­a­tion von Frauen* auf der Flucht und die Sit­u­a­tion für uns in den Flüchtlingslagern aufmerk­sam machen. Auf diesen gefährlichen Routen sind Frauen und Queers sys­tem­a­tisch Gewalt und sex­ueller Aus­beu­tung aus­ge­set­zt. Wir erre­ichen mit kör­per­lichen Beschw­er­den und Trau­ma­ta die Auf­fanglager in Deutsch­land. Aber nicht nur die Fluchtroute, son­dern auch die Lager sind keine sicheren Räume für Frauen*. Wir und unsere Kindern sind in diesen Lagern eine ver­let­zliche Minderheit.

Auf unser­er Kundge­bung wer­den wir auch unser­er Schwest­er Rita O. gedenken. Sie wurde vor drei Jahren bru­tal ermordet, während sie im Lager lebte. Bis heute ist das Ver­fahren nicht abgeschlossen, geschweige denn eine Anklage erhoben wor­den. Das Gewaltschutzkonzept hat nicht funk­tion­iert und daran wird nicht weit­er gear­beit­et. Das beste Gewaltschutzkonzept wäre aber: Keine Lager! Wir fordern sich­er und legale Flucht- und Migra­tionsrouten! Wir fordern Gerechtigkeit für die Men­schen­rechtsver­let­zun­gen an diesen Gren­zen – ins­beson­dere jet­zt an der belarus-pol­nis­chen Gren­ze! Wir fordern die deutsche Polizei in Bran­den­burg und Sach­sen auf, den Flüchtlin­gen beim Gren­züber­tritt nicht länger die Handys abzunehmen – habt ihr denn keine eige­nen Handys?! Deshalb laden wir Euch ein, sich uns an diesem Tag anzuschließen, um es „laut und deut­lich“ zusagen:

Kein Lager für Frauen* und Kinder! Alle Lager abschaffen!

Nein zu ras­sis­tis­ch­er Het­ze und Abschot­tung! Nein zum deutschen und europäis­chen Grenzregime!

Recht zu kom­men, Recht zu gehen, Recht zu bleiben!!!

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(Anti-)Rassismus Antifaschismus Flucht & Migration

Gemeinsam gegen die AfD!

An den europäis­chen Außen­gren­zen sind Schutz­suchende Per­so­n­en nach wie vor grausamen, men­sche­nun­würdi­gen Sit­u­a­tio­nen aus­ge­set­zt. Während­dessen ver­bre­it­et die AfD ihre rechte Het­ze und spricht von soge­nan­nten “Pass­deutschen” und “Asyl­touris­mus”, will den beson­deren Schutz von Fam­i­lien aufheben und fordert mas­sive Depor­ta­tio­nen und Push-Backs. Das nehmen wir nicht hin — wed­er in Frank­furt (Oder) noch son­st wo!”, sagt Jan Augusty­ni­ak, Sprech­er des Bünd­nis “Kein Ort für Nazis in Frank­furt (Oder).

Wir wollen eine sol­i­darische Gesellschaft, die Men­schen unter­schiedlich­er Herkun­ft, sex­ueller Ori­en­tierung, Reli­gion­szuge­hörigkeit oder unter­schiedlichem sozialem Hin­ter­grund in ihrer Mitte willkom­men heißt. Wir wollen in ein­er Stadt leben, in der eine Brücke ein Sym­bol ein­er Verbindung und kein­er Spal­tung ist. Wir wollen der AfD und ihren men­schen­ver­ach­t­en­den Posi­tio­nen eine Absage erteilen. Demon­stri­ert mit uns am 7. Novem­ber 2021 ab 11:00 Uhr gemein­sam vom Bahn­hof Rich­tung Stadt­brücke um für eine antifaschis­tis­che, demokratis­che Kul­tur zu kämpfen. 

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(Anti-)Rassismus Antifaschismus

Rassismus ist keine Meinung

Die Nachricht  über die Öff­nung der Gren­ze von Belarus nach Polen hat große Kreise gezogen.

Geflüchtete ver­suchen unter Ein­satz ihres Lebens ihren katas­trophalen Leben­sum­stän­den zu entkom­men und wählen nun ver­mehrt die Route über Belarus und Polen nach Ost-Bran­den­burg, um in West- oder Nacheuropa ein sicheres Leben führen zu kön­nen. In Deutsch­land kom­men sie völ­lig entkräftet und unterkühlt an und brauchen oft medi­zinis­che und psy­chol­o­gis­che Betreuung.

Die faschis­tis­che Partei “Der III. Weg” ruft für Sam­stag, den 23.10. in und um Guben zur Men­schen­jagd auf. Sie wollen Schutz­suchende am Gren­züber­tritt hin­dern und erschaf­fen so den Ein­druck ein­er Bürg­er­wehr, die “Selb­stjus­tiz” ausüben will. Hierzu ruft sie über­re­gion­al auf.

Wir wollen den Neon­azis nicht die Region über­lassen. Wir wollen ein Zeichen set­zen, dass Asyl ein Men­schen­recht ist und bleibt. Ger­ade die aktuellen erschreck­enden Bilder aus Afghanistan nach der Machtüber­nahme der Tal­iban soll­ten uns zum Han­deln zwingen.

Kommt zur Mah­nwache, um diesen men­schen­ver­ach­t­en­den Hand­lun­gen der Neon­azis etwas entgegenzusetzen!

Unsere Mah­nwache wir sich über 24 Stun­den ziehen. Wir wer­den ver­suchen, einen Grund­stock an Verpfle­gung bere­it­szustellen. Es ist wichtig, auch in der Nacht präsent zu sein, da genau dann der “III. Weg” seine “Gren­züberwachung” durch­führen will.

Wann? 23.10. 14:00 Uhr über Nacht bis 24.10. 14:00 Uhr

Wo? auf dem Dreieck (Berlin­er Straße 44) in 03172 Guben

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(Anti-)Rassismus Flucht & Migration

Offene Sitzung des Flüchtlingsrats

Liebe Freund*innen und Interessierte,

wir laden Sie und Euch her­zlich ein zur kom­menden offe­nen Sitzung des Flüchtlingsrats am

Mittwoch, den 27. Okto­ber 2021, von 17.00 — 19.00 Uhr — online -

Bei unser­er kom­menden Sitzun­gen wollen wir uns im Detail mit dem Lan­desauf­nah­me­pro­gramm für syrische Geflüchtete mit Ange­höri­gen in Bran­den­burg beschäftigen.

Das seit 2013 existierende Lan­desauf­nah­me­pro­gramm (“Anord­nung des Min­is­teri­ums des Innern und für Kom­mu­nales des Lan­des Bran­den­burg gem. § 23 1 Aufen­thG zur Erteilung von Aufen­thalt­ser­laub­nis­sen für syrische Flüchtlinge, die eine Auf­nahme durch ihre im Land Bran­den­burg leben­den Ver­wandten beantra­gen”) ermöglicht es Deutschen und Syrer*innen, ihre Ange­höri­gen nach Deutsch­land zu holen. Voraus­set­zung ist, dass ihre Ange­höri­gen aus Syrien oder inner­halb des Lan­des fliehen mussten und sich aktuell in einem der Nach­bar­län­der oder noch in Syrien selb­st befind­en. Anders als beim reg­ulären Fam­i­li­en­nachzug umfasst das Pro­gramm nicht nur die soge­nan­nte “Kern­fam­i­lie”, son­dern auch (volljährige) Ver­wandte ersten und zweit­en Grades, wie (erwach­sene) Eltern, Kinder, Geschwis­ter, Enkel oder Großel­tern; zen­trale Bedin­gung ist jedoch u.a. eine Verpflichtungserklärung.

Gemein­sam möcht­en wir in dieser Sitzung Fra­gen zu den Voraus­set­zun­gen und dem Ver­fahrens­ablauf besprechen, die in der Prax­is immer wieder aufkom­men. Auch Verbesserungsvorschläge und poli­tis­che Forderun­gen kön­nen hier disku­tiert werden.

Ein­ge­laden sind alle Inter­essierte, Syrerin­nen und Syr­er, Mitar­bei­t­ende von Beratungsstellen und Ver­bän­den eben­so wie Ehre­namtliche. Auch Engagierte, die sich aktuell für Lan­desauf­nah­me­pro­gramme für afghanis­che Geflüchtete ein­set­zen, kön­nen sich hier über die konkreten Chan­cen und Fall­stricke von Lan­desauf­nah­me­pro­gram­men informieren. Die Sitzung bietet Raum für all­ge­meine Fra­gen, Einzelfälle kön­nen an dieser Stelle lei­der nicht im Detail besprochen werden.

Es wird eine Über­set­zung auf ara­bisch ange­boten. Bei Bedarf melden Sie sich bitte vor­ab per E‑Mail an info@fluechtlingsrat-brandenburg.de.

Im Anschluss wird es wie immer die Möglichkeit geben auch weit­ere aktuelle The­men zu diskutieren.

Wir freuen uns auf den gemein­samen Austausch.

Teil­nahme:

Die Sitzung find­et online via Zoom statt. Die Zugangs­dat­en schick­en wir gerne auf Anfrage zu (Kon­takt: info@fluechtlingsrat-brandenburg.de).

https://www.fluechtlingsrat-brandenburg.de/27–10-21–17-19-uhr-offene-sitzung-zum-thema-familiennachzug-aus-syrien-ueber-das-brandenburger-landesaufnahmeprogramm/

Inforiot