An mehreren Punkten in der kreisfreien Stadt Brandenburg an der Havel wurde heute gegen einen Aufzug der „Brandenburger für Meinungsfreiheit & Mitbestimmung“ (BraMM) protestiert. Gegen 18.00 Uhr zog ein kleiner Teil der Brandenburger Zivilgesellschaft im Rahmen eines Stadtspazierganges unter dem Motto: „Für ein buntes und weltoffenes Brandenburg an der Havel“ vom Altstädtischen bis zum Neustädtischen Markt. Ab 18.30 Uhr protestierten ungefähr 20 linksalternative Jugendliche in der Gördenallee Ecke Wiener Straße in unmittelbarer Nähe des Treffpunktes der BraMM. Mehrere Transparente und Fahnen gegen Nazis wurden gezeigt und die BraMM-Redner ausgebuht.
BraMM schrumpft weiter
An der Veranstaltung der „Brandenburger für Meinungsfreiheit & Mitbestimmung“ beteiligten sich ungefähr 20 Personen. Am anschließenden Spaziergang nahmen sogar nur zehn Personen teil. Der Aufzug war so klein, dass die Teilnehmer_innen auf dem Fußgängerweg liefen. In Redebeiträgen distanzierten sich sowohl Heiko Müller, ehemaliger Vorsitzender des Landesverbandes der Republikaner in Brandenburg, als auch sein Gesinnungsgenosse „Kalle“ von „Nazis“ bzw. Extremist_innen jeglicher Couleur. Des Weiteren bekannten sie sich für eine „direkte Demokratie nach Schweizer Vorbild“ und „die Erhaltung und den Schutz unserer christlich-jüdisch geprägten europäischen Kultur“. Wie glaubhaft dies ist bleibt allerdings fraglich. Auch heute beteiligten sich nämlich wieder etliche Neonazis an der BraMM-Veranstaltung, u.a. mit Kleidungsaufdrucken, wie „Oldschool Racist“ oder „HASS — Made in Germany“. Aber auch die BraMM-Organisatoren selber suchten mit ihrer Polemik gegen „Scheinasylanten“ und „Asylbetrüger“ sowie dem Bekenntnis zum deutschen Vaterland Anknüpfungspunkte zu Nationalist_innen und der extremen Rechten. Ein Erfolgsmodell war dies in Brandenburg an der Havel jedoch bisher nicht. Die Teilnehmer_innenanzahl bei Bramm-Veranstaltungen sank von 150 am 26. Januar 2015 auf 20 Personen am heutigen Abend.
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Soli-Demo für Zelle 79
Inforiot — Etwa 100 Demonstrant_innen zeigten am vergangenen Samstag, den 30. Mai, ihre Unterstützung für das linksalternative Hausprojekt Zelle 79 in Cottbus. In der Woche zuvor, in der Nacht vom 23. auf den 24. Mai, griffen Neonazis das Projekt in der Parzellenstraße 79 an: Die 10 AngreiferInnen warfen Steine gegen Fassade und Fenster, versuchten gewaltsam in das Gebäude einzudringen und zündeten anschließend eine Couch vor der Tür an. Der Brand konnte schnell gelöscht werden, da sich eine kleine Gruppe im Haus befand, die vom Angriff nicht verletzt wurde.

Die antifaschistische Demonstration unter dem Motto “Es ist immer ein Angriff auf uns Alle” zog am Samstagnachmittag durch die Cottbusser Innenstadt und fand dort nicht nur Aufmerksamkeit, sondern erfuhr auch mehrfach Solidaritätsbekundungen durch Anwohner_innen. In Redebeiträgen machten die Veranstalter_innen wiederholt auf den Vorfall und eine Reihe weiterer Angriffe von Neonazis aufmerksam.



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Die Gauland-Show
Dieser Artikel erschien zuerst in der Zeitschrift Der Rechte Rand Nr. 153 (März/April 2015).
Mit aktuell zehn Abgeordneten im Potsdamer Landtag hat die Brandenburger AfD seit den Wahlen im September 2014 bundespolitisch einiges an Gewicht erlangt. Wie fast kein anderer sorgt vor allem einer für Furore: Alexander Gauland, Mitglied im Bundesvorstand und Chef des Landesverbandes.
von Svenna Berger
Gauland-Partei mit Rechtsaußen-Leck
Über Gauland sagte CSU-Politiker Gauweiler kürzlich in der Wochenzeitung »Die Zeit«: »Er trägt zur Belebung der Debatte bei«. Und so ist der Ex-CDUler und ehemalige Herausgeber der »Märkischen Allgemeinen Zeitung« regelmäßig Gast in Talkshows und Interviewpartner im Politikteil diverser Zeitungen. Der Brandenburger AfD-Landesvorstand gehört zum ‹nationalkonservativen› Flügel in der Partei und das nicht allein wegen Gauland. Ende September veröffentlichte das Magazin »Der Spiegel« Parteiinterna, darunter Informationen über extrem rechte AfD-Abgeordnete; zugespielt von Stefan Hein, dem Sohn der Gauland-Lebensgefährtin, der schließlich wegen Verrats aus der Landtagsfraktion flog.
Zur Landtagswahl, bei der die AfD zwölf Prozent der Zweitstimmen erlangte, war klar: Acht von elf gewählten Landtagsabgeordneten, so eine Recherche des »Antifaschistischen Pressearchiv und Bildungszentrums« Berlin und des »Moses-Mendelssohn-Zentrums« in Potsdam, blicken auf rechte bis extrem rechte Karrieren zurück. Neben dem Ex-Republikaner Andreas Galau gehört auch Andreas Kalbitz dazu; er schrieb für die revisionistische »Junge Landsmannschaft Ostdeutschland«, den extrem rechten »Witikobund« und ist Verleger eines rechten Hörbuchverlages. Weiterhin wird Steffen Königer erwähnt – ehemals Redakteur der »Jungen Freiheit«, Ex-Mitglied im »Ring Christlich-Demokratischer Studenten« und früherer Kandidat für den rechtspopulistischen »Bund Freier Bürger« – sowie die beiden Begründer des Brandenburger Verbandes der islamfeindlichen Partei »Die Freiheit«, Rainer von Raemdonck und Thomas Jung.
Der Umgang mit (extrem) rechten Positionen in der Partei ist dabei widersprüchlich: Landes- und Fraktionschef Gauland gewährt diesen Fraktionskollegen »eine zweite Chance«, auch wenn sie sich mitunter nicht von ihren Inhalten distanzieren. Königer beispielsweise zählte das NSDAP–Buch »Glaube an Deutschland« kurz vor der Landtagswahl in einem Zeitungsinterview zu seiner Lektüre. Jan-Ulrich Weiß, der als Nachrücker in den Landtag ziehen sollte, musste hingegen gehen: Nachdem er antisemitische Karikaturen veröffentlichte, wurde er aus der Partei ausgeschlossen. Der Skandal war zu groß.
Die Debatten um die AfD im Landtag halten weiter an: Neben der Diskussion um die Besetzung der Parlamentarischen Kontrollkommission, an der nach Forderung der SPD keine MandatsträgerInnen mit extrem rechter Biografie mitwirken solle, führen die Themen Asylpolitik, die Rolle des Islam und der Umgang mit PEGIDA und deren NachahmerInnen regelmäßig zum Eklat.
Die »Volksbewegung« und die AfD
Von Anfang an machte Gauland aus seiner politischen Nähe zu den DemonstrantInnen in Dresden keinen Hehl, auch gegen Widerstände im AfD-Bundesvorstand. Im Brandenburger Landtag sorgt Gauland damit für Unmut. Hier werden ihm seine Positionen zu PEGIDA und Zuwanderung vorgeworfen. Im Zusammenhang mit den Terroranschlägen von Paris hatte Gauland für PEGIDAs Islamkritik geworben und wurde dafür scharf kritisiert. SPD-Fraktionschef Klaus Ness urteilte: Die versuchte Gleichsetzung von MuslimInnen mit TerroristInnen und das Verbot der PEGIDA-Demonstration nach den Anschlägen als fortschreitende Islamisierung zu bezeichnen, grenze an Volksverhetzung. Um sich gegen den Vorwurf der Islamfeindlichkeit zu immunisieren, lud die AfD-Fraktion kurzum VertreterInnen des »Vereins der Muslime in Potsdam e. V.« ein.
Den doppelzüngigen Umgang mit rechten Positionen, den Gauland bereits im eigenen Landesverband praktizierte, setzt er hinsichtlich der PEGIDA-Aufmärsche fort: Rassistische Positionen und das asyl- und ‑islamfeindliche Moment der Proteste werden verharmlost und PEGIDA von Gauland gar zur neuen »Volksbewegung« erklärt. Diese sei vergleichbar mit der Rolle der frühen Anti-Atombewegung als Wegbereiter für die parlamentarischen Grünen. Der Skandal um das Hitler-Bild von PEGIDA-Begründer Lutz Bachmann ging ihm zwar zu weit, doch erst nach dem Zerwürfnis innerhalb der Dresdner Führungsriege brach Gauland mit den OrganisatorInnen. An der inhaltlichen Nähe ändert sich damit nichts.
»Europa den Europäern«
Diese Nähe der AfD zeigte sich auf einer Demonstration des Brandenburger PEGIDA-Abklatsches »Brandenburger für Meinungsfreiheit und Mitbestimmung« (BraMM). Auf einem von Norman Wollenzien, Mitglied im AfD-Kreisverband Havelland, gehaltenen Schild war zu lesen: »Antirassismus, Weltoffenheit, Vielfalt sind Kennwörter für weißen Genozid – Europa den Europäern«. An der Veranstaltung, die der Landeschef der »Republikaner«, Heiko Müller, angemeldet hatte, nahmen auch eine Reihe bekannter Neonazis teil. Wollenziens Kontakte in die Neonaziszene sind bereits in der Vergangenheit bekannt geworden.
Von seinem rassistischen Tonfall ist auch Gaulands Absage an Zuwanderung nicht weit entfernt. »Wir sollten eine Einwanderung von Menschen, die unserer kulturellen Tradition völlig fremd sind, nicht weiter fördern, ja wir sollten sie verhindern«, so zitiert ihn »Der Tagesspiegel«. Welche Traditionen fremd seien, sagt Gauland sehr genau: »Diese kulturelle Tradition ist im Nahen Osten zu Hause.«. Damit trägt er nicht etwa »zur Belebung der Debatte« bei, sondern gibt rassistischen Positionen und extrem rechten ProtagonistInnen in der AfD eine Plattform.
Aufgrund der Anmeldung des städtischen Bündnisses musste die BraMM allerdings auf den Görden ausweichen. Der Angemeldete Treffpunkt ist Gördenallee/Wiener Straße.
Auch diese mal fordern wir alle Brandenburger_innen auf, sich an den stattfinden Protesten zu beteiligen! Vom städtischen Bündnis aus findet ein Spaziergang vom Neustädtischen Markt zum Trauerberg statt, der Protest muss und darf allerdings nicht auf diesen allein beschränkt sein. Zwar wird den Rassist_innen so die Bühne in der Stadt verwehrt, auf dem Görden können sie jedoch ungestört agieren. Es gilt also wie immer:
*Nehmt am vielfältigem Protest gegen die Rassist_innen teil!*
An der kämpferischen aber friedlichen Demonstration nahmen ca. 120 Antifaschist*innen teil, die vom „Glad-House“, am Turm vorbei durch die Spremberger Straße zur Oberkirche lief, wo eine Zwischenkundgebung stattfand. Weiter verlief die Demonstration in südlicher Richtung zur „Zelle 79“, an der sie mit der Abschlusskundgebung endete.
In einem Redebeitrag wurde die Solidarität mit den direkt und indirekt Betroffenen des Neonazianschlags am letzten Wochenende nachdrücklich betont und über die Hintergründe aufgeklärt. Ein weiterer Beitrag kam vom Bündnis NoTDDZ und warb für die Blockaden in Neuruppin am 6. Juni 2015. Bei der Abschlusskundgebung vor der „Zelle79“ wurde noch einmal auf die Bedeutung von Hausprojekten für die antifaschistische Arbeit aufmerksam gemacht.
Anlass der antifaschistischen Demonstration waren die von Neonazis verübten Anschläge der letzten Wochen auf das Hausprojekt „Zelle79“. Wir halten unser gesetztes Ziel, uns mit dem Hausprojekt zu solidarisieren und ein breites antifaschistisches Bündnis zu demonstrieren auch an Hand der Teilnehmer*innenzahlen für erreicht. Abschließend bleibt festzustellen, dass es in Cottbus eine große Anzahl von Antifaschist*innen gibt, die sich mit dem Hausprojekt solidarisieren. Dabei wurde den Faschisten deutlich zu verstehen gegeben: „wir werden eure Einschüchterungsversuche nicht tatenlos hinnehmen“.
Wir danken allen Teilnehmer*innen die unserer Einladung folgten.
AUTONOME ANTIFA COTTBUS
Zu mehreren Demonstrationen und Veranstaltungen erwartet Neuruppin am 6. Juni Gäste aus Nah und Fern. Sie wollen sich unter dem Motto „Schöner leben ohne Nazis – Vielfalt ist unsere Zukunft“ friedlich versammeln und für Weltoffenheit demonstrieren. Der unerfreuliche Anlass ist ein Aufmarsch von Rechtsextremisten „gegen Überfremdung“, der für denselben Tag angekündigt ist.
Um 10 Uhr an diesem Sonnabend beginnen gleichzeitig drei Versammlungen:
‑Auf dem Schulplatz am Alten Gymnasium bildet ein ökumenischer Gottesdienst den Auftakt zu einem zehnstündigen Bühnenprogramm, das politische Beiträge mit einem fulminanten Kulturprogramm verbindet.
‑In der Bruno-Salvat-Straße hinter dem Einkaufszentrum REIZ beginnt ein Demonstrationszug, der sich über drei Kilometer Richtung Schulplatz bewegt.
‑Am Bahnhof Rheinsberger Tor versammeln sich wieder andere Demonstranten, um auf einer kurzen Route zum Bernhard-Brasch-Platz zu ziehen.
Die Organisatoren der demokratischen Proteste wollen allen Demonstrationsteilnehmern eine gute Anreise ermöglichen. „Man kann an jedem der drei Orte und auch später noch zu uns stoßen. Und man kann auf verschiedenen Wegen zu unseren Versammlungen gelangen,“ verspricht Martin Osinski, Sprecher im Aktionsbündnis Neuruppin bleibt bunt. In Absprache mit Polizei und Versammlungsbehörde werden folgende Empfehlungen für die Anreise gegeben:
Mit der Bahn:
Regionalexpress Linie RE 6 aus Wittenberge oder Berlin bis Haltepunkt West oder Rheinsberger Tor.
Mit dem Auto:
— Aus Osten über B167 bis Alt Ruppiner Allee. Dort bestehen Parkmöglichkeiten am Oberstufenzentrum. Die ORP Nahverkehrsgesellschaft richtet von dort einen kostenlosen Bus-Shuttle-Service ein.
— Aus Süden, Westen und Norden A24 Abfahrt Neuruppin, weiter über B167 und nördliche Umfahrung (Certaldo‑, Nymburk‑, Bad-Kreuznach‑, Babimost-Ring) Richtung Eberswalde bis Alt Ruppiner Allee, Oberstufenzentrum (Bus-Shuttle).
Wer möglichst nah an das Stadtzentrum heranfahren möchte, sollte über Wittstocker Allee, Straße des Friedens oder Seedamm / Steinstraße die Karl-Marx-Straße ansteuern.
Mit Reisebus:
Über B167 und nördliche Umfahrung (Certaldo‑, Nymburk‑, Bad-Kreuznach‑, Babimost-Ring) bis Wittstocker Allee, diese stadteinwärts über Straße des Friedens bis Bahnhof Rheinsberger Tor. Für Busse bestehen Parkmöglichkeiten auf dem Betriebshof der ORP Nahverkehrsgesellschaft, Wittstocker Allee.
Empfehlenswert ist eine Anreise bis 10 Uhr. Im weiteren Tagesverlauf kann es wegen der verschiedenen Demonstrationszüge zu zeitweiligen Straßensperrungen kommen. Das Aktionsbündnis Neuruppin bleibt bunt bittet die Bürger der Stadt um Verständnis für die unvermeidlichen Beeinträchtigungen. „Wir haben die Neonazis nicht hergebeten. Sie kommen nicht zum ersten Mal – aber vielleicht ist es ja das letzte Mal“, hoffen die Veranstalter.
Am 31.Mai 2000 stirbt Falko Lüdtke in Eberswalde im Alter von 22 Jahren. Ein stadtbekannter Neonazi stößt ihn auf die Fahrbahn vor ein vorbeifahrendes Taxi. Falko ist das zweite Todesopfer rechter Gewalt in Eberswalde, in der offiziellen Statistik der Bundesregierung wird er jedoch bis heute nicht erwähnt.
„Es ist erschreckend, dass Falko Lüdtke auch nach 15 Jahren von vielen nicht als Opfer rechter Gewalt angesehen wird. Er starb, weil er sich gegen rechtes Denken aussprach. Es ist wichtig, dass Falko Lüdtke nicht vergessen wird,“ betont Julia Stegmann von dem Verein Opferperspektive in Potsdam.
Dem tödlichen Stoß am Abend des 31.5.2000 geht eine verbale Auseinandersetzung zwischen dem jungen Punk und dem 27-jähren Mike B. voraus. Der große und bullige Neonazi trägt auf dem Hinterkopf offen eine handtellergroße Hakenkreuz-Tätowierung zur Schau. Der wesentlich kleinere Falko Lüdtke stellt ihn couragiert wegen des verbotenen Nazi-Tattoos zur Rede. Beide steigen in einen Bus und führen die Diskussion um die rechte Gesinnung des Neonazis weiter. Nach ihrem Ausstieg an der Haltestelle “Spechthausener Straße” versucht Mike B. Falko durch eine Einladung auf ein Bier in einen nahen Hinterhof zu locken, wo ein Treffpunkt der rechten Szene liegt. Als Falko dies ablehnt, greift Mike B. ihn an, schubst ihn und schlägt ihn mit der Faust. Falko verteidigt sich, das Handgemenge verlagert sich in Richtung Fahrbahn. Plötzlich versetzt Mike B., der mit Blickrichtung zur Straße steht, Falko einen starken Schlag auf den Brustkorb. Dieser verliert das Gleichgewicht, stolpert nach hinten auf die Fahrbahn und wird von einem vorbeifahrenden Taxi erfasst. Nur wenige Stunden später verstirbt Falko Lüdtke an schweren inneren Verletzungen.
Bis heute erkennen Polizei und Sicherheitsbehörden den Tod des linken Punks Falko Lüdtke nicht als rechtes Tötungsdelikt an. Viele Menschen in Eberswalde werten die Tat sogar als Streit zwischen Angehörigen verfeindeter Jugendgruppen ab und entheben sie somit ihrer politischen Dimension. Dabei betonte das Gericht bereits in seinem Urteil im Dezember 2000, dass Falko Lüdtkes Verhalten ein Akt der Zivilcourage war. Mike B. hatte sich durch seine Hakenkreuztätowierung eindeutig der rechten Szene zugeordnet und Kritik daran sei berechtigt.
Ein offizielles Gedenken an den Tod von Falko Lüdtke findet in Eberswalde bisher nicht statt.
Falko Lüdtke starb, weil er sich als linker Punk gegen rechte Gesinnung stellte. Er zeigte damit die Zivilcourage, die Politiker und Politkerinnen zurecht von allen Bürgern und Bürgerinnen einfordern.
Wir trauern um Falko Lüdtke. Wir erinnern an ihn und wir fordern die Landesregierung auf, ihn als Todesopfer rechter Gewalt anzuerkennen.
In der Debatte um den Bau einer Gemeinschaftsunterkunft für Asylsuchende und Flüchtlinge haben am gestrigen Abend in Nauen ungefähr 100 Menschen gegen einen Aufzug einer dubiosen Bürgerinitiative protestiert. Schwerpunkt der Proteste war wieder der Platz vor dem Rathaus. Wie bei ähnlichen Protestveranstaltungen in den letzten Wochen wurden abermals Schilder oder Transparente mit Aufschriften wie „Flucht ist kein Verbrechen“ und „Flüchtlinge willkommen“ hochgehalten und sich dadurch zu einer Kultur des Willkommens für Asylsuchende und Flüchtlinge in Nauen bekannt. Auch der Bürgermeister und der Vorsitzende der Stadtverordnetenversammlung waren wieder unter den Menschen, die sich für Vielfalt und Toleranz einsetzten. Die Bürgerinitiative und ihr Anhang zogen hingegen wie üblich durch die Stadt. An diesem Aufzug beteiligten sich ungefähr 90 Personen, darunter auch NPD Funktionäre und Sympathiesant_innen „Freier Kräfte“. Letztgenannte fielen u.a. durch Regenschirme mit der Aufschrift „f#ck rfgs“ (Fuck Refugees) auf. Zu nennenswerten Zwischenfällen kam es allerdings nicht. Jedoch werden bei der Bürgerinitiative, trotz gegenteiliger Bekundungen, Affinitäten zum neonazistischen Milieu immer deutlicher erkennbar. Ging es anfangs vorgeblich nur darum gegen Entscheidungen der Stadt Widerstand zu leisten, nimmt deren Protest immer offener auftretende, aggressiv rassistische Tendenzen an. Die Polizei war mit ungefähr 100 Beamt_innen vor Ort, um die Veranstaltungen zu trennen.
Bürgerinitiative contra Stadtverordnete
Anlass der Demonstration ist die Debatte um den Bau der geplanten Gemeinschaftsunterkunft für Asylsuchende und Flüchtlinge in Nauen. Die Bürgerinitiative „Zukunft Nauen“ mit ihren beiden Obleuten Dennis Naumann und Heiko Kürchner spricht sich dabei klar gegen die Bebauung des dafür zur Verfügung stehenden Grundstückes aus. Es liege zu nahe an einer Schule, einem Kindergarten, einem Wohngebiet, einer Kleingartenanlage und einem Garagenkomplex, so die bisherigen Argumente. Ein sozialer Brennpunkt würde sich nach dem Bau des Heimes entwickeln, so ein Sprecher der Initiative während einer Stadtverordnetenversammlung im Februar 2015. Vertreter_innen des Landkreises als auch der Polizei widersprachen allerdings diesem Stereotyp und hielten den Vorurteilen positive Langzeiterfahrungen mit anderen Asylunterkünften im Havelland entgegen. Die Mehrheit der Abgeordneten stimmte anschließend für die Errichtung der Asylunterkunft bzw. zunächst einmal für den Verkauf des dafür notwendigen Grundstückes am den Landkreis. Damit wollte sich die Bürgerinitiative „Zukunft Nauen“ jedoch nicht abfinden und startete eine Unterschriftenaktion für einen Bürger_innenentscheid zum Grundstücksverkauf. Bis zum 17. April 2015 sollen ungefähr 1.671 Menschen die Petition unterschrieben haben. Eine durchaus beachtliche Zahl bei 16.616 Einwohner_innen. Nach Prüfung der Unterschriftenlisten durch die Stadt stellte sich jedoch heraus, dass die Listen zum einen nicht termingerecht eingereicht wurden und zum anderen 394 Unterschriften ungültig waren. Einige Sympathisant_innen der Bürgerinitiative hatten offenbar doppelt unterschrieben, unvollständige Angaben gemacht oder waren gar nicht aus Nauen. 1.474 Unterschriften wären übrigens für den Bürger_innenentscheid nötig gewesen. Entsprechend enttäuscht zeigte sich „Zukunft Nauen“ und behielt sich rechtliche Schritte gegen die Prüfung der Stadt vor. Als erste Trotzreaktion folgte dann die Anmeldung und Durchführung der gestrigen Demonstration.
Hasstiraden prägen Aufzug
Obwohl sich die Bürgerinitiative, laut Märkischer Allgemeiner Zeitung, erst wieder bei der Stadtverordnetenversammlung am 18. Mai 2015 davor verwahrte, „in die rechte Ecke“ gestellt zu werden, zeigte sich während ihres Aufzuges wieder ein komplett anderes Bild. Wie bei den anderen Aufmärschen der letzten Wochen hatte auch gestern wieder die NPD die entscheidenden Zügel in der Hand. Lautsprecherwagen, bestimmte daraus tönende Musiktitel sowie einige Ordner können nämlich eindeutig der Partei zugeordnet werden. Ein Sprecher, der während des Marsches versuchte durch Parolen, wie „Ali, Mehmed, Mustafa – ab mit Euch nach Ankara“, „Kriminelle Ausländer raus! Und was ist mit dem Rest? Der auch!“ oder „Gegen Repression und Volksverrat, auf die Straße, Mut zur Tat“, Stimmung zu machen, ist als NPD Sympathisant aus dem Landkreis Oberhavel bekannt. Kurzzeitig betätigte sich auch Manuela Kokott, NPD Abgeordnete im Gemeinderat Spreenhagen (Landkreis Oder-Spree), als Sprecherin und skandierte: „Wer hat uns verraten? Sozialdemokraten! Und wer macht damit Schluss? Nationaler Sozialismus!“. Des Weiteren trat sie bei einer Zwischenkundgebung als Rednerin auf. Dort stellte sich Manuela als „1,62m großer Stachel im Arsch dieses System“ vor, begrüßte ihre Zuhörer_innen als „Volksgenossen“ und begann dann so gleich mit piepsiger aber betont lauter Stimme gegen „Parteibonzen“, die bisherigen demokratischen Entscheidungsprozesse und vor allem in übelster Weise gegen Asylsuchende zu hetzen. Ihre reißerische Polemik insbesondere gegen Menschen, die in der Bundesrepublik Asyl suchen, versuchte sie durch Un- und Halbwahrheiten über deren angeblich kriminelles Verhalten und deren Gesundheitszustand zu unterfüttern. Weiterhin schürte Frau Kokott Sozialneid, diffamierte Asylsuchende de facto als Betrüger, bezeichnete sie explizit als „Schmarotzer“ und forderte die Nauener Bürger_innen dazu auf sich „gegen die asoziale Politik der Herrschenden, gegen Überfremdung, gegen die Islamisierung“ Luft zu machen und sich nicht einschüchtern zu lassen. Natürlich habe dies alles nichts mit Nazismus zu tun, wie sie, die NPD Funktionärin, die wenige Minuten vorher noch den „Nationalen Sozialismus“ bewarb, ebenfalls betonte und ihr Publikum auch nur allzu gern glaubte. Ein Teilnehmer hatte sich beispielsweise extra ein Schild mit folgenden Slogan gebastelt: „Ich bin nicht Rechtsradikal, aber die Zukunft unserer Kinder ist mir nicht egal!“. Und auch Heiko Kürchner und Dennis Naumann von der Bürgerinitiative „Zukunft Nauen“ distanzierten sich in ihren Redebeiträgen ebenfalls von derartigen Tendenzen. Nach dem Verlauf der gestrigen Demonstration ist diese Position aber kaum noch haltbar.
Annäherung an die extreme Rechte absehbar
Bereits am 16. April 2015 beteiligte sich „Zukunft Nauen“ an einem Aufmarsch der Initiative „Nein zum Heim“ in Nauen, die vom ehemaligen NPD Stadtverordneten Maik Schneider, der auch gestern zeitweise als Sprecher auftrat, angemeldet wurde und dementsprechend auch viele Neonazis zog. Der „Bürger“ Dennis Naumann hielt bereits dort einen kurzen Redebeitrag, in dem er für die Unterschriftenaktion seiner Initiative warb. Zudem ähnelten die Flugblätter, mit denen unter dem Label „Bürger für Bürger“ zur Teilnahme an der gestrigen Demonstration von „Zukunft Nauen“ aufgerufen wurde (https://farm1.staticflickr.com/333/18069800358_2d5822b949_o.jpg), optisch sehr deutlich Flyern die Frank Odoy, Organisationsleiter des NPD Kreisverbandes Oderland, am 25. April 2015 während eines rassistischen Aufzuges in Frankfurt (Oder) zur Werbung für einen weiteren Aufmarsch am 27. April 2015 in Fürstenwalde/Spree ( https://farm8.staticflickr.com/7655/17081170549_88b3fe5afc_o.jpg) verteilte. Odoy war gestern übrigens auch unter den Demonstrant_innen in Nauen. Er war mit seiner Lebensgefährtin Manuela Kokott angereist.
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Vor dem Versammlungsort des Geheimdienstes postierten sich Agenten der Kampagne Blackbox Verfassungsschutz in Trenchcoat und Sonnenbrille und klärten Besucher_innen über die Karrierechancen im Amt auf. Unter dem Motto „Werde Verfassungsschützer!“ präsentierten sie Werbeschilder mit den Slogans:
— „Extrem karrierefördernd- Bei uns gefährden Skandale nicht die Aufstiegschancen!“
— „Extrem gut betreut — Unser V‑Mann-Fahrer holt sie gern ab. Sogar im Knast.“
— „Extrem gut geschützt — Bei uns geht Quellenschutz vor Strafverfolgung.“
— „Extrem gut bezahlt — Als Nazi bis zu 300.000 € verdienen!“
„Existenzgründungs-Zuschuss — Der nötige ‚Bums‘ für Ihre Kameradschaft!“ Die ostdeutschen Landesämter für Verfassungsschutz hatten zu einer Tagung über die Gefahren von „Extremismus im Internet“ eingeladen. Als Experten sollten u.a. die Geheimdienstmitarbeiter Gordian Meyer-Plath und Bernd Palenda auftreten.
Palenda stieg 2012 zum Leiter des VS Berlin auf, weil seine Vorgängerin wegen des Schredderns wichtiger Akten im NSU-Komplex zurücktreten musste.
Meyer-Plath wurde 2012 Präsident des sächsischen LfV, obwohl er selbst in den NSU-Skandal verstrickt ist. Als er als V‑Mann Führer des Neonazis Carsten Szepanski (Piatto) bereits 1998 von der geplanten Bewaffnung des NSU-Trios erfuhr – unterließ er es, die Polizei zu informieren. Meyer-Plath chauffierte den wegen versuchten Mordes verurteilten Szepanski sogar vom Knast zu Neonazitreffen und ‑konzerten.
Während das NSU-Netzwerk mordete, flossen massiv staatliche Gelder in Kameradschaften und Naziläden und wurden V‑Männer vor der Polizei und Justiz geschützt. Nach der Selbstenttarnung der rassistischen Terrorgruppe wurde die Aufklärung aktiv behindert, Akten wurden vernichtet, Zeugenaussagen abgesprochen oder es wurde einfach geschwiegen.
Dazu erklärt der Pressesprecher der Kampagne Blackbox Verfassungsschutz, George Kaplan:
„Es ist ein Skandal, dass die selbe Behörde, die tatkräftig zur Radikalisierung der deutschen Neonaziszene beigetragen hat, heute über das “Radikalisierungsinstrument Internet” aufklären will. Worüber sie nicht sprechen werden, sind die Gefahren, die vom deutschen Inlandsgeheimdienst selbst ausgehen. Allein die Anzahl der V‑Männer in der NPD legt den Gedanken nahe, von der NPD als parlamentarischem Arm des Verfassungsschutzes zu sprechen. Die Gefahr lauert im Amt. Der Verfassungsschutz gehört nicht in die Bildungsarbeit, sondern abgeschafft.”
Hier Fotos von der Aktion
https://www.dropbox.com/sh/c6vcycjzsnddbuz/AACnLFwBTmlYNiLuuajkj3mka?dl=0
Treffpunkt: 14.30 Uhr vor dem Glad-House Cottbus
(03046, Straße der Jugend 16)
Beginn: 15.00 Uhr
Anlass der antifaschistischen Demonstration am Samstag, dem 30.05.2015 ist der Brandanschlag durch Neonazis auf das Hausprojekt „Zelle79“ am vergangenen Wochenende. Wir lassen uns das nicht gefallen! Mit der Demonstration wollen wir ein Zeichen setzen und zeigen das Cottbus sich von solchen Angriffen nicht einschüchtern lässt. Wir solidarisieren uns mit allen Menschen, die direkt und indirekt von dem Angriff auf die „Zelle79“ betroffen sind. Es ist immer ein Angriff auf uns alle!
Hintergrund:
In der Nacht vom 23. auf den 24.05.2015 wurde das linke Hausprojekt „Zelle 79“ in der Parzellenstraße 79 von Neonazis angegriffen. Die Gruppe, die aus ca. 10 Vermummten bestand, versuchte hierbei in das Gebäude einzudringen, in dem sie Fenster mit Pflastersteinen zerstörten und die Tür demolierten. Glücklicherweise konnten sie sich zu keinem Zeitpunkt Zugang zur „Zelle 79“ verschaffen. Darauf hin gingen sie dazu über, Möbelstücke vor dem Haus anzuzünden und an die Fassade zu schieben. Kurz danach verschwand die Gruppe. Zu diesem Zeitpunkt befand sich eine kleinere Anzahl an Leuten im Haus, die unverletzt blieben. Durch das Geistes gegenwärtige Handeln einiger Nachbarn konnte der Brand schnell gelöscht werden. Während des Angriffs grölten die Neonazis Parolen wie „Deutschland den Deutschen – Ausländer raus!“. Die Gruppe setzt sich ersten Informationen zufolge nach aus organisierter Neonaziszene Cottbus und rechtsradikalen Fußballfans zusammen. Diese Überschneidung wurde in den letzten Jahren wieder vermehrt beobachtet. So waren beim Auswärtsspiel gegen Babelsberg 03 am 15.04.2015 in Potsdam eine Melange aus eben diesen beiden aktiven Szenen sichtbar. Neben einer Fahne mit antiziganistischem und antisemitischem Aufdruck waren massenweise Rechtsradikale Parolen hörbar. Auch auf der Straße greifen die Neonazis wieder gezielt Menschen an. So ist die Anzahl rechter Übergriffe in Cottbus in den letzten Jahren stark angestiegen.
Es ist immer ein Angriff auf uns alle!
Darum solidarisiert euch, kommt zahlreich und bringt eure Freunde mit!
Autonome Antifa Cottbus [AACB]