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(Anti-)Rassismus

Gutscheinboykott: Über 15 Flüchtlinge halten durch

Nach­dem von ver­schiede­nen Seit­en Druck aus­geübt wurde und unter anderem die Ver­legung in abgele­gene Heime oder Kürzun­gen von Leis­tun­gen ange­dro­ht wur­den, hat eine Ver­samm­lung von Flüchtlin­gen in Hen­nigs­dorf am Mon­tag beschlossen, dass eine Gruppe von 15–20 Flüchtlin­gen ungeachtet der Repres­sions­dro­hun­gen den Gutschein­boykott stel­lvertre­tend für alle aufrecht erhält. Für sie geht der Boykott am Mittwoch in die vierte Woche.

Am Mittwoch wer­den viele Flüchtlinge, die vom Gutschein­sys­tem betrof­fen sind, zusam­men mit Unterstützer_innen die Kreistagssitzung in Oranien­burg besuchen.

Dort wer­den wir genau beobacht­en, welchen Parteien die Men­schen­würde, der Gle­ich­heits­grund­satz und ein inte­gra­tives Kli­ma im Land­kreis wichtig sind und welchen nicht.

Auch wenn ein Kreistags­beschluss für die Ver­wal­tung nicht bindend ist, wer­den wir diese Gele­gen­heit nutzen, den “Entschei­dungsträgern” und unseren Mitbürger_innen unser berechtigtes Anliegen ein weit­eres Mal zu erk­lären. Wir hof­fen, dass mit der Stel­lung­nahme des Lan­des die Diskus­sion endlich auf der Ebene des poli­tis­chen Wil­lens ankommt und einzelne Per­so­n­en und Parteien sich nicht weit­er hin­ter ein­er höchst umstrit­te­nen Recht­sauf­fas­sung ver­steck­en kön­nen. Vielmehr soll­ten soll­ten sich die poli­tis­chen Akteure ein­deutig dazu posi­tion­ieren, wie eine Gesellschaft ihrer Mei­n­ung nach gestal­tet sein sollte.

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Antifaschismus Gender & Sexualität Geschichte & Gedenken

Erinnern an das KZ für Mädchen und junge Frauen in der Uckermark

Ein­ladung zum Inter­na­tionalen Antifaschis­tis­chen und Fem­i­nis­tis­chen Bau- und Begeg­nungscamp auf dem Gelände des ehe­ma­li­gen KZ für Mäd­chen und junge Frauen und späterem Ver­nich­tungslager Uck­er­mark in Him­melfort bei Fürsten­berg, 9–23.8.2011

Das ehem. Jugend­KZ Uck­er­mark liegt im Nor­den Bran­den­burg in der Nähe von Fürsten­berg. Es wurde 1942 speziell für Mäd­chen und junge Frauen im Alter zwis­chen 14 und 21 Jahren errichtet. Ins­ge­samt wur­den zwis­chen 1942 und
Anfang 1945 etwa 1.200 Mäd­chen und junge Frauen sowie einige Jun­gen inhaftiert.

Anfang 1945 wur­den die meis­ten Häftlinge in das nahe gele­gene Frauenkonzen­tra­tionslager Ravens­brück über­stellt. Auf einem Teil des Uck­er­mark- Gelän­des ent­stand nun ein Ver­nich­tungslager für Frauen des
Konzen­tra­tionslagers Ravens­brück. Im April 1945 wurde das Ver­nich­tungslager aufgelöst, die über­leben­den Frauen kamen in das KZ Ravens­brück und wur­den von dort aus auf die Todesmärsche geschickt. Bis zur Befreiung durch die Rote Armee Ende April 1945 wur­den ins­ge­samt 5.000 bis 6.000 Häftlinge ermordet.

Trotz sein­er – sowohl his­torischen funk­tionalen als auch zeit­losen lokalen – Nähe zum Frauen-KZ Ravens­brück bzw. der dor­ti­gen Mahn- und Gedenkstätte, gehört das ehe­ma­lige Mäd­chen-KZ und spätere Ver­nich­tungslager Uck­er­mark bish­er kein­er Gedenkstätte an und wird nur auf Basis ehre­namtlich­er Arbeit in engem Kon­takt mit Über­leben­den als Gedenko­rt gestal­tet. Die Inhaftierten — soge­nan­nte “asoziale” und “sex­uell ver­wahrloste” Mäd­chen und junge Frauen — gehörten lange Zeit zu den “vergesse­nen” Opfern des NS.

Seit 1997 find­en hier regelmäßige fem­i­nis­tis­che antifaschis­tis­che Bau- und Begeg­nungscamps statt. Diese wer­den organ­isiert von der „Ini­tia­tive für einen Gedenko­rt Uck­er­mark“ e.V., welche damals aus einem  von jün­geren
Frauen aus der Lagerge­mein­schaft Ravensbrück/Freundeskreis e.V. (LGRF), der Inter­essen­vertre­tung von Über­leben­den des Frauenkonzen­tra­tionslagers Ravens­brück, ent­stand. Bis heute hat die Berück­sich­ti­gung von
Über­leben­den­in­ter­essen einen hohen Stel­len­wert für das Camp. In den Camps fan­den bish­er jedes Mal Gespräche mit Uck­er­mark- oder Ravens­brück-Über­leben­den statt und die Ein­ladung von Über­leben­den ist auch
weit­er­hin ein beson­ders wichtiger „Pro­gramm­punkt“ inner­halb des Bau- und Begeg­nungscamps.
Die Camps sind gemein­schaftlich selb­stor­gan­isiert von Teil­nehmenden der_s vorheri­gen Jahre_s und obwohl natür­lich einige Dinge – wie Über­leben­den­begeg­nun­gen — schon vorge­plant sind, richtet sich ein Großteil
des Ablaufs nach den jew­eili­gen Bedürfnis­sen und Inter­essen der Teil­nehmenden und entste­ht aus gemein­samer Eigenini­tia­tive vor Ort.

Die Arbeit der Camps beste­ht in der Gestal­tung des Gelän­des als würdi­gem Gedenko­rt durch Hin­weiss­childer und Infor­ma­tion­stafeln sowie ver­schiedene Gestal­tungsar­beit­en. Weit­er­hin wird Öffentlichkeit­sar­beit über die
Bedeu­tung und Geschichte des Gelän­des geleis­tet, durch öffentliche Gelän­derundgänge, öffentliche Zeitzeug_innengespräche, Ausstel­lun­gen und die für dieses Jahr geplante Erstel­lung eines Audio­gu­ides. Inhaltlich
ver­ste­hen die Camps sich als fem­i­nis­tisch und antifaschis­tisch, wobei bei­des nicht getren­nt voneinan­der, son­dern gemein­sam gedacht wer­den soll.

Daher beschäfti­gen sich inhaltliche Auseinan­der­set­zun­gen auf den Camps beson­ders mit der Bedeu­tung von Geschlech­teride­olo­gie im NS und deren Kon­ti­nu­itäten. The­men sind oder kön­nten z.B. sein: die Bedeu­tung des
Stig­mas „sex­uelle Ver­wahrlosung“ und „asozial“, Fam­i­lien- und Geschlechter­bilder im NS, Zwang-Sexar­beit in KZs, die Rolle von Frauen_ im Wider­stand, etc.

Zudem kön­nte dieses Jahr die aktuelle Gedenkstät­ten­poli­tik ein zen­trales The­ma wer­den, da über die Zukun­ft des Uck­er­markgelän­des ger­ade ver­schiedene Ver­hand­lun­gen und Pla­nun­gen zwis­chen Bund, Land und Gedenkstät­ten­s­tiftung stattfinden.

Neben all dem gibt es aber auch genug Raum fürs im-See-baden, Waldspaziergänge, Boot­s­touren und eine gute Zeit zusam­men haben.

Wir laden her­zlich alle Frauen_Lesben_Trans*_ ein, am diesjähri­gen Camp vom 9.–23.August teilzunehmen. Anfang Juli wür­den wir gern ein Vor­bere­itungstr­e­f­fen zumin­d­est mit allen Inter­essierten aus dem Raum Berlin machen. Meldet euch also bald an unter uckermarkcamp(at)riseup.net

Mehr Infos gibt’s auf:
www.maedchen-kz-uckermark.de und unter uckermarkcamp/at)riseup.net

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Antifaschismus

Erneut „Kategorie C“ – Konzert im „Alten Dorfkrug“

Am ver­gan­genen Sam­stag fand erneut ein Konz­ert der recht­en Hooli­gan Band “Kat­e­gorie C” statt. Erst im let­zten Okto­ber hat­te die Band aus Bre­men ein Konz­ert im „Alten Dor­fkrug“ im Bernauer Ort­steil Schönow abgehalten. 

Rap­perin Dee Ex
Als Vor­band hat­te “Kat­e­gorie C” die Band “Notlö­sung” angekündigt, außer­dem trat die sich selb­st als „stolze deutsche Patri­otin“ beze­ich­nende Rap­perin “Dee Ex” auf. Die Anschlussfähigkeit ihrer ras­sis­tis­chen und nation­al­is­tis­chen Posi­tio­nen zur recht­en und neon­azis­tis­chen Szene bestäti­gen nicht nur jubel­nde Kom­mentare auf den recht­en Inter­net­plat­tfor­men der Jun­gen Frei­heit oder PI-News (Polit­i­cal­ly Incor­rect) son­dern auch Dee Ex´s Web­blog. Hier heißt es im Head­er „Mit Patri­o­tismus zur Frei­heit — Wenn die Poli­tik ver­sagt, wird der Zusam­men­halt des Volkes zur Pflicht!“

Mas­sives Polizeiaufge­bot
Auf Grund des gewalt­bere­it­en Pub­likums hat­te die Polizei ein großes Aufge­bot an Ein­satzkräften um den Dor­fkrug und an den Anreisepunk­ten postiert. Mit stark­er Schutz­mon­tur hat­te man sich auf eine mögliche Eskala­tion vor­bere­it­et - zu Störun­gen sei es aber let­ztlich nicht gekom­men.

Seit eini­gen Jahren schon, wer­den die Ver­anstal­tung­sorte der Konz­erte öffentlich nicht mehr angekündigt. Aus Angst vor Gege­nak­tio­nen und Repres­sio­nen durch die Polizei wur­den die Orte nicht bekan­nt gegeben. Einige Wochen zuvor war der Ter­min des Konz­ertes bekan­nt – wie auch im let­zten Okto­ber hieß es auf der Inter­net­seite der Band – „wir spie­len in der Hauptstadt“. 

Die Gäste reis­ten aus Berlin und Bran­den­burg mit der S‑Bahn über die Bahn­höfe Zeper­nick und Bernau an, oder kamen mit Autos u.a. sog­ar aus München und Leipzig.

Alter Dor­fkrug“ seit Jahren etabliert­er Naz­itr­e­ff
Kein Geheim­nis ist es, dass sich die Besitzerin des Dor­fkrugs nicht von den neon­azis­tis­chen Ver­anstal­tun­gen dis­tanziert. Neben mit­tler­weile zwei Konz­erten der Band Kat­e­gorie C fan­den in den let­zten Jahren Nazi- Konz­erte und Tre­f­fen statt. Während die Konz­erte, der Lan­desparteitag der NPD sowie weit­ere NPD Tre­f­fen unbe­hel­ligt stat­tfind­en kon­nten, wurde 2008 ein Fes­ti­val für den Neon­azi Michael Müller gemein­sam mit dem Net­zra­dio Ger­ma­nia durch die Polizei aufgelöst. 

Proteste vor Ort sind äußerst dürftig. Im let­zten Jahr hat­ten zumin­d­est die lokalen Grü­nen zu ein­er, wenn auch recht kleinen Gegenkundge­bung mobil­isiert und auch das Bernauer Net­zw­erk für Tol­er­anz zeigte durch Schilder ihren Protest. Andere For­men des Protestes gegen den Naz­itr­e­ff­punkt, abge­se­hen von einem Far­ban­schlag im Jahr 2008, waren kaum sicht­bar. In ein­er öffentlichen Diskus­sionsver­anstal­tung im Jahr 2008 zeigte sich die Verbindung zwis­chen NPD und Dor­fkrug sehr ein­deutig: Lore Lierse, NPD Ober­hav­el, äußerte öffentlich ihre Unter­stützung und guten Verbindun­gen zum Dor­fkrug. Neben­bei bemerkt, ist auch der Sohn der Besitzerin bere­its wegen dem Zeigen des Hit­ler­grußes auf­fäl­lig gewor­den ist.

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(Anti-)Rassismus

Bargeld statt Wertgutscheine!

 

Seit dem 1. Juni 2011 weigern sich Flüchtlinge im Land­kreis Ober­hav­el, Gutscheine anzunehmen, um ihrer Forderung nach Sozial­hil­fe in Bargeld Nach­druck zu ver­lei­hen. Am 22. Juni 2011 berät der Kreistag darüber. Unterze­ich­nen Sie den Appell für die Bargeldauszahlung!

Die meis­ten Land­kreise und kre­is­freien Städte Bran­den­burgs haben bere­its auf Bargeldzahlung umgestellt. Es liegt nun an den Abge­ord­neten des Kreistages Ober­hav­el, die richtige Entschei­dung zu tre­f­fen. Sagen Sie ihnen, was Sie als Bürg­erin oder Bürg­er erwarten und unterze­ich­nen Sie den Appell “Bargeld statt Wertgutscheine”.

So unterschreiben Sie:

Senden Sie eine E‑Mail mit dem Betr­e­ff “Bargeld statt Wertgutscheine” und mit Ihrem Namen und Ihrem Wohnort an appell@aktionsbuendnis-brandenburg.de

Der Appell wird den Kreistagsab­ge­ord­neten mit allen Unter­schriften übergeben. Die Unterze­ich­n­er wer­den auf dieser Web­seite veröf­fentlicht. Sie wer­den über das Ergeb­nis der Aktion ein­ma­lig per E‑Mail informiert, anschließend wer­den Ihre Dat­en gelöscht.

Informieren Sie Fre­unde und Bekan­nte und bit­ten Sie diese, den Appell eben­falls zu unterstützen!

 

Appell: Bargeld statt Wertgutscheine

Sehr geehrte Abgeordnete,

wir wollen, dass Flüchtlinge im Land­kreis Ober­hav­el kün­ftig die Sozial­hil­fe in Bargeld statt in Gutscheinen erhal­ten. Bei der Kreistagssitzung am 22. Juni liegt es in Ihrer Hand, darüber zu entschei­den.
Für eine Bargel­dauszahlung sprechen schw­er­wiegende Gründe. So ist es inakzept­abel, dass Eltern für ihre Kinder keine Büch­er und Spielzeuge kaufen kön­nen, oder dass keine Medika­mente erwor­ben wer­den kön­nen. Die Betrof­fe­nen haben die Prob­leme, die sich aus der Gutschein­prax­is ergeben, für jeden nachvol­lziehbar dargelegt. Es ist offen­sichtlich, dass die Gutscheine eine Diskri­m­inierung darstellen, die dem gesellschaftlichen Zusam­men­leben schadet.
Als Abge­ord­nete soll­ten Sie außer­dem berück­sichti­gen, dass der Land­kreis Ver­wal­tungsaufwand min­dern und Geld sparen kön­nte, wenn kün­ftig Bargeld aus­gezahlt wer­den würde.
Das Asyl­be­wer­ber­leis­tungs­ge­setz besagt, dass die durch­führende Ver­wal­tung von der Gewährung von Sach­leis­tun­gen abwe­ichen darf. Der Land­kreis Ober­hav­el kann, wie zwei Drit­tel der bran­den­bur­gis­chen Land­kreise, eine rechtlich ein­wand­freie Barauszahlung beschließen.
Es liegt an Ihnen. Tre­f­fen Sie die richtige Entscheidung.

Mit fre­undlichen Grüßen

(Name, Wohnort)

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Klima & Umwelt Sonstiges

CO2-„Endlager“ verhindern, Klimagerechtigkeit und Energiesouveränität erkämpfen!

7. August 2011 bis 14. August 2011
Kli­ma- und Energiecamp
Jän­schwalde (Spree-Neiße)

Alle Infos hier: www.lausitzcamp.info

Aufruf

Das Kli­machaos scheint nicht mehr aufzuhal­ten zu sein: Mit extremen Wet­ter­ver­hält­nis­sen, der Ver­step­pung ganz­er Regio­nen, dem Anstieg des Meer­esspiegels und der Bedro­hung der Lebens­grund­lage viel­er Men­schen schre­it­et der Kli­mawan­del voran. Nach den Ereignis­sen in Fukushi­ma scheint sich die energiepoli­tis­che Debat­te zu verän­dern. Aber anstatt kon­se­quent auf erneuer­bare Energien zu set­zen und die fos­silen Brennstoffe im Boden zu lassen, wird Kohlekraft mit CCS (Car­bon Diox­ide Cap­ture and Stor­age) als Alter­na­tive zur Atom­en­ergie propagiert.

Wir nehmen das nicht hin! Wir wollen an Auseinan­der­set­zun­gen um Klim­agerechtigkeit anknüpfen und mit einem Camp Alter­na­tiv­en zum „busi­ness as usu­al“ denken, leben und erstre­it­en. Wir wer­den uns in lokale Energiekämpfe mit der Forderung nach Energiesou­veränität, nach selb­st­bes­timmter Energiepro­duk­tion, einbringen.

Herb­st 2010: Tausende Men­schen gehen beim Cas­tor­trans­port auf die Schienen, um gegen den Weit­er­be­trieb der Atom­kraftwerke zu protestieren. An ver­schiede­nen Orten wehren sich Bürg­erini­tia­tiv­en gegen den Bau neuer Kohlekraftwerke, Braunkohle­tage­baue und CO2-„Endlager“. All diese Proteste richt­en sich gegen eine Poli­tik, die im Inter­esse einiger Konz­erne auf großtech­nis­che Lösun­gen set­zt. Diese Poli­tik bietet keine adäquate Antwort auf die gesellschaftlichen Her­aus­forderun­gen, vor denen wir ste­hen. Die sozial-ökol­o­gis­che Krise erfordert einen Struk­tur­wan­del, in dem kein Platz für große Grund­lastkraftwerke ist – egal ob mit Kohle oder Atom betrieben. Denn diese ste­hen ein­er dezen­tralen, par­tizipa­torisch gestalt­baren und flex­i­bleren  Energiev­er­sorgung im Wege.

Som­mer 2011: Nach dem Kli­macamp 2008 in Ham­burg, den Protesten gegen den Klimagipfel 2009 in Kopen­hagen und „Cas­tor? Schot­tern!“ im Herb­st 2010 rufen wir auf zum Kli­ma- und Energiecamp 2011 in der Lausitz/Brandenburg.

Was ist ein Klimacamp?

Ein Kli­macamp ist ein Raum für Ver­net­zung, Wis­sensaus­tausch und Diskus­sion sowie wider­ständi­ge Prax­is und direk­te Aktion. Dabei soll das Camp auch ein Exper­i­men­tier­feld für ein anderes Leben sein: Ressourcenscho­nen­des Leben ist ein eben­so ele­mentar­er Bestandteil des Camps wie basis­demokratis­che Selbstorganisation.

Die Bun­desregierung hat am 13. April 2011 einen Entwurf für ein Gesetz zur Demon­stra­tion und Anwen­dung von Tech­nolo­gien zur Abschei­dung, Trans­port und dauer­haften Spe­icherung von Kohlen­diox­id (CO2) beschlossen. Die Haf­tung für die risiko­r­e­ichen unterirdis­chen „End­lager” soll laut Entwurf nur während der ersten 30 Jahre bei den Energiekonz­er­nen liegen. Danach wird die Öffentlichkeit über Jahrhun­derte hin­weg für die entste­hen­den Schä­den aufkom­men müssen.

Bran­den­burg wird im Kampf gegen die unterirdis­che CO2-Ver­pres­sung das Zün­glein an der Waage sein. Denn es ist das einzige Bun­des­land, in dem die Entwick­lung von CCS von der Lan­desregierung unter­stützt wird. Die erste CCS-Demon­stra­tionsan­lage eines ‚kohlen­diox­i­dar­men Kraftwerkes’ und damit der Bau eines zusät­zlichen Kraftwerk­blocks soll im Vat­ten­fall-Braunkohlekraftwerk Jän­schwalde bis 2016 entste­hen. Erste Bau­maß­nah­men haben bere­its im Jan­u­ar 2011 begonnen. Das Kraftwerk ist der drittgrößte  Kli­makiller Europas.

Mith­il­fe der CCS-Tech­nolo­gie soll CO2 an Kohlekraftwerken abgeschieden, ver­flüs­sigt und unter die Erde gepresst wer­den. Die Risiken und Fol­gen der unterirdis­chen CO2-„Endlagerung” sind nicht kalkulier­bar. Ob das CO2 im Boden bleibt, wieder an die Ober­fläche tritt oder das Trinkwass­er verun­reinigt, ist unklar.

Die CO2-Abschei­dung am Kraftwerk führt zu riesi­gen Effizien­zver­lus­ten. Zur Pro­duk­tion der gle­ichen Menge Strom muss etwa ein Drit­tel mehr Kohle einge­set­zt wer­den. Die Tech­nolo­gie ren­tiert sich somit nur für Großkraftwerke und zemen­tiert die zen­tral­isierte Energiepro­duk­tion. Deshalb ver­ste­hen wir den Wider­stand gegen CCS und Kohlever­stro­mung als Teil von Energiekämpfen und sol­i­darisieren uns mit Atomkraftgegner_innen.

Energiekonz­erne nutzen das Scheinar­gu­ment der „sauberen Kohle“ durch CCS, um am Kli­makiller Braunkohle und den alten Struk­turen festzuhal­ten. Allein für die Braunkohle­tage­baue in der Lausitz mussten über 30.000 Men­schen in 136 Dör­fern den Bag­gern weichen. Durch die geplante Erweiterung des Braunkohle­tage­baus Jän­schwalde-Nord wür­den als näch­stes die drei Ortschaften Kerk­witz, Grabko und Atter­wasch von der Land­karte verschwinden.

Gemein­sam mit Bürg­erini­tia­tiv­en gegen CO2-”Endlagerung” und Braunkohleab­bau fordern wir einen sozialverträglichen Ausstieg aus der Kohlever­stro­mung. Wir nehmen die Äng­ste der Men­schen im Braunkohlere­vi­er vor Arbeit­splatzver­lus­ten ernst. Doch nur wenn jet­zt der Struk­tur­wan­del ein­geleit­et wird, kön­nen rechtzeit­ig neue Per­spek­tiv­en geschaf­fen wer­den. Bran­den­burg kann eine Vor­bil­dre­gion für Energiesou­veränität und erneuer­bare Energiev­er­sorgung wer­den. Darin liegt das eigentliche Entwick­lungspoten­zial der Region und nicht am Fes­thal­ten an der Braunkohle.

Die Pro­pa­gan­da der großen Energiekonz­erne will uns vor­gaukeln, Kli­maschutz sei ohne grundle­gen­den sozial-ökol­o­gis­chen Struk­tur­wan­del in der Gesellschaft möglich. Die beste­hende, allein auf Prof­it­max­imierung aus­gerichtete, Wirtschaftsweise befind­et sich jedoch in einem unau­flös­baren Wider­spruch zu den Bedürfnis­sen der Men­schen und den ökol­o­gis­chen Rahmenbedingungen.

Wir fordern Klim­agerechtigkeit statt Wach­s­tum­szwang. Dazu bedarf es der prinzip­iellen Infragestel­lung unser­er Pro­duk­tions- und Kon­sum­muster. Die Fol­gen des Kli­mawan­dels als Kon­se­quenz von 200 Jahren Indus­tri­al­isierung im glob­alen Nor­den tre­f­fen haupt­säch­lich Regio­nen, die vom dadurch erzeugten Wohl­stand nie prof­i­tiert haben. Sol­i­dar­ität mit den Lei­d­tra­gen­den beste­ht auch in der Forderung nach Bewe­gungs­frei­heit. Wir müssen Ver­ant­wor­tung übernehmen, deswe­gen: Klim­agerechtigkeit jet­zt!
Im Kli­ma- und Energiecamp wollen wir selb­st­bes­timmt, herrschaft­skri­tisch und ressourcen-scho­nend Utopi­en, Ziele und Strate­gien für einen gerecht­en Umgang mit Energie entwer­fen. Bis­lang mar­gin­al­isierte Per­spek­tiv­en wer­den wir mit Kreativ­ität und Aktio­nen zivilen Unge­hor­sams Gel­tung ver­schaf­fen. Das Camp ist inter­na­tion­al aus­gerichtet und wird unter anderem von einem deutsch/polnischen Anti-Atom-Bünd­nis mitor­gan­isiert. Kommt vor­bei. Packt mit an. Kämpft mit. Gegen „CO2-End­lager”. Für Klim­agerechtigkeit und Energiesouveränität!

Klimagerechtigkeit – Wir unterstützen die Forderungen des internationalen Netzwerks „Climate Justice Now“:

  1. Fos­sile Energi­eträger im Boden belassen!
  2. Die Kon­trolle über die natür­lichen Ressourcen an die Men­schen und die Gesellschaft zurück­geben und die Rechte der Indi­ge­nen Bevölkerun­gen achten!
  3. Für eine lokale, nach­haltige Landwirtschaft!
  4. Die ökol­o­gis­che Schuld gegenüber den Men­schen des Südens anerken­nen und Aus­gle­ich­szahlun­gen tätigen!
  5. Keine falschen, mark­t­basierten Lösun­gen nutzen, son­dern unsere Lebens- und Pro­duk­tion­sweise ändern!
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Antifaschismus

Größter Naziaufmarsch in Brandenburg

Unter dem Mot­to “Vom Schuld­kult zur Mitschuld” ver­suchen die soge­nan­nten „Freien Kräfte Neuruppin/Osthavelland“ am 09.07.2011 mit revan­chis­tis­chen Posi­tio­nen die deutsche Kriegss­chuld für den zweit­en Weltkrieg zu leug­nen. Für den jährlich wiederkehren­den Auf­marsch ist dies­mal mit bis zu 350 Faschist_innen zu rechnen.

Als kleinen Vorgeschmack organ­isierten die Nazis am 11.06.2011 eine „Mah­nwache“ und forderten auf dieser die Wiedere­in­führung der Todesstrafe. Bewusst pop­ulis­tisch wur­den sex­u­al­isierte Gewalt­tat­en gegen Kinder her­aus gegrif­f­en um “Vom Täter- zum Opfer­schutz – härtere Strafen für Sex­u­al­straftäter” zu fordern. Obwohl diese Art der Gewalt­tat­en seit Jahren glück­licher­weise abnehmen, steigt das medi­ale Inter­esse und der Voyeuris­mus der Bevölkerung kon­tinuier­lich an. Dazu ist das Buch „Knas­tre­port“ von Kai Schli­eter sehr zu empfehlen. So fällt es den Nazis nicht schw­er, ihre Posi­tio­nen unter dem Vor­wand des „Opfer­schutzes“ weit­er zutra­gen und restrik­ti­vere Maß­nah­men zu fordern. Dass das faschis­tis­che Wun­schdenken nicht bei der Todesstrafe gegen Sex­u­al­straftäter ste­hen bleibt, ver­ri­et auch das Trans­par­ent der Nazis. Dort hieß es: „Der Gal­gen muss so stark sein, dass er auch Schw­erkrim­inelle ertra­gen kann und aushält!“ 

Skan­dalös ist eben­so der Umgang der Polizei, welche die Kundge­bung bis zulet­zt vor der Öffentlichkeit ver­heim­lichte und es den Nazis so poten­ziell ermöglichte, ihre faschis­toiden Inhalte unwider­sprochen in die Öffentlichkeit zu tra­gen. Doch glück­licher­weise gibt es eine starke Zivilge­sellschaft in Neu­rup­pin. Und so kon­nten inner­halb kürzester Zeit 30 Antifaschist_Innen aller Alters­grup­pen auf den Kundge­bung­sort mobil­isiert wer­den um die Naziver­anstal­tung angemessen zu stören. Neben jun­gen Antifas fand sich auch der Neu­rup­pin­er Bürg­er­meis­ter ein, um gegen die Nazipräsenz zu demonstrieren. 

Wir hof­fen, dass sich diese Courage auch bei zukün­fti­gen Nazi­ak­tiv­itäten und beson­ders am 09.07.2011 wieder­holen wird. Wir laden alle ein an diesem Tag ein deut­lich­es Zeichen gegen Faschist_Innen zu setzen! 

Wir verurteilen die Öffentlichkeit­sar­beit der Polizei und die bere­its jet­zt gegen Blockier_Innen angekündigten Strafen aufs Schärf­ste, denn prak­tis­ch­er Antifaschis­mus ist nicht krim­inell son­dern notwendig! 

Weit­ere Infos zum Nazi­auf­marsch in Neu­rup­pin wer­den fol­gen!
Konkrete Infos und Beschrei­bung der Nazis: http://westhavelland.wordpress.com/publikationen/

Nazi­aufmärsche unmöglich machen!
No Pasaran!

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(Anti-)Rassismus Law & Order

Gutscheinboykott geht weiter!

Bere­its am frühen Mor­gen gegen 6.00 Uhr ver­sam­melte sich ein mar­tialisch anmu­ten­des und zahlen­mäßig völ­lig unange­bracht­es Polizeiaufge­bot vor dem Hen­nigs­dor­fer Flüchtlingslager. Schein­bar um ein­er möglichen Block­ade zuvorzukom­men, wur­den die diskri­m­inieren­den Gutscheine schon um 7.00 Uhr von ein­er Polizeiesko­rte in das Lager ver­bracht, von wo aus sie an die Bewohner_innen verteilt wer­den sollten.

Ab 8.00 Uhr begann dann die Kundge­bung auf ein­er im Ver­gle­ich zum let­zten Mittwoch sehr begren­zten Fläche. Es waren auch rel­a­tiv wenige Leute von außer­halb angereist, so dass sich die Zahl der vor dem Tor Protestieren­den auf ca. 40 Leute beschränk­te. Das Gelände selb­st durfte nur von den Bewohner_innen betreten wer­den. Aber auch dort hat der Ein­sat­zleit­er seine Macht aus­ge­spielt und unter Andro­hung von Gewalt die Ansamm­lung von kleinen Grüp­pchen von Bewohner_innen ver­hin­dert, obwohl diese auf ihrem Recht bestanden, sich frei zu bewe­gen. Die Leute in der Kundge­bung antworteten mit dem selb­stkreierten Protestlied „We need mon­ey and no Gutschein today!”.

Nach­dem die Mitarbeiter_innen des Sozialamtes fest­stellen mussten, dass die Mehrheit der Bewohner_innen die Gutscheine laut­stark ver­weigerten, dro­ht­en sie diesen mit Sank­tio­nen für den näch­sten Monat: für jede Per­son, welche die Gutscheine in diesem Monat ablehnt, soll die Leis­tung im Fol­ge­monat Juli kom­plett gestrichen wer­den. Ob diese Dro­hung tat­säch­lich rechtlich durchzuset­zen ist, wird ger­ade noch geprüft. Die Anwe­senden haben sich jeden­falls nicht ein­schüchtern lassen und wollen weit­er kämpfen!

Gestern waren ca. 15 Leute aus dem Lager nach Oranien­burg gefahren und haben unangekündigt die zuständi­ge Behörde in der Adolf-Dechert-Str. 1 aufge­sucht. Dort wurde der Hauptver­ant­wortliche Leit­er des Sozialamts Detlef Kull­mann zur Rede gestellt. Dieser war in sein­er Argu­men­ta­tion sichtlich über­fordert, blieb aber trotz­dem erstaunlich gesprächs­bere­it. Er ver­wies immer wieder auf den offiziellen Gespräch­ster­min am morgi­gen Don­ner­stag. Dieser wurde allerd­ings von ihm selb­st fest­gelegt und es sind nur 3 Per­so­n­en seit­ens der Streik­enden zuge­lassen. Erst dort wäre er dann nach eige­nen Worten bere­it, „Argu­mente auszu­tauschen“. Kull­mann hat gestern auch schon durch­blick­en lassen, dass er Gutscheine für gar nicht so schlimm hält.

Heute haben wir gese­hen, mit welchen Mit­teln das Sozialamt Oranien­burg bere­it ist, ihr ras­sis­tis­ches Gutschein­sys­tem zu vertei­di­gen.
Warum dro­ht man den Streik­enden mit der Ver­weigerung der Leis­tun­gen für den näch­sten Monat, wenn doch mor­gen erst über die Forderun­gen disku­tiert wer­den soll? Das Vorge­hen der Behörde, den Wider­stand durch exis­ten­zielle Bedro­hun­gen zu brechen, lässt wohl eher darauf schließen, dass der Land­kreis Ober­hav­el in diesem Gespräch nicht bere­it sein wird vom Gutschein­sys­tem abzurücken.

Wir bleiben entschlossen!

Gutscheine abschaf­fen!!!

Zeigt euch sol­i­darisch und unter­stützt die streik­enden Flüchtlinge in Hen­nigs­dorf!
http://gutscheinboykott.blogsport.eu/

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(Anti-)Rassismus

Gutscheinboykott: Demonstration zum Gesprächstermin am Donnerstag

Don­ner­stag: Gespräch von Flüchtlin­gen mit Sozialdez­er­nen­ten Michael Garske – Posi­tion­ierung des Kreis­es erwartet / 2. Boykottwoche hat begonnen Gutschein­boykott: Demon­stra­tion zum Gespräch­ster­min am Donnerstag 

Demon­stra­tion am Don­ner­stag zum Sozialamt Oranienburg 

Am Don­ner­stag wer­den die Flüchtlinge, die seit ein­er Woche in Ober­hav­el die Aus­gabe von Wertgutscheinen boykot­tieren, und Unterstützer_innen mit ein­er Demon­stra­tion durch Oranien­burg zum Sozialamt ziehen und das Gespräch mit dem Sozialdez­er­nen­ten Michael Garske mit ein­er Kundge­bung begleit­en. Um 13 Uhr wird sich eine Del­e­ga­tion beste­hend aus Flüchtlin­gen, Unterstützer_innen sowie einem Anwalt mit Her­rn Garske tre­f­fen und eine Umstel­lung auf Bargeldzahlun­gen fordern.

Argu­men­ta­tion der Kreisver­wal­tung mit Span­nung erwartet 

Mit Span­nung wird die Argu­men­ta­tion des Sozialdez­er­nen­ten erwartet, da die bish­er von der Kreisver­wal­tung vertretene Posi­tion, eine Umstel­lung auf Bargeld sei nicht erlaubt, nicht mehr halt­bar ist. Die Del­e­ga­tion ist mit einem Rechtsgutacht­en, ein­er Stel­lung­nahme der Lan­desregierung zur Recht­mäßigkeit der Bargel­dauszahlung und dem Wis­sen um die Recht­sprax­is in weit­en Teilen Bran­den­burgs, sowie in Berlin und anderen Bun­deslän­dern, auch für eine rechtliche Argu­men­ta­tion gut gerüstet. Seit Barn­im vor weni­gen Wochen zu Bargeldzahlun­gen überge­gan­gen ist, gibt es neben Ober­hav­el nur noch vier Land­kreise in Bran­den­burg, die Flüchtlin­gen Bargeld ver­weigern. Die Protestieren­den hof­fen angesichts der aktuellen Entwick­lun­gen in Bran­den­burg, dass die Kreisver­wal­tung ihre Recht­sauf­fas­sung über­prüft und der Argu­men­ta­tion fol­gt, dass es nicht sin­nvoll ist, mit hohem Ver­wal­tungsaufwand ein Sys­tem aufrecht zu erhal­ten, das aktuellen Inte­gra­tionszie­len wider­spricht, men­sche­nun­würdig ist und die bei sein­er Ein­führung genan­nten Ziele ver­fehlt – zusam­menge­fasst also nur noch eine teure Schikane darstellt.

Kundge­bung Mon­tag vor dem Sozialamt Oranienburg 

Am ver­gan­genen Mon­tag fand vor dem Sozialamt in Oranien­burg bere­its eine Kundge­bung von Flüchtlin­gen und deren Unterstützer_innen statt. Die Forderung war ein­fach: „Bargeld jet­zt!“. Zwei Mitarbeiter_innen des Sozialamtes stell­ten sich einem Gespräch mit den Protestieren­den, vertrösteten diese aber lediglich auf das für Don­ner­stag zuge­sagte Gespräch mit dem Sozialdez­er­nen­ten Michael Garske. „Die Hin­hal­te­tak­tik des Sozialamtes wird nicht aufge­hen. Don­ner­stag ist ganz schön spät, aber die Stim­mung bei uns ist gut und wenn die Spenden­bere­itschaft annäh­ernd so bleibt, kön­nen wir den Boykott noch eine ganze Weile aufrecht erhal­ten!“, so Patri­cia Boku (Name geän­dert), eine Bewohner­in des Flüchtling­sheims in Hen­nigs­dorf. Auch am Dien­stag besucht­en einige Flüchtlinge das Sozialamt und forderten die Mitarbeiter_innen auf, Bargeld auszuzahlen. Aber­mals ver­wiesen diese auf den Gespräch­ster­min am Donnerstag.

Boykot­tkundge­bung Mittwoch 

Am heuti­gen Mittwoch fand das angekündigte „Nach­holen“ der Gutschein­aus­gabe durch das Sozialamt statt. Ca. 100 Flüchtlinge und Unterstützer_innen protestierten trotz Platzre­gens mit Trans­par­enten, Megaphon und Per­for­mances für Bargeld. Mit vere­inzel­ten Aus­nah­men hat die über­wiegende Mehrheit der Flüchtlinge im Heim aber­mals die Annahme von Wertgutscheinen ver­weigert und damit die zweite Woche des Boykotts ein­geläutet. Neben der mar­tialis­chen Polizeipräsenz viel vor allem neg­a­tiv auf, dass der Mitar­bei­t­erin ein­er Kreistagsab­ge­ord­neten das Verteilen des eigens eingekauften Früh­stücks auf dem Heimgelände ver­boten wurde.

Details zu Demon­stra­tion und Kundgebung 

Demon­stra­tion zum Sozialamt / Kundge­bung während des Gesprächs mit dem Sozialdezernenten:

Don­ner­stag, 9.6.2011 11:30 Uhr: Demon­stra­tion zum Sozialamt

Start: S‑Bahnhof Oranien­burg ca. 12:30 Uhr: Kundge­bung vor dem Sozialamt Oranienburg

(13 Uhr: Gespräch mit Her­rn Garske) Adolf-Dechert-Straße 1, Oranienburg

 

 

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Antifaschismus

Schwarz-braune Sonderbarkeiten in Westbrandenburg

Die let­zte „Mah­nwache“ der NPD in Bran­den­burg an der Hav­el, bei der die Stadtver­wal­tung und ihre Anti-Extrem­is­mus Koor­dinierungs­gruppe ein­mal mehr zum „Wegschauen“ gegenüber (Neo)nazis aufgerufen hat­te, war erst eine Woche her, da sorgte ein Faux­pas von Bran­den­burgs Ober­bürg­er­meis­terin Dietlind Tie­mann (CDU) erneut für Unmut in der Stadt.

Reich­skriegs­flagge“ gezeigt

Bei ein­er Bik­er­pa­rade am Him­melfahrt­stag posierte die Rathauschefin näm­lich in einem Motor­rad, das deut­lich erkennbar mit der so genan­nten „Reich­skriegs­flagge“ (1867–1921) geschmückt war. Ein Sym­bol, das (Neo)nazis gezielt ver­wen­den um damit das Ver­bot des Zeigens von Kennze­ichen des Nation­al­sozial­is­mus zu umgehen.

Ist das man­gel­nde Engage­ment der Stadt Bran­den­burg an der Hav­el, unter Führung der derzeit­i­gen Ober­bürg­er­meis­terin, gegen den (Neo)nazismus etwa auf klammheim­liche Sym­pa­thien zurück­zuführen? Ist die CDU-Frau ein Fall für den Staatsschutz?

Eigentlich hätte Tie­mann ein­schre­it­en müssen. Zwar ist das Zeigen der „Reich­skriegs­flagge“ (1867–1921) keine Straftat, jedoch im Land Bran­den­burg seit 1993 eine Ord­nungswidrigkeit. Die Flagge ist, so das Bran­den­burg­er Innen­min­is­teri­ums aus dem­sel­ben Jahr, „ein Sym­bol neo­faschis­tis­ch­er Anschau­un­gen oder der Aus­län­der­feindlichkeit“. Sie ist deshalb durch die Ord­nungs­be­hör­den einzuziehen. (1.)

Abge­se­hen von diesem rechtlichen Faux­pas, trägt Frau Tie­mann als Ober­bürg­er­meis­terin aber auch eine moralis­che Ver­ant­wor­tung. Ihr Stad­to­ber­haupt mit “Reich­skriegs­flagge” posieren zu sehen, weckt mit Sicher­heit bei vie­len Bürger_innen der Stadt ganz andere Emo­tio­nen als “Bik­er­ro­man­tik”.

Gedenken zum 8. Mai „unangemessen“

Ein man­gel­haftes Sym­bol­ver­ständ­nis scheint aber auch im unge­fähr 20 km nördlich gele­ge­nen Prem­nitz zu herrschen.

Dort hat­te sich zunächst ein umstrit­ten­er Bürg­er der Stadt mit Hil­fe eines Leser­briefes in ein­er Region­alzeitung über die städtis­che Ignorierung von Gedenkver­anstal­tun­gen zum 8. Mai beschw­ert. (2.)

Statt den Hin­weis als Chance zu nutzen, fühlte sich jedoch eine vom Prem­nitzer Bürg­er­meis­ter Roy Wal­len­ta (partei­los) geführte merk­würdi­ge Allianz aus SPD, CDU und regionalem Bürg­er­bünd­nis brüskiert und ver­suchte das Fern­bleiben der Stadt auch noch durch ein abstruses Geschichts­bild zu recht­fer­ti­gen. Der 8. Mai sei in dieser Region ange­blich gar kein Tag der Tag der Befreiung, so Wal­len­ta und seine Sympathisant_innen in einem Leser­brief, weil er „lei­der mit der Errich­tung eines neuen total­itären Regimes ver­bun­den war“. (3.) Deshalb sei „unter diesen Umstän­den“ ein Verzicht auf die „öffentliche Kranznieder­legung“ dur­chaus „angemessen“. (4.)

Eine schal­lende Ohrfeige für die Opfer des Faschis­mus, die zu Tausenden im Prem­nitzer IG Far­ben Werk zur Zwangsar­beit gezwun­gen, von den Scher­gen des NS Regimes geschun­den und erst im Mai 1945 von der Roten Armee befre­it wur­den. Sind sie Schuld am DDR-Trau­ma der jet­zi­gen Stadtführung?

Und was ist mit denen, die in Prem­nitz, von den Nazis sys­tem­a­tisch entkräftet, ihrem Lei­den erla­gen oder gar ermordet wur­den? Ist die Wahrung ihres Andenkens „unangemessen“?

Quellen:

(1. ) Sen­atsver­wal­tung für Inneres und Sport, Abteilung Ver­fas­sungss­chutz (Berlin) / Min­is­teri­um des Innern des Lan­des Bran­den­burg, Abteilung Ver­fas­sungss­chutz: „Sym­bole und Kennze­ichen des Recht­sex­trem­is­mus“, 6. Auflage, August 2010, Abschnitt 3.2. Flaggen (Seite 10–11)

(2.) Gün­ter Deg­n­er: „Ins Vergessen ger­at­en“ (Leser­brief), Märkische All­ge­meine Zeitung, 12. Mai 2011

(3.) Roy Wal­len­ta (Bürg­er­meis­ter), Chris­tine Milde (Vor­sitzende der Stadtverord­neten­ver­samm­lung), Hans-Joachim Maaß (Vor­sitzen­der der SPD Frak­tion), Klaus-Wolf­gang Warnke (Vor­sitzen­der der Unab­hängi­gen Wäh­lerge­mein­schaft DMP), Johannes Wolf (Vor­sitzen­der der CDU Frak­tion): „Verzicht auf Kranznieder­legung ist angemessen“ (Leser­brief), Märkische All­ge­meine Zeitung, 24. Mai 2011

(4.) wie (3.)

 

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Antifaschismus

Aus DVU- wird NPD-Fest

Mit deutsch­er Bratwurst, Bier, Kinder­schminken und einem hal­ben Dutzend Naz­imusik­ern organ­isieren die Nazi­parteien DVU und NPD am 25. Juni ein Som­mer­fest in der Schorfhei­de. Seit nun­mehr vier Jahren nutzen die Nazis dafür das Gelände des DVUlers Klaus Mann im Ort­steil Finowfurt.

Das Som­mer­fest um die soge­nan­nte Som­mer­son­nen­wende wird seit über 10 Jahren vom Lan­desver­band der DVU aus­gerichtet. Mit der Fusion von NPD und DVU auch im Land Bran­den­burg sowie dem Über­tritt von Mit­gliedern und Mandatsträger_innen, wird das Fest in diesem Jahr erst­mals offiziell durch den NPD-Kreisver­band Barn­im-Uck­er­mark ausgerichtet.

Auf der Inter­net­seite des DVU- Lan­desver­ban­des heißt es den­noch: „Auch in diesem Jahr organ­isieren wir wieder ein Som­mer­fest in der Schorfhei­de.“ Unter­schrieben haben die Ein­ladung Klaus Mann und Bär­bel Redl­ham­mer-Raback, bei­de sind eifrige Befür­worter der Partei­fu­sion [siehe auch: Infori­ot “NPD von Innen”].

Klaus Mann, Ansprech­part­ner der DVU für Nord­bran­den­burg forciert seit Jahren eine enge Zusam­me­nar­beit zwis­chen DVU, NPD und Kam­er­ad­schaften. Sein Gelände in der Schorfhei­de ist Dreh- und Angelpunkt für parteiüber­greifende Aktiv­itäten [siehe AAB “Prag­ma­tismus im Barn­im”]. In den ver­gan­genen Jahren hat­ten nach eigen­er Aus­sage bis zu 500 Gäste an dem Fest teilgenommen. 

Naz­ibands aus Berlin, Bran­den­burg und Thüringen 

Auch in diesem Jahr ste­hen Fam­i­lien­festcharak­ter mit Kinder­schminken, Basteln und Hüpf­burg und neon­azis­tisch, mar­tialis­ch­er Recht­srock nebeneinan­der. Für den 25. Juni kündigt die NPD die Band „Legion of Thor“ aus Berlin an, die mit­tler­weile schon als Haus- und Hof­band von Klaus Mann gel­ten kann. Mann zeigt deut­lich seine Ver­bun­den­heit mit der Band durch T‑Shirts und diverse Konz­erte in den let­zten Jahren. Die neon­azis­tis­che Band ruft in ihren Lied­tex­ten zu Gewalt gegen Migrant_innen auf. Eines ihrer Lieder wur­den wegen dem „Aufruf zum Rassen­hass“ indiziert [Mehr zur Band bei Oireszene].

Neben dem Lie­der­ma­ch­er „Toralf“, der im Juli für die NPD in Ober­bay­ern auftreten soll, wer­den die bei­den Bran­den­burg­er Naz­ibands „Preußen­stolz“ aus Pots­dam und „Exzess“ aus Straus­berg auftreten.

Nach Angaben der Antifa-Recherchegruppe Pots­dam ist Sänger von „Preußen­stolz“ der Neon­azi Patrick Danz. Die Band, die nach eige­nen Angaben seit 2007 in wech­sel­nder Beset­zung zusam­men spielt, sollte 2008 bei einem Konz­ert für den kreb­skranken Lie­der­ma­ch­er Michael Müller auftreten – am sel­ben Abend wollte man eine CD und DVD für das „Net­zra­dio Ger­ma­nia“ aufnehmen. Die Ver­anstal­tung, die nach dem Ver­bot in der Schorfhei­de in die Schönow­er Dor­fkneipe „Alter Dor­fkrug“ (Bernau) auswich, wurde von der Polizei aufgelöst.

Die Band „Exzess“ aus Straus­berg, deren Drum­mer Patrick Alf sich 2008 bei den Bran­den­burg­er Kom­mu­nal­wahlen für die DVU auf­stellen ließ, trat erst­mals auf dem Sam­pler „Gefahr im Verzug des Neon­azi­l­abels „Panzer­bär Records“ in Erschei­n­ung. Die junge Band covert gern Lieder der Landser-Nach­fol­ge­band „Lunikoff Ver­schwörung“. In diesem Jahr soll die Band beim Presse­fest der Deutschen Stimme auftreten. Das Fest der NPD-Parteizeitung gilt als der größte Recht­srock­event in Deutsch­land. Durch eine Vielzahl von Konz­erten in den ver­gan­genen Jahren, unter anderem bei einem NPD-Fest in Biesen­thal (Barn­im), hat die Band bun­desweit an Bedeu­tung gewonnen.

Die Thüringer Band „KinderZ­im­merT­er­ror­is­ten“ hält eben­falls Kon­tak­te zur NPD. Eines der Band-Mit­glieder ist Nor­man Hel­bing, Schatzmeis­ter der NPD im Kyffhäuserkreis. Die eben­falls recht junge Band, bewarb 2008 eine Demo-CD im Naz­i­fo­rum Thi­azi. Außer­dem heißt es, der Sänger sei vorher bei der Band „Celtic Dawn“ gewe­sen.

Kon­ti­nu­ität des Recht­srock im Barnim 

Als Ort für Recht­srock­konz­erte und neon­azis­tis­che Feste ist das Gelände in der Schorfhei­de seit mit­tler­weile vier Jahren etabliert. Gele­gentlich wur­den Ver­anstal­tun­gen durch die Polizei unter­bun­den oder been­det. Eine wirk­liche Hand­habe gibt es gegen das Treiben auf dem Pri­vat­grund­stück von Mann jedoch nicht. Mit sechs Konz­erten im Jahr 2010 ist es nach ein­er Zäh­lung des Bran­den­burg­er Ver­fas­sungss­chutzes der Ver­anstal­tung­sort Num­mer 1 für rechte Konz­erte im Land.

Auch der Preußen­tag der NPD am 2. Okto­ber 2010, mit Naz­ibands wie „Preußen­front“ aus Bernau oder „Preußen­stolz“ aus Pots­dam, fand auf dem Gelände in der Nähe der Stadt Eber­swalde statt. In den Jahren zuvor fan­den die Feste auf Manns ehe­ma­ligem Grund­stück in Seefeld (Barn­im) statt. Neben der Schorfhei­de, spie­len im Barn­im der „Alte Dor­fkrug“ in Schönow (Bernau) und das Gelände in Biesen­thal, das seit 2008 durch die NPD genutzt wird, eine bedeu­tende Rolle für die Musik­szene in Brandenburg.

NMV Ver­sand mit Inhab­er­wech­sel beim Fest dabei

Auch beim Fest vertreten sein wird neben dem Zen­tralver­sand von Rene Her­rmann, Admin­is­tra­tor der Home­page der NPD Barn­im-Uck­er­mark, auch der Eber­swalder NMV Ver­sand. Der bish­erige Inhab­er des Ver­sandes, Gor­don Rein­holz, betreibt im nahe­liegen­den Eber­swalde einen Laden für die Naziszene. Immer wieder heißt es, der Laden ste­he kurz vor der Pleite. Auch der Ver­sand scheint in der Krise zu steck­en, seit Kurzem wird auf der Inter­net­seite des NMV Ver­sand der Joachim­sthaler Chris­t­ian Banask­iewicz als Ver­ant­wortlich­er geführt. Banask­iewicz, wie Rein­holz ehe­ma­liger Aktivist des 2006 selb­st aufgelösten Märkischen Heimatschutzes, betreibt die Inter­netver­sände „Rockshop66“, „4Skins“ und „FightBack24“.

Son­nen­wend­feier als fes­ter Bezugspunkt der Naziszene 

Das Datum des Som­mer­festes ist wie immer um den 21. Juni gelegt. Die Son­nen­wend­feier gilt in der Naziszene als Rückbesin­nung auf ger­man­is­che, hei­d­nis­che Wurzeln; das Volk sowie Blut und Boden. Nicht zufäl­lig wird daher in der Pro­gram­mankündi­gung beson­ders hingewiesen „Nicht zu vergessen zur Son­nwende die tra­di­tionelle Feuerrede.“ 

Gegen­proteste und Wahrnehmung in der Region

Auf Grund der abgele­ge­nen Lage von Manns Grund­stück waren antifaschis­tis­che Proteste in den ver­gan­genen Jahren wenig kon­fronta­tiv. Auch die öffentliche Wahrnehmung blieb beschränkt. Zwar gab es in den Jahren 2008 und 2009 Proteste in Form von Kundge­bung und Demon­stra­tion, doch ließen sich die Nazis von DVU, NPD und Kam­er­ad­schaften davon nicht beeindrucken.

Die Gemeinde Schorfhei­de liegt 20 Kilo­me­ter von der Barn­imer Kreis­stadt Eber­swalde ent­fer­nt. Eine Demon­stra­tion mit 200 Antifaschist_innen, wie wir sie 2009 gemein­sam mit weit­eren Bran­den­burg­er Grup­pen organ­isiert hat­ten, hat­te im ent­fer­n­ten Eber­swalde wenig Wirkung. Während mit Sybille Mann sog­ar eine DVU­lerin in der Gemein­de­v­ertre­tung sitzt, scheint die Gemeinde Schorfhei­de, genauer der Bürg­er­meis­ter Uwe Schoknecht, kein Prob­lem mit dem Naz­ifest zu haben – in der Ver­gan­gen­heit hat­te er sich sog­ar gegen antifaschis­tis­che Gegen­proteste vor Ort ausgesprochen.

Antifaschis­tis­che Aktion Bernau, Juni 2011. 

Inforiot