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Antifaschismus Geschichte & Gedenken

270 bei Feier und Gedenken in Bernau zum 8.Mai

Bernau – Etwa 270 Men­schen feierten und gedacht­en dem 8. Mai – dem Tag der Befreiung vom Nationalsozialismus.

Organ­isiert und aufgerufen hat­ten die Bernauer Linkspartei, das Bernauer Net­zw­erk für Tol­er­anz und Weltof­fen­heit, der Jugendtr­e­ff Dos­to und die Antifaschis­tis­che Aktion Bernau.

Im Aufruf der Antifa Bernau hieß es: „Für uns gilt es, am 8. Mai an die Opfer der schreck­lichen Tat­en der Nation­al­sozial­is­ten zu erin­nern.“ Eben­so, so heißt es weit­er, sei es ein Anlass „den Frauen und Män­nern der Roten Armee und der alli­ierten Stre­it­macht für die Zer­schla­gung Nazi-Deutsch­lands zu danken und die Befreiung vom deutschen Faschis­mus zu feiern.“

In drei Sta­tion teilte sich die Ver­anstal­tung. Die Kundge­bung begann am Denkmal für die Gefall­en der Roten Armee mit musikalis­chen Beiträ­gen des deutsch-rus­sis­chen Chors Kalin­ka. Dag­mar Enkel­mann (MdB, die Linke) erin­nerte an die Befreiung Bernaus am 20/21.April und nahm Bezug zu aktuellen Gefahr des Recht­sex­trem­is­mus, in dem sie ein Ver­bot der anti­demokratis­chen und recht­sex­tremen NPD fordert. Ein­ge­laden war außer­dem ein Mil­itärat­ache der rus­sis­chen Botschaft. Er erin­nerte an die rus­sis­chen Sol­dat­en, die ihr Leben im Kampf für die Frei­heit ließen. Danach ging es weit­er zum Deser­teur­denkmal, auf der gegenüber­liegen­den Straßen­seite. Dort erin­nerten Mit­glieder des Net­zw­erkes für Tol­er­anz und Weltof­fen­heit an jene Kriegs­di­en­stver­weiger­er, die gefoltert und ermordet wur­den. Sie forderten „Nie wieder Faschis­mus, Nie wieder Krieg!“. Zum Abschluss feierten die Anwe­senden, bei strahlen­dem Son­nen­schein, auf dem Mark­t­platz mit Sekt und Kuchen.

Eine Gedenkkundge­bung anlässlich des 8.Mai gibt es seit vie­len Jahren, die Idee diesem Tag auch eine feier­lichen Charak­ter zu geben, stieß zu Beginn auf Ver­wun­derung“, sagt Maria Buch­heim, Press­esprecherin der Antifa Bernau. Mit­tler­weile im drit­ten Jahr, sei das Festessen zu ein­er Tra­di­tion geworden.

Für die noch leben­den Jüdin­nen und Juden, Sin­ti und Roma, poli­tis­chen und religiösen Ver­fol­gten, Zwangsarbeiter_innen, Widerstandskämpfer_innen und eben­so Sol­dat­en und Ange­höri­gen der alli­ierten und sow­jetis­che Armeen ist die bedin­gungslose Kapit­u­la­tion Deutsch­lands und das Ende das Drit­ten Reich­es, das Ende von Massen­mord, Depor­ta­tio­nen, Unter­drück­ung und Verfolgung.

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Am 23.05.: Gemeinsam gegen Nazis in Luckenwalde

Am 23.Mai, dem Tag des Grundge­set­zes, wollen Neon­azis aus dem mil­i­tan­ten
Spek­trum der freien Kam­er­ad­schaften eine Demon­stra­tion in Luck­en­walde,
wenige Kilo­me­ter südlich von Berlin durch­führen. Diese faschis­tis­che
Demon­stra­tion ist der vor­läu­fige Höhep­unkt ein­er beson­ders
aktion­sori­en­tierten mil­i­tan­ten Neon­aziszene in Tel­tow-Fläming. Nach­dem am
Anfang des Jahres die Freien Kräfte Tel­tow-Fläming mehrfach
Gedenkver­anstal­tun­gen zur Shoah in der bran­den­bur­gis­chen Kle­in­stadt Zossen
gestört haben und durch mehre Sprühereien auf sich aufmerk­sam gemacht
haben, wollen sie nun ihre men­schen­ver­ach­t­ende Ide­olo­gie nach Luck­en­walde
tra­gen. Unter dem Mot­to „60 Jahre Lüge sind genug! Schluss mit diesem
Volks­be­trug“ mobil­isieren die freien Kräfte bun­desweit. Der Aufruf, der
vom ange­blichen „Betrug am deutschen Volk“ schwadroniert, ent­larvt die
anti­semi­tis­che und geschicht­sre­vi­sion­is­tis­che Wah­n­welt der Neon­azis, und
belegt außer­dem die enge Zusam­me­nar­beit zwis­chen jun­gen Neon­azis und den
ein­schlägig bekan­nten Berlin­er Reichs­bürg­ern Rain­er Link und Gerd Wal­ter,
die sich eben­falls in Berlin­er Umland niederge­lassen haben. Angemeldet
wurde die Demon­stra­tion, die vom Bahn­hof Rich­tung Innen­stadt und wieder
zurück­ge­hen soll von dem bekan­nten Neon­azi und Mit­glied der Freien Kräfte
Den­nis Här­tel. Dieser geht derzeit von 300 Teil­nehmern aus, die in
Luck­en­walde ihr Unwe­sen treiben wollen.

Aus diesem Grund hat sich das spek­trenüber­greifende antifaschis­tis­che
Bünd­nis „Link­er Fläming Unit­ed“ gegrün­det, welch­es sich unter dem Mot­to:
„Gemein­sam gegen Nazis – Kein Ort für die Ver­drehung der Geschichte!“ den
Neon­azis an diesem Tag ent­ge­gen­stellen will.

Wir kön­nen Sie aufhal­ten! Lassen wir es nicht zu, dass sich Neon­azis im
Berlin­er Hin­ter­land bre­it machen! Lassen wir es nicht zu, dass die Freien
Kam­er­ad­schaften in Bran­den­burg in aller See­len­ruhe ihre
men­schen­ver­ach­t­ende Ide­olo­gie ver­bre­it­en kön­nen. Set­zten wir ihnen aktiv­en
und bre­it­en Wider­stand ent­ge­gen und putzen wir die Nazis auch von
Luck­en­walden­er Straßen.

Kommt deshalb alle am 23.Mai um 11 Uhr nach Luck­en­walde! Beteiligt euch
dort an unser­er großen Bünd­nis­de­mo und nutzt die dezen­tralen
Kundge­bung­sorte, um euren antifaschis­tis­chen Protest Aus­druck zu
ver­lei­hen!

Kein ruhiges Hin­ter­land für Faschis­ten!
Am 23.Mai Neon­azis kreativ und offen­siv entgegentreten!

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(Anti-)Rassismus Law & Order

Vom Opfer zum Täter gemacht

Notwehr­fonds: Spendenkam­pagne wird ausgesetzt

Die Opfer­per­spek­tive hat am 7. Mai einen Spende­naufruf ges­tartet, um Musa E. bei ein­er Beru­fungsver­hand­lung eine Vertei­di­gung zu ermöglichen. Diesen Aufruf haben wir heute zurück­ge­zo­gen, denn durch die Beiord­nung eines Pflichtvertei­di­gers wer­den die Kosten von der Staatskasse getra­gen. Es wer­den zunächst keine Spenden benötigt.

Musa E. war zu fünf Monat­en Haft auf Bewährung verurteilt wor­den, weil er sich gegen die Bedro­hung sein­er Fam­i­lie durch rechts ori­en­tierte Jugendliche zur Wehr geset­zt hat­te. Er hat sich entsch­ieden, das Urteil des Amts­gerichts Pots­dam anzufecht­en. Die Opfer­per­spek­tive unter­stützt ihn dabei.

In einem Spende­naufruf schrieben wir gestern, dass ein Pflichtvertei­di­ger nicht beige­ord­net wor­den sei, daher wür­den etwa 5.000 Euro benötigt, um das Urteil anzufecht­en. Dabei stützten wir uns auf die Angaben des Anwaltes; dieser teilte uns heute mit, dass er seine Beiord­nung überse­hen habe.

Wir danken allen, die ihre Unter­stützung für Her­rn E. zeigen. Wir wer­den Sie weit­er­hin informieren. Wir hof­fen auf einen Freis­pruch. Sollte Musa E. aber vor dem Landgericht tat­säch­lich verurteilt wer­den, wird er erhe­bliche Gerichts- und Anwalt­skosten zu tra­gen haben. In diesem Fall wür­den wir Sie erneut um Spenden bitten.

Pots­dam, 8.5.2009

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Vom Opfer zum Täter gemacht

Pots­dam — Musa E. wurde verurteilt, weil er sich gegen einen ras­sis­tis­chen Angriff auf seine Fam­i­lie zur Wehr set­zte: Fünf Monate Haft auf Bewährung. Der Kurde hat gegen das Urteil des Amts­gerichts Pots­dam Beru­fung vor dem Landgericht eingelegt.

Was wür­den Sie tun, wenn junge Män­ner gegen Ihre Woh­nungstür schla­gen und Ihre Fam­i­lie bedro­hen? Frau E. rief die Polizei, zwei Mal. Die kam aber erst eine halbe Stunde später. Rechte Jugendliche waren in das Haus einge­drun­gen, in dem die kur­dis­che Fam­i­lie wohnt, häm­merten an die Tür, brüll­ten »Scheiß-Aus­län­der« und »Wir fick­en Dich«. Ihr Ehe­mann, der Schweißer Musa E., jagte die Jugendlichen mit einem Tis­chbein die Treppe hin­unter, wobei ein Angreifer leichte Ver­let­zun­gen an Schul­ter und Unter­arm erlit­ten haben soll.

Wegen gefährlich­er Kör­per­ver­let­zung wurde der Fam­i­lien­vater zu fünf Monat­en Haft auf Bewährung verurteilt. Notwehr kon­nte das Amts­gericht Pots­dam nicht erken­nen, und von einem ras­sis­tis­chen Angriff könne keine Rede sein. Die Jugendlichen hät­ten lediglich »eine Sache klären« wollen.

Musa E. hat Beru­fung eingelegt.

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(Anti-)Rassismus Law & Order

Notwehrfonds für Opfer rechter Gewalt gegründet

Pots­dam — Musa E. wurde verurteilt, weil er sich gegen einen ras­sis­tis­chen Angriff auf seine Fam­i­lie zur Wehr set­zte: Fünf Monate Haft auf Bewährung. Das Ver­fahren gegen die Angreifer wurde eingestellt. Die Opfer­per­spek­tive bit­tet um Spenden für die Beru­fungsver­hand­lung: 5.000 Euro für das Recht auf Notwehr.

Was wür­den Sie tun, wenn junge Män­ner gegen Ihre Woh­nungstür schla­gen und Ihre Fam­i­lie bedro­hen? Frau E. rief die Polizei, zwei Mal. Die kam aber erst eine halbe Stunde später. Rechte Jugendliche waren in das Haus einge­drun­gen, in dem die kur­dis­che Fam­i­lie wohnt, häm­merten an die Tür, brüll­ten »Scheiß-Aus­län­der« und »Wir fick­en Dich«. Ihr Ehe­mann, der Schweißer Musa E., jagte die Jugendlichen mit einem Tis­chbein die Treppe hin­unter, wobei ein Angreifer leichte Ver­let­zun­gen an Schul­ter und Unter­arm erlit­ten haben soll.

Wegen gefährlich­er Kör­per­ver­let­zung wurde der Fam­i­lien­vater zu fünf Monat­en Haft auf Bewährung verurteilt. Notwehr kon­nte das Amts­gericht Pots­dam nicht erken­nen, und von einem ras­sis­tis­chen Angriff könne keine Rede sein. Die Jugendlichen hät­ten lediglich »eine Sache klären« wollen.

Spendenkam­pagne

Der Vere­in Opfer­per­spek­tive will 5.000 Euro Spenden für Anwalts- und Gericht­skosten sam­meln, damit Musa E. das Urteil anfecht­en kann. Denn die Beiord­nung eines Pflichtvertei­di­gers wurde abgelehnt, obwohl dem Hartz IV-Empfänger eine erhe­bliche Strafe droht.

Wir bit­ten um Spenden unter dem Stich­wort »Notwehr«:

Spendenkon­to 3813100

Opfer­per­spek­tive

Bank für Sozialwirtschaft

Blz 10020500

Alle Hin­ter­grund­in­for­ma­tio­nen zu dem Fall und Mate­ri­alien für die Spendenkam­pagne hat die Opfer­per­spek­tive auf ein­er neuen Web­site veröf­fentlicht: www.notwehrfonds.de – Dort kann auch online gespendet werden.

Unter­stützung erhält der Aufruf unter anderen von der Inte­gra­tions­beauf­tragten der Stadt Pots­dam und der Aus­län­der­seel­sorg­erin der Evan­ge­lis­chen Kirche in der Lan­deshaupt­stadt. Auf www.notwehrfonds.de haben die ersten Spenderin­nen und Spender begrün­det, weshalb sie den Notwehr­fonds unterstützen:

Die Gen­er­al­su­per­in­ten­dentin der Evan­ge­lis­chen Kirche Heil­gard Asmus, Vor­sitzende des Aktions­bünd­niss­es gegen Gewalt, Recht­sex­trem­is­mus und Frem­den­feindlichkeit, schreibt, es sei »besorgnis­er­re­gend, dass aus­ländis­che Mit­bürg­er auch in ihrem Zuhause nicht vor Ras­sis­mus sich­er sein kön­nen.« Sie bit­tet alle Bürg­erin­nen und Bürg­er, die Kam­pagne zu unterstützen.

Der Pots­damer Diakonie-Geschäfts­führer Mar­cel Kankarow­itsch sieht in dem Urteil gegen Musa E. ein »fatales Sig­nal«, weil es so wirke, »als ob es kein Unrecht sei, Migranten zu bedro­hen.« Andrea Würdinger, die Vor­sitzende des Repub­likanis­chen Anwaltsvere­ins, will spenden, damit eine Kor­rek­tur des Urteils gegen Musa E. nicht daran scheit­ert, »dass er als Hartz IV-Empfänger keinen Anwalt bezahlen kann.«

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Urteil im Mordprozess: Gericht bestätigt rechtsextremes Motiv

Neu­rup­pin — Am Dien­stag, den 5. Mai verkün­dete Gert Weg­n­er, Vor­sitzen­der Richter am Landgericht Neu­rup­pin, das Urteil im Tem­plin­er Mord­prozess. Die Kam­mer
sprach nach zwölf Ver­hand­lungsta­gen den Angeklagten Sven P. des Mordes
schuldig und verurteilte ihn zu ein­er Jugend­frei­heitsstrafe von zehn
Jahren. Der Mitangeklagte Chris­t­ian W. wurde der Bei­hil­fe zum Mord durch
Unter­lassen für schuldig befun­den und erhielt eine Gesamt­frei­heitsstrafe
von neun Jahren und drei Monaten.

Das Gericht sah es als erwiesen an, dass die bei­den jun­gen Män­ner den
55-jähri­gen Fam­i­lien­vater Bernd K. in der Nacht vom 21. zum 22. Juli
2008 bru­tal mis­shan­delt und zu Tode geprügelt hat­ten, weil sie ihn
auf­grund seines sozialen Sta­tus als Alko­ho­lik­er ver­achteten. Das »völ­lig
wehrlose« Opfer sei nicht zufäl­lig gewählt wor­den, so das Gericht;
vielmehr habe das »neon­azis­tis­che Men­schen­bild« der Täter eine wichtige
Rolle gespielt. Der Haupt­täter Sven P. habe zudem aus Mord­lust gehandelt.

Bis zum Schluss hat­te die Vertei­di­gung in Abrede gestellt, dass die
recht­sex­treme Ein­stel­lung der Täter Ursache für die bru­tale Tat gewe­sen
sein kön­nte. Die neon­azis­tis­che Überzeu­gung der Bei­den hat­ten sie
verniedlichend als »ver­queres Welt­bild« beze­ich­net. Wie die Kam­mer das
Motiv der Tat bew­erten würde, war während des Ver­fahrens nicht abse­hbar.
Zwis­chen­zeitlich hat­te der Vor­sitzende Richter geäußert, er könne kein
recht­sex­tremes Tat­mo­tiv erken­nen, son­dern gehe von ein­er »typ­is­chen Tat
im Trinker­m­i­lieu« aus.

Urteilsbegründung:

Mit der Urteils­be­grün­dung schloss sich das Gericht weit­ge­hend der
Argu­men­ta­tion von Staat­san­waltschaft und Neben­klage an: Bernd K. wurde
grausam mis­shan­delt und getötet, weil die Täter sich als Her­ren über
Leben und Tod auf­spiel­ten und sich anmaßten, sein Leben als
»min­der­w­er­tig« und »ver­acht­enswert« zu betra­cht­en. Dass Chris­t­ian W. in
den Monat­en vor der Tat ein kumpel­haftes Ver­hält­nis zum Opfer gehabt
hat­te, erscheint nur auf den ersten Blick wider­sprüch­lich. Solange er
sich durch den Kon­takt Vorteile erhoffte – Bernd K. schenk­te ihm unter
anderem ein Fahrrad und teilte Alko­hol mit ihm –, hat­te er nichts gegen
ihn einzuwen­den. Aber schon auf dem Weg zur Werk­statt, in der die Tat
verübt wurde, zeigte sich die tiefe Mis­sach­tung der Per­son des Bernd K.
Chris­t­ian W. war es, der ihn mit ein­er, so das Gericht, »erstaunlichen
Men­schen­ver­ach­tung« als »Pen­ner« und »alten Sack« beschimpfte, mit einem
Tier gle­ich­set­zte und vor sich her trieb.

Während der Mis­shand­lun­gen – über 30-mal soll Sven P. in das Gesicht des
Opfers getreten haben – sah Chris­t­ian W. keinen Grund, sich schützend
vor ihn zu stellen. Ob er sich selb­st in größerem Maße aktiv an der
Gewalt beteiligte, bleibt aus Sicht des Gerichts ungek­lärt. Zugegeben
hat­te er lediglich zwei Schläge und Tritte.

Für die Hin­terbliebe­nen war es erle­ichternd, dass der Prozess nach
vie­len Verzögerun­gen endlich zu Ende ging. Dass die Mor­dan­klage gegen
Chris­t­ian W. fall­en gelassen wurde, bleibt für die Fam­i­lie
unver­ständlich. Angesichts dessen, dass der Fall in den Medi­en und
teil­weise auch vor Gericht als »Schlägerei unter Saufkumpa­nen«
dargestellt wurde, ist die Bedeu­tung, die der neon­azis­tis­chen
Ein­stel­lung der Täter in der Urteils­be­grün­dung beigemessen wurde, von
großer Wichtigkeit.

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Bernd K. : Es gab ein Leben vor dem Tod

Tem­plin — Bernd Ks. Leben ver­lief neben den Schlagzeilen. Erst sein Tod brachte ihn kurzzeit­ig in die Medi­en, machte ihn zum sen­sa­tion­strächti­gen Opfer rechter Gewalt. Erst sein Tod ließ ihn obdach­los wer­den, machte ihn zum arbeit­slosen Alko­ho­lik­er – oder pro­sais­ch­er – zu einem, der am Rande der Gesellschaft lebte. Es passte so schön ins jour­nal­is­tis­che Welt­bild: Zwei Ange­hörige der recht­en Szene Tem­plins töten einen Obdachlosen auf bru­tal­ste Weise. Sie haben ihn zertreten wie man Ungeziefer zer­tritt. Während des Prozess­es um diesen Mord wurde viel über sein Ster­ben gesprochen aber nie über sein Leben.

Hier wohnt Stip­pi“ ste­ht noch heute an der Tür zur ehe­ma­li­gen Böttcher­w­erk­statt seines Vaters, die er Mitte der 90er Jahre von den Geschwis­tern gekauft hat­te. Hier hat­te ihn am frühen Mor­gen des 22. Juli 2008 sein Kumpel Uwe L. auf der Suche nach Alko­hol tot aufge­fun­den. Zu Tode getreten von zwei jun­gen Män­nern. Der eine, Chris­t­ian W., war bere­its am Vor­abend mit Bernd K. unter­wegs und hat­te mit ihm ein paar Bier getrunk­en, der andere, Sven P., stieß zufäl­lig hinzu.

 

Dort drin­nen haben wir immer Ver­steck­en und Fan­gen gespielt. Und Ostereier gesucht,“ erin­nert sich Bernd Ks. Schwest­er Wal­traud. Die 64-jährige res­olute kleine Frau beschreibt die Werk­statt des Vaters als einen Spielplatz sein­er Kind­heit. Nur wenige Schritte ent­fer­nt, an der Müh­len­straße im Wohn­haus der Fam­i­lie, hätte er eigentlich zur Welt kom­men sollen, wenn während der Schwanger­schaft keine Kom­p­lika­tio­nen aufge­treten wären.

Wir Geschwis­ter sind ja alle zu Hause geboren wur­den“, erk­lärt Wal­traud K., „nur bei Stip­pi war das anders. Unsere Mut­ter musste ins Kranken­haus. Sie wäre fast bei der Geburt getorben.”

Am 27. Juli 1952 wurde Bernd K. geboren. Er war das achte Kind, dazu ein Nachzü­gler, ein Nesthäkchen, Liebling der Mut­ter, und der Geschwis­ter, Stip­pi eben. „So hieß er von Anfang an“, bestätigt die Schwest­er. Der Vater habe ihn nicht so gemocht, ergänzt sie: „Weil unsere Mut­ter ihn immer ver­hätschelt hat.“

Wil­helm Pieck, der Präsi­dent der DDR, wurde sein Pate, und der Staat schenk­te ihm ein Spar­buch mit 100 Mark, die er zu seinem 18. Geburt­stag abheben durfte.

Über die Schulzeit weiß die Schwest­er wenig zu bericht­en. Acht Jahre besuchte er die Poly­tech­nis­che Ober­schule in Tem­plin. „Er hätte auch zehn geschafft. Aber er kon­nte die Lehrerin nicht lei­den. Da ist er lieber in die Lehre.“

Er machte seinen Fachar­beit­er für Melo­ration. Er wurde ein­er, der in der Entwässerung tätig war. Ein Bag­ger­führer, und zwar ein geschick­ter. „Er war mit seinem Seil­bag­ger genau­so schnell wie die Kol­le­gen mit den mod­er­nen Hydraulikgeräten.“ erin­nert sich der Schwa­ger. „16 Jahre hat er dort gut Arbeit gemacht.“

Bernd K. wohnte weit­er im elter­lichen Haus. „Er wohnte in Sper­lingslust“, schmun­zelt die Schwest­er, „Hier oben direkt unterm Dach.“

1971 musste er zum Mil­itär­di­enst. Er durfte der DDR in der Nähe Neubran­den­burgs dienen, indem er das Rollfeld des Mil­itär­flughafens Trol­len­hagen fegte. „Da habe ich ihm ein­mal im Monat ein Päckchen geschickt. Gut darin ver­steckt immer eine kleine Flasche Schnaps. Das war ja verboten.“

Nach dem Mil­itär besorgte er sich eine MZ. „Unsere Mut­ter hat ihm dafür das Geld geliehen“, weiß die Schwest­er zu bericht­en „Aber er hat in Rat­en zurück­gezahlt.“ Viele Rat­en musste er allerd­ings nicht zurück­zahlen. Öfters ging es am Woch­enende nach Boitzen­burg in die Diskothek, den Fre­und auf dem Soz­ius. Es wurde gefeiert, getanzt und gesof­fen. „In der Woche hat er nie gesof­fen, höch­stens ein Feier­abend­bier getrunk­en“, erk­lärt Wal­traud K. „Aber an den Woch­enen­den, da ging es immer rund.“

Ein­mal war es ein zu kurz­er Schlaf in ein­er Sche­une. Die Fahrt endete im Graben. K. blieb unver­let­zt, der Fre­und starb zwei Wochen später im Kranken­haus. Bernd K. musste für zwei Jahre ins Gefäng­nis. Der Vater verkaufte das Motor­rad, ohne seinen Sohn zu fragen.

Gear­beit­et hat­te er in diesen zwei Jahren in der Häftlings­bri­gade im Stahlw­erk Riesa. Er hat­te es sog­ar zum Brigadier gebracht. Die Truppe arbeit­ete gut. Ihm wurde Bewährung ange­boten. „Das wollte er nicht“, sagt die Schwest­er bes­timmt. „Er wollte die Strafe ver­büßen und danach seine Ruhe haben.“

 

Anfang der 80er fing er an, im Vere­in Tis­chten­nis zu spie­len. Er war nicht schlecht, kämpfte um die Kreis­meis­ter­schaft. Später trainierte er die Jugend­mannschaft. Er fotografierte gern, entwick­elte die Fotos sog­ar selb­st. Er trank aber auch weit­er Alkohol.

1987 wech­selte er als Kraft­fahrer in das Getränkekom­bi­nat. Er wurde Bierkutsch­er. Wann das Trinken in Abhängigkeit umschlug, lässt sich heute nicht mehr klären. Als er 1988 einem Magen­durch­bruch erlitt kam er nur knapp mit dem Leben davon.

Er hat­te riesige Schmerzen, hat­te ja schon Blut im Stuhl. Dann habe ich einen Arzt geholt. Der hat ihn sofort eingewiesen.“ Wal­traud K. erin­nert sich, das sie nach der Oper­a­tion von einem Arzt stark gerüf­felt wurde. „Der war richtig zornig und brüllte mich an. Warum nie­mand gesagt habe, dass ihr Brud­er Alko­ho­lik­er sei.“ Bernd K. hat­te im Kranken­z­im­mer ran­daliert. Die Ärzte erzwan­gen den kalten Entzug. Nie­mand aus seinem Umfeld hat­te das bis dahin gemerkt, dass er alko­ho­lab­hängig war.

Bernd K. war wed­er nüchtern noch betrunk­en aggres­siv. Er wird als fre­undlich­er und lustiger Men­sch geschildert, der sich zurück­zog, wenn es Stre­it gab.

 

Ein Jahr später ver­liebten sich Bernd K. und Car­o­la G. ineinan­der. „Seine gan- ze Art war liebenswert und fre­undlich,“ beschreibt die Witwe Car­o­la K. seine Wesen. Sie zog zu ihm in die Müh­len­staße. Von Alko­hol bemerk­te sie nichts. „Ein Feier­abend- bier, mehr nicht.“ Zwei Töchter, Sarah und Stel­la, wur­den geboren. 1994 heirateten die Bei­den im eng­sten Fre­un­deskreis. „Sein­er Fam­i­lie hat­ten wir nichts davon gesagt“, erin­nert sich die Ehe­frau an den Tag der Hochzeit. “Er ging ein­fach hoch zu Trau­di und sagte, ihr braucht keinen Kaf­fee zu kochen. Der Tisch ist bei uns schon gedeckt. Wir haben uns heute zusam­men­schreiben lassen.“ Nach der Geburt der zweit­en Tochter zog die Fam­i­lie aus der Müh­len­straße aus.

Die Wende brachte das Ende der Kom­bi­nate. Bernd K. wollte mehr Geld ver­di­enen. Er fand eine Anstel­lung als Bau­mas­chin­ist. Bis 2000 hat­te er regelmäßig Arbeit. Danach war er mit kurzen Unter­brechun­gen ständig arbeitslos.

Ohne die Arbeit fing er an, mehr zu trinken. Es war ein schle­ichen­der Prozess,“ erin­nert sich Car­o­la K: „Später bin ich immer durch Tem­plin gefahren und habe ihn gesucht.“ Unzäh­lige Male hat­te sie ihn betrunk­en aufge­le­sen und nach Hause gebracht. Falls die Polizei ihn nicht schon vorher gefun­den hat­te. Drei Mal war er in den fol­gen­den Jahren im Entzug. „Er hat sich immer geweigert, eine Ther­a­pie zu machen“, erzählt Car­o­la K. „Ich lass mir doch mein Bier nicht nehmen, war dann sein Standardsatz.“

Ein Jahr vor seinem Tod löste er seine Lebensver­sicherung auf. Von dem Geld kaufte er sich eine Tis­chten­nis­plat­te, Fotoap­pa­rate und zwei Fahrräder. Es wirk­te wie ein Ver­such, die Erin­nerung an eine schönere Zeit wachzuhal­ten. Vielle­icht war es auch ein Ver­such, dem Leben wieder einen Sinn zu geben. Doch seine Saufkumpa­nen ließen das nicht zu. Die Tis­chten­nis­plat­te war sofort aus der Werk­statt ver­schwun­den. Zwei Fotoap­pa­rate und ein Fahrrad taucht­en nie wieder auf. Und das verbliebene Rad fis­cht­en die Polizis­ten kurze Zeit nach dem Mord aus dem Kanal.

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Rathenower NPD-Chef soll Fußballfan geschlagen haben

Rathenow — Seit dem 06. Mai 2009 ste­ht Mar­cel H., Ex-Vor­sitzen­der des NPD-Stadtver­ban­des Rathenow, wegen des Ver­dachts der Kör­per­ver­let­zung vor dem Amts­gericht Rathenow. Er soll am 25. Mai 2008 einen afrodeutschen DFB-Fan mit der Faust ins Gesicht geschla­gen haben. Wie die Opfer­per­spek­tive berichtet, habe der Fußball­fan mit anderen Jugendlichen den Einzug der deutschen Mannschaft in das Europameis­ter­schafts­fi­nale gefeiert. Mar­cel H. musste nach dem Angriff, der sich während des Kom­mu­nal­wahlkampfes ereignete, von seinem NPD-Posten zurücktreten.

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Geschenktem Gaul ins Maul geschaut

Brüs­sow — Der geschenk­te Gaul wäre wohl zu stör­rig gewe­sen. Anders kann man es sich nicht erk­lären, dass die Mit­glieder des Amt­sauss­chuss­es im Amts­bere­ich Brüs­sow in der let­zten Woche das Ange­bot des „Lokalen Aktion­s­planes Uck­er­mark“ (LAP) ein­stim­mig abgelehnt haben, eine im Rah­men des Bun­de­spro­gramms „Jugend für Vielfalt, Tol­er­anz und Demokratie – gegen Recht­sex­trem­is­mus, Frem­den­feindlichkeit und Anti­semitismus“ finanzierte Sozial­rau­m­analyse im Bere­ich Brüs­sows durchzuführen.

Lei­der blieben die Gründe für diese Ablehnung bis jet­zt im Dunkeln. Während der Amt­sauss­chuss­sitzung gab es nur wenige Wort­mel­dun­gen zu diesen The­ma: Amts­di­rek­tor Neu­mann teilte mit, dass die Stadt Tem­plin eine Sozial­rau­m­analyse mit Unter­stützung des LAP Uck­er­mark durch Wis­senschaftler der Uni­ver­sität Pots­dam durch­führen lassen wird. Der Vor­sitzende des Amt­sauss­chuss­es Joachim Vöcks erläuterte, dass man ja schon alles in der Bürg­er­meis­ter­runde bere­det habe. „Wir brauchen keine Sozial­rau­m­analyse,“ war eine weit­ere Wort­mel­dung. Zulet­zt gab es noch die Frage, wer denn Zugriff auf das Ergeb­nis der Analyse habe? Antwort: Alle. Danach wurde ein­stim­mig abgelehnt.

Hin­ter­gründe

Im Begleitauss­chuss des LAP Uck­er­mark, ein Unter­auss­chuss des Kreistages, der über die Ver­gabe der Fördergelder im Rah­men des Bun­de­spro­grammes entschei­det, war man übere­in gekom­men, 50 Prozent der Gelder im Jahr 2009 für Sozial­rau­m­analy­sen bere­it zu stellen. Dabei hat­te man zwei Gebi­ete der Uck­er­mark im Auge, die im let­zen Jahr Beson­der­heit­en aufwiesen.

Auf der einen Seite Tem­plin, das in den Jahren 2007 und 2008 von eine Welle rechter Gewalt über­spült wurde und erste einen Mord brauchte, um wachgerüt­telt zu wer­den. Auf der anderen Seite das Gebi­et ent­lang der Randow im Nor­dosten der Uck­er­mark, das bei den Kreistagswahlen im Herb­st let­zten Jahres durch hohe Stim­man­teile für die NPD auf sich aufmerk­sam gemacht hat­te. In Wollin, einem Ort­steil der Gemeinde Randow­tal, hat­te es die NPD auf 34 Prozent gebracht. Dazu war dort der Recht­sex­trem­ist Christoph Ziese als Wahlleit­er im örtlichen Wahllokal einge­set­zt worden.

Der zweite extreme Wert waren die 19,4 Prozent für die NPD im Brüs­sow­er Ort­steil Bagemühl. Dort hat­te ein pol­nis­ch­er Investor die Dor­f­gasstätte über­nom­men, ren­oviert und einige Arbeit­splätze geschaffen.

Diskus­sion

Als Reak­tion auf den im Ver­hält­nis zur gesamten Uck­er­mark hohen NPD Stim­man­teil beschloss die neu gewählte Stadtverord­neten­ver­samm­lung von Brüs­sow eine Res­o­lu­tion gegen Frem­den­feindlichkeit und begrüßte den Zuzug pol­nis­ch­er Bürg­er. Während der Diskus­sion um den Res­o­lu­tion­s­text war man sich sehr uneinig über die Ursache der vie­len NPD Stimmen.

Während einige Leute auf die polen­feindliche Wahl­pro­pa­gan­da der NPD hin­wiesen: „Zunehmend find­et beson­ders in den gren­z­na­hen Regio­nen zu Polen ein geziel­ter Bevölkerungsaus­tausch statt, indem jun­gen deutschen Arbeit­slosen anger­at­en wird, in die west­lichen Bun­deslän­der oder gar ins Aus­land zu gehen, um Arbeit zu bekom­men, gle­ichzeit­ig wer­den vor­wiegend pol­nis­che Arbeitssuchende in diesen Gebi­eten ange­siedelt.“ gin­gen andere Stadtverord­nete zu ein­er beispiel­losen Wäh­lerIn­nenbeschimp­fung über: Die NPD-Wäh­ler seien ja zu blöd, ihren Namen zu schreiben. Aus gle­ichem Munde kam aber auch die Behaup­tung: Die NPD Wäh­ler seien alles nur Protest­wäh­ler. Den Wider­spruch zwis­chen diesen bei­den Aus­sagen wollte man allerd­ings nichts erkennen.

Abtauchen

Über die Ursachen, warum denn die Randowre­gion im Ver­hält­nis zur gesamten Uck­er­mark dop­pelt so viele Schrei­bunkundi­ge oder dop­pelt so viele Protest­wäh­ler hat, wollte und will man bei den Brüs­sow­er Stadtverord­neten von Die Linke, SPD und CDU bess­er nicht nach­denken oder nach­forschen. Denn son­st hätte man ja das Ange­bot ein­er fremd­fi­nanzierten Sozial­rau­m­analyse mit Kuss­hand angenommen.

Im Amts­bere­ich Gram­zow, zu dem die Gemeinde Randow­tal gehört, gab es im Amt­sauss­chuss eine ähn­lich ablehnende Hal­tung zum The­ma Sozialraumanalyse.

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Arbeit & Soziales

15 Jahre Carpe Diem Besetzung

Frankfurt/Oder — Vor nun mehr 15 Jahren wurde in Frank­furt (Oder) das Carpe Diem beset­zt, ein Anlaß einen Blick zurück zu werfen.

Mit der Beset­zung des Kießling­haus­es am 1. Mai 1994, woll­ten Jugendliche und junge Erwach­sene der Stadt, auf die unbe­friedi­gende Lage im Bere­ich der offe­nen Jugen­dar­beit und der Kul­tur­ar­beit in Frank­furt (Oder) hinweisen.

Es wur­den eine Bar, ein dro­gen­freies Info­café und Proberäume ein­gerichtet. Zeitweise lebten bis zu 35 Bewohner­In­nen zwis­chen 16 und 26 Jahren im Haus.

Am 29.06.1994 grün­dete sich der Vere­in „Carpe Diem“, um einen Schritt in Rich­tung Legal­isierung der Beset­zung zu gehen.
Ziel und Auf­gabe von Carpe Diem sollte es sein Wohn- und Kul­tur­raum zu schaf­fen und soziokul­turelle und koop­er­a­tive Pro­jek­te zu unterstützen.

Am zweit­en Juli Woch­enende 1994 fand ein erstes Straßen­fest statt, welch­es sehr pos­i­tiv­en Anklang in den Medi­en fand.
Bei den Ver­hand­lun­gen mit der Stadt Frank­furt (Oder) und der Eigen­tümerin des Haus­es, der Deutschen Bahn AG, stellte sich schnell her­aus, dass die VertreterIn­nen der Bahn kein Inter­esse an ein­er für alle Seit­en annehm­baren Lösung hat­ten. Sie behar­rten auf einem Verkauf des baufäl­li­gen Objek­tes für rund 1,3 Mio. D‑Mark.

Im Herb­st 1995 hieß es, dass die deutsche Bahn AG einen Investor gefun­den hat.
Am 15.11.1995 wurde das Haus ver­lassen.
Von der Wowi wur­den Ersatz­woh­nun­gen ange­boten und von Teilen der Beset­zerIn­nen bezogen.

Am 1.05.1996 fand zum zweit­en Jahrestag der Beset­zung des Kießling­haus­es, auf dem Hin­ter­hof des Gebäudes eine Par­ty statt, die Polizei räumte das Gelände und nahm zwei Per­so­n­en fest.

14 Jahre nach der Räu­mung des Kießling­haus­es denkt die Bahn als Eigen­tümerin immer noch nicht daran, in die Instand­set­zung des Haus­es zu investieren, der oft ver­sproch­ene Investor ist bis heute nicht in Sicht…

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(Anti-)Rassismus Law & Order

Überfall auf Gubener Stadtfest: Ein Angreifer zu Bewährungsstrafe verurteilt

Guben — Rund 50 Neon­azis hat­ten im Jahr 2006 auf dem Stadt­fest in Guben Besuch­er ange­grif­f­en und teil­weise erhe­blich ver­let­zt. Drei Jahre später ist ein­er der recht­sex­tremen Täter zu sieben Monat­en Haft auf Bewährung verurteilt wor­den. Wie der rbb berichtet, habe das Amts­gericht Guben den 23-Jähri­gen für schuldig befun­den, sein Opfer mit dem Kopf gegen einen Imbiss­stand gestoßen und ver­let­zt zu haben. Die Anklage lautete auf gemein­schaftliche Kör­per­ver­let­zung, da der Täter aus ein­er Gruppe von etwa 50 Neon­azis her­aus han­delte. Ein 27-jähriger Mann wurde aus Man­gel an Beweisen freigesprochen.

Zu dem Über­fall war es im Jahr 2006 beim Guben­er Stadt­fest gekom­men. Der 23-Jährige hat­te dem Bericht zufolge die Attacke zugegeben. Sie galt als Aus­lös­er für die gesamte Gruppe, über andere Besuch­er herz­u­fall­en. Auch her­beigerufene Polizeibeamte kon­nten gegen die Über­ma­cht der Neon­azis nichts aus­richt­en. Der Prozess hat­te im März begonnen. Zahlre­iche Zeu­gen sagten aus, sie kön­nten sich ange­blich nicht mehr an Details des Über­fall­es erinnern.

Kein Prob­lem in Guben?

Im Mai 2006, als im Vor­feld der Fußball­welt­meis­ter­schaft über “No go-areas” in Ost­deutsch­land disku­tiert wurde, hat­te der Guben­er Bürg­er­meis­ter Hüb­n­er (FDP) nach Angaben der Opfer­per­spek­tive erk­lärt, in Guben gebe es keine Prob­leme mit Rechtsextremismus.

Nur weniger Tage später erfuhr eine Gruppe alter­na­tiv­er Jugendliche am eige­nen Leib das Gegen­teil. Als sie das Stadt­fest besucht­en, wur­den sie von ein­er Gruppe von etwa 50 Recht­sex­tremen unter anderem als “Scheiß-Zeck­en” belei­digt und geschub­st. Dann schlu­gen und trat­en die Angreifer auf die Jugendlichen ein und jagten sie über den Fest­platz. Dabei wur­den einige der Betrof­fe­nen erhe­blich ver­let­zt; zwei Per­so­n­en mussten sta­tionär im Kranken­haus behan­delt wer­den. Die Geschädigten schilderten den Ein­druck, dass auch nach dem Vor­fall Repräsen­tan­ten der Stadt bemüht gewe­sen seien, den Vor­fall zu verharmlosen.

Inforiot