Gegen eine Versammlung der NPD haben am Samstagvormittag ungefähr 80 Menschen auf dem Marktplatz in Bad Belzig protestiert. Des weiteren wurde sich zur Aufnahme weiterer Flüchtlinge bekannt sowie für eine bunte und weltoffene Gesellschaft demonstriert.
Die NPD hatte ihre Veranstaltung mit ungefähr 20 Personen durchgeführt. Als Redner trat André Schär, lokaler Kreistagsabgeordneter der Partei, auf. Die Teilnehmer_innen kamen überwiegend aus Brandenburg, vereinzelt aber auch aus Sachsen-Anhalt.
Die Aktion der NPD stand im Kontext einer brandenburgweiten, neonazistischen Kampagne zum „Tag der deutschen Einheit“. Neben Bad Belzig fanden so u.a. auch in Nauen, Fürstenberg, Frankfurt (Oder) ähnliche Versammlungen und Gegenveranstaltungen statt.
Am heutigen Samstag, den 3. Oktober demonstrierten am Frankfurter Bahnhof gut 100 Bürger*innen gegen eine fast zeitgleich stattfindende Kundgebung der brandenburgischen Neonaziszene. Das Bündnisses „Kein Ort für Nazis in Frankfurt (Oder), bestehend aus zivilgesellschaftlichen
Akteur*innen, hatte unter dem Motto „Grenzenlose Solidarität statt deutscher Mob“ dazu aufgerufen, die rassistische und neonazistische Hetze der Asylfeind*innen nicht unwidersprochen zu lassen.
Rund 40 Teilnehmer*innen aus der örtlichen rechten Szene, darunter zum wiederholten Male viele Jugendliche, als auch von der Neonazi-Partei „Der III. Weg“ waren dem entlarvenden Slogan „Viele kleine Feuer werden zum Flächenbrand“ in eine dunkle Ecke des Bahnhofsvorplatzes gefolgt. Geistige Brandstifterei wurde in der einzigen Rede von NPD-Kader Pascal Stolle betrieben. Er warnte vor der „Aslyflut“ und kündigte an, die „verlorenen Ostgebiete“ des Dritten Reiches zurück zu erobern. Begleitet wurde die Hetzrede schließlich von allen drei Strophen des Deutschlandliedes. Die Kundgebung der Neonazis wurde immer wieder von
Sprechchören und Musik seitens der Gegendemonstrant*innen gestört. Auch in anderen brandenburgischen Städten und Gemeinden fanden zeitgleich Demonstrationen gegen rassistische und neonazistische Propaganda statt.
Bei strahlendem Sonnenschein wurden indes die 100 Teilnehmer*innen der Protestkundgebung in Frankfurt (Oder) im Namen des Bündnisses „Kein Ort für Nazis“ von Frank Hühner (DGB) begrüßt. In den Redebeiträgen wurde Verständnis gezeigt für die schwierige Lage der Asylsuchenden –
insbesondere vor dem Hintergrund der sich abzeichnenden Asylgesetzverschärfung – und vor weiteren Pogromen gewarnt. Die steigende Zahl von Angriffen auf Unterkünfte von Asylbewerber*innen seit 2013 seien alarmierend und erinnerten an das gesellschaftliche
Hass-Klima Anfang der 1990er Jahre, so ein Sprecher der Jugendorganisation [solid]. Der Sprecher des Bündnisses, Jan Augustyniak, erläuterte die Hintergründe der lokalen Strukturen der extremen Rechten, die zwar durch ihre offenen Bekenntnisse zum Nationalsozialismus in der Öffentlichkeit nicht mehr mit „Wutbürgern“ zusammen gehe, jedoch vor allem für Geflüchtete und solidarische Frankfurter*innen eine zunehmende Gefahr darstelle. Wolfgang Neumann, orsitzender der Stadtverordnetenversammlung, betonte, dass durch antifaschistische Proteste niemand „in die rechte Ecke gestellt werde“. Wer Geflüchteten die Menschenrechte abspreche, der gehe „dort ganz von alleine hin“. Der Frankfurter Anwalt Dieter Bollmann berichtete anschließend von seiner ehrenamtlichen Tätigkeit für Geflüchtete und warb für sein Vorhaben, Abschiebungen aus der Stadt vollständig zu verhindern.
Die Polizei war mit einer Einsatzhundertschaft sowie einer Hundestaffel vor Ort. Die Polizist*innen machten unnötigerweise die Hunde scharf und ließen sie vor den friedlichen Gegendemonstrant*innen kläffen, um diese einzuschüchtern.
Das Bündnis „Kein Ort für Nazis in Frankfurt (Oder)“ wertet die Aktivitäten des Tages als Erfolg und hofft, dass „wir es gemeinsam schaffen können, heute und an allen übrigen Tagen im Jahr Antirassismus und Antifaschismus in der Stadt fest zu verankern.“ Es brauche einen
langen Atem, doch dies sei wichtig, „wenn wir gemeinsam in einer Stadt leben wollen, die Menschenfeindlichkeit nicht toleriert. Und so für alle und auf Dauer lebenswert wird!“
Bereits zum fünften Mal dieses Jahr wollen rassistische Gruppierungn am
“Tag der deutschen Einheit” ihren Hass auf die Straße tragen. In der
Vergangenheit wurden große Erfolge mit Blockaden von solch rassistischen
und neonazistischen Aufmärschen erzielt. Aller Orts trauen sich
Rassist*innen mittlerweile, unverhohlen gegen Geflüchtete und
Andersdenkende zu hetzen. Weitere Teile der Bevölkerung versuchen
hingegen, ihre menschenfeindliche Ideologie mit einem bürgerlichen
Deckmantel zu kaschieren. Das Bündnis “Kein Ort für Nazis in Frankfurt
Oder” ruft alle Frankfurt*innen guten Willens auf, sich diesen Samstag
ab 10 Uhr an einer antirassistischen Solidaritäts-Kungebung auf dem
Bahnhofsvorplatz zu beteiligen.
Unter dem Motto “Grenzenlose Solidarität statt deutscher Mob” will das
Bündnis auch auf die Gefahr aufmerksam machen, die nach wie vor von
Neonazis und Rassist*innen ausgeht. Zwar wurde die sogenannte
Willkommenskultur in den letzten Wochen durch die Medien populär
gemacht, doch so wichtig es ist, die Arbeit ehrenamtlicher Helfer*innen
zu würdigen — wir dürfen dadurch nicht vergessen, dass es auch in
Brandenburg und Frankfurt (Oder) Strömungen gibt, die eine offene und
aufnahmebereite Gesellschaft mit Gewalt verhindern wollen. Und wir
dürfen uns nicht darauf verlassen, dass das spontane Engagement vieler
Bürger*innen auf Dauer anhält. Aus der Willkommenskultur muss eine
Willkommensstruktur werden: Der “Rat für Migration”, ein bundesweiter
Zusammenschluss aus Migrationsforscher*innen, u. a. aus den Reihen der
Viadrina, plädiert für eine staatlich unterstütze Professionalisierung
der ehrenamtlichen Arbeit, die unbürokratische Nutzung vorhandener
Ressourcen und eine effektive Dezentralisierung. Die angekündigten
restriktiven Maßnahmen der Bundesregierung bedeuteten hingegen enorme
Kosten und führten zu einer erhöhten Belastung der Aufnahmeeinrichtungen
sowie der behördlichen Stellen. Aus wissenschaftlicher Sicht seien die
aktuellen Änderungen des Asyl- und Aufenthaltsrechtes “eine Schließung
der Grenzen statt einer gezielten Öffnung”; Staat und Zivilgesellschaft
arbeiteten somit stärker gegen- als miteinander. In dieser Hinsicht will
die Kungebung des Bündisses “Kein Ort für Nazis in Frankfurt (Oder)” am
Samstag auch ein Zeichen setzen für eine humane Flüchtlingspolitik.
Frankfurt (Oder), den 01.10.2015
Das Bündnis “Kein Ort für Nazis in Frankfurt (Oder)” ruft für Samstag, den 3. Oktober alle Bürger*innen der Stadt dazu auf, sich solidarisch mit Geflüchteten zu zeigen. Eingeladen wird zu einer Kundgebung mit Redebeiträgen und Musik für Jung und Alt am Bahnhofsvorplatz ab 10 Uhr. In Sicht- und Hörweite einer ab 11 Uhr angesetzten Neonaziveranstaltung will das Bündnis rassistischer Propaganda und deutscher Beschränktheit ein grenzenloses “Refugees Welcome” entgegenhalten.
Hintergrund ist eine landesweite Aktion von Brandenburger Neonazis unter dem gemeinsamen Motto „Tag der Deutschen Einheit – Wir sind das Volk!“. Die meisten Veranstaltungen sollen zwischen 10:55 und 11:55 Uhr stattfinden, so auch in Frankfurt auf dem Bahnhofsvorplatz. Es ist nicht das erste Mal, dass sich stadtbekannte Neonazis versammeln wollen, um ihr rassistisches Menschenbild an die Bürger*innen Frankfurts heranzutragen. Das Bündnis “Kein Ort für Nazis in Frankfurt (Oder)” solidarisiert sich mit Geflüchteten und anderen Betroffenen von rassistischer Hetze und Gewalt.
Die Rassist*innen wollen Flüchtlingen durch ihre menschenverachtende Stimmungsmache das Recht auf ein Leben in Würde nehmen. Angestachelt durch die Hetze kam es in der Vergangenheit auch hier in der Stadt zu Beleidigungen, Anfeindungen und Übergriffen gegenüber Geflüchteten.
Indem Neonazis eine Verschärfung des Asylrechts verlangen, sprechen sie geflüchteten Menschen den Zugang zu Schutz und Sicherheit – und damit ein zentrales Menschenrecht – ab. All dem stellen wir uns ganz entschieden entgegen!
Den menschenverachtenden Forderungen der Rassist*innen und Neonazis setzen wir humanistische und demokratische Werte entgegen. Flüchtlinge sollen friedlich und sicher in Deutschland leben können, ohne Angst vor sozialer Kälte, Hass und Gewalt haben zu müssen. Flucht ist kein
Verbrechen! Daher fordern wir alle Demokrat*innen auf, sich kreativ, zahlreich und entschlossen am Protest gegen die Veranstaltung der Rassist*innen und Neonazis zu beteiligen. Sollte die Notwendigkeit bestehen, einen rechten Aufmarsch zu verhindern, sind friedliche
Massenblockaden das Mittel unserer Wahl. Wir sind solidarisch mit allen, die unser Ziel teilen, sich den rassistischen Aktionen entgegenzustellen.
Keinen Fußbreit dem Rassismus! Frankfurt (Oder) bleibt kein Ort für Nazis!
Frankfurt (Oder), den 29.09.2015
INFORIOT Für den 03. Oktober mobilisieren Neonazis auf Facebook zu einer landesweiten Aktion unter dem gemeinsamen Motto „Tag der Deutschen Einheit – Wir sind das Volk!“. Nach aktuellem Stand sollen in den Städten Bad Belzig, Beeskow, Bernau, Brieskow-Finkelheerd, Calau, Eberswalde, Frankfurt/Oder, Fürstenberg/Havel, Fürstenwalde, Guben, Königs Wusterhausen, Nauen, Plessa, Prenzlau, Rheinsberg und Templin Kundgebungen bzw. Mahnwachen stattfinden. In Hennigsdorf soll ein Infotisch durchgeführt werden.
Die öffentlich einsehbare Facebook-Gruppe unter den Namen „WIR“ ruft auf, sich an der landesweiten Aktion „über die Partei- und Organisationsgrenzen hinweg“ zu beteiligen. Federführend bei der Initiierung der Gruppe und der Aktion ist die NPDlerin Manuela Kokott, die als „besorgte Bürgerin“ auf flüchtlingsfeindlichen Kundgebungen im Raum Oder-Spree holprige Redebeiträge hält. Die Gruppe umfasst 26 Mitglieder (Stand: 29.09.2015), darunter bekannte Neonazis wie der Nauener NPD-Stadtverordnete Maik Schneider, der verurteilte Gewalttäter Alexander Bode, “III. Weg”-Mitglied Pascal Stolle oder Peer und Franziska Koss, die maßgeblich die asylfeindlichen Protesten im Raum Frankfurt/Oder antreiben. Peer Koss hat laut eigener Ankündigung in der Gruppe für den 3. Oktober eine eigene Demonstration in Frankfurt/Oder angemeldet.
Screenshot der Facebook-Gruppe
Die meisten Veranstaltungen sollen zwischen 10:55 und 11:55 stattfinden. Dabei ist die Endzeit an die Redensart „Fünf vor Zwölf“ angelehnt, was umgangssprachlich für Eile oder einen Aufbruch aus der Dringlichkeit heraus steht. Die Flyerankündigung bestätigt den Eindruck der gezielt gewählten Zeit. Darin wird ein Untergangsszenario beschrieben, wonach „Millionen von Fremden“, die durch sog. „Gutmenschen“ importiert werden, „das Volk“ bedrohen würden.
Gegenproteste angekündigt Als Reaktion auf die Ankündigung der Kundgebung in Beeskow hat die zivilgesellschaftliche Initiative „Beeskow gegen Rassismus“ Gegenproteste angekündigt. Unter den Motto „Beeskow gegen Rassismus – Solidarität mit Geflüchteten“ soll eine Protestkundgebung zwischen 10–13Uhr in der Breitestraße stattfinden. In Frankfurt (Oder) ruft das Bündnis “Kein Ort für Nazis in Frankfurt/Oder” zur antirassistischen Kundgebung von 10–13 Uhr am Frankfurter Bahnhof auf. Das Bündnis “Fürstenwalde gegen Rassismus” hat eine Kundgebung ab 10.00Uhr in der Richard-Strauss-Str. (Stadtteil Nord) angemeldet. Und auch in Bad Belzig wollen Menschen gegen die neonazistische Kundgebung demonstrieren. Unter den Motto “BADBELZIGLOVESALLCOLOURS !” wollen sie sich ab 10.30Uhr auf den Marktplatz den Neonazis entgegen stellen. In Rheinsberg, Prenlau, Hennigsdorf und Fürstenberg/Havel wurden weitere Gegenveranstaltungen angemeldet. In weiteren Städten sollen Gegenproteste folgen.
Saison der “Abendspaziergänge” geht wieder los
Indes sollen der sog. „Abendspaziergänge“ in verschiedenen Städten in Brandenburg wieder starten. Im Schutze der Dunkelheit will der inoffizielle Brandenburger Pegida-Ableger „BraMM – Brandenburger für Meinungsfreiheit und Mitbestimmung” am 30. Oktober in Senftenberg am Markt 1 aufmarschieren. Die Facebookseite „Nein zum Heim Zehdenick“ ruft zum 3. Abendspaziergang am 2. Oktober in Zehdenick (Oberhavel) auf.
Am Freitagabend informierte der Landkreis Havelland mit Unterstützung der Polizei und der Gemeindeverwaltung die Bürger_innen von Brieselang zu der auf einem Kirchengrundstück im Ort geplanten Notunterkunft für Flüchtlinge. Die temporäre Gemeinschaftsunterkunft ist als Traglufthalle für die Unterbringung von bis zu 300 Menschen vorgesehen. Zur Unterstützung von Landkreis und Gemeinde hat sich im Ort inzwischen eine mittlerweile auf 175 Personen gewachsene Willkommensinitiative gebildet. Deren Vertreter_innen, insbesondere die in ihr vertretenden Gemeindevertreter_innen, sprachen sich auch am Freitagabend für die Aufnahme von Flüchtlingen aus. Ein anderer Teil der bei der Einwohner_innenversammlung anwesenden Bürger_innen zeigte sich dagegen eherskeptisch. Deren Bewusstsein war offenbar von diffusen Ängsten und Vorurteilen geprägt, die das Podium auch nicht durch noch so rationale Argumente überwinden konnte. Dazu kamen noch einzelne Störversuche durch eine Gruppe Bürger_innen, die sich um einen Gemeindevertreter der NPD und einen anscheinend ortsansässigen Sympathisanten der „Freien Kräfte Neuruppin/Osthavelland“ versammelt hatten. Fakten zur geplanten Unterkunft
Nach einer kurzen Begrüßungsrede des Bürgermeisters, in der dieser abermals bekräftigte, dass die Gemeinde Brieselang den Landkreis Havelland bei der Unterbringung von Flüchtlingen unterstützen wolle und diesbezüglich um eine sachliche Diskussion bat, erläuterten die Vertreter_innen des Kreises das geplante Projekt. Zuvor bedankte sich jedoch erst einmal der Stellvertretende Landrat Roger Lewandowski für das Angebot der Gemeinde, eine Notunterkunft zur Verfügung zu stellen. Brieselang sei der einzige Ort im Havelland gewesen, der von sich aus auf den Landkreis zugegangen sei und bezüglich der Unterbringung der geflüchteten Menschen ein Angebot abgegeben habe. Die ursprünglich als Notunterkunft anvisierte Sporthalle, sei aber mittlerweile, aus baulichen Gründen, wieder vom Tisch. Dennoch müssen die im Landkreis Havelland ankommenden Flüchtlinge nach wie vor untergebracht werden. Bisher wurden, gemäß Lewandowski, schon 776 Menschen untergebracht, 823 sollen aber noch folgen. Und genau hier scheint für den Landkreis das Problem zu liegen. Alle vorhandenen Gemeinschaftsunterkünfte, in Rathenow, Premnitz, Friesack und Falkensee, seien bereits belegt und die in Bau befindlichen Objekte noch lange nicht bezugsreif. Auch gäbe es keine, schnell bezugsfähigen Container mehr auf dem Markt und die ursprünglich als Notunterkunft gedachte Sporthalle in Nauen wurde durch einen Brandanschlag zerstört. Deshalb hatte sich der Landkreis Havellandnun kurzfristig dazu entschlossenTraglufthallen anzumieten.
Die für die Gemeinde Brieselang favorisierte Variante der Halle hat eine Länge von 72m, eine Breite von 36m und eine Höhe von 9m. Die Grundfläche beträgt demnach 2592m² und entspricht bei einer angedachten Belegung mit 300 Menschen dem vom Land vorgegebenen Mindestplatzbedarf für jede/n Bewohner_in. Die für die Aufstellung der Halle notwendige Grundstücksfläche von 10.000m² ist in Brieselang ebenfalls gegeben. Das zur Verfügung stehende Gelände hat nämlich eine Fläche von 13.000m².
Die Traglufthalle wird nach dem Aufbau in einzelne Segmente, in Schlaf‑, Koch‑, Aufenthalts- und Sanitärbereiche gegliedert und konstant beheizt.
Die Anmietung sei, so Jürgen Goulbier vom Bauordnungsamt des Kreises, für ein Jahr geplant. Die Mietkosten dafür würden 1.200.000,00 € betragen. Fragerunde
Nach der allgemeinen Einführung folgte nun die übliche Fragerunde, in der die Bürger_innen sich über die geplante Notunterkunft sachkundig machen konnten. Ungefähr 600 Menschen nahmen dieses Angebot auch an. Allerdings passten in die für die Versammlung vorgesehene Sporthalle nur ungefähr 400 Personen, der draußen wartende Rest wurde via Lautsprecheranlage über die drinnen besprochenen Themen in Kenntnis gesetzt.
Bei der Fragerunde spielten dann vor allem diffuse Ängste und Vorurteile eine Rolle. Manche Fragen hatten zu dem einen sehr tendenziösen Charakter. Offenbar beeindruckte das Leid der Flüchtlinge nur einen Teil der Brieselanger Bürgerschaft, ein anderer sähe sich eher durch deren Unterbringung im Ort gefährdet bzw. in seiner Ruhe gestört. Eventuelle Lärmemissionen aus der Traglufthalle waren so beispielsweise mehrfach Thema von Anfragen. Da aber für die Notunterkunft genau dieselben Ruhezeiten, wie für alle anderen Bürger_innen gelten und auch die für den Betrieb der Halle notwendigen Maschinen in schallgeschützt werden, hielten sich die Emotionen zu dieser Thematik noch in Grenzen.
Anders hingegen zur Sicherheitsfrage. Obwohl der Schutzbereichsleiter der Polizei im Havelland, Lutz Gündel, mehrfach betonte, dass Flüchtlingsheime kein kriminalgeografischer Raum wären, kochten die Emotionen zu dieser Thematik besonders hoch. „Gelogen“, rief beispielsweise ein Bürger dazwischen. Und mehrere Frauen, die schon viel über Flüchtlingsunterkünfte gehört haben wollten, äußerten immer wieder ihre Furcht vor eventuellen Vergewaltigungen. Nochmals betonte der havelländische Polizeichef das derartige Ängste bisher jeder Grundlage entbehren. Auffällige Delikte im Zusammenhang mit Flüchtlingen und Flüchtlingsheimen wären dagegen eher Ruhestörungen. Allerdings, so stellte Gündel auch klar, dass die Ruhe im Landkreis Havelland hauptsächlich von deutschen Staatsbürger_innen gestört würde. Des Weiteren entkräftete der havelländische Polizeichef Gerüchte, demnach sich seine Beamt_innen bei der Verfolgung von Straftaten durch Flüchtlinge zurückhalten sollen. Für Flüchtlinge gelte genauso bundesrepublikanisches Recht, wie für alle anderen Bürger_innen auch. Zudem seien GündelsBeamt_innen hochmotiviert, die regionale Polizei ausreichend mit Personal ausgestattet und im Bedarfsfalls immer noch mit Bereitschaftspolizei ergänzbar. Auch betonte der havelländische Polizeichef noch einmal explizit, dass die Polizei im Havelland, im Gegensatz zu den, während der Einwohner_innenversammlung vielfach herbei fantasierten Kriminalitätsszenarien es in der Realität eher damit zu tun hat „die Asylbewerber vor Angriffen (zu) schützen“. Gemeindefraktionen sprechen sich für die Aufnahme von Flüchtlingen aus
Nach der Hauptfragerunde ergriffen nun die Vertreter_innen der einzelnen Fraktionen der Brieselanger Gemeindevertreter_innen das Wort.
Als erstes berichtete Heike Swillus (DIE.LINKE) tiefbeeindruckt von ihren Erfahrungen mit Flüchtlingen in Eisenhüttenstadt. Sie erzählte u.a. Syrern, die vor dem Krieg in ihrem Land geflohen waren bzw. kein Interesse daran hatten in ihrem Land als Kanonenfutter für den Islamischen Staat (IS) verheizt zu werden. Insofern äußerte sie ihr Verständnis für deren Flucht und sprach sie sich für die Aufnahme der Flüchtlinge in Brieselang aus.
Gleichfalls für die Aufnahme von geflüchteten Menschen sprachen sich zu dem die Fraktionen der Grünen um Corinet’hart, der Bürger für Brieselang um Christian Achilles, der SPD um Norbert Jütterschenke sowie der CDU um Michael Koch.
Ralf Reimann von der „Initiative für Bürgerinteresse und Bürgerinbeteiligung“ (IBB), der sich bisher eher kritisch zu geplanten Notunterkünften gab, stimmte der Aufnahme von Flüchtlingen ebenfalls zu, wenn diese auf ein Jahr beschränkt bleibe. NPD Sympathisant_innen störten Einwohner_innenversammlung
Der anwesende NPD Gemeindevertreter Frank Kittler meldete sich hingegen nicht zu Wort. Er war gemeinsam mit einem offenbar ortsansässigen Sympathisanten der „Freien Kräfte Neuruppin/Osthavelland“ zu der Veranstaltung erschienen. Gemeinsam mit weiteren Sympathisant_innen fielen sie eher durch gelegentliche Zwischenrufe und Störmanöver auf.
Eine Situation, welche die Gemeinde eigentlich verhindern wollte, da entsprechende Negativerfahrungen, beispielsweise aus den Nachbarkommunen vorlagen. Für alle an der Versammlung teilnehmenden Bürger_innen galt deshalb Ausweispflicht. Auswärtige Störer_innen sollten so schon von vornherein abgeschreckt werden. Allerdings zeigte sich nun auch in Brieselang, dass neonazistische Organisationen im Ort längst Fuß gefasst haben. Fotos: hier
Am 6. September gingen viele Beeskower_innen auf die Straße, um eine klares Zeichen gegen Rassismus zu setzen und für einen solidarischen Umgang mit Geflüchteten zu werben.
Nun rufen für den 3. Oktober verschiedene rechtsextreme Kräfte (NPD, ‘Der III. Weg’, ‘Die Rechte’ und weitere Gruppen) in mehreren Städten Brandenburgs zu gemeinsamen Aktionen auf, um gegen Geflüchtete und Andersdenkende zu hetzen und ihr rechtes Gedankengut zu verbreiten. Auch auf dem Marktplatz Beeskow wurde erneut für den Zeitraum von 10.55 Uhr bis 11.55 Uhr vom einschlägig bekannten Neonazi Peer Koss eine Kundgebung angemeldet.
Christopher Voß, Sprecher der Initiative ‘Beeskow gegen Rassismus’ dazu: ”Alle demokratischen Kräfte sind erneut aufgerufen, sich diesen demokratiefeindlichen und menschenverachtenden Bestrebungen
entgegenzustellen. Die Initiative ‘Beeskow gegen Rassismus’ hat bereits eine Protestkundgebung ab 10 Uhr in der Breiten Straße angemeldet, um an den Erfolg vom 6. September anzuknüpfen.”
Lassen Sie uns gemeinsam mit vielen Menschen erneut ein deutliches
Zeichen gegen Rassismus und für ein weltoffenes Beeskow setzen.
Transparente, Schilder und weitere Hilfe sind willkommen und können an die Emailadresse bgr@systemli.org gesendet werden.
Im Laufe der kommenden Woche wird es noch einmal aktuelle Informationen geben.
Die Facebook-Seite von Melanie Witassek aka „Charlotte Friedrich“ nur wenige Stunden nach der ersten Veröffentlichung über ihren neonazistischen Hintergrund – klare Ansage durch Model mit Stinkefinger.
Am 23. September 2015 veröffentlichten die Antifaschistische Recherche_Potsdam // Umland Informationen über die Auftragsfotografin „Charlotte Friedrich“. [1] Unter diesem Pseudonym ist die Potsdamer Neonazistin Melanie Witassek seit spätestens März 2012 tätig. Witassek ist darüberhinaus jedoch auch seit spätestens 2001 in der Potsdamer Neonaziszene aktiv und beteiligte sich seitdem an Einschüchterungsversuchen gegenüber alternativen Jugendlichen sowie an gewalttätigen Angriffen auf Antifaschist_innen. Weiterhin gehört seit ihren Anfängen in dieser Szene die sogenannte Anti — Antifa — Arbeit zu ihren Aktionsfeldern. [2]
Wenige Stunden nach unserer Veröffentlichung hat sie nun einige Änderungen auf ihren Facebook-Seiten vorgenommen. Es sind sämtliche Bilder ihres Partners Mirko Kubeler und ihrer Kinder gelöscht worden. Ebenso viele Bilder, auf denen sie selbst sowie ihre Tättowierungen zu sehen waren. Dennoch sind einige Bilder, auf denen sie zu sehen ist, geblieben. Zusätzlich postete sie ein bereits zuvor von ihr veröffentlichtest Bild, auf dem eine Person einen Mittelfinger zeigt. Ein erstes klares Statement auf die Veröffentlichung über sie.
Melanie Witassek am 15. September 2012 in blau-weiß-roter Jacke auf einer NPD-Demonstration in Potsdam (Bild: Sören Kohlhuber)
Ihren Kund_innen gegenüber wird sie nun eventuell erklären, dass das alles „früher“ gewesen sei und sie damit nichts mehr zu tun hätte. Jedoch belegen Aufnahmen ihrer Person auf neonazistischen Aufmärschen, dass sie noch immer ihre verinnerlichte neonazistische Ideologie auf die Straße trägt, wie beispielsweise am 15. September 2012, als sie an einer Demonstration der NPD in Potsdam teil nahm. Hier gesellte sie sich zu ihrem alten Berliner Bekannten und Neonazischläger Oliver Oeltze. [3]
Das Impressum von “Charlotte Friedrich Fotografie” von Melanie Witassek — im März 2015 zeichnete sich noch Neonazikader Mirko Kubeler verantwortlich, mittlerweile ist eine juristische Person “Fotodesign” angegeben.
Weiterhin zeigen auch ihre persönlichen Kontakte eine kontinuierliche Zugehörigkeit zur Potsdamer Neonaziszene. Neben der Beziehung zum Neonazikader Mirko Kubeler, der kurzzeitig auch im Impressum ihrer Facebookseite aufgeführt war [4], und einer langen Freundschaft zum Neonazi und ebenfalls Auftragsfotografen Benjamin Müller aka „Burny“ [5], hat Witassek mindestens über Facebook gelegentlich bis regelmäßig Kontakt zu Neonazis wie Benjamin Oestreich, Melanie Bushardt, Philipp Hinzmann, Max Seidel, Steve Schmitzer, Paddy Bohm, Alyne Kückling, Henri Obst, Tim Kroll, Christian Helmstedt, Michael Fischer und Sebastian Glaser. Benjamin Müller bezeichnet Witassek in einem Kommentar sogar als „Sandkastenfreundin“. Dieses Kommentar, sowie viele andere Belege solcher Kontakte, hat sie nun versucht zu vertuschen. Doch eine so eindeutige und unmissverständliche neonazistisch aktive und organisierte Vergangenheit und Gegenwart lässt sich mit ein paar Klicks nicht vergessen.
Melanie Witassek aka „Charlotte Friedrich“ wie sie sich für ihre Facebookseite als nette Baby-Fotografin inszeniert.
Schlafende (weiße) Babys, strahlende (blauäugige) Kleinkinder, glückliche (heterosexuelle) Hochzeitspaare und weichgezeichneter Kitsch ohne Ende – so der erste Eindruck beim Besuch der Facebook-Seite der Auftragsfotografin „Charlotte Friedrich“. [1]
Unter diesem Pseudonym arbeitet die Neonazistin Melanie Witassek (geboren 1985) nun seit mindestens dreieinhalb Jahren in Potsdam, Berlin und Umgebung. Im Frühjahr 2001 – im Alter von 15 Jahren – wird sie im Zuge der Veröffentlichung einer Studie der Universität Potsdam zu rassistischen Einstellungen in den neuen Bundesländern von einem Journalisten interviewt. Dadurch wird sie erstmals einer interessierten Öffentlichkeit bekannt. Bereits damals äußerte sie sich rassistisch, als sie angab jeglichen Kontakt zu „Fremden“ zu meiden und weiter: „They’re different,“ she said. „There are too many of them here. I don’t like them.“ [2]
Kurze Zeit später erfolgte dann die Orientierung an die Neonaziszene der Brandenburger Landeshauptstadt. Der Weg von der konsensfähigen Ablehnung alles vermeintlich Fremden, getarnt in Begriffen wie Angst und Besorgnis, hin zur aktiven Praxis, die sich in einem Anschluss an eine neonazistische Szene zeigte, war ein kurzer. Schnell wurde sie zu einem Teil dieser Szene und hatte Kontakt zu den „ganz Großen“ – dazu zählen die wichtigen Neonazis der RechtsRock-Szene wie Martin Rollberg und dem mutmaßlichen NSU-Mitwisser und Szenegröße Uwe Menzel. Aber auch zum ehemaligen Mitarbeiter der Neonazi-Szenekneipe „Zum Henker“ Danny Leszinski der ebenso wie Menzel dem „Blood & Honour“ Netzwerk zu zu rechnen ist. Mit Leszinski war sie im Jahr 2003 beim jährlichen Nazi- und Neonazigroßaufmarsch in Halbe. [3]
Melanie Witassek 2003 im „A.C.A.B“-T-Shirt und gegrüßt von Martin Rollberg aka „William“ im Booklet des Album „Ausser Kontrolle“ von Bloodshed.
Im Jahr 2003 veröffentlichten Menzel und Rollberg zusammen mit weiteren Neonazis ihr erstes Album („Ausser Kontrolle“) der gemeinsamen Band „Bloodshed“. In diesem wird Melanie Witassek abgebildet und von Martin Rollberg aka „William“ gegrüßt. [4] Melanie Witassek als Anti-Antifa-Fotografin am 21. Oktober 2006 in Berlin-Tegel. Hinter ihr zu sehen sind Sebastian Glaser (Sonnenbrille) und Tom Singer.
Im Jahr 2002 taucht Witassek auch immer öfter mit ihrer Kamera am Rande antifaschistischer Veranstaltungen auf und versucht sich in selbsternannter „Anti-Antifa“-Arbeit. Diese trägt bereits im Januar 2003 sichtbare Früchte, als die Homepage der „Anti-Antifa Potsdam“ online geht. Auf dieser werden Menschen die sich vermeintlich oder tatsächlich der Neonaziszene entgegenstellen und alternative und linke Treffpunkte veröffentlicht. Die Auflistung der als „Drecklöcher“ betitelten linken Wohnprojekte dient der Einschüchterung der dort Wohnenden sowie der Übersicht für die Neonaziszene über noch anzugreifende Häuser. Deutlich wird dies dadurch, dass das dort geführte Haus des Chamäleon e.V. auf der Seite bereits durchgestrichen war. [5] Denn hier ereignete sich kurz zuvor, am 31. Dezember 2002 ein gezielter Angriff an dem auch Melanie Witassek beteiligt war. Neben ihr waren auch Andre Ewers, Jens Franke, Michael Gent, Heiko Groch, Oliver Kalies, Danny Leszinski, Steve Schmitzer und Torsten Schümann an dem Angriff beteiligt, der von der Wohnung von Mike Marten (Gutenbergstr. 111) ausging, wo die Neonazis gemeinsam feierten. [6]
Im Sommer 2005 beteiligte sich Witassek dann an mehreren gewalttätigen Angriffen auf vermeintliche oder tatsächliche Linke in Potsdam. So war sie bei einem Angriff am 19. Juni in einer Straßenbahn in Babelsberg beteiligt. Hierbei wurde eine Person, die vom antirassistischen Stadionfest aus losfuhr, angegriffen. Im Juli beteiligte sie sich zusammen mit den Neonazis Oliver Oeltze, Oliver Kalies, Danny Leszinski, Thomas Pecht und Benjamin Oestreich am sogenannten „Tram-Überfall“ in der Potsdamer Innenstadt, bei dem es zu einem Angriff auf zwei linke Studierende kam. [7] Danach zog sie für mehrere Jahre nach Berlin und ist seit spätestens 2011 wieder in Potsdam wohnhaft.
Seit mindestens zwölf Jahren bewegt sich Melanie Witassek nun in der organisierten Potsdamer und Berliner Neonaziszene. Ihr Interesse an Fotografie nutze sie damals zur politischen Arbeit, heute dient ihr ihr Hobby als Beruf. In den Jahren 2002 bis 2006 waren es vornehmlich linke Aktivist_innen und Antifaschist_innen die sie fotografierte und heute sind es Babys, Kleinkinder und Hochzeitspaare. Mirko Kubeler und Melanie Witassek unter Palmen.
Perspektiven auf Neonazis, die unkritisch gegenüber Heteronormativität und Sexismus sind, könnten glauben, dass durch den Rückzug von Aktivistinnen (wie im Fall Witassek), aus dem auf den ersten Blick sichtbaren Feld antifaschistischer Analysen (u.a. Demonstrationen, öffentliche Veranstaltungen), diese vermeintlich unwichtiger oder sogar ungefährlicher werden. Dem gegenüber steht die Expertise zahlreicher antifaschistischer Zusammenhänge, Journalist_innen und Wissenschaftler_innen, die sich seit vielen Jahren mit der Thematik beschäftigen und immer wieder die Bedeutung und Gefährlichkeit dieser – aus dem sichtbaren Feld verschwundenen oder zurückgezogenen – Frauen bestätigen. Melanie Witassek zitiert Adolf Hitler auf ihrer privaten Facebook-Seite.
Bei Melanie Witassek handelt es sich um eine langjährig aktive, in militanten und völkischen Strukturen sozialisierte und überzeugte Neonazistin, die einen der wichtigsten Kader der Potsdamer Neonaziszene – Mirko Kubeler („Freie Kräfte Potsdam“, ehemals „Infoportal Potsdam“ „Junge Nationaldemokraten“ JN, „Licht und Schatten“, „Ein Licht für Deutschland“, „Der III. Weg“) – als Partner hat und mit diesem gemeinsam drei Kinder groß zieht. Die schwangere Melanie Witassek mit “Unsterblich”-Tattoo auf der Hüfte.
Ihre Gesinnung trägt sie auch unter ihrer Haut in Form eines „Unsterblich“-Tattoo. [8] Dieses kann im Bezug auf die „Volkstod-Kampagne“, an der sich auch die Potsdamer Neonaziszene in den letzten jahren aktiv beteiligte, gelesen werden. [9] Die (neo)nazistische Überzeugung, die in diesem Begriff steckt, beinhaltet die Vorstellung, dass sie – als Neonazis – durch ihr völkisches Leben und Handeln unsterblich werden, sich also einreihen in eine rassistisch imaginierte Linie ihrer, als sich „reinrassig“ vorzustellenen und zu erhaltenen, „arischen“ Vor- und Nachfahren. Das dies auch ganz besonders wichtig im sogenannten privaten und familiären Bereich zu verorten ist, lehrt uns der historische Vorgänger des Neonazismus: Der Nationalsozialismus. Melanie Witassek bei ihrer Arbeit als Baby-Fotografin am 16. März 2015.
Der „Rückzug in die Familie“ bedeutet keineswegs eine Entradikalisierung der menschenverachtenden Ideologie. Besonders Neonazis, die vermeintlich die Szene hinter sich gelassen haben, tauchen nach einigen Jahren – immernoch ideologisch gefestigt – auf und tragen ihre Gesinnung als Eltern in Kindergärten oder Schulen, als „unpolitsche“ Mitglieder in Vereinen jeder Art oder in Ähnlichen Konstellationen nach Außen. Oder aber sie tauchen ab und ziehen gedeckt durch Staat und Geheimdienst mordend durch Deutschland. Viele Gründe Neonazis zu beobachten und sie aus ihrem ruhigem Alltag zu ziehen. Melanie Witassek oder Mirko Kubeler sind nicht vergessen. Sie werden jetzt, wie zuvor Martin Rollberg, ihre Facebookseite und anderen Profile löschen oder umbenennen. Sie werden versuchen im Dunkeln zu bleiben. Wir werfen Licht auf sie und ihre menschenverachtenden Aktivitäten.
Am 23. September 201 ruft der AfD-Landesverband Brandenburg zu 8 Uhr morgens zu einer Kundgebung vor dem Fortuna-Portal (Alter Markt) gegen die “verfehlte Asylpolitik” auf. Neben Forderungen nach “zentralen Auffangzentren” und “Rückführungszentren” geht es der AfD um eine abstrakte Beendigung des “Asylchaos” und die Wiederherstellung des “Rechtsstaates”. Dass dahinter rechtspopulistische Stimmungsmache und ein zum Teil rassistisches Weltbild steckt ist offensichtlich. Von der AfD geforderte “Zentrale Auffangzentren” im Ausland sollen mögliche Geflüchtete schon weit vor den deutschen Grenzen von der weiteren Flucht in sicherere Gefilde abhalten, “Rückführungszentren”, insbesondere für Asylanstragsteller_innen vom Balkan, werden vor allem seit je her rassistisch verfolgte Sinti und Roma treffen. Das alles werden wir nicht unwidersprochen lassen!
Dabei können wir aber eine Forderung der AfD, wenn auch natürlich nicht in der Intention, teilen: “Asylchaos” beenden. Das sogenannte Asylchaos ist aber kein Chaos, weil Geflüchtete nach Deutschland kommen, sondern weil weite Teile der Gesellschaft und staatliche Strukturen aus rassistischen Motiven und aus Angst vor ökonomischem Abstieg einem menschlichen Umgang mit Refugees entgegenwirken. Dass die AfD diese Situation versucht anzuheizen, ist nicht erstaunlich. Gerade deswegen ist jedoch antirassistische Intervention gegen die Kundgebung der AfD und im Alltag notwendig.
In der letzten Woche zeigte sich auch in Potsdam, dass der deutsche Staat nicht willens und nicht fähig ist, kurzfristig eine menschenwürdige Unterkunft für Geflüchtete zur Verfügung zu stellen. Die erlebte Situation in der Notunterkunft in der Heinrich-Mann-Allee, die vor allem durch die vielen freiwilligen Helfer_innen in geordnete Bahnen gelenkt werden konnte, war vorhersehbar und hätte keine Verwaltung und kein Ministerium überraschen dürfen. Dass es doch so war, ist ein offensichtliches Versagen staatlicher Strukturen.
Wir fordern eine menschenwürdige Unterbringung und Versorgung aller Geflüchteten in Potsdam, Brandenburg und Deutschland. Kommt am Mittwoch, 23. September 2015 um 7.30 Uhr auf den Alten Markt! Gemeinsam gegen Rassismus und AfD!
Aufruf der Linksjugend [’solid] Brandenburg: hier.