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AfD-Kundgebung in Bernau 07.07.2018

Ver­gan­genen Sonnabend hielt die AfD Barn­im eine Kundge­bung unter dem Mot­to „Unsere Frauen und Töchter sind kein Frei­wild“ auf dem Bahn­hofsvor­platz in Bernau ab. Vor etwa 80 Teilnehmer*innen ver­mit­tel­ten die Redner*innen das in recht­en Diskursen häu­fig bemühte Bild des „über­grif­fi­gen Frem­den“ und instru­men­tal­isierten sex­u­al­isierte Gewalt für ras­sis­tis­che Het­ze und Angriffe auf die Asylpoli­tik Angela Merkels.
Etwa 40 Gegendemonstrant*innen ver­sam­melten sich mit Trans­par­enten wie „Flüchtlinge Willkom­men!“ oder „No Depor­ta­tions“ und riefen Sprechchöre wie „Schluss mit Hetze!“.

AfD auf dem Bahnhofsvorplatz in Bernau
AfD auf dem Bahn­hofsvor­platz in Bernau

Schafe und Wölfe
Der Vor­sitzende der AfD Barn­im, Klaus-Peter Kulack, eröffnete die Kundge­bung mit ein­er het­zerischen Rede, in der er dazu aufrief, „Dem Gesin­del den Kampf an zu sagen“. In Metha­phern rief er die Kundgebungsteilnehmer*innen zu Gewalt auf:
„Seht euch vor – aus Schafen wer­den näm­lich ganz schnell reißende Wölfe!“ (Teil­nehmer­rufe: „Ja!“) „Wir gewähren Leuten Schutz und unser Steuergeld und zum Dank benehmen sich einige wie der let­zte Dreck gegen uns. Denen sagen wir: Wie sind nicht mehr eure Schafe, wir sind ab heute eure Wölfe! Wir sind die Her­ren im Haus und wir wer­den nur dulden wer sich hier vernün­ftig und angemessen bewegt. Alle anderen sollen uns fürcht­en ler­nen. Die Zeit der Schafe ist vor­bei, Wider­stand ist ange­sagt.“ (Sprechchöre „Wider­stand!“)
„Wir wollen keine Schafe mehr sein! Gewöh­nt euch daran, Wölfe zu sein, ab jet­zt und ab sofort. Lasst uns die Wölfe zum Vor­bild nehmen. Sie vertei­di­gen ihre Rotte und fletschen die Zähne wenn sie ihr Revi­er vertei­di­gen. Keine Frau und kein Mäd­chen ist Frei­wild für herge­laufene Nicht­snutze. Und ich denke, wenn Sie merken, dass Sie keine Chance haben und auf selb­st­be­wusste Men­schen stoßen, die die ihnen die Zähne zeigen, wer­den sie ganz schnell dahin zurück­kehren wo sie hergekom­men sind. Die Zeit der Schafe ist vorbei!“
Koop­er­a­tion mit der NPD
Unter den Teilnehmer*innen waren einige bekan­nte Aktivis­ten der NPD. Andreas Rokohl, langjähriger Aktivist der NPD Barn­im, war zudem als offizieller Fotograf auf der AfD-Kundge­bung, er trug eine Arm­binde mit der Auf­schrift „Medi­en“.
NPD-Aktivist Andreas Rokohl als offizieller Fotograf
NPD-Aktivist Andreas Rokohl als offizieller Fotograf

Weit­er­hin auf­fäl­lig war, dass vier Teil­nehmer T‑Shirts mit der Auf­schrift „Schutz­zone“ tru­gen und vor Beginn der Kundge­bung für Fotos posierten. Diese wur­den später auf der seit Juni 2018 beste­hen­den Face­book-Seite „Schutz­zone Barn­im“ veröf­fentlicht. Über diese Seite wurde auch die AfD-Kundge­bung bewor­ben. Hin­ter der „Schutz­zone Barn­im“ steckt die NPD Barn­im, welche eine bun­desweite Kam­pagne der NPD umset­zt. Ziel dieser Kam­pagne ist es, öffentlichkeitswirk­sam Bürg­er­wehren zu etablieren, um ver­meintlich Recht und Ord­nung durchzuset­zen. Was das bedeutet, sieht man auf den auf „Schutz­zone Barn­im“ veröf­fentlicht­en Fotos. Darauf abge­bildet sind durch Bernau patrouil­lierende Män­ner, die NPD-Aufk­le­ber verkleben, und mit Reichs­flaggen bestück­te Gebäude.
Facebook-Screenshot der NPD-Seite
Face­book-Screen­shot der NPD-Seite
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4 ½ Jahre Haft für Brandanschlag in Kremmen

INFORIOT — Am Don­ner­stag, den 05. Juli, verurteilte das Landgericht Neu­rup­pin zwei Kremmen­er wegen gemein­schaftlich ver­suchter schw­er­er Brand­s­tiftung. Sie verübten im April 2017 einen Anschlag auf die Gemein­schaft­sun­terkun­ft für Asyl­suchende in Krem­men (Ober­hav­el). Das Gericht erkan­nte in dem Anschlag ein „frem­den­feindlich­es Motiv“.
Der 29-jährige Haupt­täter Robert Urban muss für vier Jahre und sechs Monate in Haft. Er warf zwei selb­st gebaute Brand­sätze, so genan­nte Molo­tow­cock­tails, auf die Unterkun­ft. Durch den Bau und die Benutzung der Brand­sätze hat er sich außer­dem wegen Ver­stoß gegen das Waf­fenge­setz straf­bar gemacht. Der 35-jährige Mitangeklagte Nico Ben­sch wurde zu ein­er Bewährungsstrafe von drei Jahren verurteilt. Er war an der unmit­tel­baren Tat nicht beteiligt, wird jedoch für die Beteili­gung an der Vor­bere­itung mitschuldig gemacht. Das Urteil des Landgericht­es fol­gt damit nicht den Forderun­gen der Staat­san­waltschaft. Diese hat­te den Haupt­täter wegen ver­sucht­en Mordes angeklagt und ver­langte eine Haft­strafe von über neun Jahren.
Keine Tötungsab­sicht
Zen­tral für die Entschei­dung des Gericht­es war die Frage, ob es einen Tötungsvor­satz gab: Die Unterkun­ft, war zum Zeit­punkt der Tat bewohnt; in der Nacht bran­nte in einem der Zim­mer Licht, ein Fen­ster war angekippt. Videoaufze­ich­nun­gen der Überwachungskam­era zeigten, wie Urban einen Brand­satz gezielt in Rich­tung Fen­ster wirft. Ein­er der Bewohn­er, der sich in dem Zim­mer aufhielt, schilderte vor Gericht, dass der Brand­satz das Fen­ster bzw. nah daneben die Fas­sade traf. Der Richter Udo Lechter­mann erk­lärte in der Urteilsverkün­dung, dass ein Angriff, der in der Nachtzeit passiert und Men­schen im Schlaf von dem Feuer über­rascht wer­den, eine ern­sthafte Gefährdung darstellt. Einen Mord­ver­such sieht er jedoch nicht. Dafür seien u.a. die Brand­sätze zu klein. Auch schenk­te er den bei­den Angeklagten glauben, dass sie keine Per­so­n­en schädi­gen woll­ten. Diese sagten aus „ein Zeichen set­zen zu wollen“. Der Angriff, so der Richter, „zielte nicht nur auf die Bewohn­er, son­dern auf alle Aus­län­der in der Region.“
„Dilet­tan­tis­ches Vorgehen“
Bei­de Täter waren von Beginn an geständig und zeigten Reue. „Es sei eine ganz dumme Aktion gewe­sen“, gaben Bei­de als Abschluss­worte zu Pro­tokoll. Die Staat­san­waltschaft sah in der Tat eine „dilet­tan­tis­che Aktion, die geeignet war sich selb­st zu ver­let­zen“. Urban und Ben­sch, so rekon­stru­ierte das Gericht die Tat­nacht, hat­ten in der Woh­nung von Urban getrunk­en, Recht­sRock gehört, sich über Zuwan­derung und Geflüchtete unter­hal­ten. Doch statt nur zu reden, verabre­de­ten sich Bei­de um Tat­en sprechen zu lassen. Sie füll­ten zwei kleine Glas­flaschen mit Rasen­mäher­ben­zin, als Lunte dien­ten Sock­en. Gemein­sam macht­en sich die Täter auf den Weg zur zwei Kilo­me­ter ent­fer­n­ten Unterkun­ft. Auf dem Weg will Ben­sch auf seinen Kumpel ein­gere­det haben, die Aktion abzublasen. Da dieser nicht hörte, blieb Ben­sch einige Meter vor der Unterkun­ft ste­hen. Urban lief allein zum Gelände und warf bei­de Brandsätze.
„Zer­störerische Naziideologie“
Auch wenn sich die bei­den Angeklagten bemüht­en, möglichst unpoli­tisch zu erscheinen, erkan­nte das Gericht die „nationale Gesin­nung, gepaart mit Aus­län­der­feindlichkeit“. Fotos, Musik, Videos und Chatver­läufe der Angeklagten zeigten deut­lich deren neon­azis­tis­che Ideologie.
Ben­sch beispiel­sweise hielt sich in Foren auf, deren Mit­glieder sich „Deutsches Reich“, „Adolf Hitler“ oder „Eva Braun“ nan­nten. Urban sam­melte ins­beson­dere Mil­i­taria-Devo­tion­alien, meinte dies aber nur aus Samm­ler­lei­den­schaft zu tun. Ben­schs Vertei­di­ger, Recht­san­walt Balke, warb um Nach­sicht für die bei­den Angeklagten. Er stellte Urban als wenig intel­li­gente dar und auch sein Man­dat Ben­sch sei zu bedauern, da er nun wieder im Keller sein­er Eltern leben müsse. Balke ist der Mei­n­ung, die Nazi­ide­olo­gie sei der einzige Halt, den die Bei­den gehabt hät­ten. Ben­sch habe aber inzwis­chen, vor allem durch die U‑Haft, erkan­nt, wie zer­störerisch die Nazi­ide­olo­gie sei und habe sich davon distanziert.

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Tschetschenische Flüchtlinge wehren sich gegen unverhältnismäßigen Polizeieinsatz

Flüchtlingsrat unter­stützt offe­nen Brief von Tschetschen_innen aus Cottbus
Der Flüchtlingsrat Bran­den­burg unter­stützt den beige­fügten offe­nen Brief, in dem sich Tschetschen_innen aus Cot­tbus gegen die ihnen ent­ge­genge­bracht­en ras­sis­tis­chen Zuschrei­bun­gen sowie die ange­wandte Polizeige­walt wehren. Wir unter­stützen ihre Forderun­gen nach ein­er Aufk­lärung der Vor­fälle sowie nach einem Dia­log zwis­chen den Ver­ant­wortlichen aus Min­is­te­rien, der Stadt Cot­tbus und den betr­e­f­fend­en Tschetschen_innen.
Die in dem Brief geschilderten Fes­t­nah­men etlich­er Unbeteiligter, darunter Kranker, die Behand­lung und Ver­wehrung von Recht­en und Infor­ma­tion auf der Polizei­wache, die Durch­suchun­gen von Kindern und ihren Eltern bei vorge­hal­tener Waffe sind unver­hält­nis­mäßig. Der offene Brief und das darin geschilderte Vorge­hen der Behör­den lassen ein ras­sis­tis­ches Pro­fil­ing durch die Sicher­heits­be­hör­den erken­nen, das Tschetschen_innen unter Gen­er­alver­dacht stellt und sie in ihren Grun­drecht­en verletzt.
Die Verfasser_innen des offe­nen Briefes machen außer­dem auf den antimus­lim­is­chen Ras­sis­mus gegenüber Tschetschen_innen aufmerk­sam, der ihnen im All­t­ag und bei Behör­den sowie bei den Vor­fällen der ver­gan­genen Wochen ent­ge­gen schlägt. Ras­sis­tis­che Diskurse um innere Sicher­heit wer­den dabei genutzt, um die Rechte von Tschetschen_innen im Asylver­fahren und während ihres Aufen­thaltes weit­er einzuschränken, sie von Inte­gra­tionsleis­tun­gen auszuschließen und sie gesellschaftlich zu isolieren.
Dabei wer­fen die Ver­ant­wortlichen demokratis­che Grund­sätze gle­ich mit über Bord. So sprach der Leit­er der Aus­län­der­be­hörde Cot­tbus Carsten Kon­za­ck auf dem ver­gan­genen Sach­sendor­fer Bürgerdialog1 von Ausweisun­gen der betr­e­f­fend­en Tschetsch­enen, ohne dass eine Verurteilung seit­ens der Gerichte erfol­gt wäre. Diejeni­gen, über deren Ausweisung nun in der Öffentlichkeit debat­tiert wird, haben gegen ihren ablehnen­den Asylbescheid Klage beim Ver­wal­tungs­gericht ein­gelegt, das die behördlichen Beschei­de prüft. Wenn Carsten Kon­za­ck sagt, er könne das Ver­fahren beschle­u­ni­gen, ist das nicht nur anmaßend, son­dern auch ein frag­würdi­ger Umgang mit der im Grundge­setz ver­ankerten Gewaltenteilung.
In ihrem Offe­nen Brief schildern die Betrof­fe­nen ihre eigene Per­spek­tive auf die aktuelle Sit­u­a­tion in Cot­tbus und darüber hin­aus. Es ist zen­tral, dass die Adressat_innen diese Per­spek­tive sehr ernst nehmen, denn es ist eine Analyse, die in der öffentlichen Debat­te bish­er unge­hört bleibt. Die Kon­struk­tion von Tschetschen_innen als homo­gene Gruppe, von der eine Gefahr aus­ge­hen würde, führt dazu, dass indi­vidu­elle Schick­sale, die Ver­let­zlichkeit von einzel­nen Betrof­fe­nen und die gravieren­den Auswirkun­gen von Ras­sis­mus auf Einzelne aus­ge­blendet wer­den kön­nen. Wenn Men­schen ent­men­schlicht wer­den, wird die Anwen­dung von Gewalt zu einem reinen Verwaltungsakt.
Seit Anfang des Jahres kri­tisiert der Flüchtlingsrat die zunehmende Krim­i­nal­isierung von Geflüchteten in Cottbus2. Der Flüchtlingsrat fordert einen selb­stre­flex­iv­en Umgang der Behör­den mit ras­sis­tis­chen Zuschrei­bun­gen, die sich in öffentlichen Äußerun­gen sowie ihren Hand­lun­gen wider­spiegeln. Wir fordern ein Ende des vorgeschobe­nen und unver­hält­nis­mäßi­gen Sicher­heits­diskurs­es seit­ens der Behör­den in Cot­tbus, deren Lei­d­tra­gende schutz­suchende Men­schen sind. Wir fordern die Aufk­lärung der Vor­fälle in Cot­tbus und einen Dia­log mit den Geschädigten.
1 https://www.lr-online.de/lausitz/cottbus/hartes-vorgehen-gegen-tschetschenen_aid-23645561
2 http://www.fluechtlingsrat-brandenburg.de/aktuelles/wessen-sicherheit-innenminister-auf-dem-rechten-auge-blind

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Antifaschismus Law & Order

Das extrem rechte Kampfsportturnier „Tiwaz – Kampf der freien Männer“

Im Ort­steil Grün­hain der Gemeinde Grün­hain-Beier­feld im säch­sis­chen Erzge­birge trafen sich am 9. Juni 2018 bis zu 250 Neon­azis zum Kampf­s­port­turnier „Tiwaz“. Die Ver­anstal­tung wurde seit Sep­tem­ber 2017 angekündigt und im Inter­net bewor­ben. Seit Ende Jan­u­ar 2018 kon­nten sich Kämpfer anmelden, Zuschauerkarten wur­den ab dem 16. März 2018 für 20 Euro pro Stück angeboten.

Das erst­mals durchge­führte „Tiwaz“ schließt naht­los an rechte Kampf­s­port-Ver­anstal­tun­gen wie den „Kampf der Nibelun­gen“ in Deutsch­land, den „Day of Glo­ry“ in Frankre­ich oder den „Tri­umph of Will“ in Ungarn an. Dementsprechend ver­net­zt kon­nte das „Tiwaz“ auf eine bre­ite Unter­stützung inner­halb der neon­azis­tis­chen Kampf­s­port­szene blick­en. So wurde das Event von der deutschen Train­ings­gruppe „War­don 21“, dem Kampf­s­port­net­zw­erk „Kampf der Nibelun­gen“, dem rus­sis­chen Neon­azi-Net­zw­erk „White Rex“, dem „Son­nenkreuz Ver­sand“ und den Neon­azi-Marken „Black Legion Wear“ und „Greifvo­gel Wear“ unterstützt.


Inhalt:

Kon­spir­a­tive Organ­i­sa­tion und inter­na­tionale Vernetzung

Die Kämpfer und die soge­nan­nte „Kampfge­mein­schaft“
– Kämpfer aus dem nord­deutschen Raum –
– Bran­den­burg­er Kämpfer –
– Kämpfer aus Thüringen –
– Ein alter Bekan­nter aus Sachsen-Anhalt –
– Kämpfer aus Sachsen –
– Bish­er unbekan­ntes Team aus Bayern –
– Kämpfer aus Rus­s­land und Bulgarien –

Die BesucherIn­nen

Faz­it


Die Teil­nehmerIn­nen reis­ten aus dem ganzen Bun­des­ge­bi­et sowie aus dem europäis­chen Aus­land an. Das Turnier bein­hal­tete 15 Kampf­paarun­gen und den Vor­trag eines Zeitzeu­gen, der über seine Erfahrun­gen mit Boxs­port im Nation­al­sozial­is­mus referiert haben soll.

Die Polizei führte Per­so­n­enkon­trollen an den Ort­se­ingän­gen durch und war laut eigen­er Aus­sage nicht bestrebt, „große Aufmerk­samkeit (…) auf eine der­ar­tige Ver­anstal­tung zu gener­ieren“ (twitter.com/PolizeiSachsen). Dementsprechend störungs­frei kon­nte das neon­azis­tis­che Kampf­s­port­turnier durchge­führt wer­den. Als Aus­tra­gung­sort diente das Miet­lokal „Tre­ff­punkt Grün­hain“ in der Bahn­hof­s­traße 4, auch bekan­nt als „VEM Kul­tur­saal Grün­hain“. In dem Gebäude, in dem son­st regelmäßig „Ü30-Par­tys“ stat­tfind­en, sitzt auch die Ver­mi­eter­fir­ma „Zehn­der Grund­stücksver­wal­tung GmbH“.

Der „Tre­ff­punkt Grün­hain“, in dem das „Tiwaz“ stat­tfand (Quelle: Pixelarchiv)

Die Organ­i­sa­tion des Events erfol­gte kon­spir­a­tiv. Ähn­lich wie bei intern bewor­be­nen neon­azis­tis­chen Konz­erten benutzten die Ver­anstal­ter des „Tiwaz“ einen Schleusungspunkt, den die Teil­nehmerIn­nen passieren mussten, um den genauen Ort der Ver­anstal­tung zu erfahren. Damit stell­ten die Ver­anstal­ter sich­er, dass uner­wün­schte ZuschauerIn­nen oder Pres­sev­ertreterIn­nen die Lokalität nicht im Voraus erfahren. Ein solch­es Konzept verdeut­licht, dass die Teil­nahme an diesem Turnier nicht zufäl­lig erfol­gte, son­dern die teil­nehmenden Kämpfer und ZuschauerIn­nen sehr wohl wussten, in welchem Rah­men die Ver­anstal­tung aus­ge­tra­gen wird.

Konspirative Organisation und internationale Vernetzung

Bei der Organ­i­sa­tion kon­nte augen­schein­lich auf die Exper­tise des extrem recht­en Kampf­s­port­net­zw­erkes des „Kampf der Nibelun­gen“ (KdN) zurück­ge­grif­f­en wer­den, das seit 2013 der­ar­tige Turniere veranstaltet.

Die regionale Vor­bere­itung des Events wurde vorder­gründig durch den Chem­nitzer Neon­azi Tim Kühn koor­diniert. Er warb schon früh für das „Tiwaz“ und ver­laut­barte später, dass über ihn Karten erhältlich seien. Kühn betreute zudem den Verkaufs- und Infor­ma­tion­s­stand des „Tiwaz“ auf dem Neon­azi-Fes­ti­val „Schild und Schw­ert“ am 20. und 21. April 2018 im säch­sis­chen Ostritz. Er ist seit Jahren in der organ­isierten Neon­azi-Szene aktiv. Bere­its im Umfeld der „Nationalen Sozial­is­ten Chem­nitz“ (NSC) nahm er an Demon­stra­tio­nen und Aktio­nen teil. Die Organ­i­sa­tion war maßge­blich für neon­azis­tis­che Aktiv­itäten in Chem­nitz und Umland ver­ant­wortlich und wurde im März 2014 ver­boten. Ihr gehörten auch Per­so­n­en aus dem Unter­stützerIn­nenkreis der recht­ster­ror­is­tis­chen Gruppe „Nation­al­sozial­is­tis­ch­er Unter­grund“ (NSU) an.

Tim Kühn selb­st war zwis­chen­zeitlich auch bei den „Nationalen Sozial­is­ten Erzge­birge“ aktiv und trat 2013 vor allem als Teil des Sicher­heits­di­en­stes der NPD auf, der Wahlkampfver­anstal­tun­gen der Partei absicherte. Ab 2016 beteiligte er sich an den Aktio­nen der kur­zlebi­gen Chem­nitzer Neon­azi-Grup­pierung „Recht­es Plenum“, welche von den nieder­säch­sis­chen Neon­azi-Kadern Patrick Kruse und Karl Schit­tko ins Leben gerufen wurde. Kühn ist auf eini­gen der „PR-Fotos“ dieser Gruppe zu sehen und organ­isierte u.a. großflächige Stick­er-Aktio­nen im Chem­nitzer Stadt­teil Sonnenberg.

Neben der lokalen Organ­isi­a­tions-Struk­tur garantierte vor allem das rechte Kampf­s­port­net­zw­erk „Kampf der Nibelun­gen“ den rei­bungslosen Ablauf der Ver­anstal­tung. Neben dem Dort­munder Alexan­der Dep­tol­la als Ansprech­part­ner des KdN war Jim Koal für die Betreu­ung des KdN-Verkauf­s­standes in Grün­hain zuständig. Koal stammt aus dem Raum Chem­nitz, wohnt aber seit einiger Zeit in Dort­mund. Dort, im eng­sten Kreis der Neon­azi-Partei „Die Rechte“, ist auch Franz Pauße aktiv, der dem KdN-Organ­i­sa­tion­steam ange­hört und eben­so bei „Tiwaz“ anwe­send war. Die Chem­nitz-Dort­mund-Con­nec­tion kommt dabei nicht von unge­fähr. Seit Jahren weisen die Nazistruk­turen bei­der Städte eine enge Bindung auf. Neben Jim Koal ist dabei vor allem Steve Rein­hold, ehe­mals NSC und „Recht­es Plenum“ in Chem­nitz, häu­fig im Anhang der Dort­munder Neon­azis der Partei „Die Rechte“ zu find­en. Der stel­lvertre­tende Vor­sitzende der Partei, Christoph Drew­er aus Dort­mund, ist indes regelmäßig in Chem­nitz zu Gast. Im Okto­ber 2016 trat er für die Hooli­gan­gruppe „Kaot­ic Chem­nitz“ zum KdN-Turnier im hes­sis­chen Gemün­den an. Beim „Schild & Schwert“-Festival in Ostritz stieg er für das „Team Kampf der Nibelun­gen“ in den Ring.

Zum Team des KdN im säch­sis­chen Grün­hain gehörte auch der aus Thürin­gen stam­mende Philipp Liebe­trau. Seine „Kar­riere“ in der Neon­azi-Szene begann er in den Struk­turen der „Freien Kräfte Südthürin­gen“, die bis zu Auflö­sung im Jahr 2008 maßge­blich das Image der „Autonomen Nation­al­is­ten“ bee­in­flussten. Liebe­trau gehörte auch zur ersten Gen­er­a­tion des extrem recht­en „Medi­enkollek­tiv Media Pro Patria“. Nach deren Auflö­sung war Liebe­trau regelmäßiger Teil­nehmer von Kundge­bun­gen des „Nationaler Wider­stand Dort­mund“ um Christoph Drew­er, Michael Brück und Alexan­der Dep­tol­la. Seit dessen Ver­bot im Jahr 2012 gilt die Neon­azi-Partei „Die Rechte“ als Auf­fang­beck­en der lokalen Neon­azi-Szene. Dass Liebe­trau beim „Tiwaz“ als Abge­sandter des KdN auf­trat, ist dem­nach nicht ver­wun­der­lich. Schon 2017 trat er in Frankre­ich beim Neon­azi-Turnier „Force & Hon­neur“ als Vertreter dieser Struk­tur auf, wo er den KdN-Kämpfer Kai Zim­mer­mann, Kad­er der Neon­azi-Partei „Der III. Weg“ in Bay­ern, betreute. Phillip Lieb­trau ist fern­er Grün­dungsmit­glied der Neon­azi-Train­ings­gruppe „War­don 21“ und spielt mit dem Öster­re­ich­er Manuel Eder – eben­falls Kern­mit­glied bei „Wardon21“ – in der NS-Hard­core-Band „Ter­ror­sphära“.

Die seit 2017 aktive Grup­pierung „War­don 21“ war in Grün­hain durch den aus Thürin­gen stam­menden Philipp Oer­tel und den in Sprem­berg (Bran­den­burg) als Tätowier­er arbei­t­en­den Heiko Drews vertreten. Drews ist eines der neuesten Mit­glieder der bun­desweit agieren­den Neon­azi-Gruppe und gehört darüber hin­aus dem Sprem­berg­er Ableger des „Gremi­um MC“ an, der für seine Verbindun­gen in die Neon­azi-Szene bekan­nt ist. „War­don 21“ propagiert vor allem einen „NS-Straight Edge“-Lifestyle, der in der Neon­azi-Szene aktuell zunehmend Ver­bre­itung find­et. Mit Manuel Eder ist die Gruppe zudem an die Neon­azi-Marke „Greifvo­gel Wear“ ange­bun­den. Während die Marke vom ehe­ma­li­gen „Blood & Honour“-Kader Sebas­t­ian Raack aus Süd­bran­den­burg angemeldet wurde, wirkt Eder als Verbindungs­mann in die inter­na­tionale Neon­azi-Szene. Einen Tag vor dem „Tiwaz“ betreute er etwa den Verkauf­s­stand von „Greifvo­gel Wear“ auf dem Neon­azi-Fes­ti­val „Tage der nationalen Bewe­gung“ in Thürin­gen. Dass Eder die Marke auch in Grün­hain repräsen­tierte, ist wahrscheinlich.

Beteiligte Per­so­n­en und Organ­i­sa­tio­nen, (v.l.n.r.) Philipp Oer­tel („War­don 21“), Alexan­der Dep­tol­la („Kampf der Nibelun­gen“), Tim Kühn („Tiwaz“), Tomasz Skatul­sky („Pride France“), Denis Nikitin („White Rex“) und zwei Per­so­n­en von „Black Legion“

Die extrem rechte Cot­tbuser Kampf­s­port- und Streetwear­marke „Black Legion“ fand sich eben­falls mit einem Team sowie einem Dutzend Anhän­gerIn­nen in Grün­hain ein. Inhab­er der Marke ist Mar­tin Sei­del aus Cot­tbus, der auch den Neon­azi-Laden „The Dev­ils Right Hand Store“ und das Neon­azi-Musik­la­bel „Rebel Records“ betreibt. Er selb­st war am Tag des „Tiwaz“ mit einem Verkauf­s­stand beim Neon­azi-Fes­ti­val „Tage der nationalen Bewe­gung“ in The­mar vertreten. Seine Band „Haus­mannkost“ stand dort am sel­ben Tag auch auf der Bühne. Es ist denkbar, dass Sei­del nur als Strohmann für „Black Legion“ fungiert.

Aus der Region Köln war mit dem „Son­nenkreuz Ver­sand“ ein weit­er­er bekan­nter Akteur der organ­isierten Neon­azi-Szene am „Tiwaz“ beteiligt. Der Ver­sand wird von Frank Krämer betrieben, der auch für den Video-Blog „Der dritte Blick­winkel“ ver­ant­wortlich ist, als Gesprächspart­ner im For­mat „Mul­ti­kul­ti trifft Nation­al­is­mus“ mitwirkt und darüber hin­aus Stu­diomusik­er und Grün­dungsmit­glied der neon­azis­tis­chen Band „Stahlge­wit­ter“ ist. Fern­er ist Krämer auch bei der extrem recht­en Neo­folk-Band „Hal­gadom“ aktiv. Seine Anbindung an das „Tiwaz“ dürfte jedoch nicht vor­rangig auf seine musikalis­chen Aktiv­itäten zurück zu führen sein, son­dern auf das Ange­bot seines Ver­sand­han­dels. Dort bietet Krämer, der seit eini­gen Jahren Kraft­sport betreibt, u.a. Nahrungsergänzungsmit­tel und soge­nan­nte „Boost­er“ an, die sich vor allem im Bere­ich Kraft­sport an Beliebtheit erfreuen.

Mit dem rus­sis­chen Neon­azi-Kampf­s­port­net­zw­erk „White Rex“ war „Tiwaz“ nicht nur inter­na­tion­al beset­zt, son­dern kann mit Kon­tak­ten zu dessen Grün­der Denis Nikitin auf einen erfahre­nen Ver­anstal­ter neon­azis­tis­ch­er Turniere zählen. Nikitin ist nicht nur Hooli­gan und aktiv­er Sportler im Bere­ich Box­en, son­dern vor allem Net­zw­erk­er. Seine Bemühun­gen um den Aus­bau der extrem recht­en Kampf­s­port­szene, den er seit spätestens 2013 in Deutsch­land vorantreibt, scheinen Früchte zu tra­gen. Denn mit dem „Kampf der Nibelun­gen“, den er maßge­blich bee­in­flusste, beste­ht ein aus der Naziszene heute nicht mehr wegzu­denk­endes Net­zw­erk und Event. Durch das Turnier in Ostritz im April 2018, das „Tiwaz“ in Grün­hain und zwei weit­ere angekündigte Kampf­s­port-Events im Okto­ber und Novem­ber 2018 wächst dieses Net­zw­erk rasant.

Auch die franzö­sis­che extrem rechte Kampf­s­port­marke „Pride France“ find­et sich stets auf den Events der Szene wieder. Tomasz Skatul­sky, Marken­grün­der und aktiv­er Kampf­s­portler im Bere­ich MMA, war selb­st – neben Denis Nikitin – Mitor­gan­isator des recht­en Kampf­s­port-Events „Day of Glo­ry“, das unter Mitwirken der franzö­sis­chen Sek­tion von „Blood & Hon­our“ in den Jahren 2014, 2015 und 2016 in der Nähe von Lyon aus­ge­tra­gen wurde. Auch dessen Nach­fol­ger „Force & Hon­neur“, der im Juni 2017 in der Nähe von Genf stat­tfand, wurde fed­er­führend von Skatul­sky organ­isiert. Statt dem „Blood & Honour“-Netzwerk standen ihm dort Mit­glieder und Unter­stützer der Neon­azi-Brud­er­schaft „Ham­mer­skins“ aus Frankre­ich und der Schweiz helfend zur Seite. Auch der „Kampf der Nibelun­gen“ ver­weist auf eine starke Anbindung an die „Ham­mer­skins“.

Die Kämpfer und die sogenannte „Kampfgemeinschaft“

In den Bere­ichen MMA, Box­en und K1 trat­en ins­ge­samt 30 Kämpfer in den Ring. Der Fokus lag dabei auf „Män­ner“, schließlich trug das Turnier den Beina­men „Kampf der freien Män­ner“. Eine bewusst antifem­i­nis­tis­che For­mulierung, die wohlwol­lend angenom­men wurde. So kündigte die NS-Hard­core-Band „Ter­ror­sphära“ das „Tiwaz“ mit fol­gen­den Worten an: „Für alle aufrecht­en Rauf­bolde, kampfes­lusti­gen Waldläufer und schlagfer­ti­gen Weiber­sleut: TIWAZ ruft Euch in den Ring. Gebt euer Bestes und zeigt, dass unser Volk nicht nur noch aus vol­lkom­men degener­ierten Fotzenknecht­en und Femen­bäl­gern beste­ht!“. Dementsprechend waren nur wenige Neon­azi-Aktivistin­nen anwe­send. Warum „schlagfer­tige Weiber­sleut“ zum „Kampf der freien Män­ner“ in den Ring ein­ge­laden wur­den, erschließt sich dabei nicht. Im Ring standen auss­chließlich männliche Kämpfer.

Die Kämpfer entstam­men dabei allen möglichen Struk­turen und Erleb­niswel­ten der Neon­azi-Szene und reis­ten aus dem gesamten Bun­des­ge­bi­et sowie dem europäis­chen Aus­land an. Anhand ein­er geografis­chen Zuord­nung wer­den wir im Fol­gen­den die uns bekan­nten Kämpfer porträtieren.

Kämpfer aus dem nord­deutschem Raum

Tat­säch­lich reiste eine nicht uner­he­bliche Anzahl von Kämpfern an, die in Nord­deutsch­land wohn­haft sind und dort in unauf­fäl­li­gen Kampf­s­portvere­inen trainieren. Etwa Sören Radtke aus der Region Itze­hoe (Schleswig-Hol­stein). In der Kle­in­stadt Wilster trainiert der Neon­azi im „Nordic Sport Club“ und gab Selb­stvertei­di­gungskurse für Kinder. Radtke war bere­its auf dem Neon­azi-Fes­ti­val „Schild & Schw­ert“ als Kämpfer iden­ti­fiziert wor­den. Zulet­zt nahm er am drit­ten „Europakongress“ der NPD-Jugen­dor­gan­i­sa­tion „Junge Nation­al­is­ten“ im Mai 2018 im säch­sis­chen Riesa teil.

Nur rund 30 km von Radtkes Wohnort ent­fer­nt trainiert ein weit­er­er Kämpfer des „Tiwaz“: Hen­ry Ludewig. Für seinen Vere­in, die „Lem­mens Mar­tial Arts Acad­e­my“ in Marne, stand er min­destens zweimal in der Diszi­plin K1 im Ring.

Gre­gor Nebel

Weit­er südlich in Rode­wald, zwis­chen Bre­men und Han­nover, wohnt seit ger­aumer Zeit Gre­gor Nebel, der auf dem „Tiwaz“ eben­falls im Bere­ich K1 antrat. Nebel stammt ursprünglich aus Mannheim und gehörte dort – zusam­men mit anderen Neon­azis wie dem NPD-Poli­tik­er Chris­t­ian Hehl – den Hooli­gans des SV Wald­hof Mannheim an. Gre­gor Nebel ist außer­dem Mit­glied des „Gremi­um MC“ in Vech­ta (Nieder­sach­sen). Beim „Tiwaz“ reiste Nebel mit seinem Train­ingspart­ner Mar­tin Kelch an. Bei­de trainieren in Neustadt am Rüber­berge, nördlich von Han­nover, im „Kick­box Team Thürkau“.

Pikant an der Anwe­sen­heit von Nebel und Kelch bei dem Neon­azi-Event ist, dass bei­de als Sozialpäd­a­gogen bei dem Träger „Haus Wild­fang GmbH“ arbeit­en. Deut­lich wird dieser Bezug nicht zulet­zt an der Tat­sache, dass bei­de mit einem Auto dieser Jugend­hil­feein­rich­tung anreis­ten. Das Konzept der sozialpäd­a­gogis­chen Ein­rich­tung ist es, schw­er erziehbare Kinder und Jugendliche u.a. durch Sport- und Aus­dauer­train­ing zu „bändi­gen“. Solche Aus­flüge wer­den u.a. von Gre­gor Nebel betreut. Schon in sein­er Heimat­stadt Mannheim war Nebel in ein­er sozialen Ein­rich­tung der Stadt als Erzieher angestellt. Im Jahr 2014 war er Teil eines Mobs rechter Hooli­gans, die sich in Mannheim ver­sam­melt hat­ten, um eine Kundge­bung von Salafis­ten anzu­greifen. Im Laufe dessen wur­den nicht nur ras­sis­tis­che Parolen gerufen, son­dern es gab auch Angriffe auf AntifaschistIn­nen und die Polizei.

Linkes Bild: Mar­tin Kelch (Beifahrer) reiste gemein­sam mit Gre­gor Nebel im Auto der sozialpäd­a­gogis­chen Ein­rich­tung „Haus Wild­fang“ an. Recht­es Bild: David Mal­low (1.v.r) und Andreas „Klat­ti“ Klatt (2.v.l, aus Neubran­den­burg) bei der Anreise (Quelle: Pixelarchiv)

Aus dem Raum Ros­tock nahm David Mal­low als Kämpfer teil. Er wird den „Nationalen Sozial­is­ten Ros­tock / Aktions­blog“ zugerech­net und pflegt beste Kon­tak­te zum „White Rex“-Gründer Denis Nikitin. An den in den let­zten bei­den Jahren organ­isierten Sem­i­naren von Nikitin in Meck­len­burg-Vor­pom­mern war Mal­low ste­hts zu Gast. Dass er auf dem „Tiwaz“ für das Team „Kampf der Nibelun­gen – White Rex“ in den Ring trat, ist somit nicht ver­wun­der­lich. Erst wenige Wochen vor dem Turnier in Grün­hain kündigten Denis Nikitin und Alexan­der Dep­tol­la auf ein­er inter­nen Kon­ferenz von „Wardon21“ an, die Koop­er­a­tion zwis­chen dem KdN und „White Rex“ zu inten­sivieren. Ein erstes Pro­dukt dieser Part­ner­schaft scheint ein gemein­sames Team zu sein.

Bran­den­burg­er Kämpfer

Wie im Voraus angekündigt, trat­en für die „Kampfge­mein­schaft“ der extrem recht­en Kampf­s­port-und Streetwear­marke „Black Legion“ aus Cot­tbus min­destens drei Kämpfer beim „Tiwaz“ an. Ein­er der Kämpfer, Andy Schotte, ver­trat das Team schon beim „Kampf der Nibelun­gen“ 2017 in Kirch­hun­dem. Nicht beson­ders uner­wartet, aber den­noch beachtlich ist die Teil­nahme von William „Willi“ Pud­er als Kämpfer des Teams beim „Tiwaz“. Der Cot­tbuser ist ein­er der führen­den Köpfe der extrem recht­en Ultra-Gruppe „Infer­no Cottbus/IC99“ des FC Energie Cot­tbus, die sich im Mai 2017 selb­st auflöste. Die Grup­pierung, deren Vorsänger nie­mand geringer als William Pud­er war, zeich­nete sich für zahlre­iche rechts-motivierte Straftat­en ver­ant­wortlich, u.a. im Rah­men von Spie­len gegen den als alter­na­tiv gel­tenden SV Babels­berg 03. Etwa im Novem­ber 2016, als der Pots­damer Vere­in in Cot­tbus spielte und rund 50 Per­so­n­en ver­sucht­en, die Gäste­fans anzu­greifen. Unter den Angreifern befan­den sich auch Christoph Drew­er aus Dort­mund und Chem­nitzer Hooli­gans und Szene­größen wie Robert Andres, Chris Junghänel und Rick Bochert.

Linkes Bild: William Pud­er erre­icht den 1. Platz in der Dis­z­plin „Box­en / MMA / K1“. Mit­tleres Bild: William „Willi“ Pud­er in den Räu­men des „Kampf­s­port Lausitz e.V.“ Recht­es Bild: William Pud­er (mit­tig) als Kämpfer des Teams „Black Legion“, darunter auch Andy Schotte, links im Bild (Bild: Screen­shot Instagram)

Die Verbindung der Cot­tbuser Fan­szene zu recht­en Ultra- und Hooli­gan­grup­pen des Chem­nitzer FC wie „New Soci­ety Chem­nitz“ (genan­nt „NS-Boys“) und „Kaot­ic Chem­nitz“, zu der auch Drew­er zählt, ist seit Jahren bekan­nt. Eine Verbindung, die sich­er auch auf­grund der Ähn­lichkeit bei­der Regio­nen hin­sichtlich der organ­isierten Neon­azi-Szene entste­hen kon­nte. Denn sowohl in Chem­nitz als auch in Cot­tbus kon­nten sich ein­flussre­iche rechte Ultra-Grup­pen bilden, die sich per­son­ell aus der Kampf­s­port- und Türste­herszene sowie der neon­azis­tis­chen Musik­szene zusam­menset­zen. Struk­turen wie die „Wider­stands­be­we­gung in Süd­bran­den­burg“ aus der Region Cot­tbus und die „Nationalen Sozial­is­ten Chem­nitz“ grif­f­en häu­fig auf ähn­liche Konzepte zurück und waren dominierend in ihren Regio­nen. Im Zuge des Ver­bots der Bran­den­burg­er Neon­azi-Struk­tur im Jahr 2012 wurde auch William Pud­ers Woh­nung durch­sucht. Als die „Nationalen Sozial­is­ten Chem­nitz“ 2014 eben­falls ver­boten wur­den, fand man in einem der von ihnen genutzten Objek­te eine Zaun­fahne der „New Soci­ety Chem­nitz“. Pud­er erhielt nach den Auss­chre­itun­gen bei einem Spiel der Cot­tbuser gegen den SV Babels­berg 03 ein bun­desweites Sta­dion­ver­bot, gegen das er Ende des let­zten Jahres Klage ein­re­ichte. Vor Gericht demen­tierte er seine Verbindun­gen zu IC99. Schon im Som­mer 2012, kurz nach­dem er die Ver­botsver­fü­gung gegen die „Wider­stands­be­we­gung in Süd­bran­den­burg“ erhal­ten hat­te, soll er sich an seinen Vere­in gewandt haben. Im Nach­gang ließen Vertreter des FC Energie Cot­tbus ver­laut­baren: „Willi habe jedoch ver­sichert, er habe mit diesen Neon­azis nichts zu tun.“

Die Teil­nahme William Pud­ers am „Tiwaz“ zeigt somit ein­mal mehr, wie stark die Bindung rechter Hooli­gans aus Cot­tbus an die organ­isierte extrem rechte Kampf­s­port­szene ist. Dass Vere­ine wie der „Kampf­s­port Lausitz e.V.“ solche Struk­turen fördern, indem sie Neon­azis wie William Pud­er bei sich trainieren lassen, ist inner­halb dieses Kom­plex­es das viel größere Problem.

Neben Pud­er trat mit Tobias Vogt aus Straus­berg bei Berlin ein weit­er­er Bran­den­burg­er Neon­azi als Kämpfer an. Er trat bish­er nicht auf öffentlichen Kampf­s­port-Events in Erschei­n­ung, seine Affinität zum Kraft- und Kampf­s­port lässt sich jedoch schon seit Län­gerem beobacht­en. Span­nen­der ist die Tat­sache, dass Vogt in der neon­azis­tis­chen Musik­szene eine nicht unbe­deu­tende Rolle spielt. Er ist Sänger der seit 2010 beste­hen­den Band „Exzess“ und war bis vor Kurzem auch Live-Bassist der ein­flussre­ichen Neon­azi-Band „Die Lunikoff Ver­schwörung“. Let­ztere ist das Nach­fol­ge­pro­jekt der bis Anfang der 2000er Jahre wirk­enden Band „Landser“, die let­ztlich als krim­inelle Vere­ini­gung eingestuft und ver­boten wurde.

Linkes Bild: Tobias Vogt im T‑Shirt mit der beze­ich­nen­den Inschrift „Nation­al­ist Fight Club“ auf der Rück­seite, Recht­es Bild: Tobias Vogt (links) hier im Gespräch mit einem Kämpfer des Teams „Kampf der Nibelun­gen – White Rex. Bei­de reis­ten zusam­men an. (Quelle: Pixelarchiv)

Wie stark das Bran­den­burg­er Recht­srock-Milieu an die extrem rechte Kampf­s­port­szene ange­bun­den ist, lässt sich auch anhand eines Neon­azi-Konz­erts am 4. Novem­ber 2017 sehen. Als Tobias Vogt mit sein­er Band „Exzess“ in ein­er bekan­nten Konz­ert-Loca­tion in Tor­gau-Staupitz auf der Bühne stand, stellte die extrem rechte Grup­pierung „North­side­crew“ aus Lübben/Spreewald die Secu­ri­ty. In Lübben selb­st unter­hält die Gruppe eigene Train­ingsräume, in denen sich bekan­nte Neon­azis wie Ste­fan Baer, Lucien Schön­bach und Mar­tin Ruck­ert auch auf öffentliche Turniere vor­bere­it­en kön­nte. Alle drei nah­men unter dem Label „Box­club Lübben / Team Greifvo­gel“ am „Kampf der Nibelun­gen“ 2016 und 2017 teil. Der in Lübbe­nau wohn­hafte Ste­fan Baer kon­nte eben­falls als Kämpfer des „Team Greifvo­gel“ beim „Tiwaz“ iden­ti­fiziert wer­den. Baer ist außer­dem in Süd­bran­den­burg regelmäßig auf Aufmärschen der recht­en Ini­tia­tive „Zukun­ft Heimat“ anzutreffen.

Kämpfer aus Thüringen

Wie zu erwarten, fan­den sich auch aus Thürin­gen eine hand­voll extrem rechte Kampf­s­portler auf dem „Tiwaz“ ein. U.a. die Bar­baria Sport­ge­mein­schaft aus Schmölln, die bere­its zum „Kampf der Nibelun­gen“ 2017 in Kirch­hun­dem ihr Mit­glied Mor­ris Sae­mann in den Ring schick­te, begleit­et von Train­er Mar­tin Langn­er. Eine ähn­liche Kon­stel­la­tion war zum KdN-Turnier auf dem „Schild & Schwert“-Festival am 21. April in Ostritz erkennbar. Auch da trat das Team aus Schmölln an, vertreten durch Langn­er, Sae­mann und Philipp Fre­und. Let­zter­er ist auch häu­fig beim „KSSV Box­club Zwick­au“ zu Gast, der schon oft durch seine Ver­strick­un­gen in die Neon­azi- und Hooli­gan­szene auffiel.

Nur rund 15 km west­lich von Schmölln liegt der kleine Ort Ron­neb­urg. Dort, im Team Bäum­ler – ASC Ron­neb­urg wird bzw. wurde ein weit­er­er Kämpfer des „Tiwaz“ trainiert: Sven Huber aus Gera. Huber stammt ursprünglich aus Chem­nitz und war dort in der neon­azis­tis­chen Ultra-Gruppe „NS-Boys“ aktiv. Huber nahm regelmäßiger an neon­azis­tis­chen Aufmärschen teil, wo er oft zusam­men mit den „Nationalen Sozial­is­ten Chem­nitz“ marschierte.

Sven Huber aus Gera (rechts) (Quelle: Pixelarchiv)

Er trat bere­its 2015 auf zwei Events der recht­sof­fe­nen Leipziger „Imperi­um Fight­ing Cham­pi­onship“ (IFC) für das „Team Bäum­ler“ um Train­er Peter Bäum­ler in den Ring. Die IFC war mehrmals Sam­mel­beck­en für Kämpfer mit extrem recht­en Hin­ter­grund. Ein nicht uner­he­blich­er Teil der Kämpfer der Events – vor­rangig aus dem „Imperi­um Fight Team“ um den recht­en Hooli­gan Ben­jamin Brin­sa – erlangte 2016 bun­desweit Aufmerk­samkeit: Am 11. Jan­u­ar 2016 wur­den 215 Per­so­n­en aus der Neon­azi-und Hooli­gan­szene in Leizig-Con­newitz von der Polizei fest­ge­set­zt, nach­dem sie Geschäfte, Restau­rants und Kneipen in dem als links-alter­na­tiv gel­tenden Stadt­teil mas­siv und koor­diniert ange­grif­f­en hat­ten. Unter den fest­ge­set­zten Per­so­n­en befan­den sich Sven Huber und drei weit­ere Per­so­n­en, die im „Team Bäum­ler“ in Ron­neb­urg trainierten bzw. bis heute trainieren. Brisant ist auch, dass bis min­destens Ende 2017 auch Daniel Stein­müller in Peter Bäum­lers Team trainierte. Stein­müller ist nicht nur Anhänger der Ultra-Szene der BSG Wis­mut Gera, son­dern wird auch dem engen Kreis der rechts-ter­ror­is­tis­chen Gruppe „Com­bat 18“ zugerech­net. Die inter­na­tion­al agierende Gruppe beze­ich­net sich selb­st als bewaffneter Arm des in Deutsch­land ver­bote­nen „Blood & Honour“-Netzwerkes. Ein Beken­nt­nis zur Gruppe trägt Stein­müller großflächig als Tat­too auf seinem Bauch.

Wie erwartet, trat außer­dem der Thüringer Kevin Görke als K1-Kämpfer beim „Tiwaz“ an. Er wird in der „Invic­tus Kick & Thai­boxschule“ in Saalfeld von John Kallen­bach trainiert. Kallen­bach genießt in der Kampf­s­port­szene hohe Anerken­nung als Profi-Kämpfer, nicht zulet­zt durch seinen Welt­meis­ter­ti­tel der „World Kick­box­ing and Karate Union/WKU“ im K1/Kickboxen. Kevin Görke wiederum ist seit Jahren an die regionale Neon­azi-Szene ange­bun­den und trat beim „Kampf der Nibelun­gen“ 2017 in Kirch­hun­dem als Train­er von Sebas­t­ian Dahl auf. Dahl war bis zu seinem Umzug nach Thürin­gen 2011/2012 maßge­blich am Auf­bau der mil­i­tan­ten Neon­azi-Szene in Berlin beteiligt. So griff er 2001 in Königs Wuster­hausen Jugendliche, die auf der Bühne eines linken Musik­fes­ti­vals schliefen, mit Molo­tov-Cock­tails an. Dahl, der für den Über­fall mehrere Jahre in Haft saß, wohnt heute in ein­er Neon­azi-WG in Kahla, knapp 30 km von Saalfeld entfernt.
Kevin Görke fiel schon zuvor als Teil­nehmer an extrem recht­en Turnieren auf, etwa beim „Kampf der Nibelungen“-Gastspiel in Ostritz im April 2018. Derzeit ist ein Bild Görkes als Kämpfer des „Tiwaz“ auf deren Face­book-Seite als Titel­bild zu sehen. Auf seinem Rück­en prangt in alt­deutsch­er Schrift der Slo­gan „Leben heißt Kampf“. Görke soll außer­dem bei der kom­menden „3. Invic­tus Fight­night“ am 18. August 2018 in Saalfeld im Ring ste­hen. Haup­tor­gan­isator dieses Events ist Kallen­bachs Gym.

Ein alter Bekan­nter aus Sachsen-Anhalt

Aus Köthen, ein­er Kle­in­stadt zwis­chen Halle (Saale) und Magde­burg, reiste Stef­fen Bösen­er als Kämpfer zum „Tiwaz“ an. Bösen­er galt bere­its Mitte der 90er Jahre als „Mach­er“ inner­halb der Kam­er­ad­schaftsszene Sach­sen-Anhalts. Dabei war er maßge­blich an den Aktiv­itäten der „Kam­er­ad­schaft Köthen“ beteiligt, die 1999 eigene Räum­lichkeit­en besaßen und ein extrem recht­es Jugendzen­trum zu etablieren ver­sucht­en. Die Kam­er­ad­schaft war im Sep­tem­ber 1999 gemein­sam mit dem Bran­den­burg­er Ableger des heute ver­bote­nen Neon­azi-Net­zw­erks „Blood & Hon­our“ (B&H) an der Organ­i­sa­tion eines bedeu­ten­den Recht­srock-Konz­ertes beteiligt: Das „Ian Stu­art Don­ald­son Memo­r­i­al“, ein Gedenkkonz­ert für den 1993 ver­stor­be­nen Grün­der von B&H, in Garitz bei Zerb­st zog über 2000 Neon­azis an, die u.a. zu den bekan­nten Bands „Blue Eyed Dev­ils“ (USA) und „Kraftschlag“ feierten. Die B&H‑Ableger in Bran­den­burg, Thürin­gen und Sach­sen gel­ten mit­tler­weile als eng­stes Unter­stützerIn­nen-Umfeld der 1998 unter­ge­taucht­en rechts-ter­ror­is­tis­chen Gruppe „Nation­al­sozial­is­tis­ch­er Unter­grund“ (NSU).

Stef­fen Bösen­er aus Köthen (4. v.l.) (Quelle: Pixelarchiv)

Bösen­er war später vor allem als Betreiber des Recht­srock-Labels und Ver­sandes „Odins Eye Records“ und als Geschäfts­führer des recht­en Szeneladens „Nordic Flame“ bekan­nt. Zudem kan­di­dierte er 2011 zur Land­tagswahl in Sach­sen-Anhalt für die NPD. Sein Beken­nt­nis zum his­torischen Nation­al­sozial­is­mus trägt Bösen­er bis heute auf der Brust – das Sym­bol der „SS-Divi­sion Totenkopf“, ger­ahmt von einem Kel­tenkreuz, welch­es in der recht­en Szene inter­na­tion­al als Erken­nungsze­ichen der „White Power“-Bewegung gilt.

Bis zu sein­er beleg­baren Teil­nahme am „Tiwaz“ war Bösen­ers Engage­ment in recht­en Kampf­s­port­net­zw­erken nur ver­mutet wor­den, weshalb ihn Ver­anstal­terIn­nen größer­er Events bish­er nicht kon­se­quent aus­laden kon­nten. So kon­nte er ungestört im April 2016 einen K1-Kampf beim „Shuri Fight­club“ in Frau­reuth bei Zwick­au absolvieren, stand im Sep­tem­ber 2016 beim „Bat­tle Roy­al“ im Ring und wurde für ein weit­eres Event des „Shuri Fight­club“ in Plauen im Novem­ber 2017 als K1-Kämpfer angekündigt.

Kämpfer aus Sachsen

Nicht uner­he­bliche Teile der säch­sis­chen Kampf­s­port­szene sind seit Jahren für ihre Nähe zur extremen Recht­en bekan­nt. Durch die Anfang der 2000er Jahre ver­anstal­teten Events „Fight Club Karl Marx Stadt“ geprägt, sind Neon­azis auf kom­merziellen Kampf­s­port-Events in Sach­sen heute kaum wegzu­denken. Vor allem die Events des west­säch­sis­chen „Shuri Gyms“ gel­ten als Sam­mel­beck­en für rechte Hooli­gans und organ­isierte Neon­azis – im Ring und auf den Rän­gen. Auch der inhaftierte, im NSU-Prozess als Unter­stützer angeklagte André Eminger besuchte die Events in Zwick­au regelmäßig. Während Eminger in der ersten Rei­he saß, stand z.B. Thore Prob­st im Ring. Er ist der Sohn von Antje Prob­st, heute Böhm, die mit Michael Prob­st lange Zeit den Neon­azi-Laden „Son­nen­tanz“ betrieb – in Aue, nur 10 km vom „Tiwaz“-Austragungsort Grün­hain ent­fer­nt. Antje Prob­st galt als eine der weni­gen Frauen, die inner­halb des säch­sis­chen „Blood & Honour“-Ablegers Ein­fluss hat­ten und den Ton angaben.

Ob ihr beim „Tiwaz“ anwe­sender Sohn Thore dort eben­falls in den Ring trat, ist nicht bestätigt. Auf­grund sein­er engen Anbindung an die Neon­azi-Szene des Chem­nitzer Umlan­des wäre es jedoch wahrschein­lich. Eine Per­son aus Thore Prob­sts engeren Umfeld kämpfte nach­weis­lich beim „Tiwaz“: Michél Sajovitz aus Oed­er­an. Sajovitz ist außer­dem Gitar­rist der Neon­azi-Bands „Kil­lu­mi­nati“ und „Heiliges Reich“. Auf dem Weg zum „Tiwaz“-Turnier war er in einem T‑Shirt der Neon­azi-Kle­in­st­partei „Der III. Weg“ bek­lei­det. Auf die Rolle der sich elitär geben­den Partei wer­den wir später im Text näher eingehen.

Auch Sajovitz‘ enger Mit­stre­it­er Mar­co Münz­er reiste zum „Tiwaz“ an. Er kon­nte als Teil ein­er Per­so­n­en­gruppe aus­gemacht wer­den, die offen­sichtlich einem Team ange­hörten – darauf deutet die Farbe seines Ein­tritts­bänd­chens hin. Während die ZuschauerIn­nen rote Bänd­chen aus­ge­händigt beka­men, waren Kämpfer und deren Anhang mit blauen Bänd­chen verse­hen. In der Gruppe um Mar­co Münz­er trug eine Per­son zudem ein T‑Shirt des „Box­club Dynamo“. Münz­er selb­st trainiert Judo im Sportvere­in TSG Oederan.

Bish­er unbekan­ntes Team aus Bayern

Linkes Bild: Michél Sajovitz im Shirt der Neon­azi-Partei „Der III. Weg“. Recht­es Bild: Das Team der „Ikarus Kampfkun­st Akademie“, v.l.n.r. Raphael Ernst, Chris­t­ian Altegger, Simon Men­hard (Quelle: Pixelarchiv)

Ein­heitlich in T‑Shirts der Ikarus Kampfkun­st Akademie aus Königs­brunn bei Augs­burg gek­lei­det, reis­ten drei bis­lang unbekan­nte Per­so­n­en zum „Tiwaz“ an: Simon Men­hard und Raphael Ernst als mut­maßliche Kämpfer, begleit­et von ihrem Teamkol­le­gen Chris­t­ian Altegger. Alle drei wer­den in dem Gym in Königs­brunn von Stephan Morykin trainiert, dessen Name eben­falls in großen Let­tern auf den in Grün­hain präsen­tierten T‑Shirts abge­bildet ist. Morykin ist Sifu (Lehrmeis­ter) in Wing Tsun. Er teilt Beiträge recht­spop­ulis­tis­ch­er Plat­tfor­men, seine Schüler Altegger, Ernst und Men­hard unter­hal­ten Kon­tak­te zu Per­so­n­en aus dem Umfeld der „Alter­na­tive für Deutsch­land“ und sym­pa­thisieren mit extrem recht­en Plat­tfor­men wie „Ein­Prozent“ oder PEGIDA. Die Teil­nahme der drei unauf­fäl­li­gen Kämpfer aus Königs­brunn an ein­er offen­sichtlichen Neon­azi-Ver­anstal­tung spricht für eine bre­ite Mobil­isierung seit­ens der Ver­anstal­terIn­nen des „Tiwaz“.

Weit­ere Kämpfer aus Rus­s­land und Bulgarien

Nach eige­nen Angaben nahm Denis Nikitin selb­st als Kämpfer in Grün­hain teil. Auch dadurch sichert er sich seinen Sta­tus und seine Authen­tiz­ität inner­halb der extrem recht­en Kampf­s­port­szene. Seinen let­zten bekan­nten Kampf vor „Tiwaz“ absolvierte Nikitin im Dezem­ber 2017 beim „Recon­quista Fight Club“ in Kiew. Nur wenige Monate später, Ende April 2018, war er erneut in der ukrainis­chen Haupt­stadt und mod­erierte die Kämpfe der extrem recht­en Ver­anstal­tungsrei­he. Im Nikitins Gefolge befan­den sich in Kiew auch Mit­glieder des ras­sis­tis­chen „Rise Above Move­ment“ aus dem Süden Kali­forniens. Ein­er von ihnen, Robert Run­do, trat im Rah­men des ukrainis­chen Events eben­falls in den Ring. Run­do hat­te schon beim „Kampf der Nibelungen“-Turnier im April 2018 in Ostritz auf der Mat­te gestanden.

In Kiew, Ostritz und zulet­zt auch in Grün­hain trat wie angekündigt auch der franzö­sis­che Neon­azi Tomasz Skatul­sky als Kämpfer an. Darüber hin­aus sollen auch Kämpfer aus Bul­gar­ien beim „Tiwaz“-Turnier ange­treten sein. Mit hoher Wahrschein­lichkeit dürfte es sich dabei um Neon­azis aus dem NS Fight­club Bul­gar­ia“ gehan­delt haben. Diesen besucht­en u.a. Alexan­der Dep­tol­la und Christoph Drew­er vom „Kampf der Nibelun­gen“ im Rah­men ein­er Bul­gar­ien-Reise im März 2018. Die bul­gar­ischen Neon­azis trat­en auch KdN-Turnier in Ostritz an und sind für die Hauptver­anstal­tung des KdN im Okto­ber 2018 angekündigt.

Die BesucherInnen

Chris­t­ian Wolf und Mar­cel Ben­del bei der Anreise (Quelle: Pixelarchiv)

Unter den ZuschauerIn­nen aus der Region Chem­nitz befan­den sich zahlre­iche alte Bekan­nte. Darunter Neon­azi-AktivistIn­nen aus den Rei­hen der ver­bote­nen Kam­er­ad­schaft „Nationale Sozial­is­ten Chem­nitz“ (NSC), der recht­en Ultra­gruppe „New Soci­ety Chem­nitz“ (NS Boys) und der kurzzeit­ig aktiv­en Gruppe „Recht­es Plenum“. So etwa der regelmäßige Demogänger Mar­tin Pfeil, der Chem­nitzer Jörg Endes­felder, der als öffentlichkeitss­cheuer Aktivist eine organ­isatorische Rolle bei den NSC spielte, Mar­cel Ben­del, NSC-Aktivist und heute bei der Partei „Der III. Weg“ aktiv, oder Chris­t­ian Wolf aus Lugau, aktives Mit­glied der ehe­ma­li­gen Kam­er­ad­schaft „Nationale Sozial­is­ten Erzgebirge“.

Linkes Bild: Jörg Endes­felder (rechts, „Nationale Sozial­is­ten Chem­nitz“) Recht­es Bild: Mar­tin Pfeil (im Bron­son-Shirt, 2.v.l.) wartend vor der Polizeikon­trolle (Quelle: Pixelarchiv)

Sie wur­den begleit­et von weit­eren Per­so­n­en aus dem recht­en Fan-Umfeld des Chem­nitzer FC sowie der Chem­nitzer Neonazi-Szene.

Her­vorheben möcht­en wir die Anwe­sen­heit des Chem­nitzer Neon­azis Anton Ehrhardt. Er gehörte dem Umfeld der Kam­er­ad­schaft „Nationale Sozial­is­ten Chem­nitz“ an und war später im „Recht­en Plenum“ aktiv.

Anton Ehrhardt beim Abkleben seines KFZ-Kennze­ichens (Quelle: Pixelarchiv)

Ehrhardt gilt heute vor allem aber als ein­flussre­iche Per­son inner­halb der recht­en Hooli­gan­gruppe „Kaot­ic Chem­nitz“. Bilder zeigen ihn im Rah­men der 10-Jahres-Feier der Gruppe gemein­sam mit u.a. Christoph Drew­er. Auch zu dessen Brud­er Matthias Drew­er unter­hält Anton Ehrhardt beste Kon­tak­te. Der Chem­nitzer ist zudem häu­fig im Umfeld der recht­en Cot­tbuser Fan­szene zuge­gen. So feierte er mit William „Willi“ Pud­er, der wie erwäh­nt als Kämpfer beim „Tiwaz“ antrat, den Auf­stieg des FC Energie Cot­tbus. Poli­tisch müssten sich bei­de eben­so glänzend ver­ste­hen, denn bei­de waren Teil des Konzepts der „Unsterblichen“, eines Pro­jek­ts der „Spreelichter / Wider­stands­be­we­gung in Süd­bran­den­burg“, denen auch William Pud­er bis zu ihrem Ver­bot ange­hörte. Eine der medi­al wirk­sam­sten Aktions­for­men der Grup­pen waren kon­spir­a­tiv organ­isierte Fack­elmärsche, an denen sich bis zu 140 Neon­azis beteiligten. Ein­heitlich in schwarz und mit weißen Masken gek­lei­det, woll­ten die Neon­azis auf den „dro­hen­den Volk­stod“ aufmerk­sam machen. Ehrhardt war Teil­nehmer eines solchen Auf­marsches am 30. Sep­tem­ber 2011 im säch­sis­chen Stolpen.

Neben Pro­tag­o­nis­ten neon­azis­tis­ch­er Kam­er­ad­schaft­struk­ten waren auch führende AkteurIn­nen aus dem extrem recht­en Net­zw­erk „Heimat & Tra­di­tion Chem­nitz Erzge­birge“ im Pub­likum des „Tiwaz“ vertreten, u.a. Sven Math­es und Peg­gy Thal­mann. Die Gruppe war nicht nur an den ras­sis­tis­chen Mobil­isierun­gen gegen eine Geflüchtete­nun­terkun­ft im säch­sis­chen Ein­siedel beteiligt, son­dern ist bis heute auf Aufmärschen von lokalen PEGI­DA-Ablegern und diversen „Nein zum Heim“-Initiativen anzutreffen.

Sven Math­es und Peg­gy Thal­mann bei der Anreise in der lan­gen Autoschlange, die durch die Polizeikon­trolle erzeugt wurde (Quelle: Pixelarchiv)

Nach außen hin pfle­gen sie ein bürg­er­lich­es Image, das ihnen auch in organ­isatorisch­er Rolle die Anknüp­fungs­fähigkeit an ras­sis­tis­che „Bürg­er­proteste“ bewahrt. Ihre Teil­nahme am „Tiwaz“ sowie am Nazi­auf­marsch am 1. Mai 2018 in Chem­nitz lässt an ihrer neon­azis­tis­chen Ide­olo­gie jedoch keinen Zweifel.

Dem Chem­nitzer Neon­azi Robert Andres kam beim „Tiwaz“ offen­bar eine spezielle Rolle zu: Er postierte sich am Ein­gang und musste anreisenden Neon­azis ohne Tick­et anscheinend ver­mit­teln, dass sie keinen Zutritt erhal­ten. Dies war bere­its im Vor­feld online angekündigt wor­den und hätte ein Sicher­heit­srisiko für die Ver­anstal­tung bedeutet, da der Schleusungspunkt dann auch Per­so­n­en ohne erwor­benes Tick­et hätte mit­geteilt wer­den müssen. Andres, der ursprünglich aus Cot­tbus stammt, ist Teil der recht­en Partei „PRO CHEMNITZ“, für die er 2014 zur Stad­tratswahl kan­di­dierte. Die selb­ster­nan­nte „Bürg­er­be­we­gung“ wurde 2009 von dem Burschen­schaftler und Recht­san­walt Mar­tin Kohlmann ins Leben gerufen, der heute im Chem­nitzer Stad­trat sitzt und neben­bei in der Chem­nitzer Brauhausstraße 6 ein Haus erwarb, das neben sein­er Kan­zlei auch eine neon­azis­tis­chen Gruppe aus dem Umfeld der CFC-Fan­szene beherbergt. Robert Andres betätigt sich derzeit zusam­men mit dem Man­ag­er der ver­bote­nen „Nationalen Sozial­is­ten Chem­nitz“, Eric Fröh­lich, als Organ­isator von Vor­trags- und Zeitzeug­In­nen-Ver­anstal­tun­gen im Raum Chem­nitz. Er ver­mei­det es mit­tler­weile, sich öffentlich in direk­tem Zusam­men­hang mit Neon­azi-Struk­turen zu zeigen. Sein Aktivis­mus wird unter­dessen zunehmend pro­fes­sioneller, weshalb Robert Andres heute als ein­er der bedeu­tend­sten Köpfe der organ­isierten Naziszene der Stadt Chem­nitz gese­hen wer­den kann.

Unter den Anreisenden aus Chem­nitz befan­den sich nicht nur bekan­nte Neon­azis. Auch bis­lang unauf­fäl­lige Chem­nitzer wie der im Sicher­heits­gewerbe tätige Stephan Heinl nah­men den beschw­er­lichen Weg über Tick­etkauf und Schleusungspunkt auf sich und dürften nicht erst zu Beginn der Ver­anstal­tung gewusst haben, in welchem ide­ol­o­gis­chen Umfeld sie sich damit bewe­gen. Heinl war mit dem Fir­men­wa­gen seines Arbeit­ge­bers „SCC Group“ angereist, gemein­sam mit drei Kampf­s­portlern der „Jabman“-Selbstverteidigungsgruppe, die im Stu­dio des „Germano’s Team“ in Chem­nitz trainieren.

Linkes Bild: Stephan Heinl (1.v.l.) und Max Woidtke (1.v.r.) aus „Germano’s Team“, (Chem­nitz), Recht­es Bild: Mario Wolf (1.v.l.) und Nor­man Albrecht (2.v.l.) aus Chem­nitz aus „Germano’s Team“ bzw. „Jab­man Chem­nitz“ (Quelle: Pixelarchiv)

Neben Nor­man Albrecht und Max Woidtke befand sich in der Gruppe auch Mario Wolf, der als Train­er in „Germano’s Team“ arbeit­et und als offizieller Men­tor der Selb­stvertei­di­gungsart „Jab­man“ für Chem­nitz einge­tra­gen ist.

Ein beträchtlich­er Teil der zum „Tiwaz“ angereis­ten Neon­azis kam aus der Region Zwick­au und aus dem Erzge­birge. Darunter befand sich auch der Annaberg­er NPD-Funk­tionär Rico Hentschel. Andere reis­ten aus Mit­tel­sach­sen, dem Land­kreis Gör­litz, Freis­ing, Fürsten­feld­bruck, Ober­spree­wald-Lausitz, Neubran­den­burg und Fürth an.

Linkes Bild: Rico Hentschel (NPD) Mit­tleres Bild: David Dschi­et­zig (Leipzig) Recht­es Bild: Ben­jamin Leine und Nic­ki Schwake auf der Suche nach einem Park­platz (Quelle: Pixelarchiv)

Aus Leipzig war David Dschi­et­zig anwe­send. Früher in der NPD und deren Jugen­dor­gan­i­sa­tion JN aktiv, wird er heute der Neon­azi-Partei „Der III. Weg“ zugerech­net. Er befand sich auch unter den 215 Neon­azis und Hooli­gans, die im Jan­u­ar 2016 nach einem koor­dinierten Angriff auf Leipzig-Con­newitz von der Polizei in Gewahrsam genom­men wur­den. Den Weg nach Grün­hain fand auch der Con­newitz-Angreifer Jason Senst aus Wurzen. Teil des in Con­newitz fest­ge­set­zten Nazi-Mobs war weit­er­hin Ben­jamin Leine aus dem nord­säch­sis­chen Delitzsch. Er reiste eben­falls zum „Tiwaz“ an, gemein­sam mit sein­er Fre­undin Nic­ki Schwake, die Mit­glied der Chem­nitzer Nazi­gruppe „Recht­es Plenum“ war. Bei­de scheinen heute erneut an aktivis­tis­chen Aufwind zu gewin­nen – zulet­zt waren das Paar beim „3. Europakongress der Jun­gen Nation­al­is­ten“ am 11. und 12. Mai 2018 im säch­sis­chen Riesa anzutr­e­f­fen. Leine nahm eben­so am Auf­marsch der Partei „Der III. Weg“ am 1. Mai 2018 in Chem­nitz teil.

Die neon­azis­tis­che Kle­in­st­partei „Der III. Weg“ schien beim „Tiwaz“ einen nicht uner­he­blichen Teil inner­halb der Organ­i­sa­tion beige­tra­gen zu haben. So waren nicht nur zahlre­iche BesucherIn­nen, etwa der fränkische Parteikad­er Sascha Rud­isch aus Fürth, mit T‑Shirts der Partei bek­lei­det. Auch David Dschi­et­zig war als Parteiabge­sandter zu erkennen.

Seit ger­aumer Zeit unter­hält die sich elitär gebende Neon­azi-Partei eine „Arbeits­gruppe Kör­p­er & Geist“, die sich mit Kampf­s­port­train­ing, Selb­stvertei­di­gungskursen (u.a. für Kinder) und Vorträ­gen dem Aspekt der „Wehrhaftigkeit des deutschen Volkes“ wid­met. Auf dem „Tiwaz“ wurde die AG Kör­p­er & Geist“ mit drei Kämpfern auch im Ring vertreten

Linkes Bild: Ein­er der Kämpfer, hier im beigen Shirt der „AG Kör­p­er & Geist“, kennze­ich­nend durch den stil­isierten Wolf­skopf im Ehrenkranz. Mit ihm reiste eine Besucherin an, die eine Kette mit der ver­bote­nen Wolf­san­gel trug. Recht­es Bild: Sascha Rud­isch (rechts, „Der III. Weg“) (Quelle: Pixelarchiv)

Die Anbindung rechter Kampf­s­portler aus den Rei­hen der Partei zeigt sich auch am Beispiel des „Kampf der Nibelun­gen“. Für deren Team trat u.a. Kai Andreas Zim­mer­mann im Juni 2017 beim „Force & Hon­neur“ in der Nähe von Genf an. Zim­mer­mann ist Kad­er des bayrischen Lan­desver­bands des „III. Weg“. Im Okto­ber 2017 besuchte er mit weit­eren Pro­tag­o­nis­ten der Partei die zahlre­ichen Immo­bilien der „Nation­al Korps“ in Kiew (Ukraine), dem par­la­men­tarische Arm des faschis­tis­chen „Azow“-Regiments. Eines der vere­inen­den Ele­mente der Gäste und Gast­ge­berIn­nen dürfte Kampf­s­port gewe­sen sein. Das „Nation­al Korps“ unter­hält diverse Train­ingsräume und richtet in regelmäßi­gen Abstän­den den soge­nan­nten „Recon­quista Fight Club“ aus.

Auch Pro­tag­o­nis­ten des Berlin­er „Stützpunk­ts“ der Neon­azi-Partei waren beim „Tiwaz“ anwe­send, etwa Oliv­er Oeltze. Dieser durch­lief in Berlin mehrere mil­i­tante Net­zw­erke und Kam­er­ad­schaften – ange­fan­gen bei der 2005 ver­bote­nen „Kam­er­ad­schaft Tor“, über Struk­turen des „Nationalen Wider­stand Berlin“ bis hin zur 2016 ver­bote­nen, bun­desweit aufgestell­ten Kam­er­ad­schaft „Weisse Wölfe Ter­ror­crew“. Oeltze war zudem ein­er der 215 Neon­azis und Hooli­gans, die im Jan­u­ar 2016 den alter­na­tiv­en Leipziger Stadt­teil Con­newitz angrif­f­en. Der Berlin­er Neon­azi ist heute nicht nur in den Struk­turen der Partei „Der III. Weg“ aktiv, son­dern ist seit min­destens einem Jahr Vollmit­glied der Berlin­er Neon­azi-Brud­er­schaft „Van­dalen – Ari­oger­man­is­che Kampfge­mein­schaft“. Die ein­flussre­iche Grup­pierung ste­ht maßge­blich unter der Regie von Michael „Lunikoff“ Regen­er, ehe­mals Sänger der ver­bote­nen Recht­srock-Band „Landser“ und heute Sänger bei „Die Lunikoff Verschwörung“.

Im Rah­men des Ver­bots der Kam­er­ad­schaft „Weisse Wölfe Ter­ror­crew“ wurde auch u.a. die Woh­nung von Pierre Schu­mann in Wittstock/Dosse in Bran­den­burg durch­sucht. Dieser nahm gemein­sam mit Nico Goll­nick aus Köthen (Sach­sen-Anhalt) am Neon­azi-Turnier „Force & Hon­neur“ im Juni 2017 in der Nähe von Genf teil. Der Kraft­sportler Goll­nick reiste eben­falls zum „Tiwaz“ an, gemein­sam mit seinem Train­ingskol­le­gen, dem Neon­azi Maik Schu­bert. Nico Goll­nick holte 2013 auf einem Kraft­sport-Turnier in Eilen­burg für sein Gym, den „Köthen­er Sportvere­in 2009 e.V“, einen deutschen Reko­rd der Junioren im Bankdrück­en und begleit­ete noch 2017 seinen Train­ingspart­ner, den Neon­azi Ron Krieg, auf diversen Kraft­sport-Wet­tkämpfen. Auch Maik Schu­bert ist auf Bildern des „Köthen­er Sportvere­in 2009 e.V.“ zu sehen.

Mit dem aus Wist­edt (Nieder­sach­sen) stam­menden André Bostel­mann als Zuschauer des „Tiwaz“ ist eine weit­ere Verbindung zur mil­i­tan­ten Kam­er­ad­schaft „Weisse Wölfe Ter­ror­crew“ (WWT) erkennbar. Neben 16 anderen Woh­nun­gen von Pro­tag­o­nis­ten der WWT wurde im März 2012 auch Bostel­manns Wohn­sitz durch­sucht. Grund dafür war ein kon­spir­a­tiv organ­isiert­er Auf­marsch im Stil der „Unsterblichen“ im Dezem­ber 2011 in Ham­burg-Har­burg. 35 Neon­azis zogen damals mask­iert und mit Fack­eln flankiert kurzweilig durch die Straßen des Bezirks, bis sie die Polizei stoppte und ein­er Per­son­alien­fest­stel­lung unter­zog. Der Kampf­s­portler Bostel­mann zählt heute zur Tost­edter Neon­azi-Schläger­clique um den vor allem im Recht­srock-Geschäft aktiv­en Ste­fan Win­kler (ehe­mals Silar).

Let­ztlich war beim „Tiwaz“ mit Kevin Seifert aus Köthen auch ein Vertreter der neon­azis­tis­chen Medi­en­plat­tform „Media Pro Patria“ anwe­send. Fotografen der Gruppe begleit­en regelmäßig Neon­azi-Konz­erte, rechte Parteita­gun­gen und Aufmärsche. Auch Aktiv­itäten im Bere­ich „Anti-Antifa“ wer­den von der Gruppe abgedeckt.

Erwäh­nenswert ist auch ein Vor­fall am sel­ben Abend. Auf dem Volks­fest „Annaberg­er Kät“ im nahen Annaberg-Buch­holz kam es zu ein­er Auseinan­der­set­zung von bis zu 30 Per­so­n­en mit der Polizei. Nach­dem ein 26-Jähriger sich geweigert hat­te, nach Pöbeleien gegen die Polizei seine Per­son­alien fest­stellen zu lassen und stattdessen nach den BeamtIn­nen schlug und trat, ver­suchte die Gruppe zunächst ein Polizeifahrzeug anzu­greifen. Später belagerte die Gruppe die Polizei­wache (Quelle: Freie Presse). Ob es sich hier­bei um BesucherIn­nen des „Tiwaz“ han­delt, kann nicht mit Sicher­heit gesagt wer­den. Es ist allerd­ings bestätigt, dass es nach Ende des Turniers noch einige Teil­nehmerInnnen zum dem nahegele­ge­nen Stadt­fest zog.

Linkes Bild: Kevin Seifert von „Media Pro Patria“ Recht­es Bild: Teil­nehmer des „Black Legion“-Teams auf dem Weg zum Ver­anstal­tung­sort (Quelle: Pixelarchiv)

Fazit

Mit dem „Tiwaz“-Turnier kann die neon­azis­tis­che Kampf­s­port­szene auf ein weit­eres Event blick­en. Neben der Tat­sache, dass die anwe­senden Per­so­n­en aus allen Him­mel­srich­tun­gen anreis­ten, ist vor allem auf­fäl­lig, dass fast alle rel­e­van­ten Neon­azi-Struk­turen aus den unter­schiedlich­sten Erleb­niswel­ten der Naziszene vertreten waren. Unter den Teil­nehmerIn­nen befan­den sich Anhänger divers­er rechter Ultra-und Hooli­gan­grup­pen, Mit­glieder bun­desweit bedeu­ten­der Mot­torad­clubs, Angestellte aus dem Sicher­heits­gewerbe und Recht­srock-Musik­er. Dazu VertreterIn­nen aus dem gesamten recht­en Parteien-Spek­trum und dem neon­azis­tis­chen Kameradschafts-Milieu.

Mit der Beteili­gung lokaler Neon­azis Organ­i­sa­tion des „Tiwaz“ kon­nten etablierte Net­zw­erke wie „White Rex“ und „Kampf der Nibelun­gen“ auf ver­lässliche Part­ner­In­nen zählen. Die Region zwis­chen Chem­nitz und dem Erzge­birge bietet außer­dem gün­stige Umstände, ein solch­es Event störungs­frei durch­führen zu kön­nen. Dies verdeut­licht auch die steigende Zahl ander­er kon­spir­a­tiv organ­isiert­er Ver­anstal­tun­gen in der Region – etwa regelmäßig stat­tfind­ende „Nation­al Social­ist Black Metal“-Konzerte oder sich jüngst häufende Zeitzeu­gen­vorträge mit bis zu 300 ZuschauerInnen.

Begün­stigt wird dies auch durch das Auftreten der Polizei, die zum „Tiwaz“ zwar Per­son­alien­fest­stel­lun­gen an den Ort­se­ingän­gen durch­führte, aber sichtlich kein Inter­esse hat­te, die Teil­nehmerIn­nen im Ver­anstal­tungsablauf einzuschränken. Bere­its jet­zt ist eine Fort­set­zung des „Tiwaz“ für das kom­mende Jahr angekündigt. Es ist davon auszuge­hen, dass die Fort­set­zung Zulauf gewin­nen wird – die ver­gan­gene Ver­anstal­tung wird in Neon­azikreisen als Erfolg gewertet.

Mehr Bilder des „Tiwaz“-Turniers find­et ihr unter pixelarchiv.org.

Der Text ist ein Gemein­schaftswerk von „Antifaschis­tis­che Recherche Chem­nitz“ und der Kam­pagne „Runter von der Mat­te – Kein Hand­shake mit Nazis“.

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(Anti-)Rassismus Antifaschismus Law & Order

Rassistische Komplizenschaft

Seit Anfang Juni 2018 beobacht­en wir einen Prozess gegen zwei kur­dis­che Geschäft­sleute aus Bran­den­burg. Der Vor­wurf: gefährliche Körperverletzung.
Ver­meintlich Geschädigter und Neben­kläger in dem Prozess ist Herr S. Dieser ist im Ort kein Unbekan­nter. Seit Jahren ter­ror­isiert er vor allem migrantis­che Geschäft­streibende, pöbelt in ihren Gast­stät­ten, belei­digt sie ras­sis­tisch, weigert sich seine Speisen und Getränke zu zahlen und wird hand­grei­flich, sobald er darauf ange­sprochen wird. Wieder­holt übte er kör­per­liche Gewalt aus. Fast über­all hat er deshalb Hausver­bot. Die Betrof­fe­nen sind von S. jedoch so stark eingeschüchtert, dass kaum ein Vor­fall je zur Anzeige kommt.

Auch Herr F. und Herr L., Angeklagte im oben genan­nten Prozess, haben seit Jahren Prob­leme mit S. Über das Hausver­bot in ihrem Laden hat er sich wieder­holt hin­wegset­zt. Die Lage ist so bedrohlich, dass F. und L.s Kund*innen weg­bleiben und sie Schwierigkeit­en haben, Mitarbeiter*innen zu find­en. An einem Abend im Früh­jahr 2015 eskaliert die Sit­u­a­tion erneut: S. häm­mert an die Scheibe, zeigt einen Hit­ler­gruß und den emporgestreck­ten Mit­telfin­ger und beschimpft die Inhab­er ras­sis­tisch. Diese stellen S. zur Rede, ver­weisen auf ihr Haus­recht und rufen die Polizei, um Anzeige zu erstat­ten. Was dann passiert, gle­icht einem Alb­traum: Denn wie so oft bei solchen Vor­fällen geriert sich der eigentliche Täter als Opfer und erstat­tet eine Gege­nanzeige wegen ange­blich­er Kör­per­ver­let­zung. Diese Strate­gie baut auf ein­er ras­sis­tis­chen Kom­plizen­schaft zwis­chen Täter und Polizei auf, für die keine Absprache notwendig ist und sie hat Erfolg: Die Beamt*innen ermit­teln nur lück­en­haft und gehen den Vor­wür­fen von S. nach, während sie die der bei­den Laden­in­hab­er fall­en lassen. In der Folge stellt die Staat­san­waltschaft das Ver­fahren gegen S. ein und erhebt stattdessen Anklage gegen F. und L. Das liegt nicht nur an der ras­sis­tis­chen Ermit­tlungsar­beit der Polizei, son­dern auch daran, dass sich kaum Zeug*innen find­en lassen, die bere­it sind, gegen S. auszusagen. Zu groß ist die Angst vor seinen Gewaltausbrüchen.

Im Prozess set­zt sich die Täter-Opfer-Umkehr weit­ge­hend fort. Die Vertei­di­gung kommt trotz guter Vor­bere­itung nicht gegen den ras­sis­tis­chen Grund­ver­dacht an, der besagt, dass ein „ver­meintlich oder tat­säch­lich aus­ländis­ches Opfer zunächst immer ein Täter ist“. Trotz zum Teil wirrer und wider­sprüch­lich­er Zeu­ge­naus­sagen ist eine Verurteilung von F. und L. nicht unwahrschein­lich. Für die bei­den Angeklagten ste­ht viel dem Spiel: Dieser und ähn­liche Vor­fälle bedro­hen ihre Exis­tenz. Sollte es zu ein­er Verurteilung kom­men, wären sie außer­dem vorbe­straft, was für F. auch neg­a­tive Auswirkun­gen auf sein Aufen­thalt­srecht in Deutsch­land haben kann.

Ras­sis­tis­che Gewalt, ein­seit­ige Ermit­tlun­gen der Polizei, Krim­i­nal­isierung und Aufen­thalt­sregime, auch für Bran­den­burg scheint zu gel­ten: „Staat und Nazis Hand in Hand“. Wir sol­i­darisieren uns mit den Angeklagten, fordern die sofor­tige Ein­stel­lung dieses absur­den Ver­fahrens gegen F. und L. sowie ein Ende der ras­sis­tis­chen Gewalt!

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[Update] Cottbus braucht kein Hetzbüro

Cot­tbus kommt nicht zur Ruhe. Am Son­ntag den 17. Juni wer­den Recht­sradikale von
Zukun­ft Heimat und AfD in unser­er Stadt­mitte ein Het­zbüro eröff­nen! Während
Studierende am Fre­itag beim Laut gegen Nazis und am Son­ntag beim Cot­tbus Open
gemein­sam mit vie­len Akteuren der Zivilge­sellschaft ein Zeichen für ein weltoffenes
Cot­tbus set­zen, gehen Rechte Kräfte zur näch­sten Eskala­tion­sstufe über.
Seit Monat­en fol­gt ein Vor­fall dem anderen. Bun­desweit ist die Stadt in den Medien.
Der rechte Vere­in Zukun­ft Heimat zer­stört das Kli­ma in der Stadt. Auf ihren
Demon­stra­tio­nen het­zen sie gegen Geflüchtete und alle Men­schen, die sie als solche
wahrnehmen. Auch der Auf­stieg von Energie Cot­tbus wurde von recht­en Ausschreitungen
über­schat­tet. Um die Prob­leme in Cot­tbus lösen zu kön­nen, brauchen wir Zusammenhalt.
Was wir nicht brauchen, ist ein recht­es Hetzbüro!
Die Betreiber des Ladens kom­men von auswärts und sie haben ein Inter­esse an der
Eskala­tion, die unser­er Stadt schadet. Das sind die, die für die laute und
ras­sis­tis­che Demon­stra­tionskam­pagne seit einem Jahr ver­ant­wortlich sind – die uns
einre­den wollen, dass an allen Prob­le­men Geflüchtete schuld sein sollen. Dass dies
nicht stimmt, bewies unlängst die Krim­i­nal­sta­tis­tik.1
Die Zahlen des Vere­ins Opfer­per­spek­tive Bran­den­burg zeigen dage­gen klar, von wem spür­bar ver­mehrt Gewalt aus­ge­ht: Rechte und ras­sis­tis­che Gewalt ist in Bran­den­burg seit 2016 auf ihrem
Höch­st­stand seit Beginn der Aufze­ich­nun­gen. Die trau­rige Spitze der men­schen­feindlichen Gewalt in Bran­den­burg bildet dabei Cot­tbus. 2
Mit ihrem Het­zbüro erbauen sich die recht­en Pro­voka­teure eine Basis, von der aus sie
die Spal­tung in Cot­tbus zu einem Dauerzu­s­tand machen kön­nen. Von dort wollen sie
weit­er ihre men­schen­feindlichen Denkmuster ver­bre­it­en und sich gegen­seit­ig in ihrem
Ras­sis­mus bestärken. Sie pla­nen, weit­ere Kon­flik­te in unser Zusam­men­leben zu
brin­gen. Der rechte Vor­denker Götz Kubitschek, kür­zlich erst Red­ner in Cot­tbus, gibt
das offen zu: Es geht darum den Riss, der durch die Gesellschaft geht, noch zu
ver­tiefen! 3
Doch wir lassen uns nicht zer­reißen! Wir antworten mit Sol­i­dar­ität! Wir sind
Zuge­zo­gene und Einge­borene, Studierende, wir sind Men­schen mit Flucht­bi­ografie, wir
sind alle unter­schiedlich und gle­ichzeit­ig teilen wir so viel. Wir brauchen nur den
gemein­samen Willen und Mut, an ein­er offe­nen und gerecht­en Stadt mitzuwirken.
Lassen wir es nicht zu, dass in unser­er Mitte Rechte ihre ras­sis­tis­che Politik
betreiben kön­nen! Treten wir für ein Cot­tbus ein, in dem alle friedlich miteinander
leben können.
Nazis raus aus unser­er Mitte!

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(Anti-)Rassismus Antifaschismus Law & Order

Cottbus braucht kein Hetzbüro


Cot­tbus Naz­ifrei unter­stützte am heuti­gen Don­ner­stag eine Verteilaktion
rund um die Sprem­berg­er Straße in Cot­tbus. Die Bewohn­er­schaft wurde
damit über das in ihrer Mitte entste­hende recht­sradikale Büro
informiert. Auch beim Cam­pus-Ope­nair “Laut gegen Nazis” am morgigen
Fre­itag sowie beim Stadt­fest wird darauf aufmerk­sam gemacht wer­den, dass
in der Cot­tbuser Stadt­mitte am Son­ntag ein von “Ein Prozent” (Sach­sen),
“Zukun­ft Heimat” (Spree­wald) und AfD (Bun­des- und Landesebene)
getra­genes Het­zbüro eröffnet. Cot­tbus Naz­ifrei fordert eine klare
Posi­tion­ierung seit­ens der Stadt und Zivilge­sellschaft, eine solche
Hass-Schmiede in Cot­tbus nicht zu dulden.
“Solch ein Laden darf in der Stadt nicht geduldet wer­den! Wir alle
dür­fen in Cot­tbus nicht zulassen, dass ein Het­zbüro entste­ht, von dem
aus weit­ere Kon­flik­te in der Stadt gesät wer­den.”, sagt Luise Mey­er von
Cot­tbus Nazifrei.
Am 17. Juni soll in der Müh­len­straße 44, in unmit­tel­bar­er Nähe zur
Syn­a­goge, ein Info­laden zur Ver­bre­itung men­schen­feindlich­er Ideen
eröffnet wer­den. Die Betreiber sind „Zukun­ft Heimat“ und die AfD.
Gefördert wer­den sie vom recht­en Kam­pag­nen-Net­zw­erk „Ein Prozent“ (aus
Oybin in Sach­sen). Der Laden fol­gt in vielem dem Vor­bild eines rechten
Haus­pro­jek­tes in Halle, wo seit 2017 “Iden­titäre”, AfD und Ein Prozent
unter einem Dach arbeit­en und für Unruhe und Gewalt sorgten. Ziel eines
solchen Ladens in Cot­tbus kann es nur sein, die Sit­u­a­tion vor Ort zu
eskalieren, die Stadt weit­er zu spal­ten und sich dann selb­st als
poli­tis­che Lösung anzubieten.
“Es geht diesen Leuten darum, den Riss, der durch die Gesellschaft geht,
noch zu ver­tiefen. Das erk­lärte ihr rechter Vor­denker Götz Kubitschek
bere­its in Cot­tbus. Sie haben kein­er­lei Inter­esse an einem Dia­log. Sie
wollen die Kon­flik­te ver­schär­fen, um ihre autoritären und rassistischen
Posi­tio­nen durch­drück­en und dabei geben sie sich einen bürgerlichen
Sauber­mann-Anstrich!”, so Mey­er weiter.
Der Anstrich von Bürg­er­lichkeit kann jedoch nicht aufrecht erhalten
wer­den. Denn, wärend die AfD zur Eröff­nung eines “harm­losen” Bürgerbüros
ein­lädt und Zukun­ft Heimat den Laden beschöni­gend “patri­o­tisch” nennt,
wirbt Ein Prozent mit dem Laden als eine Wider­standss­chmiede. Die
Abgren­zung der AfD von Zukun­ft Heimat sowie anderen extrem rechten
Kräften ist mit der gemein­samen Laden­eröff­nung hinfällig.

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Antifaschismus jüdisches Leben & Antisemitismus Law & Order

Fortsetzung am Bernauer Amtsgericht

Am Fre­itag, den 15. Juni 2018, begin­nt um 9:45 am Amts­gericht Bernau die Fort­set­zung des Ver­fahrens wegen Belei­di­gung und Bedro­hung eines 15-jähri­gen Schülers. Die Opfer­per­spek­tive begleit­et den Prozess und
ruft zur sol­i­darischen Prozess­beobach­tung auf.
„Wir hof­fen, dass auch bei diesem Ter­min viele Besucher_innen ihre Unter­stützung für den Betrof­fe­nen zeigen. Im Feb­ru­ar war der Ver­hand­lungssaal bis auf den let­zten Platz beset­zt“, sagt Anne Brügmann,
Bera­terin der Opfer­per­spek­tive, die am Ver­hand­lungstag vor Ort sein wird.
Angeklagt ist ein 20-jähri­gen Pan­ke­taler. Ihm wird vorge­wor­fen, am 7. Sep­tem­ber 2017 gemein­sam mit zwei weit­eren Män­nern den Schüler wegen sein­er Antifa-Stick­er auf der Straße ange­hal­ten und bedro­ht zu haben.
Als sich der Betrof­fene ins Bürg­er­büro der Partei „Die Linke“ flüchtete, taucht­en die drei Män­ner auch dort auf und häm­merten gegen die Tür, die von den anwe­senden Parteim­it­gliedern zuge­hal­ten wurde. Dabei fie­len u.a. anti­semi­tis­che Belei­di­gun­gen und Dro­hun­gen gegen den Jugendlichen. Erst als die Anwe­senden mit der Polizei dro­ht­en, ver­schwan­den die Täter.
Der Vor­sitzende Richter Andreas Müller hat­te am ersten Ver­hand­lungstag im Feb­ru­ar verkün­det den Prozesster­min unter anderem anber­aumt zu haben, um die Namen der Mit­täter zu erfahren. Der Angeklagte, der den Tat­ablauf weit­ge­hend eingeräumt hat­te, war hierzu ohne Rück­sprache nicht bere­it. Als der Betrof­fene im Zuge sein­er Zeu­ge­naus­sage von ein­er weit­eren Bedro­hung durch die Angeklagten im Novem­ber 2017 berichtete, wurde die Ver­hand­lung unterbrochen.

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(Anti-)Rassismus Law & Order

Der eigentliche BAMF-Skandal in Brandenburg und anderswo

Auch die Außen­stelle des BAMF in Eisen­hüt­ten­stadt gehört zu den zehn Stan­dorten, die auf­grund der vom Stan­dard abwe­ichen­den Entschei­dun­gen über­prüft wer­den soll. Zurecht, denn in Bran­den­burg liegt die Anerken­nungsquote bei Asy­lentschei­dun­gen weit unter dem Bun­des­durch­schnitt, hiesige Quoten weichen zum Teil bis zu vierzig Prozent von diesem ab.
Bran­den­burgs ver­heerende Asyllotterie 
Eine Verteilung nach Bran­den­burg bedeutet für viele Geflüchtete eine weit gerin­gere Chance auf Schutz und Anerken­nung ihrer Flucht­gründe. Das zeigen die Anerken­nungszahlen des let­zten Jahres im Ver­gle­ich zum Durch­schnitt der Bundesländer:
Afghanistan: 31,7% in Bran­den­burg, 47,3% Bundesdurchschnitt
Iran: 16% in Bran­den­burg, 58,4% Bundesdurchschnitt
Irak: 51,8% in Bran­den­burg, 64,4% Bundesdurchschnitt
Soma­lia: 75,7% in Bran­den­burg, 83,1% Bundesdurchschnitt
Türkei: 6,8% in Bran­den­burg, 29,9% Bundesdurchschnitt
Das Recht auf ein faires Asylver­fahren wird außer­dem mas­siv eingeschränkt durch die fehlende Asylver­fahrens­ber­atung in der Erstauf­nah­meein­rich­tung in Bran­den­burg. Fehlende Beratung bedeutet für Schutz­suchende, dass sie Flucht­gründe im Rah­men des Asylver­fahrens nicht in vollem Umfang gel­tend machen kön­nen sowie einen erschw­erten Rechtsweg.
Tem­po statt Sorgfalt bei Asylverfahren 
Von der Poli­tik angetrieben wurde nach 2015 alles unter­nom­men, um mit schnell ange­wor­be­nen und schlecht geschul­ten Entscheider_innen bis zur Bun­destagswahl ein Höch­st­maß an Asy­lentschei­dun­gen zu tre­f­fen. Deren Qual­ität war bis Herb­st 2017 kein The­ma. Gut bezahlte Unternehmens­ber­atungs­fir­men wur­den engagiert, um die Abläufe zu opti­mieren. Im Vorder­grund stand das Tem­po. Genauigkeit und Sorgfalt der Entschei­dun­gen, wie es für die Prü­fung ein­er möglichen Grun­drechts­gewährung angemessen ist, trat bun­desweit in den Hin­ter­grund. Dies hat­te hun­dert­tausende man­gel­hafte Asy­lentschei­dun­gen zur Folge, was der eigentliche Skan­dal ist, über den kaum gesprochen wird.
Ver­wal­tungs­gerichte als Kor­rek­tiv für BAMF-Schlamperei 
Auch bun­desweit sind die Schutzquoten 2017 im Ver­gle­ich zu 2016 drastisch gesunken, obwohl sich die Sit­u­a­tion in den Hauptherkun­ft­slän­dern der Flüchtlinge seit 2015 – wie etwa in Afghanistan – in den let­zten Jahren drama­tisch ver­schlechtert hat.
Dies ist zurück­zuführen auf neue Vor­gaben und Leit­sätze der BAMF-Führung und let­ztlich des Bun­desin­nen­min­is­teri­ums. Die poli­tisch motivierte, sys­tem­a­tis­che Absenkung der Zahl pos­i­tiv­er Entschei­dun­gen durch eine Änderung der Anerken­nungskri­te­rien und die inakzept­able Fehlerquote bei neg­a­tiv­en Entschei­dun­gen wer­den in der ein­seit­i­gen öffentlichen Debat­te nicht the­ma­tisiert. Die hohe Erfol­gsquote der Kla­gen vor den Ver­wal­tungs­gericht­en zeigt die struk­turellen Män­gel bei den BAMF Entschei­dun­gen. Dabei fol­gte das BAMF offen­sichtlich der Devise: Unser Kor­rek­tiv sind die Ver­wal­tungs­gerichte – anstelle ein­er wirk­lichen Qual­ität­skon­trolle im Hause selbst.
Ende 2017 waren über 370.000 Ver­fahren vor den Ver­wal­tungs­gericht­en anhängig. 2017 hat­ten 40,8 Prozent der Kläger_innen Erfolg (bere­inigte Schutzquote). Fast die Hälfte der über­prüften Asylbeschei­de wurde also durch die Ver­wal­tungs­gerichte kor­rigiert – bei syrischen und afghanis­chen Asyl­suchen­den waren es sog­ar über 60 Prozent. Etwa 32.500 Fehlentschei­dun­gen des BAMF mussten im Jahr 2017 von den Gericht­en zu Gun­sten von Geflüchteten kor­rigiert wer­den. Hinzu kom­men etwa 4.500 Fälle, in denen das BAMF die eigene Entschei­dung im Sinne der Betrof­fe­nen kor­rigiert hat.
Der Flüchtlingsrat Bran­den­burg fordert eine umfassende Qual­ität­skon­trolle im Bun­de­samt, wie PRO ASYL und viele weit­ere Ver­bände und Organ­i­sa­tio­nen dies schon seit Jahren fordern.
 
Verweise
1http://dip21.bundestag.de/dip21/btd/19/003/1900385.pdf <https://deref-gmx.net/mail/client/-icjb_Svlio/dereferrer/?redirectUrl=http%3A%2F%2Fdip21.bundestag.de%2Fdip21%2Fbtd%2F19%2F003%2F1900385.pdf>_
2https://www.proasyl.de/news/breite-kritik-an-maengeln-in-asylverfahren-und-abschiebungen-ins-unsichere-afghanistan/
3https://www.proasyl.de/news/memorandum-zu-asylverfahren-zeigt-qualitaetsmaengel-beim-bamf/
4http://dip21.bundestag.de/dip21/btd/19/013/1901371.pdf_

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(Anti-)Rassismus Antifaschismus Geschichte & Gedenken Law & Order

Remember Antonio Manuel Diogo!

Gedenkver­anstal­tung am 29. Juni 2018, 17 Uhr, Bahn­hof Bad Belzig
Der Vere­in Belziger Forum e.V. ruft zum Gedenken an dem Mosam­bikan­er Anto­nio Manuel Dio­go auf. Tre­ff­punkt ist der 29. Juni 2018 um 17 Uhr am Bad Belziger Bahnhof.
Wer war Manuel Diogo?
Anto­nio Manuel Dio­go wurde in Mosam­bik geboren. Als ein­er von gut 20.000 Mosam­bikan­ern war Dio­go als soge­nan­nter Ver­tragsar­beit­er, zusam­men mit seinem Fre­und Ibraimo Alber­to, in die DDR gekom­men. Der Traum: eine Aus­bil­dung machen und die Fam­i­lie in Mosam­bik unter­stützen. Am 16. Juni 1981 lan­den Alber­to und Dio­go auf dem Flughafen Berlin Schöne­feld. Dort tren­nen sich erst­mal die Wege der bei­den. Manuel Dio­go arbeit­et for­t­an in Coswig bei Dessau in einem Sägewerk.
 
Der 30. Juni 1986
In der Nacht vom 30. Juni 1986 wird eine Leiche auf der Bahn­strecke zwis­chen Belzig und Borne gefun­den. Die einzel­nen Kör­perteile waren über Kilo­me­ter verteilt. Die Trans­port­polizei ver­merkt: „Höhe Bahn­hof Borne wurde männliche Leiche aufge­fun­den. Kopf und Beine abge­fahren. Es han­delt sich um eine Per­son mit dun­kler Haut­farbe“. Es ist Anto­nio Manuel Dio­go. Dieser hat­te in Berlin seinen Fre­und Ibraimo Alber­to besucht und war auf dem Heimweg nach Coswig. Sie hat­ten das Woch­enende zusam­men ver­bracht, mit Fre­un­den Fußball gespielt und bis in die Mor­gen­stun­den getanzt. Alber­to begleit­ete seinen Fre­und Dio­go noch zum Berlin­er Ost­bahn­hof. Laut Recherchen des MDR begeg­nete Manuel Dio­go im Zug auf dem Weg in Rich­tung Dessau ein­er Gruppe Neon­azis. Diese schlu­gen auf Dio­go ein, fes­sel­ten ihr Opfer an den Beinen und ließen ihn langsam aus dem fahren­den Zug auf die Gleise runter. Die Polizei kon­nte die Täter fes­t­nehmen. Die Öffentlichkeit erfährt damals nichts von dem grausamen Ver­brechen. Bei toten Aus­län­dern schal­tete sich in der DDR das Min­is­teri­um für Staatssicher­heit in die Unter­suchun­gen ein und ver­merk­te, Dio­go habe „den Zug während der Fahrt ver­lassen und wurde über­fahren. Hin­weise auf eine Straftat liegen nicht vor”. Der Leich­nam wird nach Mosam­bik über­führt mit dem Ver­merk, den Sarg nicht zu öff­nen. Der Fam­i­lie erzählt man, Dio­go sei bei einem Unfall gestor­ben. Die Ange­höri­gen von Manuel Dio­go erfuhren jahrzehn­te­lang nichts über die wahren Umstände. Infor­ma­tio­nen zu den Tätern und den Strafen liegen auch uns aktuell nicht vor.
 
Kri­tik aus Mosambik
“Wir selb­st haben die Ermit­tlungsergeb­nisse der DDR-Seite in Frage gestellt und waren überzeugt davon, dass es sich anders zutrug, als sie uns erzählt haben”, berichtet Pedro Taimo, damals im Arbeitsmin­is­teri­um von Mosam­bik für die Ver­tragsar­beit­er in der DDR zuständig, dem MDR. Weit­er fordert António Muchanga, der Sprech­er der größten mosam­bikanis­chen Oppo­si­tions­be­we­gung Ren­amo, gegenüber dem MDR: “Ich bin überzeugt, dass die Todes­fälle unser­er Land­sleute noch nicht voll­ständig aufgek­lärt wur­den und da wir nicht wis­sen, ob die Schuldigen bestraft wor­den sind, appel­liere ich an die deutschen Behör­den und an die Bun­desregierung, diese Fälle aufzuk­lären und uns über die Ergeb­nisse der Ermit­tlun­gen zu informieren.”
 
Aufk­lärung und Gedenken
Der Vere­in Belziger Forum e.V. sieht die Aufk­lärung und das Gedenken an Opfer ras­sis­tis­ch­er Gewalt seit vie­len Jahren als eine zen­trale Auf­gabe an. Hier sei an die zahlre­ichen Aktio­nen zum Fall Belaid Bay­lal erin­nert. Klares Ziel unser­er Arbeit in den näch­sten Jahren wird sein, Infor­ma­tio­nen zu Anto­nio Manuel Dio­go zusam­men­zu­tra­gen und eine passende Form des Gedenkens zu entwick­eln. Darüber hin­aus teilen wir die berechtigte Kri­tik aus Dio­gos Heimat Mosam­bik. Fälle wie der Mord an Anto­nio Manuel Dio­go müssen voll­ständig aufgek­lärt und die Schuldigen bestraft wer­den. https://www.facebook.com/events/177499126269883/

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