In der Nacht vom 26. auf den 27. November verübten bisher unbekannte Täter_innen auf das Gebäude der alten Nicolaischule einen Brandanschlag. Das Haus sollte in den kommenden Wochen als Notunterkunft für Geflüchtete dienen. In Vorbereitung auf die Belegung wurden die einzelnen Räume schon eingerichtet und das ehemals als Schule genutzte Gebäude ist bereit für die Belegung.
Während einer Einwohner_innenversammlung am 27. Oktober wurde von der Stadtverwaltung deutlich gemacht, dass dieses Gebäude nur eine Zwischenlösung sei, denn im Anschluss braucht die neu entstandene Medizinische Hochschule die Räume für ihre Zwecke. Gleichzeitig gehörte diese Einwohner_innenversammlung zu denen, die am wenigsten Diskussionen hervorbrachten.
Dass dieser Anschlag nicht aus heiterem Himmel kommt, sondern es schon seit Beginn des Jahres vermehrt rassistische und neonazistische Aktionen, Kundgebungen und Demonstrationen gibt, muss allen klar sein. Den Anfang machte der lokale PEGIDA-Ableger BraMM mit insgesamt fünf Spaziergängen. Es folgten Kundgebungen des neonazistischen III. Wegs und der NPD. Gleichzeitig treten wieder vermehrt Aufkleber, Plakate und Flugblätter dieser Organisationen in der Havelstadt auf. Des Weiteren nahmen bei zahlreichen Demonstrationen und Kundgebungen im Land Brandenburg wiederholt Neonazis aus Brandenburg an der Havel teil.
Neben diesen politischen Aktionen gibt es aber auch immer wieder Übergriffe auf Geflüchtete, so wurde beispielsweise am 09. März ein Kenianer in der Straßenbahn beleidigt und geschlagen und am 24. Juli wird ein Tunesier rassistisch beleidigt und geschlagen. Hinzu kommen zahlreiche alltagsrassistische Erfahrungen von Geflüchteten, welche nicht zur Anzeige gebracht wurden. Hierzu zählen das Anrempeln von Geflüchteten, dass vor ihnen Ausspucken oder rassistische Beleidigungen.
Es ist somit eine Kontinuität von rassistischen und neonazistischen Aktivitäten in der Havelstadt zu erkennen, waren es am Anfang des Jahres nur Demonstrationen und Kundgebungen, sind es mittlerweile Übergriffe und Brandanschläge.
Wir wissen wohin solche Taten führen können, die Bilder von Rostock-Lichtenhagen und Mölln haben wir nicht vergessen, genauso wenig den Mord an Sven Beuter in Brandenburg an der Havel. Der Wind dreht sich, wenige rassistische und neonazistische Bürger_innen machen gegen Geflüchtete Stimmung und es ist an uns ihnen entgegen zu treten. Wenn geplante Unterkünfte brennen, wenn Menschen aufgrund ihrer Herkunft oder aufgrund ihres Engagements für Geflüchtete sich nicht mehr sicher fühlen und die Polizei zuschaut, ist es an der Zeit sich zu organisieren und zu wehren.
Wir dürfen einen neonazistischen und rassistischen Terror wie in den 1990er Jahren in der Stadt nicht dulden, wir dürfen es nicht zulassen, dass Menschen die vor Krieg, Hunger und Armut fliehen hier in Angst leben müssen, wir müssen uns zusammentun und gemeinsam gegen Rassismus, Neonazismus und Diskriminierung aufbegehren.
Organisiert euch!
Bildet euch!
Wehrt euch!
Linksjugend [´solid] Brandenburg an der Havel
Antifa Jugend Brandenburg
Jahr: 2015
INFORIOT Diese Woche fanden in Brandenburg erneut mehrere neonazistische Aufmärsche statt. Am Dienstag marschierte die sog. “Bürgerwehr Havelland” mit knapp 600 Personen durch Rathenow. 270 Personen nahmen am siebten “Abendspaziergang” in Oranienburg teil und in Cottbus führte die AfD eine Demonstration mit knapp 600 TeilnehmerInnen durch. Neben den Brandenburger AfD-Fraktionsvorsitzenden und Bundes-Vize Alexander Gauland, sprach in Cottbus ebenfalls der Thüringer AfD-Landesvorsitzende Björn Höcke. Am Freitag fand in Cottbus-Sachsendorf außerdem eine weitere NPD Kundgebung statt.
Oranienburg: 270 bei rechten “Abendspaziergang”
Am Mittwoch marschierten zum siebten Mal RassistInnen und Neonazis gegen Geflüchtete in Oranienburg auf. An der Demonstration, die durch die dunklen Straßen Oranienburgs führte, nahmen knapp 270 Menschen teil. Wie auch schon die Aufmärsche zuvor, wurde die Veranstaltung durch die örtliche NPD unterstützt und angeführt (Inforiot berichtete). Die Eröffnungsrede hielt wie schon die Aufmärsche zuvor das vermeintliche JN und NPD Mitglied Martin Ulbrecht. Die mobile Sprechanlage betreute des bekannte JN Mitglied Philipp Badczong. Auch aus den benachbarten Landkreisen Ostprignitz-Ruppin und Barnim waren Neonazis angereist. So war der Neuruppiner NPD Stadtverodnete Dave Trick, sowie der NPDler Andreas Rokohl. Zu dem wurde das NPD-Transparent zur aktuellen Kampagne “Asylbetrug macht uns arm” auf der Demonstration mitgeführt.
Diese Mal wurde von Seiten der örtlichen Zivilgesellschaft auf eine Gegendemonstration verzichtet. Stattdessen wurde der “Abendspaziergang” für seine TeilnehmerInnen zu einem unfreiwilligen Spendenlauf. Für jeden Kilometer, den einE DemonstrantIn zurückgelegt hat, soll ein Euro an “Willkommen in Oranienburg” gespendet worden sein. Zu der Aktion rief das Forum gegen Rassismus und rechte Gewalt Oranienburg auf, Tage zuvor hatten sich kleinere Unternehmer_innen und Einzelpersonen für Spenden bereit erklärt. Am 16. Dezember soll der nächste “Abendspaziergang” stattfinden.
Weitere Bilder: hier.
Cottbus: NPD pausiert bis Januar
Nachdem am Mittwoch, den 25. November, knapp 600 Neonazis und RassistInnen an einer AfD Demonstration gegen Asyl teilgenommen haben, floppte die NPD am Freitag grandios. Zu der vierten NPD Demonstration im Stadtteil Sachsendorf waren lediglich 60 Personen erschienen, sodass die OrganisatorInnen auf eine Demonstration verzichteten und eine einstündige Kundgebung abhielten. Auf der Demonstration sprachen die NPD MultifunktionärInnen Aileen Rokohl und Ronny Zasowk. Mit den Worten “Das wars für heute” beendete Oliver Schierack die Kundgebung und kündigte eine Demonstrationspause bis Januar an.
Somit ist der NPD endgültig misslungen auf den Anti-Asyl-Zug in Cottbus aufzusteigen. Nachdem “besorgte BürgerInnen” sich Anfang Oktober zu spontanen Versammlungen auf dem Normaparkplatz in der Lipezker Straße versammelt hatten, hielt die NPD in einem zweiwöchigen Rhytmus Demonstrationen ab um das rassistische Potential auszuschöpfen (Inforiot berichtete). Mit jeder Demonstration sank die Zahl der TeilnehmerInnen. Gleichzeitig fing die AfD an ebenfalls Demonstrationen im monatlichen Rhytmus in Cottbus abzuhalten. Auch andere Gruppierungen scheinen in der AfD einen potentielles Zugpferd für die rassistische Mobilisierung zu sehen. Laut Augenzeugenberichten waren am Mittwoch bei der AfD-Demonstration MitgliederInnen des “III.Weg”, sowie der Verein “Zukunft Heimat e.V.”, welcher als eines der Nachfolgeprojekte der Spreelichter vermutet wird, vertreten. Letzteres präsentierte sich sogar mit einem Transparent und kündigte eine weitere Demonstration in der Spreewaldregion an. Für den 5. Dezember ist in Lübbenau eine Demonstration angemeldet.
Unter dem Banner des „Sturmvogels“
Der junge Bundesführer aus Bayern steht stramm. Sein Ton ist zackig, die Arme hält er angewinkelt. Auf dem grünen Uniformhemd prangt am Ärmel das „Schild“ des Bundes, der schwarze Vogel auf weiß-rotem Hintergrund. Das Halstuch hat der junge Mann mit dem scharfen Scheitel verknotet. Streng kontrolliert der Anführer den Aufbau der schwarzen Kohten, die in drei Viererreihen errichtet werden. Neben ihm scharen sich seine Unterführerinnen und ‑führer. In Reichweite gibt es zwei hölzerne Klohäuschen und die schwarze Doppeljurte für die Treffen. Die ankommenden Kinder und Jugendlichen sowie deren Eltern werden mit „Heil Dir“ oder „Heil Euch“ begrüßt. Die dunkelhaarige Unterführerin Freke S. aus dem thüringischen Landkreis Nordhausen kontrolliert mit strengem Gesichtsausdruck die Anmeldungen auf dem Zettel ihres Klemmbrettes. Über 70 Schützlinge werden 2015 zum Sommerlager des rechtslastigen „Sturmvogel – Deutscher Jugendbund“ in Brandenburg erwartet.
Ein dunkler Wagen mit einem Demminer Kennzeichen fährt vor. Der Mann, der mit seinem Sohn aussteigt, ist bekannt in der Revisionisten- und Holocaust-Leugner-Szene: Bernhard Schaub. Der Schweizer hat es nicht weit bis ins brandenburgische Grabow, er gehört zu den Neusiedlern in Mecklenburg. Schaub war ehemaliger Vorsitzender des verbotenen „Vereins zur Rehabilitierung der wegen Bestreitens des Holocaust Verfolgten“ (VRBHV). Seine Wut scheint sich der „Vordenker“ jüngst in einem Artikel für die rechtsextreme „Stimme des Reiches“, Sonderheft Nummer 5/2015, von der Seele, geschrieben zu haben. Dort heißt es unter anderem: „Dass wir die willigen Sklaven der Bananenrepublik Deutschland in einem Scheineuropa sind, das de facto seit 1945 eine amerikanisch-zionistische Kolonie geworden ist.“ Auch echauffiert sich der ehemalige Waldorff-Lehrer über die westliche „Verhausschweinung“. Wer keine ästhetischen Prinzipien habe, bemerke auch die „Entartung der Kunst“ nicht und der fände auch „Popmusik ‚cool’ und die Überfremdung ‚okay’, den stören Döner-Buden, Cola-Dosen und schwarze Gesichter eben nicht“.
In der „Heimattreuen Deutschen Jugend“ aktiv
Seinen Sohn schickt der umtriebige Szene-Aktivist ins strenge, einwöchige Sommerlager des „Sturmvogels“ mit Frühsport, Strammstehen und „Arbeitseinsätzen“. Die Fahne der Organisation ist bereits gehisst. Ein Mann mit Brille im blauen Fischerhemd läuft herum. Er beordert ansonsten den NPD-Ordnungsdienst „Waterkant“. Frank Klawitter aus Greifswald hat seine Jungs abgeliefert. In den 1990er Jahren galt er als „Führer von Greifswald“ und wurde mit Wehrsportübungen in Verbindung gebracht. Bis zum Verbot der verfassungsfeindlichen „Heimattreuen Deutschen Jugend“ (HDJ) bildete er in der „Einheit Mecklenburg und Pommern“ aus.
In der HDJ waren auch die beiden Frauen aktiv, die nun die „Sturmvogel“-Lagerküche versorgen: Petra Müller aus Lalendorf und Gesine S. aus Hohen-Neuendorf in Brandenburg. Müller gehörte 2006 zu den Gründerinnen des NPD-nahen „Rings Nationaler Frauen“, sie fährt seit Jahren zu den konspirativen Treffen der rassistischen „Artgemeinschaft – Germanische Glaubensgemeinschaft“. Zwei ihrer jüngsten Kinder unterrichtet die gebürtige Österreicherin zuhause in Lalendorf. Auch der Nachwuchs ihrer Nachbarn war schon beim „Sturmvogel“. S. beteiligte sich unter anderem 2007 am großen Pfingstlager der HDJ in Eschede, der Ehemann stammt aus der Kameradschaftsszene, die Schwester war Bundesführerin der HDJ.
Zum Fahnenappell der Größe nach im Kreis
Mit dabei beim „Sturmvogel“-Lager in Grabow ist in diesem Sommer auch Ingeborg Godenau aus dem hessischen Sebbeterode. Ihr Ehemann ist führendes Mitglied der dortigen NPD und erschien kürzlich beim Prozess gegen die Holocaust-Leugnerin Ursula Haverbeck. Sich selbst und ihre Kinder hat die ehemalige Lehrerin seit langem in den Jugendbund eingebracht. Eines der ersten Zeltlager fand auf dem Godenau- Anwesen statt. Die älteste Tochter siedelte nach Mecklenburg, einer der Söhne führte 2010 das Winterlager in Recknitzberg nahe Bad Doberan an und vertrieb Medienvertreter mit Schlägen gegen die Kamera.
In dem kleinen Dörfchen Grabow ist das Lager gut sichtbar, doch fast niemand scheint sich daran zu stören. Am frühen Morgen werden die Kinder und Jugendlichen zusammengetrommelt und zum Fahnenappell nach der Größe in einem Kreis aufgestellt. Sie rühren sich kaum. Die weiblichen und männlichen Anführer blicken streng. Derzeitige Bundesführerin ist Dietlind B., eine junge Pädagogin aus der Nähe von München. Die Mädchen tragen alle altmodische, schwarze Röcke, grüne Uniformhemden und Zöpfe oder geflochtene Frisuren. Die Anstrengung ist den Kleineren anzusehen. Die Zeremonie mit Reden und Gesang dauert an diesem Tag annähernd eine Stunde. Manche Gesichter sehen müde aus. Hilfesuchend blicken sich die Mädchen an, doch keines wagt es wohl, aus der Reihe zu tanzen. Nach einiger Zeit lächelt kaum noch eines.
„Bunter Abend“ mit Eltern und Verwandten
Als alles vorüber ist, sackt ein kleiner Junge in grünem Hemd und Ledersandalen lautlos auf den Boden. Einer der jungen Anführer hebt ihn hoch. Der Körper des Kindes hängt schlaff herunter, es scheint bewusstlos. Nach einiger Zeit steht der Junge wieder, zwei Anführer legen ihm die Arme auf die Schultern. An einem Abend in dieser Woche fährt ein Notarztwagen zum Lager. Höhepunkt des „Sommerlagers“ ist ähnlich wie bei der HDJ der „Bunte Abend“, zu dem auch viele Eltern und Verwandten erwartet werden.
Die meisten Angehörigen des „Sturmvogels“ stammen aus „Sippen“, deren ältere Mitglieder noch die soldatische Erziehung der 1994 verbotenen „Wiking Jugend“ mitbekommen haben. Die WJ erzog den Nachwuchs offen militant und im Sinne des Nationalsozialismus, der „Sturmvogel“ wählte einen gemäßigteren Weg, doch die Organisation scheut den Kontakt zu Neonazis nicht. 1987, nach der Abspaltung von der „Wiking-Jugend“, hatte der Antiquar Rudi Wittig zunächst die Führung des Jugendbundes übernommen. Mitglieder seiner weitläufigen Familie waren sowohl in der WJ, der HDJ als auch dem Sturmvogel aktiv. Ursprünglich sollte auf einem Gutshof nahe Wismar das „Bundeshaus“ entstehen. Das Anwesen diente bereits für Treffen, doch das Vorhaben scheiterte. Selbst den Jüngeren ist Wittig noch ein Begriff, obwohl er sich kaum noch einzubringen scheint. Das Antiquariat hat er inzwischen aufgegeben. Antifa-Recherchen zufolge zeigte sich der erste „Sturmvogel“- Anführer 2015 bei einer Versammlung der extrem rechten „Identitären Bewegung“. Ein weiteres Gründungsmitglied des „Sturmvogels“ aus Baden-Württemberg beteiligte sich an Treffen der rassistischen „Artgemeinschaft“ und referierte 2012 für den rechtsextremen Verein „Gedächtnisstätte“.
Angetreten, um das „große deutsche Kulturerbe“ zu bewahren
Die „Sturmvögel“ bezeichneten sich in der Vergangenheit als „volkstreu eingestellte Deutsche“, die die Kameradschaft von Kindern und Jugendlichen im Alter von drei bis 18 Jahren fördern und Eltern bei der Erziehung zur Seite stehen wollten. Wie bei der „Wiking-Jugend“ sind Mädchen- und Jungendarbeit getrennt. Fahrten der Gruppen führen nach „Westpreußen“, „Südtirol“, in das Elsass oder nach „Siebenbürgen“. Der Jugendbund war angetreten, um das „große deutsche Kulturerbe“ zu bewahren. Zöglinge lernen Runenschrift, geben den Monaten germanische Namen. Gesungen werden in diesen Kreisen Lieder wie eines von Falko Stegmann mit Zeilen, die lauten: „Es herrscht im Land die kranke Macht, das Wachstum der Geschwüre. So grabet Euch den eigenen Schacht, der Kinder Aug ist Türe. (…) und schmettern die Ketten der Mächte entzwei, der Wille der Tat, der macht uns frei.“
Anders als die HDJ sind die „Sturmvögel“ um unauffällige Außenwirkung bemüht. Kinder und Jugendliche sollen sich nebenher beim Roten Kreuz oder in Feuerwehren engagieren, hieß es intern. Langjähriges Mitglied des „Sturmvogels“ war die heutige Landesvorsitzende der NPD-Frauenorganisation in Baden-Württemberg, Edda Schmidt. Deren Tochter, die in der Nähe von Uelzen lebt, gilt als Akteurin im Hintergrund. Der Name von Irmhild S. fiel auch im Prozess 2015 um den Tod des kleinen Siedlerkindes Sighild, deren Eltern zu einer Bewährungsstrafe verurteilt wurden, weil sie das diabeteskranke, vierjährige Mädchen nicht ausreichend mit Insulin versorgt hatten. Die Mutter von Sighild war mit Irmhild S. befreundet, beide sollen Anhängerinnen des antisemitischen Begründers der „Germanischen Neuen Medizin“, Ryke Geerd Hamer, sein, der in der Bundesrepublik nicht praktizieren darf. Edda Schmidts Tochter und derem Ehemann wird Einfluss in der völkischen Szene nachgesagt. Tanztreffen oder Brauchtumsfeiern fanden auf dem geräumigen Anwesen in Niedersachsen statt.
Den Jungen wird viel über Wehrmacht und SS beigebracht
Kinder rechter Familien aus Koppelow, Lalendorf, Berlin, Bansow, Bautzen, Kassel, dem Ilmkreis, Marburg, der Lüneburger Heide und einigen weiteren Regionen und Orten nehmen an deren geheimen Zusammenkünften wie in Grabow teil. Kleinere Lager und „Heimabende“ finden regional statt in den Mädel- und Jungengruppen, die Heidelerchen, Seeschwalben, Sonnenreiter oder Wald- und Werwölfe heißen. Die Organisation ist ebenso wie bei der HDJ hierarchisch gegliedert. Nicht immer scheint es wirklich kindgerecht zuzugehen. Dann liefern Eltern den Nachwuchs erst spät in der Nacht an. Disziplin und Härte scheinen verlangt zu werden. Die Sprache ist streng reglementiert, Anglizismen sind unerwünscht, so wird ein Pullover eingedeutscht zum „Überzieher“.
In der Vergangenheit soll es auch schon mal zehn Liegestützen als Strafe für ein „falsches Wort“ gegeben haben. Das Strafmaß hängt demnach vom Ermessen der jeweiligen Lagerleitung ab. Kinder lernen Feindbilder kennen, die breite Gesellschaft wird in vielen „Sippen“ allgemein als zu modern, tolerant und dekadent verachtet. Neben der Einwanderungspolitik findet vor allem auch das Thema Homosexualität in diesen Kreisen massive Ablehnung. Jeans, eine Erfindung des jüdischen Industriellen Levi Strauss, gilt es nicht zu tragen. Vor allem den Jungen wird viel über Wehrmacht und SS beigebracht, die „Helden“ der NS-Zeit sind in diesen Familien omnipräsent.
Sommerlager auf dem Anwesen des Ortsvorstehers
Vor dem HDJ-Verbot trafen sich unter anderem Mitglieder der „Heimattreuen“ und des „Sturmvogels“ zum „Überbündischen Burgfest“ wie 2004 auf der Wewelsburg. Das letzte bekannte größere Lager gab es im hessischen Treisbach, die rund 50 Teilnehmer kamen unter anderem aus Güstrow und Hamburg. Es wurde auf einer Wiese errichtet.
Das Sommerlager in Grabow dagegen fand auf dem Anwesen des ehrenamtlichen Ortsvorstehers von Grabow statt. Markus K. betreibt dort eine Kommune, die vor allem in esoterischen Kreisen unter den Begriffen „Familienlandsitze“ und „Landfreikauf“ geläufig ist. „Goldenes Grabow“ nennen sie ihr Projekt und feiern Festivals, Brauchtumsfeste und Tanzveranstaltungen. Unter den Referenten, die auf einer Homepage angezeigt werden, sind völkische Rechte, aber auch scheinbar unpolitische Lebenskünstler. K. selbst besuchte 2007 das Ostertreffen des antisemitischen „Bunds für Gotterkenntnis – Ludendorffer“. Für Grabow plant die Siedlergruppe laut Homepage „Landolfswiese“ eine eigene „Godenschule“.
Dem „Sturmvogel“ gewährten der Ortsvorsteher und seine Ehefrau für eine Woche Aufenthalt. Wenige Wochen zuvor fanden im Juni dort die so genannten „Anastasia-Festspiele“ mit Sommersonnenwende statt. Die esoterisch-spirituelle „Anastasia-Bewegung“ stammt aus Russland. Sekten-Experten bringen sie mit dem Neuheidentum in Verbindung. Die österreichische Tageszeitung „Der Standart“ ordnete ihr einen „Mix aus esoterischen und rechtsextremen Ideen“ zu. Zu den Festspielen gehörten auch Wettkämpfe, zu denen die „Urgewaltigen“ aufgefordert hätten. Bei Baumsteinweitwurf, Barfußlauf und Feldsteinzielwurf maßen sich die bunt gekleideten Teilnehmer. In dem kleinen Ort selbst scheint das Treiben ignoriert zu werden. Doch die uniformierten Kinder, die im August durchs Dorf zogen, können die Anwohner nicht übersehen haben.
Erstmals seit drei Wochen hat das zivilgesellschaftliche Aktionsbündnis in Rathenow wieder Flagge für eine Stadt „mit Herz statt Hetze“ gezeigt. An der Veranstaltung am historischen Kurfürstendenkmal nahmen ungefähr 200 Menschen teil. Mit ihrer Teilnahme an der Versammlung sprachen sie sich für einen Ort der Vielfalt und der Weltoffenheit aus und positionierten sich gegen Rassismus und Hetze gegen Flüchtlinge. Ungefähr zeitgleich versammelten sich allerdings auch, und zwar nur einige Meter davon entferntmehrere hundertMenschen, um gegen dieso genannte „Asylpolitik“ und das vermeintliche „Politikversagen der Bundesregierung“ zu protestieren. An einem anschließenden, harmlos als „Spaziergang“ angekündigten, Hass-Aufmarsch beteiligten sich bis zu 600 Personen. Dabei wurden u.a. Parolen gerufen, die neonazistischen Veranstaltungen entlehnt waren, sowie anwesende Pressevertreter beleidigt und bedroht. Die Polizei hatte Mühe die Situation unter Kontrolle zu behalten.
„Bürgerbündnis“ radikalisiert sich
Ähnlich wie an den vorangegangenen Veranstaltungen des „Bürgerbündnisses Havelland“ auf dem Märkischen Platz, versuchten die Redner_innen ihr Publikum am Ausweichort, dem Edwin_Rolf-Platz, durch polarisierende Polemik, Kolportierung von Ressentiments sowie der Schürung von Ängsten und Vorurteilen eine berauschende und die Zuhörer_innen verbindende Atmosphäre zu schaffen. Fast diabolisch und dystopisch wirkte die Szenerie auf dem schwach beleuchteten Edwin Rolf Platz, dem Treffpunkt der vermeintlichen Wut- und Angstbürger_innen. Die Redner_innen, einmal mehr Christian Kaiser, Nico Tews und Sebastiano Graziani, aber auch der szenebekannte PEGIDA-Redner Curd Schumacher sowie die Videobloggerin Stephanie Schulz, taten ihr Übriges, um ihr Volk den Takt des „Protestes“, mal seicht, mal scharf, zumeist aber in einfachen Worten, vorzugeben. „Lügenpresse“, „Volksverräter“ und „Merkel muss weg“ rief die in „Wut“ und „Angst“ geeinte Gemeinschaft brav ihren Demagogen nach. Das neben den vermeintlich „besorgten Bürger_innen“ auch organisierte Neonazis standen, schien dort einmal mehr niemanden zu stören. Offenbar reichten diesbezüglich die „vertrauensvollen“ Worte eines Nico Tews aus, der sich in der Vergangenheit immer wieder von der NPD oder „Nazis“ distanzierte. Und Kritik daran lässt Tews ohnehin nicht zu. Wer sich kritisch über das Bürgerbündnis äußert oder nicht in dessen Interesse berichtet, muss mit Schmähkampagnen oder Drohungen rechnen. Jüngst durfte ein MAZ Lokalredakteur dies in einem sozialen Internetnetzwerk wieder über sich ergehen lassen. Auch während des Marsches am Dienstagabend waren Pressevertreter, nach einem Hinweis von Christian Kaiser bezüglich „linker Presse“ am Rande, wieder das Ziel wüster Beschimpfungen und Drohgebärden. Eine Eskalation wie in der vergangenen Woche, wo es einen Angriff auf einen Fotojournalisten gab und dabei dessen technisches Equipment teilweise beschädigt wurde, blieb jedoch diesmal aus.Dennoch ist global gesehen ein Trend zur Radikalisierung erkennbar. Nicht nur in der Steigerung der Aggressivität, sondern auch im verbalen Ausdruck und der ideologischen Unterfütterung. Klar und deutlich waren gestern Parolen, wie „kriminelle Ausländer raus“ oder „wer Deutschland nicht liebt, soll Deutschland verlassen“, zu hören, die sonst nur bei Neonaziveranstaltungen skandiert werden. Doch das scheint nur der Anfang zu sein.
„Bürgerbündnis“ will sich mit Neu-Rechter Kampagne vernetzen
In seinem einleitenden Redebeitrag stellte Christian Kaiser, presserechtlich Verantwortlicher des „Bürgerbündnisses Havelland“, ein Vernetzungsprojekt vor, welches eine enge Zusammenarbeit so genannter „Bürgerbewegungen“ beinhaltet. Diese momentan auch in anderen Orten als bundesweite Kampagne beworbene Vernetzung trägt den unverfänglichen Arbeitstitel: „ein Prozent für unser Land“. Die Idee dahinter klingt dann allerdings weit weniger harmlos. 800.000 Menschen, also ein Prozent der bundesrepublikanischen Bevölkerung, sollen sich, gemäß den Initiatoren der Kampagne, finden, um deren „juristische, mediale und politische Aktionen“ zu unterstützen. Ziel sei es die durch wachsende Flüchtlingsströme befürchtete „Auflösung“ des „Staates“ zu verhindern. Da die führenden Köpfe der „Einprozent“-Gruppe allerdings auch bekannte Köpfe der extremen Rechten, wie der Neu-Rechte Götz Kubitschek oder der Querfrontler Jürgen Elsässer, sind, könnten damit auch ganz andere Zwecke, wie beispielsweise die breite Sabotierung oder gar die Abschaffung des demokratischen Rechtstaates angestrebt werden. Mit 800.000 Sympathisant_innen wäre diese Kampagne sogar stärker als die SPD, mit ihren 460.000 Mitgliedern, als größte politische Partei der Bundesrepublik. Diese Dimensionen lassen dieses Vorhaben aber andererseits auch gleichermaßen irreal erscheinen. Zudem sind die anvisierten „Bürgerbewegungen“ keine homogenen Aktionsgruppen, sie eint lediglich der Frust auf „die da oben“. Trotz des eher aussichtslosen Vorhabens ist jedoch jetzt zumindest, durch die deutliche Sympathie mit derartigen Projekten, eine deutliche Offenheit des „Bürgerbündnisses Havelland“ gegenüber der extremen Rechten erkennbar.
Tummelplatz für extrem rechte Parteigänger_innen
Darüber hinaus bleibt die Versammlung des „Bürgerbündnis Havelland“ nach wie vor ein Tummelplatz für rechtspopulistische und neonazistische Vereinigungen. Erstmals nahm am Dienstagabend beispielsweise „PEGIDA Havelland“, eine Gruppe die hauptsächlich in und um Schönwalde-Glien aktiv sein soll und auch schon zu entsprechenden Veranstaltungen in Dresden fährt, mit einem eigenen Banner an der „Bündnis“-Versammlung in Rathenow teil. Eine Abordnung der neonazistischen „Freien Kräfte Neuruppin / Osthavelland“ war ebenfalls vertreten, genau wie die üblichen NPD Sympathisant_innen aus Rathenow, Premnitz und Nauen. Neonazibarde Thomas L. alias „TOytonicus“ war zudem wieder als Ordner eingesetzt. Des Weiteren nahmen bekannte Sympathisanten der Partei „DIE.RECHTE“ aus Stendal am Marsch des „Bürgerbündnisses Havelland“ teil.
Singen gegen Hass und Hetze
All dem konnte das zivilgesellschaftliche Aktionsbündnis „Rathenow zeigt Flagge“ allerdings nur wenig entgegensetzen. Einerseits will es über die Gerüchte und Vorurteile aufklären, also schon einen Kontrapunkt zu der Propaganda des „Bürgerbündnisses Havelland“ setzen, andererseits aber auch Bürger_innen zurückgewinnen. Von einer „Gegenveranstaltung“ im eigentlichen Sinne kann also nicht gesprochen werden. Die Positionierung von „Rathenow zeigt Flagge“ war im Wesentlichen neutral, dafür aber mit einem konkreten Angebot für eine vielfältige und offene Gesellschaft „mit Herz statt Hetze“. Neben politischen Reden gab es so beispielsweise Auftritte von unterschiedlichen, auch internationalen Musikinterpreten. Vielfach war den Menschen auch einfach nur wichtig an dem Abend öffentlich präsent zu sein und sich gegenseitig Mut zu machen. Konkret sah dies beispielsweise so aus, dass gemeinsam das Lied „die Gedanken sind frei“ gesungen wurde.
Fotos: hier
Women in Exile und Flüchtlingsrat fordern zum Internationalen Tag der Gewalt gegen Frauen: Schutz für geflüchtete Frauen – vor allen Formen von Gewalt!
Flüchtlingsfrauen sind akut bedroht: „Wir sind alle betroffen von sexueller Belästigung im Lager, es gibt keine Frau, die nicht eine Geschichte von aufdringlichen Blicken, widerlichen Kommentaren, unerwünschtem Anfassen oder versuchter oder tatsächlicher Vergewaltigung erzählen könnte,“ berichtete eine geflüchtete Frau der Organisation Women in Exile während einer Bustour durch Flüchtlingslager. Das Ergebnis der Besuche ist alarmierend. Geflüchtete Frauen und LGBTI Personen werden aufgrund ihres Geschlechts oder sexuellen Identität mehrfach diskriminiert und verletzt: durch rassistische Übergriffe und Asylgesetze, durch traumatische Erfahrungen auf der Flucht, die in den Massenunterkünften ihre Fortsetzung finden, durch körperliche und sexuelle Belästigungen, fehlende Privatsphäre und Angst vor Abschiebung.
Keine Massenunterkunft kann geflüchteten Frauen Schutz bieten. Ein Leben im Lager bedeutet die tägliche Erfahrung struktureller Gewalt, die in Form von Isolation, Ausgrenzung und Schutzlosigkeit statt findet. Diese strukturelle Gewalt verstärkt Gewaltpotenziale und führt oft zu physischen, psychischen und sexualisierten Übergriffen vor allem gegen Frauen, Kinder und LGBTI Personen. Solche Übergriffe passieren auch auf deutschen Straßen und insbesondere in deutschen Haushalten. Aber in einer Sammelunterkunft, die eine Zwangswohnform ist, treten sie konzentrierter und vermehrt auf. Denn dort haben Menschen kaum Rückzugsmöglichkeiten und sind häufig extremen Alltagssituationen, Enge und Stress ausgesetzt. Das deutsche Gewaltschutzgesetz ermöglicht Interventionsbefugnisse für die Polizei: Wenn gewalttätige Übergriffe in deutschen Haushalten passieren, kann die Polizei die oder den Täter/in des „Platzes verweisen“. Dies findet im deutschen Lagersystem keine Anwendung. Geflüchtete Frauen erhalten damit in Deutschland kaum Schutz vor Gewalt.
Laut der seit Mitte 2015 auch in Deutschland geltenden EU-Aufnahmerichtlinie für Flüchtlinge müssen besonders schutzbedürftige Flüchtlinge als solche erkannt, angemessen versorgt und untergebracht werden. Der Schutz dieser Gruppen (unter anderem Schwangere, Alleinerziehende, Menschen, die sexualisierte Gewalt erlebt haben und Minderjährige) steht in großer Zahl Frauen und ihren Kindern zu. Dieser Schutz kann ihnen in überfüllten Massenunterkünften ohne ausreichenden Zugang zu Versorgungs- und Unterstützungsstrukturen nicht zukommen. Darum sagen wir: Besonders schutzbedürftige Flüchtlinge können nicht in einer Massenunterkunft leben!
Die kürzlich verschärften Asylgesetze sehen vor, dass Flüchtlinge sechs Monate und viele darüber hinaus in den überfüllten Erstaufnahmelagern verbleiben müssen. Sie unterliegen in dieser Zeit der Residenzpflicht und dürfen die Unterkünfte nicht oder nur ausnahmsweise verlassen. Sie müssen schnellere Abschiebungen befürchten, sind faktisch ohne Zugang zu Rechtsberatung und Übersetzung, ohne Bargeld und mit Arbeitsverboten belegt. Frauen und LGBTI Personen aus den so genannten sicherenHerkunftsstaaten unterliegen diesen Restriktionen während des gesamten Asylverfahrens. Aus den Westbalkanländern fliehende Romnija sind besonders häufig existentiell bedroht und von Gewalt und Übergriffen betroffen. In Deutschland angekommen, werden sie durch Schnellverfahren geschleust, dürfen die Flüchtlingslager nicht mehr verlassen und ihre Fluchtgründe werden gar nicht mehr geprüft. Damit werden ganze Flüchtlingsgruppen entrechtet, die gesetzlich als „falsche“ Flüchtlinge abgehandelt werden.
Kriege, befeuert durch Rüstungsexporte, und die Zerstörung regionaler Märkte durch multinationale Konzerne, rauben Menschen weltweit Lebensmöglichkeiten und Existenzgrundlagen. Davon sind insbesondere Frauen und Kinder betroffen. Sie sind in der Regel ärmer, schutzloser, schneller in ihrer Existenz bedroht und laufen stärker Gefahr, auf der Flucht Übergriffe zu erleiden. Die Abschottung der Grenzen ist unterlassene Hilfeleistung, die für viele Frauen und Kinder mit dem Tod endet.
Wir fordern, dass geschlechtsspezifische Fluchtgründe immer anerkannt werden!
Die Asylrechtsverschärfungen, die schutzbedürftige Personen besonderen Gefahren aussetzen, müssen zurück genommen werden!
Gewaltschutz und Zugang zu Regelleistungen für geflüchtete Frauen und LGBTI Personen!
Wir fordern: Frauen, Kinder und LGBTI Personen sofort raus aus den Lagern! Alle Lager abschaffen!
Nein zur Festung Europa — Bewegungsfreiheit für alle!
Dein Soziales Zentrum braucht dich!
Liebe Genoss_Innen,
Liebe Freundinnen und Freunde,
wir benötigen deine/eure Hilfe! Am 28.11.2015 ab 10:00Uhr wollen wir unseren Umzug aus dem alten MittenDrin in das neue Gebäude im Sozialen Zentrum (Bahnhof) durchführen. Es ist eine logistische Mammutaufgabe für uns und wir können das leider nicht alleine bewältigen. Wir haben für den Tag einen LKW gemietet und werden die Vorbereitungsarbeiten im Vorfeld erledigt haben.
Für den Tag selbst benötigen wir allerdings mindestens 20 Helfer_Innen die beim Tragen, Einladen, Ausladen, Einlagern und dem Abbau/Aufbau des verbliebenen Inventars helfen. Eure Voll-Verpflegung (Essen+Getränke) werden wir organisieren! Schlafplätze stellen wir bei Bedarf zur Verfügung, an euren Fahrtkosten werden wir uns beteiligen oder sie voll tragen – das wird individuell ausgehandelt.
Diese Nachricht kann gerne weitergeleitet werden!
Bitte meldet euch per Mail unter info@jwp-mittendrin.de verbindlich zurück, sodass wir eine Planungsgrundlage haben. Wir zählen auf euch!
Freundschaft!
Eure JWP-Bahnhofscrew
Umzugshilfe gesucht – Unser Stadthaus zieht um!
Das Stadthaus übernimmt Verantwortung und macht Platz für Geflüchtete.
Potsdams Wohnpolitik ist gescheitert. Seit Jahren fehlt es an sozialem Wohnraum für Alteingesessene und Neuankömmlinge. Nicht die Menschen, die aus Krieg und Elend geflohen sind, sollen nun die Konsequenzen der verfehlten Wohnpolitik tragen. Das Stadthaus zieht ab sofort in bereitgestellte Leichtbauhallen und sucht hierfür ehrenamtliche Umzugshelferinnen und ‑helfer! Ihr Engagement beim Umzug stärkt unsere Stadtgemeinschaft und entlastet den Finanzhaushalt.
Machen Sie mit als Umzugshelfer/in und kommen Sie am Donnerstag, den 26.11.2015 um 15 Uhr in angemessener Arbeitskleidung zum Stadthaus. Wir zählen auf Sie!
Am kommenden Dienstagabend wird es wieder eine Veranstaltung des Aktionsbündnisses „Rathenow zeigt Flagge“ geben. Dazu hatte sich die zivilgesellschaftliche Initiative bei ihrem Treffen am vergangenen Mittwoch entschlossen. Die Versammlung soll wieder unter dem Motto: „Mein Rathenow: Mit Herz statt Hetze“ stattfinden. Gleichzeitig wird das selbsternannte „Bürgerbündnis Havelland“ seine mittlerweile fünfte öffentliche Veranstaltung durchführen. Da ein szenebekannter PEGIDA-Redner dort auftreten soll, wird mit einer großen Teilnehmer_innenzahl gerechnet.
„Bürgerbündnis“mit PEGIDA-Redner am Rolf-Platz
Als Versammlungsort hat das „Bürgerbündnis Havelland“, genau wie in der vergangenen Woche, den Edwin-Rolf-Platz in der Rathenower Altstadt angemeldet. Dort wird es zunächst eine Kundgebung und dann einen so genannten „Spaziergang“ geben. Eine genaue Strecke ist jedoch noch nicht bekannt. In der vergangenen Woche frequentierte der Aufzug allerdings die Baustraße, die Große Burgstraße und die Steinstraße. Der Märkische Platz, ursprünglicher Versammlungsort des „Bürgerbündnisses Havelland“ bei den ersten drei Veranstaltungen, kann derzeit nicht für Versammlungen genutzt werden, da dort der Weihnachtsmarkt stattfindet. Dies schließt jedoch nicht aus, dass es einen angemeldeten „Spaziergang“ in diese Richtung geben könnte. Genauere Angaben machte der Veranstalter dazu aber bisher nicht.
Im Zuge der Bewerbung ihrer Veranstaltung, wurde durch das „Bürgerbündnis Havelland“, lediglich bekannt gegeben, dass der szenebekannte Videokanal-Blogger Curd Schumacher alias „Curd ben Nemsi“ dort als Redner auftreten soll. Schumacher gilt als besonders mitteilungsbedürftig und tritt mit seinem plumpen, vermeintlich volksnah wirkenden Sprach-Repertoire regelmäßig bei PEGIDA-Aufmärschen in Duisburg (Nordrhein-Westfalen) auf. Dabei polemisiert er hauptsächlich gegen die Bundesregierung und kolportiert Ressentiments gegen Flüchtlinge. Insofern ist inhaltlich eine Fortsetzung der üblichen Hetzreden zu erwarten.
Hetze und Drohungen gegen Pressevertreter
Kontinuierlich fortzusetzen scheinen sich übrigens auch die Hetze und Drohgebärden gegen Pressevertreter_innen mit kritischer Berichterstattung. Nachdem das „Bürgerbündnis Havelland“ auf seinen Veranstaltungen eine Rathenower Lokalzeitung als „Lügenpresse“ diffamierte und einen lokalen Fernsehsender aus Brandenburg an der Havel, nach dessen Fernsehbeitrag vom 12. November 2015, ebenfalls mit öffentlicher Diffamierung drohte, enthemmte sich in der vergangenen Woche nun die rohe Gewalt. Diese richtete sich vor allem gegen das technische Equipment eines Fotojournalisten und verursachte einen dreistelligen Schaden.
Trotz des Sachschadens und der mitunter bedrohlichen Situation sah das „Bürgerbündnis Havelland“ jedoch noch keine Veranlassung sich von derartigen Exzessen zu distanzieren. Im Gegenteil, die Sympathisant_innen versuchten die Gewalt zu rechtfertigen und riefen teilweise zu weiteren, mitunter strafbaren Handlungen auf. Ein „Pascal B.“ schrieb beispielsweise in einem Kommentar auf der Veranstaltungsseite des Bündnisses in einem sozialen Internetnetzwerk: “für aufdringliche Fotografen kann ich einen Lippenstift oder Creme empfehlen … fürs objektiv“. „B.“ ist zumindest in diesem sozialen Netzwerk sowohl mit einem der beiden Hauptakteure des „Bürgerbündnisses Havelland“, als auch bekannten Aktivist_innen des neonazistischen Milieus aus dem Osthavelland bzw. dem Landkreis Ostprignitz-Ruppin befreundet. Deutlich drohender agierte hingegen der Kleinunternehmer Lutz M., der bisher an allen Versammlungen des „Bürgerbündnisses Havelland“ teilnahm. In einer Hassmail an den bereits in der vergangenen Woche attackierten Fotojournalisten drohte er u.a.: „Pass auf was du machst ich kriege dich und dann bist du im krankenhaus“ (Rechtschreibung im Original).
Kundgebung der Zivilgesellschaft am Schleusenplatz
Nach dem das Aktionsbündnis „Rathenow zeigt Flagge“ in den vergangenen beiden Wochen keine adäquate Veranstaltung zur Versammlung des „Bürgerbündnis Havelland“ angeboten hatte, wurde innerhalb der Zivilgesellschaft vielfach Kritik an dem als zu passiv empfundenen Auftreten gegenüber den Hetzern und Demagogen laut. Auf einer Sitzung der zivilgesellschaftlichen Initiative am vergangenen Mittwoch setzte sich deshalb der Vorschlag einer erneuten Veranstaltung „mit Herz statt Hetze“ durch. Diese Versammlung ist inzwischen angemeldet und polizeilich bestätigt. Sie soll am Dienstagabend um 18.00 Uhr auf dem Schleusenplatz in der Berliner Straße Ecke Schleusenstraße beginnen und ein vielfältiges Kulturangebot beinhalten.
Der Wechsel vom August-Bebel-Platz, dem ursprünglichen Kundgebungsort der Zivilgesellschaft bei vorangegangenen Veranstaltungen, zum Schleusenplatz scheint dabei bewusst gewählt zu sein. Offenbar will „Rathenow zeigt Flagge“ in räumlicher Nähe zum „Bürgerbündnis“ für eine Stadt „mit Herz statt Hetze“ werben.
Jugendinitiative gegründet
Neben dem Setzen von Zeichen strebt die Rathenower Zivilgesellschaft aber auch langfristige Projekte für eine Stadt „mit Herz statt Hetze“ an. Ein Beispiel dafür soll künftig die „Jugendinitiative Rathenow“ sein. Diese Initiative hat sich zum Ziel gesetzt „für eine bessere Aufklärung von Gerüchten“ zu sorgen sowie „Fragen bezogen auf die Flüchtlingsthematik“ zu beantworten. Betreut werden soll das Vorhaben durch den Rathenower Erzieher Max Vogt, der zuvor im Kinder- und Jugendparlament der Stadt aktiv war und zurzeit im kirchlichen Jugendhaus „Oase“ arbeitet. Er will durch seine Initiative vor allem Jugendliche motivieren sich in die Gesellschaft einzubringen. Diese sollen dann beispielsweise Fragen zur Flüchtlingsthematik sammeln und dann Antworten in Interviews mit Sachverständigen oder sachkundigen Bürger_innen finden. Die Ergebnisse der Arbeit sollen dann, gemäß Vogt, auf einer Seite in einem sozialen Internetnetzwerk veröffentlicht werden.
Am Montag den 16.11. 2015 hatte die BraMM (Brandenburger für Meinungsfreiheit) zu einer Kundgebung ab 19.30 auf dem Müncheberger
Parkplatz in Strausberg aufgerufen.
Die Organisation gilt als brandenburger PEGIDA-Ableger, wurde von Mitgliedern der REP gegründet und steht in Zusammenhang mit der NPD und organisierten Neonazis. Dem entsprechend tritt die BraMM zumeist mit Themen auf, die den rassistischen Einstellungen ihrer Zielgruppe entsprechen.
Offiziell gibt man sich aber bürgerlich und versucht mit so unkonkreten wie breitgefächerten Themen möglichst viele Menschen anzusprechen. Diesmal wurde versucht, mit einem einem thematischen Sammelsorium von Schlagworten wie Asylchaos, Islamisierung, Genderwahn, Rundfunkgebühren und Hartz‑4 Betrug Menschen auf ihre Veranstaltung zu mobilisieren. Das Ergebnis: 120 Personen kamen aus ganz Märkisch Oderland, anderen Teilen Brandenburgs und auch Berlin, von denen ein beträchtlicher Teil der rechten Szene zuzuordnen ist.
In den Redebeiträgen ging es dann um die Verteidigung des Abendlandes durch Schließung der Grenzen, sowie die Abschiebung aller Geflüchteten, den Kampf gegen die von Merkel geführte Scheindikatur und paradoxer Weise gegen Extremismus, während die anwesenden Nazis geduldet wurden. In Strausberg werden, wie in vielen anderen Städten, demnächst Flüchtlinge in der Barnimkaserne untergebracht. An vielen Orten lösten solche Pläne seitens der Bürger_innen, meist von Nazis organisierte rassistische Proteste und Gewalt gegen die Geflüchtete aus. Vermutlich hatte die BraMM darauf spekuliert in Strausberg ein ähnliches Klima vor zu finden.
Dem aber bließ der bunte und laute Wind von 200 Gegenprotestler_innen entgegen.
Das Bündnis “Strausberg Nazifrei” hatte zur Gegenkundgebung aufgerufen. 200 engagierte Menschen aus Strausberg und der Welt zeigten den Rassist_innen dass hier kein Platz ist für Hass und Rassimus.
Viele hatten sich ihre ganz eigenen Mittel ausgedacht und mitgebracht um ihren Ablehnung gegen Rassimus zum Ausdruck zu bringen.
Trommeln, Pfeifen, Flyer, viele bunte Plakate und laute, entschlossene Stimmen.
Ebenso bunt waren die Leute, alte und junge, aus den verschiedensten Vereinen, Institutionen und Parteien. Wir freuten uns sehr, dass auch die Bürgermeisterin ihren Protest zeigte und mit uns an der Kundgebung von “Strausberg Nazifrei” teilnahm.
Wir bedanken uns bei allen, die an diesem Tag, dem Anruf von “Strausberg Nazifrei” gefolgt sind und sich gegen die BraMM und ihre rassistische Hetze positionierten.
Leider wurde für den 30.11. eine weitere Veranstaltung des PEGIDA-Ablegers angekündigt, wobei noch nicht ganz klar ist, was an
diesem Tag passieren wird. Achtet deshalb auf weitere Ankündigungen. Eines ist jedoch sicher: sobald Rassist_innen und Rechte den
öffentlichen Raum für sich beanspruchen, um ihre menschenverachtende Ideologie zu verbreiten, werden wir das nicht schweigend hinnehmen. Deswegen kommt auch an diesem Montagabend wieder gemeinsam mit uns auf die Straße, um gegen die rechte Mobilmachung zu protestieren. Werdet kreativ, schreibt euern Protest auf Schilder oder Transpis. Nehmt Pfeifen, Trommeln und alles andere mit, was Krach macht. Bringt Freund_innen mit und passt auf euch auf.
Die faschistischen und rassistischen Demonstrationen und Kundgebungen von besorgten Bürgern, bekannten Nazis und rechtsorientierten Hools zielen immer weiter auf Südbrandenburg ab. Neben den großen wöchentlichen Demonstrationen in Cottbus, die regelmäßig durch die Afd, Npd oder durch „Nein zum Heim“ Gruppen organisiert werden oder neben der großen Demonstration mit ca. 700 Teilnehmern in Lübbenau, organisiert vom Afd-nahen Verein „Zukunft Heimat e.V.“ finden auch immer mehr Kundgebungen und Demonstrationen im Umland von Finsterwalde statt. Hier mal eine kurze Auflistung:
19.10.2015 „Montagsdemo“ in Großräschen
26.10.2015 „Montagsdemo“ in Großräschen
29.10.2015 Afd Infotisch in Elsterwerda
30.10.2015 BraMM Demo in Senftenberg
01.11 2015 rassistische Kundgebung und „Grablicht aktion“ in Badliebenwerda
02.11.2015 „Montagsdemo“ in Großräschen
05.11.2015 faschistische Kundgebung bekannter Nazis in Sonnewalde
08.11.2015 rassistische Kundgebung und „Grablicht Aktion“ in Bad Liebenwerda
09.11.2015 „Montagsdemo“ in Großräschen
13.11.2015 Afd „Stammtisch“ in Sonnewalde
14.11.2015 „Gedenkaktion“ für Paris und Verbreitung faschistischer Propaganda in Finsterwalde
Bei den selbsternannten „Montagsdemos“ in Großräschen finden sich wöchentlich ca. 100–150 Nazis und Wutbürger zusammen um in einer einstündigen Kundgebung gegen die bestehende Asylpolitik und gegen den Antifaschismus zu wettern. Organisiert wird der braune Müll vom Reichsbürger R. Handta. Verpackt wird die faschististche Hetze in schlecht vorgetragenen Reden von verschiedenen Rednern wie „Andy“ oder der „Anheizer Sven“. Ab und zu kann man von den meist stark betrunkenen Nazis Sprüche hören wie „Wir sind das Volk“ und „Wer Deutschland nicht liebt muss Deutschland verlassen“.
Am 30.10.2015 veranstaltete die faschistische BraMM in Senftenberg nach ihrer Sommerpause ihre erste Demonstration. An dieser Demo nahmen ca. 200–250 Menschen teil. Auf der Demonstration redete der BraMM-Chef und Vorsitzende der Freiheitlichen Liga e.V., Haiko Müller. Weitere Gastredner aus Sachsen kamen außerdem zu Wort. Unter anderem sprach Engelbert Merz. Nach dem die Faschisten mehrere Reden auf den Senftenberger Marktplatz abhielten sollte ihre Demo durch die Innenstadt ziehen welche aber durch eine Blockade umgeleitet wurde. Nach einem 30 minütigen Fußmarsch endete der rassistische Spuk mit einer Abschlussrede.
In Bad Liebenwerda trifft sich Sonntags die sogenannte „Graswurzelbewegung“ die einen bundesweiten Bürgerprotest mit den Namen „Aktion Grablicht“ organisieren. Dafür versammeln sich ca. 100 „Bürger Deutschlands“ vor dem Rathaus in Bad Liebenwerda um schweigend mit einen Grablicht gegen Flüchtlinge und „offene Grenzen“ zu demonstrieren. Das Motto der Demonstranten „still, friedlich und demokratisch“ damit fordern sie den Rücktritt der Merkel und ein Stop der Einwanderung von Geflüchteten.
Am 05.11.2015 versammelten sich in Sonnewalde ca. 50 bekannte Nazis aus Finsterwalde und den umliegenden Dörfern. Auf dem Marktplatz von Sonnewalde hielten sie mehrere Reden mit einem Megaphone ab und versuchten durch das Ansprechen von den in Sonnewalde immer aktuellen Abwasserproblem Bürger auf ihre Seite zu ziehen. Die Faschisten standen ca. eine Stunde unbeachtet auf dem Markt.
Am Samstag den 14.11.2015 mobilisierten Neonazis aus den Raum Finsterwalde zu einer „Gedenkaktion“ für Paris auf den Rathausvorplatz. Nachdem sich die Nazis dort trafen und auch einige Bürger die von der Scheinveranstaltung nichts wussten erschienen, verteilten die Faschisten regierungsfeindliche Propaganda. Beim Eintreffen der ersten Antifaschisten aus Finsterwalde verschwand das braune Pack. Diese Aktion bleibt nicht unbeantwortet!
Für Montag den 23.11.2015 mobilisieren die Nazis zu ihrer letzten „Montagsdemo“. Am 27.11.2015 will die faschistische BraMM wieder in Senftenberg demonstrieren! Wir rufen euch auf gemeinsam mit uns die bevorstehenden Nazikundgebungen zu sabotieren und zu blockieren! Gemeinsam gegen Naziterror und Rassismus in Südbrandenburg in der BRD und auf der restlichen Welt. Den Faschismus im Keim zu ersticken bleibt unser Ziel!
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