Familie aus Eberswalde mit Kind im Rollstuhl wurde nach Russland abgeschoben — Proteste gegen Abschiebungen gehen weiter
Am letzten Montag versammelten sich 30 Menschen vor der Eberswalder Ausländerbehörde um gegen eine gefürchtete Abschiebung einer Eberswalder Familie nach Tschetschenien zu protestieren. Frau Mizaeva, die Mutter von 4 Kindern, hatte die “Initiative Barnim für alle” um Hilfe gebeten. Gegen eine mögliche Abschiebung hatten sich auch einige Lehrer*innen aus der Märkischen Schule in Eberswalde gewendet. An dieser Schule lernen 2 autistische Kinder von Frau Mizaeva. Ein Unterstützer durfte sie nicht zu ihrem Termin in die Ausländerbehörde begleiten. Dieses wurde von der Polizei mit Verweis auf Corona-Schutzmaßnahmen untersagt. Doch statt einer Abschiebung bekam Frau Mizaeva nun eine Verlängerung ihrer Duldung um 3 Monate. Sie bedankte sich herzlich bei den Menschen vor der Ausländerbehörde. Ihre Anwältin wird nun weiter versuchen Akteneinsicht zu bekommen.
Wie die “Initiative Barnim für alle” erst heute erfahren hat, wurde bereits am 16.02. eine Familie mit zwei Kindern aus Eberswalde nach Russland abgeschoben. Die Tochter der Familie ist auf einen Rollstuhl angewiesen. Die tschetschenische Familie wurde um 18 Uhr von 20 Polizist*innen abgeholt. Sie durften weder ihre Handys mitnehmen noch wurde ihnen Zeit gegeben ein paar Sachen einzupacken. In Handschellen wurde die Familie nach Berlin-Schönefeld gebracht, von dort ging es weiterhin in Handschellen zum Flughafen Hannover und dann am Morgen des 17.02. startete das Flugzeug nach Moskau. Trotz einer Vollmacht verweigert die Eberswalder Wohnungsgesellschaft (WHG) Freund*innen der Familie das Betreten der Wohnung, so dass die persönlichen Sachen der Familie nicht nach Russland geschickt werden können.
“Die unmenschliche Abschiebepolitik der Barnimer Ausländerbehörde wird ein zentrales Thema unserer Kundgebung am 1. März sein”, so Fiona Kisoso von der “Initiative Barnim für alle”. Auch einige Eberswalder Familien, denen ebenfalls die Abschiebung nach Tschetschenien droht, haben ihre Teilnahme angekündigt. Die abgeschobene Familie wird sich per Handy an der Kundgebung beteiligen. Die Kundgebung beginnt um 12:00 Uhr direkt vor der Ausländerbehörde in Eberswalde (Pfeilstr./ Goethestr.).
Kurz vor Weihnachten, am 20. Dezember, gab es in der Eberswalder Flämingstraße im Brandenburgischen Viertel einen 4‑stündigen Großeinsatz von Polizei und Ausländerbehörde. Ziel war die Abschiebung eines jungen Mannes und einer Familie nach Russland. Alle Betroffenen waren vor der Bedrohung durch die brutale Diktatur in der russischen Teilrepublik Tschetschenien geflohen. Am Ende des Einsatzes wurde ein junger 20jähriger abgeschoben, seine Mutter bleibt allein zurück. Die Abschiebung der Familie musste zwar abgebrochen werden, aber die Betroffenen stehen unter Schock. Die Angst vor weiteren Abschiebungen ist groß, auch unter den vielen anderen geflüchteten Tschetschenen, die in Eberswalde leben.
„Wir haben mit einigen der Betroffenen gesprochen und möchten der offiziellen Darstellung die der betroffenen Familien gegenüberstellen“, erklärt Thomas Janoschka vom Barnimer Bürger*innenasyl. „Der Einsatz war organisiert, als gälte es bewaffnete Schwerverbrecher oder Terroristen festzunehmen. Die Betroffenen wollten aber nichts anderes, als hier in Sicherheit leben. Abschiebungen sind unmenschlich — wir fordern dagegen ein Bleiberecht für alle!“
Wie uns Frau Kukieva berichtete, kamen Polizisten mit Maschinengewehren bewaffnet in die Wohnung ihrer Familie und blieben dort für die Dauer des Einsatzes. Aus Verzweiflung wollte Frau Kukieva ein Messer gegen sich selbst verwenden um sich zu verletzen, aber die Polizei hat sich kurzzeitig selbst bedroht gefühlt. Inzwischen hat die Polizei ein Ermittlungsverfahren wegen “Nötigung” gegen sie eingeleitet. Glücklicherweise war der 16-jährige Sohn der Familie nicht zu Hause, vermutlich wurde auch deshalb die Abschiebung der Familie abgebrochen.
Die Familie, die schon seit 9 Jahren in Deutschland lebt, hatte nicht mit einer Abschiebung gerechnet. Laut Gesetz muss diese angekündigt werden, wenn die Betroffenen schon mehr als ein Jahr lang geduldet werden. Dabei wird den Betroffenen nicht der genaue Termin mitgeteilt, aber die Absicht in nächster Zeit abzuschieben. Weil die Ausländerbehörde die Abschiebung nicht wie vorgeschrieben angekündigt hatte, hat die Anwältin der Familie eine Einstweilige Verfügung bei Gericht beantragt. Zunächst hat die Barnimer Ausländerbehörde dem Gericht mündlich zugesagt, in den nächsten vier Wochen keine Abschiebeversuche zu unternehmen. Außerdem ist ein Antrag auf Bleiberecht wegen guter Integration für den 16jährigen Sohn anhängig.
Für den Vater der Familie, Herrn Tsechoev, hatte die Familie der Ausländerbehörde ein mehrseitiges ärztliches Gutachten vorgelegt. Wegen einer Krebserkrankung ist er nicht reisefähig. Eine Mitarbeiterin der Ausländerbehörde soll bei Vorlage des Attestes gesagt haben: „Selbst wenn sie daliegen wie ein Toter, ist mir das egal und sie werden abgeschoben werden.“
Frau Kukieva wird immer noch schlecht, wenn sie an die Anspannung dieses Polizeieinsatzes denkt. Auf die Frage: „Wie fühlt es sich an, so lange schon mit einer ‚Duldung‘ zu leben?“ sagt sie: „Wir sind immer im Stress. Wir haben immer Angst, dass eine Abschiebung kommen könnte. Wir haben keine Chance, eine Arbeit zu finden, weil die Duldung nur 3 Monate gilt. Wir können fast nie entspannen.“
Bei dem selben Polizeieinsatz wurde ein 20-jähriger aus demselben Haus tatsächlich nach Russland abgeschoben. Seine Mutter, Frau Osmaeva, arbeitet als Erzieherin und hat seit Oktober eine Aufenthaltserlaubnis. Ihr Sohn hatte im Sommer die Schule abgeschlossen und hatte gerade viele Bewerbungen für einen Ausbildungsplatz geschrieben. Außerdem hatte er für Anfang Januar einen OP-Termin, den er nun nicht mehr wahrnehmen kann.
„Für mich ist das ein großer Schock.“, sagt Frau Osmaeva „Ich war seit 2013 mit meinem Sohn in Deutschland. Ich war immer alleinerziehend. Im Herbst habe ich den Aufenthaltstitel bekommen und nicht geahnt, dass mein Sohn trotzdem abgeschoben werden kann, weil er volljährig ist.“ Jetzt sei er in Moskau und es sei unklar, ob er jemals wieder her kommen könne. „In Russland hat er nur gelebt bis er 12 Jahre alt war. Er hat 8 Jahre in Deutschland gelebt — er ist hier viel besser integriert als in Russland.“
“Wir fordern die sofortige Erlaubnis der Rückkehr des abgeschobenen 20jährigen”, so Thomas Janoschka vom Barnimer Bürger*innenasyl, “und wir werden uns weiterhin dafür einsetzen, dass es keine weiteren Abschiebungen aus dem Barnim gibt.”
Neben der leider im Vergleich zum Vorjahr nur in geringem Maße zurückgegangenen und damit auf einem hohen Niveau verbleibenden Zahl rassistischer, antisemitischer und rechter Angriffe, waren im Jahr 2021 vor allem Mobilisierungen gegen Menschen, die migriert oder geflohen sind, sowie rund um das Themenfeld der Schutzmaßnahmen gegen die Verbreitung des COVID19-Virus Hauptbetätigungsfeld von rechten und rassistischen Einzelpersonen und Organisierungen.
Die Akteurslandschaft in Bewegung: AfD bleibt stark, Neonazis bauen Strukturen aus
Bei der diesjährigen Bundestagswahl erzielte die AfD 18,3 Prozent, 1,1 Prozent weniger als bei den Bundestagswahlen 2017. Damit schnitt sie in Brandenburg weit über dem Bundesdurchschnitt ab und verschlechterte sich weniger als auf Bundesebene. Sie bleibt knapp hinter der CDU drittstärkste Partei. Insbesondere in Süd- und Ostbrandenburg erzielte sie hohe Ergebnisse. In Südbrandenburg stützt sie sich weiterhin auf das Milieu, das seit 2015 die rassistischen Proteste gegen die Aufnahme und Unterbringung von Asylsuchenden trug.
Nachdem die AfD jahrelang das rechte Spektrum parteipolitisch zum größten Teil allein abdeckte, begann sich 2021 die Situation zu verändern. Das Milieu aktivistischer Neonazis begann wieder verstärkt eigene Strukturen aufzubauen beziehungsweise zu reaktivieren.
Die NPD, die in den letzten Jahren in Brandenburg keine öffentlich wahrnehmbare Rolle spielte, bemüht sich in Cottbus, Königs-Wusterhausen und Frankfurt/Oder um den Aufbau lokaler Strukturen. In Frankfurt/Oder organisierte sie in diesem Zusammenhang im Frühjahr eine Kampagne gegen einen wegen sexuellen Missbrauchs von Kindern verurteilten Mann, mit dem Ziel diesen aus der Stadt zu vertreiben. Es gelang ihr, in diesem Zusammenhang mehrere Versammlungen durchzuführen, die z.T. durch eine gewaltbereite Teilnehmerschaft geprägt waren.
Im Gegensatz zur NPD verfügte der III. Weg in den letzten Jahren punktuell über kontinuierlich aktive Strukturen in Brandenburg. Diese baut er aktuell weiter aus, wobei er sich u.a. auf ehemalige Mitglieder von NPD und Kameradschaften stützt. Seit diesem Jahr verfügt die Partei auch in der Prignitz über aktive Mitglieder. Grundlage ihrer politischen Tätigkeit ist dabei weiterhin vor allem ein vigilantistischer Ansatz, den sie in Brandenburg in kleinem Rahmen schon in den letzten Jahren praktiziert hatte. Durch Patrouillengänge versucht die Partei sich lokal als Ordnungsfaktor darzustellen und das staatliche Gewaltmonopol auszuhöhlen. Dabei setzt sie vor allem auf rassistische Mobilisierungen. So patrouillierten Aktive des III. Wegs in der nordbrandenburgischen Kleinstadt Kyritz, in der es zuvor einige Gewaltvorfälle unter Beteiligung tschetschenischer Jugendlicher gab.
Auch die im Kreis Märkisch-Oderland (MOL) aktive Division MOL steigerte in diesem Jahr ihre Aktivitäten. Dabei handelt es sich um eine Gruppe jugendlicher Neonazis im Alter von 15 bis 20 Jahren, deren maßgebliche Akteur:innen Kinder bekannter rechtsradikaler Aktive in der Region sind. Nachdem sie erstmals Anfang 2020 mit dem Verkleben von Stickern und rechten Sprühereien auffielen, nahmen sie in diesem Jahr an mehreren rechten Aufmärschen in Berlin, Leipzig und Dresden teil. Dabei fielen sie auch mit gewalttätigen Aktionen auf. Anfang 2021 zerstörten sie den Gedenkort für Phan Văn Toản, der 1997 in Fredersdorf bei Berlin ermordet worden war. Sie entwendeten eines der Gedenk-Transparente und posierten in Hooligan-Manier mit dem umgedrehten Transparent. Im Dezember 2021 griffen Mitglieder der „Division MOL“ auf einer Querdenker-Demonstration in Berlin Journalist:innen an.
Vorbereitung auf den Tag X: Waffenlager und Schießübungen
Über das Jahr verteilt gab es immer wieder Meldungen zu aufgedeckten Waffenlagern in Brandenburg, so etwa in der Prignitz und in Märkisch Oderland. Im August wurde vor dem Landgericht Neuruppin ein Soldat aus Hennigsdorf wegen illegalen Waffenbesitzes verurteilt, der größere Mengen an Waffen und Munition gehortet und sich mit anderen zu Schießübungen getroffen hatte. Bei der Durchsuchung seiner Wohnung war auch eine Hitlerbüste gefunden worden. Er selbst behauptete von sich, auf dem Boden des Grundgesetzes zu stehen und lediglich historisch interessiert zu sein. Inwiefern die „Waffenleidenschaft“ des Mannes einen politischen Hintergrund hat, wurde in dem Prozess jedoch nicht geklärt. Anfang Dezember fand eine Großrazzia in Cottbus und Forst sowie bei Bautzen in Sachsen in mehreren Wohnungen von Mitgliedern beziehungsweise aus dem Umfeld der neonazistischen Vereinigung „Brigade 8“ statt. Dabei fand man u.a. Waffen, Elektroschocker, einen Teleskopschlagstock und Drogen. Auch über Razzien und Prozesse hinaus gibt es immer wieder Hinweise von Anwohner:innen, dass in Brandenburgs Wäldern Menschen mit Schusswaffen und Sprengmitteln experimentieren – in Einzelfällen berichten sie auch, dass es sich dabei um Neonazis handelt.
Mobilisierungen: Rassismus und Corona-Leugnung
Die ab September 2021 stärker werdende Diskussion über den Umgang mit dem Versuch von Menschen aus dem Nahen Osten und Afghanistan, über die Grenze zwischen Belarus und Polen in die EU einzureisen, wurde von verschiedenen rechten Akteur:innen in Brandenburg für Mobilisierungsversuche genutzt.
Die AfD veranstaltete zu dem Thema zwei Kundgebungen in Frankfurt/Oder und äußerte sich wiederholt medial dazu. Der III. Weg rief am dritten Oktoberwochenende zu Patrouillen an der Grenze auf. Dabei orientierte er sich offensichtlich am Vorbild rechter Milizen, die einigen Ländern Osteuropas in Grenznähe Jagd auf Migrant:innen machen. Die Aktion wurde polizeilich unterbunden. Dabei wurden mehr als 50 Rechte aus Brandenburg, Sachsen, Mecklenburg-Vorpommern, Berlin und Bayern festgestellt, die zum Teil mit Pfefferspray, Schlagstöcken und Stichwaffen bewaffnet waren.
Im Widerstand gegen die Infektionsschutzmaßnahmen während der Corona-Pandemie formierte sich auch in Brandenburg ein zum Teil gewaltbereites (beziehungsweise gewalttätiges) Milieu. Mit der Zuspitzung der pandemischen Lage im Herbst und der daraus resultierenden Verschärfungen der Maßnahmen nahmen auch auch die Aktionen dieses Milieues stark zu. In vielen Städten häuften sich insbesondere gegen Jahresende die Demonstrationen, sogenannte „Spaziergänge“ und auch martialisch anmutende Fackelmärsche, wie etwa in Oranienburg, Falkensee, Rathenow, Bernau und Potsdam. Im Dezember fanden derartige Aufmärsche in vielen brandenburgischen Städten wöchentlich statt.
Auch wenn die Szene heterogen zusammengesetzt ist – unter den Teilnehmenden an den Protesten befinden sich etwa auch auch „linke“ Esoteriker:innen – bestimmen Neonazis und Reichsbürger:innen doch zunehmend den Charakter der Demonstrationen.
Die AfD war auch im zweiten Pandemie-Jahr einer der zentralen Akteure bei der Mobilisierung gegen die Infektionsschutzmaßnahmen, um sich diese politisch zu Nutzen zu machen und um die Demonstrierenden zu werben. Neben der Beteiligung an zahlreichen Demonstrationen, rief die AfD auch selbst immer wieder zu Protesten gegen die Corona-Auflagen auf. Anfang Dezember etwa zu einer mehrtägigen Mahnwache gegen die Corona-Maßnahmen vor dem Landtag in Potsdam. Im Frühjahr hatte die AfD in Bezug auf das geplante Infektionsschutzgesetz Vergleiche zur Machtergreifung Hitlers im Jahr 1933 gezogen und von der Errichtung eines totalitären Staates gesprochen. Ein Bedrohungsszenario, das sich in radikalen Corona-Leugner und sogenannten Querdenker-Gruppen großer Beliebtheit erfreut und dort den Eindruck erweckt, man befinde sich als Teil einer Widerstandsbewegung bereits in einer Art Bürgerkrieg. Auf diese Weise wird in solchen Gruppen dann auch Gewalt als Mittel gegen diese vermeintliche Bedrohung legitimiert und zur Notwehr stilisiert.
Das Thema Corona wird dabei mit klassisch rechten Themen vermengt. Besonders deutlich wurde das bei den von der AfD und der rechten Gruppierung „Zukunft Heimat“ veranstalteten Aufmärschen in Cottbus, die von rechten Hooligans angeführt wurden, u.a. mit einem Banner, auf dem zu lesen war „Kontrolliert eure Grenzen, nicht euer Volk“. Auch andernorts mischen sich unter Aussagen zur Pandemiepolitik immer wieder geflüchtetenfeindliche Parolen. In Wittstock (Ostpringniz-Ruppin) gelang es dem III. Weg etwa 300 Teilnehmende zu einem Fackelmarsch gegen die Corona-Maßnahmen zu mobilisieren.
Bei einer Demonstration in Treuenbrietzen (Potsdam-Mittelmark) wurde der Rechtsextremist Maik Eminger gesichtet, ehemaliges Mitglied der Partei „Der III. Weg“ und Bruder des verurteilten NSU-Unterstützers André Eminger.
An mehreren Orten entlud sich der Widerstand gegen die Infektionsschutzmaßnahmen dann auch gewaltsam. So gab es neben mehreren Angriffen auf Mitarbeitende im Einzelhandel, die etwa auf die Maskenpflicht hingewiesen hatten, Ende November einen Buttersäureanschlag auf zwei Testzentren in Brandenburg an der Havel, bei dem glücklicherweise niemand verletzt wurde. Ebenfalls Ende November bedrohte ein Mann in der Notaufnahme eines Krankenhauses in Potsdam einen Mitarbeiter mit einem Messer, nachdem er auf die Coronaregeln hingewiesen wurde.
Bei einem Anfang Dezember verübten Verbrechen ist die Rolle, die die Mobilisierung gegen die Corona-Schutzmaßnahmen für dessen Begehung spielte, noch genauer zu untersuchen. In Königs Wusterhausen erschoss ein Mann seine Frau und die gemeinsamen drei Töchter. Durch die zuständige Staatsanwaltschaft Cottbus wurde öffentlich bekannt gemacht, dass es einen Abschiedsbrief gebe. In diesem werde als Motiv der Tat benannt, dass die Frau bei ihrem Arbeitgeber einen gefälschten Impfnachweis vorgelegt habe, was aufgeflogen sei. Den gefälschten Impfnachweis hatte der Mann besorgt. Aus diesem Grund hätten die Eltern eine Inhaftierung und den Entzug ihrer Kinder befürchtet. Diese im Abschiedsbrief formulierte Begründung lässt befürchten, dass die Tathandlung von politischen Verschwörungsmythen gelenkt war. Mittlerweile wurde auch bekannt, dass sich das Paar in regionalen Querdenkerkreisen bewegt haben soll.
Bemerkenswert ist, dass der rechten Mobilisierung gegen die Corona-Schutzmaßnahmen von Seiten der Zivilgesellschaft, die in den letzten 20 Jahren die Proteste gegen Naziaufmärsche und rassistische Mobilisierungen trug und den Handlungsspielraum rechtsradikaler Akteure in Brandenburg effektiv begrenzen konnte, nur vereinzelt etwas entgegengesetzt wird. Auch hierdurch verstärkt sich der fälschliche und fatale Eindruck, man habe es mit einer wachsenden Massenbewegung zu tun und nicht mit einer lauter werdenden und sich radikalisierenden Minderheit. Es ist zu befürchten, dass sich daraus substantielle politische Machtverschiebungen im Land ergeben können.
Gedenken an Opfer rechter Gewalt
Zu Beginn dieses Jahres fand zum ersten Mal ein öffentliches Gedenken für Phan Văn Toản statt, der am 31. Januar 1997 am S‑Bahnhof Fredersdorf im Landkreis Märkisch Oderland von zwei Neonazis zusammengeschlagen wurde und drei Monate später im Alter von 42 Jahren an den Folgen des Anriffs verstarb. Organisiert wurde die Mahnwache von der Beratungsstelle für Opfer rechter Gewalt Märkisch-Oderland und VVN-BdA Märkisch-Oderland. Das Gedenken soll von nun an jährlich stattfinden und die Organisator:innen setzen sich dafür ein, dass am S‑Bahnhof Fredersdorf eine Gedenktafel dauerhaft an Phan Văn Toản erinnert.
Zum 25. Jahrestag des Angriffs auf Noël Martin in Mahlow im Landkreis Teltow-Fläming fand in Blankenfelde-Mahlow im Juni eine Aktionswoche gegen Rassismus statt, an der sich neben vielen anderen Mitwirkenden auch die Opferperspektive beteiligte. Am 16. Juni 1996 hatten Neonazis in Mahlow einen rassistischen Anschlag auf Noël Martin und seine Kollegen Arthur B. und Mikel R. verübt. Martin überlebte nur knapp und war seitdem querschnittsgelähmt. Er lebte mit massiven körperlichen Einschränkungen – und verstarb infolge dieser am 14. Juli 2020 im Alter von 60 Jahren.
In diesem Jahr jährte sich auch der Angriff auf den Punk Sven Beuter zum 25. Mal. Eine Gruppe Aktivist:innen, die schon die vergangenen Gedenkveranstaltungen organisiert hatte, gründeten zu diesem Anlass die „Initiative zum Gedenken an Sven Beuter“ und organisierten rund um den Jahrestag verschiedene Veranstaltungen und eine Demonstration. Einige der geplanten Veranstaltungen konnten aufgrund der Pandemielage allerdings nicht stattfinden. Der damals 23-jährige Sven Beuter wurde am 15. Februar 1996 in Brandenburg an der Havel von einem Neonazi zusammengeschlagen und erlag fünf Tage später seinen Verletzungen.
Stoppt das Sterben! Für das Recht zu kommen, zu gehen und zu bleiben! Wir fordern die sofortige Evakuierung der Menschen an der polnisch-belarussichen Grenze!
Anlässlich des “Internationalen Tages der Migrant:innen” und in Anlehnung an die Kampagne #GruenesLichtFuerAufnahme rufen die Initiativen “Women in Exile”, “Potsdam Konvoi” und die “Seebrücke Potsdam” am Samstag, den 18.12.2021 um 15 Uhr am Luisenplatz Potsdam zu einer Demonstration auf.
An der EU-Außengrenze zwischen Polen und Belarus werden Migrant:innen seit Wochen gezielt, unter unerträglichen Bedinungen, festgehalten. Menschenrechtsverletzungen sind an der Tagesordnung. Illegale Push-Backs wurden durch polnische Gerichte legalisiert und werden an der Grenze mit aller Härte durchgesetzt. Bereits 15 Menschen sind an der polnisch-belarussischen Grenze gestorben, die Dunkelziffer dürfte deutlich höher liegen.
Am 6. Dezember meldete das polnische NGO-Bündnis Grupa Granica den Tod einer 38-jährigen schwangeren Mutter von fünf Kindern. Sie starb demnach an den Folgen von Unterkühlung, nachdem die Familie sieben Tage in den Wäldern des Grenzgebiets verbringen musste. [1]
Sowohl in Belarus als auch in Polen werden Menschenrechte bewusst ausgehebelt. Anstatt sich entschieden gegen die begangenen Menschenrechtsverletzungen Polens und die Praxis der illegalen Pushbacks zu äußern, schlägt die EU-Komission eine massive Verschärfung des Asylrechts in den Grenzstaaten zu Belarus vor. [2] Das werden wir nicht dulden!
Die neu gebildete deutsche Bundesregierung muss Stellung beziehen und sich für eine menschenwürdige Auflösung der Situation an der polnisch-belarussischen Grenze einsetzen. Sie muss dafür sorgen, dass die ausharrenden Menschen an der Grenze von Hilfskräften erreicht und in Sicherheit gebracht werden können. All diese Menschen haben das Recht auf Flucht, legale Fluchtwege und auf ein Verfahren zur Aufnahme in Europa. Wir fordern die neue Innenministerin Nancy Faeser dazu auf, Seehofers Politik der Abschottung zu beenden und die Aufnahmeprogramme der Länder und Kommunen nicht weiter zu blockieren.
Auch unsere Lokalpolitiker:innen hier in Potsdam müssen darauf drängen, Menschen von der Grenze hier vor Ort SOFORT aufzunehmen!
Am 18.12.2021 werden wir die Forderungen nach Bewegungsfreiheit für Alle und die Forderungen zur Abschaffung des rassistischen EU-Grenzregimes auf die Straße bringen!
Desweiteren unterstützen wir die Kampagne der überregionalen Seebrücke #GruenesLichtFuerAufnahme! Aktuell lassen solidarische Anwohner:innen im polnischen Grenzgebiet grüne Lichter leuchten, um schutzsuchenden Menschen ihre Unterstützung zu zeigen. Diese grünen Lichter der Solidarität sollen auch hier in Potsdam leuchten. Überall wollen wir zeigen: Wir haben Platz! Aufnahme jetzt! Für das Recht zu kommen, zu gehen und zu bleiben!
Eine 21-jährige Schülerin wird aus ihrer Familie und ihrer erfolgreichen Schullaufbahn gerissen, ein Elternpaar mit seinen Kindern mitten in der Nacht zur Abschiebung abgeholt, geflüchtete Menschen werden trotz nachgewiesener Ansteckungsgefahr in Sammelunterkünften untergebracht und völkerrechtswidrige Zurückweisungen an den europäischen Außengrenze von der Landesregierung nicht klar kritisiert: Der Flüchtlingsrat Brandenburg beobachtet in seinem Bundesland immer wieder massive Verletzungen von Grund- und Menschenrechten. Dies obwohl sich das Land Brandenburg in seiner Verfassung ausdrücklich zu den menschenrechtlichen Grundsätzen bekennt, wie sie heute vor dreiundfünfzig Jahren am 10. Dezember 1948 in der Allgemeinen Charta der Menschenrechte verabschiedet wurden und an die im Rahmen des Internationalen Tages der Menschenrechte alljährlich erinnert wird.
Der Flüchtlingsrat nimmt den diesjährigen Menschenrechtstag zum Anlass, drei kritische Schlaglichter auf aktuelle Bereiche von Grund- und Menschenrechtsverletzungen in Brandenburg zu werfen:
Zentralisierte Unterbringung macht krank
Mit Beginn der Covid-19-Pandemie wurden Erstaufnahmeeinrichtungen und Gemeinschaftsunterkünfte zu noch gefährlicheren Orten für ihre Bewohnerinnen und Bewohner. Obwohl mit einer dezentralisierten Unterbringung in Wohnungen die vielfältigen Probleme – nicht nur beim Gesundheitsschutz – gar nicht erst entstehen würden, werden die meisten geflüchteten Menschen in Brandenburg ohne Not auch weiterhin zentralisiert untergebracht. Mit dem engstirnigen Festhalten an dieser Form der Unterbringung werden wissentlich Gesundheitsgefährdungen in Kauf genommen und für Geflüchtete ein Infektionsschutz zweiter Klasse geschaffen.
Seit Pandemiebeginn mahnen Zivilgesellschaft und Wissenschaft: Das Leben in Massenunterkünften erhöht nachweislich das Risiko, sich mit dem Coronavirus zu infizieren. Ohne die Möglichkeit ihre Kontakte zu reduzieren teilen sich die Menschen dort Küchen und Bäder und häufig auch die Schlafräume mit etlichen Nachbarinnen und Nachbarn, obwohl Gerichte schon im vergangenen Jahr entschieden haben, dass unter den beengten Wohnbedingungen Infektionsschutzmaßnahmen nicht einhaltbar sind. „Es fehlt am politischen Willen, die notwendigen Maßnahmen entschlossen umzusetzen: Es braucht Wohnungen statt Sammelunterkünfte”, konstatiert Mara Hasenjürgen vom Flüchtlingsrat Brandenburg.
Abschiebungen ohne jede Rücksicht auf Humanität
Allein in den letzten Novembertagen war der brandenburgische Flüchtlingsrat mit drei Abschiebungen befasst, an denen sich auch das Land Brandenburg beteiligt hat. Insgesamt 23 Menschen wurden hierbei nach Ghana, Serbien sowie in die Russische Föderation abgeschoben. „Abschiebungen sind Ausdruck einer durch und durch inhumanen Asylpolitik und grundsätzlich abzulehnen, aber was sich hier hinter einzelnen Abschiebungen an haarsträubenden Geschichten verbirgt, schlägt wieder einmal jedem Fass den menschenrechtlichen Boden aus”, kritisiert Vincent da Silva vom Flüchtlingsrat.
Da ist beispielsweise die Geschichte einer 21-jährigen Schülerin, die seit fünf Jahren in Deutschland lebt, in zweieinhalb Jahren Abitur machen und danach studieren wollte. Ihre Zukunftspläne wurden jäh zerstört, als Beamte sie in ihrem Zuhause im Landkreis Dahme-Spree aufgesucht haben. Innerhalb weniger Minuten musste sie sich von ihrer gesamten Familie verabschieden und fand sich kurze Zeit später mit 100 Euro Handgeld alleine in Moskau wieder, von wo aus sie sich bis in die tschetschenische Hauptstadt Grosny durchschlagen musste.
Es ist auch die Geschichte einer siebenköpfigen Familie mit Kindern zwischen 3 und 16 Jahren, die nachts um 3 Uhr in Teltow aus dem Schlaf gerissen wurde und unmittelbar von Schönefeld aus nach Serbien abgeschoben wurde.
Und es ist die Geschichte von Yunus G.: Ein Mensch, der die letzten fast 8 Jahre in Deutschland gelebt hat und trotz massiver gesundheitlicher Probleme, die ihn fast die Hälfte der Zeit zu stationären Krankenhausaufenthalten zwangen, immer wieder versucht hat, sich ein Leben auf eigenständigen Füßen aufzubauen. Soweit es seine schwere Erkrankung erlaubte, war Herr G. beim Arbeiter-Samariter-Bund ehrenamtlich engagiert. Seine mit viel Kraft und Durchhaltewille aufgebaute Lebensperspektive wurde brüsk zerstört, als er vor rund zwei Wochen unvermittelt in die Russische Föderation abgeschoben wurde.
In jeder dieser Geschichte zeigt sich in frappierender Deutlichkeit, wie wenig Brandenburg menschrechtlich verbriefte Grundrechte in der konkreten Praxis achtet. Statt den vielen Menschen, die nicht hier geboren, aber längst hier angekommen sind, zu signalisieren, dass sie sich auf eine großzügige und humane Auslegung der Bleiberechtsregelungen und damit eine Lebensperspektive in Sicherheit verlassen können, werden drastische Exempel statuiert.
Grenzen abgeschottet – bis zur letzten, tödlichen Konsequenz
Seit Wochen demonstriert die Europäische Union in großer Geschlossenheit an ihrer Außengrenze zum benachbarten Belarus die praktische Umsetzung eines Wertesystems, das Grenzschutz unverblümt über den Schutz von notleidenden Menschen stellt. Eine (buchstäbliche) Geschlossenheit, die bereits mehr als ein Dutzend Menschen irgendwo unterwegs auf der der neuen Fluchtroute von Belarus über Polen nach Deutschland mit ihrem Leben bezahlen musste. Einer dieser Menschen verstarb kurz nachdem er auf brandenburgischem Boden angekommen war.
Wie weit auch Brandenburg bereit ist, hier seine menschenrechtliche Grundorientierung über Bord zu werfen, spiegelt sich nicht zuletzt in der Haltung der Landesregierung gegenüber dieser politischen und humanitären Tragödie wider: Wenn Brandenburgs Innenminister Polens Handeln bezüglich der Menschen, die an der polnisch-belarussischen Grenze um ihr nacktes Überleben kämpfen, als „grundsätzlich richtig” bezeichnet, werden ganz offensiv einer hermetischen Abriegelung der EU-Außengrenze das Wort geredet und völkerrechtswidrige Push Backs legitimiert. „Statt sich in aller Deutlichkeit gegen die massiven Menschenrechtsverletzungen auszusprechen, die derzeit im Grenzgebiet zwischen Polen und Belarus oder im Geflüchtetenlager im nur 50 Kilometer von Frankfurt (Oder) entfernten polnischen Wędrzyn stattfinden, wird blind die europäische Abschottung verteidigt und letztlich das grundlegende Menschenrecht auf Asyl mit Füßen getreten”, kommentiert Vincent da Silva die düstere Lage.
Pressekontakt:
Flüchtlingsrat Brandenburg
info@fluechtlingsrat-brandenburg.de
Vincent da Silva: 0151–42027426
Die Gruppe kündigte an, diese Demonstrationen jeden ersten Dienstag im Monat fortzusetzen, solange die Probleme nicht beseitigt wurden. Die wichtigsten Forderungen sind:
- Keine Abschiebungen!
- Keine Ausstellung von Duldungen mehr!
- Keine Arbeitsverbote!
- Kein Rassismus!
Da die Probleme weitergehen, zitieren wir hier unsere Erklärung vom letzten Mal:
In Redebeiträgen wollen die Aktivist*innen über die Angst vor Abschiebung und über das perspektivlose Leben mit Duldung sprechen. Insbesondere die sogenannte “Duldung light” (“Duldung für Personen mit ungeklärter Identität”) bedeutet ein grundsätzliches Arbeitsverbot und Kürzungen der Sozialleistungen auf ca. 170 Euro pro Monat. Aber auch eine “normale” Duldung bedeutet, alle drei Monate oder häufiger eine neue zu beantragen und in stetiger Unsicherheit zu leben. Auch in diesem Jahr fanden aus dem Barnim wieder Abschiebungen statt, unter anderem nach Pakistan.
Von der Ausländerbehörde fordert die Gruppe, keine Duldungen mehr auszustellen und allen den Zugang zu Arbeit und Aufenthalt zu ermöglichen. Menschen mit Duldung oder Gestattung, die kein generelles Arbeitsverbot haben, müssen zur Jobaufnahme eine Zustimmung der Ausländerbehörde beantragen. Bis diese bearbeitet wurde, dauert aktuell im Barnim 2–3 Monate und mehr. Häufig sind die Jobangebote dann wieder verloren — frustrierend für Jobsuchende wie Arbeitgeber*innen.
Die Bearbeitungszeiten für Aufenthaltstitel betragen mehr als 6 Monate.
“Ich finde es sehr auffällig, dass die Barnimer Ausländerbehörde für Arbeitserlaubnisse und Aufenthaltstitel viele Monate braucht, aber andererseits Kapazitäten hat, Abschiebungen zu organisieren oder Menschen zügig vorzuladen, wenn es um Verschlechterungen für die Betroffenen geht”, sagt eine betroffene Person, die ihren Namen hier nicht nennen möchte. Sie beruft sich damit auf die Berichte vieler Bekannter, aus denen sich ein solches Bild ergibt.
Die Redner*innen werden auch über die Bedingungen sprechen, die Menschen zur Flucht zwingen bzw. ihnen eine Rückkehr unmöglich oder lebensgefährlich machen — deutliche Beispiele sind aktuell der Militärputsch im Sudan und die Machtübernahme der Taliban in Afghanistan.Dienstag ist der Tag, an dem alle Menschen mit Duldung oder Aufenthaltsgestattung zur Ausländerbehörde müssen, um ihre Ausweise verlängern zu lassen.
Die vorherigen beiden Kundgebungen am 13.04. und 08.06.2021 hatten den Selbstmord des Geflüchteten Salah Tayar aus dem Tschad bzw. die Abschiebung eines Mannes nach Nigeria (nach 22 Jahren in Deutschland) zum Anlass genommen.
Dienstag, 07.12.2021, 12–14 Uhr
Pfeilstr./Ecke Schicklerstr., 16225 Eberswalde
- gegenüber der Ausländerbehörde Landkreis Barnim
Aufruf zur Kundgebung gegen sexualisierte und rassistische Gewalt Eisenhüttenstadt am 25.11. um 13 Uhr
Am 25. November, dem „Internationalen Tag zur Beseitigung von geschlechtsspezifischer Gewalt an Frauen*“, laden Women in Exile&Friends und lokale Initiativen zu einer Kundgebung in Eisenhüttenstadt vor der Erstaufnahmeeinrichtung Poststra0e 72 ein. Am 25.11. wollen wir auch diejenigen begrüßen, die es geschafft haben, die tödlichen Grenzen Europas zu überwinden, weinen in Wut mit denen, die es nicht geschafft haben – für eine offene und solidarische Gesellschaft. Wir verurteilen den Faschismus und Rassismus, dem Geflüchtete ausgesetzt sind. Wir verurteilen die tödliche Festung Europa von Belarus bis Libyen! Mit unserer Kundgebung wollen wir auf die Situation von Frauen* auf der Flucht und die Situation für uns in den Flüchtlingslagern aufmerksam machen. Auf diesen gefährlichen Routen sind Frauen und Queers systematisch Gewalt und sexueller Ausbeutung ausgesetzt. Wir erreichen mit körperlichen Beschwerden und Traumata die Auffanglager in Deutschland. Aber nicht nur die Fluchtroute, sondern auch die Lager sind keine sicheren Räume für Frauen*. Wir und unsere Kindern sind in diesen Lagern eine verletzliche Minderheit.
Auf unserer Kundgebung werden wir auch unserer Schwester Rita O. gedenken. Sie wurde vor drei Jahren brutal ermordet, während sie im Lager lebte. Bis heute ist das Verfahren nicht abgeschlossen, geschweige denn eine Anklage erhoben worden. Das Gewaltschutzkonzept hat nicht funktioniert und daran wird nicht weiter gearbeitet. Das beste Gewaltschutzkonzept wäre aber: Keine Lager! Wir fordern sicher und legale Flucht- und Migrationsrouten! Wir fordern Gerechtigkeit für die Menschenrechtsverletzungen an diesen Grenzen – insbesondere jetzt an der belarus-polnischen Grenze! Wir fordern die deutsche Polizei in Brandenburg und Sachsen auf, den Flüchtlingen beim Grenzübertritt nicht länger die Handys abzunehmen – habt ihr denn keine eigenen Handys?! Deshalb laden wir Euch ein, sich uns an diesem Tag anzuschließen, um es „laut und deutlich“ zusagen:
Kein Lager für Frauen* und Kinder! Alle Lager abschaffen!
Nein zu rassistischer Hetze und Abschottung! Nein zum deutschen und europäischen Grenzregime!
Recht zu kommen, Recht zu gehen, Recht zu bleiben!!!
“An den europäischen Außengrenzen sind Schutzsuchende Personen nach wie vor grausamen, menschenunwürdigen Situationen ausgesetzt. Währenddessen verbreitet die AfD ihre rechte Hetze und spricht von sogenannten “Passdeutschen” und “Asyltourismus”, will den besonderen Schutz von Familien aufheben und fordert massive Deportationen und Push-Backs. Das nehmen wir nicht hin — weder in Frankfurt (Oder) noch sonst wo!”, sagt Jan Augustyniak, Sprecher des Bündnis “Kein Ort für Nazis in Frankfurt (Oder).
Wir wollen eine solidarische Gesellschaft, die Menschen unterschiedlicher Herkunft, sexueller Orientierung, Religionszugehörigkeit oder unterschiedlichem sozialem Hintergrund in ihrer Mitte willkommen heißt. Wir wollen in einer Stadt leben, in der eine Brücke ein Symbol einer Verbindung und keiner Spaltung ist. Wir wollen der AfD und ihren menschenverachtenden Positionen eine Absage erteilen. Demonstriert mit uns am 7. November 2021 ab 11:00 Uhr gemeinsam vom Bahnhof Richtung Stadtbrücke um für eine antifaschistische, demokratische Kultur zu kämpfen.
Die Nachricht über die Öffnung der Grenze von Belarus nach Polen hat große Kreise gezogen.
Geflüchtete versuchen unter Einsatz ihres Lebens ihren katastrophalen Lebensumständen zu entkommen und wählen nun vermehrt die Route über Belarus und Polen nach Ost-Brandenburg, um in West- oder Nacheuropa ein sicheres Leben führen zu können. In Deutschland kommen sie völlig entkräftet und unterkühlt an und brauchen oft medizinische und psychologische Betreuung.
Die faschistische Partei “Der III. Weg” ruft für Samstag, den 23.10. in und um Guben zur Menschenjagd auf. Sie wollen Schutzsuchende am Grenzübertritt hindern und erschaffen so den Eindruck einer Bürgerwehr, die “Selbstjustiz” ausüben will. Hierzu ruft sie überregional auf.
Wir wollen den Neonazis nicht die Region überlassen. Wir wollen ein Zeichen setzen, dass Asyl ein Menschenrecht ist und bleibt. Gerade die aktuellen erschreckenden Bilder aus Afghanistan nach der Machtübernahme der Taliban sollten uns zum Handeln zwingen.
Kommt zur Mahnwache, um diesen menschenverachtenden Handlungen der Neonazis etwas entgegenzusetzen!
Unsere Mahnwache wir sich über 24 Stunden ziehen. Wir werden versuchen, einen Grundstock an Verpflegung bereitszustellen. Es ist wichtig, auch in der Nacht präsent zu sein, da genau dann der “III. Weg” seine “Grenzüberwachung” durchführen will.
Wann? 23.10. 14:00 Uhr über Nacht bis 24.10. 14:00 Uhr
Wo? auf dem Dreieck (Berliner Straße 44) in 03172 Guben
wir laden Sie und Euch herzlich ein zur kommenden offenen Sitzung des Flüchtlingsrats am
Mittwoch, den 27. Oktober 2021, von 17.00 — 19.00 Uhr — online -
Bei unserer kommenden Sitzungen wollen wir uns im Detail mit dem Landesaufnahmeprogramm für syrische Geflüchtete mit Angehörigen in Brandenburg beschäftigen.
Das seit 2013 existierende Landesaufnahmeprogramm (“Anordnung des Ministeriums des Innern und für Kommunales des Landes Brandenburg gem. § 23 1 AufenthG zur Erteilung von Aufenthaltserlaubnissen für syrische Flüchtlinge, die eine Aufnahme durch ihre im Land Brandenburg lebenden Verwandten beantragen”) ermöglicht es Deutschen und Syrer*innen, ihre Angehörigen nach Deutschland zu holen. Voraussetzung ist, dass ihre Angehörigen aus Syrien oder innerhalb des Landes fliehen mussten und sich aktuell in einem der Nachbarländer oder noch in Syrien selbst befinden. Anders als beim regulären Familiennachzug umfasst das Programm nicht nur die sogenannte “Kernfamilie”, sondern auch (volljährige) Verwandte ersten und zweiten Grades, wie (erwachsene) Eltern, Kinder, Geschwister, Enkel oder Großeltern; zentrale Bedingung ist jedoch u.a. eine Verpflichtungserklärung.
Gemeinsam möchten wir in dieser Sitzung Fragen zu den Voraussetzungen und dem Verfahrensablauf besprechen, die in der Praxis immer wieder aufkommen. Auch Verbesserungsvorschläge und politische Forderungen können hier diskutiert werden.
Eingeladen sind alle Interessierte, Syrerinnen und Syrer, Mitarbeitende von Beratungsstellen und Verbänden ebenso wie Ehrenamtliche. Auch Engagierte, die sich aktuell für Landesaufnahmeprogramme für afghanische Geflüchtete einsetzen, können sich hier über die konkreten Chancen und Fallstricke von Landesaufnahmeprogrammen informieren. Die Sitzung bietet Raum für allgemeine Fragen, Einzelfälle können an dieser Stelle leider nicht im Detail besprochen werden.
Es wird eine Übersetzung auf arabisch angeboten. Bei Bedarf melden Sie sich bitte vorab per E‑Mail an info@fluechtlingsrat-brandenburg.de.
Im Anschluss wird es wie immer die Möglichkeit geben auch weitere aktuelle Themen zu diskutieren.
Wir freuen uns auf den gemeinsamen Austausch.
Teilnahme:
Die Sitzung findet online via Zoom statt. Die Zugangsdaten schicken wir gerne auf Anfrage zu (Kontakt: info@fluechtlingsrat-brandenburg.de).