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Flucht & Migration Gender & Sexualität

Because love still has no borders!

eng­lish below
Vom 09. bis 11. Juni find­et in Brandenburg/Havel die 2. Refugee-LGBTIQ*-Conference statt. Seit der let­zten Con­fer­ence hat sich einiges getan, lei­der viel Neg­a­tives: Asyl­rechtsver­schär­fung, Forderun­gen nach Ober­gren­zen und schnellere Abschiebun­gen in ver­meintlich sichere Herkun­ft­slän­der. Obwohl es in eini­gen Großstädten Deutsch­lands jet­zt Unterkün­fte für beson­ders schutzbedürftige Geflüchtete gibt, kön­nen nur wenige LGBTIQ*s davon prof­i­tieren. Die Möglichkeit der sicher­eren Unterkun­ft ist bei der Verteilung der Geflüchteten sel­ten von Belang und wer außer­halb der Großstädte lebt, hat keinen Zugang zu diesen. Daher fordern wir eine dezen­trale Unter­bringung aller geflüchteter Men­schen und sen­si­bil­isierte Mitarbeiter_innen und Übersetzer_innen im Bun­de­samt für Migra­tion und Flüchtlinge, sodass LGBTIQ*s ein faires Asylver­fahren erhalten.
Kommt mit uns am 11. Juni auf die Straße um den Forderun­gen nach dezen­traler Unter­bringung, sen­si­bil­isierten Mitarbeiter_innen und einem Abschiebestopp in ver­meintliche sichere Herkun­ft­slän­der Nach­druck zu ver­lei­hen, sowie auf die ras­sis­tis­chen und homo- sowie trans*feindlichichen Zustände aufmerk­sam zu machen!
english:
The sec­ond Refugee-LGBTIQ*-Conference in Brandenburg/Havel will take place from 9th June – 11th June. A lot has hap­pened since the last con­fer­ence, unfor­tu­nate­ly a lot of neg­a­tive things: aggra­va­tions of the asy­lum law, demands for max­i­mum lim­its and faster depor­ta­tions to alleged­ly safe countries.
Even though some of the big­ger cities in Ger­many now offer accom­mo­da­tions for refugees in spe­cial need of pro­tec­tion, there are only a few LGBTIQ*-people who ben­e­fit from them. The pos­si­bil­i­ty of safe accom­mo­da­tion is rarely rel­e­vant upon dis­tri­b­u­tion. Fur­ther­more, peo­ple, who live out-of-town, get denied access to these safe accom­mo­da­tions. That is, why we call for decen­tral­ized accom­mo­da­tion of all refugees and sen­si­tized employ­ees and trans­la­tors at the Fed­er­al Office for Migra­tion and Refugees (BAMF), so that LGBTIQ*-people receive a fair asy­lum pro­ce­dure. Join us in tak­ing to the streets on 11th June to lend weight to our demand for decen­tral­ized accom­mo­da­tion, sen­si­tized employ­ees and a ban on deport­ing to alleged­ly safe countries!
Let us rise aware­ness for the pre­vail­ing racist, homo­pho­bic and­trans­pho­bic con­di­tions in our society!

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jüdisches Leben & Antisemitismus

Transpi im Park Sanssouci

Am heuti­gen Mor­gen, dem 26.05.2017, haben Kletteraktivist_innen ein Trans­par­ent in einem Baum im Park Sanssouci gegenüber der soge­nan­nten Frieden­skirche ange­bracht. Auf dem roten Trans­par­ent, das in etwa acht Meter Höhe in einem Baum befes­tigt ist, ste­ht geschrieben “Mar­tin Luther — Sex­ist, Anti­semit, Tyrannfreund!”.
Die Aktion richtet sich gegen das Mot­to des diesjähri­gen evan­ge­lis­chen Kirchen­tags in Berlin, Pots­dam und Wit­ten­berg ‘500 Jahre Ref­or­ma­tion und Luther’ und gegen das aus­gerufene Luther Jahr 2017 all­ge­mein. Denn 500 Jahre sind zu viel!
Mar­tin Luther ist kein Held, son­dern ein frauen­feindlich­er, anti­semitsch­er Het­zer. Ihn dieses Jahr (und die let­zten Zehn im Sinne der Lutherdekade) so unkri­tisch zu feiern ist gefährlich und unangemessen. Das wollen wir nicht unkom­men­tiert lassen und wer­den daher mit ver­schiede­nen bun­ten, kreativ­en Aktio­nen ver­suchen das wahre Gesicht Luthers sicht­bar zu machen.
Wir haben die soge­nan­nte Frieden­skirche im Park Sanssouci als Ort für unsere Klet­ter­ak­tion aus­gewählt, da die Kirche ein­er der zen­tralen Ver­anstal­tung­sorte des evan­ge­lis­chen Kirchen­t­ages in Pots­dam ist. Zudem fand dort am Vortag, dem 25. Mai, eine “Luther­messe” statt, am heuti­gen Abend find­et ein “Der Klang der Ref­or­ma­tion” Konz­ert statt. Wir fordern von der evan­ge­lis­chen Kirche eine kri­tis­che und ehrliche Auseinan­der­set­zung mit Mar­tin Luther und der Ref­or­ma­tion, anstatt von stumpfen Abfeiern und Ignori­eren oder Kleinre­den jeglich­er Kritik.
500 Jahre Ref­or­ma­tion und Luther sind zu viel!
In diesem Jahr endet die 2008 begonnene Lutherdekade der evan­ge­lis­chen Kirche mit dem 500-jähri­gen Jubiläum des The­se­nan­schlags Mar­tin Luthers an die Tür der Schlosskirche in Wit­ten­berg. In der öffentlichen Debat­te und in den Schulen wird meist betont, dass Luther „der mutige Kämpfer gegen die katholis­che Über­ma­cht“ gewe­sen sei, „die arme Gläu­bige mit Ablass­briefen ausbeutete“.
Ihr feiert einen Weg­bere­it­er der protes­tantis­chen Erwerbsethik
500 Jahre Ref­or­ma­tion beflügel­ten Kap­i­tal­is­mus und Lohnar­beit in enormer Dimen­sion und kreierte das unange­focht­ene Mantra der Gegen­wart: Ich arbeite, also bin ich. Der Arbeits­fa­natik­er Luther („Der Men­sch ist zur Arbeit geboren wie der Vogel zum Fliegen“) meinte, dass diverse Auser­wählte bere­its mit ihrer Geburt für das Paradies prädes­tiniert wären und deswe­gen allein irdis­che Erfolge, Fleiß und harte Arbeit Indika­toren für die bevorste­hende Erlö­sung seien. Seine Gedanken hat­ten schw­er­wiegende Fol­gen. Die damals selb­stver­ständlich beste­hende All­mende wurde der All­ge­mein­heit, oft­mals in bluti­gen Szenen, aus den Hän­den geris­sen und erschuf Lohnarbeiter*innen en masse. Diese mussten ihr Über­leben sich­ern, indem sie das einzige Eigen­tum, was ihnen geblieben war auf dem Markt anboten: ihre eigene Arbeit­skraft. Im weit­eren Ver­lauf ent­stand ein neuar­tiger Begriff der Arbeit: Sie wurde vom notwendi­gen Übel zur fik­tiv­en heil­brin­gen­den Beru­fung. Infolgedessen etablierte sich der, bis in die Gegen­wart uner­schüt­ter­liche, Irrglaube, dass nur (lohn-)arbeitende Men­schen in ein­er Gesellschaft nüt­zlich seien und alle Erwerb­slosen eine Belas­tung für die sel­bige darstell­ten. Oben­drein bringt Lohnar­beit gesellschaftlichen Bestä­ti­gung her­vor, wohinge­gen unbezahlte Hausar­beit chro­nisch als Tri­v­il­ität ange­se­hen und an den Rand der Gesellschaft geschoben wird. Das führt uns zu einem weit­eren Wesen­szug Luthers:
Ihr feiert einen dog­ma­tis­chen Sexisten
Luther schuf die wesentliche Prämisse für die Mar­gin­al­isierung der Frau in der protes­tantis­chen Welt, indem er ihnen die Auf­gaben „Hausar­beit und Män­ner gebären“ als gottgegebene Bes­tim­mung aufs Auge drück­te. Neben der Mon­tage des Bildes ein­er bürg­er­lichen Frau, unter­stützte Luther einen grausamen Diszi­plin­ierung­sprozess, durch den Frauen als „Sündi­ge“, „Verder­bende“ und vor allem „Wis­sende“ stig­ma­tisiert und umge­bracht wur­den („Die Zauberin­nen sollst du nicht leben lassen… Es ist ein gerecht­es Gesetz, dass sie getötet wer­den, sie richt­en viel Schaden an.“, 1526).
Ihr feiert einen fanatis­chen Antisemiten
Primär muss zwin­gend bedacht wer­den, dass Mar­tin Luther ein rel­e­van­ter Teil ein­er lan­gen Geschichte des christlichen Anti­ju­dais­mus und christlich­er Gewalt gegen Jüd*innen war. Seine Werke (bspw.: „Von den Juden und ihren Lügen“, 1543) und deren Rezep­tion, waren ein Beweg­grund für die Entste­hung und Ver­wirk­lichung ein­er nation­al­sozial­is­tis­che Ide­olo­gie. Luther stellte die Frage:
„Was sollen wir Chris­ten nun tun mit diesem ver­dammten, ver­wor­fe­nen Volk der Juden?“
Seine Antwort waren sieben Schritte, die er zynisch als „scharfe Barmherzigkeit“ betitelte: Men­sch solle „Syn­a­gogen ver­bren­nen, Häuser zer­stören, deren Bewohner*innen in Ställen unter­brin­gen, Gebet- und Tal­mud­büch­er weg­nehmen, Rabbiner*innen das Lehren unter Andro­hung der Todesstrafe ver­bi­eten, Händler*innen ihr Wegerecht entziehen, weit­er­hin ihnen das Geldgeschäft ver­bi­eten und all ihr Bargeld und ihren Schmuck enteignen“. Abschließend soll­ten, Luthers Ansicht nach, alle „jun­gen Jüd*innen ihr Brot im Schweiße ihres Angesichts mit har­ter Arbeit ver­di­enen“. Luthers Schriften sprach Jüd*innen die Men­schen­würde vol­lkom­men ab und for­mulierte wesentlich das Muster der Schoah im Nation­al­sozial­is­mus. Kann es eine protes­tantis­che The­olo­gie nach Auschwitz über­haupt geben, die behar­rlich jenen Autor glo­ri­fiziert, der von Nationalsozialist*innen in den Nürn­berg­er Prozessen als Legit­i­ma­tion­s­grund­lage für ihr bar­barisches Han­deln genutzt wurde?
Danke für Nichts!
Mar­tin Luther wird als Frei­heit­skämpfer, Human­ist und Ret­ter des Chris­ten­tums betra­chtet. Das diese Rezep­tion eine Illu­sion son­der­gle­ichen ist, hat dieser Text hof­fentlich aufzeigen kön­nen. Seine Unterstützer*innen und die protes­tantis­che Kirche vertei­di­gen ihn als „Kind sein­er Zeit“ und deuten seine bar­barischen Offen­barun­gen mit aller­lei Inter­pre­ta­tion­s­geschick um, damit sie dem Mythos eines „deutschen Helden“ gerecht wer­den. Der Refor­ma­tor, der die christliche Reli­gion aus ein­er Krise befördert haben soll, wird durch einen kri­tis­chen Blick, der­jenige, der eine neue Krise an das Ende der alten Mis­ere geset­zt hat, der wir bis heute nicht gän­zlich ent­fliehen kon­nten. Es wird Zeit für eine deut­liche Kri­tik, die das öffentliche Mythos eines „barmherzi­gen Refor­ma­tors“ zer­stört und eine zeit­gemäße Debat­te, jen­seits des arti­fiziellen Helden­tums, fördert.
500 Jahre Ref­or­ma­tion – Kein Grund zum Feiern, Zeit für einen endgülti­gen Schlussstrich!
Mehr Infor­ma­tio­nen und weit­e­führende Links und Lit­er­atur zu Luther und Ref­or­ma­tion gibt es hier:
gegendiehelden.blogsport.eu
Zur lokalen Ini­tia­tive gegen den evan­ge­lis­chen Kirchen­tag in Pots­dam, schaut mal hier drauf:
gegendiehelden.blogsport.eu/potsdam/

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Antifaschismus jüdisches Leben & Antisemitismus

Update: Rechtsoffenes Querfrontfestival “Pax Terra Musica” in Brandenburg

Nach­dem ver­mehrt über den tat­säch­lichen Charak­ter des ange­blichen “Friedens­fes­ti­vals” Pax Ter­ra Musi­ca berichtet wird (u.a. hier) sprin­gen erste Bands und Aussteller ab, die offen­sichtlich getäuscht wur­den und nichts mit Ver­schwörungs­the­o­retik­ern und Anti­semiten zu tun haben wollen. Danke dafür.
Auch für die am 3. Juni geplante “Pax-Terra-Musica”-Soli-Veranstaltung in Berlin-Friedrichshain gibt es Neuigkeit­en. Die wochen­lang von der Quer­front bewor­bene Loca­tion stellte sich als Lüge her­aus. Der Club OI-Zosch wusste nichts von der Ver­anstal­tung und sagt, er habe den “Pax Ter­ra Musica”-Machern niemals eine Zusage gegeben. [Diese stellen das anders dar und behaupten weit­er­hin, es habe sehr wohl eine Zusage gegeben. Allerd­ings sind diese Leute schon in der Ver­gan­gen­heit mehrfach der Lüge über­führt worden.]
Nun haben die Aluhüte einen neuen Ort für den 3.6. gefun­den: das soge­nan­nte “Jugend­wider­standsmu­se­um” in der Rigaer Straße in Fhain. Auch hier ist zu befürcht­en, dass die Betreiber nicht über die recht­sof­fe­nen Hin­ter­män­ner des “Pax Ter­ra Musi­ca” Bescheid wis­sen. Eigentlich ist das “Jugend­wider­standsmu­se­um” ein linkes Projekt.
Ver­anstal­ter des Soli-Konz­erts ist Frank Georg, ein enger Unter­stützer des “Pax Ter­ra Musica”-Festivals. Auf sein­er öffentlich ein­se­hbaren Face­book-Seite sym­pa­thisiert er mit der recht­sex­tremen Iden­titären-Bewe­gung und dem Com­pact-Mag­a­zin. Dazu benutzt er Reichs­bürg­er-Codes und veröf­fentlicht Bilder, in denen Deutsch­land als von den USA und Israel ges­teuerte GmbH beze­ich­net wird. Auch das stört den “Pax Ter­ra Musica”-Initiator Malte Klin­gauf nicht.
Für das “Pax Ter­ra Musi­ca” in Bran­den­burg sind Aussteller wie “NuoViso.TV” angekündigt, die mit Pegi­da und Com­pact zusam­me­nar­beit­en bzw. fre­undlich über sie bericht­en. Auch die “Deutsche Mitte” ist dabei. Deren Chef Christoph Hörs­tel behauptet, unter den 2015 nach Deutsch­land gekomme­nen Geflüchteten befän­den sich „30000 Ter­ror­is­ten, Häuserkämpfer und Mörder“. Dahin­ter stecke Angela Merkel, die in Deutsch­land einen Bürg­erkrieg aus­lösen müsse, um das Land kaputt zu machen. Das sei näm­lich die Bedin­gung, damit sie später UNO-Gen­er­alsekretärin wer­den könne. (Quellen dazu <a href=“https://www.youtube.com/watch?v=aLEuFuRz82Q&t=3095s“hier und hier)
“Pax Ter­ra Musica”-Initiator Malte Klin­gauf erk­lärt dazu, man könne ihm keinen Vor­wurf machen, es gebe keine “Kon­tak­tschuld”.

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(Anti-)Rassismus

Schluss mit den Abschiebungen im Barnim!

Angst und Schreck­en statt Schutz und Willkommen?
In diesem Jahr sind im Land­kreis Barn­im zahlre­iche Abschiebun­gen und Abschiebev­er­suche bekan­nt gewor­den. Men­schen die auf ihrer Flucht bei uns Schutz suchen, soll­ten sich sich­er fühlen kön­nen. Doch viele der Flüchtlinge im Barn­im haben Angst. Einige schlafen nicht mehr in ihren Zim­mern, weil sie fürcht­en in der Nacht aus ihren Bet­ten geholt und direkt abgeschoben zu werden.
Am 3. April um 4 Uhr ris­sen Mitar­beit­er der Barn­imer Aus­län­der­be­hörde einen aus dem Tschad geflo­henen Mann im Über­gangswohn­heim Bernau-Lobe­tal aus seinem Schlaf. Sie bracht­en ihn sofort zu einem Flugzeug nach Berlin mit dem er nach Frankre­ich abgeschoben wurde. Dort dro­ht ihm eine Abschiebung in den Tschad, einem der ärm­sten Län­der der Welt, in dem es laut Amnesty Inter­na­tion­al zu mas­siv­en Men­schen­rechtsver­let­zun­gen kommt. Diese Abschiebung sorgte bei den anderen Bewohn­ern des Heimes für große Angst, weil auch sie betrof­fen sein kön­nten. Ein ander­er Mann aus dem Tschad sprang in Panik aus dem Fen­ster, stürzte durch ein Glas­dach und zog sich dabei erhe­bliche Schnittver­let­zun­gen zu.
Wir fordern vom Barn­imer Lan­drat Bodo Ihrke und der Lei­t­erin der Barn­imer Aus­län­der­be­hörde Ilka Zerche-Roch einen sofor­ti­gen Abschiebestopp. Set­zen Sie sich auf Lan­des- und Bun­de­sebene ebenfalls
dafür ein.
Schluss mit dem Kli­ma der Angst!
— Ini­tia­tive Barn­im für alle
Kommt zahlre­ich!
Don­ner­stag, 8. Juni// Start: 16:30 am Bahn­hof Eberswalde
*** Mobimaterial: ***

zum Druck­en (hohe Qual­ität, große Dateien):
Plakat A3 (pdf)
Fly­er A6 bei­d­seit­ig (pdf)
zum Onli­nege­brauch in Emails oder Web­sites (gerin­gere Qual­ität, kleine Dateien):
Plakat (png)
Fly­er bei­d­seit­ig (pdf)

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Antifaschismus

Rechtsoffenes Querfrontfestival “Pax Terra Musica” in Brandenburg

Vom 23.–25. Juni soll auf dem ehe­ma­li­gen Mil­itär­flughafen in Niedergörs­dorf das Fes­ti­val “Pax Ter­ra Musi­ca” stat­tfind­en. Die Gästeliste ist erschreckend.
Offiziell soll in dem Bran­den­burg­er Dorf ein Woch­enende lang für den Welt­frieden gefeiert wer­den. Die Ver­anstal­ter rech­nen mit etwa 5000 Teil­nehmern und ver­sprechen eine Art Fusion für Friedens­be­wegte. Allerd­ings ist inzwis­chen klar, dass die ver­meintlich linken Mach­er aus der recht­sof­fe­nen Wah­n­wich­tel-Quer­front-Szene kom­men: Der Haup­tor­gan­isator ist Malte Klin­gauf, der Zion­is­ten für “jüdis­che Nazis” hält und jahre­lang die Aluhut-Mon­tags­mah­nwachen in Berlin mod­eriert hat. Auf der Gästeliste des “Pax Ter­ra Musi­ca” ste­hen Het­zer wie Christoph Hörs­tel von der Kle­in­st­partei “Deutschen Mitte”, die Pegi­da-Ver­ste­her von “NuoViso.TV” aus Leipzig sowie zahlre­iche Anti­semiten und Reichs­bürg­er. Natür­lich ist auch Ken Jeb­sen dabei. Auf dem “Pax Ter­ra Musi­ca” geht es also vor allem gegen die Roth­schilds und Chemtrails.
Inzwis­chen gab es ein paar Medi­en­berichte, die auf die recht­sof­fene Mis­chung hin­weisen (Links find­et Ihr unten), aber viele scheinen den Charak­ter dieses Tre­f­fens noch nicht mit­bekom­men zu haben. So hat sich das eigentlich linke “OI Zosch” in Berlin-Friedrichshain bere­it erk­lärt, am 3.6. seine Räume für eine Soli-Par­ty zugun­sten des “Pax Ter­ra Musi­ca” zur Ver­fü­gung zu stellen. Im Musikpro­gramm ste­ht neben Chem­trail- und Reichs­bürg­er-Rap­pern auch der eigentlich linke Knorka­tor-Musik­er Alf Ator.
 
Hier eine Liste der bish­eri­gen Presseartikel:
http://www.hagalil.com/2016/12/pax-terra/
https://jungle.world/artikel/2017/17/frieden-liebe-querfront
http://www.tagesspiegel.de/berlin/umstrittenes-festival-in-brandenburg‑f…
http://www.hagalil.com/2017/05/klingauf/
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Flucht & Migration

Zukunft in der Migrationsgesellschaft

Der Utopia e.V. wird von Früh­jahr bis Ende des Jahres das Pro­jekt „Begeg­nung – Empow­er­ment – Zukun­ft“ umset­zen. Im Rah­men des Pro­jek­tes wer­den Jugendliche und junge Erwach­sene mit und ohne Fluchthin­ter­grund gemein­sam ihre Vorstel­lung ein­er gerecht­en und sol­i­darischen Gesellschaft disku­tieren. Nach ein­er gemein­samen „Zukun­ftswerk­statt“ (10.–11. Juni 2017, Anmel­dung unter www.utopia-ffo.org/future unter dem Mot­to: “The Future ist still unwrit­ten! Junge Ideen für Frank­furt (Oder)” wer­den sich die Teil­nehmenden in Sem­i­naren und Work­shops, auf Aus­flü­gen und in Diskus­sio­nen Fähigkeit­en und Wis­sen aneignen, die sie in die Lage ver­set­zen ein gemein­sames Pro­jekt zu real­isieren, das sie dann der Öffentlichkeit vorstellen.
„Diese Gesellschaft verän­dert sich. Die Men­schen, die aus anderen Län­dern geflo­hen sind, um in Deutsch­land bzw. in Frank­furt (Oder) eine weit­ere Heimat zu find­en, wer­den ihre Spuren hin­ter­lassen. Wir sind voller Vor­freude auf die Her­aus­forderung und Möglichkeit­en, die eine Migra­tions­ge­sellschaft bietet. Es ist an der Zeit Migra­tion in erster Lin­ie als Chance nicht als Belas­tung für eine Gesellschaft zu sehen.“, so Janek Las­sau, Koor­di­na­tor des Projekts.
Das Pro­jekt wird unter anderem mit Geldern der „Bun­deszen­trale für poli­tis­che Bil­dung“ und im Rah­men des Bun­de­spro­gramms „Demokratie leben!“, durch das Bun­desmin­is­teri­um für Fam­i­lie, Senioren, Frauen und Jugend sowie aus Mit­teln des Lan­desmin­is­teri­um für Infra­struk­tur und Lan­des­pla­nung, des Städte­bauförder­pro­gramms „Soziale Stadt“ und Mit­teln der Stadt Frank­furt (Oder) realisiert.
 

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Antifaschismus Gender & Sexualität

Offener Brief an die Organisator_innen des F_ANTIFA-Kongresses in Potsdam

An diesem Woch­enende ver­anstal­tet Ihr im Frei­land einen Kongress zu fem­i­nis­tis­ch­er antifaschis­tis­ch­er Poli­tik. Seit langem wird damit aus Antifa-Kreisen mal wieder eine große inhaltliche Ver­anstal­tung in Pots­dam durchgeführt.
Ein solch­er inhaltlich­er Input ist, ger­ade nach der starken aktivis­tis­chen Mobil­isierung des let­zten Jahres, die viele jün­gere Leute zum ersten Mal in Kon­takt mit Antifa gebracht hat, grund­sät­zlich begrüßenswert und drin­gend nötig. Und tat­säch­lich habt Ihr es geschafft, es wird inten­siv an den WG- und Kneipen­tis­chen dieser Stadt, in den Haus­pro­jek­ten und auf den Ple­na der poli­tis­chen Grup­pen über den Kongress diskutiert.
Auch wir haben diese Diskus­sio­nen geführt und stell­ten dabei fest, dass wir einige Ansätze auf der Kon­ferenz für hochgr­a­dig prob­lema­tisch und kri­tik­würdig halten.
Wir möcht­en Euch die Kri­tik daran hier­mit zugänglich machen, wis­send, dass es bess­er gewe­sen wäre, dies früher zu tun und dass Ihr jet­zt keine Möglichkeit mehr habt, das Pro­gramm zu mod­i­fizieren. Wir denken aber, dass die Prob­leme, die wir ansprechen über den Tag hin­aus Bedeu­tung haben und die Diskus­sion darum auch nicht an diesem Woch­enende aufhören wird.
Wir machen diese Kri­tik öffentlich, weil wir hof­fen, dass aus den Debat­ten an den WG-Tis­chen eine gemein­same poli­tis­che Diskus­sion entste­ht, die zu the­o­retis­chen und prak­tis­chen Klärun­gen führt, auf die eine pro­gres­sive antifaschis­tis­che Poli­tik in dieser Welt­ge­gend auf­bauen kann.
Kri­tikpunkt 1): Jüd_innen, Israel – und Antisemitismus?
Ein Schw­er­punkt Eur­er Ver­anstal­tung ist die Auseinan­der­set­zung mit dem Juden­tum, es gibt eine Ver­anstal­tung zu jüdis­chen Par­ti­sanin­nen („Kampf bis zum let­zten Schuss – Von jüdis­chen Stadt­par­ti­sanin­nen und Sprengstoff­schmug­g­lerin­nen“) einen „Safer/Braver Space für Men­schen mit jüdis­ch­er Geschichte“, einen Lesekreis zu Anti­semitismus und Antifem­i­nis­mus im Deutschen Kaiser­re­ich und einen Work­shop zum The­ma „F_antifaschistische Per­spek­tiv­en jüdis­chen Lebens ausser­halb der Shoa und israelis­ch­er Staat­spoli­tik“, der ganz klar als antizion­is­tis­ch­er Work­shop, gehal­ten aus ein­er linksradikalen israelis­chen Per­spek­tive, angekündigt wird.
Hier­an stoßen uns mehrere Sachen auf. Dass The­men mit Bezug zum Juden­tum auf ein­er antifaschis­tis­chen Kon­ferenz in Deutsch­land so eine promi­nente Stel­lung ein­nehmen hat ja nur einen Grund: die im deutschen Massen­mord an den JüdIn­nen Europas gipfel­nde anti­semi­tis­che Geschichte dieses Lan­des. Aus antifaschis­tis­ch­er Per­spek­tive gäbe es auch aktuell viele Gründe, sich mit dem The­ma Anti­semitismus zu beschäfti­gen. Anti­semitismus ist das falsche Ver­ständ­nis vom Kap­i­tal­is­mus, die regres­sive Ver­ar­beitung der Erfahrung der Krisen­haftigkeit der kap­i­tal­is­tis­chen Verge­sellschaf­tung. Als solch­er erlebt er aktuell eine Renais­sance wenn auf fin­stere Mächte geschimpft wird, die Poli­tik und Gesellschaft manip­ulieren wür­den. Immer öfter wer­den sie auch benan­nt: DIE anti­semi­tis­che Chiffre des 19. und 20. Jahrhun­derts, „die Roth­schilds“ feiert fröh­lich Urständ.
Aber es scheint, dass Anti­semitismus für Euch nur Geschichte ist. Es find­et sich kein Work­shop zu aktuellem Anti­semitismus. Und dass in ein­er Stadt, in der in den 90er Jahren mit der „Nationalen Bewe­gung“ eine der anti­semi­tis­chsten mil­i­tan­ten Nazi­grup­pen der Nach­wen­dezeit operierte. Die Mit­glieder dieser Gruppe wur­den Dank der Pro­tek­tion durch den Ver­fas­sungss­chutz nie gefasst. Die Lan­desregierung Bran­den­burgs ver­sucht aktuell die Aufk­lärung dieses Geschehens durch den Bran­den­burg­er NSU-Unter­suchungsauss­chuss zu tor­pedieren. Das ist auf Eur­er Kon­ferenz kein The­ma, eben­sowenig, dass in Pots­dam der Vor­sitzende der anti­semi­tis­chen Partei Deutsche Mitte aktiv ist oder dass vom Glock­en­spiel der Gar­nisonkirche täglich eine anti­semi­tis­ch­er Choral in die Gegend schallt.
Stattdessen aber ein Work­shop zur Israelkri­tik. Nun kann und soll die israelis­che radikale Linke ja den Staat Israel so radikal wie möglich kri­tisieren. Aber Euch, die Ihr Euch viele Gedanken um Spre­chorte, Posi­tion­ierun­gen und darum welch­er Work­shop für welche Men­schen offen ist macht, dürfte aufall­en, dass das im deutschen Kon­text evt. etwas anders ausse­hen könnte.
Es mutet auch deswe­gen selt­sam an, da es soweit ersichtlich, die einzige Ver­anstal­tung ist, auf der expliz­it nicht nur die Poli­tik eines anderen Staates, son­dern ger­ade die die Exis­tenz dieses Staates legit­imierende Ide­olo­gie kri­tisiert wer­den soll. Das ver­wun­dert uns angesichts des Fak­tes, dass in unserem unmit­tel­baren Nach­bar­land Polen ger­ade eine zutief­st reak­tionäre Regierung die Exis­tenz des Staates mit ein­er neuen alten Ide­olo­gie zu unter­mauern ver­sucht, zu deren grundle­gen­den Bestandteilen der Antifem­i­nis­mus gehört. Zu der Entwick­lung in Polen (und Ungarn,….), zum Zusam­men­hang von nation­al­is­tis­ch­er Mobil­isierung und Antifem­i­nis­mus, zu den fem­i­nis­tis­chen Kämpfen dage­gen (die Demon­stra­tio­nen in Polen gegen die Ver­schär­fung des Abtrei­bungsver­botes gehörten zu den größten fem­i­nis­tis­chen Protesten in Europa in den let­zten Jahren) keine Ver­anstal­tung. Aber zur Kri­tik am Zion­is­mus. Das sieht für uns nach dop­pel­ten Stan­dards aus und bringt eine Schw­er­punk­t­set­zung rüber, die wir für grundle­gend falsch halten.
Kri­tikpunkt 2): Far­ben, Kri­tiken, Kulturen 
Ein zweites the­o­retis­ches Stand­bein Eur­er Kon­ferenz ist offen­sichtlich ein Ansatz der in den let­zten Jahren unter dem Namen „Crit­i­cal White­ness“ bekan­nt­ge­wor­den ist. Dabei han­delt es sich um ein Bün­del von The­o­rien und Meth­o­d­en, dass hochgr­a­dig umstrit­ten ist. Ihr wollt offen­sichtlich nicht die Auseinan­der­set­zung über dieses Konzept führen, son­dern ori­en­tiert Euch bei der Kon­feren­z­pla­nung daran. Wir kön­nen hier nicht die Debat­te um „Crit­i­cal White­ness“ in aller Länge und Bre­ite führen, das würde den Rah­men dieses Briefes spren­gen. Wir möcht­en im Fol­gen­den nur anhand Eur­er Pro­gram­mankündi­gung auf einige prob­lema­tis­che Punk­te am Konzept der „Crit­i­cal White­ness“ hinweisen.
a) „Weiß“ vs. POC als zen­traler Antagonismus
Das Konzept der „Crit­i­cal White­ness“ beruht auf der Auseinan­der­set­zung mit dem Fortwirken des auf Kolo­nial­is­mus und Sklaverei rück­führbaren Ras­sis­mus in den USA. Zen­tral dafür ist nachvol­lziehbar­er Weise das Ver­hält­nis von Weißen zu POC (Peo­ple Of Colour). Die Über­nahme dieses Ansatzes in den deutschen Sprachraum geschieht jedoch in der Regel unter Außer­acht­lassen der spez­i­fis­chen his­torischen Voraus­set­zun­gen in diesem Teil der Welt.
Der Work­shop „Anti-faschis­mus und Anti-ras­sis­mus“ Eur­er Kon­ferenz wird z.B. fol­gen­der­maßen angekündigt: „Dieser Anti-ras­sis­mus/An­ti-faschis­mus Work­shop ver­flechtet die his­torischen Kon­texte von Ras­sis­mus mit Faschis­mus und legt offen, wie diese zwei Sys­teme der Unter­drück­ung Hand in Hand gear­beit­et haben, um sys­tem­a­tis­che Unter­drück­ung nicht-weißer Men­schen zu fördern und zu erhal­ten. Durch diesen Work­shop, welch­er speziell für weiße und als weiß iden­ti­fizierte Leute designed wurde, wer­den wir die vie­len Wieder­hol­un­gen dieser Mit­tel ansprechen und Wege, Ras­sis­mus sozial, poli­tisch und zwis­chen­men­schlich zu bekämpfen, bieten und brainstormen.“ 
Die Dichotomie zwis­chen Weißen/FaschistInnen auf der einen und POC/Opfern des Faschis­mus auf der anderen Seite, die hier aufgemacht wird, ist jedoch his­torisch nicht kor­rekt, ins­beson­dere dann nicht, wenn wir über den deutschen Faschis­mus, den Nation­al­sozial­is­mus reden.
Zum einen war die ganz über­wiegende Mehrzahl der Opfer des Nation­al­sozial­is­mus „weiß“ (selb­st wenn man, wie es einige Vertreter_innen der „Crit­i­cal White­ness“ tun, Jüd_innen als POC betra­chtet, bleibt die Mehrheit der Opfer des Nation­al­sozial­is­mus „weiß“). Mit dem Gen­er­alplan Ost existierte ein ras­sis­tis­ches Pro­gramm der Unter­drück­ung, Kolonisierung und Aus­rot­tung „weißer“ Men­schen, der Slaw­In­nen Osteu­ropas. Der anti­s­law­is­che Ras­sis­mus, der für die Geschichte des Ras­sis­mus in Deutsch­land dur­chaus grundle­gend ist, wird von den Vertreter_innen der „Crit­i­cal White­ness“ zumeist negiert.
Zum anderen haben ver­schiedene antikolo­niale Bewe­gun­gen von POC in Afri­ka und Asien das Bünd­nis mit den deutschen Nation­al­sozial­istIn­nen gesucht und manch­mal auch gefun­den. In Deutsch­land, das gegen die dama­li­gen Kolo­nial- und Welt­mächte Frankre­ich und Eng­land Krieg führte sahen sie einen Bünd­nis­part­ner im Kampf gegen eben diese Kolo­nialmächte. Die Ver­suche von Mit­gliedern dieser Bewe­gun­gen mit dem 3. Reich ein Bünd­nis zu schließen scheit­erten in eini­gen Fällen, führten in eini­gen Fällen zu eher the­o­retis­ch­er als prak­tis­ch­er Kol­lab­o­ra­tion, hat­ten aber auch die unmit­tel­bare Beteili­gung an nation­al­sozial­is­tis­chen Ver­brechen zur Folge.
b) „Kul­turelle Aneignung“ 
In let­zter Zeit sorgt das Konzept der „Cul­tur­al Appropriation“/“Kultureller Aneig­nung“ für Aufre­gung in linken und linksalter­na­tiv­en Kreisen. Auch hier habt Euch entsch­ieden, der Propagierung dieses Konzeptes Raum einzuräu­men. (Work­shop „Kul­turelle Aneignung“).
„Kul­turelle Aneig­nung“ an sich beschreibt einen im kap­i­tal­is­tis­chen Kon­text zwangsläu­fi­gen Prozess: wo alles Ware und damit han­del- und aus­tauschbar wird, wer­den es auch sakrale und sakral­isierte Prax­en, die gemein­hin als „Kul­tur“ ver­standen wer­den. Z.B. hat­te ein christlich­es Kreuz als Anhänger um den Hals getra­gen einst eine auss­chließlich religiöse Bedeu­tung. Heutzu­tage kann es sich dabei ein­fach um Mod­e­schmuck han­deln. Im Zuge des „Glob­al­isierung“ genan­nten Prozess­es geschieht dies nun auch mit „Kul­turen“ außer­halb Europas. Deren sakrale/sakralisierte Zeichen wer­den genau­so auf den inter­na­tionalen Markt der Pop­kul­tur gewor­fen, wie es auch dem christlichen Kreuz geschah.(Und auch anderen poli­tisch-kul­turellen Sym­bol­en. Wenn aus dem ital­ienis­chen Par­ti­sa­nen­lied Bel­la Ciao, das an die Toten im Kampf gegen die deutschen Inva­soren erin­nert ein Par­tykracher wird, ist das nix anderes.)
Es han­delt sich let­ztlich um einen kul­turellen Aus­druck dessen, was Marx und Engels 1848 im Kom­mu­nis­tis­chen Man­i­fest so beschrieben: „Die Bour­geoisie, wo sie zur Herrschaft gekom­men, hat alle feu­dalen, patri­ar­chalis­chen, idyl­lis­chen Ver­hält­nisse zer­stört. Sie hat die buntscheck­i­gen Feu­dal­bande, die den Men­schen an seinen natür­lichen Vorge­set­zten knüpften, unbarmherzig zer­ris­sen und kein anderes Band zwis­chen Men­sch und Men­sch übrigge­lassen als das nack­te Inter­esse, als die gefüh­llose ›bare Zahlung‹. Sie hat die heili­gen Schauer der from­men Schwärmerei, der rit­ter­lichen Begeis­terung, der spießbürg­er­lichen Wehmut in dem eiskalten Wass­er ego­is­tis­ch­er Berech­nung ertränkt. Sie hat die per­sön­liche Würde in den Tauschw­ert aufgelöst und an die Stelle der zahllosen ver­brieften und wohler­wor­be­nen Frei­heit­en die eine gewis­senlose Han­dels­frei­heit geset­zt. Sie hat, mit einem Wort, an die Stelle der mit religiösen und poli­tis­chen Illu­sio­nen ver­hüll­ten Aus­beu­tung die offene, unver­schämte, direk­te, dürre Aus­beu­tung geset­zt. Die Bour­geoisie hat alle bish­er ehrwürdi­gen und mit from­mer Scheu betra­chteten Tätigkeit­en ihres Heili­gen­scheins entk­lei­det. Sie hat den Arzt, den Juris­ten, den Pfaf­fen, den Poet­en, den Mann der Wis­senschaft in ihre bezahlten Lohnar­beit­er verwandelt.Die Bour­geoisie hat dem Fam­i­lien­ver­hält­nis seinen rührend-sen­ti­men­tal­en Schleier abgeris­sen und es auf ein reines Geld­ver­hält­nis zurück­ge­führt.
Die Vertreter_innen des Konzeptes der „Kul­turellen Aneig­nung“ behaupten stattdessen, dies wäre Aus­druck ein­er fort­dauern­den kolo­nialen Ausbeutung/Unterdrückung und glauben, diese Entwick­lung ließe sich vol­un­taris­tisch ver­hin­dern. Mit­tels moralis­ch­er Ver­bote ver­suchen sie diesen Prozess aufzuhal­ten und Insignien wie Dreads, Bindis, tra­di­tionelle Klei­dun­gen etc. exk­lu­siv für Men­schen aus deren ver­meintlichen Ursprungs­ge­sellschaften zu reservieren und deren sakralen Charak­ter dadurch zu ret­ten. Sie wollen also so gesprochen zurück zu den heili­gen Schauern der from­men Schwärmerei, der rit­ter­lichen Begeis­terung, der spießbürg­er­lichen Wehmut.
Nun kön­nte man sagen, ok, da wird halt ein gesellschaftlich­es Phänomen nicht richtig ver­standen und falsch kri­tisiert, was ist jet­zt das Prob­lem? Das Prob­lem aus unser­er Sicht liegt ganz ein­fach darin, dass die Verehrung „urspünglich­er Kul­turen“ und der Kampf gegen ihre Ver­mis­chung wun­der­bar mit dem recht­en Konzept des Ethno­plu­ral­is­mus vere­in­bar sind. Und außer­dem haben wir immer gedacht, es gehe beim Fem­i­nis­mus ger­ade auch darum, tra­di­tionelle Kul­turen und die ihnen imma­nen­ten Herrschaftsmech­a­nis­men aufzusprengen.
c) was wir vergessen haben 
Im Zusam­men­hang mit dem zuvor genan­nten Punkt ste­ht unser let­zter Kri­tikpunkt. Ihr entschuldigt Euch in Eur­er Pro­gram­mankündi­gung wortre­ich dafür, dass Ihr den antimus­lim­is­chen Ras­sis­mus nicht zum The­ma Eur­er Kon­ferenz gemacht habt und schreibt „Das Aus­gren­zen von muslim*ischen Men­schen in linken Räu­men und aus dem F_antifaschistischen Diskurs haben wir durch unsere Vergesslichkeit in unserem Pro­gramm fort­ge­set­zt. Dieses Silencing/“Stumm machen“ von mus­lim­is­chen F_antifaschisti*innen ist blöd von uns. Wir wer­den ver­suchen, das bei zukün­fti­gen Pro­jek­ten bess­er zu machen.“ 
Damit legt Ihr Men­schen, die von Ras­sistIn­nen als (ver­meintliche) Mus­lime diskri­m­iniert und ange­grif­f­en wer­den, auf eine mus­lim­is­che Iden­tität fest. Ihr ignori­ert, dass ger­ade auch Linke mit einem famil­iären mus­lim­is­chen Back­ground evt. von dieser Geschichte lösen wollen und eben keine Mus­lime mehr sein wollen.
Zum anderen gibt es aus unser­er Sicht ja dur­chaus auch gute Gründe, warum man Men­schen, die eine bes­timmte Form von mus­lim­is­chen Glauben prak­tizieren nicht in linken Räu­men haben will. Genau­so wie man sich ja auch nicht darum bemüht, Leute, die bes­timmte For­men von Chris­ten­tum prak­tizieren in linke Räume zu bekom­men – im Gegenteil.
Die pro­gres­sive Antwort auf die ras­sis­tis­che Diskri­m­inierung die (ver­meintliche) Mus­lime hierzu­lande erfahren, kann aus unser­er Ansicht nicht im Abstellen von Reli­gion­skri­tik und dem tiefen Respekt gegenüber religiösen Prax­en beste­hen, son­dern nur im gemein­samen Kampf für Ver­hält­nisse, in denen die Frei­heit der einzel­nen Per­son die Bedin­gung für die Frei­heit aller ist.
Soweit in aller Kürze unsere Kri­tik. Wir wün­schen Euch einen Kongress voller span­nen­der Debat­ten und freuen uns auf Eure Antwort.
Brigade Pol­di Cool
organ­isiert im Bünd­nis Madstop
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Antifaschismus Law & Order

Potsdam: Prozess gegen Antifaschisten

Viele Men­schen, die sich den Pogi­da-Nazis in den Weg stell­ten, müssen sich nun mit Ermit­tlungsver­fahren und Prozessen auseinan­der­set­zen. Oft wer­den sie wegen ange­blichen Wider­stands gegen Voll­streck­ungs­beamte kriminalisiert.
Wegen dieses Vor­wurfs ste­ht am Mon­tag, den 15. Mai 2017, ein Antifaschist vor dem Amts­gericht Pots­dam. Er soll am 24.02.2016 in Born­st­edt eine Polizeikette durch­laufen haben. Wir erin­nern uns: Damals zog eine große anti­ras­sis­tis­che Demo mit rund 1.000 Teilnehmer*innen Rich­tung Born­st­edt. Die Polizei störte diese Demon­stra­tion immer wieder. Es sollte offen­sichtlich ver­hin­dert wer­den, dass zu viele Leute nach Born­st­edt strömten, um die Nazis aufzuhal­ten. Die Polizei errichtete immer wieder Polizeis­per­ren, um die Nazigeg­n­er aufzuhal­ten. Durch so eine Sperre soll nun der von Repres­sion betrof­fene Antifaschist durchge­laufen sein. Mit Sitzblock­aden und vielfälti­gen Aktio­nen wurde dafür gesorgt, dass Pots­dam heute kein Auf­marschort für Pogi­da mehr ist. Die Polizei hinge­gen ver­suchte oft Proteste in Hör- und Sichtweite der Nazis zu unterbinden. Auch mit Knüp­pel- und Pfef­fer­sprayein­sätzen, oder wie in Born­st­edt, mit Het­z­jag­den und Polizeis­per­ren gegen Demonstrant*innen. In Babels­berg wurde nach ein­er Demo die Kneipe Nowawes durch eine Hun­dertschaft mit Knüp­peln gestürmt. Bei Kleinigkeit­en wur­den Demonstrant*innen in Gewahrsam genom­men und „erken­nungs­di­en­stlich“ behan­delt. Dabei hielt sich die Polizei selb­st nicht an die Geset­ze: im Falle des angeklagten Antifaschis­ten musste im Nach­hinein die Anord­nung zur erken­nungs­di­en­stlichen Behand­lung zurück­ge­zo­gen wer­den, es keine rechtliche Grund­lage dafür gab.
Proteste gegen Aufmärsche wie die von Pogi­da sind nötig: Politiker_innen aller Parteien nah­men im let­zten Jahr die recht­en Aufmärsche zum Anlass, Forderun­gen nach Asyl­rechtsver­schär­fun­gen nachzukom­men statt die Ide­olo­gien der Abschot­tung und des Ras­sis­mus zu bekämpfen. Der Ras­sis­mus der Wut­bürg­er wie auch seine Umset­zung in Poli­tik und Geset­ze hat tödliche Kon­se­quen­zen, an den Gren­zen Europas oder hier in Deutsch­land auf der Straße (allein 3.500 Angriffe auf Geflüchtete im Jahr 2016!). Vor diesem Hin­ter­grund ist es für alle, die nach wie vor an dem Prinzip der uni­ver­salen Men­schen­rechte fes­thal­ten, legit­im, den Weg des Wider­stands gegen die men­schen­feindliche Mei­n­ungs­bil­dung zu gehen. In Pots­dam scheit­erte Pogi­da an den vie­len Hun­derten Men­schen, die die Auf­marschrouten der Nazis block­ierten. In gesellschaftlichen Auseinan­der­set­zung um fun­da­men­tale Prinzip­i­en waren und sind Sitzblock­aden effek­tive Mit­tel, gesellschaftlichen Protest gegen demokratie- und men­schen­feindliche Entwick­lun­gen zu äußern.
So wurde Anfang der 80er in der BRD massen­haft gegen die Sta­tion­ierung von atom­waf­fen­fähi­gen Mit­tel­streck­en­raketen im Sitzstreik inter­ve­niert. Die Sitzblock­aden im Wend­land gegen die Cas­tor­trans­porte erzwan­gen ein Über­denken ein­er Energiepoli­tik, die mit ihrem radioak­tivem Risiko und Müll die Men­schheit bedro­ht. Wider­stand, der den Nazis buch­stäblich die Straße nimmt tritt direkt ihrem Anspruch auf Hege­monie über den öffentlichen Raum ent­ge­gen und set­zt ein wahrnehm­bares Zeichen gegen die gesellschaftliche Akzep­tanz des Ras­sis­mus. Wir sind froh, dass Pogi­da von der Straße ver­drängt wurde. Viele Leute haben monate­lang gegen die Nazis auf der Straße protestiert und block­iert. Nun sollen einige die Zeche dafür zahlen und unsin­nige Ermit­tlun­gen gegen sich aushalten.
Wir lassen sie dabei nicht allein und rufen auf, alle Men­schen, die wegen ihres Wider­standes gegen Pogi­da vor Gericht ste­hen zu unterstützen.
Mon­tag, 15. Mai 2017, 11 Uhr Saal 22 im Amts­gericht Pots­dam (Jäger­allee 10–12)

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Flucht & Migration

Erfolgreiche Klage gegen negativen Asylbescheid

Am 27. April fand am Ver­wal­tungs­gericht in Pots­dam die Ver­hand­lung von Erichs Klage gegen den ablehnen­den Bescheid des BAMF zu seinem Asy­lantrag statt. Neben dem Vor­sitzen­den Richter Kirkes leit­eten die Rich­terin Weiß und der Richter Pfen­nig diese Ver­hand­lung. Erich, der im ver­gan­genen Jahr aus Rus­s­land nach Deutsch­land geflüchtet war, war gemein­sam mit sein­er Berlin­er Antwältin Anna Gils­bach und einem Unter­stützer aus unser­er Gruppe zu diesem wichti­gen Ter­min in Pots­dam erschienen. Ein Jour­nal­ist und ein Vertreter von Queer­amnesty fol­gten unserem Aufruf zur Prozess­beobach­tung, herzichen Dank dafür.
Die Richter*innen bezo­gen sich bei ihrer Ein­schätzug der Sit­u­a­tion für Men­schen mit LGBTIQ*-Hintergrund in der Rus­sis­chen Förder­a­tion auf den im März diesen Jahres veröf­fentlicht­en Bericht des EU-Unter­stützungs­büros für Asyl­fra­gen (EASO) und hiel­ten diesen auch für erschöpfend. Sie stell­ten vor allem Fra­gen zu Erichs Aktiv­itäten für die rus­sis­che Social Media Plat­tform “Rain­bow love wins”, zu den Bedro­hun­gen und Anfein­dun­gen, denen Erich in Rus­s­land aus­ge­set­zt war, und zu seinem Mul­ti-Visum, mit dem er nach Deutsch­land ein­gereist war. Auch dass Hor­mon­ther­a­pi­en in Rus­s­land nur ille­gal und somit extrem risikobe­haftet möglich sind war Gegen­stand der rund zweiein­halb­stündi­gen Verhandlung.
Am Tag nach der Ver­hand­lung beka­men Erich und wir die Nachricht, dass Erich als Geflüchteter anerkan­nt wird. Für die schriftliche Urteils­be­grün­dung hat das Gericht bis zu fünf Monate Zeit. Wenn diese vor­liegt wer­den wir an dieser Stelle auch eine Ein­schätzung von Erichs Anwältin Anna Gils­bach, der wir im Namen von Erich für ihr Engage­ment ganz her­zlich danken, zu diesem Urteil veröf­fentlichen. Der Kampf für ein Bleiberecht für Erich war erfol­gre­ich und beweist ein­mal mehr, dass Entschei­dun­gen des BAMF nicht ein­fach hin­genom­men wer­den soll­ten. Sol­i­dar­ität, Öffentlichkeit­sar­beit und Ver­net­zung sind wichtige Instru­mente, um gemein­sam mit Men­schen wie Erich ihre Rechte einzu­fordern. Weit­ere Kämpfe wer­den fol­gen (müssen).

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Antifaschismus Gender & Sexualität

Herzstück F_Antifa

18342388_292036231249235_7010650312484268417_nINFORIOT Das „F“ ste­ht für Fem­i­nis­mus und ohne diesen kann Antifaschis­mus nicht beste­hen. Und ein Fem­i­nis­mus ohne Antifaschis­mus „läuft nicht“. Dies sind die Leitideen des F_antifa Kon­gress­es, der unter dem Mot­to „Vor jed­er guten Antifa ste­ht ein fettes F!“ vom 12. bis 14. Mai im frei­Land Pots­dam stat­tfind­en soll. In Vor­bere­itung auf das Woch­enende haben wir mit den Organisator*innen des dre­itägi­gen Kon­gress­es gesprochen.
IR: Auf eur­er Web­seite find­et sich eine Menge an Infor­ma­tio­nen zum Kongress und drum herum. Uns würde inter­essieren, was euch dazu bewegt hat, den Kongress zu organ­isieren und warum eure Wahl aus­gerech­net auf die Stadt Pots­dam gefall­en ist.
Trixi: Also erst­mal sind Fem­i­nis­mus und Antifaschis­mus Herzstücke unser­er poli­tis­chen Arbeit. Die Kom­bi F_antifa ist also qua­si PERFEKT.
Charles: In den 90ern gab es schon mal eine Rei­he von F_antifa Kon­gressen, die ist aber irgend­wann abgeris­sen. Der Kongress let­ztes Jahr in Ham­burg wurde im Vor­feld von vie­len als “Instanz” wahrgenom­men und dankbar begrüszt* und auch wir ken­nen uns teil­weise daher. Aus der f_antifaschistischen Moti­va­tion, die wir daraus mitgenom­men haben, ist dann der Wun­sch ent­standen, die The­men und die Ver­net­zung weit­erzu­tra­gen. Und auch Sachen anders zu machen, die wir auf dem Kongress in Ham­burg uncool fan­den. Die Entschei­dung, den Kongress in Pots­dam zu ver­anstal­ten, hat ganz prag­ma­tis­che Gründe: Die Initiator*innen wohnen und leben hier. Ausz­er­dem woll­ten wir es nicht in Berlin oder anderen (linken) Zen­tren wie Ham­burg oder Leipzig machen.
IR: Wie waren denn die anderen Reak­tio­nen auf eure Idee — bun­desweit, vor allem aber in Brandenburg?
Trixi: Wir haben span­nen­der­weise sehr unter­schiedliche Reak­tio­nen beobachtet: Das Feed­back aus Öster­re­ich, der Schweiz und bun­desweit, das wir mit­gekriegt haben, war super pos­i­tiv. Viele Men­schen sind schon ganz aufgeregt und voller Vor­freude. Bran­den­burg kön­nen wir nur schw­er ein­schätzen, da wir nicht über­all hin ver­net­zt sind. Hof­fentlich ändert sich das auf dem Kongress. WO wir ver­net­zt sind, sind wir zum einen auf Begeis­terung gestoßen
— und auch auf tatkräftige Unter­stützung bei Auf­bau, Work­shops und so. Zum anderen auf Skep­sis. Es gibt immer wieder Momente, in denen Leute uns irgendwelche Kom­pe­ten­zen absprechen. Wir fän­den es span­nend, daraus eine offene Diskus­sion zu machen: Wie kom­men wir zu ein­er soli­den kri­tisch-sol­i­darischen Prax­is, um Bran­den­burg ern­sthaft f_antifaschistisch rev­oluzzen zu kön­nen? Da ist noch Platz nach oben. Auch in Pots­dam selb­st waren/ sind die Reak­tio­nen sehr unter­schiedlich. Viele Men­schen freuen sich total und unter­stützen den Kongress hart, ins­ge­samt find­en wir die Reak­tio­nen aber eher mau und ver­hal­ten. Wir haben die Beobach­tung gemacht: Je lokaler, desto kri­tis­ch­er und abcheck­ender wird die Hal­tung, die Aktivist*innen Pro­jek­ten, die sie nicht selb­st ini­ti­iert haben, gegenüber ein­nehmen. Vielle­icht auch, weil mehr per­sön­lich­er Stis­sel im Spiel ist, donno.
Fri­da: Wer übri­gens das F_an­tifa-Plakat an der Busse über­malt hat und dort das “F” vor “Antifa” weggekritzelt hat, melde sich bitte unter fettesf@systemli.org bei uns. Dann krieg­ste aufs Maul!
IR: Das The­ma Fem­i­nis­mus scheint derzeit eine Hochkon­junk­tur zu erleben. Was zu beobacht­en ist. Das ist abso­lut über­wälti­gend und unter­stützenswert. Was erhofft ihr euch von dem Kongress?
Fri­da: Mehr davon! Mehr F_antifa! Mehr Kon­gresse, mehr Ver­net­zung, mehr Grup­pen, mehr Aktio­nen, mehr Selbstverständlichkeiten.
Charles: Wir waren uns schon rel­a­tiv am Anfang der Orga-Phase einig, dass die Stim­mung, die wir uns erhof­fen, von Empow­er­ment und Angriff geprägt sein soll.
Trixi: Ja, wir haben keine Lust auf so’n “Opfer-Kongress”, wo wir uns nur gegen­seit­ig erzählen, wie schlimm und hoff­nungs­los alles ist, und danach alle demo­tiviert und trau­rig und geschwächt nach Hause gehen.
Charles: Das Pro­gramm geht auch recht stark Rich­tung All­t­agsprax­is. Auf dem Kongress wird es mehrere Ple­na mit allen geben, es gibt Raum für Open Spaces, also ins­ge­samt einen gewis­sen DIY­Charak­ter (DIY = do it your­self). Schön wäre es, wenn sich die Teilnehmer*innen gegen­seit­ig Skills und Wis­sen für ihre weit­ere politsche Arbeit mit­geben kön­nen: So, dass Antifas fem­i­nis­tis­ch­er und Feminist*innen antifaschis­tis­ch­er werden.
IR: Bere­its let­ztes Jahr fand in Ham­burg ein ähn­lich­er F_antifa Kongress statt. Über­schat­tet wurde das Woch­enende jedoch von struk­turellen Prob­le­men der Antifa-Szene. Vor allem nicht-weiße Aktivist*innen fan­den sich auf dem Kongress nicht aus­re­ichend geschützt und gehört. Wie kön­nen wir von den Ereignis­sen aus Ham­burg ler­nen und wie sieht eur­er Strate­gie auf dem Kongress aus, um nicht die gle­ichen Fehler zu wiederholen?
Trixi: Einige von uns (weisze Per­so­n­en) waren in Ham­burg. Wir haben dort viel gel­ernt. Danke, dass F_antifas of Colour sich den Stress gemacht haben, zu inter­ve­nieren, Kri­tik offen zu äusz­ern, und durchzu­fight­en, dass es die Reflek­tion zu sys­tem­a­tis­chem und struk­turellem Ras­sis­mus in der Antifa/in fem­i­nis­tis­chen Com­mu­ni­ties gibt. Es ist natür­lich jet­zt etwas doof, das aus unser­er Posi­tion so zu sagen, weil erst­mal ja wieder Leute ver­let­zt wer­den mussten, damit weisze Aktivist*innen was ler­nen — aber die Diskus­sion in Ham­burg hat uns etwas beige­bracht. Und jet­zt sind wir trotz­dem gar nicht gefeit davor, ähn­liche Fehler zu machen, weil wir sind auch ein grösz­ten­teils weiszes Orgateam und uns begeg­nen immer wieder ras­sis­tis­che Denkmuster in unseren Köpfen und ras­sis­tis­che Hand­lungs­ge­wohn­heit­en. So intu­itive NICHT-Sol­i­dar­itäten und Maßstab­sver­schiebun­gen. Was wir ver­sucht haben, umzuset­zen: Es gibt einen Safer Space für PoC auf dem Kongress. Es hat mehrere antirassistische/intersektionale Work­shops, darunter auch “Antiracism and Antifas­cism” desi­gend für weisz-sozial­isierte Teilnehmer*innen. Wir haben die zutr­e­f­fende Kri­tik bekom­men, dass unser Pro­gramm zwar “Crit­i­cal White” ist, aber wir damit wieder nur Work­shops, in denen weisze Leute etwas ler­nen kön­nen, anbi­eten. Jet­zt haben sich noch Per­so­n­en gemeldet, die groszar­tiger­weise einen Work­shop zum Demon­tieren von inter­nal­isiertem Ras­sis­mus für PoC only machen bzw. über­legen eine Ver­net­zungsphase für FLTI of Colour only anzus­tiften. Ausz­er­dem haben wir ein­mal pro Tag Plenum für alle, um Unwohl­sein aufz­u­fan­gen. Und dann hof­fen wir auf eine solide Inter­ven­tion­skul­tur, wie in Ham­burg. Unser Claim am Anfang war: „Wir wollen NEUE Fehler machen. Wenn wir das schaf­fen, sind wir auf nem guten Weg.“
IR: Auf eur­er Home­page resümiert ihr, dass ihr es als eine Notwendigkeit erachtet „Sex­is­mus in der Antifa weit­er­hin offen­siv anzuge­hen“. Welche konkreten Maß­nah­men wollt ihr auf den Kongress ergreifen, um beispiel­sweise Dom­i­nanzver­hal­ten von „mack­ern­den Cis-Typen“ entgegenzuwirken?
Trixi: Wir wet­zen schon mal die Mess­er. Und es gibt Selbstverteidigungsworkshops.
Fri­da: Ern­sthaft: Wir wer­den ver­suchen, in dem Ein­führungsvor­trag eine Analyse anzu­bi­eten wie Mackrigkeit/Patriachat funk­tion­iert und eine lebendi­ge Inter­ven­tion­skul­tur vorzuschla­gen. Dann bauen wir auf Sol­i­dar­ität und poli­tis­che Erfahrung von teil­nehmenden F*antifas. Zudem sind einige Work­shops FLTI only, da wer­den Cis-Typen gar nicht erst rein­ge­lassen. Um Dom­i­nanzver­hal­ten langfristig ent­ge­gen zu wirken wer­den Work­shops zu Kri­tis­che Männlichkeit, zu Kon­sens, zu Reak­tion­s­möglichkeit­en auf sex­is­tis­che Machtscheisz… ange­boten. Und vielle­icht kann ja die eine oder andere im Work­shop „Mack­er weg­mod­erieren“ noch was dazu lernen. (;
IR: Nach und nach wird auf eur­er Home­page das Pro­gramm veröf­fentlicht und es scheint ein vielver­sprechen­des Woch­enende zu wer­den. Was sind eure per­sön­lichen High­lights, auf die ihr euch sehr freut und welchen Teil des Pro­gramms würdet ihr Aktivist*innen beson­ders ans Herz legen?
Charles: Naja jet­zt auf jeden Fall „Self care als F*antifaschistin“. Knapp am burn-out, oida.
Trixi: Wer Plenum macht wird umgebracht!!!
Fri­da: Prokrasti­na­tion bis zur Rev­o­lu­tion! Natür­lich liegt uns alles am Herzen, logo. Unser pro­gram­ma­tis­ch­er Aus­gangspunkt war: Wir machen das auf dem Kongress, worauf wir selb­st Bock haben. So ganz per­sön­lich hab ich richtig Lust klas­sis­che Antifa-Skills im Recherche Work­shop zu ler­nen. Und wir freuen uns auch riesig auf den geilen Scheisz der in den Open Spaces entste­hen wird. Also bringt mit, was immer ihr mit anderen Men­schen teilen wollt, ini­ti­iert Gespräch­skreise oder worauf ihr son­st so Bock habt. Wir sind ausz­er­dem sehr hap­py, dass wir tolle Men­schen gewin­nen kon­nten, bzw. Men­schen auf uns zuka­men, die einen “Braver space für Men­schen mit jüdis­ch­er Geschichte”, “Selb­stvertei­di­gungstrain­ing vom Rol­li aus” sowie “Col­lec­tive Heal­ing from Opres­sion (PoC only)”
anbieten.
Trixi: Ich bin schon richtig heiß auf “Basis­demokratis­che Gew­erkschaft­sar­beit als antifaschis­tis­che Per­spek­tive” von der FAU Dres­den und hof­fentlich eine Diskus­sion darüber, wie men­sch Gew­erkschaft­sar­beit fem­i­nis­tis­ch­er rock­en kann. Ich steh grad auf Struk­tur und Organ­iserung und radikale Gesamtscheisze-umwälzen-Ansätze.
Charles: Ich werde mir auf jeden Fall “How open are my polit­cal struc­tures for refugee women” von Women in exile and friends gön­nen und ein biss­chen Ökonomiekri­tik darf auch nicht fehlen. Beson­ders freuen wir uns auch über unser fettesf Polit-Kul­tur­pro­gramm, da gibt es z.B. eine Tanz-Per­for­mance zu Kör­per­nor­men in der NS-Zeit, einen queeren Kurz­filmabend und eine Vor­führungein­er Rom­n­ja JugendThe­ater­gruppe aus Berlin.
Fri­da: Wir sind selb­st sau-ges­pan­nt, was dann let­z­tendlich auf dem Woch­enende passiert und wie es Leuten geht und was daraus entste­ht. So Groszpro­jek­te sind ja immer auch ein biss­chen verun­sich­ernd. Unterm Strich wird’s FETT.
Vie­len Dank für das Interview!
Mehr Infos zu dem Kongress find­et ihr unter: http://fettesf.blogsport.eu/
*Anmerkung der Redak­tion: Die “sz” Schreib­weise entspricht der Schreib­weise, die sich die Inter­viewten Per­so­n­en aus­ge­sucht hat­ten und wird im Orig­i­nal übernommen.

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