Flüchtlingsrat Brandenburg kritisiert den Schlingerkurs der neuen Landesregierung zur AsylbLG-Novelle scharf
Statt, wie öffentlich angekündigt, das neue diskriminierende Asylbewerberleistungsgesetz im Bundesrat abzulehnen, hat sich die rot-rote Koalition enthalten. Nun begrüßt der brandenburgische Innenminister Schröter den faulen Kompromiss der Länder. Das Gesetz schreibt die medizinische Minimalversorgung und andere Diskriminierungen von Flüchtlingen fort, genau so wie die Zuständigkeit der Länder für alle Kosten.
“Mit der heute abgeschlossene Vereinbarung haben die Ländern das Menschenrecht der Flüchtlinge auf gesundheitliche Gleichbehandlung gegen kurzfristig bemessene Finanzzusagen des Bundes verkauft”, sagte Ivana Domazet vom Flüchtlingsrat Brandenburg. Dass der neue Brandenburger Innenminister Schröter den faulen Kompromiss nun positiv bewertet, sei besonders absurd, nachdem das Sozialministerium noch vor wenigen Tagen den Gesetzentwurf scharf kritisierte und für „nicht zustimmungsfähig“ erklärte. Schon wenige Wochen nach Regierungsantritt zeigt sich die Unvereinbarkeit einer menschenrechtsorientierten Flüchtlingspolitik mit dem Wirken des Innenministers Karl-Heinz Schröter.
Schon in der letzten Legislaturperiode schrieb sich die rot-rote Landesregierung die Abschaffung des Asylbewerberleistungsgesetzes auf die Fahnen. Erstens, weil es festschreibt, dass die Länder für die Kosten, einschließlich der Hilfe zum Lebensunterhalt aufkommen müssen und zweitens, weil es dafür sorgt, dass Flüchtlinge medizinische Behandlungen, die über Akutversorgungen hinausgehen, in jedem Einzelfall mühsam erkämpfen müssen, wenn es ihnen überhaupt gelingt, angemessene Behandlung zu bekommen. Angesichts dessen sind Aussagen von Herrn Schröter zynisch, der geschlossene Kompromiss gehe zugunsten betroffener Flüchtlinge. Hier wurde ein Grundrecht gegen ein anderes ausgespielt.
Die vom Bund bei diesem Kuhhandel gemachte Finanzzusage von 1 Milliarde Euro für die Aufnahme und Unterbringung von Flüchtlingen gilt für den Zeitraum 2015 bis 2016. Die vereinbarten Gesetzesverschärfungen werden hingegen über viele Jahre ihre diskriminierenden Wirkungen im Leben von Asylsuchenden und MigrantInnen entfalten. Hätte man im Bundesrat an der Ablehnung des Gesetzes festgehalten, wäre darüber hinaus ohnehin der Bund für einen Großteil der Leistungen zuständig geworden – und das nicht nur für zwei Jahre, sondern langfristig.
Die AsylblG-Novelle pfeift weitgehend auf das Urteil des Bundesverfassungsgerichts aus 2012. Auch künftig soll gelten, dass an unbefristeten Leistungseinschränkungen und Sanktionen, entwürdigenden Sachleistungen und einer ggf. lebensgefährlichen Minimalmedizin festgehalten wird. Die Behörden können faktisch nach Belieben entscheiden, in welcher Höhe sie Leistungen kürzen. Dies stellt einen verfassungswidrigen Eingriff in das Grundrecht auf ein menschenwürdiges Existenzminimum dar.
Der Entwurf der Änderung zum Freizügigkeitsgesetz soll mit den Instrumenten von Wiedereinreisesperren und Kurzbefristungen des Aufenthalts zur Arbeitssuche den europäischen Gedanken eines Raums der Freiheit und des Rechts auch für grenzüberschreitend Arbeit und Zukunft Suchende konterkarieren.
Monat: November 2014
Beim heutigen Pressetermin zum Sinterklaas-Fest hat der Veranstalter erklärt, dass er die rassistische Darstellung der Figuren des „Zwarte Piet“ (Schwarzer Peter) beibehält und mehrere dieser Figuren beim Umzug am 13. und 14. Dezember durch die Stadt Potsdam laufen lassen will.
Anfang Oktober wandte sich die Antidiskriminierungsberatung Brandenburg, angesiedelt beim Vereins Opferperspektive, an die Stadt Potsdam, weil mehrere schockierte Beschwerden über das vom “Förderverein zur Pflege Niederländischer Kultur in Potsdam” geplante „Sinterklaas Fest“ bei ihr eingegangen waren. Auf diesem Fest will der Verein mehrere Figuren der sogenannten „Zwarten Pieten“ (Schwarzer Peter auf niederländisch) auftreten lassen. Es handelt sich dabei um weiße Schausteller, die schwarz angemalt, mit großen Lockenperücken, übergroßen rot geschminkten Lippen, großen goldenen Ohrringen und in eine Art Narrengewand gekleidet durch die Potsdamer Straßen laufen und zur Erheiterung der Zuschauer beitragen sollen. Sie sollen die „Helfer“ des weißen Sinterklaas darstellen, der mit dem Schiff in Potsdam ankommt und dann mit ihnen von der Anlegestelle durch Potsdam zieht.
Diese Präsentation ist eine Nachahmung kolonialer Figuren, die schwarze Menschen in entwürdigender, lächerlich machender Art und Weise darstellt. Es gibt seit Jahren international Proteste dagegen und ein Amsterdamer Verwaltungsgericht wertete die Figuren als eindeutig diskriminierend.
Wir haben vor 5 Wochen die Verantwortlichen in der Stadtverwaltung auf all das aufmerksam gemacht und den Veranstalter um ein Gespräch gebeten, um Vorschläge zu unterbreiten, wie zum Beispiel nach Vorbildern aus
Holland, die Figuren in kreativer Weise bunt oder ganz anders darzustellen, um eine rassistische Herabwürdigung zu vermeiden, die schließlich auch dem Image der Stadt Potsdam widersprechen würde, die sich — auch bei diesem Fest — tolerant und weltoffen präsentieren will.
Der Veranstalter hat auf unser Gesprächsangebot nicht reagiert. Die Stadt bemüht sich auch, zu erreichen dass es nicht zu einer rassistischen Darstellung der Figuren kommt. Gestern Nachmittag erfuhren wir kurzfristig durch die Stadtverwaltung, dass der Veranstalter heute früh eine Presseerklärung verlesen wird. Uns selbst hat der Veranstalter davon nicht in Kenntnis gesetzt.
Der Verein, vertreten durch den Vorstandsvorsitzenden Hans Göbel, erklärte bei seinem heutigen Pressetermin, es sei ihm bekannt, dass es bereits seit den 1970er Jahren Proteste gegen die „Zwarte Pieten“ in den Niederlanden gibt und dass auch hier in Potsdam Gruppen und Privatpersonen Kritik geübt hätten. Die Kritik, dass der Verein eine rassistische Darstellung betreibe, hätte ihn also nicht überrascht. Jedoch: das würde der Verein nicht so sehen und weil man die Figuren nicht rassistisch meine, könnten sie auch nicht rassistisch sein und erst Recht kein Verstoß gegen die UN-Anti-Rassismus-Konvention. Man betrachte die vorgebrachte Kritik als Einzelmeinungen und wenn sich Menschen durch die „Zwarten Pieten“ verletzt fühlten, seien das „Befindlichkeiten“, auf die sie „keine Rücksicht nehmen“ oder deswegen ihre „kulturellen Traditionen ändern“ würden. Wer sich dadurch gestört fühle, könne Potsdam ja während der Veranstaltung fern bleiben.
Damit blieb der Veranstalter ganz auf seiner bisherigen Linie, auf die seit Wochen zum Teil öffentlich geäußerte Kritik, unter anderem von den Gruppen Postkolonial Potsdam und Pan-African Women’s Empowerment & Liberation Organisation (PAWLO) e.V., oder auf unsere Gesprächsaufforderung nicht zu reagieren und sich nicht auseinanderzusetzen.
Es wäre ein Leichtes, sich kreative andere Formen der Darstellung zu überlegen und die Figuren anders zu gestalten. Der Verein hat dies heute ausdrücklich und mit großem Selbstbewußtsein verweigert. Er will lediglich zusätzlich zu den althergebrachten Figuren auf dem Fest auch ein paar Figuren herumlaufen lassen, die nicht wie beschrieben geschminkt, sondern “nur” rußverschmiert auftreten. Es wird aber wie geplant eine große Anzahl der üblichen „Zwarten Pieten“ durch Potsdam laufen und damit in menschenverachtender Weise zur Reproduktion rassistischer Bilder in der Potsdamer Öffentlichkeit beitragen.
Die Stadt Potsdam ist seit dem Jahr 2006 Mitglied in der Europäischen Städtekoalition gegen Rassismus und hat sich verpflichtet, alles zu tun, um Rassismus abzubauen. Wir fordern die Stadtverwaltung dazu auf, dem Veranstalter die Auflage zu machen, Darstellungen, die Menschen entwürdigen und die Rassismus befördern, zu unterlassen.
Flüchtlingsfrauen erleben tagtäglich strukturelle Gewalt:
Sie werden durch ein Leben in Sammelunterkünften mit Essenspaketen oder Gutscheinen entwürdigt und entmündigt. Sie leiden darunter, um jede Krankenbehandlung für sich oder ihre Kinder beim Sozialamt betteln zu müssen. Auch durch Arbeitsverbote und mangelnde Möglichkeiten Deutsch zu lernen werden asylsuchende Frauen ausgegrenzt und ans Haus gefesselt. Viele Flüchtlingsfrauen warten jeden Tag auf ihre Abschiebung in andere europäische Länder wegen „Dublin III“. Das bedeutet sie werden wie Stückgut durch ganz Europa hin und her geschickt und können sich nie sicher fühlen.
Als Frauen sind sie aber auch mit Gewalt gegen Frauen konfrontiert, eine der häufigsten Menschenrechtsverletzungen weltweit.
Dieses Schicksal teilen sie mit vielen Frauen auf der ganzen Welt. Gleichzeitig werden Flüchtlingsfrauen durch die Unterbringung in Lagern vor Gewalt noch weniger geschützt, als andere Frauen.
Schutz und Hilfe vor Gewalt gegen Frauen?
Asylsuchende Frauen erhalten wenig oder keine Information über die Rechtslage und Hilfsangebote. Das Personal in den Sammelunterkünften verhält sich oft unsolidarisch oder ist überfordert und häufig schlecht informiert.
Eine junge Frau wird von ihrem Ex-Partner, der in derselben Unterkunft lebt, schwer misshandelt und bedroht. Sie wendet sich hilfesuchend an MitarbeiterInnen des „Heims“ und bekommt den „Rat“, sie solle sich zu ihrem Schutz in ihrem Zimmer einschließen. Für ihren Schutz während der Benutzung der Gemeinschaftsküche und der Sanitärräume fühlt sich vom Personal der Unterkunft niemand zuständig.
Hinzu kommt, dass asylsuchende Frauen ihren Alltag und ihre Lebensperspektiven in einem Ämterdschungel organisieren müssen, der für sie schwer zu durchschauen ist: Hausordnung, Gutscheine, Unterbringung in Sammelunterkünften, Residenzpflicht, Wohnsitzauflage, Arbeitserlaubnis oder Arbeitsverbot, Asylverfahren, Aufenthaltserlaubnis oder Abschiebung… Jedes individuelle und existenzielle Bedürfnis von Asylsuchenden wird von Behörden oder von vermeintlichen oder tatsächlichen Autoritäten verwaltet. Ob Waschschutz, Heimleitung, Sozialamt, Ausländerbehörde, Jugendamt, Polizei oder Beratungsstelle …welche dieser Autoritäten für was zuständig ist, ist für Asylsuchende nur schwer zu durchschauen und nur selten werden sie als unterstützend erlebt. Umso schwerer fällt es asylsuchenden Frauen, sich vorzustellen, dass eine dieser Autoritäten oder Institutionen für ihren Schutz zuständig sein könnte.
Tatsächlich scheinen sich Behörden oder Institutionen auch oft nicht zuständig zu fühlen. Denn häufig ist die Aufnahme in ein Frauenhaus an eine Finanzierungszusage des Sozialamts geknüpft, die wiederum unter Bezugnahme auf das Asylbewerberleistungsgesetz, die Residenzpflicht oder die Wohnsitzauflage verweigert werden kann.
Eine alleinerziehende Asylsuchende flieht aus Angst vor den gewalttätigen Übergriffen ihres 17-jährigen Sohnes zunächst zu einer Freundin und versucht dann telefonisch einen Platz in einem Frauenhaus zu bekommen. Nach zahlreichen Telefonaten hat sie endlich Tage später ein Frauenhaus in einem anderen Landkreis gefunden, das Platz für sie hat. Das zuständige Sozialamt verweigert die Finanzierung, deshalb wird sie nicht aufgenommen. Wochen später nimmt ein Berliner Frauenhaus sie zunächst auf und teilt ihr dann aber unter Verweis auf die Residenzpflicht und die bestehende Wohnsitzauflage mit, sie könne nur bis Ende des Monats bleiben. Das zuständige Jugendamt verlangt die Rückkehr der Mutter in die Sammelunterkunft und blockiert alle Anträge auf Umverteilung. Die betroffene Frau “wohnt” daraufhin monatelang mal hier mal da bei Freundinnen.
Wer schlägt, muss gehn?
In der brandenburger Behördenpraxis werden wesentliche Bestandteile des Gewaltschutzgesetzes in Sammelunterkünften nicht eingesetzt und asylsuchende Frauen bleiben damit ungeschützt.
Zum einem erlässt die Polizei in der Regel keine Schutzanordnungen, die den Gewalttäter vorübergehend aus dem gemeinsamen Haushalt mit dem Opfer, in diesem Fall in einer Sammelunterkunft, weg weist.
Und zum anderen sehen bürokratische Regelungen der Landesregierung eine dauerhafte sichere räumliche Trennung von Täter und Opfer, nur dann vor, wenn das Opfer in einen anderen Landkreis umverteilt werden möchte.
Diese Praxis steht aus unserer Sicht in eklatanten Widerspruch zum Gewaltschutzgesetz und häufig auch dem Kindeswohl.
Potsdam: Eine schwangere Frau mit zwei kleinen Kindern muss durch mehreren Frauenhäusern des Landes wechseln, ehe sie mit den Kindern schließlich, nach der Eröffnung einer Gemeinschaftsunterkunft für Frauen, in Potsdam untergebracht werden kann. Der gewalttätige Ehemann verbleibt die ganze Zeit in der Gemeinschaftsunterkunft. Seine Umverteilung in eine andere Unterkunft in einen anderen Landkreis ist nach Rechtsauffassung der Ausländerbehörde und des Innenministeriums nur auf seinen eigenen Wunsch hin möglich.
Deshalb fordern wir von Politik und Verwaltung Maßnahmen zum Schutz von asylsuchenden Frauen:
» Jede Frau hat ein Recht auf Schutz vor Gewalt! Institutionen, die Unterstützung für betroffene Frauen anbieten, müssen mit ausreichend Mitteln ausgestattet werden, um ihre Angebote auch auf asylsuchende Frauen auszurichten. Es muss gewährleistet werden, dass alle von Gewalt betroffenen Frauen – unabhängig vom Aufenthaltsstatus – und ihre Kinder sicher, schnell, unbürokratisch und bedarfsgerecht Schutz und qualifizierte Hilfe in einem Frauenhaus ihrer Wahl erhalten können.
» Das Gewaltschutzgesetzes muss auch für asylsuchende Frauen gelten! Dafür brauchen Polizei und Verwaltungsbehörden eine Weisung aus dem Sozial- und dem Innenministerium und eine entsprechende Klarstellung im Landespolizeigesetzes.
» Lebensbedingungen von Asylsuchenden in den Sammelunterkünften befördern Gewalt gegen Frauen. Deshalb sollen asylsuchende Frauen in Privatwohnungen am Ort ihrer Wahl leben können.
INFORIOT An dem gestrigen Samstag fand im Berliner Nobel-Hotel Maritim eine Versammlung unter dem Titel „Friedenkonferenz – für Frieden mit Russland“ des Compact Magazins statt. Das Compact-Magazin ist eine rechtspopulistische Zeitschrift und wird durch den neurechten Verschwörungstheoretiker Jürgen Elsässer herausgegeben.
Als ein Hauptredner trat der Brandenburger AfD-Vorsitzende Alexander Gauland auf. Das Spektrum an Besucher_innen reichte bis zur neonazistischen NPD. Der NPD-Bundesvorsitzende Frank Franz, der Berliner NPD-Chef Sebastian Schmidtke und der Brandenburger Vorsitzende Ronny Zasowk nahmen allesamt teil. Auf seiner Facebook-Seite kommentierte Schmidtke einen BILD-Artikel zur Veranstaltung mit den Worten: „Ich werde mich natürlich nicht von einer der Anwesenden Parteien distanzieren, andersrum wird es leider wohl schon brodeln. Frieden ist jedoch nicht parteiabhängig. Die NPD steht nunmal für Frieden, Freiheit und Souveränität.“

Dass die NPD immer öfter mit der AfD agiert zeigte sie Anfang des Monats, als die im Kreistag Dahme-Spreewald für deren Antrag gegen Asylsuchende gestimmt hat. In dem Antrag forderte die AfD eine „konsequente Abschiebung“ und eine „geregelte Einwanderung“ – Forderungen, die auch im NPD-Parteiprogramm zu finden sind.
INFORIOT Rassistischer Aufmarsch für den Freitag, den 19. Dezember in Potsdam angekündigt / Am Wochenende marschierten 70 Neonazis mit Fackeln gegen Asylsuchende in Gransee (Oberhavel)

Unter den Motto „Lichtermarsch gegen Asylpolitik!“ soll in Potsdam am 19. Dezember demonstriert werden. Ab 17 Uhr soll es vom Johannes-Kepler-Platz aus einen Marsch zum Potsdamer Landtag gehen. Der Veranstalter, der bei Facebook unter den Namen „Ulf Bader“ auftritt, ruft zu einem Aufmarsch gegen die Errichtung von Asyl-Containerdörfern in Potsdam auf. Auf seinen privaten Account teilt er Postings für die „Hooligans gegen Salafisten“ (HoGeSa), Artikel der Rechtsaußen-Zeitung “Junge Freiheit”, Demonstrationsaufrufe und Fotos der extrem rechten Aufmärsche gegen die Unterbringung von Asylsuchenden in Berlin-Marzahn, Köpenick und Buch und mehrere Video der extrem rechten Musiker_innen “Villain 051” und “Dee Ex”. Auch ein NPD-Plakat findet sich in seiner Timeline, allerdings ohne das Parteilogo.
In der Vergangenheit organisierte die NPD in Potsdam zu den Landtagswahlen eine nicht unähnlich ausgerichtete Kundgebung gegen Asylsuchende. Die Aktion wurde von breiten Protesten von Zivilgesellschafte und Antifa begleitet.
Neonazis marschierten am Wochenende in Gransee (Oberhavel)

Am vergangenen Wochenende marschierten knapp 70 Neonazis unangemeldet unter dem Motto „Ein Licht für Deutschland gegen Überfremdung“ mit Fackeln in Gransee. Auf der gleichnamigen Facebook-Seite finden sich dazu Fotos und ein Flugblatt, für das der bekannte Neonazi Maik Eminger verantwortlich ist. Es handelt sich um den Zwillingsbruder des in München angeklagten NSU-Unterstützers André Eminger. Ursprünglich hatte Eminger eine Kundgebung für den Sonnabend zwischen 18–19:30 Uhr in Werder angemeldet. Die Veranstaltung wurde jedoch durch die Polizei verboten. So wichen die Neonazis scheinbar spontan nach Gransee aus. Eminger selbst war den Sonnabend noch neben weiteren Neonazis aus Berlin, Neuruppin und dem Havelland im bayerischen Wunsiedel bei einem „Heldengendenken“ zu Ehren von Hitlerstellvertreter der Rudolf Hess.
Die Facebook-Seite „Ein Licht für Deutschland gegen Überfremdung“ wird hauptsächlich von Neonazis aus Potsdam-Mittelmark frequentiert. Mit dabei sind etwa die NPD-Abgeordneten Andre Schär und Pascal Stolle, sowie der Account der NPD-Potsdam-Mittelmark. Auch der Mörder und Neonazi Sascha Lücke, welcher 1996 den Punk Sven Beuter in Brandenburg an der Havel tot schlug, zeigt sich sehr aktiv auf der Seite.

Ebenfalls findet sich ein Bericht zur Demonstration auf der Seite „Licht und Schatten“. Die Neonazi-Struktur ist eine Nachfolgeorganisation der Freien Kräfte Potsdam, die nach dem Vorbild der Spreelichter die “Volkstod”-Kampagne aufgreifen. „Wir erkennen die Gefahr. Die Gefahr zunehmender Überfremdung, die Gefahr des drohenden Kulturzerfalls, die Gefahr des nahenden Volkstodes“, hieß es im Bericht. Einen ähnlichen Aufmarsch hielten sie am 8. Mai des vergangenen Jahres in Kloster Lehnin ab.

Der Verfassungsschutz ist scheinbar auch „Fußballfan“. Anders ist es nicht zu erklären, warum auch Fußballspiele und Fußballveranstaltungen unter der Beobachtung des Brandenburgischen Verfassungsschutzes stehen. Nach einem Auskunftsersuchen eines Babelsberger Fußballfans beim Brandenburgischen Verfassungsschutz kam nach zehn Monaten und zwei Zwischenbescheiden die lang ersehnte Antwort: Neben dem Besuch von diversen Partys, Konzerten und Demonstrationen, wurde dem Betroffenen die Teilnahme an zahlreichen Fußballspielen des SV Babelsberg 03 als auch
am antirassistischen Stadionfest „Der Ball ist bunt“ bescheinigt. Die breite Palette an alternativen politischen, kulturellen und sozialen Events, die unter Beobachtung des Geheimdienstes stehen, ist demnach noch lange nicht vollständig.
Zur Vorgeschichte: Ende 2013 machten mehrere Personen aus Potsdam öffentlich, dass sie vom Verfassungsschutz Brandenburg beobachtet werden und u.a. ihre Teilnahme an der Weihnachtsparty im „Black Fleck“ am 24.12.2011 dokumentiert und bis heute in den Akten gespeichert ist. Sie hatten die Möglichkeit genutzt in Erfahrung zu bringen, ob sie beobachtet werden, indem sie einen Antrag auf Aktenauskunft stellten. Daraufhin gründete sich der „Arbeitskreis für die totale Einsicht (AKtE)“. Dieser Arbeitskreis hat das Ziel, die Datenspeicherungen dieses Geheimdienstes etwas zu erhellen und die Bespitzelungen zu öffentlich zu thematisieren. Bei der Weihnachtsfeier im Black Fleck im Dezember 2013 wurden daraufhin Flyer und Vordrucke verteilt, um auch andere potentiell Betroffene zu informieren und die Möglichkeit zu geben, unkompliziert vom Recht auf Datenauskunft Gebrauch zu machen.
Neben vielen anderen nutzte auch der jetzt Betroffene diese Gelegenheit. Ob die lange Bearbeitungsdauer von zehn Monaten nun an der Häufung von Anfragen liegt, ist unklar.
Dem Betroffen wurde mitgeteilt, dass er „Teilnehmer an der ‘Fan-Demo‘ am 16.März 2008 in Potsdam“ gewesen sein soll. An diesem Tag fand das Spiel Babelsberg 03 gegen Union Berlin statt. Um welche „Fandemo“ es sich dabei handeln soll, ist unbekannt.
Weiter wurde ihm mitgeteilt, dass er am „07.Mai 2008 in Potsdam das Fußballspiel SV Babelsberg 03 – 1.FC Magdeburg“, „am 31.Mai 2008 ein Regionalligaspiel des SV Babelsberg 03 in Potsdam“ und am „29.Mai 2010 ein Regionalliga-Punktspiel in Potsdam“ besuchte. An den beiden zuletzt genannten Spieltagen handelte es sich um die jeweils letzten Saisonspiele, in deren Anschluss das „Ultrash-Festival“ stattfand, dass in der Auskunft jedoch nicht erwähnt wird. Zu mehreren „Ultrash“-Festivals liegen Erkenntnisse vor, dass dort Personen überwacht wurden.
Ein weiteres Babelsberg-Spiel vom 11.September 2010 ist gelistet, als der SV Babelsberg 03 die Mannschaft von Hansa Rostock im Karl Liebknecht Stadion empfing.
Bei den Veranstaltungen mit Fußballbezug handelt es sich zunächst um das „10.Antirassistische Stadionfest – Der Ball ist bunt am 04.September 2010“. Hinter dem „Konzert im Szenetreff ‘Archiv‘ in Potsdam am 15.Januar 2011“ verbirgt sich eine Veranstaltung der Red and Anarchist Skinheads (RASH) Berlin Brandenburg und den Ultras Babelsberg. Des Weiteren wird eine „Soliparty der ‘Strada[sic!] Garda‘ zugunsten der Aktion ‘Babelsbergfans sind keine Verbrecher‘ am 04.März 2011 im Szeneobjekt ‘La Datscha‘ in Potsdam“ genannt.
Interessant ist zudem, dass die Teilnahme an der in VS-Kreisen scheinbar bedeutenden Weihnachtsparty im Black Fleck auch dem Bundesamt für Verfassungsschutz sowie den Landesämtern für Verfassungsschutz der Länder Baden-Württemberg, Niedersachsen und Sachsen-Anhalt übermittelt wurde – warum auch immer.
Mehr hat der Verfassungsschutz in dem Schreiben zunächst nicht preisgegeben, denn „eine weitergehende Auskunft [wird] abgelehnt“, um keine Rückschlüsse darauf ziehen zu können, „auf welche Weise die Kenntnis von Daten erlangt worden ist.“
Was bedeutet das alles? Dass die linke und alternative Szene in Potsdam schon lange im Fokus des Geheimdienstes liegt, ist bekannt. In Potsdam gibt es eine oder wahrscheinlich mehrere Personen, die mit dem Verfassungsschutz kooperieren. Sehr wahrscheinlich ist nun, dass es auch in der Fanszene des SV Babelsberg 03 Informanten gibt.
Es ist gängige Praxis, dass der Verfassungsschutz versucht, junge Aktivist_innen zu einer Mitarbeit zu drängen. Dafür werden die ausgewählten Personen eine Zeitlang beschattet und dann häufig auf dem Weg zur Arbeit, Schule o.ä. abgefangen und angesprochen. Nach welchen Kriterien der Verfassungsschutz vorgeht und seine Zielpersonen bestimmt, ist nicht gänzlich zu durchschauen. Oftmals kontaktieren sie Personen, die Probleme mit der Justiz oder finanzielle Probleme haben.
In den vergangenen Jahren wurden mindestens zweimal Personen vom Verfassungsschutz angesprochen, die auch der Babelsberger Fanszene zuzurechnen sind. Beide Male wurde dieser Anquatschversuch öffentlich gemacht. Wir bitten euch, im Falle eines Anquatschversuches unbedingt euch nahestehenden Menschen oder Gruppen anzuvertrauen und das Vorgehen des Verfassungsschutzes öffentlich zu machen. Nur so lassen die Geheimdienstmitarbeiter von einem ab und ist es möglich, diese schäbige Vorgehensweise publik zu machen.
Die Institution Verfassungsschutz hat spätestens seit den Verstrickungen des Verfassungsschutzes in den Mordfällen um die neonazistische Terrorgruppe NSU jegliche Existenzberechtigung verloren. Die zweifelhaften Methoden, Vorgehensweisen und Ergebnisse ihrer Arbeit, lassen dem Verfassungsschutz mittlerweile auch aus den Reihen der bürgerlichen Parteien einen ordentlichen Wind entgegen blasen.
Der Fußball in Babelsberg steht allerdings nicht zum ersten Mal im Fokus des VS: Aktivitäten aus der Fanszene des SV Babelsberg 03 wurden 2010 im Verfassungsschutzbericht des Landes Brandenburg erwähnt, wie die Aktion „Fußballfans beobachten die Polizei“, die als Organisation mit „autonomen linksextremistischen“ Hintergrund dargestellt wurde.
Außerdem wurde das „Ultrash-Festival“ im selben Jahr aufgrund der Teilnahme der Band „Pestpocken“ gelistet.
Gerade jetzt wieder, nach den rechts motivierten Hooligan-Krawallen in Köln, fordern Politiker ein stärkeres Engagement gegen rechts, um das Abrutschen von Jugendlichen in die rechte Szene zu verhindern. Doch was ist das beste und effektivste Mittel dagegen? Die Antwort ist einfach: Eine antirassistische und antifaschistische Gegen(jugend-)kultur – so wie es mit der Fanszene beim SV Babelsberg 03 der Fall ist. Und wie reagiert der Staat? Er kriminalisiert und bekämpft damit die effektivste Prävention.
Der Betroffene hat mittlerweile weitere neun Briefe losgeschickt, um weitere Auskünfte bei diversen Landesämtern des Verfassungsschutzes, beim Bundesamt für Verfassungsschutz und beim Bundeskriminalamt aufgrund einer möglichen Speicherung in der umstrittenen „Datei Gewalttäter Sport“ zu erhalten.
Wenn auch ihr nachvollziehen wollt, welche Repressionsbehörde oder Geheimdienst persönliche Daten über euch speichert, dann stellt selbst Anträge auf Aktenauskunft. Kontaktiert die Initiative AKtE und lasst euch beraten, wie und wo ihr die Anträge auf Auskunftserteilung stellen könnt. Wenn ihr das bereits gemacht und eine Antwort erhalten habt, kontaktiert die Initiative – auch wenn bei euch nichts drin stand. Nur wenn möglichst viele Menschen Auskünfte einholen und die Ergebnisse rückmelden, kann einer erfolgreiche Öffentlichkeitsarbeit erreicht werden.
Eine umfassende Broschüre zum Thema ist derzeit in Arbeit. Haltet die Augen und Ohren offen!
Wir lassen uns nicht kriminalisieren – für eine bunte Fankultur!
? 06. Dezember // Spartacus Potsdam
(Friedrich-Engels-Straße 22, 14473 Potsdam)
? Beginn: 22:00
? FB Veranstaltung: hier.
INFORIOT Yippie, Yippie, Yeah, Inforiot wird 13 Jahre alt! Deswegen lässt euer Lieblingsportal für alternative News und Termine ordentlich die Sektkorken knallen und bittet zur feucht-fröhlichen Sause. Wir wollen all diejenigen vereinen, die auf den Dörfern und Städten Brandenburgs die Bushaltestellen und Bahnhöfe belagern, den Nazis das Leben schwer machen und für eine bessere Alternative in Mitten der Tristesse kämpfen. Euch allen wollen wir danken und auf einen gemeinsamen Umtrunk und Tanz einladen. Bis in die Morgenstunden wollen wir mit euch rocken, pogen, dancen und raven bis die Füße bluten und der erste Bus oder Zug wieder fährt. Freut euch auf ein eine wilde Party mit kleinen und großen Überraschungen, leckere Getränken, Cocktails und Shots!
??? ACTS ???
? Schnöselpöbel
(Trash.Pop.Disco.Hits)
https://www.facebook.com/schnoeselpoebel?fref=ts
? No Cap No Style
(Female HipHop/Alltimes)
? Kalli Krawalli
(From Punk to Alltimes)
? Von Raben
(Krabat DIY)
https://www.facebook.com/vonRaben?fref=ts
? Elektroloox
(Love Techno Hate Germany)
https://www.facebook.com/elektroloox?fref=ts
? Freakout
(Kill Your Gender)
https://www.facebook.com/Freakout?fref=ts
Nachdem die kleine Gemeinde Karstädt (Landkreis Prignitz) im Juli 2014 mehrere syrische Flüchtlingsfamilien aufgenommen und ihnen Wohnraum zur Verfügung gestellt hatte, hetzte plötzlich eine Socialmedia-Kampagne mit dem Namen „Karstädt WEHR DICH“ via Statements im Internet und Flyern als Postwurfsendung gegen die Asylsuchenden. Darüber hinaus tauchten Anti-Asyl Sticker an Straßenleuchten und gesprühte NS Schmierereien am Bahnhof und im Neubauviertel auf.
Bürgerversammlung im Landgasthaus
Am Mittwochabend fand deshalb von 18.00 bis 19.00 Uhr eine Bürgerversammlung zum Thema „Wohin mit Flüchtlingen und Asylsuchenden“ in einem Landgasthaus in Karstädt statt. Auf dem Podium saßen der Bürgermeister, Vertreter_innen der Arbeiterwohlfahrt (Awo), der Polizei, des Landkreises, der Wohnungsbaugenossenschaften, von KiTas und Grundschulen. Im Publikum saßen ungefähr 100 Menschen, wovon sich mindestens zwei Personen durch ihren auffälligen THOR STEINAR Dress als Sympathisanten des neonazistischen Milieus zu erkennen gaben. Ob sie für „Karstädt WEHR DICH“ dort saßen blieb unklar, sie äußerten sich an dem Abend zu keiner Thematik.
Überhaupt spiegelte der Output der lokalen Hetzkampagne gegen Asylsuchende nicht die Stimmlage auf der Versammlung wieder. Im Gegenteil, die Karstädter gaben sich eher recht aufgeschlossen gegenüber der Aufnahme der Flüchtlinge im Ort. Sicherlich wären dem Bürgermeister, als CDU-Mann, Menschen mit christlicher Religion lieber gewesen, so sein Statement während der Versammlung, trotzdem hatte er sich aber bereits im Juli dazu bereiterklärt, die Syrer in seiner Gemeinde aufzunehmen.
Ausländerfeindlichkeit oder gar Rassismus war hingegen auf der Bürgersammlung nicht zu spüren. Kritik gab es nur am Management und zwar im Hinblick auf die Kommunikation mit den Behörden. Vor allem der Sprachunterschied bereitet immer wieder Probleme. Es gibt keine Dolmetscher im Kreis. Eine Person aus der Kreisstadt Perleberg, die ehrenamtlich übersetzt, bleibt zu dem auf dem größten Teil ihrer Kosten sitzen. Beklagt wurde in diesem Zusammenhang, dass Dolmetscherleistungen weder vom Landkreis, noch vom Land und auch nicht vom Bund gefördert werden.
In den KiTas und Grundschulen, in denen die Kinder der Syrer integriert wurden, gibt es ebenfalls noch sprachliche Barrieren, so die Erzieher und Lehrer. Allerdings seien die Menschen aus der Ferne sehr nett und für Selbstverständliches äußerst dankbar. Auch die syrischen Schulkinder machen Fortschritte, so eine Vertreterin der Grundschule. Jedoch würde sie sich ebenfalls über mehr Unterstützung durch das Schulamt, insbesondere im Hinblick auf die Unterrichtung der Flüchtlingskinder in deutscher Sprache, freuen.
Trotzdem helfen die Einwohner der Gemeinde gerne, wo es geht, so jedenfalls der Eindruck auf der Versammlung. Auch eine direkte Nachbarin der Syrer meldete sich zu Wort und gab an, dass sie die Flüchtlinge bereitwillig unterstütze. Sie bestätigte ebenfalls die Freundlichkeit der Familien, ihre Dankbarkeit und ihren Integrationswillen.
Weitere Flüchtlinge werden im Kreis erwartet
Im gesamten Landkreis Prignitz (78.000 Einwohner_innen) leben zurzeit 260 Asylsuchende, so ein Vertreter des Kreises während der Bürgerversammlung. Bis Ende 2014 sollen noch einmal 82 folgen, davon zwölf Flüchtlinge aus Syrien. Die Betreuung der Asylsuchenden obliegt der Awo.
Im nächsten Jahr werden weitere Menschen erwartet, die in der Prignitz Asyl suchen oder als Flüchtlinge geduldet werden sollen.
Neonazistischen Aktivitäten im Ort
Zur Sprache kam während der Bürgerversammlung auch noch einmal die im Oktober 2014 von Neonazis durchgeführte „Mahnwache“ in Karstädt. Diesbezüglich betonte der Bürgermeister, dass die „freien Prignitzer oder wie die heißen“ (gemeint sind offenbar die „Freien Kräfte Prignitz“, die sich im Internet zu der Kundgebung bekannten) ihren Sitz in Lanz, einer kleinen Gemeinde zwischen den Städten Lenzen/Elbe und Wittenberge, hätten.
Ein Vertreter der Polizei ergänzte weiterhin, dass an der Versammlung in Karstädt elf Personen teilgenommen hatten und nach Beendigung der Veranstaltung, ohne Vorkommnisse, wieder abreisten. Die Beamten haben zu dem Präsenz gezeigt bzw. schützende Maßnahmen ergriffen, um die Versammlungsteilnehmer vor eventuellen „Gegnern“ zu schützen, so der Polizist auf dem Podium.
Daraufhin wollte ein Teilnehmer der Bürgerversammlung vom Vertreter der Polizei wissen, was eigentlich gegen die „ewig gestrigen“ (gemeint waren die Neonazis) selber unternommen werde. Hier würde alles zur Verfügung stehende „know how“, also sowohl Personal, als auch Technik gegen die Straftäter_innen eingesetzt, so der Beamte.
In Bezug auf die jüngsten Sprayereien in Karstädt, darunter auch Hakenkreuze, konnte so bereits ein Tatverdächtiger ermittelt werden. Bei diesem fand auch eine Hausdurchsuchung statt.
Bernau — Am Mittwochnachmittag haben Neonazis der NPD, der “Barnimer Freundschaft” und “A3stus” versucht in unseren Jugendtreff einzudringen. Für uns ist das eine neue Stufe der Bedrohung, denn nun werden auch unsere täglichen Besucher_innen, Kinder und Jugendliche, die den Jugendtreff als Schutz- und Freiraum besuchen, akut gefährdet.
Das schnelle Regieren unserer Sozialpädagog_innen hat vermutlich Schlimmeres an diesem Mittwoch verhindert. Die sieben Neonazis wurden bereits am Eingang abgefangen und ihnen wurde der Zutritt in den Jugendtreff verwehrt. Einer der Neonazis, Marcel Zech, NPD Gemeindevertreter in Panketal und Aktivist der gewalttätigen Neonaziclique “Barnimer Freundschaft”, hielt die Tür energisch fest und wollte sich Zugang ins Gebäude verschaffen. Erst nachdem ihnen mit Polizei gedroht wurde, ließ er von der Tür ab. Nachdem die Tür versperrt war, machte Aileen Rokohl, NPD Stadtverordnete in Bernau, Fotos durch das Fenster und postierten sich gemeinsam mit den anderen Neonazis an der Ausfahrt des Jugendtreffs. Später erfuhren wir, dass die Gruppe ebenfalls über das Stadtarchiv, mit dem wir das Gebäude teilen, Zutritt zum Jugendtreff verlangt hatten.
Mehrere Angriffe durch Barnimer Freundschaft
Es ist nicht die erste Aktion der Neonazis. Wir kennen sie, da sie mehrfach involviert waren in Angriffe auf Jugendliche des Treffs und auf das Gebäude selber. Dazu zählen tätliche Übergriffe während des Hussitenfests 2012, mehrmalige Bedrohungssituationen und Störungen von Veranstaltungen in den letzten drei Jahren — zuletzt im September bei einer Kundgebung des Netzwerks für Weltoffenheit — sowie mehrere Schmierereien und Sachbeschädigungen an unserem Gebäude, dem Auto einer Angestellten und dem Auto des Vereins. Dies ist jedoch das erste Mal, dass sie sich tagsüber Zugang zum Jugendtreff verschaffen wollen.
Gleiche Clique bei Hooligandemo
Nicht nur in Bernau treiben eben jene Neonazis ihr Unwesen. Auch außerhalb der Kleinstadt sind sie aktiv: So war Patrick Killat, Rapper von “A3stus” zuvor bei der äußert gewaltsamen Demonstration der so genannten “Hooligans gegen Salafisten” in Köln. Erst am letzten Sonntag waren Aileen Rokohl und die anderen Neonazis in Berlin unterwegs und beteiligt an Ausschreitungen gegen die Polizei am Bahnhof Alexanderplatz.
Die Vielzahl an Vorfällen macht die Gefahr durch diese Gruppe äußerst deutlich und in diesem Kontext muss diese Aktion gesehen werden.
Der versuchte Angriff der Neonazis ist nicht hinzunehmen! Der Jugendtreff DOSTO ist ein Raum, in dem sich Kinder und Jugendliche angstfrei bewegen wollen. Der Besuch der Neonazis war eindeutlicher Einschüchterungsversuch!
Jugendbildungs und Freizeitinitiative Bernau e.V.
INFORIOT — Es nimmt kein Ende: Nach mehreren Enthüllungen über die rechten Aktivitäten der neuen Landtagsabgeordneten der Brandenburger Alternative für Deutschland (AfD) werden nun weitere Verstrickungen in die extreme Rechte deutlich. Neueste Episode: ein Ehepaar aus Bad Belzig, das für die AfD in Potsdam-Mittelmark kandidierte. Ein etwas näherer Blick auf das Paar offenbart einen schwer erträglichen Mix aus Beleidigungen gegen die Brandenburger Bevölkerung, Adels-Snobismus und einem kruden Germanenkult.
Bei den Kommunalwahlen im Mai diesen Jahres trat der AfD’ler Baron Arpad von Nahodyl-Nemenyi für den Kreistag Potsdam-Mittelmark als auch für die Stadtverordnetenversammlung Bad Belzig an. Der Baron fungiert nebenbei unter dem Namen Geza von Nemenyi als Chef der „Germanischen Glaubensgemeinschaft“ (GGG). Auch auf der Wahlliste stand seine langjährige Lebensgefährtin und inzwischen Ehefrau Catrin (geborene Wildgrube).

Adeliger Wahnwitz in der AfD
Arpad von Nahodyl ist nur einer von mehreren Adligen in der Funtionärsriege der Brandenburger AfD. Aber vermutlich der Einzige, der über seine Blaublütertum ein Buch geschrieben hat. Sein Ende 2013 erschienenes Buch „Adliges Bewusstsein“ strotzt vor kruden Thesen. Beispielsweise beklagt er „fehlenden Respekt“ der Bevölkerung gegenüber dem Adel.
Über das Leben in Brandenburg schreibt er: „Aber hier in Mitteldeutschland, wo ich jetzt lebe, kennen sich nur sehr wenig Menschen mit den feinen Umgangsformen aus. Die Mehrheit sind ‚Bauern‘ oder Nachkommen von Bauern, in keiner Weise fein.“ Das ist nichts weniger als eine knackige Beleidigung der Brandenburger Bevölkerung. Die Rede von Brandenburg als Teil von „Mitteldeutschland“ ist hingegen strammes, extrem rechtes Vokabular und deutet darauf hin, dass die Existenz der Oder-Neiße-Grenze von Nahodyl nicht akzeptiert wird.
Im Buch heißt es weiter: „Das Adelssystem ist ein hierarchisches System: Man anerkennt, daß einzelne Menschen einen höheren Status haben, als andere.“ Kritik an solchem Denken wäre unfair, denn sie käme nur „von Menschen des unteren Status“, die „ein Umkehren der Verhältnisse“ bezwecken. Bezogen auf seinem Leben in Brandenburg wird er noch deutlicher: „Ich selbst habe in dem Dorf, wo ich jetzt wohne, erlebt, wie man mich in ähnlicher Weise nicht dem Rang entsprechend behandeln wollte.“

Germanische Glaubens-Gemeinschaft
Mehr noch: Nahodyl ist unter dem Namen Geza von Nemenyi Gründer der „Germanische Glaubens-Gemeinschaft“ (GGG), einer germanisch-heidnischen Sekte, die in ihrem Logo den in der Naziszene beliebten Thorhammer verwendet. Die GGG beruft sich auf die historische, 1913 gegründete „Germanische Glaubensgemeinschaft“ um den Dichter Ludwig Fahrenkrog. Fahrenkrog sah das sich auf dem Judentum aufbauende Christentum als den Germanen wesensfremd an.
AfDler Geza von Nemenyi, der sich als „Gode“, als “germanischer Priester“, versteht, gründete 1991 die GGG als Verein in Berlin. Als „Allsherjargode“ ist Nemenyi Leiter des sogenannten Godenrates und damit Anführer der GGG. Die Sekte hat ihre Anschrift in Bad Belzig. Im Vorstand der GGG ist auch Nahodyls Ehefrau Catrin von Nahodyl-Nemenyi vertreten.
Hexe Bjarka auch bei AfD
Wie ihr Ehemann ist auch Catrin von Nahodyl-Nemenyi Buchautorin — 2004 veröffentlichte sie das Buch „Die Welt der Hexen“. Als Beruf gibt die 46-jährige ist “Astrologin” an. Sie tritt als „Hexe Bjarka“ auf und äußerte gegenüber der Berliner Morgenpost: „Das Hexen liegt ein bißchen in der Familie. Meine Tante hat mir beigebracht, Karten zu legen, als ich zwölf war. Mit Skatkarten.“ Aus der FAZ erfährt man, das Hexe Bjarka Beraterin bei Questico war, einem Portal für HellseherInnen.
Bereits Ende 1999 in einem internen Schreiben an Mitglieder der GGG wird der Umzug von „Geza und Catrin in das Brandenburger Umland“ beklagt. Im Dezember 2013 sieht man sie — Geza diesmal als Baron Arpad von Nahodyl — in der VOX-Sendung „Mieten.Kaufen.Wohnung“ auf der Suche nach einer neuen Wohnung in Berlin. Zurück nach Berlin zog es sie offenbar nicht, so leben sie weiterhin im Bad Belziger Ortsteil Werbig.

