Kategorien
(Anti-)Rassismus Antifaschismus Geschichte & Gedenken

Cottbus und die Lausitz als Inbegriffe rassistischer Mobi

Cottbus und die Lausitz als Inbegriffe rassistischer Mobilisierung

Was wird uns von 2019 in Erin­nerung bleiben? Für den Jahres­rück­blick befra­gen wir zivilge­sellschaftliche Ini­tia­tiv­en über die Sit­u­a­tion in ihrem Bun­des­land. Heute: Bran­den­burg mit dem Opfer­per­spek­tive e.V. , Beratungsstelle für Betrof­fene rechter Gewalt.

2019 wurde in Bran­den­burg gewählt: Kom­mu­nale Par­la­mente, Bürgermeister*innen und – wie auch in Sach­sen und Thürin­gen – ein neuer Land­tag. Die extrem rechte AfD erlangte bei der Land­tagswahl 23,5 % der Zweit­stim­men und stellt nun die zweit­stärk­ste Frak­tion. Gegenüber der rot-schwarz-grü­nen Lan­desregierung bildet sie die größte Oppo­si­tion­spartei. So weit, so bekan­nt. Dieser Text soll keine Wahlanalyse darstellen, son­dern ein paar Schlaglichter auf die extrem recht­en Aktiv­itäten und Net­zw­erke im zurück­liegen­den Jahr werfen.

 Keine andere extrem rechte Partei hat es seit 1990 in Bran­den­burg geschafft, das Wäh­ler­poten­zial für ras­sis­tis­che, nation­al­is­tis­che und anti­semi­tis­che Posi­tio­nen so für sich zu nutzen, wie die AfD in 2019: Im Mai ist sie flächen­deck­end in die Gemein­den, Städte und Kreistage einge­zo­gen; in Cot­tbus, Spree-Neiße und Märkisch-Oder­land wurde sie sog­ar stärk­ste Partei. Im Sep­tem­ber entsch­ieden sich dann fast ein Vier­tel der Wäh­len­den für die recht­saußen Partei. An der fehlen­den Aufk­lärung über die AfD kön­nen diese hohen Wahlergeb­nisse nicht gele­gen haben. Gewählt wurde die AfD trotz und wegen ihrer extrem recht­en Verbindun­gen. So wurde etwa über Cot­tbus als Sam­melpunkt für neon­azis­tis­che Musik­er, rechte Fußball­hooli­gans, Kampf­s­portler und andere rechte Organ­i­sa­tio­nen umfänglich berichtet. Cot­tbus und die Lausitz sind inzwis­chen zum Inbe­griff ras­sis­tis­ch­er Mobil­isierung in Bran­den­burg gewor­den[1]. Mit der Nominierung von Christoph Berndt, ein­er der Haup­tini­tia­toren der Cot­tbuser Proteste, auf Platz 2 der Lan­desliste für die Land­tagswahl würdigte die AfD die außer­par­la­men­tarische Rechte. Die Liste der Kandidat*innen und gewählten Abge­ord­neten zeigt: In der AfD ver­sam­melt sich ein bre­ites extrem recht­es Net­zw­erk. Es reicht von den ras­sis­tis­chen Protesten des Vere­ins Zukun­ft Heimat in Cot­tbus von Süd­bran­den­burg bis zur Beteili­gung von AfD-Politiker*innen an Nazi­aufmärschen in der Uck­er­mark im Nor­den Brandenburgs.

Verschiebung von Süden …

Die Opfer­per­spek­tive lis­tet seit knapp 20 Jahren sys­tem­a­tisch die recht­en Gewalt­tat­en im Land auf. 2019 ist erst­mals seit vier Jahren ein deut­lich­er Rück­gang der Angriff­szahlen zu verze­ich­nen. In den ver­gan­genen Jahren gehörte beson­ders die Stadt Cot­tbus zu den Schw­er­punk­ten rechter Gewalt. In diesem Jahr nah­men im Süden Bran­den­burgs die Angriffe ab. Eine Ver­lagerung in die par­la­men­tarische Arbeit spielt dabei sich­er eine Rolle. Einen wesentlicheren Ein­fluss wird dabei die Repres­sion gegen Teile der extrem rechte Szene haben, die sich ins­beson­dere in ein­er Großrazz­ia gegen lokale Hooli­gan-Kreise der Kampfge­mein­schaft Cot­tbus nieder­schlug. Dabei sorgte vor allem jour­nal­is­tis­che, zivilge­sellschaftliche und poli­tis­che Aufmerk­samkeit auf die extrem recht­en Entwick­lun­gen im Süden des Lan­des für Hand­lungs­druck bei den Strafver­fol­gungs­be­hör­den. Wir gehen lei­der davon aus, dass dieser Rück­gang nur tem­porär ist, zumal die Jus­tiz in Cot­tbus seit langem nicht mit den Gerichtsver­fahren hin­ter­herkommt und damit ein Gefühl der Straf­frei­heit an die Täter*innen ver­mit­telt. Immer wieder mah­nt die Opfer­per­spek­tive eine kon­se­quente juris­tis­che Ver­fol­gung an.

In Cot­tbus erlangte die AfD über­durch­schnit­tliche Wahlergeb­nisse und stellt in der Stadtverord­neten­ver­samm­lung die stärk­ste Frak­tion. Die Andro­hun­gen der extrem Recht­en gegen die Klimaproteste von Ende Gelände am let­zten Novem­ber­woch­enende zeigen, wie selb­st­be­wusst die extreme Rechte auch weit­er­hin in der Lausitz ist. Neben Gewalt- und Mor­daufrufen in sozialen Medi­en gehörte auch ein Trans­par­ent dazu. Es war von Teilen der Fan­szene des FC Energie Cot­tbus eine Woche zuvor mit dem Spruch „Wann Ende im Gelände ist, bes­timmt nicht ihr! Unsere Heimat – unsere Zukun­ft! Ende Gelände zer­schla­gen“ bei einem Fußball­spiel in Cot­tbus gezeigt. Für Auf­se­hen sorgte zudem ein Graf­fi­ti, gemalt von offen­bar recht­en Polizis­ten, das zuerst „Stoppt Ende Gelände“ titelte und anschließend – nach­dem die Beteiligten zum Über­stre­ichen der Wand ver­don­nert wur­den – das extrem rechte Kürzel „DC!“, welch­es für „Defend Cot­tbus“ ste­ht, hin­ter­ließen. Dass sich die Anfein­dun­gen gegen die Klimabe­we­gung und ihre Aktiv­itäten in der Lausitz richt­en, ist insofern nicht ver­wun­der­lich, ist doch der Braunkohleab­bau ein bes­tim­mender Fak­tor für die regionale Wirtschaft. Auch im Wahlkampf nutzte die AfD das The­ma und set­ze sich deut­lich für den Erhalt der Braunkohle ein. In einem von der Opfer­per­spek­tive begleit­eten Fall, ging die Feind­schaft gegenüber Klimaaktivist*innen von Bedro­hung in kör­per­liche Gewalt über: Bei ein­er Live-Aufze­ich­nung des Rund­funk Berlin-Bran­den­burg (RBB) auf dem Cot­tbuser Alt­markt zum The­ma Kohleausstieg schlug eine Kohle-Befür­wor­terin ein­er jun­gen Frau, die sie als Kli­maak­tivistin aus­machte, zweimal ins Gesicht.

…in den Norden

Während in den Vor­jahren Süd­bran­den­burg die Sta­tis­tik rechter Gewalt anführte, übern­immt in 2019 zunehmend der Nor­den des Lan­des diese Rolle. Schon 2018 war die Uck­er­mark ein­er der Schw­er­punk­te, ins­beson­dere bei ras­sis­tis­chen Angrif­f­en. Auch in diesem Jahr sind die Städte Anger­münde, Pren­zlau, Schwedt und Tem­plin immer wieder Schau­platz von recht­en Angrif­f­en. Anfang des Jahres hat­te der polizeiliche Staatss­chutz deswe­gen das Per­son­al aufge­stockt. Häu­fig sind die Gewalt­tat­en im Nor­den Bran­den­burgs ras­sis­tis­che Gele­gen­heit­stat­en von unor­gan­isierten Grup­pen oder Einzeltäter*innen.

Unter den mut­maßlichen Täter*innen find­en sich aber auch ehe­mals organ­isierte Neon­azis und bekan­nte rechte Mörder. Ein­er ist Mar­co S., der zusam­men mit zwei weit­eren Tätern den damals 16-jähri­gen Mar­i­nus Schöberl aus Pot­zlow tötete. Er soll im Juni diesen Jahres mit einem weit­eren Täter einen 24-jähri­gen Syr­er in Pren­zlau ange­grif­f­en und ras­sis­tisch beschimpft haben. Der andere Angreifer soll dabei ein Jagdmess­er aus seinem Ruck­sack gezo­gen haben. Im April wurde Mar­co S. für das Zeigen sein­er Hak­enkreuz-Tätowierung am Unteruck­ersee zu ein­er Bewährungsstrafe verurteilt. Auch andere bekan­nte Neon­azis find­en sich bei recht­en Gewalt­tat­en wieder: In Bad Freien­walde (Märkisch-Oder­land) wur­den ehe­ma­lige Aktive der Kam­er­ad­schaft Märkisch Oder Barn­im wegen eines ras­sis­tis­chen Angriffs verurteilt. In Neu­rup­pin begin­nt derzeit ein Prozess gegen eine Gruppe von Neon­azis, die den Freien Kräften Prig­nitz nah­este­hen, wegen eines ras­sis­tis­chen Angriffs in Witt­stock (Ost­prig­nitz-Rup­pin).

Anders als im Süden find­en sich im Nor­den eher lose miteinan­der ver­bun­dene Struk­turen, auch öffentliche Ver­samm­lun­gen sind sel­tener. Bei den weni­gen Events find­en die ver­schiede­nen Spek­tren der extrem Recht­en zusam­men: An ein­er neon­azis­tis­chen Demon­stra­tion in Tem­plin im Feb­ru­ar beteiligten sich auch AfD-Aktivist*innen. Kreisvor­standsmit­glied Arib­ert Christ mobil­isierte zuvor auf ein­er Kundge­bung des AfD-Poli­tik­ers Lars Gün­ther in Eber­swalde für den Nazi­auf­marsch. Die neon­azis­tis­che Kle­in­st­partei Der Dritte Weg, die in der Uck­er­mark ihren Aktion­ss­chw­er­punkt hat, war auch in diesem Jahr auf „nation­al­rev­o­lu­tionär­er Streife“. Auch die NPD bewirbt unter „Schutz­zone“ ihr Konzept ein­er recht­en Bürg­er­wehr. Zwar sind diese Aktio­nen häu­fig vor allem eine medi­ale Insze­nierung, doch wirkt diese als Botschaft an andere extreme Rechte und sollte auf­grund ihres recht­ster­ror­is­tis­chen Poten­zials, wie es das Bun­desin­nen­min­is­teri­um in ein­er par­la­men­tarischen Anfrage nen­nt[2], nicht unter­schätzt werden.

Ein Beispiel recht­en Ter­rors beschäftigte uns im Früh­som­mer erneut. Die Grup­pierung Nord­kreuz, die schon zwei Jahre zuvor bekan­nt wurde, legte Lis­ten an, auf denen sich Engagierte, die sich gegen Rechts und für Geflüchtete ein­set­zen, wieder­fan­den. Dabei han­delte es sich sowohl um Politiker*innen als auch um Pri­vat­per­so­n­en. Verbindun­gen soll die Gruppe, die maßge­blich in Meck­len­burg-Vor­pom­mern aktiv war, auch im Nord­west­en Bran­den­burgs gehabt haben. Als Mitte Juni neue, erschreck­ende Details zu den Aktiv­itäten veröf­fentlicht wur­den, waren erst einige Tage seit dem Mord am CDU-Poli­tik­er Wal­ter Lübcke ver­gan­gen. Obwohl rechter Ter­ror aus diesem trau­ri­gen Anlass erneut ins öffentliche Bewusst­sein rück­te, wur­den Betrof­fene der „Fein­deslis­ten“ erst auf zivilge­sellschaftlichen Druck hin informiert. 

Baseballschläger-Jahre

Beson­ders rel­e­vant für den Land­tagswahlkampf der AfD war der Ver­gle­ich der heuti­gen poli­tis­chen Sit­u­a­tion mit der der DDR zur ihrem Ende. „Der Osten“ solle, so der Wun­sch der AfD, an die Proteste aus dem Herb­st 1989 anschließen und gegen die „Merkel-Dik­tatur“ auf­begehren. Dass sich die AfD-Wähler*innen nicht an der Instru­men­tal­isierung der Wen­denar­ra­tive durch die Partei­funk­tionäre aus West­deutsch­land störten, lässt sich angesichts der Wahlergeb­nisse bilanzieren. Was die Beschäf­ti­gung mit diesen Nar­ra­tiv­en und der Umbruch­szeit zu Beginn der 1990er Jahre in Erin­nerung brachte: Die hoch­poli­tis­chen Zeit­en, in denen ras­sis­tis­che Angriffe und Anschläge alltäglich waren, neon­azis­tis­che Struk­turen wach­sen kon­nten und ihnen poli­tisch und sozialar­bei­t­er­isch der Kopf gehätschelt wurde, prägten eine ganze Gen­er­a­tion von Recht­en. Diese Base­ballschläger-Jahre, benan­nt nach dem Hash­tag #base­ballschlaeger­jahre, den der Jour­nal­ist Chris­t­ian Ban­gel auf Twit­ter ein­führte, wur­den durch Erfahrungs­berichte von Betrof­fe­nen aus ver­schiede­nen Orten Bran­den­burgs in den let­zten Monat­en wieder in Erin­nerung gerufen. Es sind die ersten Jahre der 1990er, in denen beson­ders viele Men­schen aus ras­sis­tis­chen, anti­semi­tis­chen, homo­sex­uellen- und trans­feindlichen sowie sozial­dar­win­is­tis­chen Motiv­en getötet wer­den. Die Opfer­per­spek­tive erin­nert mit ein­er Wan­der­ausstel­lung an die Opfer rechter Gewalt in der gesamten Bun­desre­pub­lik[4]. In diesem Jahr kom­men der Mord an Wal­ter Lübcke in Kas­sel und die Morde an Jana Lange und Kevin S. in Halle hinzu (alle Infor­ma­tio­nen zur Ausstel­lung und zur Auslei­he: www.opfer-rechter-gewalt.de)

 

[1]              Aus­führlich ist dies in der Broschüre „Was inter­essiert mich denn Cot­tbus?“ Dynamiken rechter Formierung in Süd­bran­den­burg: der Vere­in Zukun­ft Heimat, an der unsere Mitar­beit­er Josch­ka Fröschn­er mitwirk­te, nachzulesen.

[2]              Kleine Anfrage der Abge­ord­neten Ulla Jelp­ke u. a. und der Frak­tion DIE LINKE. Recht­sex­trem bee­in­flusste Bürg­er­wehren ST-Druck­sache 19/13969

Kategorien
Geschichte & Gedenken

Theateraufführung “Die vergessene Revolution”

Liebe Alle!

Cot­tbus Naz­ifrei lädt in Koop­er­a­tion mit dem Demokratis­chen Jugendforum
Bran­den­burg e.V. zur zweit­en The­ater­tour durch mehrere Brandenburger
Städte ein.

Am 22.08.2019 macht das Nö The­ater aus Köln halt in der Lausitz und führt das Stück “Die vergessene Rev­o­lu­tion” im Fam­i­lien­haus (Am Spreeufer 14–15, Cot­tbus) auf. Beginn ist um 18.30 Uhr und der Ein­tritt ist frei.

1918 – Eine Rev­o­lu­tion. In Deutsch­land. Und erfol­gre­ich. Im November
been­de­ten die Revolutionär*innen den Weltkrieg, ver­jagten den Kaiser,
stürzten das Sys­tem, erkämpften die Demokratie und das Frauenwahlrecht.
Sie entwick­el­ten zahlre­iche gesellschaftliche Alter­na­tiv­en und Utopien.
Doch die Rev­o­lu­tion wurde ver­rat­en, bru­tal erstickt und hun­dert Jahre
später ist sie fast voll­ständig vergessen. Selb­st im Jubiläum­s­jahr wird
ein möglich­es Gedenken von den Jahresta­gen Karl Marx‘ und der 68er
Bewe­gung überlagert.

Das nö the­ater nimmt den Kara­bin­er in die Hand, wen­det sich diesem
blind­en Fleck der Geschichte zu, sucht nach Ursachen, offe­nen Wun­den und
ver­sucht in einem flam­menden Plä­doy­er die Rev­o­lu­tion dem Vergessen zu
entreißen. Ein doku­men­tarisches The­ater­stück über eine Geschichte
zwis­chen zwei Weltkriegen, die san­ft begin­nt und mit Blut über­zo­gen wird.

Eine Pro­duk­tion des nö the­aters in Kopro­duk­tion mit dem The­ater Tiefrot,
dem Polit­tbüro Ham­burg und der The­at­er­akademie Köln.

Ihr seid alle her­zlich ein­ge­laden vor­bei zu kom­men. Im Anschluss könnt
ihr den Abend beim bere­its am Don­ner­stag begin­nen­den Fes­ti­val “Stuss am
Fluss” im Strom­bad gemütlich ausklin­gen lassen.
https://www.facebook.com/events/671016546680718/

Som­mer­liche Grüße,
Luise für CBNF

Kategorien
(Anti-)Rassismus Antifaschismus

Wir lassen uns nicht hetzen — Brandenburg bleibt bunt

Liebe Fre­undin­nen und Fre­unde, liebe Bran­den­burg­erIn­nen, die AfD ver­sucht weit­er, sich das Deck­män­telchen ein­er “nor­malen” Partei überzuw­er­fen. Im Bran­den­bur­gis­chen Land­tagswahlkampf ver­anstal­tet sie dafür eine Rei­he von nur schein­bar harm­los anmu­ten­den “Volks­festen” auf den Mark­t­plätzen ver­schieden­er Städte. Auf diesen Ver­anstal­tun­gen mit Hüpf­burg und Bratwurst treten dann die bekan­nten Gesichter dieser Partei auf und brin­gen die spal­tenden Botschaften unter die ZuhörerInnen.

Am 18.8. ist es in unser­er Stadt so weit. Zwis­chen 15 und 20 Uhr wird ein solch­es „Fest“ unter Beteili­gung der AfD- Größen Alexan­der Gauland- MdB AfD, Got­tfried Curio- MdB AfD, Bran­den­burgs Spitzenkan­di­dat Andreas Kalb­itz- MdL AfD, Den­nis Hohloch- Junge „Alter­na­tive“, Stef­fen Kotré- MdB AfD und lokalen VertreterIn­nen stattfinden.

Nicht ohne Widerspruch!
In Bran­den­burg protestieren wir in einem bre­it­en Bünd­nis gemein­sam gegen die Nor­mal­isierung von Men­schen­feindlichkeit, gegen rechte Het­ze und für ein sol­i­darisches und buntes Bran­den­burg und ver­anstal­ten dafür in Hör- und Sichtweite der AfD ein poli­tis­ches Fam­i­lien­fest am Kathari­nenkirch­platz rund um die Post­säule. Wir stellen uns damit gegen die drama­tis­che poli­tis­che Ver­schiebung: Ras­sis­mus und Men­schen­ver­ach­tung sind gesellschafts­fähig. Was gestern mehrheitlich noch undenkbar war und als unsag­bar galt, ist heute Real­ität. Human­ität und Men­schen­rechte, Reli­gions­frei­heit, Rechtsstaat und das europäis­che Haus wer­den offen ange­grif­f­en. Es ist ein Angriff, der uns allen gilt.

Ganz Europa ist von ein­er nation­al­is­tis­chen Stim­mung der Entsol­i­darisierung und Aus­gren­zung erfasst. Kri­tik an diesen unmen­schlichen Ver­hält­nis­sen wird gezielt als real­itäts­fremd dif­famiert. In dieser Sit­u­a­tion lassen wir nicht zu, dass Sozial­staat, Flucht und Migra­tion gegeneinan­der aus­ge­spielt wer­den. Wir hal­ten dage­gen, wenn Grund- und Frei­heit­srechte weit­er eingeschränkt wer­den sollen.

Kommt zahlre­ich! Bringt Euch ein! Zeigt bunt und kreativ Euren Protest!
— 18.8.2019
— 14 bis 20 Uhr
— Katharinenkirchplatz/ Postsäule

Aktio­nen und Mit­machange­bote: Straßenthe­ater, Straßenkrei­de- Work­shop, Slack­line, Live-Graf­fi­ti, Live- Musik, viele Rede­beiträge, Hüpf­burg, Kinder­schminken, Kuchen gegen Pro­pa­gan­da- tausche recht­es Info­ma­te­r­i­al gegen ein Stück Kuchen, Klei­der- Spielzeug­börse, Offenes Mikro­fon, Infos­tände der Organ­isatorIn­nen, Waf­fel­bäck­erei, Pop­corn und vieles mehr

Bünd­nis­part­ner: Die Organ­isatorIn­nen, AkteurIn­nen und Unter­stützerIn­nen des poli­tis­chen Fam­i­lien­festes sind organ­isiert oder aktiv in Linksju­gend sol­id, Jusos, Grüne Jugend, Die Linke, SPD, DKP, Bünd­nis 90/ Die Grü­nen, Kleinkun­st Bran­den­burg e.V., Wir e.V., Café Con­tact, ev. Kirchen in Bran­den­burg, Die Alt­städter e.V., Art­Box, Roll­club e.V., Buntes Kollek­tiv, Tol­er­antes Bran­den­burg, DGB, ver­di, Aktions­bünd­nis gegen Gewalt, Recht­sex­trem­is­mus und Frem­den­feindlichkeit, Kein Bock auf Nazis, Berlin- Bran­den­bur­gis­che Aus­lands­ge­sellschaft e.V./ BBAG, Auf­ste­hen gegen Nation­al­is­mus, Die Falken, Demokratis­ch­er Frauen­bund- Lan­desver­band Bran­den­burg e.V., Jugend Kul­tur­fab­rik Bran­den­burg e.V., Team Klei­der- Ursel, See­brücke Bran­den­burg an der Hav­el, die Fri­days for Future Bewe­gung Bran­den­burg an der Hav­el und viele, viele weit­ere Bürg­erIn­nen, die für eine sol­i­darische Gesellschaft ohne Aus­gren­zung Flagge zeigen wollen

Wir freuen uns auf Euch

Kategorien
Sonstiges

Open Air-Festival OBOA findet erneut im Fort Gorgast statt

Open Air-Fes­ti­val OBOA 2019 find­et erneut im Fort Gor­gast statt

Am 09. und 10. August find­et im Fort Gorgast/Küstriner Vor­land das Oder­bruch Open Air — OBOA 2019 statt. Auf vier Floors wer­den unzäh­lige regionale und inter­na­tionale Künstler*innen ihre Musik erklin­gen lassen. Die Musik­stile sind so vielfältig wie das OBOA-Team – Tanzwütige, Kopfnick­er, Fragensteller!

Das musikalis­che Pro­gramm wird ergänzt durch diverse Work­shops und Infor­ma­tionsver­anstal­tun­gen. So wird es neben dem in den ver­gan­genen Jahren stets beliebten Löt-Work­shop beispiel­sweise auch einen Work­shop geben, der sich aktiv mit Recht­spop­ulis­mus auseinan­der­set­zt sowie eine Info-Ver­anstal­tung zur Bewe­gung ‚Extinc­tion Rebellion‘.

Für den Besuch des Fes­ti­vals wird bewusst kein Ein­tritt erhoben, da der ver­anstal­tende gemein­nützige Vere­in Break Tribe Music e.V. einen Raum schaf­fen möchte, in dem sich Men­schen mit unter­schiedlichem sozialen Hin­ter­grund, unter­schiedlich­er Nation­al­ität und ver­schiede­nen Alters tre­f­fen kön­nen, um Kul­tur zu genießen und sich dabei miteinan­der auszutauschen.

Die Anreise ist über die Lin­ie RB26 bis zum Bahn­hof Gor­gast möglich. Wer motorisiert anreist, zahlt für einen Pkw einen Parkge­bühr von 15 € für das Woch­enende. Motor­räder parken für 5 €.

Für weit­ere Infor­ma­tio­nen wen­den Sie sich bitte an info@oboa.de oder tele­fonisch an Nico Zer­bian (017 655502067). Da das Tele­fon­netz im Bere­ich des Fort Gor­gast häu­fig eingeschränkt ist, emp­fiehlt sich die Kon­tak­tauf­nahme via E‑mail.

Vie­len Dank für Ihr Interesse!

Nico Zer­bian

Break Tribe Music e.V.

Kategorien
Sonstiges

21 Jahre Frierock-Festival

Ein lang ersehn­ter Gast und ein biss­chen mehr Nach­haltigkeit – das Frie­rock im Jahr nach dem 20. Jubiläum – vom 9–11 August find­et wieder das kleine aber feine Fes­ti­val im Havel­land statt.

21 Jahre. Wie die Zeit doch ren­nt…. Es ist, als hätte das Frie­rock-Fes­ti­val aus der beschaulichen Flieder­stadt Frie­sack eben erst die Windeln abgelegt und ganz heim­lich, aber ziel­stre­big hat sich das kleine Fes­ti­val zur fes­ten Größe in der Szene gemausert.

Wat machen wa denn jet­zt?“ haben sich die mit­tler­weile in die Jahre gekomme­nen,  grauhaari­gen Ver­ant­wortlichen gefragt und nach kurz­er Zusam­menkun­ft eine knack­ige Antwort gefun­den. „Natür­lich machen wir noch ein biss­chen weiter…Wir wollen das Ding als gut funk­tion­ieren­des Fes­ti­val an die Jün­geren übergeben, so wie es bei uns passiert ist. Wir bleiben dem Fes­ti­val natür­lich erhal­ten, wollen uns aber trotz­dem auch noch anderen Pro­jek­ten oder der Lokalpoli­tik wid­men, sagt Valentin Franklyn, ein­er der ca. 30 Organisatoren.

Blickt man zurück, so sieht man, dass ger­ade in den let­zten Jahren neben viel­seit­iger Musik und Rah­men­pro­gramm die Pla­nung mit mehr Nach­haltigkeit in allen Bere­ichen des havel­ländis­chen Mikrokos­mos vor­angetrieben wer­den: Neben der reinen Fes­ti­val-Organ­i­sa­tion sind Jugend­pro­jek­te wie zum Beispiel ein Israel Jugen­daus­tausch oder ein Fach­tag zur Arbeits­mark­t­in­te­gra­tion von Geflüchteten ent­standen. So wird auf ver­schiede­nen Ebe­nen über das reine Fes­ti­valver­anstal­ten hin­aus an ein­er besseren Zukun­ft für das Havel­land gear­beit­et. Ein anderes Beispiel ist der nun schon 5.der Bunte Wochen­tag im Vor­feld des Fes­ti­vals – ein Ver­such alle Bürg­er ungezwun­gen zusam­men zu bringen….jung und alt, Alt-Frie­sack­er und Neu-Zugezogene….Selber anpack­en, nach­haltig etwas bewe­gen —  lautet die Devise!

Unter­stützt wird das Fes­ti­val von seinem Träger AWO Ortsvere­in Frie­sack e.V., aber auch von vie­len lokalen Spon­soren wie LMF Mei­necke und Ede­ka Schön­walde, sowie der Part­ner­schaft für Demokratie West­havel­land. (fördert den Bunter Wochentag)

Ohne unsere lokalen Unter­stützer, kön­nten wir das Fes­ti­val so nicht durchziehen“, sagt Chris­t­ian Brüg­gmann aus dem Orga-Team. „Dafür sind wir sehr dankbar“!

Aber nicht nur um den Fes­ti­val-Nach­wuchs küm­mert sich das Fes­ti­val, auch wird viel über ökol­o­gis­che Lösun­gen nachgedacht. Unter anderem wird es zum ersten Mal ein Pfandsys­tem mit Mehrweg­bech­ern geben. In diesem Bere­ich sieht sich das eigentlich aus der Punk-Szene stam­mende Fes­ti­val in einem steti­gen Prozess – keines­falls zufrieden mit aktuellen Lösun­gen. „Es muss aber auch immer noch ehre­namtlich mach­bar bleiben“, stellt „Fes­ti­val-Papa“ Tobias Wol­len­berg fest. Er grün­dete das Fes­ti­val vor 21 Jahren.

Der diesjährige Head­lin­er des Fes­ti­vals Oxo 86 kommt mit ein­er gehöri­gen Por­tion Punk aus Berlin angereist und wird den Gästen und Organ­isatoren am Fre­itag einen langjähri­gen Wun­sch erfüllen. Auf­grund der Ferien­zeit­en hat­te es mit einem Auftritt bish­er nie geklappt, dieses Jahr macht­en die frühen Ferien ein Kom­men der Punk-Leg­en­den endlich möglich.  Aus der Haupt­stadt kom­men aber noch mehr richtig gute Bands – einen echt­en Geheimtipp der Berlin­er Rock­szene kon­nten die Organ­isatoren mit „Odd Cou­ple“ gewin­nen. Mit „Wood­man Jam“ kommt seit län­ger­er Zeit mal wieder eine echte Reg­gae-Band nach Frie­sack. „Nach­dem wir sie ein­mal live gese­hen haben, mussten wir sie sofort buchen“, sagt Maria Pieske aus dem Frie­rock-team.  Kon­rad Küchen­meis­ter ist ein ungewöhn­lich­er Künstlername…und er macht auch außergewöhn­liche Musik. „Loop-Sta­tion Artist“ ist er und spielt ver­schiedene Instru­mente nacheinan­der ein um am Ende Drum’n’Bass — Reg­gae — Dub­step — Ska – Balkan – Songs zu pro­duzieren. Er wird Sam­stag den Abschluss der Live-Musik geben, New­com­er- DJane „Anne Knöppe“ das Dis­co-Zepter zu übergeben, für ihren ersten großen Gig am Mis­ch­pult mit jed­er Menge „All-Time-Favourites“ im Gepäck. Die Lokalmata­dore und Ska-Punker „Punch up Pogos“ aus Elstal dür­fen natür­lich nicht fehlen. Auch aus der Region aber noch als New­com­er zu sehen, sind die „Stray Dogs“ die qua­si aus den eige­nen Rei­hen kom­men und sofort das Orga-Team überzeugten. Ehrlich­er Hardcore…das gefällt dem Pub­likum halt auch. Für die Lieb­haber der härteren Klänge wur­den auch die Leipziger „Chaver“ noch an Land gezo­gen, nach­dem die Europa­tournee der Band „Bil­ly The Kid“ aus Cos­ta Rica lei­der abge­sagt wurde. Die Gosen­er Band „Abbruch“ kommt mit spaßi­gen Punk­tö­nen daher. Wer etwas weichere, aber nicht weniger ins Tanzbein gehende Musik hört, kommt bei den Berlin­ern „Make A Move“ auf seine Kosten. Eine über­raschende Brass-Funk-Rap Mis­chung mit viel Liebe zum Detail und zum Tütü brin­gen die Kreuzberg­er mit. Natür­lich darf auch tra­di­tionell eine Ros­tock­er Band nicht fehlen. Frie­rock-Fre­unde und Straßen­musik­er von „Lap­palie“ sind mit dabei. Sie kreieren eine ungewöhn­liche, bunte Mis­chung aus ver­schiede­nen Gen­res — unter­stützt durch Geige und Man­do­line. Einen Gefall­en an sich selb­st, tat­en sich die Ver­ant­wortlichen mit dem Book­ing der Pearl Jam Trib­ute Band „Giv­en to Fly“ aus Han­nover. Als echte langjährige Fans der Grunge-Leg­en­den von Pearl Jam, sind die Frie­rock­er selb­st wahrschein­lich am meis­ten ges­pan­nt auf diese Band. DJ C.T. von dem befre­un­de­ten  Nation of God­wana Fes­ti­val wird dem Pub­likum am Fre­itag nach Büh­nen­schluss 80iger Jahre um die Ohren hauen. Ein beson­deres High­light kommt mit der For­ma­tion „100 Kilo Herz“ aus Leipzig angereist. Abso­lut tanzbar­er vor­wärt­streiben­der Punk mit poli­tis­chen Tex­ten. Dazu eine Prise Ska und Wut, da zuckt es jedem im Tanzbein. So soll es sein!

 

Neben den 12 Live-Bands und 2 DJs, gibt es ein aus­ge­sucht­es Ange­bot an fleis­chhalti­gen wie auch veg­a­nen Speisen und Getränken. Zelt­platzgäste kön­nen sich auf eine Ver­sorgung mit Früh­stück freuen. Am Sam­sta­gnach­mit­tag find­et auf dem Fes­ti­val­gelände ein Fußball­turnier und ein Flunky-Ball Turnier statt. Eine Wasser­rutsche und ein Kinder­bere­ich (Frierock.Racker-Zone )run­den das Fes­ti­val ab.

Tick­ets für das gesamte Woch­enende, inklu­sive Camp­ing, kosten 20 Euro und gibt’s auss­chließlich an der Abend­kasse. Der Ein­lass begin­nt am Fre­itag, den 9. August, um 16 Uhr.

 

Presse­bilder und Interviews

Die ange­hängten Bilder kön­nen gern kosten­los zu redak­tionellen Zweck­en ver­wen­det werden.

Pressekon­takt:

Valentin Franklyn

Mail: frierock-bande@gmx.de

Mobil: 0173 2490843

 

Pres­set­ick­ets erhal­ten Sie kosten­los unter frierock-bande@gmx.de.

Hier noch das Video zum Jubiläum mit Entste­hungs­geschichte des Frierock-Festival.
https://www.youtube.com/watch?time_continue=7&v=y16gwoCaxuA
Kategorien
(Anti-)Rassismus (Anti)militarismus Antifaschismus Parlamentarismus

Die Preußen haben Angst vor Multikulti

Die Preußen haben Angst vor Multikulti, aber nicht vor‘m Klimawandel! — Eine Analyse zum Wahlprogramm der AfD Brandenburg

Schon in der Ein­leitung wird deut­lich: Die AfD fokussiert sich in ihrem Wahl­pro­gramm zur bran­den­bur­gis­chen Land­tagswahl 20191 auf die preußis­che Geschichte und reizt dieses The­ma bis zum Let­zten aus. „Bran­den­burg-Preußen“2 ist das große Vor­bild der extrem recht­en Partei, egal ob bei der Ein­wan­derungs- oder Bil­dungspoli­tik. Die ein­seit­ige Rezep­tion führt zu einem verk­lären­den, klis­chee­be­lade­nen Preußen-Bild, nach dessen „Sekundär­tu­gen­den“3 (Pünk­tlichkeit, Ord­nung, Fleiß usw.) und welt­poli­tis­ch­er Bedeu­tung man sich sehnt. Den Gege­nen­twurf dazu bildet das Bran­den­burg unter der Herrschaft der „Alt­parteien“, die durch ihre ver­fehlte Poli­tik (in erster Lin­ie durch eine Förderung der Ein­wan­derung) das Land ruinieren: „So wollen uns die Alt­parteien eine mul­ti­kul­turelle Gesellschaft aufzwin­gen. Dabei zeigen zahlre­iche Beispiele aus der Geschichte, dass Mul­ti­kul­tur­al­is­mus eine Quelle von Kon­flik­ten ist.“4 Doch noch ist nicht alle Hoff­nung ver­loren – die AfD kann das Land noch vor dem vol­len­de­ten Schreck­ensszenario retten.

Idyl­lis­che Land­schaften will die AfD zurück­holen. Von wem sie zurück­ge­holt wer­den sollen, wird beim Blick in das Pro­gramm schnell klar.

Das Pro­gramm hält also wenig Über­raschen­des bere­it. Viele Forderun­gen find­en sich so oder ähn­lich auch bei anderen Parteien wieder (wer hat schon was gegen gerin­gere Kitage­bühren oder den Bre­it­ban­daus­bau?), ide­ol­o­gisch wird es, wie bere­its angedeutet, bei allen The­men, die sich mit den Topoi Bevölkerungsen­twick­lung, Migra­tion oder Sicher­heit verbinden lassen: Dem demographis­che Wan­del muss drin­gend etwas ent­ge­genge­set­zt wer­den; daher will die AfD die Geburten­rate durch die Unter­stützung von Eltern wieder anheben. Einen Aus­gle­ich durch Ein­wan­derung lehnt die Partei allerd­ings strikt ab – da bleibt sie dann doch lieber kon­se­quent völkisch, denn: „Die unkon­trol­lierte Massen­zuwan­derung der ver­gan­genen Jahre hat den sozialen Frieden in unserem Land schw­er beschädigt und zu ein­er Spal­tung der Gesellschaft geführt.“5.

In sicher­heit­spoli­tis­chen Fra­gen set­zt die Partei auf eine gle­ichzeit­ige Aufrüs­tung und Abschot­tung: Videoüberwachung und Gesicht­serken­nung sollen aus­geweit­et, das Waf­fenge­setz gelock­ert (offen­bar bedi­ent die AfD hier die ihr nahe ste­hende Hobbyschütz*innen- und Jäger*innen-Lobby, denn der Abschnitt zu diesem The­ma ist außergewöhn­lich detail­liert) und Gren­zkon­trollen wieder einge­führt wer­den, „um den ‚Ein­bruch­touris­mus‘ als Erschei­n­ungs­form der Tran­sitkrim­i­nal­ität zu unterbinden.“6 Krim­inelle Ausländer*innen seien vielmehr die Regel statt die Aus­nahme (das erfährt der*die nor­male Bürger*in nur deshalb nicht, weil in der medi­alen Berichter­stat­tung immer der Migra­tionsh­in­ter­grund ver­schwiegen wird), weshalb sie sich „für Änderun­gen der rechtlichen Rah­menbe­din­gun­gen zur Bekämp­fung der Aus­län­derkrim­i­nal­ität ein­set­zen“7 und auch das Polizeiauf­gabenge­setz entsprechend anpassen wollen. Als konkrete Maß­nahme schla­gen sie mehr Polizei und beispiel­sweise die Wieder­eröff­nung der Frank­furter JVA und deren Mit­nutzung als Abschiebezen­trum für Geflüchtete vor. Die Kosten für die Haft und die Abschiebung sollen die Betrof­fe­nen dann auch selb­st zahlen.

Auch im punc­to Sozialleis­tun­gen unter­schei­det die AfD zwis­chen Deutschen und Nicht-Deutschen: Finanzielle Unter­stützung will die AfD nur Ersteren zugute kom­men lassen. „Sozialleis­tun­gen sind für die sozial schwachen Mit­glieder unser­er Sol­i­darge­mein­schaft gedacht. Es ist für uns nicht hin­nehm­bar, bestand­skräftig aus­reisepflichti­gen Aus­län­dern Sozialleis­tun­gen zu gewähren, anstatt umge­hend ihre Aus­reise zu erwirken.“8

In der Bil­dungspoli­tik set­zt man, dem Leit­mo­tiv des Pro­gramms fol­gend, ganz auf Sekundär­tu­gen­den, Kopfnoten, Leis­tungs­druck und die Separierung von leis­tungsstarken und leis­tungss­chwächeren Schüler*innen. Die Auslese von Kindern soll durch eine strenge Gliederung (fol­gerichtig wird der Gesamtschule eine Absage erteilt) und einen Verzicht auf die Inte­gra­tion von Kindern mit Behin­derung in das Regelschul­sys­tem möglichst früh vorgenom­men werden.

Die Partei hat darüber hin­aus Zweifel daran, dass der Kli­mawan­del men­schengemacht ist, und will zudem den Aus­bau erneuer­bar­er Energien stop­pen sowie das Paris­er Klimabkom­men aufkündi­gen. Kon­se­quent, dass sie daher auch an der Gewin­nung von Braunkohle fes­thal­ten will. Sie haben die Zeichen der Zeit wohl nicht erkan­nt. Es beste­ht aber zumin­d­est die Hoff­nung, dass die Partei bei zukün­fti­gen Wähler*innengenerationen schlechter abschneidet.

Heimat und Iden­tität sind die zen­tralen Ansatzpunk­te der Partei; sie fordert ganz in Trump‘scher Rhetorik „Bran­den­burg zuerst!“9, will das Tra­gen des Kopf­tuchs in öffentlichen Ein­rich­tun­gen ver­bi­eten und bedauert, dass Deutsch mit­tler­weile keine Wis­senschaftssprache mehr ist und inzwis­chen auch noch durch gen­derg­erechte Ansätze verun­stal­tet wird. Es fällt den AfDler*innen offen­bar schw­er, sich in ein­er glob­al­isierten Welt und ein­er sich aus­d­if­feren­zieren­den Gesellschaft zurecht zu find­en. Man sehnt sich nach Klarheit. Die Hugenott*innen, die nach dem Dreißigjähri­gen Krieg nach Preußen ein­wan­derten, sehen sie als vor­bild­haft, weil sie gut aus­ge­bildet und kul­turell leicht inte­grier­bar an, während beson­ders außereu­ropäis­che Migrant*innen abgelehnt wer­den: „Die Todesstrafe, die Unter­drück­ung von Frauen und Mäd­chen oder die fehlende Tol­er­anz gegenüber anderen Weltan­schau­un­gen, wie sie in islamis­chen Län­dern an der Tage­sor­d­nung sind, haben in unserem aufgek­lärten Land Bran­den­burg nichts zu suchen.“10 Der Ruf nach Tol­er­anz mutet, ob der aus­gren­zen­den Ide­olo­gie der völkischen Recht­en, schon sehr skur­ril an. Die Ein­teilung nach ökonomisch nüt­zlichen und nut­zlosen Men­schen zieht sich, gekop­pelt an ras­sis­tis­che Dif­feren­zierun­gen, durch das ganze Wahl­pro­gramm. Men­schen wer­den wie eine ver­schieb­bare Masse behan­delt, wenn es heißt: „Wie unsere Geschichte gezeigt hat, liegt ein unverzicht­bar­er Teil unser­er staatlichen Sou­veränität darin, über die Qual­ität und Quan­tität der Ein­wan­derung selb­st zu bes­tim­men.“11

Bei so viel all­ge­mein­er Geschichts­duse­lei im Wahl­pro­gramm darf auch der Nation­al­sozial­is­mus und der Zweite Weltkrieg nicht fehlen. An zwei Stellen behan­delt die Partei dieses The­ma: „Bei der Darstel­lung der nation­al-sozial­is­tis­chen Schreck­en­sh­errschaft und ihrer bis heute andauern­den Fol­gen ist auch die Rolle des Einzel­nen in einem total­itären Staat zu behan­deln, um den Wert indi­vidu­eller Frei­heit­en zu erfahren.“12 und: „Ob als ‚ver­misst‘ an unbekan­nter Stelle in einem Einzel­grab ver­schar­rt oder einge­bet­tet in Mas­sen­gräber – viele Sol­dat­en liegen nach wie vor auf den Schlacht­feldern der bei­den Weltkriege. Wir wollen das Auffind­en dieser bis­lang namen­losen Kriegstoten finanziell fördern, so dass diese ein würdi­ges Begräb­nis erfahren kön­nen. Hier­bei machen wir keinen Unter­schied, ob es sich um Ange­hörige der preußisch-deutschen Armee, der pol­nis­chen Armee, der Wehrma­cht oder der Roten Armee han­delt. Wir wollen sämtlich­er tot­er Sol­dat­en gedenken, da diese für uns eine Mah­nung zum friedlichen Zusam­men­leben mit unseren Nach­bar­län­dern sind.“13 Soll im Klar­text heißen: Wir konzen­tri­eren uns nicht mehr auf das falsche staatliche Han­deln, son­dern auf das per­sön­liche indi­vidu­elle Erleben des All­t­ags im Nation­al­sozial­is­mus – was in der Kon­se­quenz die Ver­ant­wor­tung für das Große Ganze auss­chließt. Und außer­dem machen wir keinen Unter­schied zwis­chen den faschis­tis­chen Sol­dat­en der Wehrma­cht und den gefal­l­enen Befreiern der Roten Armee.

Zum Schluss lis­tet die AfD noch die aus ihrer Sicht größten Ver­fehlun­gen der bish­eri­gen Lan­desregierung auf. Sie spricht vom „rot-roten Regierungswahnsinn“, zu dem natür­lich auch die Zer­störung der Heimat durch den „Masse­nansturm auf unsere Gren­zen“14 gehört; die ras­sis­tis­chen Kern­botschaften tauchen auch hier wieder auf. Dabei wäre es doch der einzig wirk­liche „Wahnsinn“, würde die Partei im Sep­tem­ber noch mehr Stim­men als bei der let­zten Land­tagswahl 2014 erhalten.

Quellen:

1Alter­na­tive für Deutsch­land (AfD): „Land­tagswahl­pro­gramm für Bran­den­burg 2019“, abruf­bar unter https://afd-brandenburg.de/wp-content/uploads/2019/06/Wahlprogramm_Brandenburg_2019_ohne_kapitelbilder_kommentare_acc2144-01–06-19-final.pdf.

Eine Zusam­men­fas­sung des Land­tagswahl­pro­gramms gibt es zudem in der MAZ: “Vor­bild Preußen: Das soll im Wahl­pro­gramm der AfD ste­hen”: https://www.maz-online.de/Brandenburg/Vorbild-Preussen-Das-soll-im-Wahlpgrogramm-der-Brandenburger-AfD-stehen. Eine Analyse der Sozialpoli­tik der AfD Bran­den­burg mit dem Schw­er­punkt Pots­dam liefert die Emanzi­pa­torische Antifa Pots­dam: “Stein des Anstoßes Aus­gabe 03 – Die Sozialpoli­tik der AfD” (https://www.e‑a-p.org/wp-content/uploads/Stein_03.pdf). Einen genaueren Blick auf aus­gewählte Per­so­n­en und einige Pro­gram­mele­mente find­en sich im Por­tal “Blick nach rechts” in dem Artikel “Mit Recht­saußen-Per­son­al in den Land­tag”: https://www.bnr.de/artikel/hintergrund/mit-rechtsau-en-personal-in-den-landtag. Der RBB por­traitiert den AfD-Spitzenkan­di­dat­en Andreas Kalb­itz: “Mit Preußen als Vor­bild in den Wahlkampf”: https://www.rbb24.de/politik/wahl/Landtagswahl/beitraege/landtagswahl-2019-brandenburg-spitzenkandidaten-afd-kalbitz.html.

2AfD, Land­tagswahl­pro­gramm, S. 4.

3Ebd.

4Ebd., S. 5.

5Ebd., S. 19.

6Ebd., S. 51.

7Ebd., S. 53.

8Ebd., S. 19.

9Ebd., S. 31.

10Ebd., S. 56.

11Ebd.

12Ebd., S. 5.

13Ebd., S. 38.

14Ebd., S. 82.

Kategorien
Antifaschismus Bildung & Kultur

Kalbitz ausladen — Offener Brief an proWissen e.V.

Am 6. August richtet der Vere­in proWis­sen e.V. eine Podi­ums­diskus­sion zum The­ma Wis­senschaft mit dem Titel “Wie hal­tet ihr’s mit der Wis­senschaft” aus. Geladen sind Landtagswahlkandidat*innen. Als wäre dies unauswe­ich­lich, bietet der Vere­in dabei aus­gerech­net dem rech­sex­tremen AfD-“Flügel”-Vertreter Andreas Kalb­itz ein Podi­um für dessen rechte Rhetorik. Studierende und Wissenschaftler*innen möcht­en nicht hören, wie es Kalb­itz mit der Wis­senschaft hält! In einem offe­nen Brief fordern sie und andere proWis­sen dazu auf, Kalb­itz keine Bühne zu geben.
Als AfD-“Flügel”-Vertreter ste­ht Kalb­itz ohne­hin für recht­sex­treme — und damit wis­senschafts­feindliche — Posi­tio­nen. Kalb­itz zu ein­er Diskus­sion über die Bran­den­burg­er Wis­senschaft­s­land­schaft einzu­laden, ist ein Akt der Gle­ich­be­hand­lung und des Wegschauens, der ein­er Nor­mal­isierung anti­hu­man­is­tis­ch­er und recht­sradikaler Diskurse Vorschub leis­tet — der rechte Rand der AfD wird damit in die Mitte der Gesellschaft ein­ge­laden. Kalb­itz Partei der­weil, ver­sucht regelmäßig die demokratisch gewählten Vertre­tun­gen der Studieren­den­schaften einzuschüchtern. Wider­sprüch­lich ist das Vorge­hen des Vere­ins, dem der Pots­damer Bürg­er­meis­ter Mike Schu­bert vorste­ht, auch hin­sichtlich dessen Mit­glied­schaft beim Bünd­nis “Pots­dam! beken­nt Farbe” sowie beim Pots­damer Toleranzedikt.
Die Unterzeichner*innen (u.A. AStA Uni­ver­sität Pots­dam, AStA HU Berlin, See­brücke Pots­dam, Auf­ste­hen gegen Ras­sis­mus) fordern proWis­sen auf, den eige­nen Vere­in­szie­len gerecht zu wer­den und sich für eine sachgerechte und ser­iöse Ver­mit­tlung zwis­chen Poli­tik und Wis­senschaft einzuset­zen, die in der Lage ist, reflek­tiert, ver­ant­wor­tungsvoll — und im besten Fall wis­senschaftlich — Bezug auf die aktuellen gesellschaftlichen und poli­tis­chen Ver­hält­nisse zu nehmen sowie: Kalb­itz auszuladen!
Offen­er Brief: https://kuze-potsdam.de/news/single/artikel/offener-brief-kalbitz-ausladen.html
Ver­anstal­tung: https://www.wis-potsdam.de/de/prowissen-potsdam-ev/haltet-ihrs-mit-wissenschaft-podiumsdiskussion-mit-den-kandidatinnen-und
Über proWis­sen: https://www.wis-potsdam.de/de/wissenschaft-alle/prowissen-potsdam-ev
Liste der Unterzeichner*innen:

DIE LINKE.SDS Potsdam

GEW Stud­is Brandenburg

AStA der Uni­ver­sität Potsdam

PIRATEN Pots­dam

Auf­ste­hen gegen Rassismus

frei­Land Potsdam

See­brücke Potsdam 

Referent_innenRat (geset­zl. AStA) der HU Berlin

FAU — Freie Arbei­t­erIn­nen Union Potsdam

KuZe — Stu­den­tis­ches Kul­turzen­trum Potsdam

Dr. Bern­hard Bielick

Dipl.-Ing. Thomas Gaul (Inter­na­tionaler Koor­di­na­tor — Piraten­partei Deutschland)

Einzelperson(Promotionsstudentin Freie Uni­ver­sität Berlin, Fach­bere­ich Erziehungswis­senschaft und Psychologie

Dr. Jochen Kleres (Uni­ver­sität Pots­dam, Inklu­sion und Organisationsentwicklung)

Dr. Jörg Kwapis (Leit­er Zen­trum Ther­a­pie der Rechen­schwäche Potsdam)

Fred­er­ic Matthé (Uni­ver­sität Pots­dam, Zen­trum für Qual­ität­sen­twick­lung in Studi­um und Lehre)

Michael John Sin­clair (Bun­des-The­men­beauf­tragter Migra­tion & Asyl — Piraten­partei Deutschland) 

Kon­stan­tin Veit (Mas­ter­stu­dent FU Berlin, Fach­bere­ich Poli­tik- und Sozialwissenschaft)

Dipl.-Theol. Eva Wawrzy­ni­ak (Katholis­che Hochschu­lar­beit Potsdam) 

Kategorien
Antifaschismus Bildung & Kultur

JWD in einem (fast) anderen Format

INFORIOT — Das antifaschis­tis­che „Janz Weit Draussen“ (JWD) — Camp  fand am ver­gan­genen Woch­enende nun bere­its zum drit­ten Mal statt. Dies­mal schlug das Camp jedoch nicht seine Zelte am Rand des Bun­des­lan­des auf, son­dern ging direkt ins Herz der bran­den­bur­gis­chen Lan­deshaupt­stadt. Mit Blick auf die bevorste­hende Land­tagswahl am 1. Sep­tem­ber diesen Jahres und dem zu erwartenden starken Abschnei­den der nation­al-kon­ser­v­a­tiv­en AfD, woll­ten die Organisator*innen mit anderen Aktivist*innen über Strate­gien gegen den bevorste­hen­den Recht­sruck diskutieren.

Zwei Tage — zwei Orte

Für das JWD 2019 wurde von der bish­eri­gen Form eines Antifa-Camps zumin­d­est teil­weise abgewichen. Da das JWD dies­mal nur an zwei Tagen stat­tfind­en kon­nte und zudem in die Großs­tadt ging, wurde das Konzept um eine kleine Kon­ferenz ergänzt und aus dem „Janz Weit Draussen“- Camp wurde die „Join.Workshops.&.Diskuss“-Camp.ferenz. Auf­grund der Vielzahl der linken und alter­na­tiv­en Pro­jek­te, die Pots­dam zu bieten hat, wollte sich das Camp auch nicht auf einen Ort beschränken. Am Fre­itag wurde daher im Kul­tur­pro­jekt „La Datscha“ das JWD eröffnet. Am Abend fol­gten nach der Begrüßung drei span­nende Work­shops und Infover­anstal­tun­gen, u.a. zu Recht­srock, tox­is­ch­er Männlichkeit und anti­semi­tis­chen Esoteriker*innen. Im Anschluss bot die Lage direkt an der Hav­el einen gemütlichen Ausklang mit Getränken.

Am fol­gen­den Tag set­zte sich das Woch­enende im Frei­Land fort. Auf dem großen Gelände, das in Pots­dam eine wichtige Insti­tu­tion für alter­na­tive Kul­tur ist und zahlre­ichen Ini­tia­tiv­en eine zu Hause bietet, fan­den weit­ere Work­shops und Diskus­sionsver­anstal­tun­gen statt. Am Abend bot die Podi­ums­diskus­sion einen Ein­blick in Hand­lungskonzepte im Umgang mit dem Recht­sruck in Bran­den­burg. Unter dem Titel „Wahlen … Und dann? Strate­gien gegen den Recht­sruck in Bran­den­burg“ sprachen fünf Vertreter*innen aus ver­schiede­nen Pro­jek­ten im Land über ihren Umgang mit der AfD und den bere­its jet­zt spür­baren Druck, der auf diesen Pro­jek­ten teil­weise lastet. Den Abschluss bildete ein Konz­ert mit anschließen­der Par­ty im Spartacus.

Trotz des hefti­gen Unwet­ters, welch­es so manch­es Zelt am Sam­stagabend unter Wass­er set­zte und die Atmo­sphäre während der Podi­ums­diskus­sion ver­dunkelte, waren viele der etwa 150 Teil­nehmenden beein­druckt, was linke Pro­jek­te in Bran­den­burg, trotz viel­er Wider­stände, bis­lang alles geschafft haben. Es ent­standen so auch abseits des reg­ulären Pro­gramms Diskus­sio­nen, kleinere Grup­pen ver­net­zten sich mit Ini­tia­tiv­en aus den Nach­barstädten oder schmiede­ten bere­its gemein­same Aktio­nen, um einen Zeichen zu set­zen, dass nicht ganz Bran­den­burg die extrem rechte Poli­tik der AfD unwider­sprochen hin­nehmen will.

Eins scheint jet­zt schon sich­er: Egal wie die Wahlen im Sep­tem­ber aus­ge­hen wer­den, Antifaschist*innen aus den Dör­fern und Städten Bran­den­burgs wer­den auch in Zukun­ft sich sicht­bar gegen den Recht­sruck zu Wehr set­zen und emanzi­pa­torische Pro­jek­te vertei­di­gen bzw. auf­bauen. Näch­stes Jahr auch wieder auf dem JWD-Camp irgend­wo in Brandenburg.

Kategorien
Antifaschismus Law & Order

Betroffene müssen informiert werden

Die Beratungsstelle für Betroffene rechter Gewalt in Brandenburg,
Opferperspektive, fordert rechten Terror ernstzunehmen und kritisiert
das Polizeiverhalten in Bezug auf die sogenannten Todeslisten der
Gruppierung „Nordkreuz“: Polizei und Bundeskriminalamt (BKA) haben zwei
Jahre lang versäumt, die Betroffenen rechten Terrors zu informieren.

Nachdem in verschiedenen Medien Mitte Juni neue, erschreckende Details
zu den Aktivitäten der extrem rechten Gruppierung „Nordkreuz“
veröffentlicht wurden und auf den beschlagnahmten Listen auch Menschen
aus Nordbrandenburg stehen sollen, fragte die Opferperspektive via
Twitter die Polizei Brandenburg und Mecklenburg-Vorpommern, ob die auf
der Liste aufgeführten Personen informiert werden. Eine ausweichende
Antwort bekamen wir statt von der Polizei zunächst durch das BKA und
anschließend, auf eine erneute Nachfrage, auch von der Polizei
Brandenburg unisono: Sie könnten keine Auskunft geben, Ermittlungen
würden laufen. Laut BKA müsse grundsätzlich die Gefährdelage analysiert
werden.

Die Antwort verwundert, wurden die Listen doch bereits 2017 bei
Durchsuchungen gefunden. Im August 2018 stellte die Fraktion der Linken
eine kleine Anfrage (Drucksache 6/9353), in deren Antwort das
Innenministerium darauf hinwies, dass sie keine Veranlassung sehe die
Betroffenen zu informieren, da die Gefährdelage zu abstrakt sei.
Spätestens seit dem Mord an Walter Lübcke, zunehmender rechter Gewalt,
vermehrten Waffenfunden, dem Ordern von Leichensäcken und Ätzkalk für
einen „Tag X“ muss endlich allen klar sein welch tödliche Gefahr von der
rechten Szene ausgeht. Der Staat muss nicht nur lückenlos aufklären,
sondern hat die Aufgabe die Betroffenen zu schützen. „Wir fordern die
Sicherheitsbehörden auf, alle auf den Feindeslisten aufgeführten
Personen zu informieren. Sie haben ein Recht darauf zu erfahren, ob sie
Ziel von Angriffen werden sollten. Das sollte auch eine Lehre aus dem
Behördenversagen in der Mord- und Anschlagsserie des
Nationalsozialistischen Untergrunds (NSU) sein“, so Judith Porath,
Geschäftsführerin des Vereins Opferperspektive.

Die Opferperspektive kritisiert die Verharmlosung rechten Terrors und
fordert, die Betroffenen rechter Gewalt und rechten Terrors
ernstzunehmen. Die „Nordkreuz“ Gruppe legte Listen an, auf denen
Engagierte, die sich gegen Rechts und für Gefüchtete einsetzten, sowohl
Politiker*innen als auch Privatpersonen, geführt wurden. „Wir stehen mit
vielen dieser Menschen in Kontakt. Sie sind verunsichert, haben Angst
und fühlen sich in ihrem Alltag eingeschränkt, wenn sie durch
Medienberichte erfahren, dass sie auf einer ‚Todesliste‘ stehen könnten.
Gerade nach dem Mord an Walter Lübcke machen sie sich Sorgen, ob
sie und ihre Familie akut gefährdet sind“, meint Julian Muckel, Berater
für Betroffene rechter Gewalt. „Sie zu informieren und ihnen damit zu
signalisieren, dass die Polizei die Bedrohung ernst nimmt, wäre dringend
erforderlich. Dass dies zwei Jahre nach den Hausdurchsuchungen noch
immer nicht passierte, empfinden wir als eine erneute Verharmlosung
rechten Terrors.“

Die Beratungsstelle für Betroffene rechter Gewalt bietet eine
professionelle Beratung für Betroffene rechter Gewalt, deren
Freund*innen, Angehörige und Zeug*innen an. Die Beratung ist kostenlos,
vertraulich, parteilich und unabhängig von staatlichen Behörden.

Als Mitglied des landesweiten „Aktionsbündnis Brandenburg gegen Gewalt,
Rechtsextremismus und Fremdenfeindlichkeit“ schließt sich der Verein
Opferperspektive dem Statement des Vorstands des Aktionsbündnis an.

Kontakt:
Judith Porath, Geschäftsführerin Opferperspektive e.V.: +49 151 59100082
Julian Muckel, Berater für Betroffene rechter Gewalt: +49 151 59100086
Kategorien
Antifaschismus Law & Order

Betroffene haben Recht auf Information

Bereits seit August 2017 ermittelt die Bundesanwaltschaft gegen das
rechtsextreme Netzwerk „Nordkreuz“.
Laut den Sicherheitsbehörden stammen die meisten Personen der Gruppe aus
dem Umfeld von Bundeswehr und Polizei, seit Jahren sammeln sie nicht nur
Waffen und Munition, sondern auch Namen und Adressen von vermeintlichen
politischen Gegnerinnen und Gegnern.
Seit Mitte Juni gelangen immer neue Informationen an die Öffentlichkeit:
Die Gruppe habe versucht, Leichensäcke und Ätzkalk zu bestellen;
„Nordkreuz“ habe mit Hilfe von Dienstcomputern der Polizei rund 25.000
Namen recherchiert; auf diesen Listen fänden sich schwerpunktmäßig
Engagierte aus Politik und Zivilgesellschaft in Mecklenburg-Vorpommern,
aber auch solche aus Perleberg und Pritzwalk in Brandenburg; die
Landesregierung von Mecklenburg-Vorpommern hat eine Kommission
eingerichtet, um rechtsextreme Verbindungen in die Landespolizei zu
untersuchen.

Das Brandenburger Innenministerium verneint der Märkischen Allgemeinen
Zeitung zufolge, dass die Gruppe „Nordkreuz“ in der Mark aktiv sei, denn
es gebe derzeit „keine Anhaltspunkte für Tatverdächtige aus
Brandenburg“. Betroffene Personen aus Brandenburg würden erst
informiert, wenn ein „schädigendes Ereignis“ zu erwarteten sei. In
Mecklenburg-Vorpommern hat das Bundeskriminalamt dagegen inzwischen 29
Betroffene aus Politik und Zivilgesellschaft in Kenntnis gesetzt –
während die dortigen Landesbehörden dies weiterhin unterlassen.
Wir, der Vorstand des Aktionsbündnisses Brandenburg, halten die Existenz
dieser Listen für eine ernstzunehmende Bedrohung. Es ist deshalb
unabdingbar, dass die zuständigen Behörden alle Betroffenen unverzüglich
informieren. Jede der 25.000 Personen hat das Recht zu erfahren, ob ihre
Meldedaten per Polizeicomputer illegal recherchiert worden sind. Nach
den jüngsten Gewalttaten und der Kritik an der Aufklärung der Taten des
NSU sind Transparenz und Information nötig. Angesichts zunehmender
Bedrohungen sollte das Land Brandenburg seinen Engagierten aus Politik
und Zivilgesellschaft weiterhin den Rücken stärken und Unsicherheiten
und Ängsten entschieden entgegentreten.
Inforiot