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Antifaschismus

Doch mehr als ein Geburtstagsständchen — Rechter Liedermacher muss Geldstrafe zahlen

Am Mittwoch, den 25.02.2015 musste sich der Lie­der­ma­ch­er Björn B. wegen des Vor­wurfs der Volksver­het­zung (StGB § 130) vor dem Amts­gericht Frank­furt (Oder) ver­ant­worten. In der Nacht des 09.08.2013 ver­nah­men Anwohner_innen „Heil-Hitler“ Rufe sowie Live­musik mit recht­en Inhal­ten aus der „Bier­bar“ und ver­ständigten die Polizei. Zu Beginn der Ver­hand­lung leugnete der Angeklagte noch alle Vor­würfe. Er beantragte sog­ar eine Ein­stel­lung des Ver­fahrens. Die Vorsitzende
Rich­terin und der Staat­san­walt macht­en dem Angeklagten jedoch klar, dass die Beweis­lage klar gegen ihn spreche. Nach ein­er lan­gen Prozes­sun­ter­brechung wurde durch die Rich­terin das über­raschende Urteil gesprochen: Das Ver­fahren gegen Her­rn B. wegen Volksver­het­zung wurde gegen eine Zahlung von 1800 Euro eingestellt. Hier­für war die Bedin­gung, dass der Angeklagte die ihm vorge­wor­fene Tat geste­ht, was dieser auch tat.
Bere­its vor anderthalb Jahren the­ma­tisierten Anwohner_innen und der Vere­in Utopia den recht­en Lie­der­ma­cher­abend in der Öffentlichkeit.
Der ansäs­sige Vere­in Utopia e.V., der unter seinem Dach ver­schiedene Ange­bote der Jugend‑, Beratungs- und Kul­tur­ar­beit beherbergt, ist durch das rechte Treiben in der „Bier­bar“ beein­trächtigt. Die Beratungsstelle für Opfer rechter Gewalt (BorG) doku­men­tierte mehrere Über­griffe, die
durch Besucher_innen der „Bier­bar“ auf Anwohner_innen, Vere­ins­mit­glieder und Besucher_innen der Vere­in­sräum­lichkeit­en aus­geübt wur­den. 2008 etwa grif­f­en mehrere Besucher_innen der „Bier­bar“ bewaffnet mit Bil­lard­stöck­en Vere­ins­mit­glieder des Utopia e.V. an. In den Fol­ge­jahren provozierten Besucher_innen der „Bier­bar“ mit Böller­wür­fen, Pöbeleien und aggres­sivem Ver­hal­ten. Die „Bier­bar“ beherbergt ein ein­deutig recht­es Pub­likum, zu welchem auch stadt­bekan­nte Neon­azis gehören. Seit­ens des Betreibers oder der Barkräfte fol­gte zu keinem Zeitpunkt
eine Dis­tanzierung vom recht­en Treiben in ihrer Lokalität. Ganz im Gegen­teil: Betreiber Gui­do T. leugnet sog­ar die Vor­fälle. Am 09.08.2013, dem besagten Lie­der­ma­cher­abend, kon­nte erst die gerufene Polizei den recht­en Umtrieben ein Ende bere­it­en. Sowohl Gäste, die Barkraft als auch der Betreiber der Kneipe hat­ten die Geschehnisse toleriert und klein gere­det. Ger­ade Gui­do T. trieb die Sache später in der Presse sog­ar noch weit­er, indem er ver­suchte, die Ereignisse aus der besagten Nacht als nette Geburt­stags­feier herunter zu spie­len. Die Sym­pa­thie des Bier­bar-Betreibers für sein recht­es Pub­likum ist offen­sichtlich, so beschrieb Björn B. vor Gericht Gui­do T. als einen guten Freund.
„Da nun der Tatvor­wurf durch ein Gericht bestätigt wurde und der Angeklagte ges­tanden hat, dass er am Abend des 09.08.2013 unter anderem Lieder der neon­azis­tis­chen und ver­bote­nen Band „Landser“ in der „Bier­bar“ spielte, ist es an der Zeit, dass die zuständi­gen Ämter, die Stadt und der Ver­mi­eter dem schon lange anhal­tenden recht­en Treiben ein Ende bere­it­en und aus der Gericht­sentschei­dung Kon­se­quen­zen ziehen“, so eine Sprecherin der Beratungsstelle Opfer rechter Gewalt (BOrG).
Frank­furt (Oder), den 27.02.2015
Beratungsstelle für Opfer rechter Gewalt (BOrG) des Utopia e.V.

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Antifaschismus

Fürstenwalde: Kein Platz für RassistInnen

1613908_589100034523794_4030827491681722944_nAm 2. März rufen die BraMM zum Mon­tagss­pazier­gang durch Fürsten­walde auf.
Die BraMM fordern eine Asylpoli­tik, die es ermöglicht, die Schutzbedürftigkeit von Men­schen im Schnel­lver­fahren zu beurteilen und diese genau­so schnell abzuschieben, wenn es sein muss in den Tod.
Sie geben sich als „über­parteilich“ aus, obwohl ihre Aktiv­ität von der REP, ein­er nation­al­is­tisch-kon­ser­v­a­tiv­en Partei, aus­ge­ht und ihre Anhänger­schaft großteils aus alt­bekan­nten Neon­azis besteht.
Sie beze­ich­nen Aufk­lärung in der Schule als „ide­olo­giebe­lastet“ und „früh­sex­u­al­isierend“. Sie schüren unbe­grün­dete und irra­tionale Äng­ste vor dem Islam, in Deutsch­land leben­den Migranten, vor linksalter­na­tiv­er Bewe­gung, vor generell allem, was nicht in ihr Welt­bild passt.
Sie sind eine Rat­ten­fänger­be­we­gung der neuen Recht­en und dür­fen in unser­er Stadt nicht wider­stand­s­los geduldet werden.
Lasst diesen Auf­marsch nicht unkom­men­tiert. Gegenkundge­bun­gen wer­den stat­tfind­en um
17:00 am Bahnhof
17:30 am Stern
Kommt vor­bei und zeigt, dass Fürsten­walde mehr ist als das.
‑Antifaschis­tis­che Aktion Fürstenwalde

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(Anti-)Rassismus Antifaschismus

Lukas Franz: Organisierter Neonazi in der „Sportgemeinschaft Töplitz 1922 e.V.“

Erster Auftritt…

Lukas Franz, dritter von rechts mit Kapuze und Sonnenbrille, am 25. März 2012 auf einer spontanen neonazistischen Kundgebung in Grube
Lukas Franz, drit­ter von rechts mit Kapuze und Son­nen­brille, am 25. März 2012 auf ein­er spon­ta­nen neon­azis­tis­chen Kundge­bung in Grube
Der in Alt-Töplitz wohnende Lukas Franz bewegt sich seit unge­fähr drei Jahren in der organ­isierten Neon­aziszene der Lan­deshaupt­stadt Pots­dam. Erst­mals für Antifaschist_innen sicht­bar trat er am 25. März 2012 zusam­men mit weit­eren Pots­damer Neon­azis bei ein­er Neon­azikundge­bung im Ort­steil Pots­dam-Grube, dem Wohnort des Laden­ver­mi­eters des Geschäftes „Tøns­berg“, auf. Die Kundge­bung wurde von Pots­damer Neon­azis als Reak­tion auf eine Demon­stra­tion gegen das „Thor Steinar“-Geschäft in Weißensee organisiert.
Unter den rund 30 Teil­nehmenden befan­den sich neben Lukas Franz, der sich zu diesem Zeit­punkt noch ver­mummte und eher im Hin­ter­grund hielt, auch sein in Alt-Töplitz wohnen­der Kam­er­ad Philipp Hinz­mann. Mit ihnen wohnte außer­dem ein wichtiger Teil der organ­isierten Neon­aziszene Pots­dams der Kundge­bung bei. Neben Gabor Grett, Ben­jamin Oestre­ich, Lars Wick­n­er und Patrick Danz nah­men auch Max Sei­del, die Brüder Mar­co und Den­nis Helm­st­edt sowie Tim Borows­ki an der Kundge­bung teil. [1]
 
…unter­wegs auf Ras­sist_in­nen- und Neonazievents…
Borows­ki besuchte zusam­men mit Hinz­mann am 17. Okto­ber let­zten Jahres eine Bürger_innenversammlung im Ober­stufen­zen­trum in Werder zum geplanten Erstauf­nah­me­lager für Geflüchtete in Ferch und fiel dabei mehrfach durch störende Zwis­chen­rufe auf.
Lukas Franz, dritter von rechts mit Kapuze und Sonnenbrille, am 25. März 2012 auf einer spontanen neonazistischen Kundgebung in Grube
Lukas Franz, drit­ter von rechts mit Kapuze und Son­nen­brille, am 25. März 2012 auf ein­er spon­ta­nen neon­azis­tis­chen Kundge­bung in Grube
Am 25. Okto­ber 2014 waren bei­de dann fah­nen­tra­gend neben Maik Eminger und zahlre­ichen weit­eren Neon­azis der Grup­pierung „Licht und Schat­ten“ bei ein­er Kundge­bung der neon­azis­tis­chen „Gefan­genen­hil­fe“ in Bran­den­burg an der Hav­el zu sehen. Durch die tiefe Ver­strick­ung der Gebrüder Eminger im Net­zw­erk des NSU [2], die Inte­gra­tion und Führungspo­si­tion Maik Emingers in der Pots­damer Szene, der „Gefan­genen­hil­fe“ sowie bei „Licht und Schat­ten“ und die inhaltliche Posi­tion­ierung dieser Ver­anstal­tung, bew­erten wir den Auftritt von „Licht und Schat­ten“ in Bran­den­burg als State­ment des (Unterstützungs-)Netzwerks der recht­ster­ror­is­tis­chen Grup­pierung „Nation­al­sozial­is­tis­ch­er Unter­grund“. Bere­its zuvor pro­duzierte die „Gefan­genen­hil­fe“ unter anderem ein T‑Shirt mit der Parole „Frei­heit für Wolle“, welch­es sich auf den im Münch­n­er Prozess Angeklagten Ralf Wohlleben bezieht und Geld für diesen ein­brin­gen soll. [3]
franz_ernst_brb-300x200Neben Chris­t­ian Helm­st­edt und Mar­tin Klahr sowie weit­eren Pots­damer Neon­azis waren auch Olaf Ernst und Lukas Franz, bei­de am Trans­par­ent der Neon­azi­partei „Der III. Weg“, vor Ort. Franz trat dieses Mal schon deut­lich selb­st­sicher­er auf, war dies­mal unver­mummt, trug das T‑Shirt der „Gefan­genen­hil­fe“ und stand im Vorder­grund. Die meis­ten der Grup­pierung „Licht und Schat­ten“ zuzuord­nen­den Neon­azis tru­gen dabei T‑Shirts der „Gefan­genen­hil­fe“, welche als Nach­fol­ge­or­gan­i­sa­tion der im Sep­tem­ber 2011 ver­bote­nen „Hil­f­sor­gan­i­sa­tion für nationale poli­tis­che Gefan­gene und deren Ange­hörige e.V.“ gehan­delt wird. [4]
franz_oranienburg_licht-300x200Am 17. Dezem­ber 2014 nimmt Lukas Franz an einem ras­sis­tis­chen Fack­el­marsch in Oranien­burg teil. Die von “besorgten” Bürger_innen angemeldete Demon­stra­tion wurde durch die örtlichen NPD-Struk­turen getra­gen. Die Ordner_innen waren, neben etlichen weit­eren Teilnehmer_innen, organ­isierte Neon­azis und auch der Laut­sprecher­wa­gen wurde durch die NPD zur ver­fü­gung gestellt. Unter den Neon­azis waren mehrere Per­so­n­en aus dem Umfeld von “Licht und Schat­ten”, welche ein Trans­par­ent und Schilder der von ihnen organ­isierten neon­azis­tis­chen Kam­pagne “Ein Licht für Deutsch­land” mit­führten. Ganz vorne mit dabei: Lukas Franz. Er trug während des gesamten Abends das Transparent.
 
…bei der „Sport­ge­mein­schaft Töplitz 1922 e.V.“…
Lukas Franz: Organisierter Neonazi in der Sportgemeinschaft Töplitz 1922
Lukas Franz: Organ­isiert­er Neon­azi in der Sport­ge­mein­schaft Töplitz 1922
Wenn Franz sich nicht auf Neon­aziver­anstal­tun­gen herumtreibt, dann spielt er Fußball in der zweit­en Män­ner-Mannschaft der „SG Töplitz 1922 e.V.“ Auf einem auf der Vere­ins­seite präsen­tierten Mannschafts­fo­to ist er mit einem T‑Shirt der neon­azis­tis­chen Bek­lei­dungs­marke „Thor Steinar“ zu sehen, an dem sich offen­bar nie­mand im Vere­in zu stören scheint. [5] Anhand dieses Fotos gehen wir davon aus, dass sein poli­tis­che Veror­tung im Vere­in nicht gän­zlich unbekan­nt ist. Wenn dem nicht so ist, sind wir auf die Reak­tio­nen des Vere­ins ges­pan­nt und hof­fen auf eine entsprechend klare Linie.
 
…und son­st so?
Im Fall Fabi­an Klen­nert, der der neon­azis­tis­chen Hooli­gan­grup­pierung „Crimark“ zuge­ord­net wer­den kann, hat sich seit unser­er Veröf­fentlichung vom April 2013 nichts getan. [6] Klen­nert, regelmäßig Gast im Jugend­club „Tre­ff­punkt Fahrland“, der seit 2012 im Fußbal­lvere­in aktiv ist, spielt mit­tler­weile sog­ar für die erste und zweite Män­ner-Mannschaft. [7] Somit stellt sich die „Sport­ge­mein­schaft Born­im 1927 e.V.“ in eine Rei­he mit den anderen Pots­damer Sportvere­inen, die nicht gewil­lt sind, ein­deutige Kon­se­quen­zen gegenüber ihren Neon­azis zu ziehen.
 
„Pots­dam bewegt“ sich weit­er­hin nicht
Mario Schober, Thomas Pecht, Patrick Bün­sch, Fabi­an Klen­nert und jet­zt Lukas Franz. Die Liste der Neon­azis in Pots­damer Sportvere­inen wird ver­mut­lich auch im Jahr 2015 noch länger wer­den. Klar her­auszustellen bleibt: Die aktiv­en Neon­azis sind keine Mitläufer_innen, son­dern fest ver­ankert und engagiert in der Neon­aziszene. Sie unter­stützen zutief­st neon­azis­tis­che Organ­i­sa­tio­nen und Gedanken und sind wie im Fall von Lukas Franz an der aktiv­en Ver­bre­itung und Aufrechter­hal­tung dessen beteiligt. Wer solche Men­schen in den Sportvere­inen akzep­tiert, lässt Platz für men­schen­ver­ach­t­ende Ide­olo­gien und unter­stützt, dass Neon­azis sich frei und „nor­mal“ bewe­gen kön­nen. Eine anti­ras­sis­tis­che Grund­po­si­tion kann so nicht bezo­gen wer­den. Es scheint beim The­ma Neon­azis im Sport weit­er­hin klar: „Pots­dam bewegt“ sich nicht.
[1] http://arpu.blogsport.eu/2012/04/12/neonazis-unter-alt-neuem-namen-die-sektion-potsdam/
[2] http://gamma.noblogs.org/archives/1105
[3] Vgl. http://www.tagesschau.de/inland/nsu-104.html und http://blog.zeit.de/stoerungsmelder/2014/10/26/rechtsextreme-gefangenenhilfe-demonstriert-in-brandenburg-an-der-havel_17355
[4] https://inforiot.de/80-neonazis-jammern-in-brandenburghavel/
[5] http://www.sg-toeplitz.de/fussball/2mannschaft/index.php
[6] http://arpu.blogsport.eu/2013/04/08/potsdamer-neonazis-auch-2013-sportlich/
[7] http://www.sg-bornim.de/
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(Anti-)Rassismus Flucht & Migration

Theaterprojekt soll Debatte um Asylbewerber begleiten

Rund 50 Sports­chü­lerin­nen und Sports­chüler haben es sich in Frank­furt zur Auf­gabe gemacht, eine The­aterin­stal­la­tion zur aktuellen Asyl­be­wer­berde­bat­te auf die Beine zu stellen. Unter dem Titel „Ankom­men“ gehen sie seit Mitte Feb­ru­ar den Fra­gen nach dem Fremd­sein in einem anderen Land und dem, was dies für einen Asyl­suchen­den bedeutet, auf den Grund.
Zunächst ging es allerd­ings darum, einen Ein­stieg in die The­at­er­ar­beit zu find­en. Bei ein­er Werk­statt im Kleist Forum Frank­furt haben sich die Schüler anhand ein­er Ver­such­sanord­nung der Kün­st­lerin Mari­na Avramovic mit der eige­nen Per­son auseinan­derge­set­zt. Sie spürten der eigen Aus­drucks­fähigkeit nach, die Grund­lage für jede The­at­er­ar­beit ist.
Inzwis­chen geht es um die the­ma­tis­che Auseinan­der­set­zung mit der aktuellen Asylbewerberdebatte.Drei Asyl­suchende wer­den den Unter­richt an der Soortschule in Frank­furt besuchen und über ihre Flucht, über ihre pos­i­tiv­en und neg­a­tiv­en Erfahrun­gen sowie über ihr „Ankom­men“ in Frank­furt sprechen. Außer­dem wer­den die Schüler Inter­view­ma­te­r­i­al sam­meln, das sie in ihrer Per­for­mance szenisch umset­zen wollen. Dazu wer­den die Schüler beispiel­sweise Pas­san­tinnen, Lehrer und Mitschüler inter­viewen, aber auch mit drei Asyl­suchen­den im Asyl­be­wer­ber­heim sprechen.
Wenn das Mate­r­i­al gesam­melt und bear­beit­et ist, begin­nen die eigen­lichen Proben. Das Ergeb­nis des Schüler­pro­jek­tes soll am 26. März gle­ich sieben Mal in der großen Schar­rn­straße zu erleben sein.
Das gesamte The­ater-Pro­jekt der Frank­furter Sports­chüler wird in Koop­er­a­tion mit der Messe und Ver­anstal­tungs­ge­sellschaft vom Vere­in Vielfalt statt Ein­falt, dem Quartiers­man­age­ment Innen­stadt Beresinchen und dem Stadt­teil­fo­rum Mitte unter­stützt. Daran beteiligt ist auch der Chor „Gesang der Kul­turen“, der sich erst vor kurz­er Zeit in Frank­furt gegrün­det hat.

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Antifaschismus Law & Order

Chronologie der Ereignisse mit Polizeigewalt am 15. Februar 2015

Am 15.02.2015 fol­gten mehrere hun­dert Men­schen dem Aufruf des Bünd­niss­es „Cot­tbus Naz­ifrei!“ und woll­ten sich den Geschichtsverdreher*innen der NPD in den Weg stellen. Rund 800 friedliche Blockierer*innen waren am Aktion­stag auf den Cot­tbuser Straßen unter­wegs. Die Neon­azis mobil­isierten zum Cot­tbuser Haupt­bahn­hof als Tre­ff­punkt, obwohl ihr angemelde­ter Kundge­bung­sort das rund 2,5 km ent­fer­nte Turn­er­denkmal war. Cot­tbus Naz­ifrei! ver­suchte einen möglichen Neon­azi­auf­marsch durch die Cot­tbuser Süd­vorstadt zu verhindern.
Cot­tbus Naz­ifrei! machte bere­its vor dem 15.Februar auf die öffentliche Mobil­isierung durch die NPD zu einem nicht angemelde­ten Ver­samm­lung­sort aufmerksam.Trotz mehrfachen Hin­weis­es darauf, haben die Ver­samm­lungs­be­hör­den darin kein Prob­lem gese­hen. So hätte ein Neon­azi-Auf­marsch durch die Süd­vorstadt stat­tfind­en können.
Die Demon­stra­tion von Cot­tbus Naz­ifrei! führte am Spree­wald-Bahn­hof vor­bei zur Güterzu­fuhrstraße und wurde dort zunächst ohne Angabe von Gründe durch die Polizei gestoppt. Er führte dann weit­er über die Bahn­hofs­brücke und die Thiem­straße. Auf der Thiem­straße kam es im weit­eren Ver­lauf des Tages zu rabi­at­en Über­grif­f­en auf Demonstrant*innen durch die Polizei auf dieser angemelde­ten Demonstrationsroute.
Gegen 13.30 Uhr bewegte sich eine große Men­schen­gruppe auf der Thiem­straße. Sowohl die Straße als auch der Bürg­er­steig wur­den dabei genutzt. Die Gruppe wurde auf dem linken Bürg­er­steig ab der Kreuzung Bahnhofstraße/ Stadtring von ein­er Beweis­sicherungs- und Fes­t­nah­meein­heit (BFE) begleit­et. Auf Höhe des Kinder- und Jugend­not­di­en­stes eskalierte die Sit­u­a­tion plöt­zlich. Die für diese Auf­gabe völ­lig unterbe­set­zte Polizeiein­heit zog sich über die Thiem­straße und ver­suchte diese abzus­per­ren. Einige der Polizist*innen hat­ten bere­its im Laufen ihr Pfef­fer­spray gezo­gen. In Panik ver­sucht­en die Demonstrant*innen der zu erwartenden Gewalt zu ent­ge­hen. Die Polizist*innen ran­nten auf die Straße und fol­gten den Fliehen­den. Demonstrant*innen wur­den gezielt geschub­st und zu Fall gebracht. Augen­zeu­gen und Betrof­fene bericht­en von Schlag­stock- und Pfef­fer­sprayein­sätzen, sowie geziel­ten Faustschlägen.
15022015
Einem 13-jähri­gen, der verängstigt am Rand ste­hen geblieben war, griff ein Beamter mit seinem Quarzhand­schuh direkt ins Gesicht und schub­ste ihn. Eine junge Frau, die auf den Bürg­er­steig ran­nte, wurde von einem voll gepanz­erten Polizis­ten so rabi­at zu Fall gebracht, dass sie kurze Zeit bewusst­los am Boden liegen blieb. Die junge Frau erlitt einen Trüm­mer­bruch im Ober­arm und musste noch am sel­ben Abend notoperiert wer­den und lag eine Woche sta­tionär im Kranken­haus. Darüber hin­aus erlitt sie Schürf- und Platzwun­den am Kopf und im Gesichts­bere­ich, sowie diverse Prel­lun­gen am Kör­p­er. Die Demosanitäter*innen küm­merten sich vor Ort um die Ver­let­zte und riefen einen Krankenwagen.
Zeit­gle­ich geleit­eten die Polizeikräfte die Neon­azis weit­er südlich über die Thiem­straße, um diese zu ihrem eigentlichen Kundge­bung­sort am Turn­er­denkmal zu brin­gen. Dass dies über eine angemeldete Demon­stra­tionsroute passieren sollte und dass deswe­gen Demon­stra­tionsteil­nehmende ins Kranken­haus ein­geliefert wer­den mussten, bleibt für alle Betrof­fe­nen abso­lut unverständlich.
Kurze Zeit später, gegen 13.40 Uhr, wurde eine Gruppe von 20–30 Per­so­n­en in der Leipziger Straße/ Ecke Thiem­straße von der Polizei umzin­gelt. Die Gruppe brem­ste und hob die Hände, um ein­er Eskala­tion der Sit­u­a­tion vorzubeu­gen. Die Beamt*innen trieben die Men­schen­menge zusam­men, bedrängten und schub­sten die Leute. Einzelne hak­ten sich beieinan­der ein, um zu ver­hin­dern, dass jemand zu Fall kommt. Die Polizist*innen began­nen am Rand in die Menge hinein zu schla­gen. Einem Demon­stran­ten wurde dabei mehrfach direkt auf den Kopf geschla­gen, ein ander­er berichtete von Schlä­gen in die Magen­grube. Während des Gerangels knick­te ein Men­sch am Bor­d­stein um und erlitt einen Bän­der­riss. In der­sel­ben Sit­u­a­tion kam es außer­dem zu mehreren bru­tal­en Festnahmen
(https://www.flickr.com/photos/presseservice_rathenow/16355453740/in/album-72157650775498986/).
Auf Höhe des Klinikums spiel­ten sich zur sel­ben Zeit eben­falls sehr unschöne Szenen ab. Hier wur­den erneut Men­schen gezielt zu Fall gebracht und lan­de­ten zum Teil im Dor­nengestrüpp. Ein­er jun­gen Frau wurde in die Beine getreten. Sie ging zu Boden und wurde von dem Beamten aufge­fordert wieder zurück zu gehen. Als die Betrof­fene nicht schnell genug auf­s­tand, brachte der Polizist sie erneut zu Fall und drück­te sie zu Boden. Die junge Frau wurde am Pullover von dem Polizis­ten hoch gehoben und in eine nah­este­hende Men­schen­menge geschub­st. Wegen stark­er Schmerzen im Fuß ließ sie sich von den Sanitäter*innen vor Ort unter­suchen und suchte auf deren Rat hin die Notauf­nahme im Klinikum auf. Dort wurde ihr eine schwere Mit­tel­fußprel­lung und eine Bän­derver­let­zung diag­nos­tiziert. Sie kon­nte nur noch auf Unter­arm­stützen laufen.
Gegen 13.50 Uhr gin­gen die Über­griffe an der Grün­fläche bei der Europakreuzung weit­er. Hier raste ein Mannschaftswa­gen der Polizei über die Wiese durch eine lose Men­schen­gruppe hin­durch. Nur durch die Aufmerk­samkeit einiger Men­schen dieser Gruppe wurde nie­mand ange­fahren. An der­sel­ben Stelle kam es zu weit­eren Über­grif­f­en. Augen­zeu­gen berichteten von Polizist*innen, die auf einen am Boden liegen­den Men­schen ein­trat­en. Auch hier kam es zu einem Schlag­stock­ein­satz. Es wurde sog­ar beobachtet, dass das mas­sive Sta­tiv ein­er Polizeikam­era als Schlag­stock genutzt wurde. Eine Frau soll außer­dem geschüt­telt und gegen einen Lat­er­nen­mas­ten gestoßen wor­den sein.
Die Polizei­willkür wollte allerd­ings auch dann noch kein Ende nehmen. Gegen 14.15 Uhr hielt es die Polizei für nötig einen Laut­sprecher­wa­gen an der Ecke Gaglow­er Straße/ Her­mann-Löns-Straße zu durch­suchen. Während das Fahrzeug durch­sucht wurde, grüßte die Mod­er­a­tion eine vor­bei laufende Men­schen­gruppe mit den Worten „Schön, dass ihr da seid!“. Daraufhin warf die Polizei der Lautibesatzung vor, zu Straftat­en aufgerufen zu haben. Die Per­son­alien aller Insassen wur­den aufgenom­men und mit Platzver­weisen gedro­ht. Außer­dem wur­den sie aufge­fordert den Laut­sprecher­wa­gen abzubauen. Tele­fonisch wurde Kon­takt zu Anwält*innen aufge­baut, die Polizei ver­weigerte allerd­ings die Kom­mu­nika­tion und kon­nte keine*n Verantwortliche*n benen­nen. Erst als sich unter anderem die Bun­destagsab­ge­ord­nete Bir­git Wöllert vor Ort ein­fand, entspan­nte sich die Sit­u­a­tion. Die Platzver­weise wur­den zurück genom­men und gal­ten nur noch für eine Stunde. Der Laut­sprecher­wa­gen musste den­noch abge­baut wer­den und durfte keine Durch­sagen mehr machen.
Zum Abschluss des Tages sollte eine Spon­tandemon­stra­tion von der Dres­den­er Straße über die wenig befahrene Garten­straße angemeldet wer­den. Diese Demon­stra­tion wurde mit der Begrün­dung unter­sagt, es gäbe nicht aus­re­ichend Polizeikräfte um den Straßen­verkehr umzuleiten.
Trotz­dem fan­den die Demonstrant*innen ihren Weg zum Infop­unkt von Cot­tbus Naz­ifrei! in der Wein­bergstraße. Doch auch hier wollte die Polizei keine Ruhe geben. Auf einem LKW spiel­ten vor Ort mehrere Bands, doch offen­bar hielt die Ein­sat­zleitung eine mas­sive Polizeipräsenz vor Ort für notwendig. Behelmte Polizist*innen zogen eine Schneise zwis­chen den LKW und die tanzen­den Men­schen. Die Ver­anstal­tung wurde daraufhin angemeldet und somit legit­imiert. Doch auch dies kon­nte die Ein­satzkräfte offen­bar nicht besän­fti­gen. Es wurde mit der sofor­ti­gen Räu­mung der Ver­anstal­tung gedro­ht. Wegen der Gewal­ter­fahrun­gen im Tagesver­lauf, soll­ten die Veranstaltungsteilnehmer*innen nicht weit­er gefährdet wer­den, daher wurde die Ver­samm­lung örtlich ver­legt in eine Neben­straße. Dort wurde die Ver­anstal­tung weit­erge­führt und eine weit­ere Band kon­nte auftreten. Hier wur­den Teil­nehmende von den anwe­senden Polizeibeamt*innen mit Tierg­eräuschen ver­al­bert und mit Sprüchen wie „Na, habt ihr heute nichts geschafft?“ provoziert. Im Ver­lauf der Abschlusspar­ty, die ein völ­lig prob­lem­los­es Konz­ert hätte sein kön­nen, kam es zu zwei weit­eren Festnahmen.
Die Festgenomme­nen wur­den zur Gefan­genen­sam­mel­stelle am Bon­nasken­platz gebracht. Ihnen wurde ange­dro­ht, dass sie mit einem Feuer­wehrschlauch abge­spritzt wer­den wür­den. Nach dieser Ein­schüchterung mussten sich die bei­den (von denen ein­er erst 16 Jahre alt ist) vor ver­sam­melter Polizeimannschaft ausziehen. Vor der Wache wur­den die Gefan­genen nach ihrer Freilas­sung von sol­i­darischen Men­schen in Emp­fang genom­men. Die bei­den wirk­ten sehr eingeschüchtert und verstört.
Mon­tag Nacht gegen 22.30 Uhr leis­tete sich die Polizei bere­its den näch­sten Faux­pas. Sie woll­ten die schw­er ver­let­zte junge Frau im Kranken­haus befra­gen. Dass die von der Nachtschwest­er geweck­te Geschädigte nicht mit den Kriminalbeamt*innen sprechen wollte, über­rascht nicht. Wenn Täter ihre Opfer mit­ten in der Nacht im Kranken­haus besuchen, ist dies an Unsen­si­bil­ität wirk­lich kaum zu übertr­e­f­fen. Für die junge Frau hat nun vor allem der Heilung­sprozess höch­ste Pri­or­ität. Alles Weit­ere wird nach ihrer Ent­las­sung mir anwaltlich­er Unter­stützung in die Wege geleit­et werden.
Ins­ge­samt kann fest­ge­hal­ten wer­den, dass es zu mehreren gewalt­täti­gen Über­grif­f­en seit­ens der Polizei auf Teil­nehmende ein­er angemelde­ten Demon­stra­tion kam und die Lage seit­ens der Polizei an ver­schiede­nen Stellen ohne Not eskaliert wurde. Immer noch tre­f­fen ver­schiedene Zeu­ge­naus­sagen bei den Organisator*innen der Demon­stra­tion ein und die Betrof­fe­nen erhal­ten juris­tis­che Unterstützung.
Fotos vom Geschehen am 15.Februar:
https://www.flickr.com/photos/presseservice_rathenow/sets/72157650775498986/
https://www.flickr.com/photos/soerenkohlhuber/sets/72157650773225356/
https://www.flickr.com/photos/neysommerfeld/sets/72157650421702917/

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Antifaschismus

Solidarität mit den von Polizeigewalt betroffenen Demonstrant*innen der Cottbus Nazifrei Demonstration am 15.02.2015

Wie bere­its in den vor­ange­gan­genen Jahren ver­suchte die recht­sex­treme NPD auch dieses Jahr am 15.02 wieder, die Bom­bardierung Cot­tbus’ infolge der Befreiung vom faschis­tis­chen Regime im Jahre 1945 zum Anlass zu nehmen, um ihre nation­al­is­tis­che Pro­pa­gan­da auf die Straße zu tra­gen. Unter dem Ban­ner Cot­tbus beken­nt Farbe fand sich auch dieses Jahr wieder ein mas­sives Aufge­bot von Gegendemonstrant*innen auf Cot­tbus’ Straßen ein, um den Geschichtsrevisionist_Innen den Weg zu Versper­ren und um dafür zu Sor­gen, dass Nazis und ihrer ver­brecherischen Ide­olo­gie kein Raum eingeräumt wird.
Die diversen, zum Teil erfol­gre­ichen Gege­nak­tiv­itäten wur­den jedoch über­schat­tet vom bru­tal­en Vorge­hen der zum Schutz der Faschis­ten einge­set­zten Polizist*innen. Damit, dass Polizei­wa­gen unkon­trol­liert in Men­schen­men­gen hinein rasen, dass Pfef­fer­spray infla­tionär einge­set­zt wird, dass solange auf Gegendemonstrant*innen eingeprügelt wird, bis diese wie im Falle unser­er Cot­tbusser Genossin schw­er ver­let­zt im Kranken­haus lan­den, wurde ein neuer vor­läu­figer Neg­a­tiv-Gipfel von Polizeiein­sätzen in Bran­den­burg erre­icht. Ein Neg­a­tiv-Gipfel, der seit dem 17.01.2015 in Frank­furt (Oder) in Folge der Gegen­proteste zu „Frank­furt (Oder) wehrt sich“ seinen Lauf nimmt.
Wir stellen die Insti­tu­tion Polizei ohne­hin in Frage und stellen keine Erwartun­gen an die Verteidiger*innen der herrschen­den Zustände – jedoch stellt sich trotz­dem die Frage, was mit dieser Tak­tik erre­icht wer­den soll? Hier wird von Neon­azis soge­nan­nter Protest auf die Straße getra­gen, der durch die frei­heitlich demokratis­che Grun­dord­nung legit­imiert ist. Wieso wird in diesem soge­nan­nten demokratis­chen Sys­tem, in dem das Prinzip ein­fach­er Mehrheit­en anson­sten (lei­der) Gang und Gebe ist, eine mar­ginale Ver­samm­lung ewig gestriger Anhänger_Innen nation­al­sozial­is­tis­chem Gedankenguts der Weg durch eine beachtliche Menge von Gegendemonstrant*innen geprügelt? Näm­lich um die beste­hende Grun­dord­nung zu legit­imieren, in der Ras­sis­mus, Nation­al­is­mus und faschis­tis­ches Gedankengut zum Wohle der soge­nan­nten Mei­n­ungs­frei­heit öffentlich­er Raum eingeräumt wird.
Aber es bleibt dabei: Faschis­mus ist keine Mei­n­ung, son­dern ein Ver­brechen! Offen zur Schau getra­gen­er Ras­sis­mus und Nation­al­is­mus ebenso!
Wir wer­den weit­er kämpferisch bleiben und wenn es sein muss, leg­en wir uns dabei auch mit der Staats­macht an. Ihr beruft euch mit eurem Han­deln auf die Pfeil­er eines brüchi­gen, men­sche­nun­würdi­gen Sys­tems, was es längst ver­passt hat zu begreifen, dass es am Ende ist. Wir lassen uns von euch nicht ein­schüchtern und es wird auch weit­er­hin kein ruhiges Hin­ter­land für Nazis und Faschis­ten geben!
Dieser Botschaft ver­ste­ht sich zugle­ich als Grußbotschaft an alle von staatlich­er Repres­sion und Polizeige­walt betrof­fe­nen Genoss*innen aus Cot­tbus und Umland.
Sol­i­darische Anarchist*innen und Antifaschist*innen aus Frank­furt (Oder).
No jus­tice, no peace – fight the police! 

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Eisenhüttenstadt: Aufmarsch von III. Weg, NPD und “Freien Kräften”

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Eisen­hüt­ten­stadt wirkt an diesem früheren Sam­sta­gnach­mit­tag etwas ver­schlafen. Nur wenige Men­schen bewe­gen sich in den, für heutige Ver­hält­nisse, zu groß dimen­sion­ierten Straßen­zü­gen, deren Antlitz den Architek­turstil der 1950er bis 1970er Jahre wider­spiegelt. Patinierte Fas­saden dominieren das Ensem­ble. Lediglich das Rathaus, das Friedrich Wolf The­ater und einige wenige weit­ere Gebäude strahlen in neuem Glanz, neben vergilbten und bröck­el­nden Fassaden.
In der Stadt patrouil­liert viel Polizei. An allen Knoten­punk­ten vom Eisen­hüt­tenkom­bi­nat bis zur Bahn­hal­testelle im alten Ort­steil Fürsten­berg ist sie präsent. Jedoch scheint heute weniger die viel disku­tierte „Gren­zkrim­i­nal­ität“ der Hin­ter­grund der Maß­nahme zu sein, als denn zwei kon­träre Ver­anstal­tun­gen, die für den früheren Nach­mit­tag angemeldet wur­den. Ein neon­azis­tis­ch­er Auf­marsch und eine Gegenkundgebung.
Für 14.00 Uhr hat­te ein Neon­azi eine Demon­stra­tion unter dem Mot­to „Aus­län­der­stopp – für die Zukun­ft deutsch­er Fam­i­lien“ am Rande des Zen­tralen Platzes, vor dem Eisen­hüt­ten­städter Rathaus, angemeldet. Das Bünd­nis „Hütte stellt sich quer“ hielt auf dem­sel­ben Platz, jedoch zen­tri­ert­er, mit ein­er angemelde­ten Kundge­bung unter dem Mot­to: „Gegen Ras­sis­mus – für ein weltof­fenes Eisen­hüt­ten­stadt“ dage­gen. Let­zt genan­ntes war bere­its sog­ar seit 13.00 Uhr vor Ort. Ein Laut­sprecher­wa­gen war aufge­baut wor­den und unge­fähr 100 Men­schen bekan­nten sich mit Schildern und Trans­par­enten zu einem weltof­fe­nen und bun­ten Eisenhüttenstadt.
Hütte stellt sich quer
Selb­stver­ständlich nutzte das Bünd­nis, ein Net­zw­erk aus Schulen, Jugend­clubs, Vere­inen, Parteien und anderen poli­tis­chen Ini­tia­tiv­en, auch die Zeit sich, um seine Entste­hung, Entwick­lung und Engage­ment darzustellen. Ein Sprech­er von „Hütte stellt sich quer“, betonte, dass er früher immer das Gefühl hat­te, das Eisen­hüt­ten­stadt tol­er­ant sei. Dieser Ein­druck hielt bis vor drei Jahren. Zu diesem Zeit­punkt nahm die Het­ze gegen Asyl­suchende im Inter­net immer weit­er zu. Daraufhin haben er und andere Men­schen begonnen, sich als Bünd­nis „Hütte stellt sich quer“ zu find­en und zu ver­net­zen. Dabei sehen sie ihr Haup­tau­gen­merk übri­gens nicht nur auf Recherche und Aufk­lärung zum The­ma Migra­tion, son­dern eben auch in der konkreten Kon­tak­t­suche zu Asyl­suchen­den, so ein weit­er­er Sprech­er vom Bünd­nis „Hütte stellt sich quer“. Es wur­den Hil­f­s­güter verteilt und eine Begeg­nungsstätte etabliert.
Lobende Worte erhielt das Bünd­nis deshalb vom regionalen Bun­destagsab­ge­ord­neten Mar­tin Patzelt (CDU). Er unter­stütze die Ini­tia­tive, weil sie Mut mache. Schließlich gäbe es auch gar keine andere Alter­na­tive, als ein friedlich­es Zusam­men­leben aller Men­schen. Deshalb sei es, so Patzelt, auch wichtig teilen zu ler­nen, um dadurch die Welt gerechter zu gestalten.
Die Land­tagsab­ge­ord­nete Isabelle Van­dré (DIE.LINKE) lobte anschließend eben­falls noch ein­mal das Bünd­nis und betonte, auf den heuti­gen Anlass bezo­gen, dass wo immer Neon­azis in Bran­den­burg auf­marschieren auch immer mit Protest zurech­nen ist.
Die mil­i­tante Rechte marschiert auf
Während­dessen trafen immer mehr Neon­azis am ihrer­seits angemelde­ten Sam­melpunkt ein. Ins­ge­samt wur­den es unge­fähr 100. Die meis­ten stammten aus dem gesamten Land Bran­den­burg, vor allem aus den Kreisen Ost­prig­nitz-Rup­pin, Havel­land, Bran­den­burg an der Hav­el, Pots­dam-Mit­tel­mark, Pots­dam, Tel­tow-Fläming, Oder-Spree und Frank­furt (Oder). Vere­inzelt waren aber auch Neon­azis aus Berlin und Bay­ern angereist.
Die neon­azis­tis­che Klein­partei „Der dritte Weg“, die haupt­säch­lich im Süden der Repub­lik behei­matet ist, hat­te im Vor­feld für den Auf­marsch gewor­ben. Allerd­ings scheint sich nur ein Teil der angereis­ten Per­so­n­en offen mit dieser Organ­i­sa­tion zu iden­ti­fizieren. Ein Großteil der Veranstaltungsteilnehmer_innen ist u.a. als Funk­tionäre der NPD bekan­nt. Mit Pas­cal Stolle, André Schär, Manuela Kokott und Burkhard Sah­n­er waren so gar Kom­mu­nalpoli­tik­er der nation­aldemokratis­chen Partei anwe­send. Die NPD Pots­dam-Mit­tel­mark zeigte zudem mit eigen­em Ban­ner und Parteifahne Präsenz. Des Weit­eren waren Vertreter_innen der „Freien Kräfte Neuruppin/Osthavelland“ und Sym­pa­thisan­ten der Ini­tia­tive „Witt­stock sagt nein zur Asylpoli­tik“ anwesend.
Maik Eminger aus Grabow (Land­kreis Pots­dam-Mit­tel­mark) , Anmelder der Ver­anstal­tung, trat anschließend in den Vorder­grund, ord­net die Rei­hen und dirigierte die Ban­ner- und Fah­nen­träger, so dass sie die richtige Pro­pa­gan­da­pose bilde­ten. Anschließend eröffnet Manuel Schmidt aus Kloster Lehnin (eben­falls Land­kreis Pots­dam-Mit­tel­mark) mit einem Ein­leitungsmonolog die Veranstaltung.
Unmit­tel­bar danach ist aber wieder Maik Eminger, Brud­er eines in München angeklagten mut­maßlichen NSU Mitäters, am Mikrophon und erk­lärt, dass er hier als Einzelper­son ste­he bzw. keine Partei sym­bol­isiere und für keine Organ­i­sa­tion rede. Eine sehr beschei­dene Auskun­ft. Es drängt sich näm­lich eher der Ein­druck auf, dass er eine führende Fig­ur der mil­i­tan­ten Recht­en ist und seine Jünger hier ver­sam­melt hat. Und die haben sich zurzeit auf das The­ma Asyl eingeschossen. Sinn und Zweck der von Eminger angemelde­ten Ver­samm­lung sei deshalb, so seine Worte, in erster Lin­ie ein Zeichen dage­gen zu set­zen. Denn hier in Eisen­hüt­ten­stadt befind­et sich die Zen­trale Auf­nahmestelle für Asyl­suchende in Bran­den­burg, dem ersten Anlauf­punkt für Men­schen, denen in Bran­den­burg auf­grund von Krieg, Ver­fol­gung und Folter Asyl gewährt wird.
Doch dies spielt für Eminger keine Rolle. Die Bilder, die er in seinem Rede­beitrag entwirft, sind von tiefem Ras­sis­mus und von „Blut und Boden“ Ide­olo­gie geprägt. Let­z­tendlich geht es ihm nicht darum, nur bes­timmten Men­schen Asyl zu gewähren, wie es „besorgte Bürger_innen“ oder die „PEGIDA“ in den zahlre­ichen Ver­anstal­tun­gen der let­zten Zeit lan­dauf und landab predi­gen, son­dern niemanden.
Ähn­lich argu­men­tiert auch der Bad Belziger Stadtverord­nete Pas­cal Stolle (NPD), der offen­bar seit sein­er let­zten öffentlichen Rede einen Rhetorikkurs besucht hat. In flüs­si­gen und klar ver­ständlichen Sätzen echauffiert er sich vor allem über die „rote Bande“, die im Eisen­hüt­ten­städter Rathaus sitze und sich erdreis­tet in der Stadt ein Kranken­haus für Asyl­suchende zu pla­nen. Zwar ist eigentlich das Land Bran­den­burg der Bauherr der Klinik, aber Stolle ist ja auch ohne­hin kein Men­sch, der es mit der Wahrheit so genau nimmt. Für ihn ste­ht fest, dass „Asy­lanten“ sowieso nur „Krankheit­en“ brin­gen und schon deshalb hier nicht hergehören.
Anschließend formiert sich die neon­azis­tis­che Kundge­bung zu einem Demon­stra­tionszug und marschiert, zum Teil auf dem Gehweg, ent­lang der Lin­de­nallee zum Friedrich Wolf The­ater, wo eine Zwis­chenkundge­bung geplant ist. Dort angekom­men, wird eben­falls eine pro­pa­gan­dis­tisch wirk­ende Pose ein­genom­men. Die kommt allerd­ings nicht so zur Gel­tung, denn zuvor hat­te offen­bar die SPD und die IG Met­all Plakate mit der Auf­schrift „Nazis einen Vogel zeigen“ und „Vor­sicht Falle“, auf dem ein in ein­er Mause­falle gefan­ge­nes Hak­enkreuz abge­bildet ist, angebracht.
Trotz­dem ver­ste­hen es die Neon­azis die Szener­ie zu dominieren, da auch bei dieser Zwis­chenkundge­bung geschulte Red­ner auftreten, die aber­mals gegen alles ver­meintlich Nicht­deutsche het­zen. So beispiel­sweise der aus München angereiste Karl Heinz Statzberg­er (Der III. Weg) , welch­er offen die Ansicht ver­tritt, dass wed­er der Islam, noch das Juden­tum zu Deutsch­land gehört. Davon ist er sog­ar so überzeugt, dass er mit weit­eren Neon­azis am 9. Novem­ber 2003 einen Sprengstof­fan­schlag auf die Grund­stein­le­gung des jüdis­chen Gemein­dezen­trums in München plante und deswe­gen recht­skräftig als Mit­glied ein­er ter­ror­is­tis­chen Vere­ini­gung verurteilt wurde.
Soweit ist die Vere­ini­gung „Ini­tia­tive Zukun­ft statt Über­frem­dung“, hin­ter der sich die „Freien Kräfte Neu­rup­pin / Osthavel­land“ ver­ber­gen anscheinend aber noch nicht. Doch für deren Sprech­er Pierre Bod­din, der im näch­sten Rede­beitrag für den soge­nan­nten „Tag der Deutschen Zukun­ft“ am 6. Juni 2015 in Neu­rup­pin warb, ste­ht auch fest, dass „nicht mehr viel Zeit bleibt, um das Rud­er noch ein­mal rum zu reißen“. „Jedoch“, so Bod­din weit­er, „zu spät für den Erhalt sein­er Art und die Zukun­ft unser­er Kinder zu kämpfen“ sei es nie. Als „Mut machen­des Beispiel“ hier­für nan­nte er die Tumulte in der Stadtverord­neten­ver­samm­lung von Nauen (Land­kreis Havel­land), bei denen auch er zuge­gen war. Dort hat­ten Neon­azis und „besorgte“ Bürger_innen ver­sucht die Abstim­mung über den Verkauf ein­er Brach­fläche für den Bau eines neuen Asyl­be­wer­ber­heims und damit die Ein­rich­tung ein­er solchen Unterkun­ft an sich zu verhindern.
Anschließend wurde eine „Gedenkz­er­e­monie“ für die „von Aus­län­dern ermorde­ten Deutschen“ zele­bri­ert und dann zum Rathaus zurück­marschiert, wo Maik Eminger, nach ein­er Schweigeminute und der anschließen­den Skandierung eines „dreifachen Frei, Sozial, Nation­al“, die Ver­anstal­tung beendete.
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Brandenburg an der Havel: Neonazis provozieren bei Gedenkspaziergang

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Daniel Her­zog ist sauer. Als Anmelder des heuti­gen Gedenkspazier­gangs für den im Jahr 1996 von Neon­azis getöteten Bran­den­burg­er Punk Sven Beuter habe er extra in einem Vor­abge­spräch bei der Polizei darauf bestanden, das die einge­set­zten Beamt_innen auf Per­so­n­en des neon­azis­tis­chen Milieus acht­en und diese dann von der Strecke ver­weisen. Doch es kam anders. In der Graben­straße, kurz vor dem Ende des Gedenkspazier­gangs, postierten sich fünf Neon­azis in dessen unmit­tel­bar­er Nähe und ver­sucht­en durch Posen und ver­bale Beschimp­fun­gen die Teilnehmer_innen des vor­beiziehen­den Aufzuges zu provozieren. Übri­gens nicht irgendwelche Neon­azis, es war der Mann, der den Tod von Sven Beuter vor 19 Jahren haupt­säch­lich zu ver­ant­worten hat­te und seine jün­geren Gesinnungsgenoss_innen, die dort standen und über den Gedenkspazier­gang feix­ten. Ein klares Sym­bol des Verunglimpfens Ver­stor­ben­er. Trotz­dem ver­hielt sich die anwe­sende Polizei recht pas­siv. Den Beamt_innen vor Ort seien die Neon­azis nicht bekan­nt gewe­sen und vor­ab informiert wor­den waren sie ange­blich auch nicht. Es dauerte so erst eine Weile bis die fünf Pro­voka­teure in Rich­tung Bran­den­burg-Neustadt weggeschickt worden.
Erst dann kon­nte der Spazier­gang ord­nungs­gemäß bis zur Abschlusskundge­bung durchge­führt werden.
Gedenkspazier­gang: Erin­nerung an markan­ten Orten
Zum Gedenkspazier­gang aufgerufen hat­ten u.a. ein „Bund Bran­den­burg­er Queru­lanten — BBQ“ und die AG Antifa [BRB]. DIE.LINKE meldete die Demon­stra­tion an und stellte den Laut­sprecher­wa­gen. Etwa 50 Men­schen nah­men an der Ver­anstal­tung teil.
Das Konzept des Gedenkspazier­gangs war von den Veranstalter_innen so angelegt, dass an ver­schiede­nen Punk­ten in der Stadt an Sven Beuter erin­nert wurde. Den Start­punkt bildete das Miet­shaus in der Müh­len­torstraße 13, in dem er zulet­zt wohnte. Hier wurde auch der erste Rede­beitrag gehal­ten, in dem kurz auf die bekan­nten Fak­ten aus dem Leben von Sven Beuter einge­gan­gen wurde. In der Müh­len­torstraße 13 soll sich Sven Beuter auch am Abend des 15. Feb­ru­ar 1996 mit Fre­un­den getrof­fen, Fernseh geguckt und Bier getrunk­en haben. Irgend­wann war dann das Bier alle und Beuter, der Punk Rock­er, machte sich auf neue Getränke zu holen. Angst schien er keine gehabt zu haben, obwohl er bere­its 1993 und 1994 von Neon­azis über­fall­en wurde und bleibende Ver­let­zun­gen davon trug. Beuter ging alleine, ver­mut­lich auf ein­er ähn­lichen Route, wie der heutige Gedenkspazier­gang, zunächst durch die Alt­stadt, dann über die zu dieser Zeit in Umbau befind­liche Jahrtausend­brücke und schließlich in die Graben­straße. Dort traf er dann, genau wie der Gedenkspazier­gang heute, auf die Per­son oder Per­so­n­en, die ihn dort zunächst bru­tal zusam­mengeschlu­gen und trat­en. Anschließend pack­te der Haupt­täter den bere­its nicht mehr wehrfähi­gen Sven Beuter und schleifte ihn 50m hin­ter sich her, bis in die Havel­straße, wo er weit­er mal­trätiert wurde. Erst hier kon­nten Augen­zeu­gen erst ein­greifen und den Täter über­wältigten. Für Sven Beuter kam die Hil­fe jedoch zu spät. Zwar kon­nte er noch in das städtis­che Klinikum über­führt wer­den, erlag jedoch nach fünf Tagen, am 20. Feb­ru­ar 1996, seinen schw­eren Ver­let­zun­gen. Zu diesem Zeit­punkt war Beuter, der am 12. Dezem­ber 1972 geboren wurde, noch nicht ein­mal 24 Jahre alt.
Täter bleibt unverbesser­lich­er Nazi
Obwohl es Indizien für weit­ere Mit­täter gab, wurde allein der aus Kloster Lehnin OT Dams­dorf stam­mende Neon­azi Sascha Lücke der Tat über­führt. Er wurde zu ein­er Frei­heitsstrafe von sieben Jahren und sechs Monat­en wegen Totschlags verurteilt, die er seit zehn Jahren abge­sessen hat. Vom neon­azis­tis­chen Milieu löste er sich jedoch nie. Im Gegen­teil, erst im Jan­u­ar und Feb­ru­ar 2015 lief er bei vier Aufzü­gen der bis vor kurzem von den recht­skon­ser­v­a­tiv­en REPUB­LIKAN­ERn ges­teuerten Ini­tia­tive „Bran­den­burg­er für Mei­n­ungs­frei­heit & Mitbes­tim­mung“ (BraMM) in Bran­den­burg an der Hav­el mit. Lücke erschien stets im sel­ben Dress: kahlrasiert und mit wein­rotem Kapuzen­pullover, der mit den weißen Auf­schriften: „Aryan Hope“, „Hass – Made in Ger­many“ und „Fresst keine Dön­er“ sowie dem Sym­bol eines Eis­er­nen Kreuzes und der Zahl 88, einem Szenecode für „Heil Hitler“, bedruckt war. Bei der ersten Ver­anstal­tung der BraMM am 26. Jan­u­ar 2015 wurde er zu dem kurzzeit­ig in Gewahrsam genom­men, weil er einen ver­boten Gruß gezeigt haben soll. Heute störte er nun den Gedenkspaziergang.
Stilles Erin­nern an Gedenkplakette
Trotz dieser Pro­voka­tion, ließen sich die Teilnehmer_innen des Spazier­gangs ihr Gedenken nicht kaputt machen, wie ein Sprech­er der AG Antifa [BRB] via Laut­sprecher­wa­gen betonte. Nach einem abschließen­den Rede­beitrag fol­gte dann eine Kranznieder­legung an der Gedenkplakette für Sven Beuter sowie eine Schweigeminute. Anschließend hat­te jed­er Men­sch die Möglichkeit per­sön­lich dem Toten zu gedenken. Einige verneigten sich, andere stifteten Kerzen und manche stell­ten sym­bol­isch eine leere Flasche als Erin­nerung ab. Punk Rock­er haben manch­mal son­der­bare Aus­drucks­for­men, doch „Sven hätte es auch so gemacht“, meinen sie nur.
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Prozess in Eisenhüttenstadt: Staatsanwaltschaft kommt gewalttätigen Neonazis mit einem Deal entgegen

Am 3. August 2013 schlu­gen NPD-Funk­tionäre auf friedliche Gegen­demon­stran­tInnen ein und ver­let­zten mehrere von ihnen. Dieses Geschehen hätte am 19. Feb­ru­ar am Amts­gericht Eisen­hüt­ten­stadt juris­tisch aufgear­beit­et wer­den kön­nen und müssen. Das scheit­erte jedoch an der Staat­san­waltschaft, der dies zu viel der Mühe war. Sie bot den Anwäl­ten der Täter einen Deal an: Gegen ein for­males Schuldeingeständ­nis wurde der Angriff nur als gefährliche Kör­per­ver­let­zung im min­der­schw­eren Fall gew­ertet. Die Betrof­fe­nen des Angriffs wur­den nicht gehört. Die Täter,
sämtlich bekan­nte und ein­schlägig vorbe­strafte neon­azis­tis­che Gewalt­täter, gin­gen mit Geld­strafen und grin­send aus dem Gerichtssaal.
Das Vorge­hen der Staat­san­waltschaft ist noch unver­ständlich­er vor dem Hin­ter­grund, dass die Betrof­fe­nen als Neben­klägerIn­nen am Prozess beteiligt waren und solche Deals üblicher­weise mit den Neben­klagev­ertreterIn­nen im Vor­feld abge­sprochen wer­den. Nicht in diesem Fall. Die Staat­san­waltschaft ignori­erte die Betrof­fe­nen und ihre
Neben­klagev­ertre­tung vollständig.
Nicht nur die an dem Über­fall vom 3. August beteiligten Neon­azis wur­den im Gericht mit Samthand­schuhen ange­fasst. Begleit­et wur­den sie von etwa 20 Sym­pa­thisan­ten aus Bran­den­burg und Sach­sen, die an Klei­dung und Acces­soires ein­deutig als Neon­azis erkennbar waren. Vor und im Gericht schufen sie eine Atmo­sphäre der Bedro­hung: Betrof­fene des Angriffs, Zeug­In­nen und diese beglei­t­ende Fre­undIn­nen wur­den unter den Augen der Jus­tizwacht­meis­ter bedro­ht, belei­digt und angerem­pelt. Erst nach mehrfachem explizitem Hin­weis u.a. von ein­er der Anwältin­nen der Neben­klage sahen sich die Jus­tizwacht­meis­ter, von denen einige sich gegen­seit­ig schul­terk­lopfend fre­und­schaftlich mit den Neon­azis unter­hiel­ten, ver­an­lasst, diesen Bedro­hun­gen entgegenzutreten.
Ein­er der Betrof­fe­nen erk­lärte dazu: „Wir empfind­en diesen Prozess als Skan­dal. Die Täter sind hier bre­it grin­send aus dem Saal marschiert und haben mehr als deut­lich gemacht, dass sie sich wed­er von ihrer ras­sis­tis­chen Gesin­nung noch von ihrer Bere­itschaft, Gewalt gegen Ander­s­denk­ende einzuset­zen, dis­tanzieren. Die Bagatel­lisierung des Angriffs durch Gericht und Staat­san­waltschaft ermutigt die Täter nur zu weit­eren Gewalt­tat­en. Wir wer­den uns trotz­dem auch in Zukun­ft mit Flüchtlin­gen sol­i­darisieren und gegen Ras­sis­mus eintreten.“
Aus Sicht der Opfer­per­spek­tive ist das Prozessergeb­nis ver­häng­nisvoll. Bei der Tat han­delte es sich um einen mas­siv­en Angriff organ­isiert­er Neon­azis gegen Men­schen, die sich mit Flüchtlin­gen sol­i­darisieren. Zur
Arbeitsent­las­tung von Staat­san­waltschaft und Gericht auf die Aufk­lärung zu verzicht­en, kommt ein­er Ermu­ti­gung der Täter gle­ich und ist ins­beson­dere in Zeit­en zunehmender Angriffe auf Flüchtlinge und Asyl­be­wer­ber­heime ein völ­lig falsches Signal.

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Aggressive Neonazis und unfähige Justiz in Eisenhüttenstadt

Mit Fahnenstöcken und Pfefferspray gingen Rechtsextremisten auf  die Gegendemonstranten los. Rechts im Bild mit Pfefferspray: NPD-Politiker Markus Noack.
Mit Fah­nen­stöck­en und Pfef­fer­spray gin­gen Neon­azis am 3. August 2013 auf Gegendemonstrant*innenen los. Rechts im Bild mit Pfef­fer­spray: NPD-Poli­tik­er Markus Noack.

INFORIOT Am heuti­gen Don­ner­stag wurde vor dem Amts­gericht Eisen­hüt­ten­stadt gegen drei bekan­nte Neon­azis wegen eines Angriff auf Gegendemonstrant*innen im Som­mer 2013 ver­han­delt. Etwa 20 Neon­azis unter­stützen die Angeklagten und bedro­ht­en Zeug*innen und Unterstützer*innen der Neben­klage. Am Ende endete das Ver­fahren in einem Vergleich.
Am 3. August 2013 wollte die NPD eine ras­sis­tis­che Kundge­bung unmit­tel­bar vor der zen­tralen Auf­nahmestelle für Asyl­suchende (ZAST) in Eisen­hüt­ten­stadt abhal­ten. Antifaschist*innen aus der Region organ­isierten eine Gegenkundge­bung. Diese wurde damals unmit­tel­bar beim Ein­tr­e­f­fen der NPD von drei bekan­nten Neon­azis, u.a. dem dama­li­gen Guben­er Kom­mu­nalpoli­tik­er Markus Noack, ange­grif­f­en. Heut fand der Prozess vor dem zuständi­gen Amts­gericht in Eisen­hüt­ten­stadt statt.
Drei der ange­grif­f­e­nen Antifaschist*innen ver­fol­gten den Prozess als Neben­kläger. Die drei Angeklagten Alexan­der Kevin P., Andy Sch. und Markus Noack wur­den eben­falls durch Anwälte vertreten, darunter zwei, die schon in der Ver­gan­gen­heit Neon­azis vertreten haben.
Bedro­hung durch Neon­azis vor und im Gerichtssaal
Vor dem Gerichts­ge­bäude ver­sam­melten sich am mor­gen etwa 20 Neon­azis, die als Unterstützer*innen angereist waren. Beim Ein­tr­e­f­fen von Antifaschist*innen wur­den diese zugle­ich bedro­ht. Selb­st den Anwält*innen der Neben­klage wurde der Ein­lass durch die sehr aggres­siv auftre­tende Gruppe zunächst ver­wehrt. Die bei­den Jus­tizbeamten wirk­ten sichtlich über­fordert und schrit­ten nicht ein. Bei den Ein­lasskon­trollen wur­den dann mehreren Neon­azis Pfef­fer­sprays abgenom­men. Im Gerichtssaal gin­gen die Bedro­hun­gen weit­er. Beim Ver­such alle Plätze zu beset­zen und auch immer wieder während der laufend­en Ver­hand­lung wur­den die weni­gen Antifaschist*innen, die eben­falls Platz im Saal fan­den, bedrängt und belei­digt. Auch hier fiel ein Ein­schre­it­en durch die Jus­tizbeamten aus.
Unfähige Jus­tiz lässt Nazis milde davon kommen.
Gle­ich zu Beginn des Prozess war klar, dass es kein gerecht­es Urteil geben wird. Vor der Ver­hand­lung schlug der ver­ant­wortliche Staat­san­walt den Angeklagten einen Deal vor, den diese akzep­tierten. Sie ges­tanden ihre Schuld ein und wur­den zu gemein­schaftlich gefährlich­er Kör­per­ver­let­zung im min­der­schw­eren Fall verurteilt. Der min­der­schwere Fall wurde mit der Pro­voka­tion durch die Gegen­demon­stri­eren­den sowie der gerin­gen Schwere der Ver­let­zun­gen begrün­det. Neben Geld­strafen von je 100 bzw. 110 Tagessätzen zu je 30 € mussten die Angeklagten den drei Neben­klägern sowie einem weit­eren Geschädigten Schmerzens­geld in Höhe von jew­eils 500 bzw. 1.000€ zahlen. Sichtliche Erle­ichterung war dabei in den Gesichtern auf der Anklage­bank zu sehen. Nicht ver­wun­der­lich, denn so weisen alle mehrere Vorstrafen, u.a. wegen uner­laubten Waf­fenbe­sitz, Wider­stand gegen Voll­streck­ungs­beamte und gefährlich­er Kör­per­ver­let­zung, auf. Alexan­der Kevin P. war zudem zum Zeit­punkt des Über­griffs auf Bewährung. Min­destens in einem weit­eren Fall wird gegen ihn ermit­telt, sodass durch die Neben­klage zurecht von einem Skan­dal gesprochen wer­den kann. Der Richter kon­nte im Ver­fahren und dem Urteil selb­st keine Fehler ent­deck­en und berief sich auf den Gesetzgeber.
Das Urteil ist noch nicht recht­skräftig. Die Neben­klage hält sich eine Ein­le­gung von Rechtsmit­teln offen.
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