Am 17.12. hatte die NPD zu einer Sonnenwendfeier auf das Biesenthaler Nazigelände im Erich-Mühsam-Weg geladen. Doch Biesenthal bleibt für die Nazis ein schwieriges Pflaster. 150 AntifaschistInnen aus Biesenthal und Umgebung mit Unterstützung aus Berlin, Strausberg und Frankfurt/Oder fanden sich zu einer Kundgebung auf dem Zufahrtsweg zum Nazigelände ein. Unter den DemonstrantInnen waren auch der Bürgermeister, mehrere Stadtverordnete, Landtags- und Bundestagsabgeordnete. Durch die Kundgebung war die Zufahrt zum Nazigelände blockiert. Biesenthal hat damit noch einmal ein deutliches Zeichen gesetzt: Nazis sind hier nicht erwünscht!
Einige Nazis sind wohl auf das Privatgelände des NPD-Funktionärs Klaus Mann in Finowfurt ausgewichen. Vielleicht gelingt es ja beim nächsten mal auch dort den Veranstaltungsort mit einer Kundgebung zu verhindern.
Hakenkreuz-Dennis von der NPD
Dennis Franke bei einer Neonazidemonstration im September 2011 in Neuruppin
INFORIOT Ende August gründete die NPD einen Stadtverband in Neuruppin. Wenige Tage später rückten sieben Rechte zu einer Müllsammelaktion aus. “Zwölf Säcke Unrat” wollen sie nach eigener Aussage auf dem Neuruppiner Stadtwall aufgelesen haben. Damit sollte kommuniziert werden: Wir sind für den Schutz der Umwelt, wir kümmern uns um ganz praktische Probleme, wir sind eine politische Kraft, auf die man bauen kann.
Die Ambition, ein bürgerfreundliches Image zu pflegen gehört schließlich zu den strategischen Grundpfeilern der Partei. “Seriöser Radikalismus” ist der offizielle Parteisprech dafür, seitdem im November Holger Apfel beim Parteitag in Neuruppin zum Bundeschef gewählt wurde.
Franke am Rande des NPD-Bundesparteitags im November in Neuruppin
Tatsächlich ist die NPD jedoch eine neonazistische Organisation, die alles andere als zivil agiert. Belege dafür anhand von Personalien zu finden ist eine leichte Aufgabe — auch in Neuruppin. Der Chef des lokalen Stadtverbandes ist der zugezogene Handwerker Dennis Franke. Eine kurze Betrachtung seiner Person reicht aus, um die Absurdität der NPD-Imagepflege zu erkennen. Bisher ist der 27-Jährige nämlich weniger als mildtätiger Lokalpolitiker aufgefallen. Seine Präsenz scheint bis in die jüngste Vergangenheit viel mehr ein Garant gewesen zu sein für plumpen Neonazismus, Krawall und Gewalt.
Dennis Franke war 2007 an einem Angriff einer Großgruppe Neonazis am Bahnhof Pölchow (Mecklenburg-Vorpommern) beteiligt, bei dem brutal auf linksalternative Jugendliche eingeprügelt wurde. Franke wurde dafür erstinstanzlich zu einer einjährigen Gefängnisstrafe auf Bewährung verurteilt. (Ergänzung: Dieses Urteil ist noch nicht rechtskräftig, Frankes Tatbeteiligung ist jedoch unumstritten. Franke ist übrigens auch verurteilt wegen Körperverletzung, dem Verwenden von Kennzeichen verfassungswidriger Organisationen und wegen gefährlicher Körperverletzung.)
Auch agierte Franke jahrelang in der Neonaziszene von Wismar (Mecklenburg-Vorpommern). In diese Zeit fällt ein bestialischer Mord innerhalb der rechten Szene. In der Neujahrsnacht 2007 wurde ein 30-jähriger Neonazi von seinen “Kameraden” brutal malträtiert und schließlich totgeschlagen.
Der niederländische Fotograf Pieter Wisse hatte kurze Zeit vorher eine Fotoserie über das Wismarer Milieu erstellt. Diese Bilder sind 2009 in einem Fotoband unter dem Titel “I believe in 88” veröffentlicht worden. Franke ist nicht nur auf dem Buchcover abgebildet. Er posiert unter anderem im “Waffen-SS”-T-Shirt in einer Wohnung, die mit Hitlerporträt und Hakenkreuzfahne ausstaffiert ist. Und er ist zu sehen, wie er einem jungen Neonazi ein Hakenkreuz auf den Oberarm tätowiert.
“Seriösen Radikalismus” und die Sorge um verschmutze Wallanlagen mag man angesichts dieser Details dem Müllsammler Dennis Franke kaum abkaufen.
(Ergänzung: In diesem Artikel waren Faksimiles aus dem Fotoband von Pieter Wisse abgebildet. Der Fotograf bat uns, diese Illustrationen zu entfernen. Wir kommen dieser Bitte nach.
Die Fotos sind auf anderen Webseiten — hier und hier — ebenfalls verfügbar — und auch auf der Homepage von Wisse selbst. Auf seiner Homepage berichtet Wisse, dass er bei der Arbeit am fraglichen Fotoband in Wismar in Kontakt mit den späteren Totschlägern aus der Silvesternacht stand.
Franke ist nach einer Meldung des “Ruppiner Anzeigers” vom 21. Dezember von seinem Posten als NPD-Stadtchef zurückgetreten.)
Ein Blick zurück
Potsdam — Am 15. Dezember 2001 zogen rund 150 Demonstrant_innen die Karl-Liebknecht-Straße entlang, in der sich der Neonaziladen “Union Jack” befand.
Unter dem Motto “Smash the Union Jack — Rassistische und neofaschistische Strukturen aufdecken und angreifen!” veranstalteten die AAPO (Antifaschistische Aktion Potsdam) und die AJAP (Antifa Jugend Aktion Potsdam) eine Demo um auf das Geschäft und Potsdamer Nazistrukturen aufmerksam zumachen. Unterstützt von weiteren Berliner und Brandenburger Gruppen wurde in Pressemitteilungen, Flyern und Informationsveranstaltungen über die Hintergründe des “Union Jack” informiert und aufgeklärt.
Betreiber des Geschäfts war Danny Prange, der der militanten Neonaziszene zuzurechnen ist. Er war tätig in der neonazistischen Organisation “Nationalistische Front” (NF) und fungierte in deren Nachfolgeorganisation “Direkte Aktion Mitteldeutschland/JF” als Stützpunktleiter für den Bereich Beelitz/Michendorf. Dabei hatte er nicht nur “politisches Engagement” im Sinn sondern beteiligte sich auch selbst an militanten Aktionen gegen seine politischen Gegner_innen. So war er beispielsweise an einem Überfall auf das – damals noch besetzte — Haus- und Kulturprojekt “Archiv” in der Leipziger Straße beteiligt. Die Angreifer_innen benutzten dabei verschiedene Schlagwerkzeuge und Luftdruckpistolen. Bis zum Verbot der “NF” gab es nur wenige ebenso bedeutsame Vereinigungen der militanten neonazistischen Szene in Deutschland. Regelmäßig wurden militärische Übungen durchgeführt. “Wehrsport” sollte dem Aufbau einer Terrorgruppe, dem “Nationalen Einsatzkommando” (NEK), dienen.
Danny Prange konnte weitgehend unbehelligt sein Geschäft führen. Dass dabei ein offensichtlich gewaltaffiner und organisierter Neonazi, der terroristischen Aktivitäten á la “Nationalsozialistischer Untergrund” (NSU) offenbar sympathisierend gegenüberstand, die hiesige rechte Szene mit Infrastruktur, Musik und Kleidung versorgte und dabei seinen eigenen Lebensunterhalt verdiente störte nur wenige. Das Geschäft “Union Jack”, das später in “Jacks Fashion & Army Store” umbenannt wurde, war ein fester Anlaufpunkt für die organisierte und unorganisierte Naziszene aus Potsdam und der näheren Umgebung. Verkauft wurden legale und illegale Nazidevotionalien, wie „Thor Steinar“ oder aber auch indizierte CDs der Band “Landser” und “Blue Eyed Devils”.
Eine Kampagne gegen den Laden wie in anderen Städten gab es in Potsdam jedoch nicht. Die Demonstration bildete den Abschluss öffentlichkeitswirksamer Aktionen gegen das Treiben in Babelsberg. Lediglich nachfolgende kleinere direkte Aktionen störten das unbeschwerte Geschäftsleben Pranges. Erst Mitte 2010 musste der Laden schließen. Das Ende wurde jedoch nicht wegen antifaschistischer Interventionen eingeläutet sondern wohl wegen finanzieller Engpässe seitens des Besitzers. So beendete ein finaler Ausverkauf das letzte Kapitel des “Union Jack” in Babelsberg. Sowohl die Stadt Potsdam, als auch die hiesige Zivilgesellschaft oder Antifaszene haben es nicht geschafft dauerhaft Kritik an dem Laden zu üben und ihn somit — wie in anderen Städten erreicht — zur Schließung zu bewegen.
Aufruf: https://inforiot.de/artikel/demo-gegen-naziladen-potsdam
Bericht iNFORiOT: https://inforiot.de/artikel/kurzbericht-zur-demo-smash-union-jack
Bericht Potsdamer Neuste Nachrichten: https://inforiot.de/artikel/gegen-nazi-laden-demonstriert
Angriff im April in Frankfurt (Oder) wurde vom Handy des Opfers in Polizeinotrufzentrale übertragen / Angeklagte gestanden die Tat, leugneten aber rassistische Motivation / Identität eines dritten Angreifers weiter unbekannt / Zeugen zeigten Zivilcourage
Zwei Frankfurter wurden am 14.12.2011 vom Amtsgericht Frankfurt (Oder) wegen einer rassistischen Attacke zu Haftstrafen auf Bewährung verurteilt. Der 30-jährige Arbeitslose Toni S. und der 29-jährige Altenpfleger Meik S. hatten am Abend des 30. April 2011 in der Nähe des Kaufland (West) einen 46-jährigen Asylbewerber brutal
zusammengeschlagen. Wegen gefährlicher Körperverletzung erhielten sie Strafen von je 8 Monaten auf Bewährung und mussten insgesamt 500 Euro Schmerzensgeld an ihr Opfer zahlen.
Am Tattag hatten die beiden Angeklagten den Betroffenen aus einer größeren Gruppe Feiernder rassistisch beleidigt und dann tätlich angegriffen. Das Opfer hatte gerade eingekauft und wollte mit dem Fahrrad nach Hause fahren. Als drei Personen, darunter die Angeklagten, auf ihn aggressiv zu stürmten, versuchte er per Handy die Polizei zu rufen. Ihm wurde das Telefon abgenommen und dann wurde er niedergeschlagen. Auf den am Boden Liegenden wurde über einen längeren Zeitraum weiter eingeschlagen und eingetreten. Er erlitt vielfache Verletzungen und musste im Krankenhaus behandelt werden. Der Kameruner war als Nebenkläger vor Gericht vertreten – bis heute hat er unter den Folgen des Angriffs zu leiden.
Durch das weiter angestellte Handy des Opfers wurde die Tat in der Notrufzentrale der Polizei übertragen und mitgeschnitten und stand somit als Beweismittel zur Verfügung. So sind auch die rassistischen Beleidigungen („Kanacke!“, „Bimbo!“, „Neger!“) dokumentiert. Die Angreifer ließen sich auch von zwei ZeugInnen nicht von ihrer Gewalt abbringen. Ein Pärchen hatte die Tat aus dem Auto heraus beobachtet, und wollte das Geschehen stoppen. Sie fuhren in Richtung der Angriffsszene und machten über Hupen auf sich aufmerksam – leider erfolglos.
Vor Gericht zeigten sich die Angeklagten geständig und entschuldigten sich für ihr Handeln. Diese Reue erscheint jedoch nicht glaubwürdig, sondern als prozesstaktisch begründet. Sie erhofften sich offenbar, über die Entschuldigung eine mildere Strafe zu erreichen. Den dritten Hauptangreifer wollten sie nicht benennen und bestritten, trotz aller gegenteiliger Beweise, aus rassistischer Motivation gehandelt zu haben.
Richterin Uta Weigert wertete in ihrer Urteilsbegründung die Tat eindeutig als rassistisch. Auch die Reuebekundungen erschienen dem Gericht nicht als voll glaubhaft.
Janek Lassau von der „Beratungsstelle für Opfer rechter Gewalt“ (BOrG) in Frankfurt (Oder) kommentiert das Urteil: „Leider ist der heute verhandelte Angriff kein Einzelfall. Erst am 1. und am 5. Dezember hat es in Frankurt (Oder) erneut rassistisch motivierte Angriffe auf einen Asylsuchenden gegeben. Positiv hervorzuheben ist, dass das Gericht den rassistischen Hintergrund der Tat klar benannt hat. Auch die Zivilcourage der beiden Zeugen ist zu loben – leider ist solch ein Verhalten keine Selbstverständlichkeit.“ Die BOrg begleitete den Geschädigten über die Dauer des Verfahrens.
Ein antifaschistisches Autor_innenkollektiv hat in den vergangenen Monaten (neo)nazistische Tendenzen in Brandenburg an der Havel analysiert sowie zur Entwicklung des lokalen (Neo)nazimilieus seit Beginn der 1990er Jahre geforscht und daraus eine Broschüre erstellt, die ab sofort vorliegt.
In der Dokumentation wird aufgezeigt, dass seit ungefähr 20 Jahren ein (neo)nazistisches Milieu kontinuierlich in der Havelstadt aktiv ist, dass dieser Personenkreis Gewalt als legitimes Mittel ansieht und dabei sogar über Leichen geht.
Beschrieben werden aber auch aktuelle Versuche der NPD sowie so genannter „freier“ Kräfte in Brandenburg an der Havel verstärkt Lokalsektionen aufzubauen und somit in deren stadtübergreifende Erwägungen mit einzubeziehen bzw. deren überregionale politische Strategie zu integrieren.
Dem entgegen werden Beispiele genannt, wie dem (neo)nazistischen Milieu in jüngster Vergangenheit kreativ entgegengewirkt wurde, wie beispielsweise ein NPD Infostand in Brandenburg an der Havel durch einen Kuchenstand vereitelt oder ein (Neo)naziaufmarsch in Neuruppin erfolgreich blockiert wurde.
Kritisiert wird hingegen das Schweigen der Stadtführung zu den anhaltenden (Neo)naziaktivitäten. Es ist unverständlich das die drittgrößte Stadt im „toleranten“ Land Brandenburg, die gleichzeitig auch die Namensgeberin der Mark und Mitausrichterin der BUGA 2015 ist, es sich offenbar leisten kann einfach wegzuschauen. Haben die Verantwortlichen etwa nichts aus dem Tod des im Jahr 1996 von einem (Neo)nazi in Brandenburg an der Havel getöteten Sven Beuter gelernt?
Dokumentation als PDF (3,04 MB)
Weitere Informationen:
Informationen vom Bündnis gegen Lager Berlin/Brandenburg
Inforiot (5.12.2011): “Rot-Rote Abschiebungen”
Berliner Zeitung (5.11.2011): “Grossflughafen: Abschiebegefängnis sorgt für Streit”
taz (14.10.2011): “Asylknast in Schönefeld — Herzlich Willkommen”
Flüchtlingsrat Brandenburg (14.10.2011): “Kein Asylgefängnis auf dem Willy-Brandt-Flughafen in Schönefeld!”
Pro-Asyl/Flüchtlingsrat Wiesbaden (April 2009): “Hastig, Unfair, Mangelhaft” (pdf-Link, ausführliche Studie)
Anlass hierfür war ein Aufmarsch von etwa 30 Neonazis im selben Bezirk am 9. November 2011. Seit geraumer Zeit gibt es in Waldstadt massive Probleme durch Einschüchterungsversuche und Übergriffe auf Linke und solche die dafür gehalten werden. Auf diese Situation machte bereits im Spätsommer letzten Jahres eine antifaschistische Demonstration unter dem Motto „wake up“ aufmerksam. Schon damals organisierten sich die Neonazis zunehmend besser, gingen verstärkt in die Öffentlichkeit und nutzten ihr neugewonnenes Selbstbewusstsein, um politischen Gegner_innen das Wohnen in Waldstadt faktisch unmöglich zu machen. Waldstadt entwickelt sich immer mehr zu einer sogenannten „No-Go-Area“, in welcher sich Menschen, die nicht in das neonazistische Weltbild passen, nicht sicher fühlen können.
Auch wenn das Engagement des Bündnisses PbF begrüßenswert ist, müssen wir feststellen, dass es damit nicht getan sein kann. Es ist nicht das erste Mal, dass bürgerliche „Zivilcourage“ zwar gut gemeint, jedoch viel zu spät und verkürzt ankommt. Es verwundert daher nicht, dass die Reaktion der Neonazis auf den Waldstadtspaziergang in einem „Outing“ von (vermeintlich) linken Jugendlichen mündet, denn diese werde als die eigentliche Bedrohung angesehen. Seit mindestens 2002 treten Neonazis hier in Potsdam auch öffentlich, durch Aufmärsche oder Kundgebungen, in Erscheinung. Schon damals war die Taktik der Bürger_innen-Initiativen grundlegend dieselbe wie heute. Es sollen Zeichen „gegen Rechts“ gesetzt werden, die weder effektiv noch zeitnah sind. Mal finden„Toleranzfeste“ weit ab vom Schuss statt oder wie im aktuellen Fall über ein Jahr nachdem das Problem öffentlich gemacht wurde. Erst wenn ein Gesichtsverlust droht und Antifaschist_innen sich des Naziproblems längst angenommen haben, treten die Initiativen in Aktion. Diese Strategie genügt nicht um die Potsdamer Neonazistrukturen zu schwächen oder sie an der Wurzel zu packen. Solange alltäglicher Rassismus und Nationalismus nicht offen kritisiert und gegen verfälschte Geschichtsbilder aus der sogenannten „Mitte“ der Gesellschaft vorgegangen wird, muss sich niemand wundern, wenn „plötzlich aus dem Nichts“ neonazistische Gewalttäter_innen marodierend durch die Städte ziehen.
Die Pressesprecherin des ak_antifa_potsdam sagt dazu: “Deftige Erbsensuppe aus der Gulaschkanone, Tee und Glühwein sind einfach keine probaten Mittel im Kampf gegen neonazistische Strukturen, weder in Potsdam, noch in Halbe oder Jena.“
Utopia von Neonazis angegriffen
(Autonome Antifa Frankfurt/Oder [aaffo]) In der Nacht von Samstag (2.12.) auf Sonntag attackierten drei Neonazis gegen zwei Uhr morgens die Eingangstür der Berliner Straße 24 (dem Sitz des Utopia e.V.) in Frankfurt/Oder.
Nachdem sie zwei Stunden zuvor Parolen schreiend vor der Tür auf sich aufmerksam machten, kehrten die Rechten vermummt und mit einem Transparent (welches jedoch letztlich nicht gezeigt wurde) zurück, um einen Feuerwerkskörper direkt vor dem Hauseingang zu platzieren. Dieser explodierte daraufhin funkenschlagend mit einem massiven Knall und zog eine große Rauchwolke nach sich.
Zur selben Zeit fand an der gleichen Adresse im linksalternativen Veranstaltungsort „The Garage“ ein Elektrokonzert statt. Verletzt wurde niemand.
Bei den Angreifenden handelt es sich mit großer Sicherheit um Anhänger_Innen der gewaltbereiten Neonazi-Gruppierung „Autonome Nationalisten Oder-Spree“. Diese ist in der Vergangenheit schon des Öfteren durch Einschüchterungsversuche gegenüber alternativen Jugendlichen in Frankfurt/Oder und Eisenhüttenstadt aufgefallen und nahm in letzter Zeit vermehrt die Räumlichkeiten des Utopia e.V. in den Fokus ihrer Aktivitäten.
Die Angreifer_Innen wurden von der Polizei gefasst und in Gewahrsam genommen.
Wir verurteilen diesen Angriff und sehen uns bestärkt in unserer Ansicht, dass der Kampf gegen Neonazis in Frankfurt/Oder und anderswo weitergeführt werden muss.
In den letzten Tagen häufen sich in Frankfurt/Oder auch rassistische Angriffe.
Diese hatten sich verabredet, um einmal mehr über die Weltwirtschaft und über die Köpfe nicht geladener Menschen hinweg zu verhandeln.
Gegen diese Art von Zwang formierten globalisierungskritische Bewegungen und Einzelpersonen Widerstand, um im Juni 2007 öffentlich Kritik an Ausbeutung und Unterdrückung im Rahmen der kapitalistischen Globalisierung zu äußern. An den Protesten beteiligten sich auch viele Potsdamer_innen.
Die Kritiker_innen fanden sich vor Ort mit einem unverhältnismäßigen Einsatz von Polizei und Militär konfrontiert. Den schon im Vorfeld durchgeführten Hausdurchsuchungen(1), Demonstrationsverboten, Ein- und Ausreisesperren schlossen sich viele Verhaftungen, Prügelexzesse von Polizist_innen und ein Einsatz von Bundeswehr-Tornados an.
Nach dem Gipfel wurden angewendete sicherheitspolitische Maßnahmen durch Kriminalisierung der Protestierenden gerechtfertigt, um die Legitimität des Widerstandes zu untergraben. Doch auch das Verfahren von zwei Potsdamer_innen beweist einmal mehr die Unverhältnis- und Unrechtmäßigkeit der eingesetzten Mittel. Denn bereits vom Verwaltungsgericht Schwerin wurden Arrest, Behandlung im Gewahrsam und Platzverweis als rechtswidrig verurteilt. Nun liegt diesen beiden auch ein Anerkenntnisurteil des Landgerichtes Rostock vor, was ihnen Schmerzensgeld aufgrund der rechtswidrigen Behandlung zuschreibt.
Am Morgen des 7.Juni 2007 wurden die beiden Potsdamer_Innen anlässlich des Protests gegen den G8- Gipfel in einem Wald nahe dem Camp Wichmannsdorf zusammen mit über 200 weiteren Genoss_innen verhaftet. Im Rahmen der sog. „Ingewahrsamnahme“ wurden die Protestler_innen in Käfige gesperrt, darunter ca. ein dutzend Potsdamer_innen. Die Stahlkäfige waren ca. 5 x 6 m groß mit nacktem Betonboden und laut damaligen öffentlichen Polizeiaussagen für 20 Menschen geeignet. Jedoch sperrte die Staatsmacht über 50 Menschen in solche. Während des Aufenthalts waren die Betroffenen mit Kabelbindern gefesselt, erhielten unzureichend Verpflegung und es wurde verweigert, mit Anwälten zu telefonieren. Für Einige endete diese Tortur erst nach mehr als zwanzig Stunden.
In den darauf folgenden Jahren versuchten nur wenige Betroffene in langwierigen Prozessen ihr Recht auf Versammlungsfreiheit und Wiedergutmachung einzuklagen. Dies ist mit dem Urteil natürlich nur zum Teil gelungen. Besonders hervorzuheben ist jedoch auch das neueste Urteil des Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte, was eine 5tägige Ingewahrsamnahme als rechtswidrige Einschränkung der Persönlichkeitsrechte und Versammlungsfreiheit einstufte.(2)
Menschen werden durch Willkür des Staates eingeschüchtert, traumatisiert und dadurch wird zukünftig die Teilnahme an Demonstrationen erschwert, wenn nicht gleich unmöglich gemacht. Protest gegen die Vertreter_Innen der Macht war, ist und bleibt ein legitimes Mittel im Kampf für eine gleichberechtigte und freie Gesellschaft.
Anmerkungen:
Für weitere Augenzeug_innenberichte empfehlen wir das Buch „Feindbild Demonstrant: Polizeigewalt, Militäreinsatz, Medienmanipulation. Der G8-Gipfel aus Sicht des Anwaltlichen Notdienstes“, Hrsg.: Republikanischer Anwältinnen- u. Anwälteverein
(1) Die Hausdurchsuchungen wurden im Nachhinein vom Bundesgerichtshof für rechtswidrig erklärt. http://de.indymedia.org/2011/05/307177.shtml
(2) http://de.indymedia.org/2011/12/321112.shtml
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[a] antifaschistische linke potsdam | www.antifa-potsdam.de | www.aalp.de
Einschüchterungen, Bedrohungen, Schläge und Propaganda waren keine Seltenheit. (APAP und AALPinformierten, [1])
Am 9. November dieses Jahres kam es zum vorläufigen Höhepunkt der Neonazi-Aktivitäten mit einem Fackelmarsch von ca. 50 Neonazis [2]. Hierfür konnten die “Freie Kräfte Potsdam” (FKP) als Verantwortliche ausgemacht werden. Daraufhin demonstrierten am 3. Dezember in Potsdam Waldstadt ca. 250 Menschen gegen Neonazis, um ein “Zeichen gegen Rechtsextremismus, Rassismus, Fremdenfeindlichkeit und Gewalt” in Potsdam und im Speziellen in Waldstadt zu setzen [3].
Am 5. Dezember veröffentlichten Potsdamer Neonazis der “FKP” einen Bericht über den Stadtteilspaziergang und veröffentlichten mehrere, z.T. Portraits von vermeintlichen Versammlungsteilnehmer_innen auf ihrer Webseite [4]. Zweck ist offenbar die Abschreckung und Einschüchterung antifaschistisch gesinnter Menschen.
Dieses Vorgehen ist nicht neu in Potsdam und Umgebung. Im Jahr 2009 wurden auf der Internetseite “Redwatch” Namen und Fotos von mindestens 57 Personen veröffentlicht um diese als “local” Antifaschist_innen zu “outen” [5]. Im Jahr 2004 versuchte die Vorgängerstruktur der “FKP”, die “Anti-Antifa Potsdam” (AAP), vermeintliche Potsdamer Antifaschist_innen und linke Lokalitäten zu “outen”. Maßgeblich daran beteiligt waren die Potsdamer Neonazis Melanie Witassek, Oliver Kalies und der Berliner Neonazi Danny Leszinski [6].
Direkt verantwortlich für die Aufnahmen vom Samstag ist der Potsdamer Neonazi Gabor G., der einen Teil der Fotos direkt von seiner Wohnung aus angefertigt hat.
Er wohnte zuvor in Potsdam-West und bezog dann zusammen mit dem Sänger der RechtsRock Band “Preußenstolz” (Patrick Danz) eine Wohngemeinschaft in Potsdam Waldstadt im Kiefernring. Für Aufsehen sorgte ein Bild aus dem Jahr 2008 auf dem Gabor G., sowie drei weitere Personen vermummt und mit Waffen zu sehen sind. Gabor G. selbst macht auf diesem Bild den “Hitlergruß” [7].
Diese Aufnahmen zeigen ein weiteres Mal, dass sich Neonazis in Potsdam sehr sicher fühlen, trotz Spaziergänge gegen Rechts. Dem gilt es etwas entgegenzusetzen und deutlich zu zeigen, dass sie unerwünscht sind!
[1]http://apap.blogsport.eu/2011/04/16/6_uebergriffe_in_kurzer_zeit/,
http://apap.blogsport.eu/2011/07/01/chronik-neonazistischer-aktivitaten-in-potsdam-und-umgebung-fur-den-zeitraum-januar-bis-juni-2011/
und http://aalp.blogsport.de/2011/06/26/weiterhin-nazigewalt-in-potsdam/
[2] http://www.maerkischeallgemeine.de/cms/beitrag/12215810/60709/Polizei-geht-bei-der-Suche-leer-aus-Neonazis.html
[3] http://www.potsdam-bekennt-farbe.de/aktuelles/waldstadt-spaziergang-gegen-rechtsextremismus
- “Potsdam bekennt Farbe”: “Kommen Sie zum Wald(stadt)-Spaziergang”,
Aufruf
[4] hxxp://infoportal-potsdam.net/ak150.html
[5] https://inforiot.de/artikel/visier-%E2%80%9Eanti-antifa%E2%80%9C
[6] http://www.nadir.org/nadir/periodika/aib/archiv/pms/08032004.php
[7] http://www.pnn.de/potsdam/109679/