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Antifaschismus

AfD-Seminar mit Neonazi-Referent

INFORIOT Dank ihrer Wahler­folge wird die Bun­des-AfD bald eine parteina­he Stiftung ein­richt­en und dafür Staats­gelder in Anspruch nehmen kön­nen. Etliche AfD-Leute  wollen dabei sein, wenn eine solche, auch finanziell lukra­tive Stiftung etabliert wird. Dementsprechend gibt es Stre­it: Gle­ich drei AfD-Vere­ine liegen miteinan­der im Clinch und beanspruchen jew­eils den Stiftungssta­tus für sich.
AfD-Stiftungsvere­in mit Räu­men in Falkensee
Neben der “Desiderius-Eras­mus-Stiftung” gilt ins­beson­dere die “Akademis­che Eras­muss­tiftung” mit Adresse in Falkensee als aus­sicht­sre­iche Kan­di­datin. Über die Grün­dung, die im Juni 2017 in Berlin erfol­gte, informierte die Stiftung, die als Sitz Pots­dam angibt, erst im Sep­tem­ber. Vor­standsvor­sitzende ist Vic­to­ria Tuschik, Jus­tiziarin der AfD-Land­tags­frak­tion in Sach­sen-Anhalt. Als Schatzmeis­ter fungiert der bran­den­bur­gis­che AfD-Land­stagsab­ge­ord­nete Rain­er van Raem­don­ck. Als bran­den­bur­gis­che Vor­stands­beisitzer wer­den der AfD-Land­tagsab­ge­ord­nete Thomas Jung sowie Lena Duggen genannt.

Rainer van Raemdonck (links im Bild) bei einer AfD-Kundgebung mit Björn Höcke im September in Potsdam - AfD-Landtagsabgeordneter, Schatzmeister der "Akademischen Erasmusstiftung" sowie Vorstansvorsitzender der "Erasmus-Stiftung Brandenburg"
Rain­er van Raem­don­ck (links im Bild) bei ein­er AfD-Kundge­bung mit Björn Höcke im Sep­tem­ber in Pots­dam — AfD-Land­tagsab­ge­ord­neter, Schatzmeis­ter der “Akademis­chen Eras­muss­tiftung” sowie Vorstans­vor­sitzen­der der “Eras­mus-Stiftung Brandenburg”

Eine “Eras­mus-Stiftung Bran­den­burg”, offenkundig als Unter­gliederung konzip­iert, grün­dete sich bere­its im Juli 2017. Hier ist van Raem­don­ck Vor­standsvor­sitzen­der. Als Anschrift dient dieselbe Adresse in Falkensee wie die der bun­desweit­en “Akademis­chen Eras­muss­tiftung” — bei Google wird diese Adresse als Ferien­woh­nung von van Raem­don­ck aus­gewiesen. Ehren­vor­sitzen­der ist Kon­rad Adam. Ver­schiedene bran­den­bur­gis­che AfD-Poli­tik­erIn­nen haben weit­ere Funk­tio­nen inne: Lena Duggen ist “Gen­er­alsekretärin”, stel­lvertre­tende Vor­sitzende sind Franz Wiese und Detlev Frye.
Steffen Kotré (brandenburgisches AfD-Bundestagsmitglied und "Extremismusexperte") und Lena Duggen, (3.v.l., Generalsekretärin der "Erasmus-Stiftung Brandenburg") bei einer AfD-Kundgebung mit Björn Höcke im September in Potsdam
Stef­fen Kotré (4. v.l., bran­den­bur­gis­ches AfD-Bun­destagsmit­glied und “Extrem­is­mu­s­ex­perte”) und Lena Duggen, (Gen­er­alsekretärin der “Eras­mus-Stiftung Bran­den­burg”) bei ein­er AfD-Kundge­bung mit Björn Höcke im Sep­tem­ber in Potsdam

Extrem­is­mu­s­ex­perten und lib­erale Geister

Die Stiftung will entsprechend der eige­nen Überzeu­gun­gen auf die poli­tis­che Bil­dung in Bran­den­burg Ein­fluss nehmen — man sei “lib­er­al und kon­ser­v­a­tive”. Über den Stiftungs-Namensge­ber wird geschrieben: “Eras­mus war ein Geg­n­er von Dog­men und ein Anwalt der Frei­heit. Er war ein Mann, der in wirren Zeit­en einen klaren Kopf behielt; den brauchen wir auch.”
An der Stiftungsadresse in Falkensee soll offen­bar Infra­struk­tur aufge­baut wer­den. Derzeit wird dort ein “Geschäftsstel­len­man­ag­er” in Vol­lzeit gesucht. Auch “Ref­er­enten auf Hon­o­rar­ba­sis” sollen sich melden. Als mögliche The­men­felder wer­den beispiel­sweise vorgeschla­gen: “Islam (Gefahr für die Nicht-Islamis­chen-Län­der), Koransuren, Scharia in Deutsch­land u.a.)” sowie “Extrem­is­mus in Brandenburg”.
Screenshot: Bericht der "Akademischen Erasmusstiftung" über Veranstaltung in Potsdam
Screen­shot: Bericht der “Akademis­chen Eras­muss­tiftung” über Ver­anstal­tung in Potsdam

Screenshot: Seminarprogramm der Brandenburger AfD-Stiftung
Screen­shot: Sem­i­narpro­gramm der Bran­den­burg­er AfD-Stiftung

Einige Ver­anstal­tun­gen hat die bran­den­bur­gis­che AfD-Stiftung bere­its real­isiert. Der “Link­sex­trem­is­mus- und Islam­ex­perte Stef­fen Kotre” — mit­tler­weile über die Bran­den­burg­er Lan­desliste gewählter Bun­destagsab­ge­ord­neter — referierte am 20. April über das The­ma “Gehört der Islam zu Deutsch­land”. Bei ein­er Fach­ta­gung beleuchtete ein James Edward Gay unter dem Mot­to “Great Again” den “Ein­fluss von Don­ald Trump auf die Poli­tik in Bran­den­burg”. Bei einem “Human Rights Con­gress” Anfang Okto­ber sprach dann der emer­i­tierte Staat­srechtler und neurechte Aktivist Karl Albrecht Schachtschnei­der — ein Intimus der recht­sradikalen Pub­lizis­ten Götz Kubitschek und Jür­gen Elsäss­er und gewohn­heitsmäßiger Ein­re­ich­er von Ver­fas­sungs­beschw­er­den. Über die Ver­anstal­tung wurde auf der Inter­net­seite der Bun­dess­tiftung berichtet und als Aus­tra­gung­sort das “Haus der Bran­den­bur­gisch-Preußis­chen Geschichte” in Pots­dam benannt.
Sem­i­nar mit recht­sex­tremem Referenten
Beson­ders eine Ver­anstal­tung vom 21. Sep­tem­ber illus­tri­ert, mit welchen “lib­eralen und kon­ser­v­a­tiv­en” Inhal­ten bei ein­er AfD-Stiftung zu rech­nen ist. In den Räu­men der Stiftung in Falkensee hielt der Diplom­poli­tologe Michael Schäfer ein Sem­i­nar über “Wahlrecht in Deutsch­land (Wahlbeobach­tung)” ab. Der gle­iche Ref­er­ent redete zum The­ma Wahlbeobach­tung genau in diesem Zeitraum bei mehreren Ver­anstal­tun­gen für eine entsprechende Kam­pagne der recht­sradikalen Organ­i­sa­tion “Ein­Prozent”. Grundgedanke war das Hirnge­spinst, das bei den Bun­destagswahlen mit einem mas­siv­en, von oben gestreuerten Wahlbe­trug zuun­gun­sten der AfD zu rech­nen sei.
Michael Schäfer bei einer "EinProzent"-Veranstaltung zur Wahlbeobachtungs-Kampagne im September in Lauchhammer (Screenshot von fuxenrot.noblogs.org)
Michael Schäfer bei ein­er “EinProzent”-Veranstaltung zur Wahlbeobach­tungs-Kam­pagne im Sep­tem­ber in Lauch­ham­mer (Screen­shot von fuxenrot.noblogs.org)

Neonazi-Aktivist Michael Schäfer 2012 (rechts im Bild, Screenshot von lsa-rechtsaussen.net)
Neon­azi-Aktivist Michael Schäfer 2012 (rechts im Bild, Screen­shot von lsa-rechtsaussen.net)

Zur AfD und ihrer Parteis­tiftung mag deren Ref­er­ent Michael Schäfer passen, es darf aber get­rost infrage gestellt wer­den, dass er ein lib­eraler Geist und ein “Anwalt der Frei­heit” ist: Der Mann war bis vor kurzem knall­har­ter Neon­azi und ist weit­er­hin in recht­sex­tremen Kreisen unter­wegs. 2015 teilte er mit, kein Mit­glied ein­er poli­tis­chen Partei mehr zu sein. Vorher war er langjähriger Funk­tionär der NPD und unter anderem von 2007 bis 2012 Bun­desvor­sitzen­der der beson­ders mil­i­tan­ten NPD-Jugen­dor­gan­i­sa­tion “Junge Nation­aldemokrat­en”. Noch im April 2017 besuchte er einen Faschis­tenkongress in Italien.
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Sonstiges

Neuruppin: Proteste gegen AfD-Kundgebung mit Björn Höcke

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Am Don­ner­stagabend protestierten unge­fähr 100 Men­schen in Hör- und Sichtweite gegen eine Kundge­bung der ver­meintlichen „Alter­na­tive für Deutsch­land“ (AfD) in Neu­rup­pin (Land­kreis Ost­prig­nitz-Rup­pin). Die Proteste wur­den vor allem von der regionalen Zivilge­sellschaft getra­gen. Ver­anstal­ter war die Ini­tia­tive „Neu­rup­pin bleibt bunt“, unter­stützt vom „Aktions­bünd­nis Bran­den­burg“. Auch Mit­glieder von „Bünd­nis 90 – Die Grü­nen“ und der Partei „DIE.LINKE“, darunter die Bun­destag­sor­d­nete und Bran­den­burg­er stel­lvertre­tende Lan­desvor­sitze Dr. Kirsten Tack­mann. Die recht­spop­ulis­tis­che „Alter­na­tive für Deutsch­land“ hat­te ihrer­seits unge­fähr 110 Sym­pa­thisierende nach Neu­rup­pin mobil­isiert, davon allein ca. 40 Per­so­n­en aus dem benach­barten Land­kreis Havel­land. Grund für die, für Neu­rup­pin­er Ver­hält­nisse, starke Fre­quen­tierung ein­er Ver­samm­lung der blauen Partei, war ver­mut­lich der angekündigte Auftritt des umstrit­te­nen Thüringis­chen AfD-Frak­tionsvor­sitzen­den Björn Höcke. Darüber hin­aus nutzte aber auch der lokale Partei­funk­tionär Michael Nehls die Ver­samm­lung, um für seine Bun­destagskan­di­datur zu werben. 
Wahlkampf mit dumpfen Parolen

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Michael Nehls wirbt auf seinen Wahlplakat­en auch mit Slo­gans, die an NPD Forderun­gen erinnern

Auch wenn sich die AfD im All­ge­meinen als „bürg­er­lich“ sieht oder gegebe­nen­falls als „bürg­er­lich patri­o­tisch“, wie Björn Höcke am Don­ner­stagabend in Neu­rup­pin, nutzen einzelne Funk­tionäre immer wieder Slo­gans, die neon­azis­tis­chen Organ­i­sa­tio­nen, wie der NPD, ähneln. 
Michael Nehls forderte beispiel­sweise während seines Rede­beitrages u.a. „Deutsch­land den Deutschen“ und lehnte sich dabei möglicher­weise an die „nation­aldemokratis­che“ Parole „Deutsch­land uns Deutschen“ an. Eine Vari­ante dieses Slo­gans hat übri­gens auch die Partei „Die Rechte“ im Pro­gramm. Dort heißt es: „Deutsch­land den Deutschen – Aus­län­der raus“. Die Wort­gruppe in let­zt genan­nter Form wurde übri­gens auch von einem ras­sis­tis­chen Mob ver­wen­det, der vor fast auf den Tag genau vor 25 Jahren in Ros­tock-Licht­en­hagen pogro­mar­tige Auss­chre­itun­gen gegen eine Unterkun­ft für Asyl­suchende entzün­dete. Auch Nehls macht aus sein­er Abnei­gung gegen „Geflüchtete“ keinen Hehl, nen­nt sie in sein­er Rede „Asylschmarotzer“ oder beze­ich­net sie auf seinen Wahlplakat­en als „Asyl­be­trüger“.
Allein als Ein-The­men-Partei, sah sich die AfD jedoch nicht, und posi­tion­ierte sich am Don­ner­stagabend auch zur so genan­nten „Früh­sex­u­al­isierung“, zum Islam, für mehr Volk­sentschei­de und natür­lich gegen ihr Liebling­shas­sob­jekt: Bun­deskan­z­lerin Angela Merkel (CDU).
Für Björn Höcke gab es anscheinend auch erhe­bliche Zweifel am derzeit­i­gen funk­tion­ieren des demokratis­chen Grun­dauf­baus der Bun­desre­pub­lik. „Diese Demokratie ist im let­zten Degen­er­a­tionssta­di­um“, so der Thüringer AfD Frak­tionsvor­sitzende. Sein­er Ansicht nach, han­dele es sich bei der jet­zi­gen Herrschafts­form um eine „Ochlokratie“ und bezog sich dabei, ganz der Lehrer, auf den griechis­chen His­torik­er Poly­bios. Offen­sichtliche Anknüp­fungsmuster an extrem rechte Ide­olo­giefrag­mente, wie etwa bei sein­er Dres­den­er Rede im Jan­u­ar 2017, als er das Mah­n­mal für die ermorde­ten Juden Europas als „Denkmal der Schande“ beze­ich­nete, ver­mied Höcke, aber. Den­noch wurde sein Rede­beitrag von seinen „Fans“ begeis­tert aufgenommen. 
Gas­tred­ner Höcke zog vor allem extrem rechte Sym­pa­thisierende der AfD
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Björn Höcke (AfD, auf dem Podi­um) polarisiert.

Zugereist waren vor allem Mit­glieder und Sym­pa­thisierende der extrem recht­en und im Bran­den­burg­er Ver­fas­sungss­chutzbericht 2016 namentlich erwäh­n­ten Vere­ini­gun­gen oder vere­in­sähn­lichen Struk­turen „Bürg­er­bünd­nis Havel­land eV“ und „PEGIDA Havel­land – Bürg­erini­tia­tive iG“. Dabei han­delte es sich um unge­fähr 20–30 Per­so­n­en. Bei­de Organ­i­sa­tio­nen pfle­gen enge Kon­tak­te zu lokalen Struk­turen der „Alter­na­tive für Deutsch­land“ im Land­kreis Havel­land. Der derzeit­ige havel­ländis­che AfD-Kreistagsab­ge­ord­nete Ger­ald Hüb­n­er aus Schön­walde-Glien, der am Don­ner­stagabend eben­falls in Neu­rup­pin anwe­send war, trat beispiel­sweise mehrfach bei Ver­samm­lun­gen der „PEGIDA Havel­land“ als Red­ner auf. Auf­grund sein­er dor­ti­gen Aus­führun­gen wurde der Krim­inal­tech­niker u.a. durch seinen Arbeit­ge­ber, dem LKA Berlin, abgemah­nt. Allerd­ings hat­te die Abmah­nung nur bis Mai 2017 bestand, da seine Äußerun­gen, laut ein­er Gütev­er­hand­lung am Arbeits­gericht Berlin, keine straf­baren Inhalte hat­ten. Unbe­strit­ten bleibt jedoch, dass „PEGIDA Havel­land“ während ihrer drei bish­eri­gen öffentlichen Ver­anstal­tun­gen in Schön­walde-Glien zu einem nicht gerin­gen Teil extrem rechte und neon­azis­tis­che Klien­tel aus „Iden­titär­er Bewe­gung“, „Freien Kräften“ und NPD anzog. 
Neben extrem recht­en Havel­län­der Sym­pa­thisieren­den der AfD reiste zur Kundge­bung am Don­ner­stagabend in Neu­rup­pin auch eine 15-köp­fige Berlin­er Del­e­ga­tion an, die regelmäßig an Ver­samm­lun­gen der islam- und asylfeindlichen Vere­ini­gung „Bärgi­da eV“ sowie der extrem recht­en „Bürg­er­be­we­gung Pro Deutsch­land“ nahe ste­hen­den Ini­tia­tive „Wir für Deutsch­land“ teilnimmt. 
Vere­inzelt gaben sich auch jugendliche Neon­azis durch entsprechen­des Out­fit, so genan­nte „Beken­ner­shirts“ oder szene­typ­is­che Mode­marken, sowie durch ein­schlägige Sym­bo­l­ik, wie beispiel­sweise „Schwarze Sonne“-Tattoos zu erken­nen. Zwei Per­so­n­en präsen­tierten auch die Schwarz-Weiß-Rote Reichs­fahne. Ver­botene Kennze­ichen wur­den allerd­ings nicht gezeigt. 
Kraftvoller Protest
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Der Protest war nicht zu über­hören: Pfiffe gegen Höcke und die AfD

Die Ankündi­gung ein­er Kundge­bung mit Björn Höcke als Red­ner hat­te jedoch nicht nur Fre­unde der AfD auf den Neu­rup­pin­er Schulplatz mobil­isiert. Auch die lokale Zivilge­sellschaft, die sich unter dem Label „Neu­rup­pin bleibt bunt“ engagiert, hat­te sich angekündigt. Ihr waren die Annäherungsver­suche des AfD Poli­tik­ers an extrem rechte Posi­tio­nen nicht ent­gan­gen. „Neu­rup­pin bleibt bunt“ bzw. dessen Sprech­er Mar­tin Osin­s­ki hat­te deshalb bere­its im Vor­feld angekündigt, es „nicht unkom­men­tiert (zu zu)lassen, wenn Bernd Höcke wieder (bis) an die Gren­ze zur Volksver­het­zung geht“. Wobei der Aus­tausch des Vor­na­mens, offen­bar beab­sichtigt war. Über „Bernd“ statt „Björn“ Höcke zu schreiben oder zu sprechen, hat sich mit­tler­weile zu einem medi­alen Run­ning Gag entwick­elt. Den­noch sollte mit dem Protest auch ein ern­sthaftes Anliegen zum Aus­druck gebracht wer­den. „Wer Mei­n­ungs­mache auf Kosten von Men­schen treibt, dem zeigen wir die Rote Karte“, stellte Karo­line Waack, Flüchtlingsko­or­di­na­torin des Ev. Kirchenkreis­es Witt­stock-Rup­pin, bere­its eben­falls im Vor­feld klar. Abge­tren­nt durch eine Polizeiab­sper­rung, aber den­noch in Hör- und Sichtweite, gaben die Sym­pa­thisieren­den von „Neu­rup­pin bleibt bunt“ sehr laut und deut­lich, mit­tels Trillerpfeifen oder Plakate mit Auf­schriften, wie „Bunt statt Grauland“ oder „Die Linke – Entsch­ieden gegen rechte Het­ze“, ihre Mei­n­ung zur AfD und ihre Funk­tionäre kund. Weit­er­hin wur­den mehrere Trans­par­ente mit den Auf­schriften: „Refugees Wel­come“ und „Ekel­hAfD“ gezeigt. Ein weit­eres Trans­par­ent mit dem Slo­gan: „Neu­rup­pin bleibt bunt – Schluss mit dem recht­en Spuk“ war zudem in Blick­rich­tung der AfD Sym­pa­thisieren­den an einem Gebäude angebracht.
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Antifaschismus

AfD-Heuchelei gegen Gewalt und “Extremismus”

Protest am 16. Februar 2017 gegen die AfD in Finsterwalde
“Fin­ster­walde bleibt rot!” — bre­it­er und lauter Protest gegen die AfD-Kundgebung

INFORIOT Am Don­ner­stagabend (17. Feb­ru­ar) nah­men etwa 130 Per­so­n­en an ein­er Kundge­bung der „Alter­na­tive für Deutsch­land“ unter dem Titel „Gegen Gewalt und Extrem­is­mus“ auf dem Mark­t­platz in Fin­ster­walde (Elbe-Elster) teil. Anlass waren Sachbeschädi­gun­gen am Büro des AfD-Land­tagsab­ge­ord­neten Sven Schröder. Von Antifas bis zum „Fin­ster­walder Aktions­bünd­nis für Men­schlichkeit und Tol­er­anz“ und dem Bürg­er­meis­ter wurde zu Gegen­protesten aufgerufen. An diesen beteiligten sich rund 250 Men­schen, die AfD-Ver­anstal­tung wurde über ihre gesamte Dauer von heftigem und lautem Protest begleit­et. Linke Jugendliche wur­den im Anschluss an die Kundge­bung von Recht­en attackiert.
Viele AfD-Funk­tionäre, die teil­weise aus Pots­dam angereist waren, mis­cht­en sich unter Fin­ster­walder AfD-Sym­pa­thisan­tInnen. Es sprachen der Kreisvor­sitzende der AfD Elbe-Elster, Volk­er Noth­ing, der Direk­tkan­di­dat für die Bun­destagswahl, Peter Drenske, der Bran­den­burg­er Vize-Lan­deschef und Land­tagsab­ge­ord­nete Andreas Kalb­itz sowie Sven Schröder. Als Gas­tred­ner fungierte André Poggen­burg, Chef der AfD in Sach­sen-Anhalt. Alle Red­ner arbeit­eten sich an Antifa, demokratis­chen Parteien und der Zivilge­sellschaft ab. Ins­beson­dere Drenske und Kalb­itz (der selb­st in nation­alkon­ser­v­a­tiv­en und extrem recht­en Organ­i­sa­tio­nen aktiv war) fie­len durch Sprachan­lei­hen bei der extremen Recht­en auf. Eine Schnittmenge mit asylfeindlichen Ini­tia­tiv­en in der Region wurde deut­lich. So nahm Christoph Berndt, Vor­sitzen­der der der asylfeindlichen Ini­tia­tive „Zukun­ft Heimat“, an der Ver­samm­lung teilt. Außer­dem rief Schröder dazu auf, die Ver­samm­lun­gen des „Bürg­er­fo­rums Süd­bran­den­burg“ in Bad Lieben­wer­da zu besuchen.
Das ‚Nor­male’ ist gefährdet
In üblich­er Manier präsen­tierte sich die AfD an diesem Abend als “einzig wahre” demokratis­che Partei, die gegen jeden „Extrem­is­mus“ sei. Dem Vor­wurf, die Partei sei sel­ber teil­weise recht­sex­trem geprägt, begeg­nete der Kreisvor­sitzende Noth­ing in sein­er Rede mit der Aus­sage, dass die AfD-Anhän­gerIn­nen nicht nur nicht recht­sex­trem, son­dern „ganz nor­male Men­schen“ seien. Was er unter „nor­mal“ ver­ste­ht, führte er jedoch kaum aus, lediglich in Hin­blick auf Fam­i­lien und Geschlechter­bilder wurde er deut­lich: „Gen­der Main­stream­ing“ ist für ihn eine „gesellschaft­sz­er­störende Ide­olo­gie“. Gegen sex­uelle Vielfalt solle das Mod­ell der „klas­sis­chen“ Fam­i­lie gestellt wer­den. Er meint das het­ero­nor­ma­tive Ver­ständ­nis, in dem eine Fam­i­lie auss­chließlich aus Vater, Mut­ter und Kind(ern) beste­hen solle.
Opfer — wie einst bei der Christenverfolgung
Was die AfD als demokratis­che Partei ausze­ich­nete, führten die Red­ner wider­sprüch­lich aus. Drenske zum Beispiel sah sich und seine Mit­stre­it­er als wahre DemokratIn­nen, weil die AfD die einzige Partei sei, die die Sprache des Volkes spreche — im Gegen­satz zur „Polit­lob­by“, der das eigene Volk egal ist. Das Volk sei durch die eigene Regierung bedro­ht. Drenske, der mehr schrie als redete, fan­tasierte von ein­er Gewaltwelle, Totalüberwachung der Bevölkerung und von ein­er in Deutsch­land herrschen­den Staat­sre­li­gion des Islams. Er mok­ierte sich über die fehlende “Tol­er­anz” und über den “Ras­sis­mus”, den die AfD und das deutsche Volk zu spüren hät­ten: „Deutsch­land ist wie eine Gum­mi­mat­te – alle tram­peln auf uns rum“. Andere Mei­n­un­gen wür­den mit der „Extrem­is­muskeule tot­geschla­gen“. Für ihn ergin­ge es den Deutschen und der AfD so, wie einst den Opfern der “Chris­ten­ver­fol­gung”.
AfD will an der Macht “Par­tikel ent­fer­nen, die unsere Gesellschaft vergiften”
Von Demokratie und Tol­er­anz war nicht mehr viel zu spüren, sobald es um Antifa und die „Polit­lob­by“ ging. So wurde der Kreisvor­sitzende Noth­ing deut­lich: Wenn die AfD an die Macht komme, werde sie „die Par­tikel ent­fer­nen, die unsere Gesellschaft vergiften und unsere Geset­ze brechen und mis­sacht­en“. Kalb­itz forderte gar, Linken das Studieren zu unter­sagen und sie stattdessen „prak­tis­ch­er Arbeit zuzuführen“.
Die Link­sex­tremen bei der Arbeiterwohlfahrt
Die Botschaft war deut­lich an diesem Abend: Geschlossen­heit gegen die intol­er­ante „Mei­n­ung­sein­heits­front“. So wären deut­lich mehr Anhän­gerIn­nen an diesem Abend zur Ver­samm­lung gekom­men und hät­ten sich zur AfD bekan­nt, glaubte Noth­ing — doch sie hät­ten sich nicht getraut, aus Angst vor Angrif­f­en durch Gegendemonstrant_innen, Job­ver­lust oder schlechtem Gerede. Vor allem die Antifaschist_innen seien ver­ant­wortlich, die als „SA“ (Schröder) bzw. „Rote Sturmabteilung­shorden“ oder „Ter­ror­is­ten“ (bei­des Kalb­itz) beze­ich­net wur­den. Schröder und Kalb­itz ver­sucht­en, die Antifa in ihren Reden als dumm und faul abzustem­peln, kon­nten den­noch über kaum etwas Anderes reden. Hin­ter der Antifa stän­den, so die AfD-Analyse, die „rot-rote Machter­hal­tungsclique“, „Kuscheltier­w­er­fer“ und „Willkom­men­sex­trem­is­ten“, “68er”, Lehrer_innen und eine linke „Mei­n­ung­sein­heits­front“ von Parteien, Medi­en, Kirche, Gew­erkschaften und Arbeit­er­wohlfahrt. Link­sex­treme Gewalt­täter säßen auch im lokalen Aktions­bünd­nis, bemerk­te Noth­ing in Bezug auf das reak­tivierte Fin­ster­walder Tol­er­anzbünd­nis.
Poggen­burg: Im Schick­sal­s­jahr 2017 soll Deutsch­land zurücker­obert werden
AfD-Recht­saußen André Poggen­burg sah sich eben­falls von linken Fein­den an allen Eck­en bedro­ht. Am 12. Jan­u­ar hat­te Poggen­burg „anti­demokratis­che Gewalt“ selb­st erlebt, berichtete er: Studierende störten seine Ver­anstal­tung an der Uni­ver­sität in Magde­burg. Die deutschen Uni­ver­sitäten seien in der Hand der „link­sex­tremen Antifa“ und auch die Medi­en seien vom „Linksabrutsch“ betrof­fen. Dabei würde die Antifa, unter­stützt von „linksradikalen Parteien“ die Straßen ter­ror­isieren. „Linke und Link­sex­treme von AWO bis Antifa“ wür­den der „nationalen Alter­na­tive in Deutsch­land ein Ende zu bere­it­en“ wollen. In seinen Augen herrschen Ver­hält­nisse wie in der Weimar­er Repub­lik. Hier gäbe es eine geschichtliche Ver­ant­wor­tung, und die hieße Deutsch­land müsse im „Schick­sal­s­jahr“ 2017 „zurücker­obert“ werden.
Kein „Gewalt­freier und offen­er Diskurs“
Bemerkenswert ist Poggen­burgs Bemerkung, dass die AfD für einen „gewalt­freien und offe­nen poli­tis­chen Diskurs“ ste­he. Diese Aus­sage wurde nur wenige Minuten später wieder­legt. Im direk­ten Anschluss an die AfD-Kundge­bung grif­f­en Rechte mehrere linke Jugendliche an. Es gab drei Fes­t­nah­men, die Angreifer wur­den zeitweise mit Kabel­bindern gefes­selt. Dies berichteten Augenzeug_innen. Die Polizei sprach hinge­gen gegenüber der “Lausitzer Rund­schau” von einem friedlichen Ver­lauf des Abends.
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Provokation und Straßenpolitik

(von Sven Kames, gekürzte Vor­ab­veröf­fentlichung aus Der Rechte Rand #159, April 2016) Und am Ende gab es doch keine Par­ty für Alexan­der Gauland. Mit allem Pomp wollte der Lan­des- und Frak­tion­schef der AfD im März diesen Jahres im Bran­den­burg­er Land­tagss­chloss seinen 75. Geburt­stag feiern. Die Par­la­mentsver­wal­tung sagte die Feier ab: Es gebe keinen Bezug zur poli­tis­chen Arbeit der Frak­tion und im Land­tag dürften keine Pri­vat­events stattfinden.

Gut einein­halb Jahre ist der AfD-Erfolg im Sep­tem­ber 2014 nun her, als die neue Partei aus dem Stand 12,2 Prozent der Stim­men errang und mit elf Man­dat­en in den Land­tag ein­zog. Bish­er kon­nte die AfD mit ihrer Poli­tik kaum überzeu­gen. Eine Umfrage im März ergab, dass ger­ade ein­mal vier Prozent der bran­den­bur­gis­chen Wäh­lerIn­nen der Ansicht sind, die AfD habe im Bun­des­land schon etwas zum Besseren bewirkt. Sog­ar unter erk­lärten AfD-Anhän­gerIn­nen liegt dieser Wert bei desas­trösen 14 Prozent. Die anhal­tende Debat­te zur „Flüchtlingskrise“ auf Bun­de­sebene spielt der AfD gle­ich­wohl in die Hände. Gle­iche Umfrage: Sat­te 19 Prozent wür­den die AfD wählen, wenn Land­tagswahlen anstünden.

Iso­la­tion durch Provokation

In der par­la­men­tarischen Prax­is isoliert sich die AfD der­weil mit geziel­ten Pro­voka­tio­nen. Gauland nen­nt Flüchtling­sheime in Land­tags­de­bat­ten „Brut­stät­ten der Gewalt“ und Flüchtling­shelferIn­nen beschimpft er als „nüt­zliche Idioten“. Nach­dem in Nauen Neon­azis eine als Flüchtling­sun­terkun­ft vorge­se­hene Turn­halle niederge­bran­nt hat­ten, kom­men­tierte Gauland, dass die „Ver­ant­wor­tung für solche Tat­en in erster Lin­ie bei den Poli­tik­ern der Alt­parteien“ liege.

Solchen Aus­fällen ist es geschuldet, dass die gewohn­heitsmäßig so genan­nten „Kartell­parteien“ Dis­tanz hal­ten – keine gemein­same Arbeit, keine Koop­er­a­tion auf Frak­tion­sebene. Anträge der AfD wer­den abgelehnt; bei Debat­ten zu Flüchtlings­the­men haben die restlichen Parteien vere­in­bart, dass jew­eils nur ein Abge­ord­neter im Namen aller vier Frak­tio­nen auf Anträge der AfD antwortet. Dieser Umgang schmerzt die AfD reich­lich, hat er doch sein Vor­bild im Umgang des Land­tags in Meck­len­burg-Vor­pom­mern mit der neon­azis­tis­chen NPD. Die einzige erkennbare Aus­nahme zum Abgren­zungskurs ist die ehe­ma­lige CDU-Frak­tionsvor­sitzende Sask­ia Lud­wig. Die Recht­sauslegerin ist inzwis­chen gefühlt häu­figer bei AfD-Ver­anstal­tun­gen als bei denen ihrer eige­nen Partei anzutreffen.

Genau­so, wie die AfD provoziert und pöbelt, will sie aber auch ankom­men im lan­desweit­en Poli­tik­be­trieb. Der Ver­such, eine Geburt­stagspar­ty im Land­tag aus­richt­en, ist in diesem Sinne zu ver­ste­hen, genau­so die dauern­den Lamen­ti über ange­bliche Benachteili­gun­gen. Die Abge­ord­neten ver­suchen auch außer­halb des Land­tages eine Beteili­gung durchzuset­zen. Als der Lan­desju­gen­dring eine Anmel­dung des AfD-Abge­ord­neten Stef­fen Königer zu einem Work­shop über Arbeit mit Flüchtlingsju­gendlichen zurück­wies, lief die Partei Sturm gegen den Jugendverband.

Die Partei „für den kleinen Mann“

Poli­tisch ver­sucht sich die AfD als Inter­essen­vertre­tung des „kleinen Mannes“ zu pro­fil­ieren, in Konkur­renz zur mitregieren­den Linkspartei, in zwangsläu­figer Feind­schaft zu den oppo­si­tionellen Grü­nen und in Abgren­zung zur als links­gewen­det ver­stande­nen CDU. Wirtschaft­slib­erale Töne sind von der bran­den­bur­gis­chen AfD kaum zu vernehmen; zum Beispiel betont die Partei, dass man selb­stver­ständlich zum geset­zlich verbindlichen Min­dest­lohn ste­he. Die Abwahl Bernd Luck­es auf Bun­de­sebene zog in Bran­den­burg ger­ade ein­mal rund 30 Parteiaus­tritte nach sich und die AfD-Abspal­tung „Alfa“ ist völ­lig bedeutungslos.

Haupt­the­men sind die als solche iden­ti­fizierten Sor­gen des „kleinen Mannes“. Das war im Land­tagswahlkampf 2014 vor allem die Krim­i­nal­ität in den Regio­nen nahe der pol­nis­chen Gren­ze. Seit Som­mer 2015 ist es die Ablehnung von Flüchtlin­gen. Zahlre­iche Tiraden in Land­tags­de­bat­ten, dutzende par­la­men­tarische Anfra­gen in immer neuen Vari­a­tio­nen deuten darauf hin. Engagiert zeigt sich die frühzeit­ig von elf auf zehn Abge­ord­nete reduzierte Frak­tion auch in der For­mulierung von Anfra­gen zum The­ma „Link­sex­trem­is­mus“. Auf der Suche nach möglichen Skan­dalen wird etwa gefragt, wie viele offene Haft­be­fehle es gegen „Link­sex­treme“ im Land gebe. Weil die Anfra­gen kaum fundiert sind, fall­en die Regierungsant­worten in der Regel ein­sil­big aus: „Im Land Bran­den­burg ist derzeit keine entsprechende Per­son gemeldet“. Die Mitar­beit der AfD-Abge­ord­neten in den Fachauss­chüssen beschränkt sich eben­falls größ­ten­teils auf pro­vokante Nach­fra­gen, die Detail- und Sachar­beit ste­ht hintenan.

Die AfD auf der Straße

Weniger beachtet, aber für die AfD-Entwick­lung immens bedeut­sam: Die Partei hat sich seit dem Herb­st 2015 als regel­rechte Bewe­gungspartei den flüchtlings­feindlichen Mobil­isierun­gen im Bun­des­land ange­di­ent. Die Stel­lung­nah­men für die Dres­den­er Pegi­dademon­stra­tio­nen aus Bran­den­burg waren nur ein Anfangspunkt. Die Partei ver­anstal­tet Aufzüge, geht Bünd­nisse mit ras­sis­tis­chen Ini­tia­tiv­en ein, unter­stützt durch Rede­beiträge. Zwis­chen die ras­sis­tis­chen Straße­nak­tiv­itäten und die AfD passt kein Blatt. Wer kann schon genau sagen, ob zum Beispiel eine Demon­stra­tion im ver­gan­genen Herb­st in Pren­zlau von der AfD oder den extrem recht­en „BB-Patri­oten“ ver­anstal­tet wurde – bei­de war­ben auf ihren Kanälen dafür, Neon­azis nah­men massen­haft teil, am Rande wurde der Hit­ler­gruß gezeigt. Haup­tred­ner und Ein­heiz­er: AfD-Par­la­men­tari­er Andreas Kalb­itz. Im Spree­wald beteili­gen sich AfD­lerIn­nen fleißig an den Aufmärschen der Ini­tia­tive „Zukun­ft Heimat“, deren stilis­tis­che und wom­öglich auch per­son­elle Verquick­ung mit der ver­bote­nen Neon­azi­gruppe „Spreelichter“ Gegen­stand manch­er Presseartikel war. Schaden tut’s nicht, im Gegen­teil. Bei den Bürg­er­meis­ter­wahlen in Lübbe­nau im März holte der vorneweg mit­demon­stri­erende AfD-Kan­di­dat Mar­i­an von Stürmer sat­te 34 Prozent der Stimmen.

Am recht­en Rand

Ver­biegen muss sich die AfD für solche Bünd­nisse nicht. Formelle Beken­nt­nisse gegen Recht­sex­trem­is­mus sind bil­lig zu haben. Aber Gaulands Dik­tum „Wer früher in NPD oder DVU war, darf bei uns nicht Mit­glied wer­den“, gilt im Ern­st­fall dann doch nicht. Dass der 22-jährige Frak­tion­s­mi­tar­beit­er Alexan­der Salomon jahre­lang NPD-Mit­glied war, wurde nach Bekan­ntwer­den zunächst abgestrit­ten. Als dann Beweise vor­la­gen, schwenk­te Gauland um: „Herr Salomon war im Alter von 15 oder 16 Jahren in der NPD. Ich finde es nicht richtig, ihm das ein Leben lang vorzuhal­ten.“ Auch andere Frak­tion­s­mi­tar­beit­er sind ein­schlägig bekan­nt, aber nicht Gegen­stand von öffentlichen Kon­tro­ver­sen. Lion Edler etwa, Mitar­beit­er in der Abteilung Öffentlichkeit­sar­beit, ist neben­bei eifriger Autor für das neu-rechts-lib­ertäre Blatt „eigen­tüm­lich frei“. Mit der AfD schwap­pen neu-recht­es Per­son­al, Sprach­duk­tus und Argu­men­ta­tion­slin­ien in die Bran­den­burg­er Politik.

Diejeni­gen Abge­ord­neten, die ein nen­nenswertes poli­tis­ches Vor­leben haben, sind zumeist der extremen Recht­en nicht fern gewe­sen: Andreas Galau („Repub­likan­er“), Sven Schröder („Pro Deutsch­land“), Rain­er van Raem­don­ck, Thomas Jung (bei­de „Die Frei­heit“), Stef­fen Königer („Bund Freier Bürg­er“, Redak­teur „Junge Frei­heit“). Eine Auflis­tung der Ver­strick­un­gen des Abge­ord­neten Andreas Kalb­itz in die extreme Rechte wür­den den Rah­men dieses Textes spren­gen. Zulet­zt hat­te er erst nach mas­siv­er öffentlich­er Kri­tik und den üblichen Leug­nungs- und Kleinre­de­pirou­et­ten den Vor­sitz beim ein­deutig extrem recht­en „Kul­tur- und Zeit­geschichte, Archiv der Zeit e.V.“ niedergelegt. Gauland referiert seit der Wahl immer wieder bei ein­schlägi­gen Recht­saußen­vere­inen, wie der Berlin­er „Bib­lio­thek des Kon­ser­vatismus“, bei ein­er „Frieden­skon­ferenz“ des Com­pact-Mag­a­zins und bei der „Staats- und Wirtschaft­spoli­tis­chen Gesellschaft“ in Ham­burg. Von der Abge­ord­neten Bir­git Bessin ist kein poli­tis­ches Vor­leben bekan­nt, sie tritt seit 2015 jedoch eben­falls als Expo­nentin des äußer­sten recht­en Flügels der Partei in Erschei­n­ung, etwa anhand ihrer Kon­tak­te zum Organ­i­sa­tion­steam der Dres­den­er Pegi­da oder als Unterze­ich­ner­in der „Erfurter Res­o­lu­tion“ für einen Rechtss­chwenk der Partei.

NPD light“

Für die Unter­stützung der Straßen­poli­tik ist die Pots­damer Land­tags­frak­tion eine Basis. Dort gibt es eigens abgestellte Ref­er­enten für Ver­anstal­tun­gen. Mitar­beit­er Jean-Pas­cal Hohm ist gle­ichzeit­ig Lan­deschef der „Jun­gen Alter­na­tive“ und selb­st Organ­isator entsprechen­der Aufmärsche. Hinzu kom­men etliche als „Bürg­er­dialoge“ genan­nte Saalver­anstal­tun­gen. Die Wahlkreis­büros der Abge­ord­neten helfen zusät­zlich beim Struk­tu­rauf­bau, genau­so die 180 kom­mu­nalen Man­date (davon 39 auf Kreisebene), die die Partei seit den Kom­mu­nal­wahlen im Mai 2014 hält. Die AfD ist inzwis­chen flächen­deck­end im Land mit Kreisver­bän­den vertreten. Die Bran­den­burg­er Frak­tion bemüht sich gle­ichzeit­ig um Anerken­nung bei und Abgren­zung zu den „Kartell­parteien“, dient sich ras­sis­tis­chen Straßen­protesten an, baut Struk­turen aus. Solange das „Flüchtlings­the­ma“ zieht, bleibt die Partei wohl erfol­gre­ich – als Protestkatalysator, als fak­tis­che „NPD light“, für die eine tat­säch­liche Grenzziehung nach Recht­saußen inop­por­tun ist.

Gaulands poli­tis­che Kar­riere im Land­tag Bran­den­burg wird wohl in nicht allzu fern­er Zukun­ft enden. Er wolle sich lieber 2017 in den Bun­destag wählen lassen, wenn die Gesund­heit es denn zulasse, verkün­dete er kür­zlich, auf Lan­desebene erneut anzutreten schloss er aus. Als „Kro­n­prinz“ für seine Nach­folge im Lan­desver­band wird Hard­lin­er Andreas Kalb­itz gehan­delt, der seit Novem­ber auch Vizechef des Lan­desver­ban­des ist. Eine Mäßi­gung der Bran­den­burg­er AfD ist dementsprechend nicht zu erwarten.

Inforiot