Am 18. August 2006 trat das Allgemeine Gleichbehandlungsgesetz (AGG) in Kraft und markierte damit eine Zeitenwende. Basierend auf den EU-Antidiskriminierungsrichtlinien schreibt es das Recht auf Gleichbehandlung und Menschenwürde fest und verbietet Diskriminierung. Zum Anlass des 10. Jahrestages des AGG unterstreicht die Antidiskriminierungsberatung Brandenburg die große Bedeutung des Gesetzes und mahnt zugleich Nachbesserungen und eine Vervollständigung des Diskriminierungsschutzes in Brandenburg an.
„Das AGG stellt unmissverständlich klar: Jeder Mensch hat das Recht auf Gleichbehandlung. Diskriminierung ist keine Bagatelle, sondern gesetzlich verboten. Aber leider stellt es keinen umfassenden Diskriminierungsschutz dar, denn der Geltungsbereich ist eingeschränkt und einige Zugangshürden sind für manche Betroffene zu hoch“, fasst Ingmar Pech von der Antidiskriminierungsberatung Brandenburg 10 Jahre Praxiserfahrungen mit dem AGG zusammen.
Diskriminierung ist Alltag in Brandenburg: Menschen erhalten aufgrund ihres Namens keine Wohnung, werden aufgrund ihrer Hautfarbe nicht in die Diskothek oder einen Fitnessclub eingelassen oder werden am Arbeitsplatz aufgrund ihres Kopftuches diskriminiert. Das AGG stärkt die gesellschaftliche Position Betroffener und hilft ihnen bei der Durchsetzung ihres Rechts auf Gleichbehandlung.
Es weist jedoch auch Mängel auf, die dringend nachgebessert werden müssen: So fehlt es an Kenntnis und Aufklärung über das AGG, die Fristen zur Geltendmachung von Ansprüchen sind zu kurz, es gibt Hürden in der Rechtsdurchsetzung und der Geltungsbereich des AGG ist zu eingeschränkt. Anwendbar ist das Gesetz ausschließlich im privatrechtlichen Bereich (Arbeitsmarkt sowie bei Gütern und Dienstleistungen). Keinen Schutz vor Diskriminierungen bietet es, wenn diese von staatlichen Institutionen ausgehen. Momentan ist es in Brandenburg leichter möglich, sich gegen diskriminierende Vermieter_innen oder Arbeitgeber_innen zu wehren, als gegen diskriminierende Lehrer_innen oder Polizeibeamt_innen.
Aktuell besteht Anlass zur Hoffnung, dass Brandenburg darauf reagiert und diese rechtliche Schutzlücke zu schließen versucht: Der Entwurf zu einem Landesantidiskriminierungsgesetz (LADS) ist in den Landtag eingebracht worden. Bei der Anhörung im September wird jedoch erst entschieden, ob er verworfen wird oder das Gesetz überhaupt realisiert werden soll.
„Rassismus und Diskriminierung nehmen in Brandenburg in erschreckendem Ausmaß zu. Ein nicht unerheblicher Teil der Bevölkerung ist täglich rassistischen Beleidigungen, Gewalt und Diskriminierung ausgesetzt. Es ist daher dringend nötig, dass Brandenburg die Antirassismus-Klausel der Landesverfassung auch für den Bereich Diskriminierung ernst nimmt. Gesetzgeberisch muss mit aller Deutlichkeit reagiert werden, um dieser besorgniserregenden Entwicklung entgegen zu wirken,“ streicht Ingmar Pech die rechtliche und politische Notwendigkeit eines Landesantidiskriminierungsgesetzes hervor.
Die Antidiskriminierungsberatung Brandenburg der Opferperspektive fordert daher den Landtag und die Landesregierung auf, auf Landesebene ein Landesantidiskriminierungsgesetz einzuführen und auf der Bundesebene auf die Novellierung des AGG hinzuwirken.
Kategorie: (Anti-)Rassismus
Am 03.09.2016 wollen wir gemeinsam mit euch auf die Straße gehen, um gegen rassistische Hetze in Frankfurt (Oder) anzutanzen. Wir stehen für eine solidarische Gesellschaft, die sich gegen das herzlose und hasserfüllte Gezetere der Frankfurter Rechten einsetzt. Wir stehen für eine Gesellschaft, in der jede*r das Recht hat seinen Wohnort zu wählen, vor Krieg und Barbarei zu fliehen und auf ein besseres Leben zu hoffen.
Die rassistische Flüchtlingspolitik auf europäischer und nationaler Ebene schürt den Hass in dieser Gesellschaft und fördert den sozialen Unfrieden. Sie stellt sich in den Dienst der Wutbürger*innen und entrechtet Menschen, die in Europa Schutz suchen. Die Abschottung und der Egoismus derjenigen, die in Wohlstand und Frieden leben können, steht denen gegenüber, welche aus Angst und Verfolgung alles hinter sich lassen mussten, um in Sicherheit weiter leben zu können.
Der Rechtsruck in Europa ist ein Ausdruck für die Befürchtung etwas vom großen Kuchen abgeben zu müssen. Dieser Hass entlädt sich überall in Europa, so auch hier in Frankfurt (Oder).
Dem stellen wir uns entschlossen entgegen!
Gegen die soziale Kälte und Ausgrenzung stellen wir die Ideen von Emanzipation und Gleichberechtigung.
Gegen die Vereinsamung in unserer Gesellschaft stellen wir unsere Solidarität.
Gegen den rechten Hass stellen wir einen gemeinsamen Kampf für eine bessere Welt!
Am 03.09.2016 wollen Frankfurter Rassist*innen den Schulterschluss mit Ultranationalist*innen aus Polen üben und mobilisieren für eine erste länderübergreifende Demonstration. Wir werden ihnen die Straße an diesem Tag nicht überlassen. Gegen ein Europa der Vaterländer und gegen Abschottung und Mauern werden wir am 03.09.2016 mit unserer antifaschistischen Streetparade demonstrieren.
Startpunkt Streetparade: 13:00 Uhr am Bahnhof Frankfurt (Oder)
Zugtreffpunkt in Berlin: 11:45 Alexanderplatz Gleis 1 — Fahrtzeit 1h Stunde
Außerdem: Kundgebung des Bündnisses „Kein Ort für Nazis in Frankfurt (Oder)“ ab 14:00 Slubicer Straße
Achtet auf Ankündigungen im Vorfeld der Streetparade! Wir nutzen am Tag den Hashtag #ffo_nazifrei auf Facebook, Twitter und Instagram.
Für Samstag den 20. August mobilisieren Neonazis zu einem Aufmarsch nach Potsdam. Nachdem wir in den letzten Monaten von Christian Müllers Großmachtsdemonstrationen verschont blieben, ist nun „Eric Graziano Grünwald“ angetreten um Potsdam, vor der angeblichen Islamisierung des Preußenlandes, zu retten. Bisher war dafür C. Müller zuständig, aber nach einem öffentlich gewordenen Telefonat, in dem dieser nebenbei kokst und außerdem die Presse über seinen gewalttätigen Übergriff auf seine Frau berichtete, ist nun auch dem verwirrtesten Neonazi klar, dass er nicht als Identifikationsfigur taugt.
Am 20. August ist nun ein „Patriotentag“ in Potsdam auf dem Luisenplatz angemeldet. Dieser muss als erneuter Versuch gewertet werden, sich lokal in Potsdam und auch regional in Brandenburg neu zu verankern. Denn nicht nur „Pogida“ ist seit Beginn des Jahres geschrumpft, sondern brandenburgweit alle „Gidas“ und „Bürgerbewegungen“ oder wie sie sich auch nennen. Hier in Potsdam, aber auch in Rathenow lässt sich das auch auf antifaschistischen Protest zurückführen. Es ist unser Widerstand, der es den Rassist_innen in Potsdam unmöglich gemacht hat auch nur einen einzigen entspannten Aufmarsch durchzuführen. Und es ist unser Widerstand, der verhinderte, dass Pogida zu einem Anknüpfungspunkt für „besorgte Bürger_innen“ aus Potsdam werden konnte. Stattdessen wurde Pogida in einem Wanderkessel, geschützt von einem massiven, äußerst gewaltbereiten Polizeimob, ein paar Meter auf den Straßen begleitet.
Nun haben wir aber überhaupt keinen Bock! Weder auf Pogida 2.0 noch auf die pseudomilitärische Besetzung unserer Viertel durch eine enthemmte Polizei. Wir werden uns diesen beiden Scheißhaufen entgegenstellen, denn aktuell kann der eine nicht ohne den andern.
Der digitale Plan von Ex-Pogida ist es sich um 14.00 Uhr auf dem Luisenplatz zu treffen und dann eine Runde durch die Potsdamer Innenstadt zu drehen. Und das obwohl Antifaschist_innen in den letzten Jahren schon mehrfach aufgezeigten, dass der Luisenplatz kein Ort ist, an dem sich Neonazis von DVU oder NPD allzu wohl fühlen dürften, vor allem die An- und Abreise wurde oft zu einem kritischen Punkt. Von den bisherigen Versuchen der Pogida-Anhänger_innen brauchen wir ja nicht ausgiebig zu berichten, da wir alle die großartigen Bilder im Kopf haben oder von youtube kennen.
Dabei wollen sie vom Luisenplatz über die Schopenhauerstr. – Breite Str. – Zeppelinstraße und zurück zum Ausgangsort eine Minirunde drehen.Vorsorglich haben die Pogida-Nachfolger ihre Propagandaaktion bis 20.00 Uhr angemeldet. Parallel dazu findet die sogenannte „Schlössernacht“ statt, deren Haupteingang in den letzten Jahren am Luisenplatz lag. Es kann also davon ausgegangen werden, dass eine Menge mehr oder weniger fein gekleideter Menschen mehr oder weniger unkontrollierbar durch die Innenstadt spazieren werden.
Dieses Chaos gilt es zu vergrößern. Seid kreativ, seid entschlossen in eurem Widerstand. Lasst uns entschlossen vorgehen gegen Pogida-Nachfolger und die polizeiliche Besetzung unserer Viertel.
Wir haben keinen Bock Testfeld und Spielball in Vorbereitung auf die bevorstehende, staatstragende OSZE-Scheiße am 1. September zu sein.
Alerta!
Eine Potsdamer Stadtpolitik, die sich überfordert sieht im humanen Umgang mit Refugees. Regelmäßige Aufmärsche von Neonazis Seite an Seite mit „besorgten Bürger_innen“ im Land Brandenburg. Immer wiederkehrende Pogida-Aufmärsche inklusive massiven Polizeiübergriffen auf Antirassist_innen. Regelmäßige verbale oder körperliche Angriffe auf Geflüchtete und Brandanschläge auf die Unterkünfte. Exorbitante Wahlerfolge für die Neonazis in Nadelstreifen von der AfD und der Versuch eben dieser, in Potsdam Fuß zu fassen.
All diese Punkte und noch viel viel mehr haben uns verdeutlicht, dass Potsdam auch weiterhin eine offensive Antifagruppe braucht.
Wir wollen gemeinsam nicht nur aktiv auf die Straße gehen, um all den schlechten Ismen dieser Welt und dieser Stadt den Kampf anzusagen, sondern wir wollen darüber hinaus versuchen, das große Ganze zu verstehen und zu beeinflussen.
Hiermit sagen wir nicht nur den Neonazis des neu gegründeten Potsdamer Flügels der NPD und den altbekannten autonomen Nationalisten den Kampf an, auch bei den Neonazis von Pogida und AfD wollen und werden wir nicht Halt machen. Der städtische Umgang mit Geflüchteten ist genauso in unserem Fokus wie der Umbau Potsdams zu einem preußischen Hochglanz-Äquivalent der Potemkinischen Dörfer.
Mit einer Utopie von einem besseren Leben für alle überall im Hinterkopf werden wir das schlechte Leben, das viele Menschen in Potsdam, in Deutschland, in und vor den Grenzen Europas sowie weltweit führen, kritisieren und nach unseren Möglichkeiten aktiv dagegen vorgehen.
Wir sind die Antifa die Potsdam braucht – aber nicht die es verdient
Wir sind die Emanzipatorisch Antifa Potsdam.
Die rechte Freakshow, die sich nunmehr schon seit Monaten alle zwei Wochen auf dem Märkischen Platz wiederholt, wird wahrscheinlich auch in nächster Zeit das Rathenower Stadtbild prägen. Davon kündeten zumindest Flyer, die das vermeintliche „Bürgerbündnis“ Havelland am gestrigen Abend von Sympathisant_innen verbreiten ließ. Demnach sind die berüchtigten Dienstagsveranstaltungen noch bis wenigstens zum 13. September 2016 geplant. Ob die regelmäßigen Jammer- und Pöbelorgien, trotz immer rückläufiger Teilnehmer_innenzahlen, dann enden scheint aber ungewisser denn je.
Im Gegenteil, die bildungs- und beratungsresistenten Hass-Bürger_innen planen offenbar für Samstag, den 29. Oktober 2016, eine „Großdemo“ im Stadtgebiet von Rathenow. Eine entsprechende Anmeldung soll der Versammlungsbehörde bereits vorliegen. Mit der größer geplanten Versammlung dürfte einerseits an die vermeintliche Neuauflage des „Hambacher Festes“ vom 5. März 2016 angeknüpft und andererseits das einjährige Bestehen des rechten „Bürgerbündnisses Havelland“ zelebriert werden. Experten gehen jedoch davon aus, dass die vermeintliche Großdemo deutlich weniger Leute ziehen wird als die Veranstaltung im Frühjahr. Am „Hambacher Fest 2.0“ hatten sich im März ungefähr 500 Personen, darunter viele Neonazis, beteiligt.
Am Dienstagabend beteiligten sich, ähnlich wie an den voran gegangenen Versammlungen des „Bürgerbündnisses“, allerdings lediglich 30 Sympathisant_innen. Hauptsächlich waren alte Männer und Kinder zu sehen – das scheinbar letzte Aufgebot.
Euphorie und Größenwahn scheinen aber bei den Bündlern dennoch nicht verflogen zu sein, insbesondere bei deren Anführer Christian Kaiser. Dieser hat sich beispielsweise ein Nebengelass seines Wohnhauses mit der selbstherrlichen Bezeichnung „Kaiserreich“ verzieren lassen. Über den, von einer öffentlichen Straße gut erkennbaren Schriftzug prangt zudem der rechtsblickende „Parteiadler“ der NSDAP aus den Jahren zwischen 1933 und 1945. Das NS Symbol scheint allerdings noch unvollendet. Der Eichenlaubkranz ist nur zum Teil fertiggestellt und das Hakenkreuz fehlt auch noch.
Fotos: hier
Die Staatsanwaltschaft Potsdam hat, gemäß Pressemitteilung vom 27. Juli 2016, gegen sechs Neonazis aus Nauen wegen verschiedener Delikte, darunter den Brandanschlag auf eine als Notunterkunft für Flüchtlinge gedachte Sporthalle, Anklage erhoben.
Den Angeschuldigten Dennis W., Christopher L., Christian B. und Thomas E. wird darüber hinaus die Gründung und Mitgliedschaft in einer kriminellen Vereinigung, dem Nauener NPD Stadtverordneten Maik Schneider zusätzlich die rädelsführerschaftliche Beteiligung zur Last gelegt .
Das Verfahren soll vor der Staatsschutzkammer des Landgerichtes Potsdam stattfinden.
Insgesamt hat die Staatsanwaltschaft in sieben Punkten Anklage gegen die mutmaßliche kriminelle Vereinigung erhoben:
1.) In der Störung der Nauener Stadtverordnetenversammlung vom 12. Februar 2015 sieht die Staatsanwaltschaft den Tatvorwurf der Nötigung verwirklicht. Klage erhoben wird jedoch lediglich gegen Maik Schneider. Dennis W., der ebenfalls bei der Störung anwesend war, wird diesbezüglich offenbar nicht angeklagt.
2.) Im Fall des Brandanschlages auf den PKW eines polnischen Geschädigten am 17. Mai 2015 am Karl-Bernau-Ring in Nauen erhebt die Staatsanwaltschaft Anklage wegen gemeinschaftlicher Brandstiftung. Geklagt wird gegen Maik Schneider und Dennis W.
3.) Hinsichtlich der Zündung eines nicht zugelassenen Sprengkörpers am 1. Juni 2015 an einem Unterstand einer LIDL-Filiale in Nauen erhob die Staatsanwaltschaft Anklage wegen Herbeiführung einer Sprengstoffexplosion und Beschädigung einer Sache von bedeutendem Wert. Angeklagt ist in diesem Fall Dennis W.
4.) Wegen Farbbeutelwürfe auf das Nauener Büros der Partei „Die Linke“ am 7. Juni 2016 erhob die Staatsanwaltschaft Anklage wegen gemeinschaftliche Sachbeschädigung. Angeklagt werden diesbezüglich Maik Schneider, Christopher L. und Thomas Frank E.
5.) Im Verkleben von Schlössern des Parteibüros der „Linken“ am 9. Juni 2015 in Nauen, sieht die Staatsanwaltschaft ebenfalls den Straftatbestand der Sachbeschädigung verwirklicht. Angeklagt wird deswegen Dennis W.
6.) Abermals eine Sachbeschädigung sieht die Staatsanwaltschaft im Abbrennen einer mobilen Toilette auf der Baustelle des Übergangswohnheimes für Asylsuchende am Waldemardamm in Nauen, in der Nacht vom 30. zum 31. Juli 2015. Anklage erhoben wird hier gegen Christopher L.
7.) Im Fall des Brandanschlages auf die als Notunterkunft für Flüchtlinge geplante Sporthalle des OSZ Nauen, in der Nacht vom 24. zum 25. August 2015, erhebt die Staatsanwaltschaft Anklage wegen Brandstiftung. Geklagt wird gegen Maik Schneider, Dennis W., Christopher L., Christian B., Thomas Frank E. sowie Sebastian F.
Ermittelt wurde gegen die oben genannten Tatverdächtigen übrigens auch noch in weiteren Fällen. Aufgrund mangelnder Beweise wurden folgende Verfahren jedoch gemäß § 170 Abs. 2 StPO eingestellt:
8.) Sachbeschädigung unter Verwendung einer Graffitischablone mit dem Schriftzug „Heimatliebe ist kein Verbrechen“ am 15. und 16. April 2015.
9.) Brandstiftung an einem Pkw von Kommunalpolitikern der Partei „Die Linke“ zwischen dem 12. und 13. Februar 2016.
Überhaupt nicht auf der Anklageliste der Staatsanwaltschaft erscheint – erstaunlicherweise – die zunächst Angeschuldigte Frauke K. Einen Grund dafür gab die Behörde nicht an.
Vom 25.7.–14.8.2016 geht Women in Exile and Friends unter dem Motto “Wir werden immer lauter!” auf Aktionstour quer durch Deutschland. Die dreiwöchige Tour soll auf die Situation von geflüchteten Frauen und Kindern aufmerksam machen und Flüchtlingsfrauen unterstützen, für sich selbst zu sprechen.
Elizabeth Ngari, Mitbegründerin von Women in Exile: “Die Erfahrungen, die wir in Brandenburg machen, sind den Erfahrungen von Frauen aus anderen Bundesländern ähnlich. Flüchtlingsfrauen sind doppelt Opfer von Diskriminierung: Sie werden als Asylbewerberinnen durch rassistische Gesetze ausgegrenzt und als Frauen diskriminiert..”
Women in Exile and Friends wird Unterkünfte besuchen, mit lokalen Initiativen zusammenarbeiten und öffenlichkeitswirksame Aktionen durchführen. So ist beispielsweise am 29.7. eine Protestkundgebung vor dem Bundesamt für Migration und Flüchtlinge in Nürnberg geplant. Eine zentrale Forderung ist die Anerkennung geschlechtsspezifischer Fluchtgründe. Der Focus der Tour wird jedoch auf dem Empowerment und gegenseitigem Austausch der Flüchtlingsfrauen liegen.
Elizabeth Ngari: “Über die Jahre haben wir Verbindungen mit zahlreichen Flüchtlingsfrauen und Unterstützer*innengruppen aufgebaut. Jetzt geht es darum, unsere Gemeinsamen Forderungen an die Öffentlichkeit zu bringen.” Wir würden uns freuen, wenn Sie über die Tour berichten und den Termin wahrnehmen, um mit uns über die Situation von Flüchtlingsfrauen zu sprechen. Es besteht auch die
Möglichkeit, die Bustour zu begleiten.
Weitere Information über die Gruppe “Women in Exile & Friends”: http://women-in-exile.net/ oder auf facebook.com/Women-in-Exile-Summer-Bus-Tour-2016
Tourdaten: 25.7. War Starts Here-Camp Altmark // 26.–27.7. Halle/Saale // 28.7.Leipzig // 29.–31.7. Nürnberg // 1.8. Oberursel // 2.–3.8. Köln // 4.8. Osnabrück // 5.8. Bielefeld // 6.8. Göttingen // 7.8. Witzenhausen // 8.–9.8 Bremen // 10.–11.8. Hamburg // 12.8. Potsdam // 13.–14.8. Berlin
In der Nacht von Montag zu Dienstag, dem 12. Juli 2016, wurden im Raum Rathenow-Premnitz mehrere mutmaßliche Straftaten begangen, bei denen eine fremdenfeindliche Motivation nicht auszuschließen ist.
Brandstiftungen in Premnitz
In der havelländischen Kleinstadt Premnitz wurde, nach Polizeiangaben, zunächst gegen 04.35 Uhr ein Brand auf einem Balkon im Erdgeschoss eines Einfamilienhauses in der Franz-Mehring-Straße festgestellt. Ein Anwohner hatte das Feuer bemerkt und anschließend die Bewohner_innen verständigt. Gemeinsam wurde der Brand gelöscht und die Polizei verständigt. Personen kamen nicht zu schaden.
Wenig später stellte die Polizei dann weitere Beschädigungen, die offenbar ebenfalls durch ein Entzünden vorgerufen wurden, an einem anderen Erdgeschossbalkon in der August- Bebel- Straße fest. Nach Befragung durch die Beamt_innen stellte sich heraus, dass die Bewohner_innen den Brand gegen 03.00 Uhr eigenständig feststellten und anschließend selbst mit Wasser löschten.
Die Kriminalpolizei ermittelt nun wegen des zweifachen Verdachtes auf Brandstiftung. Da in den betroffenen Wohnungen zum Zeitpunkt des Brandausbruches Asylsuchende ihren Lebensmittelpunkt hatten, wurde das Staatsschutzkommissariat mit den Ermittlungen betraut. Ein fremdenfeindlicher Hintergrund kann, laut Polizeiangaben, derzeit nicht ausgeschlossen werden. Es lägen jedoch bislang auch noch keine konkreten Hinweise auf eine solche Motivlage vor, so die Beamt_innen in einer ersten Pressemitteilung.
Sprühaktion in Rathenow
Ebenfalls am frühen Dienstagmorgen wurden in der havelländischen Kreisstadt Rathenow mehrere in arabisch verfasste Slogans, die ins Deutsche übersetzt in etwa: „Geht zurück in Euer Land“ bedeuten sollen, festgestellt. Diese waren u.a. in der Nähe des Bahnhofs, des Jobcenters und eines Flüchtlingsheimes angebracht worden. Die unbekannten Täter_innen hatten dafür offenbar Sprühschablonen genutzt. Eine fremdenfeindliche Aktion liegt nahe.
Seit Wochen tauchen in der Umgebung von Rathenow, insbesondere auf den Straßen Richtung Stechow, Nennhausen und Premnitz außerdem auch immer wieder gesprühte Slogans der PEGIDA-Bewegung auf. Die Parole „Merkel muss weg“ wurde dort beispielsweise mehrfach in beide Fahrbahnrichtungen auf die Straße gesprüht. Auch hier ist eine Aktion von Fremdenfeinden, die im momentanen Kurs der Kanzlerin eine all zu flüchtlingsfreundliche Politik sehen, denkbar.
Der Großteil der Sprühereien wurde inzwischen entfernt oder übersprüht.
Fremdenfeindliche Stimmungsmache
In Rathenow radikalisiert sich seit spätestens Oktober 2015 eine rechte Bürgerbewegung, die bei regelmäßigen Versammlungen kontinuierlich gegen Flüchtlinge und den Islam Stimmung macht. Zeitweise nahmen an deren Veranstaltungen bis zu 600 Menschen teil. Momentan hat sich ein harter Kern von 50 Personen herausgebildet, von denen ein Teil auch zu überregionalen PEGIDA-Versammlungen fährt oder Veranstaltungen politischer Gegner_innen stört.
In Premnitz hatte die fremdenfeindliche Stimmungsmache, die damals maßgeblich von der NPD und deren Gesinnungsgenoss_innen betrieben, wurde, bereits im Jahr 2013 zu einen Anschlag auf eine im Bau befindliche Flüchtlingsunterkunft geführt. Der inzwischen rechtskräftig verurteilte Täter wollte dadurch ein Zeichen gegen die Unterbringung von Asylsuchenden in der Stadt setzen.
Fotos: hier
Heute haben die Grünen auf ihrer Fraktionspressekonferenz erklärt, dass sie ein Landesantidiskriminierungsgesetz (LADG) im Landtag einbringen werden. Der Verein Opferperspektive fordert ein solches schon länger und begrüßt die Gesetzesinitiative, denn diese würde eine wichtige Lücke im Schutz vor Diskriminierung durch staatliche Stellen schliessen.
Im Jahr 2013 hat sich das Land Brandenburg die Bekämpfung von Rassismus als Staatsziel in der Landesverfassung verankert. Auch europäisches Recht und das Grundgesetz verpflichten staatliche Stellen, die Bewohner_innen des Landes vor Diskriminierungen zu schützen. Dennoch gibt es in Brandenburg immer noch keinen vollen Rechtsschutz für Betroffene von Diskriminierungen.
Zwar schützt das Allgemeine Gleichbehandlungsgesetz (AGG) des Bundes Betroffene auf den Gebieten des Arbeits- und Zivilrechts, die z.B. durch Arbeitgeber oder Vermieterinnen diskriminiert werden. Doch gegenüber Diskriminierungen durch staatliche Stellen, z.B. durch Polizisten oder Lehrerinnen, ist das AGG nicht anwendbar. Diesen Bereich zu regeln ist Aufgabe der Bundesländer.
Mit der Einführung eines LADG würde Brandenburg 1.) einen Rechtsschutz für Betroffene von Diskriminierung durch staatliches Handeln einführen, 2.) die öffentliche Hand verpflichten, konkrete Maßnahmen gegen Diskriminierung in ihren Institutionen umzusetzen und 3.) eine mit umfassenden Kompetenzen ausgestattete Landesantidiskriminierungsstelle aufbauen.
Nadja Hitzel-Abdelhamid von der Antidiskriminierungsberatung Brandenburg im Verein Opferperspektive erklärt dazu: “Mit einem LADG hört das Land auf, allein von seinen Bürger_innen Fairness zu fordern, und fängt vorbildhaft bei sich selbst an: Mit einem LADG verbietet es seinen eigenen Institutionen jede Form von Diskriminierung und sorgt damit in den staatlichen Strukturen dafür, dass alle Menschen in Brandenburg gleich behandelt werden!”
Menschen, die durch staatliche Institutionen aus rassistischen Gründen, wegen ihrer Herkunft, Nationalität, Sprache, ihres Geschlechts, ihres Lebensalters, ihrer sexuellen Identität, religiösen oder weltanschaulichen Überzeugungen oder wegen ihres sozialen Status diskriminiert werden, würden in ihrer Position gestärkt, weil ihnen ein Rechtsweg eröffnet würde.
Ein voller Rechtsschutz ist dringend nötig, denn Diskriminierungen nehmen in der Gesellschaft insgesamt massiv zu. Sie fangen an, wenn Witze über Schwule gemacht oder Muslime beleidigt werden und setzen sich fort, wenn Polizist_innen Menschen aufgrund ihrer Hautfarbe als Täter behandeln oder eine Schülerin mit Kopftuch bei gleicher Leistung schlechtere Noten als ihre Mitschüler_innen erhält. Von Beschwerden wegen Diskriminierung profitiert das Land, denn nur wenn Menschen sich beschweren, werden Muster von Diskriminierung sichtbar und so veränderbar.
Ein LADG sorgt für gleiche Chancen und gleiche Teilhabe für alle, die in Brandenburg leben.
Sehr geehrter Herr Ministerpräsident Dr. Woidke,
sehr geehrter Herr stellvertretender Ministerpräsident Görke,
voraussichtlich am 17. Juni 2016 steht im Bundesrat die Zustimmung zum Gesetz über die Einstufung von Algerien, Marokko und Tunesien als «sichere Herkunftsstaaten» (Bundestagsdrucksache 18/8039) im Sinne des § 29a AsylG auf der Tagesordnung. Wir richten den dringenden Appell an Sie, mit den vier Stimmen des Landes Brandenburg der erneuten Ausweitung der Liste der «sicheren Herkunftsstaaten» die Zustimmung zu verweigern. Diese Einstufung eines Staates hat für Asylsuchende aus diesen Ländern gravierende Konsequenzen.
Ursprünglich sah das Konzept der «sicheren Herkunftsstaaten» lediglich vor, dass von vornherein angenommen wurde, dass Asylanträge von Personen aus diesen Staaten prinzipiell unbegründet seien und dass dies im Einzelfall von den Betroffenen widerlegt werden müsse. Diese Grundannahme führte in vielen Fällen dazu, dass Asylverfahren oft nach nur oberflächlicher Prüfung sehr schnell als «offensichtlich unbegründet» abgelehnt wurden.
Doch neben diesen gravierenden Einschränkungen im Asylrecht wurde auch das Aufenthaltsrecht in den letzten Monaten um viele weitere Vorschriften ergänzt, die dazu führen, dass Personen aus als «sicher» bezeichneten Staaten hier einer ganzen Reihe von zusätzlichen Sanktionen und Ausgrenzungen ausgesetzt sind:
Asylsuchende aus «sicheren Herkunftsstaaten» müssen für die gesamte Dauer des Asylverfahrens in den Erstaufnahmeeinrichtungen verbleiben und nach einer Ablehnung auch bis zur Ausreise – das heißt, eine Verteilung in die Landkreise und die kreisfreien Städte findet nicht mehr statt. Dadurch soll verhindert werden, dass sie sich hier integrieren können, denn dies wird als Hindernis für eine reibungslose Abschiebung angesehen. Als Nebeneffekt bedeutet dies auch, dass sie für den gesamten Zeitraum des Aufenthalts in der Bundesrepublik einer Sachleistungsverpflegung unterliegen, da in den Erstaufnahmeeinrichtungen der Großteil der Leistungen nach dem Asylbewerberleistungsgesetz auf diese Weise geleistet wird.
Auch bleibt die Residenzpflicht, die in den letzten Jahren stark an Bedeutung verloren hatte und für andere Asylsuchende nur noch in den ersten drei Monaten besteht, für diese Gruppe weiterhin zeitlich unbegrenzt in Kraft. Zusätzlich zu der allgemeinen Strafbewehrung von bis zu einem Jahr Gefängnis oder Geldstrafe sieht das Gesetz seit dem Asylpaket II vor, dass auch ein simpler Residenzpflichtverstoß dazu führen kann, das das Asylverfahren ganz ohne inhaltliche Prüfung eingestellt wird, wenn Betroffene in einer «besonderen Aufnahmeeinrichtung» untergebracht sind. Die Möglichkeit, solche «besonderen Aufnahmeeinrichtungen» zu schaffen, wurde den Ländern ebenfalls durch das Asylpaket II eingeräumt.
Schlussendlich kann das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge schon direkt bei der Ablehnung eines Asylantrags ein Wiedereinreiseverbot aussprechen, eine Sanktion, die ansonsten nur im Fall einer Abschiebung oder Ausweisung erfolgt, nicht jedoch durch die simple Tatsache, dass jemand im Asylverfahren abgelehnt wurde. Sämtliche hier angesprochenen Sanktionen und Ausgrenzungsmechanismen sind seit dem Sommer 2015 oder später in das Gesetz aufgenommen worden, also seit es die Diskussion über die Einstufung der Staaten des West-Balkans als «sichere Herkunftsstaaten» gab. Damals wurde die Büchse der Pandora geöffnet, jetzt gilt es, zumindest den menschenrechtlichen und integrationspolitischen Schaden nicht noch größer werden zu lassen.
Doch auch abgesehen von prinzipiellen Erwägungen in Bezug auf das Konzept der «sicheren Herkunftsstaaten» steht die Menschenrechtslage in allen drei Staaten einer Einstufung als «sichere Herkunftsstaaten» diametral entgegen. Amnesty International führt in seiner Stellungnahme zum Gesetzentwurf der Bundesregierung zu Algerien, Marokko und Tunesien aus, warum Einschränkungen der Meinungs- und Versammlungsfreiheit, außergerichtliche Hinrichtungen, Folter und Misshandlungen, aber auch der fehlende Schutz vor sexualisierter Gewalt und das Verbot gleichgeschlechtlicher Sexualkontakte eklatant gegen die Einstufung als «sicherer Herkunftsstaat» sprechen (vgl. http://www.amnesty.de/files/Amnesty-Stellungsnahme-Innenausschuss-April2016.pdf).
Aber auch der Gesetzentwurf der Bundesregierung selbst weist auf erhebliche Defizite im Justizsystem hin:
In Bezug auf Algerien heißt es dort etwa: «Die Rechte der Beschuldigten im Prozess werden nicht immer beachtet. Die Gerichte üben in der Regel keine wirksame Kontrolle staatlichen Handelns aus. Die in der Verfassung garantierte Unabhängigkeit von Gerichten und Richtern ist in der Praxis nicht immer gewährleistet. Geltende Gesetze und Vorschriften werden nicht immer einheitlich und flächendeckend angewandt. (…) Den Bürgerinnen und Bürgern fehlt nach wie vor das Vertrauen in die Justiz, sie sehen vor allem in politisch relevanten Strafverfahren Handlungsbedarf. Nach belastbarer Einschätzung von Menschenrechtsorganisationen und Journalisten nimmt die Exekutive in solchen Fällen unmittelbar Einfluss auf die Entscheidungen des Gerichts» (BT-DS 18/8039 , S. 10). Zu Tunesien spricht der Gesetzentwurf selbst von extralegalen Tötungen in Haft und Fällen von Folter: «Tunesische und internationale Medien sowie spezialisierte Nichtregierungsorganisationen, wie die Organisation Mondiale contre la Torture (OMCT) oder die Organisation contra la Torture en Tunisie (OCTT), berichten kontinuierlich über Einzelfälle von Folter, insbesondere in der Polizeihaft, unmenschliche Behandlung in den Haftanstalten, die nicht europäischen Standards entsprechen, sowie Bestrebungen, rechtliche Schritte gegen die Verantwortlichen einzuleiten. Bislang sei es jedoch in keinem einzigen Fall gelungen, eine Verurteilung von Amtspersonen oder ehemaligen Amtspersonen wegen Folter, unmenschlicher oder erniedrigender Behandlung oder Bestrafung zu erreichen» (BT-DS 18/8039, S. 15).
Sehr geehrte Mitglieder des Bundesrates für das Land Brandenburg, schon aus dem Gesetzentwurf selbst geht also hervor, dass sich die Einstufung von Algerien, Marokko und Tunesien als «sichere Herkunftsstaaten» nicht rechtfertigen lässt. Das Bundesverfassungsgericht hat für eine solche Einstufung gemäß § 29 a AsylG hohe Hürden errichtet: «Für die Bestimmung eines Staates zum sicheren Herkunftsstaat muss Sicherheit vor politischer Verfolgung landesweit und für alle Personen- und Bevölkerungsgruppen bestehen» (BVerfGE 94, 115). Das Konzept der «sicheren Herkunftsstaaten» darf nach der Rechtsprechung des BVerfG nicht angewandt werden, «wenn ein Staat bei genereller Betrachtung überhaupt zu politischer Verfolgung greift, sei diese auch (zur Zeit) auf eine oder einige Personen- oder Bevölkerungsgruppen begrenzt. Tut er dies, erscheint auch für die übrige Bevölkerung nicht mehr generell gewährleistet, dass sie nicht auch Opfer asylrechtlich erheblicher Maßnahmen wird» (BverfGE 94, 115, Rn. 71). Werden die Kriterien des BVerfG auf die Menschenrechtssituation in Algerien, Marokko und Tunesien angewandt, so führt insbesondere die Verfolgung Homosexueller in allen drei Staaten dazu, dass die Staaten nicht in die Liste der «sicheren Herkunftsstaaten» gem. § 29a AsylG aufgenommen werden dürfen.
Wir appellieren daher – auch im Namen der vielen Haupt- und Ehrenamtlichen, der Flüchtlingsinitiativen und Beratungsstellen – an Sie, den Flüchtlingsschutz nicht weiter auszuhöhlen und der Einstufung von Algerien, Marokko und Tunesien als «sichere Herkunftsstaaten» aus verfassungsrechtlichen Gründen Ihre Zustimmung zu verweigern.
Mit freundlichen Grüßen
Flüchtlingsrat Brandenburg