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(Anti-)Rassismus Flucht & Migration

Protest gegen die Ausländerbehörde am 27.4.2021

Aufruf für den 27. April 2021:
An alle geflüchteten Men­schen, an alle Sup­port­er und an alle, die wirk­lich einen SICHEREN HAFEN FÜR ALLE haben wollen:
Wir, geflüchteten und schutz­suchen­den Men­schen, protestieren! Raus auf die Straße am Dien­stag, den 27. April um 11:30 Uhr vor dem Rathaus Pots­dam, Friedrich- Ebert-Straße 79/81!
Wir, Frauen, sind am 8. März am Frauen­tag auf die Straße gegan­gen und haben laut­stark unser Bleiberecht in Pots­dam einge­fordert. Wir haben gegen den struk­turellen Ras­sis­mus in der Pots­damer Aus­län­der­be­hörde demon­stri­ert! Wir haben ein Gespräch mit dem Ober­bürg­er­meis­ter gefordert – er wollte aber nicht mit uns über unsere Sit­u­a­tion reden und schick­te nur eine Stel­lvertreterin vor!
Wir sind wütend! Seit mehr als 2 Jahren spricht der Ober­bürg­er­meis­ter davon, dass Pots­dam ein „Sicher­er Hafen” für geflüchtete Men­schen sei! Seit 2 Jahren hat sich unsere Sit­u­a­tion nicht verbessert! Seit 2 Jahren block­iert und drangsaliert die Pots­damer Aus­län­der­be­hörde unser Leben. Wir wollen eine Lebens- und Bleibeper­spek­tive haben wie alle anderen Potsdamer*innen auch! Wir sind hier und wir bleiben hier. Unsere Kinder wach­sen hier auf. Viele von uns arbeit­en — alle bezahlen Steuern. Wir sind Teil dieser Gesellschaft!
Wir wer­den nicht mehr still sein, bis wir gle­iche Rechte für alle haben.

Wir wollen Tat­en sehen und keine leeren Worte hören. Es ist genug gere­det wor­den! Wir fordern:
1. Rück­tritt vom Aus­län­der­be­hör­denchef Andy Meier! Wer seit Jahren das Inte­gra­tionskonzept ignori­ert, wer seit Jahren alle Spiel­räume nutzt, um unser Leben schw­er zu machen, darf kein Chef der Aus­län­der­be­hörde in einem „Sicheren Hafen” sein!
2. Willkom­men­skul­tur statt Aus­län­der­be­hörde! Wir wollen einen Par­a­dig­men­wech­sel – wir wollen eine kom­plett andere Behörde, damit sie alle Spiel­räume nutzt, um unsere Bleibeper­spek­tive zu verbessern!
3. Keine weit­ere Block­ade mehr gegen die Erteilung von Aufen­thalt­ser­laub­nis­sen für uns Frauen, deren Kinder deutsche Staat­sange­hörigkeit haben.

4. Stopp das Sys­tem der Ket­ten­dul­dun­gen! Abschiebun­gen stop­pen! Stattdessen: Empow­er­ment-Vere­in­barun­gen für alle abgelehn­ten Schutz­suchen­den, ange­fan­gen mit geflüchteten Per­so­n­en aus der Seenotrettung.
5.Sofortige Erteilung von Arbeitserlaubnissen!
6.Sammellager auflösen! Unter­bringung in zen­tral gele­ge­nen Woh­nun­gen. Wir wollen Auszugser­laub­nisse für alle und wir wollen die Chance haben, einen Wohn­berech­ti­gungss­chein zu bekommen!

ENGLISH
Call for 27 April 2021: To all refugee, to all sup­port­ers and to all who real­ly want to have a SAFE HABOUR FOR ALL:
We, refugees and peo­ple seek­ing pro­tec­tion, are protesting!
Get out on the street on Tues­day, 27 April at 11:30 am in front of Pots­dam City Hall, Friedrich-Ebert-Straße 79/81!
We, women, took to the streets on 8 March on Women’s Day and loud­ly demand­ed our right to stay in Pots­dam. We demon­strat­ed against the struc­tur­al racism in the Aus­län­der­be­hörde! We demand­ed a talk with the may­or — but he did­n’t want to talk to us about our sit­u­a­tion and only sent a deputy!
We are angry! For more than 2 years the May­or has been talk­ing about Pots­dam being a “safe Har­bour” for refugees! For 2 years our sit­u­a­tion has not improved! For 2 years the Aus­län­der­be­hörde has been block­ing and harass­ing our lives. We want to have a per­spec­tive to live and stay like all oth­er peo­ple in Potsdam!
We are here and we will stay here. Our chil­dren are grow­ing up here. Many of us work — all of us pay tax­es. We are part of this society!
We will not be qui­et until we have equal rights for all. We want to see action and not hear emp­ty words. There has been enough talk!

We demand: 1. Res­ig­na­tion of the head of Aus­län­der­be­hörde: Andy Meier! Who has been ignor­ing the Inte­gra­tionskonzept of Pots­dam for years, who has been using all lee­way to make our lives dif­fi­cult for years, should not be the head of Aus­län­der­be­hörde in a “safe Harbour”!
2. Wel­come cul­ture instead of Aus­län­der­be­hörde! We want a par­a­digm shift — we want a com­plete­ly dif­fer­ent Aus­län­der­be­hörde so that it uses all lee­way to improve our prospects of staying!
3. No more block­ing the grant­i­ng of res­i­dence per­mits for us women whose chil­dren have Ger­man nationality.
4. Stop the sys­tem of chain Dul­dun­gen! Stop depor­ta­tions! Instead: Empow­er­ment agree­ments for all reject­ed pro­tec­tion seek­ers, begin­ning with refugees from sea rescue.
5. Grant work per­mits immediately!
6. Close all Camps! We want accom­mo­da­tions in cen­tral­ly locat­ed flats with pri­va­cy. We want move-out per­mits for all and we want to have the chance to get a “Wohn­berech­ti­gungss­chein” as every­body else in a sit­u­a­tion with few money!

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Antifaschismus Arbeit & Soziales Inklusion & Ableism Verschwörungsideologie

Das Grundproblem heißt Kapitalismus

Am kom­menden Sam­stag, den 24. April wer­den mehrere hun­dert Men­schen unter dem Mot­to „Sol­i­darische Zukun­ft statt Kap­i­tal­is­mus” gegen das staatliche Pan­demie­m­an­age­ment demon­stri­eren. Die Initiator*innen kri­tisieren, dass die Coro­n­apoli­tik die bre­ite Bevölkerung belastet, während viele Konz­erne prof­i­tieren. Von den soge­nan­nten Querdenker*innen gren­zen sie sich scharf ab: Die Aufrufend­en wollen nicht gegen den Gesund­heitss­chutz demon­stri­eren, son­dern für eine lebenswert­ere Gesellschaft.

Unsere Belas­tungs­gren­ze ist erre­icht. Prekär Beschäftigte, Sorgearbeiter*innen und Geflüchtete tra­gen die größten Risiken in der Pan­demie. Sie fürcht­en um ihre Exis­tenz und Gesund­heit. Aber Schutz vor Infek­tio­nen in der Wirtschaft?
Fehlanzeige!”, sagt Mira Hun­srück, die die Demon­stra­tion mitorganisiert.

Während die Super­mark­tverkäuferin nun nach Feier­abend aus Infek­tion­ss­chutz­grün­den keinen Spazier­gang mehr machen darf, kon­trol­liert nie­mand, was ihr Betrieb tut, um sie während ihres Neu-Stun­den-Tages zu schützen. In der Indus­trie arbeit­en täglich Massen von Men­schen ohne aus­re­ichen­den Arbeitss­chutz — Arbeit­ge­ber wer­den zu nichts verpflichtet, denn wo das Kap­i­tal schaden nehmen kön­nte, wird nicht reg­uliert. Dabei ist es wis­senschaftlich erwiesen, dass sich die meis­ten zwis­chen 09:00 Uhr und 16:00 Uhr ansteck­en — also auf der Arbeit und auf dem Arbeitsweg. Da läuft mächtig was schief.”

Das Grund­prob­lem sei, dass es im Kap­i­tal­is­mus nie um die Gesund­heit der Men­schen gehe, son­dern allein um die Prof­ite der Unternehmen. Kas­par Som­o­gyi aus dem Kreis der Initiator*innen kri­tisiert: „Die Pan­demie hat die Missstände in unser­er Gesellschaft nur zuge­spitzt. Erst durch das kaputt ges­parte Gesund­heitssys­tem wurde Coro­na zur Katas­tro­phe. Darunter lei­den vor allem die Men­schen, die schon vorher benachteiligt waren.” Deshalb fordert Som­o­gyi: „Wir wollen nicht zurück zu einem soge­nan­nten Nor­malzu­s­tand vor Coro­na. Genau dieser Nor­malzu­s­tand hat zu dieser Krise geführt. Die Lehre aus Coro­na ist, dass wir uns endlich an den Bedürfnis­sen von Men­sche und Natur und nicht an Gewin­ner­wartun­gen von Konz­er­nen ori­en­tieren müssen.”

Dabei üben die Initiator*innen deut­liche Kri­tik an den Coronaleugner*innen, die in den let­zten Wochen mehrmals nach Pots­dam mobil­isiert haben. Es gäbe berechtigte Gründe, gegen die Coro­n­apoli­tik zu demon­stri­eren, man müsse sich aber nicht mit den Querdenker*innen gemein machen. „Wir haben in Pots­dam immer wieder gegen die Coronaleugner*innen demon­stri­ert. Jet­zt gehen wir mit ein­er eige­nen Mes­sage auf die Straße”, erk­lärt Mira Hun­srück. „Wir laden am Sam­stag alle ein, die eine sol­i­darische Antwort auf das Desaster der Coro­n­apoli­tik wollen – aber die nicht mit Gesund­heits­geg­n­ern, Eso­terik­ern und Nazis marschieren wollen.”

Die Demon­stra­tion begin­nt am 24.04.21 um 14:00 Uhr am Babels­berg­er Rathaus und wird von dort aus durch das Zen­trum Ost bis in die Innen­stadt führen. Die Teilnehmer*innen sind ange­hal­ten, auf Abstände zu acht­en, Masken zu tra­gen und sich vorher z.B. per Bürg­ertest testen zu lassen. Getra­gen wird die Demon­stra­tion von einem Kreis aus Grup­pen und Einzelper­so­n­en, die seit Jahren in Pots­dam in ver­schiede­nen Kam­pag­nen und Ini­tia­tiv­en aktiv sind. Unter den Redner:innen auf der Demon­stra­tion sind Akteure wie das Autonome Frauen­zen­trum, die Freie Arbeiter*innenunion, die GEW-Stud­is, die Emanzi­pa­torische Antifa, Refugees Eman­ci­pa­tion, Medi­zin­stud­is für Präven­tion und Sol­i­dar­ität Bran­den­burg und das Alter­na­tive Schul­bünd­nis Brandenburg.

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(Anti-)Rassismus Antifaschismus jüdisches Leben & Antisemitismus Law & Order Parlamentarismus

Die tödliche Dimension von Rechts wird unterschätzt

Die tödliche Dimension von Rechtsterrorismus, Antisemitismus, Rassismus und rechter Gewalt wird noch immer unterschätzt

Neun Men­schen wur­den beim recht­ster­ror­is­tisch und ras­sis­tisch motivierten Atten­tat in Hanau am 19. Feb­ru­ar 2020 ermordet. Doch trotz aller Erk­lärun­gen von Strafver­fol­gungs­be­hör­den, Jus­tiz und Innen­poli­tik wird die tödliche Dimen­sion rechter, ras­sis­tis­ch­er und anti­semi­tis­ch­er Gewalt noch immer nicht aus­re­ichend erfasst.  

Ras­sis­mus, Anti­semitismus und Ver­schwörungsnar­ra­tive haben in 2020 während der Coro­n­a­pan­demie zu ein­er für viele Men­schen extrem bedrohlichen Zunahme von poli­tisch rechts motivierten Gewalt­tat­en geführt. Am 19. Feb­ru­ar 2020 wur­den in Hanau Fer­hat Unvar, Gökhan Gül­tekin, Hamza Kur­tović, Said Nesar Hashe­mi, Mer­cedes Kier­pacz, Sedat Gür­büz, Kaloy­an Velkov, Vili Viorel Păun und Fatih Saraçoğlu durch einen ras­sis­tisch motivierten Atten­täter ermordet, der weit­ere Men­schen ver­let­zte und anschließend seine Mut­ter und sich selb­st tötete. Dass Ras­sis­mus und Recht­ster­ror­is­mus die Motive für eines der schw­er­sten recht­ster­ror­is­tis­chen Atten­tate seit der Jahrtausendwende waren, wird auch von den Strafver­fol­gungs­be­hör­den eben­so wie von Bun­des- und Lan­despoli­tik­ern anerkannt.

Wie schon in den Vor­jahren müssen wir fest­stellen, dass in den Jahres­bi­lanzen der Strafver­fol­gungs­be­hör­den der Län­der und des BKA zahlre­iche Gewalt­tat­en aus 2020 fehlen, in denen die Täter mit unglaublich­er Bru­tal­ität vorge­gan­gen sind und offen­sichtlich aus ras­sis­tis­ch­er und rechter Moti­va­tion gehan­delt haben”, kri­tisiert Robert Kusche vom Ver­band der Beratungsstellen für Betrof­fene rechter, ras­sis­tis­ch­er und anti­semi­tis­ch­er Gewalt (VBRG e.V.). „Dabei haben die Betrof­fe­nen die Schussver­let­zun­gen, Tritte, Schläge und Messer­stiche der recht­en Täter oft nur durch glück­liche Umstände überlebt.”

Die nach wie vor man­gel- und lück­en­hafte Erfas­sung und Anerken­nung von Ras­sis­mus, Anti­semitismus und Recht­sex­trem­is­mus als Tat­mo­tive durch Polizei und Jus­tiz ver­schleiert das Aus­maß der tödlichen Dimen­sion rechter Gewalt und lässt die Betrof­fe­nen im Stich”, betont Robert Kusche.

Fol­gende Beispielfälle vol­len­de­ter und ver­suchter Tötungs­de­lik­te haben Opfer­ber­atungsstellen des VBRG in 2020 reg­istri­ert, die bis­lang von den Lan­deskrim­i­nalämtern und dem BKA nicht als Poli­tisch motivierte Krim­i­nal­ität-Rechts (PMK-Rechts)-Gewalttaten gew­ertet werden.

Altenburg, 12.02.2020: Ein 52-Jähriger wird in sein­er Woh­nung von zwei jun­gen Män­nern mit Bezü­gen zur recht­en Szene mit einem Mess­er ange­grif­f­en und mit Schlä­gen und Trit­ten gegen Oberkör­p­er und Kopf so lange mis­shan­delt, bis er stirbt. Zu ihren Motiv­en geben die Angreifer im Mord­prozess am Landgericht Gera im März 2020 an, sie hät­ten den Mann für seine ange­bliche Homo­sex­u­al­ität und ver­mutete Pädophilie bestrafen und ihm einen „Denkzettel” ver­passen wollen. Bis­lang ist offen, ob das LKA Thürin­gen den Mord als PMK-Rechts Tötungs­de­likt wertet. www.ezra.de

Schwe­in­furt, 25.02.2020: Ein 19-jähriger Algerier wird am Faschings­di­en­stag auf dem Roß­markt durch einen Messer­stich in den Herz­muskel lebens­ge­fährlich ver­let­zt. Bei dem 27-jähri­gen Täter wer­den zahlre­iche recht­sex­treme Pro­pa­gandage­gen­stände und ein­schlägige Szenek­lei­dung gefun­den. Den­noch lässt das Urteil der Schwurg­ericht­skam­mer des Landgerichts Schwe­in­furt die Frage nach Ras­sis­mus als Tat­mo­tiv offen. Der Täter wird wegen gefährlich­er Kör­per­ver­let­zung zu fünf Jahren Haft verurteilt. In den PMK-Rechts Sta­tis­tiken des LKA Bay­ern wird der Fall nicht erwäh­nt. www.bud-bayern.de

Halle/Saale, 01.05.2020: An ein­er Straßen­bahn­hal­testelle wer­den kurz vor 1 Uhr nachts zwei syrische Geflüchtete von drei Unbekan­nten umringt, ras­sis­tisch und homo­phob belei­digt und dann unver­mit­telt zu Boden geschla­gen. Ein­er der bei­den Ange­grif­f­e­nen erlei­det lebens­bedrohliche Kopf- und Gesichtsver­let­zun­gen und muss mehrfach operiert wer­den. Die Ermit­tlun­gen wegen ver­sucht­en Totschlags sind über Monate block­iert, weil die Staat­san­waltschaft Halle die Ermit­tlungsak­ten „ver­liert”. Das LKA Sach­sen-Anhalt führt den Angriff nicht in der PMK-Rechts Sta­tis­tik. Auch in der Anklage, die die Staat­san­waltschaft Halle mit­tler­weile erhoben hat, fehlen Ras­sis­mus und Homo­pho­bie als Tat­mo­tive. www.mobile-opferberatung.de

Stral­sund, 21.05.2020: Eine Gruppe von fünf Recht­en greift nach ras­sis­tis­chen Belei­di­gun­gen einen Geflüchteten aus Soma­lia an und schlägt ihn bewusst­los. Dann zer­ren die Angreifer den leblosen Kör­p­er des Betrof­fe­nen auf eine viel befahrene Straße. Nur Dank des beherzten Ein­greifens eines Zeu­gen über­lebt der Betrof­fene den Angriff. Obwohl der Betrof­fene die ras­sis­tis­chen Belei­di­gun­gen ver­standen und der Ers­thelfer die Angreifer als Rechte beschrieben hat, wertet das LKA Meck­len­burg-Vor­pom­mern den Angriff nicht als PMK-Rechts Gewalt­tat. Eine Anklage gegen die polizeibekan­nten Angreifer gibt es bis heute nicht. www.lobbi-mv.de

Guben, 22.05.2020: Zwei Geflüchtete sind mit dem Fahrrad auf dem Weg zum Super­markt, als ein Auto mit über­höhter Geschwindigkeit auf sie zufährt mit frt Absicht, sie anz­u­fahren. Beim Ver­such auszuwe­ichen, ver­let­zt sich ein­er der Geflüchteten. Dann legt der Aut­o­fahrer den Rück­wärts­gang ein und ver­sucht erneut, die Geflüchteten anz­u­fahren. Kurze Zeit später ver­sucht der Aut­o­fahrer einen drit­ten Geflüchteten anz­u­fahren. Die Amok­fahrt endet erst, als das Auto des Angreifers sich am Bürg­er­steig verkan­tet. Die Täter flücht­en zu Fuß und wer­den kurze Zeit später gefasst. Ein­er von ihnen wird der recht­en Szene zuge­ord­net. Eine Anklage ist bis heute nicht erhoben. Das LKA Bran­den­burg wertet den Fall nicht als PMK-Rechts Gewalt­tat. www.opferperspektive.de

Dres­den, 30.08.2020: Bei ein­er Open-Air-Technopar­ty in der Dres­den­er Hei­de mit vie­len Besucher*innen aus der alter­na­tiv­en Szene belei­digt ein 16-jähriger Rechter zunächst eine Besucherin ras­sis­tisch und zeigt den Hit­ler­gruß. Dann sticht er mit einem Mess­er auf einen jun­gen Mann und eine jun­gen Frau ein und ver­let­zt bei­de lebens­ge­fährlich. Die Staat­san­waltschaft Dres­den hat inzwis­chen Anklage wegen zweifachen ver­sucht­en Mordes erhoben, sieht jedoch kein recht­es Tat­mo­tiv. Das LKA Sach­sen führt den Angriff nicht als PMK-Rechts Gewalt­tat. www.raa-sachsen.de/support/beratung

13.06.2020, Coburg: Am Gold­bergsee greifen drei Män­ner eine syrische Fam­i­lie mit Kleinkindern an. Mit der Dro­hung „Ich steche euch ab, ihr K***[rassistisches Schimpf­wort]!” schlägt der Haupt­täter so bru­tal mit ein­er Met­all­stange auf den Kopf des Fam­i­lien­vaters, dass dieser dauer­haft den Großteil seines Hörver­mö­gens ver­liert. Obwohl die Staat­san­waltschaft von ein­er ras­sis­tisch motivierten Tat aus­ge­ht und Ras­sis­mus im Plä­doy­er her­vorhebt, hält das Amts­gericht Coburg das Angriff­s­mo­tiv für ungek­lärt und verurteilt den Angreifer wegen Kör­per­ver­let­zung zu ein­er 16-monati­gen Haft­strafe. Das LKA Bay­ern führt den Angriff nicht als PMK-Rechts Gewalt­tat. www.bud-bayern.de

Esens, 20.07.2020: Am Abend des 20. Juli 2020 wird ein soma­lis­ch­er Fam­i­lien­vater unver­mit­telt vom Gast­ge­ber ein­er pri­vat­en Par­ty mit einem umge­baut­en Luft­gewehr bedro­ht und dann durch Schüsse lebens­ge­fährlich ver­let­zt. Der Betrof­fene ver­liert einen Teil sein­er Lunge und muss inten­sivmedi­zinisch behan­delt wer­den. Das Landgericht Aurich verurteilt den 29-jähri­gen Täter, der Mit­glied recht­sex­tremer Chat­grup­pen war und in sein­er Woh­nung Schwarzpul­ver gehort­et hat­te, im März 2020 zu 9,5 Jahren Haft wegen ver­sucht­en Mordes und benen­nt Ras­sis­mus und Aus­län­der­feindlichkeit als Tat­mo­tive. Den­noch wird der Fall vom LKA Nieder­sach­sen bis­lang nicht als PMK-Rechts Gewalt­tat genan­nt. https://betroffenenberatung.de/

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(Anti-)Rassismus Flucht & Migration Law & Order

Asylpolitik kostet Leben

Asylpolitik kostet Leben

Drei Suizide von Geflüchteten in Berlin und Brandenburg innerhalb weniger Wochen

Im Feb­ru­ar und März 2021 nah­men sich drei Geflüchtete aus Pots­dam, Eber­swalde und Berlin das Leben. Für Ange­hörige und Berater*innen ste­ht fest: Die drei Män­ner wur­den durch das Asyl­sys­tem mas­siv unter Druck geset­zt. Sie erhiel­ten nicht den Schutz, den sie in Deutsch­land gesucht hatten. 

Pots­dam:
A. H. aus Afghanistan nahm sich am 16. Feb­ru­ar 2021 mit 43 Jahren das Leben.
Er hat­te seit neun Jahren um die Fam­i­lien­zusam­men­führung mit sein­er Frau gekämpft. 
Ohne Erfolg. 

In sein­er Zeit in Deutsch­land war A.H. psy­chisch und kör­per­lich zunehmend erkrankt. Er hat­te eine Niere ver­loren und litt unter starken Schmerzen auf­grund von drei Brüchen an der Wirbel­säule. Nach neun Jahren auf der Flucht hat­te er im Dezem­ber endlich den Flüchtlingssta­tus in Deutsch­land bekom­men. Doch die neun­jährige Tren­nung von sein­er Frau und sein jahre­langer Kampf um Fam­i­li­en­nachzug war verge­blich und trieb ihn in die Verzwei­flung. Er hat­te psy­chother­a­peutis­che Behand­lung, Gesund­heits­ber­atung und eine Selb­sthil­fe­gruppe in Anspruch genom­men. Seit der Pan­demie litt er jedoch unter einem Man­gel an geeigneten Ange­boten Pots­dam und an sozialer Isolation.

Shorreh Bad­dieh, Trau­mather­a­peutin bei XENION:
„Ins­beson­dere in Bran­den­burg ist die Ver­sorgungsstruk­tur für geflüchtete Men­schen mit psy­chis­chen Prob­le­men schlecht. Ich mache mir aktuell um mehrere mein­er Patien­ten große Sor­gen wegen Suizidge­fahr. Sie brauchen drin­gend Hil­fe, tre­f­fen aber vor allem in der Akutver­sorgung immer wieder auf Men­schen mit geringer interkul­tureller Kom­pe­tenz und erhal­ten keine Dol­metschung in ihre Muttersprache.”

Chris­tiane Weber, Psy­chol­o­gis­che Psy­chother­a­peutin bei XENION:
„Wir sehen aktuell, dass der psy­chis­che Druck ger­ade bei den Men­schen, die sich in ein­er unsicheren Aufen­thaltssi­t­u­a­tion befind­en und auf­grund ihrer Geschichte bere­its schw­er belastet sind, enorm steigt. Coro­na wirkt dabei wie ein Bren­n­glas. Das große Prob­lem ist, dass es keine reg­uläre Ver­sorgungsstruk­tur im Sinne von qual­i­fizierten ther­a­peutis­chen Ange­boten für sie gibt, und auch der Zugang zu den Akut­sta­tio­nen der Psy­chi­a­trien oft schwierig ist. Dies ist aber ger­ade jet­zt umso nötiger, um Men­schen in Exis­ten­zkrisen zu stärken und damit Suizid­präven­tion zu ermöglichen. Hinzu kommt, dass unsere Gutacht­en, in denen wir auf die psy­chis­che Belas­tung und Suizidal­ität hin­weisen, mit­tler­weile immer häu­figer von Behör­den und Gericht­en als Gefäl­ligkeitsgutacht­en diskred­i­tiert werden.”
 
Eber­swalde: 
Salah Tayar aus dem Tschad nahm sich am 11.3.2021 mit 35 Jahren das Leben. 
Er hat­te seit acht Jahren um ein Recht zu bleiben gekämpft. 
Ohne Erfolg. 

Salah Tayar kam als junger Mann im Tschad wegen Unge­hor­sam in ein Mil­itärge­fäng­nis. In den zweiein­halb Jahren dort wur­den er regelmäßig gefoltert. Nach jahre­langer Flucht durch Libyen und übers Mit­telmeer erre­ichte er Deutsch­land. Sein Asy­lantrag wurde abgelehnt, weil der Tschad als sich­er gilt. Im April hätte er einen let­zten Ter­min vor dem Ver­wal­tungs­gericht Frankfurt/Oder im Klagev­er­fahren – mit kaum Aus­sicht auf Erfolg- gehabt. Fre­unde und Ange­hörige beschreiben, dass die unklare Aufen­thaltsper­spek­tive ihn in eine tiefe Depres­sion stürzte.

Sein Cousin Yahia Mohammed:
„Salah hat jahre­lang für ein men­schen­würdi­ges Leben gekämpft, im Tschad und in Deutsch­land. Trotz allem, was er durchgemacht hat, wurde ihm kein Schutz gewährt. Sein Asyl wurde abgelehnt, obwohl er seine ganze Geschichte offen­gelegt hat­te. Das hat ihm jede Per­spek­tive auf ein Leben in Würde ger­aubt. Daran ist Salah zerbrochen.” 
Weit­er führt Yahia Mohammed aus:
„Salah hat 8 Jahre im Heim in Eber­swalde gelebt, er hat­te eine Dul­dung und damit keine umfassende Arbeit­ser­laub­nis. Die Sit­u­a­tion im Heim ist schlimm, es gibt nichts zu tun, das treibt Men­schen in die Hoff­nungslosigkeit. Der Ras­sis­mus im öffentlichen Raum in Eber­swalde kommt hinzu. Es gibt viele Men­schen, den es so geht, die nicht mehr wis­sen, wie sie die Sit­u­a­tion aushal­ten sollen.”
 
Mustafa Hussien von Barn­im für Alle:
“Salah floh vor Folter, vor der Unter­drück­ung und Poli­tik der tschadis­chen Regierung unter der Führung von Dik­ta­tor Idriss Deby. Salah lebte unter uns als ruhiger und guter Men­sch. Es gibt eine Gruppe von Geflüchteten, die noch leben, aber unter den gle­ichen Bedin­gun­gen wie Salah lei­den. Wir als Gruppe ‚Barn­im für Alle’ und als in der Region lebende Geflüchtete erk­lären unsere völ­lige Ablehnung dieser Poli­tik und wollen dafür kämpfen, dass sich die Geset­ze verändern.”

Berlin
Alpha Oumar Bah aus Guinea nahm sich in der Nacht vom 16.3.2021/17.3.2021 mit 27 Jahren das Leben. Er hat­te seit mehr als drei Jahren um eine Bleibeper­spek­tive gekämpft. Ohne Erfolg. Er hat­te sehr große Angst vor ein­er Abschiebung. 

Alpha Oumar Bah lebte in ein­er Unterkun­ft für Geflüchtete in Berlin und ver­di­ente seinen Leben­sun­ter­halt bei ein­er Reini­gungs­fir­ma. Er war im Asylver­fahren und lebte in der Angst vor Abschiebung.
Der Berlin­er Innense­n­a­tor Andreas Geisel hat­te im Feb­ru­ar eine Del­e­ga­tion des Regimes in Guinea ein­ge­laden, um die Iden­tität von Geflüchteten aus Guinea zu klären und damit die nöti­gen Doku­mente für eine Abschiebung ausstellen zu kön­nen. Im Vor­feld wur­den schwarze Men­schen im Gör­l­itzer Park wegen ange­blich­er Deal­erei kon­trol­liert. Nach Aus­sagen der Polizei gegenüber der taz sei die Polizei zu dieser Zeit zudem auf der Suche nach „rel­e­van­ten Per­so­n­en zur Vorstel­lung vor der Guineis­chen Expertenkom­mis­sion”[1]gewe­sen. Bei einem Pres­seter­min in Gör­l­itzer Park unter­stre­icht der Innense­n­a­tor diese ras­sis­tis­che Prax­is. Bish­er wurde in 15 von 22 Men­schen aus Berlin die Guineis­che Staats­bürg­er­schaft fest­gestellt und die Betrof­fe­nen abgeschoben. Als eines von drei Bun­deslän­dern beteiligte sich Berlin unter anderem am 16.3. an den bun­desweit­en Sam­me­lab­schiebun­gen nach Guinea. Die Del­e­ga­tion soll im Herb­st erneut nach Berlin kom­men. Am 15.03.2021 gab es in der Unterkun­ft, in der Alpha Oumar Bah lebte, einen Polizeiein­satz, um die Abschiebung ein­er anderen Per­son zu vol­lziehen. Es ist anzunehmen, dass all dies Alpha Oumar psy­chisch mas­siv unter Druck setzte.
 
Rachid von Ayében Berlin
„Die Del­e­ga­tion aus Guinea hat die Aus­bil­dungs­dul­dung nicht anerkan­nt. Men­schen, die mit­ten in der Aus­bil­dung standen, wur­den nach Guinea abgeschoben. Wir fra­gen den Innense­n­a­tor von Berlin, wie kann das sein? Dieses Vorge­hen hat Panik aus­gelöst. Die Angst vor ein­er Abschiebung ist unsag­bar groß. Dass die Del­e­ga­tion erneut im Herb­st 2021 nach Deutsch­land kom­men soll, erschreckt die Men­schen sehr.”
 
Alpha von Ayében Berlin
„Die Sit­u­a­tion in Guinea ist sehr schwierig, zum einen ist die Bevölkerung schut­z­los der glob­alen Covid-19 Pan­demie aus­ge­set­zt, auf der anderen Seite bre­it­et sich Ebo­la erneut aus. Hinzu kommt, dass viele Oppo­si­tionelle im Gefäng­nis sitzen. Gle­ichzeit­ig gibt es schwere Men­schen­rechtsver­let­zun­gen. Die Lage in Guinea ist desaströs.”
 
Wir fordern von der Berlin­er und Bran­den­burg­er Lan­desregierung poli­tis­che Konsequenzen: 
> Öffentliche voll­ständi­ge Aufk­lärung der Suizide.
> Anerken­nung des Gesuch­es auf Schutz und Asyl.
> Erle­ichterung der Familienzusammenführung.
> Gedol­metschte und kul­tursen­si­ble Akutver­sorgung und Therapieangebote.
> Bleiberecht für psy­chisch belastete und trau­ma­tisierte Menschen.
> Keine Abschiebung in Län­der, die von Men­schen­rechtsver­let­zun­gen gekennze­ich­net sind.
> Keine Zusam­me­nar­beit mit dik­ta­torischen Reg­i­men zur Beschaf­fung von Abschiebepapieren.

Wir laden ein zur Kundgebung: 
13. April, 12–17 Uhr
Eber­walde Ausländerbehörde
Pfeilstr/Schicklerstr. 
 

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(Anti-)Rassismus

Unter Weißen – Was es heißt, privilegiert zu sein

Wie erlebt jemand dieses Land, der dazuge­hört, aber für viele anders aussieht? Eine Lesung über unbe­wusste Priv­i­legien und ver­steck­ten Ras­sis­mus aus der Per­spek­tive von Einem, der täglich damit kon­fron­tiert ist.

Unter Weißen – Was es heißt, priv­i­legiert zu sein
Autoren­le­sung und Gespräch mit Mohamed Amjahid
Mon­tag, 12. April 2021 | 18.00 Uhr
Online-Ver­anstal­tung: www.adb-brandenburg.de/livestream

Wenn er sich in der U‑Bahn neben eine Frau set­zt, umk­lam­mert diese plöt­zlich ihre Hand­tasche. Am Flughafen wird er regelmäßig von Polizis­ten zur Rou­tinekon­trolle her­aus­gepickt und eine Flüchtling­shelferin am Münch­n­er Haupt­bahn­hof erk­lärt ihm, wie man Seife benutzt. Mohamed Amjahid, Sohn marokkanis­ch­er Gas­tar­beit­er und als Jour­nal­ist bei ein­er deutschen Zeitung unfrei­willig „Inte­gra­tionsvor­bild”, kann von vie­len solch­er Sit­u­a­tio­nen bericht­en, die Nicht-Weiße wie er in der deutschen Mehrheits­ge­sellschaft täglich erleben. Ob skur­ril, empörend, pein­lich oder unge­wollt pater­nal­is­tisch – diskri­m­inieren­des Ver­hal­ten und ras­sis­tis­che Vorurteile find­en sich keineswegs bloß bei unverbesser­lichen Recht­en, son­dern auch bei denen, die sich für aufgek­lärt und tol­er­ant halten.

In seinem neuen Buch “Der weiße Fleck” zeigt der Autor, wie stark struk­tureller Ras­sis­mus, weiße Priv­i­legien und Othering/Andersmachung unsere Gesellschaft polar­isieren. Ras­sis­tis­ches Denken ist tief in unser­er Gesellschaft ver­ankert — und doch unsicht­bar für die weiße Mehrheits­ge­sellschaft. Diese blind­en Fleck­en will Mohamed Amjahid in seinem Buch auflösen. Er beschreibt dabei nicht nur, wie das Sys­tem weißer Priv­i­legien wirkt, son­dern zeigt auch ganz konkret, wie
wir unseren Ras­sis­mus ver­ler­nen kön­nen, um dem Ziel ein­er friedlichen, gerecht­en und inklu­siv­en Gesellschaft gemein­sam näher zu kommen.

Veranstalter*in: Antidiskri­m­inierungs­ber­atung Bran­den­burg / Opfer­per­spek­tive — Sol­i­darisch gegen Ras­sis­mus, Diskri­m­inierung & rechte Gewalt e.V.

Diese Ver­anstal­tung wird im Rah­men des Mod­ell­pro­jek­ts „changel­og – Gle­ich­be­hand­lung kom­mu­nal” durchge­führt. Changel­og ist in den Städten Cot­tbus und Pots­dam aktiv, bietet Betrof­fe­nen von ras­sis­tis­chen Diskri­m­inierun­gen Beratung sowie Unter­stützung an und wirbt um mehr Diskri­m­inierungssen­si­bil­ität in bei­den Stadtgesellschaften.

Gefördert vom Bun­desmin­is­teri­um für Fam­i­lie, Senioren, Frauen und Jugend im Rah­men des Bun­de­spro­gramms „Demokratie leben!”

Wichtiger Hin­weis:
Die Ver­anstal­tenden behal­ten sich vor, von ihrem Haus­recht Gebrauch zu machen und Per­so­n­en, die durch demokratie‑,menschen- oder ver­fas­sungs­feindliche Äußerun­gen oder Hand­lun­gen in Erschei­n­ung getreten sind, den Zutritt zu unseren Ver­anstal­tun­gen zu ver­wehren oder sie von diesen auszuschließen. Hierzu zählen ins­beson­dere Per­so­n­en, die neon­azis­tis­chen oder extrem recht­en oder son­st extrem­istis­chen Parteien oder Organ­i­sa­tio­nen ange­hören, der extrem recht­en oder son­st ein­er extrem­istis­chen Szene zuzuord­nen sind oder bere­its in der Ver­gan­gen­heit durch ras­sis­tis­che, nation­al­is­tis­che, anti­semi­tis­che, sex­is­tis­che, homo­sex­uellen- oder trans­feindliche Äußerun­gen oder Hand­lun­gen in Erschei­n­ung getreten sind. 

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Flucht & Migration

Stoppt die Abschiebung nach Afghanistan!

Aufruf zur Protestkundge­bung gegen Abschiebun­gen nach Afghanistan

am Dien­stag 06.04.2021 17–18 Uhr am Alter Markt/Landtag in Potsdam. 

Am 7.4. soll die näch­ste Sam­me­lab­schiebung vom BER nach Afghanistan stat­tfind­en! Seit 42 Jahren gibt es einem unbeen­de­ten Krieg in Afghanistan. Laut dem „Glob­al Peace Index 2020“ ist es das gefährlich­ste Land der Welt und hinzu kommt seit dem Jahr 2020 die Coro­n­a­pan­demie. Wegen des Kriegs und der ständi­gen Ter­ro­ran­schläge der Tal­iban ist die Bevölkerung in Afghanistan dauer­haft in Angst und Panik und trau­matir­siert. Laut Robert-Koch Insti­tut ist es seit Jan­u­ar 2021 als Hochinzi­den­zge­bi­et eingestuft wor­den. Eine Pan­demie mit ver­heeren­den Ver­lauf trifft auf eine ungeschützte Bevölkerung und gefährdet deren Leben zusätzlich.

Trotz Krieg und Pan­demie wurde nach einem 9‑monatigen Abschiebestopp nach Afghanistan dieser im Dezem­ber 2020 wieder aufge­hoben. Das ist abso­lut inakzept­abel! Abschiebun­gen bedeuten die Durch­set­zung der Aus­reisepflicht durch unmit­tel­baren Zwang. Sie sind Aus­druck ein­er durch und durch inhu­ma­nen Asylpoli­tik. Die per­ma­nente Bedro­hung, abgeschoben zu wer­den, bedeutet für die Betrof­fe­nen oft­mals einen Zus­tand der ständi­gen Angst. Ger­ade für trau­ma­tisierte Men­schen ist dieser noch eine zusät­zliche Belas­tung. Hinzu kom­men auch dauer­hafte rechtliche Ein­schränkun­gen und die Ver­hin­derung von Teil­habe auf­grund von Ket­ten­dul­dun­gen, also befris­tete Dul­dun­gen, die fortwährend, zum Teil für nur kurze Zeiträume durch die Aus­län­der­be­hörde ver­längert werden.

Die Bran­den­burg­er rot-schwarz-grüne Lan­desregierung hat sich seit Anfang 2020 wieder­holt an den Sam­me­lab­schiebun­gen nach Kab­ul beteiligt. Und im April übern­immt sie das erste Mal die Fed­er­führung bei der Sam­me­lab­schiebung nach Afghanistan. 

Gegen die inhu­mane Entschei­dung über die Abschiebun­gen der rot-schwarz-grü­nen Regierung, kommt bitte am 06.04.2021 um 17Uhr zum Alter Markt/Landtag in Pots­dam und macht unseren Protest gegen Abschiebun­gen nach Afghanistan hör- und sicht­bar mit. Bringt Tran­spis & Plakate. Seid laut & Zeigt eure Solidarität! 

Wir fordern die rot-schwarz-grüne Koali­tion auf: 

Auf­nahme statt Abschot­tung und Abschiebungen!

das Ende der Fes­tung Europa und eine sichere Gesellschaft für alle!

den sofor­ti­gen Stopp der Abschiebun­gen nach Afghanistan und den aller ille­git­i­men und men­schen­rechtswidri­gen Abschiebungen! 

Afghanistan is not Save! 

Kein Men­sch ist illegal! 

Sofor­tiger Stop aller Abschiebungen!

Bitte 2Meter Abstand hal­ten und Masken auf!

Bleibt zuhause, wenn ihr euch krank fühlt!

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(Anti-)Rassismus

Wir werden weiter kämpfen“

Geflüchtete in Brandenburg/Havel machen Spon­tan-Kundge­bung vor der Aus­län­der­be­hörde. Sozialamt und DRK nehmen Gespräch­sange­bot an. Inte­gra­tions­beauf­tragte von Stadt und Land vor Ort.

So, wie wir heute hier ste­hen, wün­schen wir uns die Gesellschaft: Geflüchtete ste­hen mit Deutschen Seite an Seite und arbeit­en als Team“. So eröffnete Eric Mbi­akeu am Dien­stag (30.3.21) eine angemeldete Kundge­bung auf dem Neustädtis­chen Markt. Ins­ge­samt 100 Geflüchtete sowie 20 Unterstützer_innen nah­men teil, auch Frau Lem­mer­meier und Frau Tietz als Inte­gra­tions­beauf­tragte des Lan­des und der Stadt hörten sich die Rede­beiträge an.

Von der einge­planten Musik beka­men sie dabei kaum zu hören: Die Bewohner_innen der Sam­melun­terkün­fte Flämingstraße und Upstall­straße hat­ten so viel zu sagen, dass die angemelde­ten drei Stun­den durchge­hend mit Rede­beiträ­gen und poli­tis­chem Gesang gefüllt waren. Ins­ge­samt bracht­en 13 Men­schen aus neun Län­dern ihre Sor­gen, Hoff­nun­gen und Forderun­gen zum Ausdruck.

Wir sind gekom­men, um hier zu bleiben“ stellte etwa Franklin aus Kamerun klar — und ergänzte: „Wir wollen ein aktiv­er Teil der deutschen Gesellschaft wer­den“. Doch die Leben­sträume viel­er junger Geflüchteter stün­den vor ein­er harten Probe: „Wenn du jahre­lang in einem Lagerst wohnst, hörst du auf zu Träumen“.
Unter den Redner_innen nah­men einige zum ersten Mal an ein­er poli­tis­chen Ver­samm­lung Teil. So etwa ein 17-jähriger Junge aus Tschetsche­nien: „Ich lebe seit sieben Jahren in Deutsch­land, ich kenne das Land mein­er Eltern kaum. Deutsch­land ist meine Heimat. Aber wegen mein­er Dul­dung darf ich keine Aus­bil­dung anfan­gen. Was soll ich machen?“.

Andere Forderun­gen wie bezahlbares Wohnen, gute öffentliche Mobil­ität, starkes Inter­net und faire Löhne hät­ten dabei all­ge­meine Gültigkeit: „Den Kampf um soziale Gerechtigkeit müssen ja nicht nur die Geflüchteten führen: Wir kön­nen nur eine offene und sol­i­darische Gesellschaft wer­den, wenn alle Men­schen gute Lebens­be­din­gun­gen haben — egal ob als deutsche Rent­ner­in, Allein­erziehen­der oder eben als neuer Mit­bürg­er“, erk­lärt Josch­ka Waas von See­brücke Pots­dam die poli­tis­che Hal­tung der Teilnehmenden.

Zwis­chen­drin gab es auch ruhige Momente. Mit ein­er Schweigeminute gedacht­en die Men­schen der jüng­sten Todes­fälle Bran­den­burg­er Lagerbewohner_innen, darunter Salah Tay­yar. Der Mann aus dem Tschad hat­te sich vor zwei Wochen offen­bar auf­grund der dro­hen­den Abschiebung in Eber­swalde das Leben genommen.
„Wie viele sollen in den Lagern noch an Coro­na, Gewalt und dro­hen­der Abschiebung ster­ben?“, fragte Fiona aus Kenia im Anschluss sichtlich bewegt in den Raum. „No Jus­tice – No Peace“ („Ohne Gerechtigkeit – Kein Frieden“) und „Stopp Duldung!“-Sprechchöre waren die Antwort.
In Absprache mit der über­aus fre­undlich auftre­tenden Ein­sat­zleitung der Polizei tru­gen einige der Kundgebungsteilnehmer_innen daraufhin spon­tan mit Schildern ihre Forderun­gen vor die Aus­län­der­be­hörde der Stadt. „Wir suchen kein Prob­lem mit der Stadt, son­dern Möglichkeit­en für eine Besserung“, brachte Serges aus Kamerun dort mit Mega­fon zum Ausdruck.

Am Ende zeigten die Veranstalter_innen sehr zufrieden mit der Aktion. „Wir kon­nten 200 Infor­ma­tion­szettel an inter­essierte Brandenburger_innen verteilen und freuen uns über das Presse-Echo“, freute sich Eric Mbi­akeu als Anmelder der Demon­stra­tion. Dass die Leitung von Sozialamt und DRK ihr Gespräch­sange­bot auf­greifen, nehmen sie pos­i­tiv zur Ken­nt­nis. An den Dia­log haben sie konkrete Erwartun­gen: „Es muss kurz- und mit­tel­fristige Maß­nah­men für wesentliche Besserung geben“, stellt Mbi­akeu klar. Die Leute stellen sich auf einen lan­gen und schwieri­gen Weg ein. „Wir wer­den auch auf der Straße weit­erkämpfen, bis wirk­lich etwas erre­icht ist“, kündigt Franklin aus Kamerun am Ende der Ver­anstal­tung an.

Und auch über­re­gion­al soll es weit­erge­hen: Schon am 6. April wollen einige der Geflüchteten nach Eber­swalde fahren, um an der dor­ti­gen Gedenk-Demon­stra­tion für Salah Tay­yar teilzunehmen.

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Flucht & Migration

Federführung bei Abschiebung nach Afghanistan

Nach aktuellen Infor­ma­tio­nen, die dem Flüchtlingsrat Bran­den­burg vor­liegen, übern­immt das Land Bran­den­burg die Fed­er­führung für die Durch­führung der näch­sten Sam­me­lab­schiebung nach Afghanistan. In der Ver­gan­gen­heit hat Bran­den­burg sich zwar wieder­holt an Abschiebun­gen nach Kab­ul beteiligt, diese aber nicht fed­er­führend organisiert.

Der Flüchtlingsrat verurteilt aufs Schärf­ste, dass die rot-schwarz-grüne Lan­desregierung Men­schen in das Kriegs­ge­bi­et abschiebt und noch dazu eine zen­trale Rolle bei der Organ­i­sa­tion der Sam­me­lab­schiebung einnimmt.

Es ist zu befürcht­en, dass von der kom­menden Afghanistan-Abschiebung mehr Geflüchtete aus Bran­den­burg betrof­fen sein kön­nten. Ein Hin­weis darauf find­et sich in der aktuellen Antwort der Bun­desregierung auf eine Frage der Linken: So sei die Anzahl der aus­reisepflichti­gen Afgha­nen, die in dem jew­eili­gen Bun­des­land leben, ein Kri­teri­um dafür, welch­es Bun­des­land die Fed­er­führung für die Sam­me­lab­schiebung übernehme.1

Der Flieger nach Kab­ul soll laut ver­schiede­nen öffentlich zugänglichen Quellen am 7. April 2021 vom BER starten. Dies geschieht zu einem Zeit­punkt, zu dem sich die glob­ale Gesund­heit­skrise mas­siv zus­pitzt und die Sicher­heit­slage in Afghanistan weit­er­hin katas­trophal bleibt.

Mara Hasen­jür­gen vom Flüchtlingsrat Brandenburg:

„Die Bran­den­burg­er Lan­desregierung muss die Abschiebung nach Kab­ul kurzfristig stop­pen. Jede Abschiebung in Kriegs- und Krisen­ge­bi­ete ver­bi­etet sich. Dass sich mit­ten in der drit­ten Welle ein­er glob­alen Pan­demie Bran­den­burg dafür hergibt, erst­mals die Organ­i­sa­tion dieser umstrit­te­nen Sam­me­lab­schiebung zu übernehmen, lässt jede men­schliche Hal­tung der Lan­desregierung vermissen.“

Bran­den­burg schiebt aus­reisepflichtige Afgha­nen ab, die männlich, alle­in­ste­hend und soge­nan­nte Gefährder, Straf- und Inten­sivtäter, „Mitwirkungsver­weiger­er“ oder „Inte­gra­tionsver­weiger­er“ sind, so das Innen­min­is­teri­um im Innenauss­chuss des Bran­den­burg­er Land­tags am 10. März 2021. Seit 2017 habe Bran­den­burg 10 Per­so­n­en nach Afghanistan abgeschoben, aktuell lebten 604 aus­reisepflichtige Afgha­nen im Land, von denen aber nicht alle alle­in­ste­hende Män­ner seien, so das Innen­min­is­teri­um weit­er. Dass die unscharfe Kat­e­gorie „Inte­gra­tionsver­weiger­er“ weit und willkür­lich aus­gelegt wer­den kann, hat die Abschiebung von Ahmad N. am 9. Feb­ru­ar 2021 gezeigt, der als aus­ge­bilde­ter San­itäter gern in Deutsch­land gear­beit­et hätte.

Am Sam­stag, 3.4.2021, find­et von 13 bis 16 Uhr eine Protestkundge­bung vor dem Roten Rathaus in Berlin für die kurzfristige Stornierung des Abschiebechar­ters nach Kab­ul statt, zu der das Berlin­er Bünd­nis gegen Abschiebun­gen nach Afghanistan aufruft. Der Flüchtlingsrat Bran­den­burg unter­stützt die Proteste und bit­tet alle Beteiligten, auf die Hygiene- und Abstand­sregeln zu achten.

Hin­ter­grund­in­for­ma­tio­nen:

Pressemit­teilung vom 18.2.2021: Bran­den­burg schiebt erneut nach Afghanistan ab
Afghanistan gilt als das gefährlich­ste Land der Welt: Glob­al Peace Index 2020
Über­sicht zu Abschiebun­gen nach Afghanistan aus Brandenburg

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(Anti-)Rassismus Flucht & Migration

Wir weinen, aber niemand hört uns zu”

Geflüchtete aus Bran­den­burg a.d. Hav­el wollen am 30. März unter dem Mot­to „Leben im Lager? Keinen Tag länger!” gegen ihre Lebens­be­din­gun­gen protestieren.

Mitte März im Indus­triege­bi­et von Bran­den­burg a.d. Hav­el: Es sind Minus­grade – und trotz­dem tre­f­fen sich zum wieder­holten Mal Bewohner_innen der Sam­melun­terkun­ft Upstall­straße und Flämingstraße vor ihren Häusern und pla­nen einen Protest vor der Ausländerbehörde.

Worum geht es ihnen? „Ich habe Frau und Kinder. Trotz­dem darf ich nicht mit ihnen zusam­men wohnen”, klagt Bebe­to. Er ist aus Kamerun und wartet seit fünf Jahren auf eine Auszugser­laub­nis aus dem Lager. Auch Eric ist unzufrieden: „Seit Coro­na haben wir absolutes Besuchsver­bot im Lager. Per­ma­nent und unbe­fris­tet. Das ist unmen­schlich, wir brauchen Coro­na-taugliche Regeln”. Auch aus dem Lager raus dür­fen die Bewohner_innen nicht uneingeschränkt: Auf nicht mehr als neun Tage pro Monate haben sie ein Anrecht. „Ist das ein Gefäng­nis?”, fragt ein Bewohn­er kritisch.

Ein­heit der Fam­i­lie und gute Inte­gra­tions­be­din­gungen — nur zwei von ganzen sechzehn Missstän­den, welche die Bewohner_innen ben­nen. Unter ihnen solche, die eigentlich ein Grun­drecht sind: Fam­i­lien­leben und soziale Teil­habe, Bewe­gungs­frei­heit und Mobil­ität, Pri­vat­sphäre und Gesund­heit, Bil­dung und Arbeit.

Die Bewohner_innen richt­en ihre Forderun­gen an konkrete Entscheidungsträger_innen: Mit Jörg Vogler von den Verkehrs­be­trieben Bran­den­burg an der Hav­el GmbH wollen sie über die Wieder-Inbe­trieb­nahme der Buslin­ie C in der Upstall­straße sprechen. Von Doreen Brandt von der Aus­län­der­be­hörde erwarten sie schnellere Entschei­dun­gen beim The­ma Auszug und eigene Woh­nung. Gegenüber den Betreibern der zwei Bran­den­burg­er Heime, das Deutsche Rote Kreuz und die PulsM GmbH, wollen sie gegen die elek­tro­n­is­che Anwe­sen­heit­skon­trolle und die nächtliche Schließung der Küchen ansprechen.

Doch am Ende sehen die jun­gen Leute in den Lagern selb­st Prob­lem und fordern ihre Auflö­sung: „Sie machen das Gegen­teil von Inte­gra­tion – sie isolieren und nehmen uns die Würde”, so Eric. Mit der Kundge­bung wollen sie erre­ichen, dass man ihnen endlich zuhört.
Unter­stützung erhal­ten sie dabei neben See­brücke Brandenburg/Havel, See­brücke Pots­dam und Weltof­fenes Werder auch von eini­gen anderen poli­tisch aktiv­en Geflüchteten aus Bran­den­burg, die ihre Anreise angekündigt haben.

Am 30. März um 15:00 Uhr wollen sie den Protest vor die Aus­län­der­be­hörde am Neustädter Markt tra­gen und laden alle Brandenburger_innen ein, dazu zu kommen.

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(Anti-)Rassismus Flucht & Migration

Wir sind alle Salah!“ 400 Menschen gegen Rassismus

Wir sind alle Salah!“ 400 Menschen gegen Rassismus in Eberswalde

400 Men­schen haben am Son­ntag in Eber­swalde gegen das ungerechte Asyl­sys­tem und den struk­turellen Ras­sis­mus in Deutsch­land demonstriert.

Der 21. März ist der inter­na­tionale Tag gegen Ras­sis­mus – trau­riger Anlass an diesem Tag war der Tod von Salah Tay­yar aus dem Tschad. Nach acht Jahren in Deutsch­land war er ohne sichere Aufen­thaltsper­spek­tive und hat keinen anderen Ausweg mehr gese­hen und sich am 11.03. das Leben genom­men. Ange­hörige und Freund*innen, Aktivist*innen der Gruppe „Barn­im für alle“ und ander­er Geflüchteten-Grup­pen aus Bran­den­burg und Berlin hiel­ten teils kämpferische, teils nach­den­kliche Reden auf dem Bahn­hofsvor­platz. Im Anschluss kamen 200 Men­schen vor das Haus im Bran­den­bur­gis­chen Vier­tel in Eber­swalde, in dem Salah gewohnt hat­ten, um an ihn zu erinnern.

Fotos: https://umbruch-bildarchiv.org/wir-sind-alle-salah/

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