Am 21. Dezember 2014 veröffentlichte Recherchen wiesen darauf hin, dass der langjährig aktive Neonazi Mike Turau beim Königs Wusterhausener Sportverein SC-Blau Weiss Schenkendorf 1931 e.V. als Jugendtrainer beschäftigt wurde. Darüber hinaus wies einer der offiziellen Vereins-Sponsoren, der Mittenwalder Bestattungsunternehmer Ronny Grunow, ebenfalls Verbindungen zu den sogenannten „Freien Kräften Königs Wusterhausen“ auf.
Als Belege für die Verbindungen beider Neonazis zum SC-Blau Weiss Schenkendorf, bezogen sich die Recherchen auf ein PDF-Dokument des Vereins vom 4. November 2014, in dem Mike Turau namentlich genannt wurde, sowie auf die vereinseigene Internetseite, auf der sowohl Mike Turau in der Rolle als Jugendtrainer, als auch Ronny Grunow als offizieller Sponsor bis dato präsentiert wurden.
Der Verein war hierzu bis heute zu keiner Stellungnahme zu erreichen. Lediglich die am 22. Dezember kommentarlos vorgenommene Löschung Mike Turaus von der Vereinshomepage und Ronny Grunows aus der Sponsorenliste zeigte, dass die Intevention ihre Adressat_innen nicht verfehlt hat. Dass der Verein im weiteren jedoch keine Stellungnahme abgibt, unter welchen Umständen und wie lange der stadtbekannte Neonazi-Funktionär Mike Turau in die Trainerverantwortung gelangen konnte, ebenso wie das Schweigen über die genaueren Umstände des Sponsorings durch den Mittenwalder Bestattungsunternehmer Ronny Grunow, lässt sich als Versuch deuten, Schadensbegrenzung zu betreiben. Eine ernsthafte Auseinandersetzung mit rechten Tendenzen im Vereinsleben des SC-Blau Weiss Schenkendorf sähe anders aus.
Autor: Finn
Recherche und Aktion — Nach uns vorliegenden Informationen trainiert Mike Turau die 2. E‑Jugend des Königs Wusterhausener Traditionsvereins SC-Blau Weiss Schenkendorf 1931 e.V. Der brandenburgische Sportverein beschäftigt damit einen langjährig aktiven Neonazi in der Kinder– und Jugendarbeit. Der Unterwanderung von Sportvereinen und Zivilgesellschaft durch Neonazis muss eine klare Absage erteilt werden.
Von „United Skins“ zu den „Freien Kräften“
Der in Königs Wusterhausen (KW) wohnhafte Mike Turau ist kein unbeschriebenes Blatt, sondern seit vielen Jahren für sein neonazistisches Engagement stadtbekannt. Bereits um das Jahr 2000 war er der KWer Neonazikameradschaft „United Skins“ zuzuordnen, die ihrerseits für Angriffe auf alternative Jugendliche, Migrant_innen und Obdachlose verantwortlich gemacht wurde. [1]
Als im Sommer des selben Jahres Carsten Szczepanski, Drahtzieher der lokalen Kameradschaftsszene, als V‑Mann des brandenburgischen Verfassungsschutzes enttarnt wurde, reagierte die Szene in KW und Umgebung mit einigen Jahren der organisatorischen Schwäche. Allerdings sollte dies nicht darüber hinweg täuschen, dass es in der Region auch in den Folgejahren noch zu einigen Aufsehen erregenden Gewalttaten kam: Hier seien unter anderem die Molotovcocktailwürfe auf ein Romalager und das antifaschistische Festival „Le Monde et a nous“ im Jahre 2001, der Brandanschlag auf das Auto eines Polizisten und eine, ebenfalls im Jahr 2005 durch einen Neonazi verübte Attacke mit einer abgebrochenen Glasflasche auf einen jungen Punk zu nennen. Es sollte klar sein, dass Neonazis keine festen Organisationsstrukturen benötigen, um ihr menschenverachtendes Weltbild in die Tat umzusetzen, auch wenn staatliche Behörden die Gefahr, die von unorganisierten Neonazis ausgeht, oftmals bagatellisieren.
Exkurs: Verfassungsschutz aufgeflogen
Als der Fall des V‑Mann „Piatto“ im Jahr 2000 öffentlich wurde, zeigte sich der Fatalismus des bundesdeutschen V‑Mann-Wesens in aller Deutlichkeit. Mit der Enttarnung von Carsten Szczepanski als V‑Mann „Piatto“ des Brandenburgischen Verfassungsschutzes wurde offensichtlich, dass der Geheimdienst jahrelang seine schützende Hand über einen der regionalen Drahtzieher der brandenburgischen Neonaziszene gehalten hatte. Obwohl gegen ihn damals schon u.a. ein Verfahren wegen Gründung einer terroristischen Vereinigung lief und er wegen eines rassistischen Mordversuchs in Untersuchungshaft saß, sorgte der Verfassungsschutz für seine vorzeitige Haftentlassung und unternahm nichts, als dieser weitere militante Neonazistrukturen aufbaute. „Piatto“ hingegen erhielt Hafterleichterungen, finanzielle Zuwendungen in Höhe von 70.000 Mark und behördliche Rückendeckung. Folglich reorganisierte er die lokalen Strukturen der NPD, gab noch aus der Haft ein Fanzine der militanten Neonaziszene heraus, veranstaltete Blood&Honour-Konzerte und handelte, wie nach seiner Enttarnung hochkam, auch noch mit Waffen.
Im Jahr 2005 gehörte Turau schließlich zu einem neu gegründeten, losen und hauptsächlich durch Freundschaften getragenen Netzwerk von etwa 15 Neonazis aus KW und Umgebung [2], die erneut in die Öffentlichkeit traten: die „AG_KWh“. Neben der gemeinsamen Teilnahme an Aufmärschen unterhielt man schon zu jener Zeit enge Kontakte nach Berlin, insbesondere zu Mitgliedern der frisch verbotenen „Berliner Alternative Süd-Ost“ (BASO) und „Kameradschaft Tor“ (KS-Tor) [3]. Dabei handelte es sich um Strukturen, die später überwiegend im Berliner Neonazi-Netzwerk „Nationaler Widerstand Berlin“ (NW-Berlin) aufgehen sollten, zu dem Turau auch heute noch enge Kontakte pflegt.
2006 verfestigte sich die Struktur der KWer Neonazis unter dem Label „Freie Kräfte Königs Wusterhausen“ (FK-KWh). Neben Mike Turau und anderen, gehörte fortan auch ein gewisser Ronny Grunow zu den Aktiven [4]. Auf den Bestattungsunternehmer aus dem Ortsteil Mittenwalde, soll im Text später noch eingegangen werden.
Anfangs mit Sprühereien im Stadtgebiet und durch gemeinsame Auftritten bei Neonaziaufmärschen, machten die FK-KWh bald auch durch Einschüchterungsversuche und offensichtliche Gewaltbereitschaft auf sich aufmerksam. So versuchten zehn Neonazis aus dem Umfeld der FK-KWh am Abend des 25. Mai 2007 ein Punkkonzert KWer Stadtjugendring anzugreifen. Nach einem ersten Angriffsversuch, bei dem Wurfgeschosse in Richtung des Veranstaltungsortes geworfen wurden, folgte nach einer halben Stunde ein weiterer, der jedoch abgewehrt werden konnte. Neben dem Königs Wusterhausener NPD-Vorsitzenden Michael Thalheim, der auf dem Rückzug den Hitlergruß zeigte, wurde in dem Parolen rufenden Mob auch Mike Turau identifiziert. [5]
Am 11. August 2008 verfolgte Mike Turau, in Begleitung von Benjamin Weise, der im selben Jahr im Landkreis für die NPD kandidierte, drei Antifaschist_innen in ihrem PKW durch KW. An einer Ampel versuchten die beiden Neonazis die Scheiben des PKW mit Teleskopschlagstöcken einzuschlagen. Nur durch schnelle Flucht gelang es den Angegriffenen eine weitere Eskalation zu vermeiden. [6]
Zur gleichen Zeit intensivierten die FK-KWh ihre Teilnahme an überregionalen Aufmärschen, wie z.B. am 1. Mai 2008 in Hamburg oder am 23. August des selben Jahres in Quedlinburg (Sachsen-Anhalt). Auch eigene Versammlungen wurden organisiert, so z.B. am 21. August 2008 in KW. Am 24. Januar 2009 hielt Turau auf einem Aufmarsch Freier Kameradschaften in Brandenburg/Havel einen Redebeitrag der FK-KWh. Thematisch hetzte er gegen „Linke“, sowie das „raffende“ und „heimatzerstörende“ Kapital.
Nur drei Tage später, am 27. Januar 2009, dem Jahrestag der Befreiung des KZ Auschwitz, versuchten sechs Neonazis aus dem Umfeld der FK-KWh eine Gedenkveranstaltung an die Opfer des Faschismus in Königs Wusterhausen zu stören. Während ein Teil der Gruppe rechte Parolen rief, versuchte Mike Turau die Teilnehmer_innen der Gedenkveranstaltung abzufotografieren. [7] Turaus anhaltende Anti-Antifa-Tätigkeit brachte ihm im Jahre 2013 eine Bewährungsstrafe ein. Nach drei Verhandlungstagen sah es das Amtsgericht Königs Wusterhausen als erwiesen an, dass Turau am 18. September 2010 einen freien Journalisten in Berlin-Schöneweide abfotografiert und dessen Portrait anschließend auf der Internetseite der FK-KWh veröffentlicht hatte. Derartige „Anti-Antifa“-Tätigkeiten stellen für Neonazis keinen Selbstzweck dar, vielmehr sind sie Mittel zur Einschüchterung und Vorbereitung von Gewalttaten gegenüber vermeintlichen und tatsächlichen politische Gegner_innen.
Anbindung an die Berliner Neonaziszene
Spätestens seit 2011 übernimmt Turau zunehmend logistische Aufgaben auf Veranstaltungen des Berliner Neonazinetzwerks NW-Berlin, in enger Verflechtung mit der Berliner NPD. Neben Anti-Antifa-Aktivitäten und Ordnerdiensten auf Kundgebungen und Parteitagen, tritt Turau mittlerweile regelmäßig als Fahrer des Lautsprecherwagens der Berliner NPD in Erscheinung.
Am 14. Mai 2011, versuchte der NW-Berlin im Zuge seiner „Ausländer raus!“-Kampagne einen Aufmarsch in Berlin-Kreuzberg durchzuführen. Noch im U‑Bahnhof veranstalten die Neonazis eine Hetzjagd auf Migrant_innen. Wenig später attackierten sie unter den Augen der Polizei eine kleine Gruppe an Gegendemonstrant_innen. Mike Turau befand sich unter den 120 Neonazis, die konspirativ aus dem gesamten Bundesgebiet angereist waren. Drei Monate später, am 13. August, fuhr Mike Turau den Lautsprecherwagen während einer NPD-Kundgebung in Berlin-Prenzlauer Berg. Das gleiche Bild gab es am 17. Juni 2012 während einer NPD-Kundgebung in Berlin-Friedrichshain.
In seiner Funktion als Ordner bei einer NPD-Saalveranstaltung Berlin-Gropiusstadt, bedrohte er am 16. Februar 2013 anwesende Pressevertreter_innen ohne, dass die Polizei eingriff. Am 14. April 2013 gehörte Mike Turau zum Kreise von acht NPD’ler_innen, die in Berlin-Tiergarten mit Megaphon und einem Transparent eine Kleinst-Kundgebung abhielten. Die Reden hielten die NPD-Funktionär_innen Maria Fank und Andreas Storr. Auf einer Kundgebung am 8. Mai 2013 in Berlin-Karlshorst kümmerte sich Turau gemeinsam mit NPD-Landeschef Sebastian Schmidtke um den Aufbau der Technik, anschließend nahm er an einer NPD-Kundgebung in Königs Wusterhausen teil. Während einer NPD-Kundgebungstour am 13. Juli 2013 war Turau in Hellersdorf, Reinickendorf, Spandau und Marienfehle als Ordner tätig.
Während einer NPD-Kundgebung am 20. August 2013 in Berlin-Hellersdorf attackierte Turau in seiner Funktion als Ordner eine Reporterin des Berliner Kuriers, außerdem steuerte er den NPD-eigenen Lautsprecherwagen. Das gegen ihn eingeleitete Verfahren wegen Körperverletzung dauert derzeit noch an. Gemeinsam mit dem ebenfalls in KW ansässigen Benjamin Weise und weiteren bekannten Berliner Neonaziaktivist_innen, trat Mike Turau am 8. Februar 2014 während einer weiteren NPD-Kundgebungstour als Ordner in Erscheinung.
Jugendtrainer beim SC-Blau Weiss Schenkendorf
Mit Mike Turau beschäftigt der Königs Wusterhausener Fußballverein „SC-Blau Weiss Schenkendorf 1931 e.V.“ einen langjährigen und stadtbekannten Neonazi im Bereich der Kinder– und Jugendarbeit mit Sechs– bis Zehnjährigen. Ein PDF-Dokument des Vereins („Stand: 04.11.2014“) zeigt, dass Mike Turau mindestens seit November 2014 als offizieller Trainer in Erscheinung tritt. Auch bei der Wahl der Sponsor_innen hat man bei dem brandenburgischen Sportverein offenbar keinerlei Berührungsängste. So tritt u.a. das Bestattungshaus Grunow als offizieller Sponsoringpartner des Vereins in Erscheinung.
„Bestattungshaus Grunow“, Sponsor mit fragwürdiger Vorgeschichte
Der an vorhergehender Stelle bereits erwähnte Inhaber Ronny Grunow trat spätestens ab 2008 öffentlich als aktives Mitglied der FK-KWh in Erscheinung, was ihm seinerzeit eine Erwähnung in der antifaschistischen Recherchezeitschrift „Fight Back“ einbrachte. [8]
Grunow war nicht nur regelmäßig mit Mike Turau und weiteren KWer Neonazis auf Nazi-Aufmärschen unterwegs. Im April 2008 beteiligte er sich an einer gewalttätigen Einschüchterungsaktion gegenüber einem Antifaschisten im KWer Ortsteil Zernsdorf. Zuerst verteilten Grunow und weitere Neonazis diffamierende Flugblätter in der Nachbarschaft. Anschließend suchten sie dessen Grundstück auf, beschossen es mit Signalmunition und versuchten unter Rufen wie „Jetzt bist du dran!“ zum Haus vorzudringen. Glücklicher Weise scheiterten sie am Hoftor und der Gegenwehr des Betroffenen. Noch bevor sie ihren Angriff beendeten, zog einer der Neonazis eine Gaspistole und schoss aus nächster Nähe in Richtung des Angegriffenen. [9]
Auch wenn die letzten dokumentierten Aktivitäten Grunows bereits einige Jahre zurück liegen, scheint er sich bis heute nicht vom brauen Milieu gelöst zu haben. In der Facebook-Freundesliste Grunows finden sich heute dutzende offen auftretende Neonazis. Unter den Profilen mit offenen Bekenntnissen zu neonazistischen Gruppen wie der Nazicliuqe „Aryan Blood Brothers Brandenburg“, sogenannten Nein-zum-Heim-Initiativen und den „Freie Nationalisten“, finden sich auch Profile von Mitte der 2000er Jahre namentlich bekannt gewordenen Aktivisten der AG– bzw. FK-KWh, wie z.B. Thomas Heuchler und Daniel Mantai wieder, die ihre rechte Gesinnung auch 2014 noch offen zur Schau stellen.
„Browntown“ Königs Wusterhausen, ein blinder Fleck?
Seit Anfang der 1990er Jahre genießt die 35.000-Einwohner_innenstadt südöstlich von Berlin verdientermaßen den Ruf eines „Browntowns“, eines Rückzugsraums für Neonazis. Wie auszugsweise geschildert, konnte sich in der Region eine aktive Neonaziszene über Jahre hinweg weitgehend ungehindert entfalten. Neben der schützenden Rolle des Staates, dessen V‑Mann Carsten Szczepanski durch die 1990er Jahre hindurch beim Ausbau der Szene eine besonders unrühmliche Rolle spielte, konnten sich die dominant auftretenden Neonazis auch auf die Ignoranz und die stille Duldung weiter Teile der KWer Zivilgesellschaft verlassen. Wenn sich überhaupt Widerspruch regte, schwang nicht selten schon eine gehörige Portion Angst um den Standort, um „den Ruf der Stadt“ mit. In den seltensten Fällen aber eine fundierte antifaschistische Haltung, die sich nicht in kurzweiliger Symbolpolitik erschöpfte. Gab es bis Ende der 2000er Jahre noch antifaschistisch aktive Gruppen und Einzelpersonen, denen es von Zeit zu Zeit erfolgreich gelang, ein Schlaglicht auf die Aktivitäten der rechten Szene in und um KW und den vorherrschenden gesellschaftlichen Konsens zu richteten, so scheint es mittlerweile, dass die Region seit dem Wegbrechen dieser Strukturen ein weitgehend blinder Fleck geworden ist.
Dabei zeigt nicht erst, dass wie im Fall von Mike Turau ein langjähriger und stadtbekannter Neonazi in einem Sportverein auf Kinder losgelassen wird, dass die Beschäftigung mit der Region noch immer angebracht ist. Auch der Zuzug einer Reihe von Neonazis wie René Bethage (ex– BASO) und Andreas Thomä (NW-Berlin) nach KW, das KWer Nazi-Modelabel „Erik and Sons“, die Zusammenarbeit von KWer Neonazis wie Mike Turau, Manuel Arnold und Benjamin Weise mit Berliner Strukturen und die noch immer regen Aktivitäten von NPD Dahmeland, Freien Kräften und anderen Neonazizusammenschlüssen in der Region, sollten von Antifaschist_innen nicht auf die leichte Schulter genommen werden.
[1] fight.back 03 — Antifa-Recherche Berlin-Brandenburg, Februar 2006, S. 39
[2] ebd. S. 41
[3] ebd. S. 40
[4] fight.back 04 — Antifa-Recherche Berlin-Brandenburg, Mai 2009, S. 70
[5] Chronik rechter Aktivitäten, Autonome Antifa Königs Wusterhausen — Eintrag vom 25. Mai 2007
[6] Chronik rechter Aktivitäten, Autonome Antifa Königs Wusterhausen — Eintrag vom 11. August 2008
[7] Chronik rechter Aktivitäten, Autonome Antifa Königs Wusterhausen — Eintrag vom 27. Januar 2009
[8] fight.back 04 — Antifa-Recherche Berlin-Brandenburg, Mai 2009, S. 70
[9] Chronik rechter Aktivitäten, Autonome Antifa Königs Wusterhausen — Eintrag vom 10. April 2008
Flüchtlingsrat Brandenburg kritisiert den Schlingerkurs der neuen Landesregierung zur AsylbLG-Novelle scharf
Statt, wie öffentlich angekündigt, das neue diskriminierende Asylbewerberleistungsgesetz im Bundesrat abzulehnen, hat sich die rot-rote Koalition enthalten. Nun begrüßt der brandenburgische Innenminister Schröter den faulen Kompromiss der Länder. Das Gesetz schreibt die medizinische Minimalversorgung und andere Diskriminierungen von Flüchtlingen fort, genau so wie die Zuständigkeit der Länder für alle Kosten.
“Mit der heute abgeschlossene Vereinbarung haben die Ländern das Menschenrecht der Flüchtlinge auf gesundheitliche Gleichbehandlung gegen kurzfristig bemessene Finanzzusagen des Bundes verkauft”, sagte Ivana Domazet vom Flüchtlingsrat Brandenburg. Dass der neue Brandenburger Innenminister Schröter den faulen Kompromiss nun positiv bewertet, sei besonders absurd, nachdem das Sozialministerium noch vor wenigen Tagen den Gesetzentwurf scharf kritisierte und für „nicht zustimmungsfähig“ erklärte. Schon wenige Wochen nach Regierungsantritt zeigt sich die Unvereinbarkeit einer menschenrechtsorientierten Flüchtlingspolitik mit dem Wirken des Innenministers Karl-Heinz Schröter.
Schon in der letzten Legislaturperiode schrieb sich die rot-rote Landesregierung die Abschaffung des Asylbewerberleistungsgesetzes auf die Fahnen. Erstens, weil es festschreibt, dass die Länder für die Kosten, einschließlich der Hilfe zum Lebensunterhalt aufkommen müssen und zweitens, weil es dafür sorgt, dass Flüchtlinge medizinische Behandlungen, die über Akutversorgungen hinausgehen, in jedem Einzelfall mühsam erkämpfen müssen, wenn es ihnen überhaupt gelingt, angemessene Behandlung zu bekommen. Angesichts dessen sind Aussagen von Herrn Schröter zynisch, der geschlossene Kompromiss gehe zugunsten betroffener Flüchtlinge. Hier wurde ein Grundrecht gegen ein anderes ausgespielt.
Die vom Bund bei diesem Kuhhandel gemachte Finanzzusage von 1 Milliarde Euro für die Aufnahme und Unterbringung von Flüchtlingen gilt für den Zeitraum 2015 bis 2016. Die vereinbarten Gesetzesverschärfungen werden hingegen über viele Jahre ihre diskriminierenden Wirkungen im Leben von Asylsuchenden und MigrantInnen entfalten. Hätte man im Bundesrat an der Ablehnung des Gesetzes festgehalten, wäre darüber hinaus ohnehin der Bund für einen Großteil der Leistungen zuständig geworden – und das nicht nur für zwei Jahre, sondern langfristig.
Die AsylblG-Novelle pfeift weitgehend auf das Urteil des Bundesverfassungsgerichts aus 2012. Auch künftig soll gelten, dass an unbefristeten Leistungseinschränkungen und Sanktionen, entwürdigenden Sachleistungen und einer ggf. lebensgefährlichen Minimalmedizin festgehalten wird. Die Behörden können faktisch nach Belieben entscheiden, in welcher Höhe sie Leistungen kürzen. Dies stellt einen verfassungswidrigen Eingriff in das Grundrecht auf ein menschenwürdiges Existenzminimum dar.
Der Entwurf der Änderung zum Freizügigkeitsgesetz soll mit den Instrumenten von Wiedereinreisesperren und Kurzbefristungen des Aufenthalts zur Arbeitssuche den europäischen Gedanken eines Raums der Freiheit und des Rechts auch für grenzüberschreitend Arbeit und Zukunft Suchende konterkarieren.
Beim heutigen Pressetermin zum Sinterklaas-Fest hat der Veranstalter erklärt, dass er die rassistische Darstellung der Figuren des „Zwarte Piet“ (Schwarzer Peter) beibehält und mehrere dieser Figuren beim Umzug am 13. und 14. Dezember durch die Stadt Potsdam laufen lassen will.
Anfang Oktober wandte sich die Antidiskriminierungsberatung Brandenburg, angesiedelt beim Vereins Opferperspektive, an die Stadt Potsdam, weil mehrere schockierte Beschwerden über das vom “Förderverein zur Pflege Niederländischer Kultur in Potsdam” geplante „Sinterklaas Fest“ bei ihr eingegangen waren. Auf diesem Fest will der Verein mehrere Figuren der sogenannten „Zwarten Pieten“ (Schwarzer Peter auf niederländisch) auftreten lassen. Es handelt sich dabei um weiße Schausteller, die schwarz angemalt, mit großen Lockenperücken, übergroßen rot geschminkten Lippen, großen goldenen Ohrringen und in eine Art Narrengewand gekleidet durch die Potsdamer Straßen laufen und zur Erheiterung der Zuschauer beitragen sollen. Sie sollen die „Helfer“ des weißen Sinterklaas darstellen, der mit dem Schiff in Potsdam ankommt und dann mit ihnen von der Anlegestelle durch Potsdam zieht.
Diese Präsentation ist eine Nachahmung kolonialer Figuren, die schwarze Menschen in entwürdigender, lächerlich machender Art und Weise darstellt. Es gibt seit Jahren international Proteste dagegen und ein Amsterdamer Verwaltungsgericht wertete die Figuren als eindeutig diskriminierend.
Wir haben vor 5 Wochen die Verantwortlichen in der Stadtverwaltung auf all das aufmerksam gemacht und den Veranstalter um ein Gespräch gebeten, um Vorschläge zu unterbreiten, wie zum Beispiel nach Vorbildern aus
Holland, die Figuren in kreativer Weise bunt oder ganz anders darzustellen, um eine rassistische Herabwürdigung zu vermeiden, die schließlich auch dem Image der Stadt Potsdam widersprechen würde, die sich — auch bei diesem Fest — tolerant und weltoffen präsentieren will.
Der Veranstalter hat auf unser Gesprächsangebot nicht reagiert. Die Stadt bemüht sich auch, zu erreichen dass es nicht zu einer rassistischen Darstellung der Figuren kommt. Gestern Nachmittag erfuhren wir kurzfristig durch die Stadtverwaltung, dass der Veranstalter heute früh eine Presseerklärung verlesen wird. Uns selbst hat der Veranstalter davon nicht in Kenntnis gesetzt.
Der Verein, vertreten durch den Vorstandsvorsitzenden Hans Göbel, erklärte bei seinem heutigen Pressetermin, es sei ihm bekannt, dass es bereits seit den 1970er Jahren Proteste gegen die „Zwarte Pieten“ in den Niederlanden gibt und dass auch hier in Potsdam Gruppen und Privatpersonen Kritik geübt hätten. Die Kritik, dass der Verein eine rassistische Darstellung betreibe, hätte ihn also nicht überrascht. Jedoch: das würde der Verein nicht so sehen und weil man die Figuren nicht rassistisch meine, könnten sie auch nicht rassistisch sein und erst Recht kein Verstoß gegen die UN-Anti-Rassismus-Konvention. Man betrachte die vorgebrachte Kritik als Einzelmeinungen und wenn sich Menschen durch die „Zwarten Pieten“ verletzt fühlten, seien das „Befindlichkeiten“, auf die sie „keine Rücksicht nehmen“ oder deswegen ihre „kulturellen Traditionen ändern“ würden. Wer sich dadurch gestört fühle, könne Potsdam ja während der Veranstaltung fern bleiben.
Damit blieb der Veranstalter ganz auf seiner bisherigen Linie, auf die seit Wochen zum Teil öffentlich geäußerte Kritik, unter anderem von den Gruppen Postkolonial Potsdam und Pan-African Women’s Empowerment & Liberation Organisation (PAWLO) e.V., oder auf unsere Gesprächsaufforderung nicht zu reagieren und sich nicht auseinanderzusetzen.
Es wäre ein Leichtes, sich kreative andere Formen der Darstellung zu überlegen und die Figuren anders zu gestalten. Der Verein hat dies heute ausdrücklich und mit großem Selbstbewußtsein verweigert. Er will lediglich zusätzlich zu den althergebrachten Figuren auf dem Fest auch ein paar Figuren herumlaufen lassen, die nicht wie beschrieben geschminkt, sondern “nur” rußverschmiert auftreten. Es wird aber wie geplant eine große Anzahl der üblichen „Zwarten Pieten“ durch Potsdam laufen und damit in menschenverachtender Weise zur Reproduktion rassistischer Bilder in der Potsdamer Öffentlichkeit beitragen.
Die Stadt Potsdam ist seit dem Jahr 2006 Mitglied in der Europäischen Städtekoalition gegen Rassismus und hat sich verpflichtet, alles zu tun, um Rassismus abzubauen. Wir fordern die Stadtverwaltung dazu auf, dem Veranstalter die Auflage zu machen, Darstellungen, die Menschen entwürdigen und die Rassismus befördern, zu unterlassen.
Flüchtlingsfrauen erleben tagtäglich strukturelle Gewalt:
Sie werden durch ein Leben in Sammelunterkünften mit Essenspaketen oder Gutscheinen entwürdigt und entmündigt. Sie leiden darunter, um jede Krankenbehandlung für sich oder ihre Kinder beim Sozialamt betteln zu müssen. Auch durch Arbeitsverbote und mangelnde Möglichkeiten Deutsch zu lernen werden asylsuchende Frauen ausgegrenzt und ans Haus gefesselt. Viele Flüchtlingsfrauen warten jeden Tag auf ihre Abschiebung in andere europäische Länder wegen „Dublin III“. Das bedeutet sie werden wie Stückgut durch ganz Europa hin und her geschickt und können sich nie sicher fühlen.
Als Frauen sind sie aber auch mit Gewalt gegen Frauen konfrontiert, eine der häufigsten Menschenrechtsverletzungen weltweit.
Dieses Schicksal teilen sie mit vielen Frauen auf der ganzen Welt. Gleichzeitig werden Flüchtlingsfrauen durch die Unterbringung in Lagern vor Gewalt noch weniger geschützt, als andere Frauen.
Schutz und Hilfe vor Gewalt gegen Frauen?
Asylsuchende Frauen erhalten wenig oder keine Information über die Rechtslage und Hilfsangebote. Das Personal in den Sammelunterkünften verhält sich oft unsolidarisch oder ist überfordert und häufig schlecht informiert.
Eine junge Frau wird von ihrem Ex-Partner, der in derselben Unterkunft lebt, schwer misshandelt und bedroht. Sie wendet sich hilfesuchend an MitarbeiterInnen des „Heims“ und bekommt den „Rat“, sie solle sich zu ihrem Schutz in ihrem Zimmer einschließen. Für ihren Schutz während der Benutzung der Gemeinschaftsküche und der Sanitärräume fühlt sich vom Personal der Unterkunft niemand zuständig.
Hinzu kommt, dass asylsuchende Frauen ihren Alltag und ihre Lebensperspektiven in einem Ämterdschungel organisieren müssen, der für sie schwer zu durchschauen ist: Hausordnung, Gutscheine, Unterbringung in Sammelunterkünften, Residenzpflicht, Wohnsitzauflage, Arbeitserlaubnis oder Arbeitsverbot, Asylverfahren, Aufenthaltserlaubnis oder Abschiebung… Jedes individuelle und existenzielle Bedürfnis von Asylsuchenden wird von Behörden oder von vermeintlichen oder tatsächlichen Autoritäten verwaltet. Ob Waschschutz, Heimleitung, Sozialamt, Ausländerbehörde, Jugendamt, Polizei oder Beratungsstelle …welche dieser Autoritäten für was zuständig ist, ist für Asylsuchende nur schwer zu durchschauen und nur selten werden sie als unterstützend erlebt. Umso schwerer fällt es asylsuchenden Frauen, sich vorzustellen, dass eine dieser Autoritäten oder Institutionen für ihren Schutz zuständig sein könnte.
Tatsächlich scheinen sich Behörden oder Institutionen auch oft nicht zuständig zu fühlen. Denn häufig ist die Aufnahme in ein Frauenhaus an eine Finanzierungszusage des Sozialamts geknüpft, die wiederum unter Bezugnahme auf das Asylbewerberleistungsgesetz, die Residenzpflicht oder die Wohnsitzauflage verweigert werden kann.
Eine alleinerziehende Asylsuchende flieht aus Angst vor den gewalttätigen Übergriffen ihres 17-jährigen Sohnes zunächst zu einer Freundin und versucht dann telefonisch einen Platz in einem Frauenhaus zu bekommen. Nach zahlreichen Telefonaten hat sie endlich Tage später ein Frauenhaus in einem anderen Landkreis gefunden, das Platz für sie hat. Das zuständige Sozialamt verweigert die Finanzierung, deshalb wird sie nicht aufgenommen. Wochen später nimmt ein Berliner Frauenhaus sie zunächst auf und teilt ihr dann aber unter Verweis auf die Residenzpflicht und die bestehende Wohnsitzauflage mit, sie könne nur bis Ende des Monats bleiben. Das zuständige Jugendamt verlangt die Rückkehr der Mutter in die Sammelunterkunft und blockiert alle Anträge auf Umverteilung. Die betroffene Frau “wohnt” daraufhin monatelang mal hier mal da bei Freundinnen.
Wer schlägt, muss gehn?
In der brandenburger Behördenpraxis werden wesentliche Bestandteile des Gewaltschutzgesetzes in Sammelunterkünften nicht eingesetzt und asylsuchende Frauen bleiben damit ungeschützt.
Zum einem erlässt die Polizei in der Regel keine Schutzanordnungen, die den Gewalttäter vorübergehend aus dem gemeinsamen Haushalt mit dem Opfer, in diesem Fall in einer Sammelunterkunft, weg weist.
Und zum anderen sehen bürokratische Regelungen der Landesregierung eine dauerhafte sichere räumliche Trennung von Täter und Opfer, nur dann vor, wenn das Opfer in einen anderen Landkreis umverteilt werden möchte.
Diese Praxis steht aus unserer Sicht in eklatanten Widerspruch zum Gewaltschutzgesetz und häufig auch dem Kindeswohl.
Potsdam: Eine schwangere Frau mit zwei kleinen Kindern muss durch mehreren Frauenhäusern des Landes wechseln, ehe sie mit den Kindern schließlich, nach der Eröffnung einer Gemeinschaftsunterkunft für Frauen, in Potsdam untergebracht werden kann. Der gewalttätige Ehemann verbleibt die ganze Zeit in der Gemeinschaftsunterkunft. Seine Umverteilung in eine andere Unterkunft in einen anderen Landkreis ist nach Rechtsauffassung der Ausländerbehörde und des Innenministeriums nur auf seinen eigenen Wunsch hin möglich.
Deshalb fordern wir von Politik und Verwaltung Maßnahmen zum Schutz von asylsuchenden Frauen:
» Jede Frau hat ein Recht auf Schutz vor Gewalt! Institutionen, die Unterstützung für betroffene Frauen anbieten, müssen mit ausreichend Mitteln ausgestattet werden, um ihre Angebote auch auf asylsuchende Frauen auszurichten. Es muss gewährleistet werden, dass alle von Gewalt betroffenen Frauen – unabhängig vom Aufenthaltsstatus – und ihre Kinder sicher, schnell, unbürokratisch und bedarfsgerecht Schutz und qualifizierte Hilfe in einem Frauenhaus ihrer Wahl erhalten können.
» Das Gewaltschutzgesetzes muss auch für asylsuchende Frauen gelten! Dafür brauchen Polizei und Verwaltungsbehörden eine Weisung aus dem Sozial- und dem Innenministerium und eine entsprechende Klarstellung im Landespolizeigesetzes.
» Lebensbedingungen von Asylsuchenden in den Sammelunterkünften befördern Gewalt gegen Frauen. Deshalb sollen asylsuchende Frauen in Privatwohnungen am Ort ihrer Wahl leben können.
INFORIOT — Es nimmt kein Ende: Nach mehreren Enthüllungen über die rechten Aktivitäten der neuen Landtagsabgeordneten der Brandenburger Alternative für Deutschland (AfD) werden nun weitere Verstrickungen in die extreme Rechte deutlich. Neueste Episode: ein Ehepaar aus Bad Belzig, das für die AfD in Potsdam-Mittelmark kandidierte. Ein etwas näherer Blick auf das Paar offenbart einen schwer erträglichen Mix aus Beleidigungen gegen die Brandenburger Bevölkerung, Adels-Snobismus und einem kruden Germanenkult.
Bei den Kommunalwahlen im Mai diesen Jahres trat der AfD’ler Baron Arpad von Nahodyl-Nemenyi für den Kreistag Potsdam-Mittelmark als auch für die Stadtverordnetenversammlung Bad Belzig an. Der Baron fungiert nebenbei unter dem Namen Geza von Nemenyi als Chef der „Germanischen Glaubensgemeinschaft“ (GGG). Auch auf der Wahlliste stand seine langjährige Lebensgefährtin und inzwischen Ehefrau Catrin (geborene Wildgrube).
Adeliger Wahnwitz in der AfD
Arpad von Nahodyl ist nur einer von mehreren Adligen in der Funtionärsriege der Brandenburger AfD. Aber vermutlich der Einzige, der über seine Blaublütertum ein Buch geschrieben hat. Sein Ende 2013 erschienenes Buch „Adliges Bewusstsein“ strotzt vor kruden Thesen. Beispielsweise beklagt er „fehlenden Respekt“ der Bevölkerung gegenüber dem Adel.
Über das Leben in Brandenburg schreibt er: „Aber hier in Mitteldeutschland, wo ich jetzt lebe, kennen sich nur sehr wenig Menschen mit den feinen Umgangsformen aus. Die Mehrheit sind ‚Bauern‘ oder Nachkommen von Bauern, in keiner Weise fein.“ Das ist nichts weniger als eine knackige Beleidigung der Brandenburger Bevölkerung. Die Rede von Brandenburg als Teil von „Mitteldeutschland“ ist hingegen strammes, extrem rechtes Vokabular und deutet darauf hin, dass die Existenz der Oder-Neiße-Grenze von Nahodyl nicht akzeptiert wird.
Im Buch heißt es weiter: „Das Adelssystem ist ein hierarchisches System: Man anerkennt, daß einzelne Menschen einen höheren Status haben, als andere.“ Kritik an solchem Denken wäre unfair, denn sie käme nur „von Menschen des unteren Status“, die „ein Umkehren der Verhältnisse“ bezwecken. Bezogen auf seinem Leben in Brandenburg wird er noch deutlicher: „Ich selbst habe in dem Dorf, wo ich jetzt wohne, erlebt, wie man mich in ähnlicher Weise nicht dem Rang entsprechend behandeln wollte.“
Germanische Glaubens-Gemeinschaft
Mehr noch: Nahodyl ist unter dem Namen Geza von Nemenyi Gründer der „Germanische Glaubens-Gemeinschaft“ (GGG), einer germanisch-heidnischen Sekte, die in ihrem Logo den in der Naziszene beliebten Thorhammer verwendet. Die GGG beruft sich auf die historische, 1913 gegründete „Germanische Glaubensgemeinschaft“ um den Dichter Ludwig Fahrenkrog. Fahrenkrog sah das sich auf dem Judentum aufbauende Christentum als den Germanen wesensfremd an.
AfDler Geza von Nemenyi, der sich als „Gode“, als “germanischer Priester“, versteht, gründete 1991 die GGG als Verein in Berlin. Als „Allsherjargode“ ist Nemenyi Leiter des sogenannten Godenrates und damit Anführer der GGG. Die Sekte hat ihre Anschrift in Bad Belzig. Im Vorstand der GGG ist auch Nahodyls Ehefrau Catrin von Nahodyl-Nemenyi vertreten.
Hexe Bjarka auch bei AfD
Wie ihr Ehemann ist auch Catrin von Nahodyl-Nemenyi Buchautorin — 2004 veröffentlichte sie das Buch „Die Welt der Hexen“. Als Beruf gibt die 46-jährige ist “Astrologin” an. Sie tritt als „Hexe Bjarka“ auf und äußerte gegenüber der Berliner Morgenpost: „Das Hexen liegt ein bißchen in der Familie. Meine Tante hat mir beigebracht, Karten zu legen, als ich zwölf war. Mit Skatkarten.“ Aus der FAZ erfährt man, das Hexe Bjarka Beraterin bei Questico war, einem Portal für HellseherInnen.
Bereits Ende 1999 in einem internen Schreiben an Mitglieder der GGG wird der Umzug von „Geza und Catrin in das Brandenburger Umland“ beklagt. Im Dezember 2013 sieht man sie — Geza diesmal als Baron Arpad von Nahodyl — in der VOX-Sendung „Mieten.Kaufen.Wohnung“ auf der Suche nach einer neuen Wohnung in Berlin. Zurück nach Berlin zog es sie offenbar nicht, so leben sie weiterhin im Bad Belziger Ortsteil Werbig.
Nazikonzert in Finowfurt verboten
INFORIOT — Das für Samstag angekündigte Konzert der Neonazirapper A3stus in Finowfurt wird nicht stattfinden. Die Gemeinde Schorfheide erlies eine entsprechende Verfügung gegen das geplante — nachträgliche — Sommerfest auf dem Gelände der Familie Mann (Inforiot berichtete).
Wie bereits nach ihrem abgesagten Konzert im Juli veröffentlichen die inzwischen drei Neonazis von A3stus — Villian051, R.a.W. und nun auch mit Evil Goat — eine kurze Meldung auf ihrer Facebookseite. Trotzig kündigen sie an, noch in diesem Jahr ein Konzert in Berlin zu veranstalten.
Konzert weg und Job weg
Rapper Villain051 hat nicht nur Pech bei seinen Auftritten. Auch seinen Job als Komparse hat er verloren, wie der Störungsmelder von Zeit Online verkündet. Nach Informationen des Störungsmelders wurde Patrick Killat, wie Villain051 mit bürgerlichen Namen heißen soll, von seiner Komparsenfirma gekündigt, nachdem seine Neonaziaktivitäten bekannt wurden.
INFORIOT — Aufgeschoben, nicht aufgehoben: Am kommenden Wochenende soll das jährliche Sommerfest der Neonazi-Familie Mann nachgeholt werden. Überlicherweise fand das Fest sonst — mal als DVU‑, NPD- oder “Die Rechte”-Fest — um die Sommersonnenwende Ende Juni statt.
Sybille und Klaus Mann sind Vorstand des Brandenburger Landesverbands der Partei “Die Rechte”. Für den 27. September ist nun ein Konzert mit dem Rapperduo “A3stus” angekündigt. Ein Konzert der Gruppe im nahegelegenen Eberswalde wurde erst im Juli nach antifaschistischer Intervention abgesagt. Neben den Nazirappern verbreiten auch Neonazis der “Kameradschaft Kommando Werwolf” (KSKW) die Einladung für das Fest. KSKW war schon bei früheren Veranstaltungen in Finowfurt organisatorisch eingebunden. Zuletzt organisierte die Neonazikameradschaft “Märkische Skinheads 88” im August ein Sportfest.
Ärger mit den Behörden
Seit dem vergangenen Jahr finden weniger Konzertveranstaltungen auf dem Gelände der Familie Mann als zuvor statt. Die Proteste des Bündnis “Finowfurt Nazifrei” führten zu behördlichen Maßnahmen, um die Naziaktivitäten zu unterbinden. Demzufolge dürfen Veranstaltungen nur noch in Zimmerlautstärke stattfinden. Auch finden Vorkontrollen der Polizei auf den Zufahrtswegen zum Gelände statt. Ein Umstand, der den Neonazis inzwischen vertraut ist: So rufen sie ihre “Kameraden” dazu auf “bitte alles zu hause lassen was der staat nicht mag” . Gemeint sind Waffen und andere gefährliche Gegenstände.
Fürstenwalde/Spree, Kleinstadt, 31.000 Einwohner, Berliner Vorort, Ostbrandenburg.
In Bahnhofsnähe in der Eisenbahnstraße lädt der Thor-Steinar-Laden „British Corner“ zum Bummel ein, in den Straßen tauchen immer wieder Neonaziaufkleber auf, Rechtsextreme gehören zum Stadtbild. Die NPD hetzt immer wieder gegen die zwei hiesigen Flüchtlingsheime. Für örtliche Antifaschist*innen gehören Anfeindungen, Pöbeleien und persönliche Bedrohungen zum Alltag.
Organisierte fürstenwalder Rechtsextreme gehören überregional zum harten Kern auf Demonstrationen.
Die Antwort auf diese Zustände kann und muss die Organisation des Widerstands und der kraftvolle Schritt auf die Straße sein. Im Kampf um eine befreite Welt darf es kein ruhiges Hinterland geben, wir laden daher jeden sich als antifaschistisch verstehenden Menschen ein, zusammen mit uns am 13. September hier auf die Straße zu gehen.
Bringt mit was ihr könnt, lasst euch nicht einschüchtern, reist zusammen.
13.09.15:00 Grasnickbrunnen, Sammelpunkt
Achtung, der für Mi 20.8 in Potsdam angekündigte erste Bußgeldprozess wurde kurzfristig abgesagt. Hiermit entfällt auch die angekündigte Kundgebung vor dem Amtsgericht in Potsdam. Die nächsten Prozesstermine sind für den 8.9 um 15.15 Uhr und den 11.9 angekündigt. Wir werden selbstverständlich dann zum nächsten Porzesstermin wieder da sein. Und wir werden uns selbstverständlich immer und überall den Nazis entgegen stellen, eure Gerichte können uns davon nicht abhalten.
Zu den Hintergründen
Der Indyartikel zu den Bußgeldern:
Am 20. August 2014 beginnen in Potsdam die Verhandlungen gegen über hundert frankfurter Antifaschist*innen. Zusammen mit tausenden Anderen blockierten wir die Anreise der Nazis am ersten Mai 2013, so dass diese ihre Demonstration in Frankfurt absagen mussten. Dabei haben wir neben anderen Zufahrtswegen, auch ganz bewusst und über Stunden den Bahnanreiseweg der Nazis blockiert. Die anschließende Räumung der Gleise durch die Bullen sorgte für einige Verletzte und Strafanzeigen, außerdem wurden von allen einzeln die Personalien festgestellt. Gegen alle 1000 Blockierer*innen auf den Gleißen verhängte die Bundespolizei Verwarn und Bußgelder Am. Doch über hundert verweigern sich dem!
Wir sind nicht bereit Nazis und ihrer menschenverachtende Ideologie zu akzeptieren und werden uns ihnen immer entgegenstellen. Genausowenig sind wir bereit dem Staat der die Nazis beschützt und ihnen den Weg ebnet noch Geld für unsere Blockaden zu zahlen. Deshalb beginnen am 20. August die Prozesse gegen uns am Sitz der Bundespolizei in Potsdam. Des weiteren beginnen am 13. August Verhandlungen gegen Jugendliche Gleisblockierer*innen aufgrund des Wohnortprinzips in Frankfurt/M und Mainz. Wir sind mit den geladenen Leuten solidarisch und rufen dazu auf, die Verhandlungen gemeinsam zu besuchen. Denn die Betroffenen stehen nicht wegen 35 Euro Verwarnungsgeld vor der BußgeldrichterIn, sondern aufgrund einer legitimen antifaschistischen Aktion, die eine Nazikundgebung in Frankfurt verhindert hat und von vielen Menschen und Gruppen getragen, unterstützt und befürwortet wurde. Was immer auch am Ende der Verhandlungen herauskommt: Es bleibt richtig, sich den Nazis, wo immer sie auch auftauchen, offensiv in den Weg zu stellen. Und es ist konsequent, die dafür verhängten staatlichen Sanktionen nicht einfach zu akzeptieren. Wir freuen uns über eure Solidarität, kommt vorbei! Antinaziblockaden bleiben legitim!
Genauere Infos zu den Verfahren gibt es bei der Roten Hilfe Frankfurt (Main).
http://plenum1mai.blogsport.de/