Eine Bitte um anarchistische Beteiligung an den Gegenprotesten zu rassistischer Veranstaltung in Frankfurt (Oder)*
Am 14.02.2015 findet in Frankfurt (Oder) erneut eine durch Rechtsextreme und Neonazis organisierte, rassistisch-aufgeladene Veranstaltung statt.
Ob es sich nur wie derzeit bekannt um eine Kundgebung handelt oder ob daraus wie bereits am 17.02.2015 eine Neonazi — Demonstration entsteht, ist derzeit unklar. DieNeonazi-Demo, an der 250 Menschen teilnahmen, konnte auch von den 700 Gegenprotestlerinnen nicht verhindert werden.
Die Erkenntnisse der Veranstaltung unter dem Motto “Stopp dem Asylmissbrauch” sind jedenfalls erschreckend. Nicht nur,dass sich unter den Demonstrant*innen der aus dem NSU — Umfeld bekannte MaikEminger befand oder dass die Hälfte des Demonstrationszuges mit aus Stadt und Umland bekannten Neonazis durchsetzt war- auch dass ein großer Teil der Versammlung scheinbar unbescholtene Bürger*Innen waren, lässt Interpretationsspielraum. Am Schlimmsten wiegt wohl, dass zu großen Teilen vor Jahren in Erscheinung getretene Alt-Nazis es anscheinend geschafft haben, teilweise sehr junge, bisher nicht in Erscheinung getretene Menschen mit ihrer menschenverachtenden Propaganda zu indoktrinieren und auf die Straße zu holen. Das wollen wir so nicht dulden.
Wir, die Libertäre Aktion Frankfurt (Oder), sind durch diese Vorkommnisse, die sich bereits seit letzten Sommer anbahnen und vor allem mit Beginn dieses Jahres extrem geworden sind, stark in unserem Wirken eingeschränkt. Es werden enorme Ressourcen in antirassistischer und antifaschistischer Arbeit, in denen unsere Mitwirkung gefordert ist, gebündelt. Es ist derzeit vorrangig der weiteren Verbreitung von rassistischer und neonazistischer Propaganda entgegenzuwirken. Jedoch würden wir unsere Wirkungsschwerpunkte auch gern wieder an anderen Stellen setzen. Lokal unterstützen wir für diesen Tag den Aufruf des Bündnisses “Kein Ort für Nazis Frankfurt (Oder)”.
Wir laden euch deshalb am 14.02.2015 zu einem anarchistischen Stadtspaziergang ein, bei dem mit den unterschiedlichsten und vielfältigsten Aktionen — je nach dem wo euer Aktionsschwerpunkt liegt — dem Braunen Mob Einhalt geboten werden sollte. Wir verfolgen damit außerdem das Ziel den Menschen zu zeigen, dass Anarchist*Innen im öffentlichen Raum durchaus präsent sind. Lasst uns diesen Tag zu unserem machen, lasst uns uns vernetzen und unterstützt die Libertäre Aktion Frankfurt (Oder), sie wird es euch garantiert danken. Denn wir alle könnten der Grund sein, weshalb es keine nächste rassistische Demonstration in Frankfurt (Oder) geben wird…
Für Verpflegung und wenn benötigt, Schlafplätze, tragen wir Sorge.
Für Info*s wendet euch vertrauensvoll an uns.
Es grüßen solidarisch
Die Menschen der Libertären Aktion Frankfurt (Oder)
libertaere-aktion-frankfurt-oder@riseup.net
Jahr: 2015
Gegen die Vereinnahmung dieses Tages hat sich in den letzten Jahren breiter zivilgesellschaftlicher Protest etabliert. Cottbus Nazifrei! – ein Bündnis aus verschiedenen Organisationen, Initiativen, Bewegungen und Einzelpersonen – hat sich zum Ziel gesetzt, nazistischen Ideologien in Cottbus den öffentlichen Raum zu nehmen und den 15. Februar 1945 im Gesamtzusammenhang zu sehen. Wir wollen Naziaufmärsche verhindern, den gesellschaftlichen Alltag in Cottbus antifaschistisch begleiten und mit positiven Alternativen und Lebensentwürfen ins öffentliche Bewusstsein hineinwirken. Dies führte dazu, dass sich von Jahr zu Jahr weniger alte und neue Nazis an dem als Trauermarsch getarnten Aufzug beteiligen und immer mehr Menschen für eine offene und solidarische Zivilgesellschaft auf die Straße gehen. In Dresden ist es durch Blockaden bereits gelungen, den einst größten Neonaziaufmarsch Europas endgültig zu verhindern. Auch in Cottbus ist es unser Ziel, dass der 15. Februar nicht mehr von Geschichtsrevisionist*innen missbraucht wird und keine Faschist*innen mehr durch Cottbus marschieren – weder an diesem Tag noch sonst irgendwann!
Jedoch bedrohen nicht nur offensichtliche Neonazis ein friedliches Miteinander in Cottbus. So treten immer mehr populistische Stimmen in die Öffentlichkeit, die eindeutig rassistisch, homophob und auf andere Weise diskriminierend sind. Sie versuchen mit scheinbaren Alternativen, alte Parolen alltagstauglich zu machen. Diese Gefahr ist jedoch kein Cottbuser Phänomen, sondern europaweit gewinnen rechtskonservative und ‑populistische Parteien an Zulauf. Sie greifen weitverbreitete Angst und Unmut über die europäische Krisenpolitik auf und propagieren die Rückbesinnung auf das Nationale. Nationalismus und die einseitige Beurteilung des Menschen nach seiner Verwertbarkeit sind keine Lösung für soziale Verunsicherungen und Probleme in der Gesellschaft. Zusammenhalt und Solidarität sind aktueller und notwendiger denn je für eine freie und demokratische Entwicklung. Dass Nationalismus keine Alternative sein kann, zeigen die furchtbaren Kriegsverbrechen im Zweiten Weltkrieg.
Lasst uns gemeinsam für ein freies und weltoffenes Miteinander auf die Straße gehen! Weder am 15. Februar noch sonst irgendwann werden wir zulassen, dass Neonazis durch Cottbus marschieren. Blockaden sind legitim und notwendig. Mit unseren Aktionen sind wir Teil des Aufrufs „Cottbus bekennt Farbe“. Wir solidarisieren uns mit allen, die mit uns das Ziel teilen, den Neonaziaufmarsch zu verhindern. Also seid dabei, wenn es am 15. Februar wieder heißt: COTTBUS NAZIFREI!
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BLOCK NAZIS – SO SOMEDAY HATRED WILL PASS BY
February 15 th , 1945 is still a meaningful date for the city of Cottbus. 70 years ago the bombardment of Cottbus took place. This happened to end the awful fascism in Germany. For the people of Cottbus, the horrors of war had returned to Germany as its source. Today, 70 years later, enough time has passed by for us to understand the misery fascism can do. Nevertheless, neo-Nazis will try once again to abuse the 15 th of February to stage the Germans as victims. Also this year, they will downplay the unbelievable crimes against humanity and use this day for their ideology.
During the last years, a protest movement of the civil society has been established against the misuse of this day. It is an important contribution to putting the events of February 15 th , 1945 in the proper historical context and thus clearly opposing the myth of Germans as victims. This has lead to the trend, that fewer neo-Nazis take part in the march each year but instead more and more people rally for an open civil society and solidarity. In Dresden, Europe’s former biggest neo-Nazi march has finally been brought to a halt through blockades. It is also our goal for Cottbus that this date is no longer abused by historical revisionism and no more fascists walk the streets of Cottbus – neither on February 15 th nor on any other day!
Nationalism and reducing humans to their economic usability can never be a solution to social insecurities and problems within the society. The horrible war crimes during World War II have shown this in the most tragic of ways.
Let’s take away the public space from old and new neo-Nazis! Let’s fill the streets with our call for a free and open-minded coexistence of all the people! We will not let neo-Nazis march through Cottbus – neither on February 15 th nor on any other day! Blockades are legitimate and necessary. We declare our solidarity with everybody sharing out goal to stop the neo-Nazi march! Join us on February 15 th 2015 when we will call: COTTBUS NAZIFREI!
Eine Kundgebung der neonazistischen Initiative „Zukunft statt Überfremdung“ sorgte am vergangenen Sonntag für Unruhe in der osthavelländischen Kleinstadt Friesack (Landkreis Havelland) bzw. im regionalen Socialmedia. Passanten war die Veranstaltung aufgefallen und alsbald wurde sich über Sinn und Unsinn der Versammlung u.a. in der öffentlichen Pinnwand eines lokalen DJs ausgetauscht. Wirkliche Fakten lieferten aber erst die mutmaßlichen Veranstalter_innen selbst. Auf einem Twitter-Account wurde ein Bild hochgeladen, auf dem zehn Personen zu erkennen sind, die u.a. zwei Banner halten. Auf diesen steht u.a. mit großen Buchstaben „AUSLÄNDER UND ASYLANTEN RAUS“, wobei vor den beiden Substantiven – offenbar aus rechtlichen Gründen – jeweils noch in kleinerer Schrift: „kriminelle“ und „Schein“ hinzugefügt wurde.
Aktion der „Freien Kräfte“
Hinter den Bannern stehen bekannte Neonazis aus Neuruppin (Landkreis Ostprignitz-Ruppin) und Ketzin/Havel (Landkreis Havelland), die den so genannten „Freien Kräfte Neuruppin/Osthavelland“ zu zuordnen sind. Auch der Neuruppiner Stadtverordnete der NPD, Dave Trick, war wieder mit dabei. Dass die Personen auf dem Twitter-Foto zu erkennen sind, war offenbar nicht beabsichtigt, denn auf einer anderen Internetseite war dieselbe Aufnahme mit unkenntlich gemachten Gesichtern zu sehen.
Trotz der gescheiterten Anonymisierung in der Auswertung, gelang es den Veranstalter_innen jedoch wenigstens am Veranstaltungstag relativ unerkannt zu bleiben. Zumindest verbuchten sie es später als Erfolg, dass kein „Gegenprotest“ stattfand. Ein Umstand der allerdings weniger einer vermeintlichen kritiklosen Hinnahme derartiger Versammlungen geschuldet ist, als denn einer bewussten Verschleierung solcher Veranstaltungen.
Bewusstes Versteckspiel
Weder die Versammlungsveranstalter_innen hatten im Vorfeld die Öffentlichkeit über die Kundgebung in Kenntnis gesetzt, noch die Versammlungsbehörde. Eine Praxis, die sich in Brandenburg mittlerweile fest etabliert hat. So fanden am Sonntag in Wusterhausen/Dosse (Landkreis Ostprignitz-Ruppin) sowie am Samstag in Wittstock/Dosse (Landkreis Ostprignitz-Ruppin), Ludwigsfelde (Landkreis Teltow-Fläming), Blankenfelde (Landkreis Teltow-Fläming) und Königs Wusterhausen (Landkreis Dahme-Spreewald) weitere öffentliche Neonazikleinveranstaltungen statt, die zuvor nicht bekannt waren, jedoch anschließend von Versammlungsteilnehmer_innen im Internet, ungeachtet ihrer tatsächlichen Wirkung, als große Propagandaerfolge gefeiert werden.
Schürung von Ausländerhass
In Friesack, wie auch in Wusterhausen/Dosse, spielt dabei jedoch nicht nur die richtige Propagandapose eine Rolle, sondern eben auch das Verbreiten konkreter Hetze gegen Ausländer_innen, insbesondere gegen Asylsuchende. In beiden Orten stellen nämlich die jeweils zuständigen Landkreise seit 2014 Unterkünfte für Flüchtlinge und Asylbewerber_innen zur Verfügung, was insbesondere die „Freien Kräfte Neuruppin/Osthavelland“ erzürnt. Zumindest ist es vor allem diese Vereinigung, deren Sympathisanten die Bürgerversammlungen wahrnehmen, sich anschließend dazu im Internet abfällig äußern oder eben an den Orten Aktionen durchführen.
Neben Friesack und Wusterhausen/Dosse ist seit neuestem offenbar auch die Kleinstadt Nauen (Landkreis Havelland) in den Fokus der Neuruppiner Neonazis gerückt. Dort sollen ebenfalls Unterkünfte für Asylsuchende entstehen. Über erste Gegenaktionen wurde bereits ausführlich auf der Internetseite der „Freien Kräfte Neuruppin/Osthavelland“ berichtet.
Aufruf zu Antifa-Aktionen am 14. Februar in Frankfurt(Oder)!
Eine Stadt kotzt sich aus — Seit August vergangenen Jahres gibt es in Frankfurt (Oder) eine organisierte rassistische Mobilisierung. Anstoß gab eine rassistisch aufgeladene Debatte um vermeintliche Drogenkriminalität im Lenné-Park. Lokalmedien griffen Gerüchte über dealende Schwarze Personen ungeprüft auf und berichteten ausgiebig. Dramatisierungen und „Flüchtlingsproblematik“-Rhetorik sorgten für weitere Panik. In dieser Dynamik entlud sich der Alltagsrassismus der Frankfurter*innen auf Facebookseiten wie „Blaulichtreport Frankfurt (Oder)“ oder „Bürgerwehr Frankfurt (Oder)“. Für die im Aufschwung befindliche AfD ein gefundenes Fressen. So erhielt sie bei den letzten Landtagswahlen knapp 20% der Frankfurter Stimmen. Die bisher größte Bühne bot sich den rassistisch ‑geneigten Frankfurt*innen dann am 27. November bei einer Einwohner*innenversammlung im Stadtteil West. Informiert werden sollte über bestehende und zukünftige Unterkünfte für Geflüchtete. Hier äußerte sich das Überlegenheitsstreben Frankfurter Ureinwohner*innen in vermeintlichen Ängsten vor Kindeswohlgefährdung, sexuellen Übergriffen, Eigentumsdelikten und Sauberkeit sowie anderen, teils abenteuerlichen, Konstruktionen. Die Demonstration am 17. Januar mit knapp 250 Teilnehmenden war der erneute Höhepunkt der organisierten rassistischen Mobilisierung in Frankfurt (Oder). Zwar versperrten Blockaden dem Aufmarsch den Weg in die Innenstadt und zwangen sie dazu, eine andere Route zu nehmen, doch können die Frankfurter Neonazis das Ganze als Zwischenerfolg verbuchen, war es doch die erste erfolgreiche Demo in Frankfurt seit 2007. Angezogen hat der Aufmarsch Neonazi-Kader, Hooligans, Rocker oder NPD’ler — darunter circa 70 Frankfurter*innen. Erschreckend war die Anzahl der vielen jungen Menschen, die sich wie selbstverständlich voller Hass und Menschenverachtung in die Menge einfügten und beseelt von der Sehnsucht nach einer „Volksgemeinschaft“ bei den „Wir sind das Volk“-Rufen mit einstimmten.
Scheinbar mit Selbstvertrauen ausgestattet, sind für den 14. Februar weitere Aktionen geplant.
Das Problem heißt Rassismus
Wie ein Flächenbrand wüten die rassistischen Mobs bundesweit. Etliche Angriffe auf Geflüchtete und Lager paaren sich mit nahezu täglichen Aufmärschen und Kundgebungen. Dazu die alltäglichen Erniedrigungen und Einschüchterungen, auf der Straße, im Amt oder auf der Arbeit. Und nach AfD, PEGIDA und Co. darf nun endlich wieder gesagt werden, was sich lange an die Stammtische verkrochen zu haben schien. Für die Verteidigung des im Wahnsinn der Lohnarbeit erworben Wohlstandes, sowie der eigenen Privilegien als Mitglied der weißen, deutschen Mehrheitsgesellschaft scheint jedes noch so barbarische Mittel Recht. Den vermeintlich „Fremden“ wird jeglicher Funken Lebensqualität abgesprochen. Die Allmachtsphantasien in den sozialen Medien sprechen Bände und sind ein Vorgeschmack auf das, was uns erwarten könnte, wenn wir nicht einschreiten. Wenn der Familienvater mit dem Baseballschläger nachts am Fenster steht und Angst um seine Gartenzwerge hat, dann spricht Max Liebermann uns aus der Seele: „Ick kann jar nich soville fressen, wie ick kotzen möchte.“ Oder um es mit den Worten eines Geflüchteten, der mal in Frankfurt(Oder) lebte und in einer Ausstellung des Utopia e.V. zu Wort kam, zu sagen: „In Frankfurt (Oder) zu leben ist wie ständig Kopfschmerzen zu haben.“
Die Meisten verweigern sich das Problem beim Namen zu nennen und hoffen darauf, dass Bockwürste und Luftballons den um das Image der Stadt besorgten Frankfurter befrieden.
Dennoch: Die Rassist*innen die sich in Frankfurt(Oder) zusammengerauft haben wurden bisher sowohl von den Lokalmedien als auch teilweise von der Stadt und der Zivilgesellschaft als das geächtet was sie am Ende sind: Neonazis. Durch eigenes Unvermögen, ihren offen zur Schau getragenen Neonazismus und mangelnde politische Erfahrung ist es ihnen bisher nicht gelungen das vorhandene rassistische Potenzial gänzlich auszuschöpfen und über einen Kreis aus befreundeten Neonazis hinauszukommen. Damit das auch so bleibt, müssen wir ihnen die Show in zwei Wochen ordentlich vermiesen.
Doch es gibt auch positive Entwicklungen. Bundesweit polarisiert die Diskussion um Flucht und Asyl. Auch in Frankfurt (Oder) beschäftigen sich immer mehr Menschen mit dem Thema, sensibilisieren sich und gründen Willkommensinitiativen und suchen den Austausch, jedoch oft mit paternalistischen und bevormundenden Ansätzen. Im Umgang mit rechten Versammlungen hat auch ein Teil der Zivilgesellschaft dazugelernt. Ziviler Ungehorsam gehört mittlerweile zum Standardrepertoire bei Anti-Nazi Protesten.
“Frankfurt (Oder)” — (k)ein Berliner Randbezirk?
Vieles, was sich seit 6 Monaten in Frankfurt(Oder) abspielt, erinnert stark an vergangene und aktuelle rassistische Mobilisierungen in den Berliner Randbezirken Hellersdorf, Marzahn, Hohenschönhausen oder Buch. Und ähnlich wie bei den Genoss*innen aus der Hauptstadtplatte, brauchen wir momentan einen sehr sehr langen Atem.
„Für die Freiheit – Für das Leben!“ — Antirassistische Demonstration und antifaschistische Aktionen am 14.02.2015
Die rassistischen Zustände in Frankfurt (Oder) müssen benannt und bekämpft werden.
Wenn POC auf der Straße angespuckt werden oder der Eintritt in Frankfurter Clubs verwährt wird und Refugees immer noch im Regionalexpress oder auf der A12 von der Bundespolizei gejagt und eingeknastet werden, ist es höchste Zeit in die Offensive zu gehen!
Das Bündnisses „Kein Ort für Nazis in Frankfurt (Oder)“ ruft zu einer antirassistischen Demonstration unter dem Motto „Für die Freiheit – Für das Leben! Solidarität mit Geflüchteten!“ am 14.02.2015 um 10:30 Uhr am Hauptbahnhof auf. Zugtreffpunkt für Berliner*innen ist um 09:00 Uhr am Bahnhof Alexanderplatz.
Dieses mal versuchen die Rassist*innen nicht mit einer Demonstration, sondern mit einer Kundgebung direkt an der Oder in der Nähe der Friedensglocke ihre rassistische Propaganda zu verbreiten. Ankündigungen zufolge wollen die Neonazis sich aber am Hauptbahnhof sammeln und als Mob gemeinsam zum Kundgebungsort laufen. Wenn wir der selbsternannten „Bürgerbewegung“ den Wind aus den Segeln nehmen wollen, dann ist der 14.02. die beste Gelegenheit dazu. Wir dürfen den Neonazis keinen Fußbreit der Straße lassen!
Wir verweisen an dieser Stelle auch auf die bisher feststehenden Infoveranstaltungen des Bündnisses:
Mo, 09.02., 18:00
Anarchistisches Infocafé
Mariannenplatz 2 b
10997 Berlin
Mo, 09.02., 18:00
Roter Laden
Feldstraße 4
15517 Fürstenwalde
Di 10.02., 18:00
Rotes Cafe
Lindenallee 12
15890 Eisenhüttenstadt
Mi, 11.02., 20:00
Zielona Gora
Grünberger Str. 73
10245 Berlin
Mi, 11.02., 20:00
AJZ La Casa
Wurzener Str. 6
12627 Berlin
Do, 12.02., 19:00
Projektraum H48
Hermanstraße 48
12049 Berlin
Kommt nach Frankfurt und achtet auf Neuigkeiten!
Alerta Antifascista!
autonome antifa frankfurt (oder)
aaffo@riseup.net
In Brandenburg an der Havel versammelten sich wiederum mehrere hundert Menschen auf dem Neustädtischen Markt um gegen die ebenfalls dort angemeldete Veranstaltung der „Brandenburger für Meinungsfreiheit & Mitbestimmung“ (BraMM) zu protestieren. Am Aufzug der von den rechtskonservativen REPUBLIKANERn (REP) gelenkten Initiative beteiligten sich an diesem Montag ungefähr 100 Menschen, 50 weniger als bei ersten Veranstaltung am 26. Januar 2015. Trotz Aufruf der Veranstalter, von der „BraMM“-Demo fern zu bleiben, nahmen auch wieder 40 Neonazis teil.
Sächsische PEGIDA bleibt auf Distanz
Ungeachtet der offensichtlichen Imitierung der Dresdener Montagsdemonstrationen des vergangenen Jahres in Brandenburg an der Havel bleibt der Verein „Patriotischen Europäer gegen die Islamisierung des Abendlandes“ (PEGIDA) weiterhin auf Distanz zu ihrem Brandenburger Ableger. Die deutliche Einflussnahme einer Partei entspräche nicht den Vorstellungen der Veranstalter_innen der Märsche in Dresden. BraMM zeigte sich davon jedoch relativ unbeeindruckt, verzichtete stattdessen bei der Bewerbung ihrer heutigen Versammlung auf den Namenszusatz „PEGIDA“. Als Mobilisierungshilfe dürfte der Namen ohnehin nicht mehr benötigt werden, seit dem das sächsische Original durch Rücktritte und Spaltungsprozesse schwächelt.
Nährboden der extremen Rechten
Während die Sprachrohre der „frustrierten“ und nur um ihre „Meinung“ bemühten „Bürger_innen“ von der PEGIDA Führungsspitze also mehr oder weniger allein gelassen werden, sind die organisierten Parteien und Vereinigungen der extremen Rechten offenbar nun bestrebt das bestellte Feld zu ernten. Doch selbst die „REPUBLIKANER mit ihrem Landesvorsitzenden Heiko Müller sowie ihrem Jugendbeauftragten Andreas Jahnke als Hauptaushängeschilder der „BraMM“, dürften aufgrund der lokalen Personalschwäche der Partei und ihres geringen Einflusses in derzeitigen rechtskonservativen Parteienlandschaft nicht unbedingt die Hauptprofiteure ihrer eigenen Veranstaltung sein. Denn längst bilden Funktionäre und Sympathisant_innen der NPD und so genannter „freier Kräfte“ einen zahlenmäßigen nicht unerheblichen Anteil an der Brandenburger Demo. Die größten Neonazigruppen stammen dabei aus Brandenburg an der Havel, Bad Belzig, Rathenow und Premnitz. Von den bekannten NPD Funktionären, marschierten wieder die Abgeordneten André Schär und Pascal Stolle mit. Ebenfalls mit dabei war auch wieder Totschläger Sascha Lücke, der erst am letzten Montag einen verboten Gruß gezeigt haben soll. Ansonsten waren eher Neonazis aus der „zweiten Reihe“ anwesend, die in der Vergangenheit vor allem durch Gewalt- und Propagandadelikte auffielen. Auch heute bekannten sich diese Personen wieder recht offen zu ihrer Gesinnung. Eine Begleiterin von Sascha Lücke trug beispielsweise einen Pullover mit der Aufschrift: „NSBM – Töten für W.o.t.a.n.“ (NSBM steht für „National Socialist Black Metal“) und Martin K. aus Rathenow eine Mütze mit dem Slogan „Blod & Ära“ (die schwedische Aussprache für die verbotene Organisation „Blood & Honour“ bzw. der deutschen Inschrift „Blut und Ehre“ im HJ-Fahrtenmesser).
Immerhin war „BraMM“ durch eine zuvor auf ihrer Socialmedia-Präsenz verbreitete Erklärung bemüht im Vorfeld solche Personen von der Teilnahme an der Demo abzuraten, auch wurde ein einzelnes Schild mit einer schwarz-weiß-roten Fahne nicht im Aufzug zugelassen, jedoch im Hinblick auf die immer noch große Anzahl an Verstößen gegen die eigenen Auflagen blieben die Veranstalter gegenüber dem Neonaziblock wenig durchsetzungsfähig.
Pro Integration jetzt doch gegen Flüchtlinge?
Neben den üblichen Verdächtigen, die größtenteils bereits am vergangenen Montag, bei der ersten „BraMM“-Demo mitgelaufen sind, nahm heute auch eine bemerkenswerte Person, Regina R. aus Rathenow, teil. R. ist Mitglied der Rathenower „Bürgerinitiative Pro Integration – Contra Massenunterkünfte“, die im vergangenen Jahr vor allem durch Unterschriftenaktionen gegen das damals geplante, jüngst gebaute und inzwischen fertiggestellte Asylheim am Grünauer Weg in Rathenow, von sich reden machte. Angeblich ginge es der Bürgerinitiative, bei der auch zwei CDU Stadtverordnete mitmachen, hauptsächlich um eine Verhinderung von Containerunterkünften. Vorgeblich natürlich aus edlen Gründen, wie einer Verbesserung der Integration durch die alternative Anmietung von Wohnen. Allerdings haftete „Pro Integration“ schon immer der Geruch der Fadenscheinigkeit und – zumindest in bezug auf die Unterschriftenaktion – die Kooperation mit dem neonazistischen Milieu an, was diese jedoch vehement bestritten. Heute zeigte R., eine der bekanntesten Gesichter der Bürgerinitiative, sich jedoch ganz ungeniert auf der „BraMM“-Demo, wohlgemerkt einer Initiative der rechtskonservativen REPUBLIKANER, mit einem Schild und der offensichtlich gegen die derzeitige Asylpolitik gerichteten Aufschrift: „Macht erst mal das eigene Volk satt.“
Proteste lebhafter
Auch heute wurde natürlich auch gegen BraMM protestiert. Ungefähr 300 Menschen, darunter auch die Oberbürgermeisterin Dietlind Tiemann (CDU), kamen dazu zunächst auf einem etwas abseits gelegenen Teil des Neustädtischen Marktes zusammen und bekannten sich zu einem „bunten“ und „weltoffenen“ Brandenburg an der Havel.
Anschließend begaben sich ungefähr 200 Menschen in unmittelbarer Nähe der „BraMM“-Auftaktkundgebung und bekannten lautstark ihren Unmut über die Versammlung. Der Redebeitrag von Heiko Müller wurde zudem mit Pfiffen übertönt.
Trotzdem will „BraMM“ offenbar weitermachen und hat für den nächsten Montag eine weitere Demonstration angekündigt.
Fotos: hier
Am Montag den 02. Februar hat die BraMM, Brandenburger für Meinungsfreiheit und Mitbestimmung, ihren zweiten Spaziergang durchgeführt. Auftaktort war wieder der Neustädtische Markt. Wie in der vergangenen Woche füllte sich der abgegitterte Platz nur langsam. Schlussendlich folgten dem Aufruf lediglich 85 Menschen. Die Teilnehmer_innenzahl hat sich folglich halbiert. Hierfür können eine Vielzahl von Ursachen zusammengetragen werden.Die Organisator_innen des Spaziergangs haben einen Wandel des Namens vorgenommen. Vergangene Woche hießen sie noch BraMM-PEGIDA, diese Woche nur noch BraMM. Ob Kathrin Oertel, ehemals im PEGIDA-Vorstand, ihre Drohung wahr gemacht hat und rechtliche Schritte gegen sogenannte Trittbrettfahrer eingeleitet hat oder BraMM diesen zuvor kam, bleibt spekulativ.
Nahmen vergangene Woche noch circa 40 bekannte Neonazis teil, waren es diese Woche nur die Hälfte. Diese kamen sowohl aus Brandenburg an der Havel selbst, aus Rathenow, Premnitz und Bad Belzig. Somit waren sowohl die „Freien Kräfte Brandenburg/Havel“ als auch die NPD-Potsdam-Mittelmark vertreten. Hier sei besonders auf die NPD-Kommunahlpolitiker André Schär und Pascal Stolle verwiesen. Möglichweise liegt die Ursache für den Rückgang in der vermeintlichen Distanzierung der BraMM, dort hieß es: „Deshalb laden wir alle Bürger, die sich auf dem Boden der freiheitlichen-demokratischen Grundordnung befinden, zu unserer Demonstration ein. Auf Personen die Krawall machen oder extremistisches Gedankengut absondern, sagen wir ganz klar, bleibt einfach zu Hause.“ Dass sie an einer wirklichen Distanzierung kein Interesse haben zeigte die wiederholte Teilnahme des Totschlägers S. Lücke. Diese kassierte in der vergangenen Woche eine Anzeige nachdem er den „Kühnengruß“ zeigte. Lücke war deutlich an seinem Pullover zu erkennen. Dort prangt auf der Brust der Zahlencode „88“ und auf dem Rücken das Wort „Hass“. Diesen trägt er übrigens bei jeder neonazistischen Kundgebung seit dem Jahr 2012.
Neben der Namensveränderung, der geschrumpften Teilnehmer_innenzahl aus dem neonazistischem Spektrum und der versuchten Distanzierung können noch weitere Gründe angeführt werden: Die gute Arbeit der bürgerlichen Presse und die klaren Worte von der Oberbürgermeisterin Dietlind Tiemann und Walter Paaschen – sie verwiesen jeweils deutlich darauf, dass am Spaziergang zahlreiche Neonazis und Rechtspopulist_innen teilnehmen.
Schon während der Veranstaltung versuchen die Organisator_innen des Spaziergangs diesen als vollen Erfolg zu verkaufen, auch wenn sich die Teilnehmer_innenzahl halbiert hat. Der zum Ende der Kundgebung skandierte Slogan „Wir sind das Volk“ entbehrte jeder Grundlage. Nichtsdestotrotz sind für die kommenden Montage weitere Spaziergänge angekündigt.
Erfolgreiche Gegenkundgebung
Wie schon in der vergangenen Woche fand auch dieses Mal eine Gegenkundgebung unter Federführung der Koordinierungsgruppe für Demokratie und Toleranz statt. Dem Aufruf folgten circa 250 bis 300 Personen. Auch hier lies die Mobilisierungskraft nach. Nachdem die Redebeiträge von den Vertreter_innen der Stadt gehalten wurden, machten sich circa 150 Menschen auf den Weg Richtung Kundgebungsort der BraMM und störten die Redebeiträge dieser massiv. Diese Reaktion der Gegendemonstrant_innen zeigt deutlich, dass sie es die nächsten Montage nicht mehr hinnehmen werden in 100 m Entfernung ihren Unmut kundzutun und im Anschluss den Spaziergang durch die Stadt ziehen zu lassen. Es wird Zeit den stationären demokratischen Protest auf die Straßen der Stadt zu tragen und den kommenden BraMM-Spaziergang Scheitern zu lassen. Nach diesen ersten Schritten, wird es nun zur Aufgabe weniger zu reagieren als zu agieren und den Rassist_innen weder die inhaltliche Hoheit, noch die auf der Straße zu überlassen.
AG Antifa [BRB]
Die neonazistischen Initiatoren der rassistischen Facebook-Seite „Frankfurt/Oder wehrt sich“ versuchen sich in Bürgernähe. Auf der Seite wird dazu aufgefordert, Spielsachen für „deutsche“ Kinder zu sammeln. Dass ausschließlich für „deutsche“ Kinder — beziehungsweise für jene, die die Macher*innen für solche halten – gesammelt wird, sollte hellhörig machen. Hinter den Kulissen wird das ganze von jener Gruppierung organisiert, die bereits einen rassistischen Aufmarsch in Frankfurt (Oder) am 17.01.2015 initiiert hat. Anmelderin dieser Demonstration war Franziska Koss.
Zum Glück fallen nicht alle auf die vermeintlich harmlose Aktion rein. Das Management des Frankfurter Südring Centers weigerte sich, als Abgabeort für die Spenden zu fungieren. In einem Schreiben an die antifaschistische recherchegruppe frankfurt (oder) heißt es: „Für diese Veranstaltung wird es auch vom Südring Center keine Genehmigung geben.“ Christine Toon, die Betreiberin von „Tina’s Partyservice“ hingegen scheint keine Berührungsängste mit den Neonazis zu haben. Mittlerweile präsentieren die besorgten Bürger*innen auf ihrer Facebook-Seite die ersten “Spenden”. T‑Shirts des Neonaziversandes Itsh84u- Streetwear. Dieser wird von Alexander Ulrich aus Karstädt (Prignitz) betrieben.
Rassist*innen bleiben Rassist*innen – auch wenn sie sich kinderlieb geben. Wer sie nicht konsequent isoliert und jegliche Zusammenarbeit mit solchen Organisationen verweigert, begibt sich in die Gefahr, als Feigenblatt für Rassismus und Menschenverachtung zu dienen.
Der BraMM-Pegida-Spaziergang
Ab 18:00 Uhr riefen die Organisator_innen zur Auftaktkundgebung der BraMM auf, bis kurz vor 18:30 blieb der Kundgebungsort jedoch mit circa 15 Personen relativ leer, dann strömten aus verschiedenen Richtungen größere Gruppen von eindeutig erkennbaren Neonazis zum Versammlungsort. Insgesamt folgten dem Aufruf der BraMM-Pegida circa 170 Menschen. Im Folgenden wollen wir einzelne Gruppen von Teilnehmer_innen näher beleuchten.
Ebenfalls eine größeren Gruppe Neonazis hatte der NPD-Kommunalpolitiker Michel Müller aus Rathenow im Schlepptau. Michel Müller saß wegen Beihilfe zum versuchten Mord im Gefängnis. [2] Ebenso nahmen Personen aus dem Umfeld der Jungen Nationaldemokraten an dem Spaziergang teil. Insgesamt kann die Teilnehmer_innenzahl aus dem Umfeld der NPD und JN mit circa 25 bis 30 beziffert werden.
Wie auch auf ihrer Internetpräsenz angekündigt, waren Personen der Gruppe „Ein Licht für Deutschland – Unser
Zeichen gegen Überfremdung“ vor Ort. Sie führt en ein kleines Hochtransparent und mehrere Schilder mit. Auf diesen war jeweils ihr Symbol, ein muskulös anmutender Arm mit einer Fackel, zu sehen. Federführend scheint hierbei M. Emi
nger, Bruder des im NSU-Prozess, als vermutlicher Unterstützer des NSU, Angeklagten A. Eminger, zu sein. [3] Diese Gruppe war mit 5 bis 10 Personen vor Ort.
Auch ein Vertreter der Identitären Bewegung, eine Organisation aus dem Spektrum der Neuen Rechten die ursprünglich aus Frankreich kommt, war mit einer Fahne in Brandenburg an der Havel. Erste Ableger bildeten sich im Jahr 2012 in Deutschland, diese konnten jedoch keine wichtige Stellung innerhalb der rechtskonservativen oder neonazistischen Szene erlangen.
Neben den zahlreichen organisierten Neonazis konnten weitere, nicht fest in Strukturen integrierte, Neonazis beim Spaziergang beobachtet werden. Zu diesen zählt unter anderem S. Lücke. Er überfiel am 15. Februar 1996 den schmächtigen Punk Sven Beuter, dieser verstarb wenige Tage später an den Folgen des Übergriffs. Lücke saß daraufhin mehrere Jahre im Gefängnis und wanderte anschließend in die Schweiz aus. Seit dem Jahr 2012 lebt er jedoch wieder in Deutschland. [4] Im Zuge einer Razzia der Polizei in Berlin am 13. Februar 2013 wurde auch die Wohnung von Lücke durchsucht. [5] Am 26. Januar konnte Lücke sich zum Zeitpunkt der Auftaktkundgebung ungehindert außerhalb des für dieseabgegitterten Bereichs unbehelligt mit anderen Neonazis versammeln, obwohl er einschlägig bekannt ist und anhand seiner Kleidung auch für Personen die ihn nicht kennen klar dem neonazistischem Spektrum zuzuordnen war. Später, auf der Auftaktkundgebung, fiel er durch einen „verbotenen Nazigruß“ auf und wurde deswegen angezeigt. [6]
Eine weitere circa 5 bis 10 Personen umfassende Gruppe kommt aus dem Hooligan-Milieu des lokalen Sportvereins Stahl Brandenburg. Es handelt sich hierbei um Leute ab Mitte 30 und älter, die in den 1990er Jahren in der lokalen Neonaziszene aktiv waren und sich dann nach und nach dem Fußball alsneues Betätigungsfeld widmeten. Dass gerade solche Personen von einem asylkritischen und rassistischen Spaziergang angesprochen werden, kommt nicht von ungefähr, denn schon in den 1990er Jahren waren diese Themen in der Neonaziszene und der bürgerlichen Mitte besonders präsent. Es sei hier an die Pogrome von Rostock-Lichtenhagen und die Hetzjagden auf Menschen mit
Migrationshintergrund erinnert.
Wenige Tage vor dem Spaziergang suchte die BraMM-Pegida noch nach Ordner_innen für diesen. Bei einem Ordner handelte es sich um Andreas Jahnke, Jugendbeauftragter der Partei Die Republikaner. Ein weiterer stammte aus dem neonazistischen Spektrum der Havelstadt, er trug wiederholt das Banner der „Freien Kräfte Brandenburg/Havel“. [7]
Dieser Ordner nahm erst im Oktober an einer neonazistischen Kundgebung in der Havelstadt teil und trug gemeinsam mit S. Lücke ein Banner der Jungen Nationaldemokraten. [8] Weitere Personen aus dem Umfeld der „Freien Kräfte
Brandenburg/Havel“ nahmen ebenfalls am Spaziergang teil.
Der Kreisverband der AfD Brandenburg an der Havel distanzierte sich von dem BraMM-Pegida-Spaziergang und wollte diesen lediglich beobachten, anders verhielt sich der Kreisverband Havelland. Das Vorstandsmitglied N. Wollenzien nahm mit einem Schild teil, auf dem Stand: „Antirassismus, Weltoffenheit, Vielfalt sind Kennwörter für weißen Genozid – Europa den Europäern“ [9]. Eine weitere Diskussion bezüglich dieser Aussage erübrigt sich.
Insgesamt nahmen mindestens 40 bis 50 bekannte Neonazis und Hools an dem Spaziergang teil, daher verwundert es auch nicht, dass unter anderem Parolen wie „Wir sind das Volk“, „Ehre vor Geld“, „Wir wollen keine Asylantenheime“ und „Deutschland den Deutschen, Ausländer raus“ skandiert wurden. [10] Es kann somit sicher gesagt werden, dass Neonazis und ihre Sympathiesant_innen einen nicht unbedeutenden Teil zum Erfolg des Spaziergangs beigetragen haben und diese zeitgleich ihr menschenverachtendes Weltbild durch Parolen und Kleidung zur Schau stellten.
Nun wird es spannend, wie sich die Organisator_innen von PEGIDA in Dresden, drohten sie doch mit rechtlichen Schritten gegenüber der BraMM-Pegida, verhalten. Beide Gruppen wollen sich nach ihren Aussagen nicht von Neonazis vereinnahmen lassen, aber wie soll das gelingen, wenn sowohl ein Teil der Ordner als auch circa ein Drittel der Teilnehmer_innen des ersten Spazierganges in Brandenburg an der Havel zu diesen gehören? Selbiges gilt für die Republikaner die den Spaziergang bewarben und sich in der Vergangenheit mehrmals von Neonazis distanzierten. [11]
Die Gegenproteste
Insgesamt folgten circa 500 Personen dem Aufruf von Parteien, Gewerkschaften und Initiativen sich an der stationären Kundgebung für „Ein buntes und weltoffenes Brandenburg an der Havel“. Unter diesen waren unter anderem Bildungsminister Günter Baaske (SPD) und Justizminister Helmuth Markov (DIE Linke). Die Kundgebung und der Stadtspaziergang wurden durch die Polizei räumlich getrennt. Diese Trennung hat bis zur Auflösung der BraMM-Pegida Versammlung Bestand gehabt. Danach verließen jedoch größere Gruppen gewaltbereiter Neonazis und Hooligans gemeinsam den Ort der Abschlusskundgebung und bewegten sich wieder Richtung Neustadt Markt oder zum Bahnhof. Es kam glücklicherweise zu keinem Übergriff.
Auch für den kommenden Montag, den 02. Februar, hat sich BraMM-Pegida wieder angekündigt. Eine Gegenkundgebung ist ebenfalls in Planung. Ob es jedoch ein probates Mittel ist, lediglich am Auftaktort des Spaziergangs seinen Unmut kundzutun gilt es in den kommenden Tagen zu diskutieren. Hierbei ist besonders die Zivilgesellschaft als Hauptakteur gefragt, denn die Ängste und Vorurteile die PEGIDA und ihre Ableger in der Bevölkerung schüren, sprechen nicht nur Neonazis sondern auch Bürger_innen aus der Mitte an. Eine demokratische Gesellschaft muss sich geschlossen gegen rassistische und islamfeindliche Tendenzen innerhalb dieser stellen und klar benennen woher diese
kommen. Wir sehen hier für Brandenburg an der Havel großes Potential und waren erstaunt, dass sich sowohl die Oberbürgermeisterin Frau Tiemann als auch Stadtverordnetenvorsteher Walter Paaschen (beide CDU) so klar vom BraMM-Pegida-Spaziergang und den teilnehmenden Neonazis und Rechtspopulist_innen distanzierten und für eine Willkommenskultur für Flüchtlinge in der Havelstadt warben. Wir hoffen, dass es nicht bei Worten bleibt sondern in den kommenden Tagen und Wochen auch Taten folgen werden.
Entschlossen gegen Rassismus und Islamfeindlichkeit!
[1] http://www.aktionsbuendnis-brandenburg.de/vom-knastbruder-zum-kommunalen-ruder-pascal-stolle; MAZ, 27. Mai 2014
[2] http://www.aktionsbuendnis-brandenburg.de/gewalttaeter-npd-kandidat-michel-mueller‑0
[3] http://www.pnn.de/brandenburg-berlin/931393/
[4] http://afn.blogsport.de/2012/02/
[5] http://www.tagesspiegel.de/berlin/razzia-schlag-der-berliner-polizei-gegen-neonazis/7771746.html
[6] http://www.internetwache.brandenburg.de/sixcms/detail.php?id=12384184;
[7] https://www.flickr.com/photos/presseservice_rathenow/16188243298/in/set-72157648164598064/
http://afn.blogsport.de/2012/03/22/neonazis-in-brandenburg-an-der-havel-ein-aktueller-ueberblick/
[8] https://www.flickr.com/photos/presseservice_rathenow/15438150439/in/set-72157648545751127
[9] MAZ, 28. Januar 2014
[10] MAZ, 27. Januar 2014
[11] http://www.netz-gegen-nazis.de/lexikontext/die-republikaner-rep
Erneut hat ein Mitglied der Gruppe „Frankfurt/Oder wehrt sich“ eine rassistische Kundgebung unter dem Motto „Frankfurt/Oder wehrt sich gegen Asylmissbrauch und Asylantenheime“ angemeldet.
Das Bündnis „Kein Ort für Nazis in Frankfurt (Oder)“ ruft zu Gegenprotesten auf: Unter dem Motto „Für die Freiheit, Für das Leben – Solidarität mit Flüchtlingen“ führt eine Demonstration durch die Innenstadt und macht sich für eine demokratische und solidarische Gesellschaft stark.
Im Fahrwasser von Pegida marschierten bereits am 17.01.2015 circa 160 Rassist*innen – vor allem Neonazis – unter dem Motto „Stopp dem Asylmissbrauch“ durch Frankfurt (Oder). Ihr Versuch, sich als bürgerliche Bewegung darzustellen, ist spätestens mit der Zusammensetzung der Teilnehmer*innen des vergangenen Aufmarsches gescheitert. „Organisierte Neonazis von Rockern und Hooligans bis zur NPD und Personen aus dem Umfeld des NSU bildeten das Rückgrat und das Gros des Aufmarsches.“, so Janek Lassau, Sprecher des Bündnisses „Kein Ort für Nazis in Frankfurt (Oder)“. „Wir wollen am 14.02.2015 erneut zeigen, dass Frankfurt (Oder) kein Ort für Rassismus ist. Deswegen rufen wir alle Demokrat*innen auf, sich an unserer Demonstration zu beteiligen“, so Lassau weiter.
Das zivilgesellschaftliche Bündnis „Kein Ort für Nazis in Frankfurt (Oder)“ protestierte bereits am 17.01.2015 erfolgreich gegen einen rassistischen Aufmarsch der Gruppe „Frankfurt/Oder wehrt sich“. Durch friedliche Blockaden konnte verhindert werden, dass die Rassist*innen weder auf ihrer angemeldeten Route laufen noch ihre Hetze ins Stadtzentrum tragen konnten. Etwa 800 Bürger*innen beteiligten sich mit verschiedenen Protestformen an den Aktionen gegen den rassistischen Aufmarsch.
Das Bündnis ist ein Zusammenschluss verschiedener Gewerkschaften, Vereine, Parteien, antifaschistischer Initiativen und Einzelpersonen. Bereits 2012 wurden erfolgreich zwei Aufmärsche der NPD in der Oderstadt blockiert. Alle Akteur*innen engagieren sich kontinuierlich für demokratische Teilhabe Aller, leisten antirassistische und antifaschistische Arbeit und stellen sich gegen Menschenverachtung und Diskriminierung.
„Wir haben in der Vergangenheit bewiesen, dass die Zivilgesellschaft erfolgreich gegen Aufmärsche und Kundgebungen von Rassist*innen wehren kann. Wir setzen mit der Demonstration ein Zeichen für Solidarität mit Geflüchteten und für eine antifaschistische demokratische Kultur. Frankfurt(Oder) ist kein Ort für Rassismus, und das wollen wir am 14.02.2015 auch zeigen.“, so Janek Lassau.
Demonstration des Bündnisses „Kein Ort für Nazis in Frankfurt (Oder)“ „Für die Freiheit, Für das Leben – Solidarität mit Flüchtlingen“. Eine antirassistische und antifaschistische Demonstration 14.02.2015
Auftaktkundgebung: 10:30 Bahnhofsvorplatz
In Brandenburg an der Havel protestierten am frühen Abend mehrere hundert Menschen auf dem Neustädtischen Markt gegen eine „Demo für Meinungsfreiheit und Mitbestimmung im Sinne der Pegida-Bewegung“ der von den REPUBLIKANERn (REP) gelenkten Initiative „Brandenburger für Meinungsfreiheit & Mitbestimmung“ (BraMM). An dieser beteiligten sich wiederum ungefähr 150 Personen, hauptsächlich Hooligans, Neonazis und Rassist_innen, die sich in Hör- und Sichtweite der Gegendemonstrant_innen versammelten und von dort über die Steinstraße zum Trauerberg zogen.
BraMM imitiert PEGIDA
Die seit 2014 bekannte Initiative „Brandenburger für Meinungsfreiheit & Mitbestimmung“ zeigte sich erstmals auf den Versammlungen der „Patriotischen Europäer gegen die Islamisierung des Abendlandes“ (PEGIDA) in Dresden. Dort trat sie unter anderem am 22. Dezember 2014 mit einem eigenen Hochbanner auf. Seit Ende des vergangenen Jahres ist BraMM nun bestrebt das PEGIDA Konzept der Montagsaufzüge nach Brandenburg zu tragen. Der heutige Aufmarsch sollte in diesem Sinne den Anfang bilden. Allerdings ist die BraMM selbst im eigenen Lager nicht unumstritten, denn die Mutterorganisation PEGIDA hat sich inzwischen von ihrem Brandenburger Ableger distanziert. Die „Brandenburger für Meinungsfreiheit & Mitbestimmung“ seien nämlich keine Interessengemeinschaft von Bürger_innen, sondern eine Schöpfung einer politischen Partei, den REPUBLIKANERn. Der Brandenburger Vorsitzende der REPs, Heiko Müller aus Ludwigsfelde, wird als Verantwortlicher der Internetseite von BraMM benannt, nahm heute Abend die Funktion des Versammlungsleiters während des Aufmarsches war und hielt mehrere Redebeiträge.
BraMM und die extreme Rechte
Des Weiteren ist das Hauptthema der „Brandenburger für Meinungsfreiheit & Mitbestimmung“ nicht die angebliche „Islamisierung des Abendlandes“, sondern der Protest gegen eine vermeintlich zu lockere Asylpolitik. In einem 13 Punkte Papier fordert die Initiative deshalb u.a. die Verschärfung des Asylrechtes bzw. die konsequente Anwendung der geltenden Rechtsnormen. Und auch den Asylsuchenden, deren Asylstatus in der Bundesrepublik anerkannt wurde, soll das Leben offenbar so schwer wie möglich gemacht werden, geht es nach Punkt 10 der BraMM-Forderungen: „(…)gegen die weitere Förderung der deutsche Sozial- und Integrationsindustrie“.
Insofern sind deutliche Anknüpfungspunkte zu Positionen der extremen Rechten erkennbar. Nicht um sonst, wurde die heutige Veranstaltung in Brandenburg an der Havel auch sowohl auf der Internetseite der REPUBLIKANER, als auch in der Chronik der Socialmedia-Auftritte des NPD Kreisverbandes Havel-Nuthe sowie der „NPD Potsdam-Mittelmark“ beworben.
Insofern muss deshalb auch die Initiativenbezeichnung „Brandenburger für Meinungsfreiheit & Mitbestimmung“ in Frage gestellt werden. Diese suggeriert nämlich das „Meinungsfreiheit“ und „Mitbestimmung“, trotz ausdrücklicher Garantie durch das Grundgesetz, in der Bundesrepublik bisher nicht verwirklicht wurden. Wäre dies der Fall, wäre eine Versammlung oder Meinungskundgabe der „BraMM“ jedoch heute nicht möglich gewesen. Deshalb bleibt die berechtigte Frage, an welche Art der „Meinungsfreiheit“ die Initiative überhaupt interessiert ist. Etwa an Äußerungen, die momentan den Straftatsbestand der Volksverhetzung erfüllen?
Ebenso muss hinterfragt werden, welches Publikum die „BraMM“ erreichen will. Unter den 150 Teilnehmer_innen befanden sich größere Neonaziabordnungen aus Brandenburg an der Havel, dem Havelland, Potsdam, Potsdam-Mittelmark, Teltow-Fläming und Ostprignitz-Ruppin.
Die NPD war mit mehreren Kreistagsabgeordneten und Stadtverordneten, darunter Michel Müller aus Rathenow sowie André Schär und Pascal Stolle aus Bad Belzig vertreten.
Aus Grabow war Maik Eminger, Drahtzieher der „Freien Kräfte“ in Potsdam-Mittelmark angereist.
Aus Brandenburg an der Havel nahm der verurteilte Totschläger Sascha Lücke teil. Lücke hatte übrigens während der Versammlung einen verbotenen Gruß gezeigt und wurde daraufhin kurzzeitig von der Polizei in Gewahrsam genommen worden.
Auch einige Ordner_innen sind als Mitglieder der militanten Neonaziszene bekannt, beispielsweise Patrick H. Der Glatzkopf gilt als Sympathisant der „Freien Kräfte Brandenburg/Havel“ und trug deren Banner bei mehreren Neonaziaufmärschen. Heute trug er eine gelbe Ordnerweste und sicherte den BraMM-Marsch.
Dazu kamen rechte Hooligans des BFC Dynamo und des FC Stahl Brandenburg. Selbst die „Identitäre Bewegung“ zeigte heut Abend Flagge.
Offiziell kritisch beäugt werden die Konkurrenten um die Wählergunst im bürgerlich konservativen Lager hingegen von der „Alternative für Deutschland“ (AfD). Diese argumentiert ähnlich wie PEGIDA und lehnte die Versammlung in Brandenburg an der Havel bereits im Vorfeld deshalb ab, weil eine politische Partei dazu aufgerufen hatte. Jedoch nahm der Stellvertretende Vorsitzende der AfD Havelland, Norman Wollenzien, auch aktiv an der BraMM-Demo teil. Er hielt dabei ein Schild mit der Aufschrift: „Antirassismus, Weltoffenheit, Vielfalt sind Kennwörter für weißen Genozid – Europa den Europäern“ in der Hand. Verständlich das die AfD trotz aller Kritik an der Demo so auch nicht an den Protesten gegen BraMM teilnehmen wollte.
Proteste gegen BraMM
Die Proteste gegen die heutige Veranstaltung der BraMM wurden eher von den großen Parteien und zivilgesellschaftlichen Organisationen, die in der so genannten „Koordinierungsgruppe für Demokratie und Toleranz“ vertreten sind, getragen. Zu einer von dieser Gruppe unter dem Motto „Für ein buntes und weltoffenes Brandenburg an der Havel“ veranstalteten Gegendemonstration kamen ungefähr 500 Menschen, darunter auch Bildungsminister Günter Baaske (SPD) und Brandenburgs Oberbürgermeisterin Dietlind Tiemann (CDU).
Fotos: hier