Am Mittwoch, den 25.02.2015 musste sich der Liedermacher Björn B. wegen des Vorwurfs der Volksverhetzung (StGB § 130) vor dem Amtsgericht Frankfurt (Oder) verantworten. In der Nacht des 09.08.2013 vernahmen Anwohner_innen „Heil-Hitler“ Rufe sowie Livemusik mit rechten Inhalten aus der „Bierbar“ und verständigten die Polizei. Zu Beginn der Verhandlung leugnete der Angeklagte noch alle Vorwürfe. Er beantragte sogar eine Einstellung des Verfahrens. Die Vorsitzende
Richterin und der Staatsanwalt machten dem Angeklagten jedoch klar, dass die Beweislage klar gegen ihn spreche. Nach einer langen Prozessunterbrechung wurde durch die Richterin das überraschende Urteil gesprochen: Das Verfahren gegen Herrn B. wegen Volksverhetzung wurde gegen eine Zahlung von 1800 Euro eingestellt. Hierfür war die Bedingung, dass der Angeklagte die ihm vorgeworfene Tat gesteht, was dieser auch tat.
Bereits vor anderthalb Jahren thematisierten Anwohner_innen und der Verein Utopia den rechten Liedermacherabend in der Öffentlichkeit.
Der ansässige Verein Utopia e.V., der unter seinem Dach verschiedene Angebote der Jugend‑, Beratungs- und Kulturarbeit beherbergt, ist durch das rechte Treiben in der „Bierbar“ beeinträchtigt. Die Beratungsstelle für Opfer rechter Gewalt (BorG) dokumentierte mehrere Übergriffe, die
durch Besucher_innen der „Bierbar“ auf Anwohner_innen, Vereinsmitglieder und Besucher_innen der Vereinsräumlichkeiten ausgeübt wurden. 2008 etwa griffen mehrere Besucher_innen der „Bierbar“ bewaffnet mit Billardstöcken Vereinsmitglieder des Utopia e.V. an. In den Folgejahren provozierten Besucher_innen der „Bierbar“ mit Böllerwürfen, Pöbeleien und aggressivem Verhalten. Die „Bierbar“ beherbergt ein eindeutig rechtes Publikum, zu welchem auch stadtbekannte Neonazis gehören. Seitens des Betreibers oder der Barkräfte folgte zu keinem Zeitpunkt
eine Distanzierung vom rechten Treiben in ihrer Lokalität. Ganz im Gegenteil: Betreiber Guido T. leugnet sogar die Vorfälle. Am 09.08.2013, dem besagten Liedermacherabend, konnte erst die gerufene Polizei den rechten Umtrieben ein Ende bereiten. Sowohl Gäste, die Barkraft als auch der Betreiber der Kneipe hatten die Geschehnisse toleriert und klein geredet. Gerade Guido T. trieb die Sache später in der Presse sogar noch weiter, indem er versuchte, die Ereignisse aus der besagten Nacht als nette Geburtstagsfeier herunter zu spielen. Die Sympathie des Bierbar-Betreibers für sein rechtes Publikum ist offensichtlich, so beschrieb Björn B. vor Gericht Guido T. als einen guten Freund.
„Da nun der Tatvorwurf durch ein Gericht bestätigt wurde und der Angeklagte gestanden hat, dass er am Abend des 09.08.2013 unter anderem Lieder der neonazistischen und verbotenen Band „Landser“ in der „Bierbar“ spielte, ist es an der Zeit, dass die zuständigen Ämter, die Stadt und der Vermieter dem schon lange anhaltenden rechten Treiben ein Ende bereiten und aus der Gerichtsentscheidung Konsequenzen ziehen“, so eine Sprecherin der Beratungsstelle Opfer rechter Gewalt (BOrG).
Frankfurt (Oder), den 27.02.2015
Beratungsstelle für Opfer rechter Gewalt (BOrG) des Utopia e.V.
Monat: Februar 2015
Am 2. März rufen die BraMM zum Montagsspaziergang durch Fürstenwalde auf.
Die BraMM fordern eine Asylpolitik, die es ermöglicht, die Schutzbedürftigkeit von Menschen im Schnellverfahren zu beurteilen und diese genauso schnell abzuschieben, wenn es sein muss in den Tod.
Sie geben sich als „überparteilich“ aus, obwohl ihre Aktivität von der REP, einer nationalistisch-konservativen Partei, ausgeht und ihre Anhängerschaft großteils aus altbekannten Neonazis besteht.
Sie bezeichnen Aufklärung in der Schule als „ideologiebelastet“ und „frühsexualisierend“. Sie schüren unbegründete und irrationale Ängste vor dem Islam, in Deutschland lebenden Migranten, vor linksalternativer Bewegung, vor generell allem, was nicht in ihr Weltbild passt.
Sie sind eine Rattenfängerbewegung der neuen Rechten und dürfen in unserer Stadt nicht widerstandslos geduldet werden.
Lasst diesen Aufmarsch nicht unkommentiert. Gegenkundgebungen werden stattfinden um
17:00 am Bahnhof
17:30 am Stern
Kommt vorbei und zeigt, dass Fürstenwalde mehr ist als das.
‑Antifaschistische Aktion Fürstenwalde
Erster Auftritt…
Unter den rund 30 Teilnehmenden befanden sich neben Lukas Franz, der sich zu diesem Zeitpunkt noch vermummte und eher im Hintergrund hielt, auch sein in Alt-Töplitz wohnender Kamerad Philipp Hinzmann. Mit ihnen wohnte außerdem ein wichtiger Teil der organisierten Neonaziszene Potsdams der Kundgebung bei. Neben Gabor Grett, Benjamin Oestreich, Lars Wickner und Patrick Danz nahmen auch Max Seidel, die Brüder Marco und Dennis Helmstedt sowie Tim Borowski an der Kundgebung teil. [1]
…unterwegs auf Rassist_innen- und Neonazievents…
Borowski besuchte zusammen mit Hinzmann am 17. Oktober letzten Jahres eine Bürger_innenversammlung im Oberstufenzentrum in Werder zum geplanten Erstaufnahmelager für Geflüchtete in Ferch und fiel dabei mehrfach durch störende Zwischenrufe auf.
Am 25. Oktober 2014 waren beide dann fahnentragend neben Maik Eminger und zahlreichen weiteren Neonazis der Gruppierung „Licht und Schatten“ bei einer Kundgebung der neonazistischen „Gefangenenhilfe“ in Brandenburg an der Havel zu sehen. Durch die tiefe Verstrickung der Gebrüder Eminger im Netzwerk des NSU [2], die Integration und Führungsposition Maik Emingers in der Potsdamer Szene, der „Gefangenenhilfe“ sowie bei „Licht und Schatten“ und die inhaltliche Positionierung dieser Veranstaltung, bewerten wir den Auftritt von „Licht und Schatten“ in Brandenburg als Statement des (Unterstützungs-)Netzwerks der rechtsterroristischen Gruppierung „Nationalsozialistischer Untergrund“. Bereits zuvor produzierte die „Gefangenenhilfe“ unter anderem ein T‑Shirt mit der Parole „Freiheit für Wolle“, welches sich auf den im Münchner Prozess Angeklagten Ralf Wohlleben bezieht und Geld für diesen einbringen soll. [3]
Neben Christian Helmstedt und Martin Klahr sowie weiteren Potsdamer Neonazis waren auch Olaf Ernst und Lukas Franz, beide am Transparent der Neonazipartei „Der III. Weg“, vor Ort. Franz trat dieses Mal schon deutlich selbstsicherer auf, war diesmal unvermummt, trug das T‑Shirt der „Gefangenenhilfe“ und stand im Vordergrund. Die meisten der Gruppierung „Licht und Schatten“ zuzuordnenden Neonazis trugen dabei T‑Shirts der „Gefangenenhilfe“, welche als Nachfolgeorganisation der im September 2011 verbotenen „Hilfsorganisation für nationale politische Gefangene und deren Angehörige e.V.“ gehandelt wird. [4]
Am 17. Dezember 2014 nimmt Lukas Franz an einem rassistischen Fackelmarsch in Oranienburg teil. Die von “besorgten” Bürger_innen angemeldete Demonstration wurde durch die örtlichen NPD-Strukturen getragen. Die Ordner_innen waren, neben etlichen weiteren Teilnehmer_innen, organisierte Neonazis und auch der Lautsprecherwagen wurde durch die NPD zur verfügung gestellt. Unter den Neonazis waren mehrere Personen aus dem Umfeld von “Licht und Schatten”, welche ein Transparent und Schilder der von ihnen organisierten neonazistischen Kampagne “Ein Licht für Deutschland” mitführten. Ganz vorne mit dabei: Lukas Franz. Er trug während des gesamten Abends das Transparent.
…bei der „Sportgemeinschaft Töplitz 1922 e.V.“…
Wenn Franz sich nicht auf Neonaziveranstaltungen herumtreibt, dann spielt er Fußball in der zweiten Männer-Mannschaft der „SG Töplitz 1922 e.V.“ Auf einem auf der Vereinsseite präsentierten Mannschaftsfoto ist er mit einem T‑Shirt der neonazistischen Bekleidungsmarke „Thor Steinar“ zu sehen, an dem sich offenbar niemand im Verein zu stören scheint. [5] Anhand dieses Fotos gehen wir davon aus, dass sein politische Verortung im Verein nicht gänzlich unbekannt ist. Wenn dem nicht so ist, sind wir auf die Reaktionen des Vereins gespannt und hoffen auf eine entsprechend klare Linie.
…und sonst so?
Im Fall Fabian Klennert, der der neonazistischen Hooligangruppierung „Crimark“ zugeordnet werden kann, hat sich seit unserer Veröffentlichung vom April 2013 nichts getan. [6] Klennert, regelmäßig Gast im Jugendclub „Treffpunkt Fahrland“, der seit 2012 im Fußballverein aktiv ist, spielt mittlerweile sogar für die erste und zweite Männer-Mannschaft. [7] Somit stellt sich die „Sportgemeinschaft Bornim 1927 e.V.“ in eine Reihe mit den anderen Potsdamer Sportvereinen, die nicht gewillt sind, eindeutige Konsequenzen gegenüber ihren Neonazis zu ziehen.
„Potsdam bewegt“ sich weiterhin nicht
Mario Schober, Thomas Pecht, Patrick Bünsch, Fabian Klennert und jetzt Lukas Franz. Die Liste der Neonazis in Potsdamer Sportvereinen wird vermutlich auch im Jahr 2015 noch länger werden. Klar herauszustellen bleibt: Die aktiven Neonazis sind keine Mitläufer_innen, sondern fest verankert und engagiert in der Neonaziszene. Sie unterstützen zutiefst neonazistische Organisationen und Gedanken und sind wie im Fall von Lukas Franz an der aktiven Verbreitung und Aufrechterhaltung dessen beteiligt. Wer solche Menschen in den Sportvereinen akzeptiert, lässt Platz für menschenverachtende Ideologien und unterstützt, dass Neonazis sich frei und „normal“ bewegen können. Eine antirassistische Grundposition kann so nicht bezogen werden. Es scheint beim Thema Neonazis im Sport weiterhin klar: „Potsdam bewegt“ sich nicht.
[1] http://arpu.blogsport.eu/2012/04/12/neonazis-unter-alt-neuem-namen-die-sektion-potsdam/
[2] http://gamma.noblogs.org/archives/1105
[3] Vgl. http://www.tagesschau.de/inland/nsu-104.html und http://blog.zeit.de/stoerungsmelder/2014/10/26/rechtsextreme-gefangenenhilfe-demonstriert-in-brandenburg-an-der-havel_17355
[4] https://inforiot.de/80-neonazis-jammern-in-brandenburghavel/
[5] http://www.sg-toeplitz.de/fussball/2mannschaft/index.php
[6] http://arpu.blogsport.eu/2013/04/08/potsdamer-neonazis-auch-2013-sportlich/
[7] http://www.sg-bornim.de/
Rund 50 Sportschülerinnen und Sportschüler haben es sich in Frankfurt zur Aufgabe gemacht, eine Theaterinstallation zur aktuellen Asylbewerberdebatte auf die Beine zu stellen. Unter dem Titel „Ankommen“ gehen sie seit Mitte Februar den Fragen nach dem Fremdsein in einem anderen Land und dem, was dies für einen Asylsuchenden bedeutet, auf den Grund.
Zunächst ging es allerdings darum, einen Einstieg in die Theaterarbeit zu finden. Bei einer Werkstatt im Kleist Forum Frankfurt haben sich die Schüler anhand einer Versuchsanordnung der Künstlerin Marina Avramovic mit der eigenen Person auseinandergesetzt. Sie spürten der eigen Ausdrucksfähigkeit nach, die Grundlage für jede Theaterarbeit ist.
Inzwischen geht es um die thematische Auseinandersetzung mit der aktuellen Asylbewerberdebatte.Drei Asylsuchende werden den Unterricht an der Soortschule in Frankfurt besuchen und über ihre Flucht, über ihre positiven und negativen Erfahrungen sowie über ihr „Ankommen“ in Frankfurt sprechen. Außerdem werden die Schüler Interviewmaterial sammeln, das sie in ihrer Performance szenisch umsetzen wollen. Dazu werden die Schüler beispielsweise Passantinnen, Lehrer und Mitschüler interviewen, aber auch mit drei Asylsuchenden im Asylbewerberheim sprechen.
Wenn das Material gesammelt und bearbeitet ist, beginnen die eigenlichen Proben. Das Ergebnis des Schülerprojektes soll am 26. März gleich sieben Mal in der großen Scharrnstraße zu erleben sein.
Das gesamte Theater-Projekt der Frankfurter Sportschüler wird in Kooperation mit der Messe und Veranstaltungsgesellschaft vom Verein Vielfalt statt Einfalt, dem Quartiersmanagement Innenstadt Beresinchen und dem Stadtteilforum Mitte unterstützt. Daran beteiligt ist auch der Chor „Gesang der Kulturen“, der sich erst vor kurzer Zeit in Frankfurt gegründet hat.
Am 15.02.2015 folgten mehrere hundert Menschen dem Aufruf des Bündnisses „Cottbus Nazifrei!“ und wollten sich den Geschichtsverdreher*innen der NPD in den Weg stellen. Rund 800 friedliche Blockierer*innen waren am Aktionstag auf den Cottbuser Straßen unterwegs. Die Neonazis mobilisierten zum Cottbuser Hauptbahnhof als Treffpunkt, obwohl ihr angemeldeter Kundgebungsort das rund 2,5 km entfernte Turnerdenkmal war. Cottbus Nazifrei! versuchte einen möglichen Neonaziaufmarsch durch die Cottbuser Südvorstadt zu verhindern.
Cottbus Nazifrei! machte bereits vor dem 15.Februar auf die öffentliche Mobilisierung durch die NPD zu einem nicht angemeldeten Versammlungsort aufmerksam.Trotz mehrfachen Hinweises darauf, haben die Versammlungsbehörden darin kein Problem gesehen. So hätte ein Neonazi-Aufmarsch durch die Südvorstadt stattfinden können.
Die Demonstration von Cottbus Nazifrei! führte am Spreewald-Bahnhof vorbei zur Güterzufuhrstraße und wurde dort zunächst ohne Angabe von Gründe durch die Polizei gestoppt. Er führte dann weiter über die Bahnhofsbrücke und die Thiemstraße. Auf der Thiemstraße kam es im weiteren Verlauf des Tages zu rabiaten Übergriffen auf Demonstrant*innen durch die Polizei auf dieser angemeldeten Demonstrationsroute.
Gegen 13.30 Uhr bewegte sich eine große Menschengruppe auf der Thiemstraße. Sowohl die Straße als auch der Bürgersteig wurden dabei genutzt. Die Gruppe wurde auf dem linken Bürgersteig ab der Kreuzung Bahnhofstraße/ Stadtring von einer Beweissicherungs- und Festnahmeeinheit (BFE) begleitet. Auf Höhe des Kinder- und Jugendnotdienstes eskalierte die Situation plötzlich. Die für diese Aufgabe völlig unterbesetzte Polizeieinheit zog sich über die Thiemstraße und versuchte diese abzusperren. Einige der Polizist*innen hatten bereits im Laufen ihr Pfefferspray gezogen. In Panik versuchten die Demonstrant*innen der zu erwartenden Gewalt zu entgehen. Die Polizist*innen rannten auf die Straße und folgten den Fliehenden. Demonstrant*innen wurden gezielt geschubst und zu Fall gebracht. Augenzeugen und Betroffene berichten von Schlagstock- und Pfeffersprayeinsätzen, sowie gezielten Faustschlägen.
Einem 13-jährigen, der verängstigt am Rand stehen geblieben war, griff ein Beamter mit seinem Quarzhandschuh direkt ins Gesicht und schubste ihn. Eine junge Frau, die auf den Bürgersteig rannte, wurde von einem voll gepanzerten Polizisten so rabiat zu Fall gebracht, dass sie kurze Zeit bewusstlos am Boden liegen blieb. Die junge Frau erlitt einen Trümmerbruch im Oberarm und musste noch am selben Abend notoperiert werden und lag eine Woche stationär im Krankenhaus. Darüber hinaus erlitt sie Schürf- und Platzwunden am Kopf und im Gesichtsbereich, sowie diverse Prellungen am Körper. Die Demosanitäter*innen kümmerten sich vor Ort um die Verletzte und riefen einen Krankenwagen.
Zeitgleich geleiteten die Polizeikräfte die Neonazis weiter südlich über die Thiemstraße, um diese zu ihrem eigentlichen Kundgebungsort am Turnerdenkmal zu bringen. Dass dies über eine angemeldete Demonstrationsroute passieren sollte und dass deswegen Demonstrationsteilnehmende ins Krankenhaus eingeliefert werden mussten, bleibt für alle Betroffenen absolut unverständlich.
Kurze Zeit später, gegen 13.40 Uhr, wurde eine Gruppe von 20–30 Personen in der Leipziger Straße/ Ecke Thiemstraße von der Polizei umzingelt. Die Gruppe bremste und hob die Hände, um einer Eskalation der Situation vorzubeugen. Die Beamt*innen trieben die Menschenmenge zusammen, bedrängten und schubsten die Leute. Einzelne hakten sich beieinander ein, um zu verhindern, dass jemand zu Fall kommt. Die Polizist*innen begannen am Rand in die Menge hinein zu schlagen. Einem Demonstranten wurde dabei mehrfach direkt auf den Kopf geschlagen, ein anderer berichtete von Schlägen in die Magengrube. Während des Gerangels knickte ein Mensch am Bordstein um und erlitt einen Bänderriss. In derselben Situation kam es außerdem zu mehreren brutalen Festnahmen
(https://www.flickr.com/photos/presseservice_rathenow/16355453740/in/album-72157650775498986/).
Auf Höhe des Klinikums spielten sich zur selben Zeit ebenfalls sehr unschöne Szenen ab. Hier wurden erneut Menschen gezielt zu Fall gebracht und landeten zum Teil im Dornengestrüpp. Einer jungen Frau wurde in die Beine getreten. Sie ging zu Boden und wurde von dem Beamten aufgefordert wieder zurück zu gehen. Als die Betroffene nicht schnell genug aufstand, brachte der Polizist sie erneut zu Fall und drückte sie zu Boden. Die junge Frau wurde am Pullover von dem Polizisten hoch gehoben und in eine nahestehende Menschenmenge geschubst. Wegen starker Schmerzen im Fuß ließ sie sich von den Sanitäter*innen vor Ort untersuchen und suchte auf deren Rat hin die Notaufnahme im Klinikum auf. Dort wurde ihr eine schwere Mittelfußprellung und eine Bänderverletzung diagnostiziert. Sie konnte nur noch auf Unterarmstützen laufen.
Gegen 13.50 Uhr gingen die Übergriffe an der Grünfläche bei der Europakreuzung weiter. Hier raste ein Mannschaftswagen der Polizei über die Wiese durch eine lose Menschengruppe hindurch. Nur durch die Aufmerksamkeit einiger Menschen dieser Gruppe wurde niemand angefahren. An derselben Stelle kam es zu weiteren Übergriffen. Augenzeugen berichteten von Polizist*innen, die auf einen am Boden liegenden Menschen eintraten. Auch hier kam es zu einem Schlagstockeinsatz. Es wurde sogar beobachtet, dass das massive Stativ einer Polizeikamera als Schlagstock genutzt wurde. Eine Frau soll außerdem geschüttelt und gegen einen Laternenmasten gestoßen worden sein.
Die Polizeiwillkür wollte allerdings auch dann noch kein Ende nehmen. Gegen 14.15 Uhr hielt es die Polizei für nötig einen Lautsprecherwagen an der Ecke Gaglower Straße/ Hermann-Löns-Straße zu durchsuchen. Während das Fahrzeug durchsucht wurde, grüßte die Moderation eine vorbei laufende Menschengruppe mit den Worten „Schön, dass ihr da seid!“. Daraufhin warf die Polizei der Lautibesatzung vor, zu Straftaten aufgerufen zu haben. Die Personalien aller Insassen wurden aufgenommen und mit Platzverweisen gedroht. Außerdem wurden sie aufgefordert den Lautsprecherwagen abzubauen. Telefonisch wurde Kontakt zu Anwält*innen aufgebaut, die Polizei verweigerte allerdings die Kommunikation und konnte keine*n Verantwortliche*n benennen. Erst als sich unter anderem die Bundestagsabgeordnete Birgit Wöllert vor Ort einfand, entspannte sich die Situation. Die Platzverweise wurden zurück genommen und galten nur noch für eine Stunde. Der Lautsprecherwagen musste dennoch abgebaut werden und durfte keine Durchsagen mehr machen.
Zum Abschluss des Tages sollte eine Spontandemonstration von der Dresdener Straße über die wenig befahrene Gartenstraße angemeldet werden. Diese Demonstration wurde mit der Begründung untersagt, es gäbe nicht ausreichend Polizeikräfte um den Straßenverkehr umzuleiten.
Trotzdem fanden die Demonstrant*innen ihren Weg zum Infopunkt von Cottbus Nazifrei! in der Weinbergstraße. Doch auch hier wollte die Polizei keine Ruhe geben. Auf einem LKW spielten vor Ort mehrere Bands, doch offenbar hielt die Einsatzleitung eine massive Polizeipräsenz vor Ort für notwendig. Behelmte Polizist*innen zogen eine Schneise zwischen den LKW und die tanzenden Menschen. Die Veranstaltung wurde daraufhin angemeldet und somit legitimiert. Doch auch dies konnte die Einsatzkräfte offenbar nicht besänftigen. Es wurde mit der sofortigen Räumung der Veranstaltung gedroht. Wegen der Gewalterfahrungen im Tagesverlauf, sollten die Veranstaltungsteilnehmer*innen nicht weiter gefährdet werden, daher wurde die Versammlung örtlich verlegt in eine Nebenstraße. Dort wurde die Veranstaltung weitergeführt und eine weitere Band konnte auftreten. Hier wurden Teilnehmende von den anwesenden Polizeibeamt*innen mit Tiergeräuschen veralbert und mit Sprüchen wie „Na, habt ihr heute nichts geschafft?“ provoziert. Im Verlauf der Abschlussparty, die ein völlig problemloses Konzert hätte sein können, kam es zu zwei weiteren Festnahmen.
Die Festgenommenen wurden zur Gefangenensammelstelle am Bonnaskenplatz gebracht. Ihnen wurde angedroht, dass sie mit einem Feuerwehrschlauch abgespritzt werden würden. Nach dieser Einschüchterung mussten sich die beiden (von denen einer erst 16 Jahre alt ist) vor versammelter Polizeimannschaft ausziehen. Vor der Wache wurden die Gefangenen nach ihrer Freilassung von solidarischen Menschen in Empfang genommen. Die beiden wirkten sehr eingeschüchtert und verstört.
Montag Nacht gegen 22.30 Uhr leistete sich die Polizei bereits den nächsten Fauxpas. Sie wollten die schwer verletzte junge Frau im Krankenhaus befragen. Dass die von der Nachtschwester geweckte Geschädigte nicht mit den Kriminalbeamt*innen sprechen wollte, überrascht nicht. Wenn Täter ihre Opfer mitten in der Nacht im Krankenhaus besuchen, ist dies an Unsensibilität wirklich kaum zu übertreffen. Für die junge Frau hat nun vor allem der Heilungsprozess höchste Priorität. Alles Weitere wird nach ihrer Entlassung mir anwaltlicher Unterstützung in die Wege geleitet werden.
Insgesamt kann festgehalten werden, dass es zu mehreren gewalttätigen Übergriffen seitens der Polizei auf Teilnehmende einer angemeldeten Demonstration kam und die Lage seitens der Polizei an verschiedenen Stellen ohne Not eskaliert wurde. Immer noch treffen verschiedene Zeugenaussagen bei den Organisator*innen der Demonstration ein und die Betroffenen erhalten juristische Unterstützung.
Fotos vom Geschehen am 15.Februar:
https://www.flickr.com/photos/presseservice_rathenow/sets/72157650775498986/
https://www.flickr.com/photos/soerenkohlhuber/sets/72157650773225356/
https://www.flickr.com/photos/neysommerfeld/sets/72157650421702917/
Wie bereits in den vorangegangenen Jahren versuchte die rechtsextreme NPD auch dieses Jahr am 15.02 wieder, die Bombardierung Cottbus’ infolge der Befreiung vom faschistischen Regime im Jahre 1945 zum Anlass zu nehmen, um ihre nationalistische Propaganda auf die Straße zu tragen. Unter dem Banner Cottbus bekennt Farbe fand sich auch dieses Jahr wieder ein massives Aufgebot von Gegendemonstrant*innen auf Cottbus’ Straßen ein, um den Geschichtsrevisionist_Innen den Weg zu Versperren und um dafür zu Sorgen, dass Nazis und ihrer verbrecherischen Ideologie kein Raum eingeräumt wird.
Die diversen, zum Teil erfolgreichen Gegenaktivitäten wurden jedoch überschattet vom brutalen Vorgehen der zum Schutz der Faschisten eingesetzten Polizist*innen. Damit, dass Polizeiwagen unkontrolliert in Menschenmengen hinein rasen, dass Pfefferspray inflationär eingesetzt wird, dass solange auf Gegendemonstrant*innen eingeprügelt wird, bis diese wie im Falle unserer Cottbusser Genossin schwer verletzt im Krankenhaus landen, wurde ein neuer vorläufiger Negativ-Gipfel von Polizeieinsätzen in Brandenburg erreicht. Ein Negativ-Gipfel, der seit dem 17.01.2015 in Frankfurt (Oder) in Folge der Gegenproteste zu „Frankfurt (Oder) wehrt sich“ seinen Lauf nimmt.
Wir stellen die Institution Polizei ohnehin in Frage und stellen keine Erwartungen an die Verteidiger*innen der herrschenden Zustände – jedoch stellt sich trotzdem die Frage, was mit dieser Taktik erreicht werden soll? Hier wird von Neonazis sogenannter Protest auf die Straße getragen, der durch die freiheitlich demokratische Grundordnung legitimiert ist. Wieso wird in diesem sogenannten demokratischen System, in dem das Prinzip einfacher Mehrheiten ansonsten (leider) Gang und Gebe ist, eine marginale Versammlung ewig gestriger Anhänger_Innen nationalsozialistischem Gedankenguts der Weg durch eine beachtliche Menge von Gegendemonstrant*innen geprügelt? Nämlich um die bestehende Grundordnung zu legitimieren, in der Rassismus, Nationalismus und faschistisches Gedankengut zum Wohle der sogenannten Meinungsfreiheit öffentlicher Raum eingeräumt wird.
Aber es bleibt dabei: Faschismus ist keine Meinung, sondern ein Verbrechen! Offen zur Schau getragener Rassismus und Nationalismus ebenso!
Wir werden weiter kämpferisch bleiben und wenn es sein muss, legen wir uns dabei auch mit der Staatsmacht an. Ihr beruft euch mit eurem Handeln auf die Pfeiler eines brüchigen, menschenunwürdigen Systems, was es längst verpasst hat zu begreifen, dass es am Ende ist. Wir lassen uns von euch nicht einschüchtern und es wird auch weiterhin kein ruhiges Hinterland für Nazis und Faschisten geben!
Dieser Botschaft versteht sich zugleich als Grußbotschaft an alle von staatlicher Repression und Polizeigewalt betroffenen Genoss*innen aus Cottbus und Umland.
Solidarische Anarchist*innen und Antifaschist*innen aus Frankfurt (Oder).
No justice, no peace – fight the police!
Eisenhüttenstadt wirkt an diesem früheren Samstagnachmittag etwas verschlafen. Nur wenige Menschen bewegen sich in den, für heutige Verhältnisse, zu groß dimensionierten Straßenzügen, deren Antlitz den Architekturstil der 1950er bis 1970er Jahre widerspiegelt. Patinierte Fassaden dominieren das Ensemble. Lediglich das Rathaus, das Friedrich Wolf Theater und einige wenige weitere Gebäude strahlen in neuem Glanz, neben vergilbten und bröckelnden Fassaden.
In der Stadt patrouilliert viel Polizei. An allen Knotenpunkten vom Eisenhüttenkombinat bis zur Bahnhaltestelle im alten Ortsteil Fürstenberg ist sie präsent. Jedoch scheint heute weniger die viel diskutierte „Grenzkriminalität“ der Hintergrund der Maßnahme zu sein, als denn zwei konträre Veranstaltungen, die für den früheren Nachmittag angemeldet wurden. Ein neonazistischer Aufmarsch und eine Gegenkundgebung.
Für 14.00 Uhr hatte ein Neonazi eine Demonstration unter dem Motto „Ausländerstopp – für die Zukunft deutscher Familien“ am Rande des Zentralen Platzes, vor dem Eisenhüttenstädter Rathaus, angemeldet. Das Bündnis „Hütte stellt sich quer“ hielt auf demselben Platz, jedoch zentrierter, mit einer angemeldeten Kundgebung unter dem Motto: „Gegen Rassismus – für ein weltoffenes Eisenhüttenstadt“ dagegen. Letzt genanntes war bereits sogar seit 13.00 Uhr vor Ort. Ein Lautsprecherwagen war aufgebaut worden und ungefähr 100 Menschen bekannten sich mit Schildern und Transparenten zu einem weltoffenen und bunten Eisenhüttenstadt.
Hütte stellt sich quer
Selbstverständlich nutzte das Bündnis, ein Netzwerk aus Schulen, Jugendclubs, Vereinen, Parteien und anderen politischen Initiativen, auch die Zeit sich, um seine Entstehung, Entwicklung und Engagement darzustellen. Ein Sprecher von „Hütte stellt sich quer“, betonte, dass er früher immer das Gefühl hatte, das Eisenhüttenstadt tolerant sei. Dieser Eindruck hielt bis vor drei Jahren. Zu diesem Zeitpunkt nahm die Hetze gegen Asylsuchende im Internet immer weiter zu. Daraufhin haben er und andere Menschen begonnen, sich als Bündnis „Hütte stellt sich quer“ zu finden und zu vernetzen. Dabei sehen sie ihr Hauptaugenmerk übrigens nicht nur auf Recherche und Aufklärung zum Thema Migration, sondern eben auch in der konkreten Kontaktsuche zu Asylsuchenden, so ein weiterer Sprecher vom Bündnis „Hütte stellt sich quer“. Es wurden Hilfsgüter verteilt und eine Begegnungsstätte etabliert.
Lobende Worte erhielt das Bündnis deshalb vom regionalen Bundestagsabgeordneten Martin Patzelt (CDU). Er unterstütze die Initiative, weil sie Mut mache. Schließlich gäbe es auch gar keine andere Alternative, als ein friedliches Zusammenleben aller Menschen. Deshalb sei es, so Patzelt, auch wichtig teilen zu lernen, um dadurch die Welt gerechter zu gestalten.
Die Landtagsabgeordnete Isabelle Vandré (DIE.LINKE) lobte anschließend ebenfalls noch einmal das Bündnis und betonte, auf den heutigen Anlass bezogen, dass wo immer Neonazis in Brandenburg aufmarschieren auch immer mit Protest zurechnen ist.
Die militante Rechte marschiert auf
Währenddessen trafen immer mehr Neonazis am ihrerseits angemeldeten Sammelpunkt ein. Insgesamt wurden es ungefähr 100. Die meisten stammten aus dem gesamten Land Brandenburg, vor allem aus den Kreisen Ostprignitz-Ruppin, Havelland, Brandenburg an der Havel, Potsdam-Mittelmark, Potsdam, Teltow-Fläming, Oder-Spree und Frankfurt (Oder). Vereinzelt waren aber auch Neonazis aus Berlin und Bayern angereist.
Die neonazistische Kleinpartei „Der dritte Weg“, die hauptsächlich im Süden der Republik beheimatet ist, hatte im Vorfeld für den Aufmarsch geworben. Allerdings scheint sich nur ein Teil der angereisten Personen offen mit dieser Organisation zu identifizieren. Ein Großteil der Veranstaltungsteilnehmer_innen ist u.a. als Funktionäre der NPD bekannt. Mit Pascal Stolle, André Schär, Manuela Kokott und Burkhard Sahner waren so gar Kommunalpolitiker der nationaldemokratischen Partei anwesend. Die NPD Potsdam-Mittelmark zeigte zudem mit eigenem Banner und Parteifahne Präsenz. Des Weiteren waren Vertreter_innen der „Freien Kräfte Neuruppin/Osthavelland“ und Sympathisanten der Initiative „Wittstock sagt nein zur Asylpolitik“ anwesend.
Maik Eminger aus Grabow (Landkreis Potsdam-Mittelmark) , Anmelder der Veranstaltung, trat anschließend in den Vordergrund, ordnet die Reihen und dirigierte die Banner- und Fahnenträger, so dass sie die richtige Propagandapose bildeten. Anschließend eröffnet Manuel Schmidt aus Kloster Lehnin (ebenfalls Landkreis Potsdam-Mittelmark) mit einem Einleitungsmonolog die Veranstaltung.
Unmittelbar danach ist aber wieder Maik Eminger, Bruder eines in München angeklagten mutmaßlichen NSU Mitäters, am Mikrophon und erklärt, dass er hier als Einzelperson stehe bzw. keine Partei symbolisiere und für keine Organisation rede. Eine sehr bescheidene Auskunft. Es drängt sich nämlich eher der Eindruck auf, dass er eine führende Figur der militanten Rechten ist und seine Jünger hier versammelt hat. Und die haben sich zurzeit auf das Thema Asyl eingeschossen. Sinn und Zweck der von Eminger angemeldeten Versammlung sei deshalb, so seine Worte, in erster Linie ein Zeichen dagegen zu setzen. Denn hier in Eisenhüttenstadt befindet sich die Zentrale Aufnahmestelle für Asylsuchende in Brandenburg, dem ersten Anlaufpunkt für Menschen, denen in Brandenburg aufgrund von Krieg, Verfolgung und Folter Asyl gewährt wird.
Doch dies spielt für Eminger keine Rolle. Die Bilder, die er in seinem Redebeitrag entwirft, sind von tiefem Rassismus und von „Blut und Boden“ Ideologie geprägt. Letztendlich geht es ihm nicht darum, nur bestimmten Menschen Asyl zu gewähren, wie es „besorgte Bürger_innen“ oder die „PEGIDA“ in den zahlreichen Veranstaltungen der letzten Zeit landauf und landab predigen, sondern niemanden.
Ähnlich argumentiert auch der Bad Belziger Stadtverordnete Pascal Stolle (NPD), der offenbar seit seiner letzten öffentlichen Rede einen Rhetorikkurs besucht hat. In flüssigen und klar verständlichen Sätzen echauffiert er sich vor allem über die „rote Bande“, die im Eisenhüttenstädter Rathaus sitze und sich erdreistet in der Stadt ein Krankenhaus für Asylsuchende zu planen. Zwar ist eigentlich das Land Brandenburg der Bauherr der Klinik, aber Stolle ist ja auch ohnehin kein Mensch, der es mit der Wahrheit so genau nimmt. Für ihn steht fest, dass „Asylanten“ sowieso nur „Krankheiten“ bringen und schon deshalb hier nicht hergehören.
Anschließend formiert sich die neonazistische Kundgebung zu einem Demonstrationszug und marschiert, zum Teil auf dem Gehweg, entlang der Lindenallee zum Friedrich Wolf Theater, wo eine Zwischenkundgebung geplant ist. Dort angekommen, wird ebenfalls eine propagandistisch wirkende Pose eingenommen. Die kommt allerdings nicht so zur Geltung, denn zuvor hatte offenbar die SPD und die IG Metall Plakate mit der Aufschrift „Nazis einen Vogel zeigen“ und „Vorsicht Falle“, auf dem ein in einer Mausefalle gefangenes Hakenkreuz abgebildet ist, angebracht.
Trotzdem verstehen es die Neonazis die Szenerie zu dominieren, da auch bei dieser Zwischenkundgebung geschulte Redner auftreten, die abermals gegen alles vermeintlich Nichtdeutsche hetzen. So beispielsweise der aus München angereiste Karl Heinz Statzberger (Der III. Weg) , welcher offen die Ansicht vertritt, dass weder der Islam, noch das Judentum zu Deutschland gehört. Davon ist er sogar so überzeugt, dass er mit weiteren Neonazis am 9. November 2003 einen Sprengstoffanschlag auf die Grundsteinlegung des jüdischen Gemeindezentrums in München plante und deswegen rechtskräftig als Mitglied einer terroristischen Vereinigung verurteilt wurde.
Soweit ist die Vereinigung „Initiative Zukunft statt Überfremdung“, hinter der sich die „Freien Kräfte Neuruppin / Osthavelland“ verbergen anscheinend aber noch nicht. Doch für deren Sprecher Pierre Boddin, der im nächsten Redebeitrag für den sogenannten „Tag der Deutschen Zukunft“ am 6. Juni 2015 in Neuruppin warb, steht auch fest, dass „nicht mehr viel Zeit bleibt, um das Ruder noch einmal rum zu reißen“. „Jedoch“, so Boddin weiter, „zu spät für den Erhalt seiner Art und die Zukunft unserer Kinder zu kämpfen“ sei es nie. Als „Mut machendes Beispiel“ hierfür nannte er die Tumulte in der Stadtverordnetenversammlung von Nauen (Landkreis Havelland), bei denen auch er zugegen war. Dort hatten Neonazis und „besorgte“ Bürger_innen versucht die Abstimmung über den Verkauf einer Brachfläche für den Bau eines neuen Asylbewerberheims und damit die Einrichtung einer solchen Unterkunft an sich zu verhindern.
Anschließend wurde eine „Gedenkzeremonie“ für die „von Ausländern ermordeten Deutschen“ zelebriert und dann zum Rathaus zurückmarschiert, wo Maik Eminger, nach einer Schweigeminute und der anschließenden Skandierung eines „dreifachen Frei, Sozial, National“, die Veranstaltung beendete.
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Daniel Herzog ist sauer. Als Anmelder des heutigen Gedenkspaziergangs für den im Jahr 1996 von Neonazis getöteten Brandenburger Punk Sven Beuter habe er extra in einem Vorabgespräch bei der Polizei darauf bestanden, das die eingesetzten Beamt_innen auf Personen des neonazistischen Milieus achten und diese dann von der Strecke verweisen. Doch es kam anders. In der Grabenstraße, kurz vor dem Ende des Gedenkspaziergangs, postierten sich fünf Neonazis in dessen unmittelbarer Nähe und versuchten durch Posen und verbale Beschimpfungen die Teilnehmer_innen des vorbeiziehenden Aufzuges zu provozieren. Übrigens nicht irgendwelche Neonazis, es war der Mann, der den Tod von Sven Beuter vor 19 Jahren hauptsächlich zu verantworten hatte und seine jüngeren Gesinnungsgenoss_innen, die dort standen und über den Gedenkspaziergang feixten. Ein klares Symbol des Verunglimpfens Verstorbener. Trotzdem verhielt sich die anwesende Polizei recht passiv. Den Beamt_innen vor Ort seien die Neonazis nicht bekannt gewesen und vorab informiert worden waren sie angeblich auch nicht. Es dauerte so erst eine Weile bis die fünf Provokateure in Richtung Brandenburg-Neustadt weggeschickt worden.
Erst dann konnte der Spaziergang ordnungsgemäß bis zur Abschlusskundgebung durchgeführt werden.
Gedenkspaziergang: Erinnerung an markanten Orten
Zum Gedenkspaziergang aufgerufen hatten u.a. ein „Bund Brandenburger Querulanten — BBQ“ und die AG Antifa [BRB]. DIE.LINKE meldete die Demonstration an und stellte den Lautsprecherwagen. Etwa 50 Menschen nahmen an der Veranstaltung teil.
Das Konzept des Gedenkspaziergangs war von den Veranstalter_innen so angelegt, dass an verschiedenen Punkten in der Stadt an Sven Beuter erinnert wurde. Den Startpunkt bildete das Mietshaus in der Mühlentorstraße 13, in dem er zuletzt wohnte. Hier wurde auch der erste Redebeitrag gehalten, in dem kurz auf die bekannten Fakten aus dem Leben von Sven Beuter eingegangen wurde. In der Mühlentorstraße 13 soll sich Sven Beuter auch am Abend des 15. Februar 1996 mit Freunden getroffen, Fernseh geguckt und Bier getrunken haben. Irgendwann war dann das Bier alle und Beuter, der Punk Rocker, machte sich auf neue Getränke zu holen. Angst schien er keine gehabt zu haben, obwohl er bereits 1993 und 1994 von Neonazis überfallen wurde und bleibende Verletzungen davon trug. Beuter ging alleine, vermutlich auf einer ähnlichen Route, wie der heutige Gedenkspaziergang, zunächst durch die Altstadt, dann über die zu dieser Zeit in Umbau befindliche Jahrtausendbrücke und schließlich in die Grabenstraße. Dort traf er dann, genau wie der Gedenkspaziergang heute, auf die Person oder Personen, die ihn dort zunächst brutal zusammengeschlugen und traten. Anschließend packte der Haupttäter den bereits nicht mehr wehrfähigen Sven Beuter und schleifte ihn 50m hinter sich her, bis in die Havelstraße, wo er weiter malträtiert wurde. Erst hier konnten Augenzeugen erst eingreifen und den Täter überwältigten. Für Sven Beuter kam die Hilfe jedoch zu spät. Zwar konnte er noch in das städtische Klinikum überführt werden, erlag jedoch nach fünf Tagen, am 20. Februar 1996, seinen schweren Verletzungen. Zu diesem Zeitpunkt war Beuter, der am 12. Dezember 1972 geboren wurde, noch nicht einmal 24 Jahre alt.
Täter bleibt unverbesserlicher Nazi
Obwohl es Indizien für weitere Mittäter gab, wurde allein der aus Kloster Lehnin OT Damsdorf stammende Neonazi Sascha Lücke der Tat überführt. Er wurde zu einer Freiheitsstrafe von sieben Jahren und sechs Monaten wegen Totschlags verurteilt, die er seit zehn Jahren abgesessen hat. Vom neonazistischen Milieu löste er sich jedoch nie. Im Gegenteil, erst im Januar und Februar 2015 lief er bei vier Aufzügen der bis vor kurzem von den rechtskonservativen REPUBLIKANERn gesteuerten Initiative „Brandenburger für Meinungsfreiheit & Mitbestimmung“ (BraMM) in Brandenburg an der Havel mit. Lücke erschien stets im selben Dress: kahlrasiert und mit weinrotem Kapuzenpullover, der mit den weißen Aufschriften: „Aryan Hope“, „Hass – Made in Germany“ und „Fresst keine Döner“ sowie dem Symbol eines Eisernen Kreuzes und der Zahl 88, einem Szenecode für „Heil Hitler“, bedruckt war. Bei der ersten Veranstaltung der BraMM am 26. Januar 2015 wurde er zu dem kurzzeitig in Gewahrsam genommen, weil er einen verboten Gruß gezeigt haben soll. Heute störte er nun den Gedenkspaziergang.
Stilles Erinnern an Gedenkplakette
Trotz dieser Provokation, ließen sich die Teilnehmer_innen des Spaziergangs ihr Gedenken nicht kaputt machen, wie ein Sprecher der AG Antifa [BRB] via Lautsprecherwagen betonte. Nach einem abschließenden Redebeitrag folgte dann eine Kranzniederlegung an der Gedenkplakette für Sven Beuter sowie eine Schweigeminute. Anschließend hatte jeder Mensch die Möglichkeit persönlich dem Toten zu gedenken. Einige verneigten sich, andere stifteten Kerzen und manche stellten symbolisch eine leere Flasche als Erinnerung ab. Punk Rocker haben manchmal sonderbare Ausdrucksformen, doch „Sven hätte es auch so gemacht“, meinen sie nur.
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Am 3. August 2013 schlugen NPD-Funktionäre auf friedliche GegendemonstrantInnen ein und verletzten mehrere von ihnen. Dieses Geschehen hätte am 19. Februar am Amtsgericht Eisenhüttenstadt juristisch aufgearbeitet werden können und müssen. Das scheiterte jedoch an der Staatsanwaltschaft, der dies zu viel der Mühe war. Sie bot den Anwälten der Täter einen Deal an: Gegen ein formales Schuldeingeständnis wurde der Angriff nur als gefährliche Körperverletzung im minderschweren Fall gewertet. Die Betroffenen des Angriffs wurden nicht gehört. Die Täter,
sämtlich bekannte und einschlägig vorbestrafte neonazistische Gewalttäter, gingen mit Geldstrafen und grinsend aus dem Gerichtssaal.
Das Vorgehen der Staatsanwaltschaft ist noch unverständlicher vor dem Hintergrund, dass die Betroffenen als NebenklägerInnen am Prozess beteiligt waren und solche Deals üblicherweise mit den NebenklagevertreterInnen im Vorfeld abgesprochen werden. Nicht in diesem Fall. Die Staatsanwaltschaft ignorierte die Betroffenen und ihre
Nebenklagevertretung vollständig.
Nicht nur die an dem Überfall vom 3. August beteiligten Neonazis wurden im Gericht mit Samthandschuhen angefasst. Begleitet wurden sie von etwa 20 Sympathisanten aus Brandenburg und Sachsen, die an Kleidung und Accessoires eindeutig als Neonazis erkennbar waren. Vor und im Gericht schufen sie eine Atmosphäre der Bedrohung: Betroffene des Angriffs, ZeugInnen und diese begleitende FreundInnen wurden unter den Augen der Justizwachtmeister bedroht, beleidigt und angerempelt. Erst nach mehrfachem explizitem Hinweis u.a. von einer der Anwältinnen der Nebenklage sahen sich die Justizwachtmeister, von denen einige sich gegenseitig schulterklopfend freundschaftlich mit den Neonazis unterhielten, veranlasst, diesen Bedrohungen entgegenzutreten.
Einer der Betroffenen erklärte dazu: „Wir empfinden diesen Prozess als Skandal. Die Täter sind hier breit grinsend aus dem Saal marschiert und haben mehr als deutlich gemacht, dass sie sich weder von ihrer rassistischen Gesinnung noch von ihrer Bereitschaft, Gewalt gegen Andersdenkende einzusetzen, distanzieren. Die Bagatellisierung des Angriffs durch Gericht und Staatsanwaltschaft ermutigt die Täter nur zu weiteren Gewalttaten. Wir werden uns trotzdem auch in Zukunft mit Flüchtlingen solidarisieren und gegen Rassismus eintreten.“
Aus Sicht der Opferperspektive ist das Prozessergebnis verhängnisvoll. Bei der Tat handelte es sich um einen massiven Angriff organisierter Neonazis gegen Menschen, die sich mit Flüchtlingen solidarisieren. Zur
Arbeitsentlastung von Staatsanwaltschaft und Gericht auf die Aufklärung zu verzichten, kommt einer Ermutigung der Täter gleich und ist insbesondere in Zeiten zunehmender Angriffe auf Flüchtlinge und Asylbewerberheime ein völlig falsches Signal.
INFORIOT Am heutigen Donnerstag wurde vor dem Amtsgericht Eisenhüttenstadt gegen drei bekannte Neonazis wegen eines Angriff auf Gegendemonstrant*innen im Sommer 2013 verhandelt. Etwa 20 Neonazis unterstützen die Angeklagten und bedrohten Zeug*innen und Unterstützer*innen der Nebenklage. Am Ende endete das Verfahren in einem Vergleich.
Am 3. August 2013 wollte die NPD eine rassistische Kundgebung unmittelbar vor der zentralen Aufnahmestelle für Asylsuchende (ZAST) in Eisenhüttenstadt abhalten. Antifaschist*innen aus der Region organisierten eine Gegenkundgebung. Diese wurde damals unmittelbar beim Eintreffen der NPD von drei bekannten Neonazis, u.a. dem damaligen Gubener Kommunalpolitiker Markus Noack, angegriffen. Heut fand der Prozess vor dem zuständigen Amtsgericht in Eisenhüttenstadt statt.
Drei der angegriffenen Antifaschist*innen verfolgten den Prozess als Nebenkläger. Die drei Angeklagten Alexander Kevin P., Andy Sch. und Markus Noack wurden ebenfalls durch Anwälte vertreten, darunter zwei, die schon in der Vergangenheit Neonazis vertreten haben.
Bedrohung durch Neonazis vor und im Gerichtssaal
Vor dem Gerichtsgebäude versammelten sich am morgen etwa 20 Neonazis, die als Unterstützer*innen angereist waren. Beim Eintreffen von Antifaschist*innen wurden diese zugleich bedroht. Selbst den Anwält*innen der Nebenklage wurde der Einlass durch die sehr aggressiv auftretende Gruppe zunächst verwehrt. Die beiden Justizbeamten wirkten sichtlich überfordert und schritten nicht ein. Bei den Einlasskontrollen wurden dann mehreren Neonazis Pfeffersprays abgenommen. Im Gerichtssaal gingen die Bedrohungen weiter. Beim Versuch alle Plätze zu besetzen und auch immer wieder während der laufenden Verhandlung wurden die wenigen Antifaschist*innen, die ebenfalls Platz im Saal fanden, bedrängt und beleidigt. Auch hier fiel ein Einschreiten durch die Justizbeamten aus.
Unfähige Justiz lässt Nazis milde davon kommen.
Gleich zu Beginn des Prozess war klar, dass es kein gerechtes Urteil geben wird. Vor der Verhandlung schlug der verantwortliche Staatsanwalt den Angeklagten einen Deal vor, den diese akzeptierten. Sie gestanden ihre Schuld ein und wurden zu gemeinschaftlich gefährlicher Körperverletzung im minderschweren Fall verurteilt. Der minderschwere Fall wurde mit der Provokation durch die Gegendemonstrierenden sowie der geringen Schwere der Verletzungen begründet. Neben Geldstrafen von je 100 bzw. 110 Tagessätzen zu je 30 € mussten die Angeklagten den drei Nebenklägern sowie einem weiteren Geschädigten Schmerzensgeld in Höhe von jeweils 500 bzw. 1.000€ zahlen. Sichtliche Erleichterung war dabei in den Gesichtern auf der Anklagebank zu sehen. Nicht verwunderlich, denn so weisen alle mehrere Vorstrafen, u.a. wegen unerlaubten Waffenbesitz, Widerstand gegen Vollstreckungsbeamte und gefährlicher Körperverletzung, auf. Alexander Kevin P. war zudem zum Zeitpunkt des Übergriffs auf Bewährung. Mindestens in einem weiteren Fall wird gegen ihn ermittelt, sodass durch die Nebenklage zurecht von einem Skandal gesprochen werden kann. Der Richter konnte im Verfahren und dem Urteil selbst keine Fehler entdecken und berief sich auf den Gesetzgeber.
Das Urteil ist noch nicht rechtskräftig. Die Nebenklage hält sich eine Einlegung von Rechtsmitteln offen.