Kategorien
Antifaschismus

Das leidige Thema: Neonazis in Potsdam

Am 30.12.2009 war in den „Pots­damer Neusten Nachricht­en” (PNN) ein Inter­view mit dem Titel „Schlägereien sind leichter aufzuk­lären” zu lesen. In diesem sprach der PNN Jour­nal­ist Hen­ri Kramer mit Pots­dams Polize­ichef Ralf Marschall. Dabei ging es um die Ein­schätzun­gen Marschalls zu den The­men „Brand­s­tiftun­gen, die recht­sex­treme Szene, die Bru­tal­ität der Rock­er-Clubs und immer aggres­si­vere Radfahrer”.

Da wir seine Ansicht­en zur Pots­damer Neon­aziszene ganz und gar nicht teilen, doku­men­tieren wir diese im Fol­gen­den und ergänzen sie mit unser­er Analyse:

[…] Leute aus der recht­sex­tremen Szene wohnen zwar noch hier, aber es gibt kaum noch öffentliche Aktio­nen. […] Allerd­ings nehmen immer noch mehrere Pots­damer Neon­azis bei großen Demos der Szene im gesamten Bun­des­ge­bi­et teil. Dazu gibt es einige Web­seit­en und vor allem Pro­pa­gan­da-Delik­te. Aber eine feste Struk­tur ist nicht erkennbar.” (Ralf Marschall, 30.12.2009, PNN

Die Aus­sage, dass es kaum noch öffentliche Aktio­nen gibt, ist unser­er Ansicht nach falsch. Denn die Pots­damer Neon­azis nehmen nicht nur regelmäßig an Demon­stra­tio­nen und Kundge­bun­gen teil und fahren zu neon­azis­tis­chen Konz­erten bzw. spie­len sie sel­ber. Son­dern sie organ­isieren auch eigene Ver­anstal­tun­gen und führen immer wieder großflächige Pro­pa­gan­daak­tio­nen, wie z.B. am 14.09.2009 als sie etliche Hun­dert selb­stge­druck­te A2 Plakate in mehreren Pots­damer Bezirken und umliegen­den Dör­fern verklebten, durch. 

Auch die Ein­schätzung, dass in Pots­dam „eine feste Struk­tur (ist) nicht erkennbar” sei, teilen wir nicht. Denn durch die bei­den Inter­net­seit­en der Pots­damer Neon­azikam­er­ad­schaften „Freie Kräfte Pots­dam” (FKP) und „Alter­na­tive Jugend Pots­dam” (AJP) wird für jede_n ersichtlich, dass sich die Neon­azis in Pots­dam in parteiun­ab­hängi­gen Grup­pierun­gen nach dem Konzept der „Freien Nationalist_innen”, organ­isieren. Doch neben diesen bei­den Grup­pen gibt es auch ganz ein­deutige Bestre­bun­gen für die Grün­dung ein­er NPD Struk­tur in Pots­dam. Zulet­zt war auf der Home­page des „NPD Kreisver­band Hav­el-Nuthe”, der auch für Pots­dam zuständig ist, zu lesen:

Unser Kreisvor­sitzen­der Michel Müller eröffnete den offiziellen Teil der Ver­anstal­tung und erin­nerte an einige wichtige Ereignisse des zurück­liegen­den Jahres. […] Er gab das Wort an unseren Pots­damer Stadtverord­neten Mar­cel Guse weit­er. Dieser informierte die Kam­er­aden über die näch­sten Schritte zur Grün­dung unseres NPD-Stadtver­ban­des Pots­dam.” (Home­page des NPD KV Hav­el-Nuthe, 02.01.2010)

Guse selb­st, der vor einiger Zeit noch Mit­glied der „Deutschen Volk­sunion” war, wech­selte einen Tag nach den Bran­den­burg­er Land­tagswahlen 2009 zur NPD. Er unter­hält gute Kon­takt zu den bei­den oben benan­nten Neon­azikam­er­ad­schaften und war in let­zter Zeit mehrfach mit ihnen zusam­men auf Neon­azi­aufmärschen präsent.

Alle — in den let­zten Monat­en von uns doku­men­tierten und veröf­fentlicht­en — Aktio­nen der Pots­damer Neon­aziszene (1) scheinen der Pots­damer Polizei völ­lig unbekan­nt oder wer­den hier im Zuge des Inter­views von ihr ver­schwiegen oder ver­harm­lost und herun­terge­spielt. Warum wir dies für sehr gefährlich hal­ten müssen wir an dieser Stelle wohl nicht noch ein Mal erklären.

Hier eine (unvoll­ständi­ge) Kurzüber­sicht für das Jahr 2009:

 

- 17.01.2009 — Neon­azikonz­ert mit der Pots­damer Band „Preussen­stolz” in Thüringen

- 17.01.2009 — Pots­damer Neon­azis bei Neon­azi­auf­marsch in Magdeburg

- 24.01.2009 — Neon­azikonz­ert mit der Pots­damer Band „Preussen­stolz” in Sach­sen Anhalt

- 31.01.2009 — Neon­azikonz­ert mit der Pots­damer Band „Preussen­stolz” in Briest

- 07.02.2009 — Pots­damer Neon­azis bei Neon­azi­auf­marsch in Brandenburg

- 14.02.2009 — Pots­damer Neon­azis bei Neon­azi­auf­marsch in Dresden

- 21.02.2009 — Neon­azikonz­ert mit der Pots­damer Band „Preussen­stolz” in Berlin

- 18.04.2009 — Pots­damer Neon­azis bei Neon­azi­auf­marsch in Rathenow

- 02.05.2009 — Neon­azikonz­ert mit der Pots­damer Band „Preussen­stolz” in Rothenburg

- 23.05.2009 — Pots­damer Neon­azis bei Neon­azi­auf­marsch in Luckenwalde

- 11.07.2009 — Kundge­bung und Konz­ert in Gera, mit dabei die „AJP

- 18.07.2009 — Neon­azikonz­ert mit der Pots­damer Band „Cyn­ic” in Berlin

- 03.08.2009 — großflächige Propagandaaktion

- 15.08.2009 — „Ver­net­zungstr­e­f­fen” mit Bran­den­burg­er Neonazis

- 16.08.2009 — Fahrrad­tour durch Pots­dam im Bezug auf Rudolf Hess

- 17.08.2009 — „Gedenkak­tion” im Bezug auf Rudolf Hess in Berlin

- 29.08.2009 — „Nationales Fußball­turnier” in Potsdam

- 05.09.2009 — Pots­damer Neon­azis bei Neon­azi­auf­marsch in Neuruppin

- 14.09.2009 — Pro­pa­gan­daak­tion der „FKP” und „AJP

- 18.09.2009 — Pro­pa­gan­daak­tion der „FKP

- 19.09.2009 — Todes­dro­hun­gen eines Pots­damer Neon­azis während der „Babels­berg­er Livenacht”

- 27.09.2009 — Pro­pa­gan­daak­tion der „FKP

- 10.10.2009 — Pots­damer Neon­azis bei Neon­azi­auf­marsch in Berlin

- 17.10.2009 — Neon­azikonz­ert mit der Pots­damer Band „Preussen­stolz” in Mitteldeutschland

- 19.10.2009 — Plakatak­tion der „Nationale Sozial­is­ten Potsdam”

- 24.10.2009 — Neon­azikonz­ert mit der Pots­damer Band „Preussen­stolz” in Sachsen

- 01.11.2009 — Fly­er­ak­tion der „FKP” und „AJP

- 07.11.2009 — Pots­damer Nazis (u.a. der Stadtverord­nete Mar­cel Guse) bei Nazi­auf­marsch in Halle

- 09.11.2009 — „Gedenkak­tion” im Bezug am den „Hitler-Luden­dorf-Putsch”

- 14.11.2009 — Neon­azikonz­ert mit der Pots­damer Band „Preussen­stolz” in Ostdeutschland

- 15.11.2009 — „Gedenkak­tion” zusam­men mit zahlre­ichen weit­eren Bran­den­burg­er Neonazis

- 05.12.2009 — Pots­damer Neon­azis bei Neon­azi­auf­marsch in Königswusterhausen

- 05.12.2009 — Neon­azikonz­ert mit der Pots­damer Band „Preussen­stolz” in Rothenburg

- 05.12.2009 — Teil­nahme am Auf­marsch in Königs Wuster­hausen-Pots­damer als Red­ner aufgetretten

- 07.12.2009 — Flug­blat­tak­tion der NPD in Neu Fahrland

- 30.12.2009 — Jahresab­schlusver­anstal­tung der NPD Kreisver­band Hav­el Nuthe

 

Nicht zu vergessen sind dabei die zahlre­ichen tätlichen Über­griffe von Neon­azis. Hier genügt ein Blick in die Chronik der Opfer­per­spek­tive: http://www.opferperspektive.de/event/events_by_criteria/1?year=2009

 

Um diese Auflis­tung zusam­men zu stellen muss men­sch keine_r große_r Szenekenner_in sein. Hier reicht ein­fache und gründliche Inter­ne­trecherche um sich ein umfassendes Bild der neon­azis­tis­chen Struk­turen in Pots­dam zu machen. Dazu scheint die Pots­damer Polizei jedoch nicht in der Lage zu sein anson­sten wür­den auch sie zu einem ähn­lichen Ergeb­nis kom­men. Wenn das nicht der Fall ist, kön­nten wir davon aus­ge­hen, dass die Polizei den Neon­azis hier wis­sendlich einen ziem­lich großen Spiel­raum zur Organ­isierung und Durch­führung ihrer Aktio­nen lässt.

 

Wir fordern deshalb alle Men­schen in Pots­dam auf diese Tat­sachen an zu erken­nen und ernst zu nehmen. Der entschlossene Wider­stand gegen Neon­azis und deren Aktiv­itäten muss ernst genom­men wer­den und kann auf keinen Fall Polizeisache sein.

 

Deshalb: Gemein­sam, entschlossen gegen Neon­azis vorgehen!

 

(1) http://aalp.de/content/view/108/1/ , http://aalp.de/content/view/107/1/ , http://aalp.de/content/view/99/30/ , http://aalp.de/content/view/92/30/

 

 

Kategorien
Uncategorized

Ragow – Nazischläger, Nazikneipe und der Alltag eines „deutschen“ Dorfes

Ragow — Das kleine Dorf Ragow (Dame-Spree­wald) liegt wenige Kilo­me­ter südlich von Berlin und zählt ein paar Hun­dert Ein­wohn­er. Trotz des miefi­gen Prov­in­za­ll­t­ags, der ländlichen Ein­tönigkeit und eines kon­ser­v­a­tiv­en Bürg­er­meis­ters wäre über Ragow wohl nicht viel mehr zu bericht­en als über alle anderen Orte im Umland von Berlin. In diesem Fall ver­birgt sich hin­ter den dor­ti­gen klein­bürg­er­lichen Haus­fas­saden aber mehr Neg­a­tives als gedacht – faschis­tis­che Strukturen.

In diesem Zusam­men­hang wird Ragow unter anderem in einem Bericht des Bran­den­burg­er Ver­fas­sungss­chutzes genan­nt, wobei aus­ge­führt wird, dass in dor­ti­gen Räum­lichkeit­en 2001 der erste „Märkische Kul­turtag“ der mit­tler­weile ver­bote­nen „HDJ“ stattge­fun­den haben soll. Hier gemeint ist die Gast­stätte „Ragow­er Stuben“ (Ecke Dorf­s­trasse, Zum Stegep­fuhl) im Dor­fk­ern, welch­es die FaschistIn­nen der „HDJ“ für ihre völkische Folk­lore nutzen kon­nten. Als Einzelfall ist dies jedoch nicht abzu­tun. Der Besitzer dieser Räum­lichkeit­en ste­ht im poli­tis­chen Ein­klang mit den Faschis­ten. So gibt es Berichte aus dem Jahr 2007, dass min­destens zwei ähn­liche Feste im Ver­anstal­tungssaal der Ragow­er Stuben stattge­fun­den haben sollen, mit bekan­nten Bran­den­burg­er Neon­azis in Fes­t­bek­lei­dung — das alles unter Polizeibeobach­tung bzw. ‑schutz.

Eben­falls in der Dorf­s­trasse (46) Ragows wohn­haft ist der Neon­azi Mar­cel Ingo Bit­tner. Dieser machte am 12. Juli 2009 von sich reden, als er zusam­men mit drei „Kam­er­aden“, alle kom­men aus dem Berlin­er Umland, in Friedrichshain einen linksalter­na­tiv­en Studieren­den über­fiel und bru­tal zusam­men­schlug – diese men­schen­ver­ach­t­ende Tat endete auf der einen Seite mit einem lebens­ge­fährlich ver­let­zten Opfer und auf der anderen Seite mit Haft­be­fehlen für Bit­tner und seinen Nazis­chläger­fre­un­den. Hier­bei ist es sin­nvoll zu erwäh­nen, dass Bit­tner schon früher durch neon­azis­tis­che Aktiv­itäten aufge­fall­en sein soll. So habe er 2003 in Mit­ten­walde, einem Nach­barort von Ragow, Hak­enkreuze und “SKIN HASS” an eine Grund­schule geschmiert. Zudem habe er an sein­er eige­nen Schule (Bestensee) CDs der bekan­nten Neon­az­iband “Ziller­taler Türken­jäger” in Umlauf gebracht.

Das die genan­nten Beispiele nur die Spitze des „recht­en Eis­bergs“ in Ragow ist, lässt sich nicht nur erah­nen, son­dern bestätigt sich auch bei der örtlichen Fußball­mannschaft, welche sich durch ein aggres­sives männlich­es und teil­weise recht­es Auftreten kennze­ich­net, was bei prov­inziellen Bran­den­burg­er Fußball­clubs jedoch nicht als Einzell­fall einzuschätzen wäre, ohne dies ver­harm­losen zu wollen.

Ragow ist hier nicht, anders als das benach­barte Königs-Wuster­hausen, als „Brown­town“ einzuschätzen. Es gibt keine örtlich aktive Kam­er­ad­schaft, geschweige denn Parteistruk­turen der NPD oder DVU und im Straßen­bild sind auch keine „recht­en Schmier­ere­in“ zu sehen. Trotz dessen bietet dieses kleine Dorf ein erschreck­endes Beispiel dafür, dass im südlichen Umland von Berlin eine Art unaus­ge­sproch­en­er rechter Kon­sens unter weit­en Teilen der Anwohner_innen vorherrscht. Anson­sten müssten die oben aufge­führten Beispiele der faschis­tis­chen Umtriebe, zu mehr Empörung oder zumin­d­est diskur­siv­en Zünd­stoff in der näheren Umge­bung sor­gen. Dies ist aber nicht der Fall. Es scheint als gehöre die bekan­nte Nazikneipe im Dor­fk­ern oder der verurteilte Nazis­chläger „von neben an“, ein­fach zu einem „ordentlich deutschen“ Dorf dazu. Der prov­inzielle Nor­mal­lvol­lzug in Ragow geht weit­er als wäre Nichts gewesen.

 

Kategorien
(Anti)militarismus

Solidaritätsbekundung der Alternativen Jugendliste Bernau

Schock­iert durch die Berichte des Ver­fas­sungss­chutzes (1) und der PNN (2) sowie den Äußerun­gen des Her­rn Petke (CDU) (3) gegenüber des INWOLE e.V, sehen wir uns gezwun­gen unsere Ein­drücke darzulegen.

Die AJL trat nach der Wende das erste Mal zur Kom­mu­nal­wahl an, seit­dem ver­fügt sie über einen Sitz in der Bernauer Stadtverord­neten­ver­samm­lung und gestal­tet dort auf par­la­men­tarischem Wege die städtis­chen Entwick­lun­gen aktiv mit. Beson­deren Augen­merk leg­en wir auf Jugend, Soziales und Kul­tur. Hier­bei ist es für uns wichtig, dass junge Men­schen ihre Stadt mit Hil­fe demokratis­ch­er Instru­mente gestal­ten und verän­dern. Gestal­ten und Verän­dern heißt auch immer Kri­tik zu üben und Alter­na­tiv­en zu überdenken.

Alter­na­tive Pro­jek­te wie sie vom INWOLE e.V. ange­boten wer­den, bere­ich­ern das soziale Kli­ma jed­er Stadt. Auf­grund ihrer Gemein­nützigkeit ist für uns eine Infragestel­lung der Förder­fähigkeit des INWOLE e.V. nicht hin­nehm­bar. Ins­beson­dere durch ihr gen­er­a­tionsüber­greifend­es, außer­par­la­men­tarisches Engage­ment erre­ichen sie eine Vielzahl der Bevölkerung und wirken somit dem weit ver­bre­it­eten Prob­lem der Poli­tikver­drossen­heit ent­ge­gen. Bei der Auseinan­der­set­zung mit der aktuellen Weltk­limapoli­tik wer­den viele empörte und kri­tisierende Äußerun­gen laut. Dies ist nicht ver­wun­der­lich, da es sich hier um ein Prob­lem han­delt, bei dem Exis­ten­zen und auch zukün­ftiges Leben bedro­ht werden.

Umso wichtiger ist es, dass diese Stim­men Gehör find­en und unter­stützt wer­den. In unser­er bish­eri­gen Zusam­me­nar­beit ist uns der INWOLE e.V. als ein emanzi­pa­torisch und par­tizipa­torisch arbei­t­en­der Vere­in bekan­nt, der die Anwen­dung von Gewalt deut­lich ablehnt.

Daher sind alle veröf­fentlicht­en Anschuldigun­gen für uns unver­ständlich und wirken sich enorm schädi­gend auf ein Pro­jekt wie den INWOLE e.V. aus. In diesem Sinne fordern wir eine Richtig­stel­lung von Seit­en der Behör­den, der Presse und von Einzelpersonen.

 

Wir freuen uns auf die weit­ere gute Zusam­me­nar­beit und wün­schen für die Zukun­ft alles Gute.


Alter­na­tive Jugendliste Bernau, Bernau, 27.12.2009

 

 

 

Quellen:
(1) http://www.verfassungsschutz.br andenburg.de/cms/detail.php/bb1.c.188693.de (Stand: 27.12.2009)
(2) http://www.pnn.de/potsdam/245351/ (Stand: 27.12.2009)
(3) „Es ist untrag­bar, dass der Staat seine Geg­n­er mit Fördergeld unter­stützt.“ [aus (2)]

Kategorien
(Anti)militarismus

Bombodrom: Neujahrswanderungen 2010

Neues Jahr — neuer Weg” Unter diesem Mot­to wan­derten einige dutzend gegen eine mil­itärische Nutzung der Kyritz-Rup­pin­er Hei­de (“Bom­bo­drom”).
Im Som­mer 2009 hat­te die Bun­deswehr verkün­det, auf einen Bombenübungsplatz in Nord­bran­den­burg zu verzicht­en. Das war und ist für große Teile der Bewe­gung für eine “Freie Hei­de” nicht genug. Daher demon­stri­erten zwei Neu­jahr­swan­derun­gen am ver­gan­genen Fre­itag, dem 1.1.2010. Rund 150 Bom­bo­drom-Geg­n­er_in­nen forderten eine zivile Nutzung der Kyritz-Rup­pin­er Heide.

 

«Wir wollen, dass das Gelände mil­itär­frei wird. Wir sind weit­er­hin skep­tisch, dass die Bun­deswehr die Hei­de frei­gibt», sagte eine Sprecherin des Aktions­bünd­niss­es «Rosa Hei­de — Gegen Bom­bo­drom und Mil­i­tarisierung» ( http://www.g8andwar.de ). Die Sprecherin weit­er: «Polizei und Feld­jäger haben uns ver­boten, das Bom­bo­drom zu durch­queren, wir sind aber den­noch mit 50 Teil­nehmern über das Gelände gelaufen», sagte die Sprecherin weiter.

Die Neu­jahr­swan­derung der Rosa Hei­de begann im Dör­fchen Neuglienicke und führte an die Platz­gren­ze — mehr als dieser knappe Kilo­me­ter war von der mit 6 bis 8 Klein­bussen anwe­senden Polizei ver­boten wor­den. Dort jedoch entschlossen sich nach Abschlusskundge­bung und Ende der Demo fast alle über, unter und neben dem Schlag­baum vor­bei auf das Gelände zu gehen und die Neu­jahr­swan­derung auf eigene Faust gemein­sam fortzuset­zen. Mit dabei ein repräsen­ta­tiv­er Quer­schnitt aus der Bevölkerung, die sich seit mehr als 18 Jahren gegen Mil­itär und Kriegsübun­gen “hier und ander­swo” (so war auf einem Trans­par­ent zu lesen) wehrt: Alte, Junge, Leute aus der direk­ten Anliegerschaft, ein Pfar­rer aus der Region, Fam­i­lien mit Kindern und Schlit­ten, Hun­den, Städter aus den Kle­in­städten in der Umge­bung und den größeren Städten (Ham­burg, Ros­tock, Berlin) und Einzelne oder kleine Del­e­ga­tio­nen von den unter­schiedlichen Ini­ti­ta­tiv­en, denen die zivile Nutzung des Bom­bo­droms ein Anliegen ist (vgl. die diversen Links im “Por­tal für eine FREIeHEI­De” http://www.freieheide-nb.de ), z.B. Under­cov­er-Clowns ( http://clownsfreiheide.de.tl ), welche vom “Freien Him­mel” (Bombodromgegner_innen aus Meck­len­burg-Vor­pom­mern) und von der BI “Offene Hei­de” ( http://www.offeneheide.de ), die sich nördlich von Magde­burg gegen den größten Panz­erübungsplatz der BW wehren, auf dem Rhein­metall im hochmod­er­nen sog. GÜZ (“Gefecht­sübungszen­trum”) die Boden­trup­pen auf ihre Krieg­sein­sätze in aller Welt vorbereitet.

Die 10 Kilo­me­ter über den Platz führten von Neuglienicke östlich der umkämpften Hei­de nach Gad­ow im West­en. Let­ztlich wan­derten etwa 20 Leute die ganze Strecke. Eine zweite Gruppe wan­derte ein Stück auf den Platz und kehrte dann um und erre­icht­en auf einem schö­nen Rundweg durch die Win­ter­hei­de wieder Neuglienicke. Der Weg hinüber nach Gad­ow über die schneebe­deck­te Hei­de führte über einen gut aus­ge­baut­en Weg, den viele in der Region, auch Parteien und Vere­ine, als offe­nen Wan­der­weg und ersten Schritt hin zu ein­er zivilen Nutzung der Hei­de fordern. Die Behaup­tun­gen der BW (“Lebens­ge­fahr!”) erwiesen sich wiedere­in­mal als Lüge, mit der sie der Bevölkerung Angst ein­ja­gen und sie vom Gelände fern­hal­ten will: Der solide eingeschot­terte Weg führte immer wieder an großen Haufen von Feld­steinen und Beton­plat­ten­bruch vor­bei — untrügliche Zeichen für die schw­eren Räu­mar­beit­en, die stattge­fun­den haben müssen, um den Weges­be­lag zu erneuern. Nach solchen Arbeit­en kön­nen wed­er auf noch unter dem Weg gefährliche Muni­tion­srück­stände zurück­ge­blieben sein. Die Risikolosigkeit selb­st beim Befahren es Weges bewiesen die Feld­jäger selb­st: Die gesamte Wegstrecke fuhr ein LKW der Bun­deswehr in eini­gen hun­dert Metern Ent­fer­nung vor­weg, hielt immer wieder an, ließ die Wan­der­gruppe bis auf hun­dert Meter her­ankom­men, um dann hin und wieder einen Warn­hin­weis per Laut­sprech­er durchzugeben, aufzusitzen und wieder etwas Abstand zu gewinnen.

Schließlich kehrten alle wohlbe­hal­ten und nicht ein­mal nach ihren Per­son­alien befragt aus dem Gelände zurück. Die Sichelschmiede ( http://sichelschmiede.org ) stellte mit einem PKW-Shut­tle das hin und her zwis­chen Anfangs- und End­punkt der lan­gen Wan­der­strecke sich­er. Und schließlich kehrten alle in der Dor­f­gast­stätte in Gad­ow ein, wo Sol­i­dar­ität­skuchen von der “Pro Heide”-Wanderung, heißer Kaf­fee und Tee warteten. Dort kon­nten wir Neuigkeit­en über unsere bei­den Wan­derun­gen austauschen.

Die Unternehmervere­ini­gung «Pro­Hei­de» ( http://www.proheide.de ) hat­te zeit­gle­ich eine zweite Neu­jahr­swan­derung unter dem Mot­to «Die Hei­de gehört uns» organ­isiert: Weit­ere etwa 100 Bom­bo­drom-Geg­n­er hat­ten ihre Demon­stra­tion an der Mahn­säule bei Neu Lut­terow zwis­chen Fleck­en Zech­lin und Schwein­rich begonnen, die bei­den Wan­derun­gen standen miteinan­der tele­fonisch in Verbindung. Per Laut­sprech­er tauscht­en sie Grüße aus und verkün­de­ten ihr gemein­sames Anliegen. Bei­de Ini­tia­tiv­en forderten, dass sich die Bun­deswehr endgültig aus der Hei­de an der Lan­des­gren­ze von Bran­den­burg und Meck­len­burg-Vor­pom­mern zurückzieht. Der dama­lige Bun­desvertei­di­gungsmin­is­ter Franz Josef Jung (CDU) habe zwar Anfang Juli 2009 unter dem Ein­druck gerichtlich­er Nieder­la­gen die Pläne für einen Luft-Boden-Schieß­platz in der Hei­de aufgegeben, sagte ein Sprech­er von «Pro­Hei­de». Seit­dem zögere die Bun­desregierung jedoch, auf die mil­itärische Nutzung zu verzicht­en und das Gelände für zivile Zwecke freizugeben.

Zwei Wochen vor Ende des Jahres erst hat­te der Bran­den­burg­er Land­tag in ein­er Erk­lärung einen endgülti­gen Verzicht auf eine mil­itärische Nutzung der Hei­de ver­langt. Das Par­la­ment hat­te den Bund aufge­fordert, zeit­nah eine Entschei­dung zu tre­f­fen. Auch müsse sich die Bun­desregierung zur Alt­las­tenbe­sei­t­i­gung auf dem ehe­ma­li­gen sow­jetis­chen Trup­penübungsplatz beken­nen. Die CDU hat­te den Antrag abgelehnt und die FDP, die ihn zwar als „grund­sät­zlich begrüßenswert“ beze­ich­nete, hat­te sich enthalten.

Mit der zivilen Nutzung müssen wir offen­sichtlich selb­st anfan­gen und uns die Hei­de immer wieder zu nutze machen, mal hier, mal dort, mal zu diesem, mal zu jen­em Zweck. Und das tun auch ganz viele Men­schen aus der Region und von sonst­wo — schon immer. Allerd­ings sel­ten öffentlich und kollek­tiv. Aber nur so bleibt das The­ma aktuell, wie wir es bei unser­er Neu­jahr­swan­derung auf den Punkt zu brin­gen ver­sucht haben: “Wir über­lassen der Bun­deswehr nicht die Freie Hei­de, wir erwan­dern sie uns. Bun­deswehr raus aus der Freien Hei­de, aus Afghanistan und allen Kriegsgebieten!”

Kategorien
(Anti-)Rassismus Arbeit & Soziales

Der nächste Antira-Einkauf

Die Sit­u­a­tion

Flüchtlinge in Deutsch­land sind mit staatlichen Repres­sio­nen wie der Zwang­sun­ter­bringung in anstalt­sähn­lichen isolierten Unterkün­ften ohne Pri­vat­sphäre, der Res­i­den­zpflicht (Flüchtlinge dür­fen den ihnen zugewiese­nen Land­kreis nicht ver­lassen) und langjährigem Arbeits- und Aus­bil­dungsver­bot kon­fron­tiert. Dieser Kat­a­log an Ein­schränkun­gen an grund­sät­zlichen Recht­en legit­imiert sich u.a. aus dem Asyl­be­wer­ber­leis­tungs­ge­setz. Er wird ergänzt durch eine auf das Aller­notwendig­ste beschränk­te, min­i­male medi­zinis­che Ver­sorgung sowie finanzielle Grundleis­tun­gen, die 30 Prozent unter dem gesellschaftlichen Exis­tenzmin­i­mum von ALG II liegen. Diese wer­den dann im Ermessen des zuständi­gen Sozialamtes über­wiegend als Sach­leis­tun­gen wie Nahrungsmit­telgutscheine, Chip­karten und Klei­der­coupons erbracht. Das einzige Bargeld, was den Flüchtlin­gen zuste­ht (das monatliche “Taschen­geld”) in Höhe von 20, 45€ für Kinder und 40,90€ für Erwach­sene wird fortwährend nach Willkür des Sozialamtes gestrichen.

All diese Maß­nah­men haben u.a. zur Folge, dass die Teil­habe am gesellschaftlichen Leben in Deutsch­land von vorn­here­in unter­bun­den wird. Es beste­ht für Flüchtlinge in Deutsch­land nicht die Möglichkeit, z.B. mit Fre­un­den einen Kaf­fee zu trinken oder ins Kino zu gehen, geschweige denn einen Anwalt, Tele­fon oder Tick­ets für den öffentlichen Verkehr zu bezahlen.
Diesem alltäglichem Wahnsinn sind auch die Flüchtlinge in Hen­nigs­dorf aus­ge­set­zt. Das zuständi­ge Sozialamt Oranien­burg ver­sagt auch langjährig hier leben­den Men­schen Leis­tun­gen in Form von Bargeld. Die Flüchtlinge bekom­men Gutscheine aus­gestellt, mit denen sie sich lediglich Lebens­mit­tel und Drogerieartikel in weni­gen vorbes­timmten Geschäften kaufen dürfen.

 

Wie funk­tion­iert der Einkauf?

Wir tre­f­fen uns ein­mal im Monat an einem Fre­itag Nach­mit­tag und gehen
gemein­sam in einem Super­markt in Hen­nigs­dorf einkaufen. Ihr kön­nt euren
ganz nor­malen Woch­enen­deinkauf täti­gen. An der Kasse wartet dann jemand
mit Gutscheinen in der Hand auf euch. Ihr kön­nt dann anstatt mit Bargeld
an der Kasse zu bezahlen
mit diesen Gutscheinen bezahlen. Im Anschluss an den Zahlungsvor­gang
gebt ihr dem/der Gutscheinbe­sitzerIn das Bargeld für den Einkauf.
Mit den Einkäufen machen wir auf dieses men­sche­nun­würdi­ge Sys­tem
aufmerk­sam. Und indem wir die Gutscheine gegen Bargeld tauschen,
organ­isieren wir konkrete Solidarität.

 

Die näch­sten Einkäufe sind:

08.01.10, 05.02.10

Wenn ihr euch vorstellen kön­nt so einen Einkauf mitzu­machen oder ihr euch das Ganze erst­mal anschauen möchtet, dann schreibt eine Email an: antira.einkauf@web.de

Kategorien
Arbeit & Soziales Klima & Umwelt Law & Order

Stellungnahme der Jugendbildungs- und Freizeitinitiative Bernau e.V. (bif)

Wir, der Jugend­bil­dungs- und Fre­itzei­tini­tia­tive Bernau e.V., kri­tisieren die Dif­famierung und Krim­i­nal­isierung des Inwole e.V. durch den Ver­fas­sungss­chutz Bran­den­burg und der CDU im Dezem­ber 2009.

Das Ziel, welch­es der Ver­fas­sungss­chutz Bran­den­burg und Herr Petke (CDU Land­tagsab­ge­ord­neter) mit den Vor­wür­fen gegenüber dem Inwole e.V. ver­fol­gen bleibt speku­la­tiv, ist aber zu erahnen: 

Im Zuge der Extrem­is­mus­de­bat­te in Berlin wird nun in Bran­den­burg das erste Exem­pel sta­tu­iert. Her­hal­ten muss der Vere­in zur Förderung inno­v­a­tiv­er Wohn- und Lebens­for­men e.V. (Inwole) in Pots­dam. Dif­famierun­gen des Vere­ins durch den Ver­fas­sungss­chutz Bran­den­burg und dem CDU-Land­tagsab­ge­ord­neten Petke kön­nten nun dem Vere­in die Exis­tenz kosten.

Ein Aufruf der „Ini­tia­tiv­gruppe Pots­dam“ zu Protesten gegen die Kli­makon­ferenz in Kopen­hagen auf der Inter­net­seite des Vere­ins Inwole hat­te der Ver­fas­sungss­chutz Bran­den­burg zum Anlass genom­men, den Vere­in als link­sex­trem­istis­chen Straftäter zu dif­famieren. [siehe: http://www.verfassungsschutz.brandenburg.de/cms/detail.php/bb1.c.188693.de]

Die PNN/Tagesspiegel berichtete am 12.12. „nach Bran­dan­schlä­gen auf Polizei­wachen in Berlin und Ham­burg macht die autonome, link­sex­treme Szene jet­zt auch in Pots­dam mobil“. Allein dieser Satz lässt den_die Leser_in ver­muten, die zur Ver­fü­gung gestell­ten För­der­mit­tel für den Vere­in Inwole wer­den für Straftat­en verwendet. 

 

Der Vere­in zur Förderung inno­v­a­tiv­er Wohn- und Lebens­for­men e.V. ist ein wichtiger Koop­er­a­tionspart­ner des Jugend­bil­dungs- und Freizei­tini­tia­tive Bernau e.V.. Anschuldigun­gen und Unter­stel­lun­gen, es han­dle sich hier um einen extrem­istis­chen oder gar ver­fas­sungs­feindlichen Vere­in, sind absurd und Teil ein­er Dif­famierungsstrate­gie gegen linke und alter­na­tive Pro­jek­te. Wir weisen diese Anschuldigun­gen kom­plett zurück.

Seit 2005 nutzen die Jugendlichen des Jugendtr­e­ffs Dos­to Bernau und die Mit­glieder des Bif e.V Räum­lichkeit­en des Pro­jek­thaus­es. Wir erhal­ten Unter­stützung in unser­er Pro­jek­tar­beit und nehmen Ange­bote des Inwole e.V. wahr. Der Inwole e. V. ist ein­er der wichtigesten Part­ner in unser­er emanzi­pa­torischen und par­tizipa­torischen Pro­jek­tar­beit mit Jugendlichen. 

Die Dif­famierun­gen durch den Ver­fas­sungss­chutz Bran­den­burg, Her­rn Petke und der PNN gefährden dabei nicht nur die Exis­tenz und Arbeit des Vere­ins Inwole, son­dern viel­er teil­haben­der Pro­jek­te, ander­er Grup­pen, Ini­tia­tiv­en, Jugend­klubs, Schulen etc..

In Anbe­tra­cht der frus­tri­eren­den Ergeb­nisse des Klimagipfels in Kopen­hagen wird es um so deut­lich­er, wie wichtig das Engage­ment von vie­len Men­schen, ver­net­zter Grup­pen, Organ­i­sa­tio­nen und Ini­tia­tiv­en ist, um auf die Prob­leme hinzuweisen und dort anzuknüpfen, wo sich ein neues Bewusst­sein bilden muss, um gemein­sam und entschlossen Wege aus der Kli­makrise zu finden.

Kri­tik an poli­tis­chen Entschei­dung­sprozessen wird es weit­er­hin geben. Sie gehört zum Grund­fun­da­ment ein­er demokratis­chen Gesellschaft. Diese Kri­tiken soll­ten gehört, reflek­tiert und ernst genom­men wer­den. Darin steck­en Poten­tiale und Chan­cen, die Gesellschaft, in der wir leben, zu ein­er gerechteren zu gestalten.

 

Wir, der Jugend­bil­dungs- und Freizei­tini­tia­tive Bernau e. V., sol­i­darisieren uns mit den Men­schen des Inwole e.V. und ihrer für die Gesellschaft wertvolle Arbeit. 

 

Wir wün­schen Euch weit­er­hin viel Kraft! 

 

Jugend­bil­dungs- und Freizei­tini­tia­tive Bernau e.V.


Kategorien
Uncategorized

Brandenburger Verfassungsschutz und PNN diskreditieren linksalternatives Projekt in Potsdam

In den let­zten Monat­en war es ruhig gewor­den um den Bran­den­burg­er Ver­fas­sungss­chutz – hat er sich doch in den let­zten Jahren immer wieder durch öffentliche Diskred­i­tierun­gen von Einzelper­so­n­en oder linksalter­na­tiv­en Ini­tia­tiv­en her­vor­ge­tan. Vor eini­gen Tagen zeigte sich jedoch, dass sich die gängige Prax­is des Bran­den­burg­er Ver­fas­sungss­chutzes nicht wesentlich geän­dert hat. In sein­er Mel­dung vom 10. Dezem­ber dif­famiert er den Fördervere­in inno­v­a­tiv­er Wohn- und Lebens­for­men e.V. (Inwole). Unter dem Titel „Autonome mobil­isieren für gewalt­tätige Auseinan­der­set­zun­gen in Kopen­hagen“ unter­stellt er dem Inwole „link­sex­treme“ Ten­den­zen, weil auf der Inter­net­seite des Vere­ins ein Aufruf zu Protes­tak­tio­nen gegen den Klimagipfel in Kopen­hagen ver­linkt war.

Lei­der hat diese Mel­dung des bran­den­bur­gis­chen Ver­fas­sungss­chutzes Fol­gen, deren Reich­weite bish­er noch nicht abzuse­hen ist. Am 12. Dezem­ber erschien in der Zeitung Pots­damer Neueste Nachricht­en (PNN) ein Artikel von Thomas Met­zn­er und Hen­ri Kramer, in dem die Autoren die Ein­schätzun­gen des Ver­fas­sungss­chutzes unhin­ter­fragt übernehmen.1 Unter dem Titel „Aurufe zur Gewalt – gefördert von Bund und EU“ unter­stellen sie dem Inwole, zu gewalt­täti­gen Auseinan­der­set­zun­gen auf dem Kopen­hagen­er Klimagipfel zu mobil­isieren. Beson­ders pikant wird der Artikel dadurch, dass er nicht ver­gisst darauf zu ver­weisen, dass das Inwole aus Bun­desmit­teln und von der EU finanziell gefördert wird. Bish­er ist völ­lig unklar, ob der Ver­fas­sungss­chutz das Veröf­fentlichungs­da­tum seines Bericht­es bewusst gewählt hat. Es war jedoch öffentlich bekan­nt, dass der Vere­in Inwole in dieser Woche eine wichtige Förder­entschei­dung des Bun­desmin­is­teri­ums für Fam­i­lie, Senioren, Frauen und Jugend erwartet.

Hät­ten sich Thomas Met­zn­er und Hen­ri Kramer die Mühe gemacht, nur ein wenig zu recher­chieren, worin die Aktiv­itäten und das Selb­stver­ständ­nis des Inwole beste­hen, so wären sie schnell darauf gekom­men, dass die Unter­stel­lun­gen des bran­den­bur­gis­chen Ver­fas­sungss­chutzes nicht halt­bar sind. Der Inwole e.V. ist  ein linksalter­na­tives Pro­jekt, das sich mit seinem Mehrgen­er­a­tio­nen­haus und vie­len weit­eren Pro­jek­ten für eine gerechtere Gesellschaft engagiert. Der Vere­in set­zt sich ein für ein soziales Miteinan­der, das Vorurteile auf Grund von Alter, Geschlecht oder sozialer Herkun­ft über­windet. Jedes Jahr arbeit­en mehrere Jugendliche als Europäis­che Frei­willige in dem Pro­jekt. Regelmäßig organ­isiert das Inwole inter­na­tionale Begeg­nun­gen. Kon­tinuier­lich unter­stützt es wichtige soziale und poli­tis­che Ini­tia­tiv­en, wie z.B. den Flüchtlingsrat Bran­den­burg. Auf dem Hof und in der Werk­statt kön­nen sich Jugendliche in prak­tis­chen Fer­tigkeit­en aus­pro­bieren. Als link­er Jugend­ver­band aus Bran­den­burg wis­sen wir, wie wichtig all diese Tätigkeit­en sind. In den let­zten Jahren haben wir immer wieder von der ergeb­nis­re­ichen Zusam­me­nar­beit mit dem Inwole prof­i­tiert – sowohl in unser­er poli­tis­chen Bil­dungsar­beit, als auch in unserem Engage­ment für eine sol­i­darische und gerechte Gesellschaft. Aus unseren eige­nen Aktiv­itäten wis­sen wir, dass das Inwole ein wichtiges Pro­jekt ist, welch­es ein unab­d­ing­bares Gegengewicht zu recht­en Ein­stel­lun­gen in Bran­den­burg bildet.

Dass sich mit­tler­weile auch die Mehrheit der bran­den­bur­gis­chen Bevölkerung gegen kon­ser­v­a­tive und rechte Ten­den­zen ausspricht, haben die Land­tagswahlen in diesem Herb­st gezeigt. Dass sich Per­so­n­en wie Sven Petke von der CDU nicht son­der­lich erfreut darüber zeigen, ist nicht weit­er ver­wun­der­lich. Es erstaunt uns auch nicht, dass Sven Petke den Bericht des Ver­fas­sungss­chutzes nutzt, um linksalter­na­tive Pro­jek­te in Bran­den­burg zu diskred­i­tieren, wenn er im besagten PNN Artikel mit der Ver­mu­tung zitiert wird, dass der Link­sex­trem­is­mus in Bran­den­burg auf dem Vor­marsch sei.
Erfreulich find­en wir ein solch­es Ver­hal­ten jedoch keineswegs. Vielmehr betra­cht­en wir dies als den Ver­such, linke Pro­jek­te und ihr soziales Engage­ment für eine gerechtere und sol­i­darische Gesellschaft bewusst zu krim­i­nal­isieren. Mit Blick auf die Neuaus­rich­tung des Bun­des­fam­i­lien­min­is­teri­ums erfüllt uns diese Ten­denz mit Sorge. Denn mit­tler­weile ist öffentlich bekan­nt, dass die neue Bun­des­fam­i­lien­min­is­terin Kristi­na Köh­ler (CDU) die finanziellen Mit­tel, die bish­er allein der Bekämp­fung des Recht­sex­trem­is­mus dien­ten, auch darauf ver­wen­den will, „Link­sex­trem­is­mus“ und „Islamis­mus“ einzudäm­men. Ganz konkret heißt dies, dass Pro­jek­ten, die gegen Recht­sex­trem­is­mus arbeit­en oder sich linksalter­na­tiv engagieren, die finanziellen Mit­tel gekürzt werden.

Nach der Abwahl der CDU und somit auch Jörg Schön­bohms als ehe­ma­li­gen Innen­min­is­ter Bran­den­burgs war zu hof­fen, dass der unser­iöse Arbeit des bran­den­bur­gis­chen Ver­fas­sungss­chutzes Ein­halt geboten würde. Die öffentliche Diskred­i­tierung des Inwole macht jedoch deut­lich, dass dem nicht so ist. Wir fordern daher den neuen Innen­min­is­ter Rain­er Speer (SPD) dazu auf, den Ver­fas­sungss­chutz endlich in seine Schranken zu weisen, sodass er linksalter­na­tive Pro­jek­te nicht in ihrer Arbeit behin­dert oder gar in ihrer Exis­tenz bedroht.

www.jdjl-brandenburg.de

Kategorien
Antifaschismus

René D. zu sechs Monaten Haftstrafe auf Bewährung verurteilt

René D. kommt mit ein­er Bewährungsstrafe davon. Das Amts­gericht Rathenow
verurteilte den ein­schlägig vorbe­straften Neon­azi am 22. Dezem­ber 2009
wegen ver­suchter gefährlich­er Kör­per­ver­let­zung zu sechs Monat­en Haft,
die für zwei Jahre auf Bewährung aus­ge­set­zt wurden.

Am 28. März dieses Jahres ver­anstal­tete die NPD einen Info­s­tand in
Prem­nitz. Gegen den NPD-Auftritt protestierte eine Gruppe Punks. Weil er
sich provoziert fühlte, ver­suchte René D. gezielt einen der
Protestieren­den anzu­greifen. Anwe­sende Polizis­ten kon­nten den Über­griff
ver­hin­dern.

Hin­ter­grund­in­for­ma­tion

 

Der betrof­fene Punk war von René D. Zwill­ings­brud­er bere­its am 29.
August 2008 mit einem Kopf­s­toß ver­let­zt wor­den. Peer D. war für diesen
und andere Angriffe auf Linke in Prem­nitz nur zwei Tagen vor der Attacke
am 28. März zu viere­in­halb Jahren Gefäng­nis verurteilt worden.

Kategorien
Antifaschismus

Neonazis stören Punkkonzert im Kamea

Unter den Besuch­ern des alljährlich in Frank­furt (Oder) stat­tfind­en­den Wei­h­nacht­s­po­gos am Fre­itag, den 18.12.2009, mis­cht­en sich zu später­er Stunde auch einige Hooli­gans des FFC Vic­to­ria ’91 e.V., darunter Chris­t­ian Bren­del, Chris­t­ian Riemer und Paul Pfeif­fer, welche in der Ver­gan­gen­heit als Neon­azis in Erschei­n­ung getreten waren (Antifaschis­tis­che Recherchegruppe berichtete, weit­ere Infos hier: http://recherchegruppe.blogsport.de/).

 

Als die Veranstalter_innen durch Antifaschist_innen auf diese aufmerk­sam gemacht wurde und sich die Nachricht unter dem Pub­likum des “Kamea” ver­bre­it­ete, betrat eine Besucherin die Bühne und appel­lierte die Veranstalter_innen, die Neon­azis der Ver­anstal­tung zu ver­weisen. Unter­stützt wurde sie in ihrer Forderung durch das Pub­likum, welch­es spon­tan “Nazis raus!” anstimmte.Es kam schließlich zu Hand­grei­flichkeit­en, als die Kamea-eigene Secu­ri­ty, die auch durch das Tra­gen der Neon­azi-Mode­marke “Thor Steinar” auffiel, besagte Besucherin der Bühne ver­weisen wollte. Nach­dem sich die Sit­u­a­tion etwas beruhigt hat­te, forderte ein Ver­anstal­ter die Neon­azis nun let­ztlich doch auf, die Ver­anstal­tung zu verlassen.

 

Nach­dem diese des Haus­es ver­wiesen wor­den waren, sam­melten sie sich vor der Dis­co und ver­sucht­en, erneut hineinzuge­lan­gen und Besucher_innen zu attack­ieren. Ver­hin­dert wurde dies durch eine Gruppe von etwa 50 Per­so­n­en, die als Reak­tion darauf eben­falls die Dis­co ver­ließ und sich den Nazis ent­ge­gen­stellte. Diese ver­ließen daraufhin fluchtar­tig das Gelände des Kamea.

 

Beson­ders das Ver­hal­ten der Secu­ri­ty am gestri­gen Abend ist zu kri­tisieren. Sie ver­hiel­ten sich der Sit­u­a­tion nicht angemessen, da sie nach Hin­weisen auf die unge­wollte Präsens von Neon­azis auf der Ver­anstal­tung nicht reagierte. Erst durch die Gefahr, dass die Sit­u­a­tion zu eskalieren dro­hte, als das Pub­likum darüber informiert wurde, und erst nach der Auf­forderung der Veranstalter_innen, die Hooli­gans des Haus­es zu ver­weisen, sahen sich die Türste­her zum Han­deln gezwungen.

Autonome Antifa Frank­furt (Oder)

Kategorien
Antifaschismus Geschichte & Gedenken

Pierre Gouffault verstorben

Am Son­ntag, dem 20.12.2009 ist der Präsi­dent des Inter­na­tionalen Sach­sen­hausen Komi­tees, Pierre Gouf­fault, nach schw­er­er Krankheit in Paris im Alter von 85 Jahren verstorben.

Mit Pierre ist ein lieber Kam­er­ad und guter Fre­und von uns gegan­gen. Wir sind tief betrof­fen von seinem Tod, den wir nicht fassen können.

Pierre Gouf­fault war Über­leben­der des KZ Sach­sen­hausen, seit 1984 war er Gen­er­alsekretär der franzö­sis­chen Ami­cale und seit 2002 Präsi­dent des Inter­na­tionalen Sach­sen­hausen Komi­tees, dessen Schatzmeis­ter er bere­its seit 1974 gewe­sen war. Seit 1983 gehörte er dem inter­na­tionalen Beirat der Stiftung Bran­den­bur­gis­che Gedenkstät­ten an. Außer­dem war er Mit­glied des Fördervere­ins des Gedenkstätte und Muse­um Sach­sen­hausen e.v.

Pierre Gouf­fault wurde 1924 in Paris geboren. Nach dem Tod des Vaters, der 1929 an den Fol­gen ein­er Ver­let­zung aus dem 1. Weltkrieg starb, wuch­sen er und sein Zwill­ings­brud­er Roger bei der Mut­ter auf. Nach­dem er 1942 mit Entset­zen erleben musste, dass seine jüdis­chen Mitschüler den gel­ben Stern tra­gen mussten, schloss Gouf­fault sich zusam­men mit sein­er Mut­ter und seinem Brud­er dem Wider­stand gegen die nation­al­sozial­is­tis­che Besatzung an. Am 13. Dezem­ber 1942 wur­den sie ver­haftet, am 25. Jan­u­ar 1943 traf Pierre mit dem ersten großen Trans­port franzö­sis­ch­er Wider­stand­skämpfer aus dem Internierungslager Com­piègne im KZ Sach­sen­hausen ein. Dort erhielt er die Häftlingsnum­mer 59.092. Kurz darauf wurde er in das Außen­lager Heinkel über­stellt, wo ihm die Unter­stützung von Kam­er­aden mehrfach das Leben ret­tete. Anfang 1945 war er für kurze Zeit im Außen­lager Klink­er­w­erk, bevor er auf dem Todes­marsch am 2. Mai 1945 in der Nähe von Witt­stock die Befreiung erlebte.

Nach sein­er Rück­kehr nach Paris geschah, worauf er kaum zu hof­fen Gewagt hat­te: Er traf sein Mut­ter und seinen Brud­er wieder, die eben­falls Gefäng­nis und KZ-Haft über­lebt hat­ten. Pierre Gouf­fault war danach in der met­al­lver­ar­bei­t­en­den Indus­trie tätig, zulet­zt als Leit­er des Per­son­als und der Fer­ti­gung in einem Betrieb mit 1.000 Beschäftigten. 1951 heiratete er seine Frau Luci­enne, die er liebevoll Lulu nan­nte. Aus Anlass des 10. Jahrestages der Befreiung nah­men sie 1955 gemein­sam an der ersten “Pèleri­nage” der franzö­sis­chen Ami­cale nach Oranien­burg teil. Die Wieder­begeg­nung mit dem ehe­ma­li­gen KZ Sach­sen­hausen wurde für bei­de Zum Schlüs­sel­er­leb­nis, denn danach stellen sie sich in den Dienst für die franzö­sis­chen Sach­sen­hausen-Über­leben­den und ihre Fam­i­lien. Vor allem seit dem Ein­tritt in den Ruh­e­s­tand bildete die famil­iäre Gemein­schaft der Kam­er­aden und ihrer Ange­höri­gen das Zen­trum seines Lebens. Alljährlich organ­isierten er und seine Frau die “Pèleri­nage” zu den Befreiungsver­anstal­tun­gen in der Gedenkstätte Sach­sen­hausen, so auch im April dieses Jahres.

Im Jan­u­ar 2009 wirk­te Gouf­fault bei der Ver­ab­schiedung der Erk­lärung “Erin­nerung bewahren – authen­tis­che Orte erhal­ten – Ver­ant­wor­tung übernehmen” in Berlin mit, des Ver­mächt­niss­es der Über­leben­den der Konzen­tra­tionslager. Bei ein­er Pressekon­ferenz forderte er, dass der europäis­che Wider­stand in der Arbeit der Gedenkstät­ten auch kün­ftig gewürdigt wer­den müsse. Er würdigte die Anstren­gun­gen, die in Deutsch­land und vor allem auch in Bran­den­burg für die Sanierung und Neugestal­tung der Gedenkstät­ten unter­nom­men wor­den sind. Gouf­fault forderte in diesem Zusam­men­hang, “dass auch in der Zukun­ft über diese inter­na­tionalen Orte nicht nur deutsche Poli­tik­er, son­dern Men­schen aus allen Län­dern Europas mitbes­tim­men”. Besorgt zeigte er sich hin­sichtlich von Orten mit zweifach­er Ver­gan­gen­heit, wo es keine Ver­mis­chung der his­torischen Phasen geben dürfe: “Ursachen und Wirkun­gen müssen klar benan­nt und die Unter­schiede deut­lich gemacht wer­den, auch wenn wir anerken­nen, dass nach 1945 neues Leid und neues Unrecht geschehen ist.”

Inforiot