INFORIOT — Am Donnerstag, den 05. Juli, verurteilte das Landgericht Neuruppin zwei Kremmener wegen gemeinschaftlich versuchter schwerer Brandstiftung. Sie verübten im April 2017 einen Anschlag auf die Gemeinschaftsunterkunft für Asylsuchende in Kremmen (Oberhavel). Das Gericht erkannte in dem Anschlag ein „fremdenfeindliches Motiv“.
Der 29-jährige Haupttäter Robert Urban muss für vier Jahre und sechs Monate in Haft. Er warf zwei selbst gebaute Brandsätze, so genannte Molotowcocktails, auf die Unterkunft. Durch den Bau und die Benutzung der Brandsätze hat er sich außerdem wegen Verstoß gegen das Waffengesetz strafbar gemacht. Der 35-jährige Mitangeklagte Nico Bensch wurde zu einer Bewährungsstrafe von drei Jahren verurteilt. Er war an der unmittelbaren Tat nicht beteiligt, wird jedoch für die Beteiligung an der Vorbereitung mitschuldig gemacht. Das Urteil des Landgerichtes folgt damit nicht den Forderungen der Staatsanwaltschaft. Diese hatte den Haupttäter wegen versuchten Mordes angeklagt und verlangte eine Haftstrafe von über neun Jahren.
Keine Tötungsabsicht
Zentral für die Entscheidung des Gerichtes war die Frage, ob es einen Tötungsvorsatz gab: Die Unterkunft, war zum Zeitpunkt der Tat bewohnt; in der Nacht brannte in einem der Zimmer Licht, ein Fenster war angekippt. Videoaufzeichnungen der Überwachungskamera zeigten, wie Urban einen Brandsatz gezielt in Richtung Fenster wirft. Einer der Bewohner, der sich in dem Zimmer aufhielt, schilderte vor Gericht, dass der Brandsatz das Fenster bzw. nah daneben die Fassade traf. Der Richter Udo Lechtermann erklärte in der Urteilsverkündung, dass ein Angriff, der in der Nachtzeit passiert und Menschen im Schlaf von dem Feuer überrascht werden, eine ernsthafte Gefährdung darstellt. Einen Mordversuch sieht er jedoch nicht. Dafür seien u.a. die Brandsätze zu klein. Auch schenkte er den beiden Angeklagten glauben, dass sie keine Personen schädigen wollten. Diese sagten aus „ein Zeichen setzen zu wollen“. Der Angriff, so der Richter, „zielte nicht nur auf die Bewohner, sondern auf alle Ausländer in der Region.“
„Dilettantisches Vorgehen“
Beide Täter waren von Beginn an geständig und zeigten Reue. „Es sei eine ganz dumme Aktion gewesen“, gaben Beide als Abschlussworte zu Protokoll. Die Staatsanwaltschaft sah in der Tat eine „dilettantische Aktion, die geeignet war sich selbst zu verletzen“. Urban und Bensch, so rekonstruierte das Gericht die Tatnacht, hatten in der Wohnung von Urban getrunken, RechtsRock gehört, sich über Zuwanderung und Geflüchtete unterhalten. Doch statt nur zu reden, verabredeten sich Beide um Taten sprechen zu lassen. Sie füllten zwei kleine Glasflaschen mit Rasenmäherbenzin, als Lunte dienten Socken. Gemeinsam machten sich die Täter auf den Weg zur zwei Kilometer entfernten Unterkunft. Auf dem Weg will Bensch auf seinen Kumpel eingeredet haben, die Aktion abzublasen. Da dieser nicht hörte, blieb Bensch einige Meter vor der Unterkunft stehen. Urban lief allein zum Gelände und warf beide Brandsätze.
„Zerstörerische Naziideologie“
Auch wenn sich die beiden Angeklagten bemühten, möglichst unpolitisch zu erscheinen, erkannte das Gericht die „nationale Gesinnung, gepaart mit Ausländerfeindlichkeit“. Fotos, Musik, Videos und Chatverläufe der Angeklagten zeigten deutlich deren neonazistische Ideologie.
Bensch beispielsweise hielt sich in Foren auf, deren Mitglieder sich „Deutsches Reich“, „Adolf Hitler“ oder „Eva Braun“ nannten. Urban sammelte insbesondere Militaria-Devotionalien, meinte dies aber nur aus Sammlerleidenschaft zu tun. Benschs Verteidiger, Rechtsanwalt Balke, warb um Nachsicht für die beiden Angeklagten. Er stellte Urban als wenig intelligente dar und auch sein Mandat Bensch sei zu bedauern, da er nun wieder im Keller seiner Eltern leben müsse. Balke ist der Meinung, die Naziideologie sei der einzige Halt, den die Beiden gehabt hätten. Bensch habe aber inzwischen, vor allem durch die U‑Haft, erkannt, wie zerstörerisch die Naziideologie sei und habe sich davon distanziert.
Kategorie: Flucht & Migration
Anlässlich des Internationalen Kindertages wenden sich Landesflüchtlingsräte, Jugendliche ohne Grenzen, der Bundesfachverband unbegleitete minderjährige Flüchtlinge und PRO ASYL gegen die Errichtung sogenannter AnKER-Einrichtungen. Studien von Verbänden und Organisationen und die Erfahrungen aus der Arbeits- und Beratungspraxis der Flüchtlingsräte zeichnen bundesweit ein klares Bild: Die Unterbringung von Kindern in großen Sammelunterkünften gefährden das Wohl der dort lebenden Kinder und verletzen elementare Rechte von Minderjährigen.
Die Aufnahme von Kinderrechten in das Grundgesetz, wie es CDU/CSU und SPD in ihrem Koalitionsvertrag festgeschrieben haben, ist zu begrüßen. Überzeugen kann der Ansatz allerdings nur, wenn dieser auch diskriminierungsfrei für alle Kinder gilt — unabhängig von Herkunft und Aufenthaltsstatus.
Bereits jetzt ist der Alltag der Kinder und Jugendlichen in Erstaufnahmeeinrichtungen und Transitzentren, die als Vorbild der AnKER-Zentren dienen sollen, jedoch oft geprägt von beengten Wohnverha?ltnissen, fehlender Privatsphäre, dem Ausschluss von der Regelschule, unzureichender gesundheitlicher Versorgung sowie vom Nichtstun, vom Warten und dem Miterleben von Gewalt. Abschiebungen, die zum Teil mitten in der Nacht durchgeführt werden, sorgen für eine Situation der Schutzlosigkeit und Angst. Sachleistungsversorgung, fehlende Therapieangebote und mangelnde Hygiene in überlasteten Sanitärbereichen verschärfen vielerorts die Situation.
In der Brandenburger Erstaufnahme hat das Innenministerium den Weg für ein mögliches AnKER-Zentrum bereits strukturell geebnet. Isolation und gesellschaftliche Ausgrenzung prägen schon jetzt das Aufwachsen von Minderjährigen in den Unterkünften der hiesigen Erstaufnahmeeinrichtung: Für Kinder und Jugendliche gilt medizinische Notversorgung, immer wieder wird der Auszug von Minderjährigen mit z.T. schweren körperlichen und psychischenErkrankungen trotz medizinischer Gutachten nicht gestattet. Kinder verbleiben immer wieder weit über die maximal zulässigen sechs Monate hinaus in der Erstaufnahmeeinrichtung. Schulpflichtige Kinder werden – obwohl die Gesetzeslage im Bundesland einen Regelschulzugang ab dem dritten Monat vorsieht – weiterhin in Lagerschulen auf dem Gelände der Erstaufnahmeeinrichtung unterrichtet, deren Stundeninhalte und ‑umfang weit hinter dem Curriculum von Regelschulen zurückstehen. Auch die Angst vor Abschiebungen ist dauerhaft für sie präsent: Die Abschiebezahlen aus der Erstaufnahme von Kindern und Jugendlichen im Alter zwischen 0 und 20 Jahren stiegen von 6 Abschiebungen im Jahr 2014 auf 94 Abschiebungen im Jahr 2017.
Innen- und Heimatminister Horst Seehofer plant die Isolation und Diskriminierung von geflüchteten Kindern und Jugendlichen durch das Sondersystem der AnKER-Zentren weiter voranzutreiben.
In den AnKER-Einrichtungen sollen die Aufnahme, die Alterseinschätzung von unbegleiteten Minderjährigen, Asylverfahren und die Abschiebung nach Ablehnung eines Asylantrages gebündelt werden. Für unbegleitete minderjährige Flüchtlinge droht damit eine Unterbringung in Einrichtungen für und mit (fremden) Erwachsenen bis zu ihrer Inobhutnahme durch die Jugendämter. Dies widerspricht dem Minderjährigenschutz sowie dem Primat der Kinder- und Jugendhilfe und ist mit geltendem Recht nicht zu vereinbaren. Darüber hinaus sollen unbegleitete Minderjährige, deren Minderjährigkeit nicht anerkannt wird, und begleitete Kinder und Jugendliche bis zu 18 Monaten oder länger in den AnKER-Einrichtungen verbleiben müssen. (Schutz)Standards, die in Einrichtungen der Kinder- und Jugendhilfe gelten, werden nicht berücksichtigt.
„/Der Aufenthalt in der Erstaufnahme macht Kinder krank. Viele von ihnen haben ihre Kindheit in Lagern verbracht – in der Türkei, im Sudan, in Libyen, in Griechenland, im Libanon. Sie hoffen auf Schule, ein Zuhause und Sicherheit. Was sie dann aber in Deutschland erwartet, sind neue Lager mit Stacheldraht“,/ berichtet Jibran Khalil, Mitglied der Initiative Jugendliche ohne Grenzen, der eigene Erfahrungen im Erstaufnahmelager in Eisenhüttenstadt (Brandenburg) gemacht hat.
„/Die geplanten AnKER-Zentren, die die Kasernierung von Kindern und ihre Diskriminierung durch Sondergesetzgebung auf die Spitze treiben, sind das Zeichen einer absoluten Verrohung der Politik/“, so Khalil weiter.
Die Landesflüchtlingsräte, der Bundesfachverband unbegleitete minderjährige Flüchtlinge, Jugendliche ohne Grenzen und PRO ASYL fordern die Rechte von Kindern und Jugendlichen sowie ihr Wohl in allen flüchtlingspolitischen Erwägungen diskriminierungsfrei zu gewährleisten und die dezentrale Unterbringung von Geflüchteten in Wohnungen zu forcieren.
Die Organisationen fordern daher alle Bundesländer auf, sich nicht am Pilot-Projekt der AnKER-Zentren zu beteiligen.
Presseanfragen: Lotta Schwedler, Flüchtlingsrat Brandenburg: 0176 21 42 5057
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Flüchtlingsrat Brandenburg Geschäftsstelle Rudolf-Breitscheid-Straße 164 14482 Potsdam Tel.: 0331 — 716499 www.fluechtlingsrat-brandenburg.de
In Brandenburg gibt es seit zwei Jahren einen parlamentarischen Untersuchungsausschuss, der die Verstrickungen von Neonazis und Verfassungsschutz in den NSU-Komplex aufarbeiten soll. Die dilettantische Arbeit des Ausschusses und ein offenbar mangelnder Aufklärungswille zeigen deutlich, dass die Aufklärung der Taten gerade erst am Anfang steht. Am Tag der Urteilsverkündung des NSU-Prozesses wird es sowohl in München als auch in Berlin Großdemonstrationen geben.
Daher ruft die Emanzipatorische Antifa Potsdam (EAP) ruft am Tag X der Urteilsverkündung des NSU-Prozesses zur Fahrt nach München auf, um gemeinsam mit den Nebenkläger_innen und den Angehörigen der Opfer der NSU-Mordserie für eine lückenlose Aufklärung zu demonstrieren. Falls euch nicht möglich ist, nach München zu fahren, rufen Gruppen aus Berlin und Brandenburg gemeinsam dazu auf, an der Tag X‑Demonstration in Berlin teilzunehmen. Die Möglichkeit rassistischen Terrors in Deutschland, der umfassende Widerwillen gegen Aufklärung seitens politischer, polizeilicher und geheimdienstlicher Stellen und die öffentliche Solidarität mit den Betroffenen geht uns alle an! Zu lange waren grade unsere Strukturen nicht unterstützend aktiv und wollten sich dieses Themas nicht annehmen. In Brandenburg gibt es seit zwei Jahren einen parlamentarischen Untersuchungsausschuss, der die Verstrickungen von Neonazis und Verfassungsschutz in den NSU-Komplex aufarbeiten soll. Die dilettantische Arbeit des Ausschusses und ein offenbar mangelnder Aufklärungswille zeigen deutlich, dass die Aufklärung der Taten gerade erst am Anfang steht.
Achtet deshalb auf Ankündigungen für Zugtreffpunkte der lokalen Antira- und Antifastrukturen.
Das Ende eines endlosen Prozesses
Anfang 2018 geht voraussichtlich der NSU-Prozess nach fünf Jahren zu Ende. Das NSU-Netzwerk war verantwortlich für neun rassistische Morde an Enver Şimşek, Abdurrahim Özüdoğru, Süleyman Taşköprü, Habil Kılıç, Mehmet Turgut, İsmail Yaşar, Theodoros Boulgarides, Mehmet Kubaşık und Halit Yozgat, sowie für den Mord an der Polizistin Michèle Kiesewetter und dem versuchten Mord an ihrem Kollegen Martin Arnold. Bei den drei Sprengstoffanschlägen in Köln und Nürnberg wurden viele Menschen verletzt, nur durch Glück wurde niemand getötet. Auch die 15 Raub- und Banküberfälle führten zu zum Teil lebensgefährlichen Verletzungen.
Die Betroffenen des NSU-Terrors haben große Hoffnungen in den Prozess gesetzt. Sie wollen wissen, warum ihre Angehörigen sterben mussten und wer den NSU an den Tatorten unterstützte. Sie erwarten Aufklärung über die Verstrickungen von Verfassungschutz und Polizei in den NSU-Komplex. Sie wollen, dass der institutionelle Rassismus, der sie nach den Taten wie eine „Bombe nach der Bombe“ traf, anerkannt wird und Konsequenzen hat.
All das hat der Prozess in München nicht geleistet. Die betroffenen Nebenkläger*innen und ihre Anwält*innen haben immer wieder versucht, diese Aspekte in den Prozess hineinzutragen. Die Bundesanwaltschaft hält dagegen bis zum Ende an ihrer – widerlegten – These vom NSU als “isoliertem Trio” fest. Viele Fragen zu den Taten des NSU, zum Netzwerk und der Rolle der Behörden wurden im Münchner Prozess nahezu systematisch ausgeklammert und sind bis heute nicht aufgeklärt.
Das Problem heißt Rassismus
Rassismus ist eine tragende Säule des NSU-Komplexes. Der NSU entstand nicht im sozialen Vakuum. Er ist eine direkte Folge der rassistischen Pogrome und Anschläge der 1990er Jahre, die durch die Abschaffung des Asylrechts 1993 politisch belohnt wurden und für Nazis das Signal aussendeten: Mit Rassismus kommt man ungestraft davon. Bis heute werden rechte und rassistische Gewalt von der Mehrheitsgesellschaft und von Polizei und Justiz verharmlost. Noch schwieriger ist es, institutionellen Rassismus zu thematisieren – nicht nur im Fall NSU, sondern auch im Fall rassistischer Polizeikontrollen in Zügen, an Bahnhöfen und im öffentlichen Raum.
Dass das Problem Rassismus heißt, wissen diejenigen am besten, die davon betroffen sind. Das Umfeld aller neun Mordopfer bestand früh darauf, eine rassistische Tatmotivation in die Ermittlungen einzubeziehen. Dass ihr Wissen 11 Jahre nicht gehört wurde, ist auf Rassismus zurückzuführen. Wieso jagte eine „SOKO Bosporus“ den „Döner-Mörder“ und nicht eine „SOKO Zwickau“ die „Nazi-Killer“? Wieso folgten die Medien fast ausnahmslos den Theorien der Sicherheitsbehörden? Und wieso wurden die Demonstrationen der Familien Kuba??k und Yozgat 2006 in Kassel und Dortmund auch von den meisten organisierten Antirassisten*innen und Antifaschist*innen in Deutschland, trotz der Erfahrungen der Pogrome der 1990er Jahre, als nicht relevant für die eigene solidarische Praxis wahrgenommen? Antifaschistische Strukturen waren blind in der Wahrnehmung der Anliegen der Demonstrant*innen und haben die Dimensionen sowie Gefahr organisierter Nazi-Gruppen nicht ernst genommen.
Die Strukturen und Wahrnehmungsmuster der Polizei, Medien und auch der Linken konnten nahtlos an gesellschaftlich geteiltes rassistisches Wissen anknüpfen. Der offene völkische Rassismus der Nazis und der alltägliche institutionalisierte Rassismus von Sicherheitsbehörden, Medien und Mehrheitsgesellschaft bilden zusammen mit den staatlich aufgebauten und beschützten Neonazistrukturen den NSU-Komplex. NSU bedeutet – Rassismus, Staat und Nazis Hand in Hand.
An der Ignoranz gegenüber Rassismus und der Perspektive der Betroffenen hat sich auch nach fast 5 Jahren NSU-Prozess wenig geändert. Die gesellschaftlichen Voraussetzungen für den NSU sind bis heute nicht aus der Welt geschafft. Auf das vollmundige Versprechen der Aufklärung folgte die behördliche Vertuschung, die auch den zahlreichen Untersuchungsausschüssen eine wirkliche Aufklärung unmöglich macht. Auch wenn die Angeklagten in München zu Recht verurteilt werden, drohen den meisten Unterstützer*innen des NSU, wie auch den Verantwortlichen in den Behörden, immer noch keine Konsequenzen.
Eine angemessene Entschädigung der Betroffenen, die durch die rassistischen Ermittlungen zum Teil in den Ruin getrieben wurden, steht weiter aus. Während für Sachschäden nach dem G20-Gipfel in Hamburg kurzfristig und unbürokratisch ein Härtefallfonds eingerichtet wurde, müssen sich die Betroffenen des NSU-Terror ihr Recht auf Entschädigung mühsam vor Gericht erstreiten.
Deutsche Kontinuitäten
Die Gesellschaft und die Behörden Deutschlands folgen hier eingeübten Verhaltensweisen ihrer jüngeren Geschichte. Auch die Opfer des Naziregimes und ihre Angehörigen hatten die Hauptlast und ‑initiative zur Aufklärung der Verbrechen des deutschen Faschismus zu tragen. Die Mehrheitsgesellschaft, das Täter*innenkollektiv sehnte sich nach einem Schlussstrich, verdrängte die Schuld und lehnte die eigene Verantwortung für den millionenfachen Mord ab. Die Verantwortung wurde auf eine kleine, eingegrenzte und pathologisierte Täter*innengruppe abgeschoben – Hitler, die NSDAP, die SS.
Antisemitismus ist Teil des Problems
Zum ideologischen Fundament des NSU gehörte auch Antisemitismus. Im nationalsozialistischen Weltbild des NSU besteht ein enger Zusammenhang zwischen rassischem Antisemitismus, der sich gegen Jüdinnen* und Juden richtet und Rassismus, der auf Migrant*innen und POC zielt. Die Ideologie von der Überlegenheit der „weißen Rasse“ geht mit der Vorstellung einher, diese sei durch eine „übermächtige jüdische Weltverschwörung“ einerseits und durch Zuwanderung und Vermischung mit „minderwertigen Fremden“ andererseits bedroht. Dieser Logik folgen die „Turner Diaries“, die als eine Vorlage für die NSU-Mordserie gelten. Sie propagieren den Untergrundkampf gegen „das System“, der mit der Ermordung von Schwarzen, Jüdinnen und Juden und Politiker*innen beginnt und mit der Weltherrschaft der „weißen Rasse“ endet.
Antisemitismus äußerte sich auch in den konkreten Taten des NSU. 1996 hängte das NSU-Kerntrio eine Puppe mit der Aufschrift “Jude” und eine Bombenattrappe an einer Autobahnbrücke auf, um damit gegen den Besuch von Ignatz Bubis, dem damaligen Vorsitzenden des Zentralrats der Juden, zu protestieren. Wenige Monate später beteiligte sich Beate Zschäpe an der Verschickung einer Morddrohung an Bubis. Auch das vom NSU-Kerntrio produzierte Spiel “Pogromly” sowie die in der Frühlingsstraße verteilte nationalsozialistische Propaganda verbreitet antisemitische Vernichtungsfantasien. Dieser Zusammenhang wurde bisher sowohl von der Öffentlichkeit als auch im NSU-Prozess weitestgehend verdrängt.
Spuren nach Berlin
Mehrere Spuren des NSU führen auch nach Berlin. Stephan Lange war Deutschland-Chef von „Blood & Honour“ und stand mit zentralen Figuren des NSU in engem Kontakt. Er wurde vom LKA Berlin als Spitzel „Nias“ an den Bundesverfassungsschutz weitergereicht. Thomas Starke wurde seit dem Jahr 2000 vom Berliner Landeskriminalamt als V‑Mann in Sachsen geführt. Er hatte drei Jahre vor seiner Anwerbung für das NSU-Kerntrio Sprengstoff besorgt und später bei der Suche nach einem Versteck geholfen. Das LKA Berlin gab mindestens fünf Hinweise auf das NSU-Kerntrio nicht an die fahndenden Behörden weiter. Im Mai 2000 spähten Zschäpe, Mundlos und der „Blood & Honour“-Kader Jan Werner vermutlich die Synagoge in der Berliner Rykestraße aus. Im Jahr 2011 stellte sich der Berliner Polizei die Frage, ob drei Sprengstoffanschläge auf dem Jüdischen Friedhof Heerstraße in Charlottenburg dem NSU zuzurechnen seien. Dort waren 1998 am Grab von Heinz Galinski, dem früheren Präsidenten des Zentralrats der Juden, zweimal Rohrbomben explodiert und 2002 wurde ein Sprengsatz in den Eingangsbereich des Friedhofs geworfen. Alle diesbezüglichen Ermittlungen blieben bis heute ohne jeden Erfolg. In der Zwickauer Wohnung des NSU fand sich eine Adressliste mit 233 jüdischen Einrichtungen, auf der neben vielen Orten in Berlin auch der Jüdische Friedhof Heerstraße verzeichnet war.
Bis heute gibt es trotz der Forderungen antifaschistischer Initiativen und einer Petition der Berliner Vereinigung der Verfolgten des Naziregimes – Bund der Antifaschist*innen (VVN-BdA) keinen parlamentarischen Untersuchungsausschuss zum NSU-Komplex in Berlin, wie er in zahlreichen anderen Bundesländern bereits existiert. Auch unter der rot-rot-grünen Regierung haben sich die Parlamentarier*innen seit einem Jahr nicht entschließen können, mit der Einsetzung eines Untersuchungsausschusses in Berlin ein klares Zeichen der Solidarität und des Aufklärungswillens an die Betroffenen zu senden.
Auch nach den Morden an Burak Bekta? im Jahr 2012 und Luke Holland im Jahr 2015 in Berlin Neukölln gingen weder das LKA Berlin noch das BKA von einem rassistischen Motiv aus – ohne dass es einen überzeugenden Ermittlungsansatz gab, der diese Haltung hätte begründen können. Bekta?‘ Angehörige können und wollen sich damit nicht abfinden. Sie vermuten, dass Burak Bekta? von einem Rassisten erschossen worden sein könnte. Im konsquenten Ausschließen oder Nicht-Benennen rassistischer Mordmotive zeigen sich Parallelen zum Verhalten der Ermittlungsbehörden im NSU-Komplex. Wirkliche Lehren aus dem NSU werden nicht gezogen. Das muss sich ändern!
Die Kontinuität des rechten Terrors und die Realität der Migration
Der NSU war nicht die erste Neonazi-Terrororganisation und auch nicht die letzte. Das zeigen Prozesse gegen rechte Organisationen wie die „Oldschool Society“ oder die „Gruppe Freital“. Daneben häufen sich die Meldungen von immer neuen Waffenfunden bei rechten Strukturen. Die Zahl der Brandanschläge und rassistischen Übergriffe ist in den letzten Jahren gravierend angestiegen. Die Grenzen zwischen Nazis, der Neuen Rechten und besorgten Pegida- oder Bärgida-Bürger*innen, die sich an Anschlägen auf Geflüchtetenunterkünfte beteiligen, sind zunehmend verschwommen und verwoben. Die politischen Entscheidungsträger*innen reagieren mit dem massiven Abbau des Asylrecht, die Ausländerbehörde und das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge setzen auf Abschreckung.
Trotzdem hat der NSU sein Ziel, die Vertreibung von Migrant*innen aus Deutschland, nicht erreicht. Die Angehörigen der Mord- und Anschlagsopfer haben das Land nicht verlassen. Sie haben sich untereinander bundesweit mit anderen Betroffenen rassistischer Morde und mit Unterstützer*innen vernetzt. Sie klagen den Rassismus an und eine Welt ohne Rassismus ein. Auch die Keupstraße hat sich wieder aufgebaut. Hier wurde wie in unzähligen anderen Orten der BRD eine neue, postmigrantische Gesellschaft errichtet, die für uns heute als selbstverständlich gilt. Die über 50-jährige Einwanderung nach Deutschland hatte zivilisatorische Effekte auf dieses postnazistische Land, die weder wegzudemonstrieren noch wegzubomben sind. Stattdessen müssen selbstorganisierter migrantischer Widerstand sowie rassistische wie antisemitische Gesellschaftsstrukturen sichtbar gemacht werden!
Das Ende ist erst der Anfang
Das Ende des NSU-Prozesses ist nicht das Ende der Auseinandersetzung mit dem NSU und der Gesellschaft, die ihn möglich machte. Unabhängig vom Münchner Urteil bleiben mehr Fragen als Antworten. Deshalb mobilisiert das bundesweite „Bündnis gegen Naziterror und Rassismus“ unter dem Motto „Kein Schlussstrich“ zum Tag X, dem Tag der Urteilsverkündigung, nach München. Wir rufen euch auf, am Tag der Urteilsverkündung nach München zu fahren! Wer allerdings nicht nach München fahren kann, kann sich anderen Aktionen, wie unserer Demonstration in Berlin anschließen. Wir möchten unsere Solidarität mit den Angehörigen der Ermordeten, den Opfern der Anschläge und allen Menschen ausdrücken, die von rechtem Terror und behördlichem Rassismus bedroht und betroffen sind. Wir möchten zeigen, dass der NSU-Komplex für uns nicht abgeschlossen ist.
- Kein Schlussstrich! – NSU-Komplex aufklären und auflösen!
- Rassistischem Terror gegen Geflüchtete und Migrant*innen entgegentreten – Rassismus in Behörden und Gesellschaft bekämpfen!
- Aufklärung der rassistischen Morde des NSU durch eine internationale Untersuchungs-kommission und unter Einbeziehung der Angehörigen!
- Verfassungsschutz auflösen – V‑Leute abschaffen!
- Einrichtung eines parlamentarischen NSU-Untersuchungsausschusses für Berlin!
Fahrt nach München. Kommt zur Demo nach Berlin. Ein entschlossenes Zeichen setzen!
Informationen zur Demonstration und Aktionen am Tag X findet ihr für München: nsuprozess.net
Berlin & anderswo: irgendwoindeutschland.org/nsu
Das Barnimer Grundsicherungsamt zahlt zahlreichen Geflüchteten systematisch zu wenig Geld aus und macht mit Bargeldauszahlung den Betroffenen das Leben schwer. Menschen im Kirchenasyl werden die Leistungen komplett gekürzt, die Betroffenen bleiben dadurch sogar ohne Krankenversicherung.
Kundgebung, 27.3.2018, 17 Uhr
Eberswalde, Friedrich-Ebert-Straße
direkt vor dem Grundsicherungsamt (Paul-Wunderlich-Haus)
Offener Brief an den Barnimer Landrat Bodo Ihrke
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Grundsicherungsamt: L@s refugiad@s tienen el derecho a la ayuda social!
La oficina de asistencia social (Grundsicherungsamt) Barnim, sistematicamente no paga el dinero suficiente, y con pago en efectivo en vez de transferencia dificulta la vida de las personas afectadas. A las personas acogidas por la iglesia incluso se les recorta la ayuda por completo, l@s afectad@s ya ni siquiera tienen seguro medico.
Manifestación: 27 de marzo 2018, 5 p.m.
Eberswalde, Friedrich-Ebert-Straße
delante del Grundsicherungsamt (Paul-Wunderlich-Haus)
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Grundsicherungsamt: Qaxootigu waxay xaq u leeyihiin gargaar lacageed!
Sooshiyaalka Degmada Barnim nidaam ahaan waxay qoxooti badan siiyaan lacag aad u yar oo gacanta laga siiyo taas oo saamayn adag ku yeelanaysa nolosha.
Dadka hela magalgalyada kaniisada waxaa laga jara dhamaan gargaarka ay xaqa u leeyihiin, taasne dad ayay saamaysay oo xata aan helin caymiska caafimaadka.
Kulanka 27.03.2018 saacada 17:00
Goobta Eberswalde, Friedrich-Ebert-Straße.
Waxay toos uga soo horjeeda dhismaha sooshiyaalka.
INFORIOT – Anlässlich des internationalen Frauen*kampftages fand am vergangenen Sonnabend, den 10. März, eine antirassistische Frauen*demonstration in Cottbus mit etwa 250 Teilnehmenden statt. Überschattet wurde die Veranstaltung durch einen mutmaßlich von Neonazis verübten Anschlag auf den Bus von “Women in Exile”, eines Vereins geflüchteter Frauen, die zur Demonstration aufgerufen hatten.
Frauen* demonstrieren gegen Rassismus und Ungerechtigkeit
Neben Women in Exile wurde die Demonstration unterstützt durch Cottbus Nazifrei! und der Opferperspektive e.V. und richtete sich gegen den durch den neu-rechten Verein „Zukunft Heimat“ geschürten Rassismus in der Stadt. Bei „Zukunft Heimat“ handelt es sich um eine nach außen als heimatverbunden darstellende Initiative, die jedoch mit Unterstützung des Crowdfoundingprojekts „Ein Prozent“ eine völkisch-nationalistische und rassistische Kampagne in Cottbus austrägt. Teil dieser Kampagne sind Demonstrationen, an denen in jüngster Vergangenheit bis zu mehreren Tausend Menschen aus dem verschiedensten rassistischen und neonazistischen Spektren aus der Region, aber auch überregional teilnahmen.
Cottbusser Drohkulisse
Die Demonstration startete am Muskower Platz in Sandow, einem Ortsteil am Rande von Cottbus. In mitten einer Plattenbaukulisse trafen die Demonstrant*innen auf die Cottbuser Realität, denn im gesamten Ortsteil rangen asylfeindliche Parolen an den Wänden und Stromkästen, die dort mutmaßlich nicht erst zur Demonstration angebracht wurden.
Nach einer kurzen Auftaktrede bewegte sich die Demonstration in Richtung des Einkaufszentrums Blechen-Carré, eines der Hauptaustragungsorte gewalttätiger Auseinandersetzung in der Cottbusser Innenstadt zwischen deutschen Jugendlichen und Geflüchteten. Dort wurde eine Zwischenkundgebung abgehalten. Am Rande der Kundgebung echauffierten sich einige Anwohner*innen über das Demonstrationsgeschehen, schließlich sei das Ausbleiben der Kundschaft an den Demonstrationstagen ein Verlustgeschäft für den Einzelhandel. Andere Neonazis, augenscheinlich aus der Securitygewerbe und dem Hooligan-Milieu schauten sich das Geschehen am Rande der Demonstration an, darunter auch der IB-Aktivist Marcus W. Laut Augenzeugenberichten flogen im späteren Verlauf der Demonstration Blumentöpfe auf den Aufzug.
Vom Blechen-Carré aus ging es dann in die Innenstadt zum Oberkirchplatz, wo die Demonstration mit einer Abschlusskundgebung mit Redebeiträgen, Live-Musik und Essen beendet wurde. Auch der Vorsitzende von „Zukunft Heimat“, Christoph Berndt, versuchte in Mitten der Abschlusskundgebung auf den Oberkirchplatz zu stören. Friedlich, aber bestimmend wurde er von den Organisator*innen und den Demonstrant*innen von der Kundgebung verwiesen.
Bus von Aktivist*innnen zerstört
Wie im Nachgang der Demonstration bekannt geworden ist, verübten mutmaßlich Neonazis einen Angriff auf den Bus von Women in Exile. Wie die Lausitzer Rundschau berichtet, blieb der Bus wegen eines Schadens an der Elektrik zunächst am Samstagnachmittag am Oberkirchplatz liegen. Abends soll dann Bauschaum in den Auspuff geschüttet, später dann Scheiben eingeschlagen worden sein. Das Fahrzeug ist komplett fahruntüchtig und musste am heutigen Montag vom Oberkirchplatz abgeschleppt werden.
Am kommenden Sonnabend will „Zukunft Heimat“ erneut durch Cottbus demonstrieren. Von Gegenprotesten ist derzeitig nichts bekannt.
Weitere Bilder zur Demonstraion: hier.
Der Landkreis Barnim hat die Entwicklung eines Konzepts für Sprachmittlung in Auftrag gegeben und will demnächst darüber beraten und entscheiden, ob und wie es umgesetzt wird. Dabei geht es darum, für Behördentermine, Arztbesuche, Beratungen u.ä. einfacher als bisher Sprachmittler_innen hinzuziehen zu können.
Das Fehlen von Sprachmittler_innen ist häufig ein Problem, für die Betroffenen, die (noch) nicht gut Deutsch sprechen ebenso wie für Ärzt_innen, Ämter und andere. Ärzt_innen können Menschen nicht sinnvoll beraten, wenn die Verständigung nicht funktioniert. Beim Grundsicherungsamt, Jobcenter und anderen Stellen haben die Angestellten häufig mehr Arbeit, wenn sie nicht richtig verstanden werden. Betroffene wiederum haben Rechte gegenüber den Ämtern und müssen ihre Rechte kennen, verstehen und dafür einstehen können. Wenn schon hier Aufgewachsene oft nur schwer bürokratische Begriffe und Vorgänge verstehen können, wie soll es dann jemand können, der noch nicht lange genug hier lebt, um die Sprache so gut zu beherrschen?
Diesen Problemen soll ein Sprachmittlungs-Konzept entgegenwirken. Die Initiative „Barnim für alle“ begrüßt es sehr, dass der Landkreis das Thema angeht. Bisher gibt es lediglich den Verein „Kontakt e.V.“ als unabhängige Stelle, die Sprachmittler_innen in begrenztem Umfang vermitteln kann und der für einzelne Übersetzungsleistungen vom Grundsicherungsamt eine Erstattung bekommt. Ein Sprachmittler_innen-Pool, über den Betroffene als auch Ämter, Ärzt_innen usw. unkompliziert Sprachmittler_innen für Termine buchen können, würde dem Abhilfe verschaffen. Der Landkreis hofft, einen solchen Sprachmittler_innen-Pool rein aus Ehrenamtlichen aufbauen zu können. In diesem Ansatz sieht die Initiative „Barnim für alle“ mehrere Probleme:
‑Nur eine angemessene Vergütung kann Professionalität und kontinuierliche Qualität sichern, denn ehrenamtliche Sprachmittler_innen sind davon schnell überfordert, wenn sie keine oder keine ausreichende Aus- und Fortbildung und Berufspraxis haben.
‑Bezahlte Sprachmittler_innen können ihre Kenntnisse vertiefen, wenn sie regelmäßig dolmetschen und nicht einer anderen Vollzeit-Erwerbsarbeit nachgehen müssen.
‑Eine klare Rollentrennung zwischen Dolmetschen und ehrenamtlichem Unterstützen ist notwendig, um die Neutralität der Sprachmittlerin/ des Sprachmittlers zu sichern.
In vielen Städten und Landkreisen gibt es staatlich finanzierte Sprachmittlungs-Konzepte, die die Sprachmittler_innen angemessen bezahlen. In Städten wie Osnabrück und Hannover werden mind. 20,00 Euro/ Stunde bezahlt. In Hennigsdorf im Landkreis Oberhavel bekommen Sprachmittler_innen immerhin Aufwandsentschädigungen, wenn auch (noch) keine Honorare.
Die Inititative „Barnim für alle“ fordert den Landkreis auf, ein Sprachmittlungs-Konzept zu beschließen, das eine angemessene Vergütung vorsieht, um die nötige Qualität zu gewährleisten. Dazu müsste ein Finanzierungskonzept entwickelt werden, das beachtet, wie viel Arbeitszeit und damit Kosten den jeweils beteiligten staatlichen Stellen (Ämter, Schulen,…) zusätzlich entstehen, wenn es keine funktionierende Sprachmittlung gibt. Jede dieser staatlichen Stellen könnte sich an der Übernahme der Kosten beteiligen.
Am vergangenen Mittwoch besuchte Innenminister Schröter die Erstaufnahmeeinrichtung für Flüchtlinge in Doberlug-Kirchhain. Der Fokus lag dabei auf Auseinandersetzungen zwischen Bewohner_innen, denen nun mit erhöhter Präsenz von Polizei und Sicherheitspersonal begegnet werden soll. Der Flüchtlingsrat Brandenburg ist empört über die Ignoranz von Landesregierung, Innenministerium und Polizei gegenüber den strukturellen Ursachen für diese Vorfälle, die in der problematischen Lagerunterbringung begründet sind. Die Folgen, die Unterversorgung, Isolation und Perspektivlosigkeit haben können, sind hausgemacht, verursacht von einer menschenunwürdigen Unterbringungspolitik der Landesregierung.
In Gemeinschaftsunterkünften wie der Erstaufnahme haben Menschen kaum Rückzugsmöglichkeiten, sie sind häufig extremen Alltagssituationen, Enge und Stress ausgesetzt. Erstaufnahmelager fungieren zunehmend als Abschieberampen und schließen Menschen aus dem gesellschaftlichen Zusammenleben gezielt aus. Konkret bedeuten sie die Verwehrung von regulärer Beschulung, eingeschränkte Bewegungsfreiheit, Arbeitsverbote, minimale Gesundheitsversorgung und stark eingeschränkten Zugang zu Beratungs- und Hilfestrukturen. Polizei und Sicherheitsdienst bedeuten für die Bewohner_innen nicht Schutz, sondern Kontrolle und Abschiebung. Insofern ist eine Verstärkung dieser Kontrollinstanzen mehr als fragwürdig, da sie zu weiterem Stress und Angst führen wird.
„Es ist zynisch und unmenschlich, Menschen monate- und jahrelang auf engstem Raum zentral in abgelegenen Kasernen unterzubringen und dann die Auswirkungen dieser Zwangsunterbringung als Anlass zu nehmen, die Freiheiten und Handlungsmöglichkeiten der Betroffenen noch weiter einzuschränken“, kommentiert Lotta Schwedler vom Flüchtlingsrat Brandenburg. Studien zu den Effekten zentraler, fremdbestimmter Unterbringungsformen haben gezeigt, dass sich diese Lebensbedingungen gesundheitsschädigend auswirken können.
Anstatt eine sachgerechte Analyse der Ausgangslage vorzunehmen, diskutiert Schröter lieber einen Verbleib von Flüchtlingen bis zu 24 Monaten in Erstaufnahmeeinrichtungen wie Doberlug-Kirchhain. Ein wirksamer Gewaltschutz kann aber nur erfolgen, wenn Lager wie dieses abgeschafft werden. Menschen müssen unabhängig von Herkunft und Bleibeperspektive dezentral untergebracht und aufgenommen, statt ausgegrenzt und kaserniert werden.
2016 hatte die Bundesregierung den Familiennachzug für subsidiär geschützte Kriegsflüchtlinge bis März 2018 ausgesetzt. Die Hoffnung der Geflüchteten, nun endlich auch ihre Familien in Sicherheit bringen zu können, wurde durch einen Beschluss des Bundestags Anfang Februar erneut zunichte gemacht. „Das ist ein humanitärer Offenbarungseid, eine tiefe Verbeugung vor dem Rechtspopulismus. Und es ist ein krasser Verstoß gegen die Grundordnung unseres Staates“ schätzt der Sprecher des Aktionsbündnisses Martin Osinski ein. „Ehe und Familie stehen unter dem besonderen Schutz des Staates.“ heißt es in Artikel 6 des Grundgesetzes.
Gegen die weitere Trennung der Familien waren im Januar zahlreiche Organisationen Sturm gelaufen, darunter auch das Deutsche Kinderhilfswerk. Die ExpertInnen für den Schutz von Kindern hatten eindringlich vor den Folgen gewarnt, wenn Kinder jahrelang von ihren Eltern getrennt aufwachsen müssen.Sie hatten erfolglos an die Bundestagsabgeordneten appelliert, „das international und grundgesetzlich geschützte Recht auf familiäres Zusammenleben auch für diese Flüchtlingskinder zu respektieren“.
Die etwa einstündige Versammlung auf dem Neuruppiner Schulplatz beginnt am Montag, 12.03.2018 um 17 Uhr.
Am 23.02.2018 findet die Premiere des Films „Alle anders, alle gleich – Geschichten aus dem Lebens“ in Frankfurt (Oder) statt. Einlass ist ab 18:30 Uhr im „Frosch – Der Club“ (Ziegelstraße 36, 15230 Frankfurt (Oder)). Der Film ist das Ergebnis eines Projektes des Utopia e.V., bei dem 15 geflu?chteten und nicht-geflu?chteten Jugendliche seit Sommer 2017 zusammenarbeiteten.
Im Rahmen der interkulturellen Begegnung haben die Mitglieder der Gruppe sich u?ber ihre Lebensgeschichten ausgetauscht, Gemeinsamkeiten als auch Unterschiede herausgearbeitet und die gewonnenen Erkenntnisse im Film verarbeitet.
„Wir geben den einzelnen Protagonist*innen ein Gesicht, um sie aus der Anonymita?t zu befreien.“, so Madlen Fox, Sprecherin der Gruppe.
„Ziel des Films ist es, Rassismus und anderen Diskriminierungsformen entgegenzuwirken, um unseren Tra?umen von einer offenen Gesellschaft na?her zu ru?cken“, so Hadi Hussaini, ein weiterer Sprecher der Filmemacher*innen.
Das Projekt wurde gefo?rdert durch die Bundeszentrale fu?r politische Bildung und im Rahmen des Bundesprogramms „Demokratie leben!“ durch das Bundesministerium fu?r Familie, Senioren, Frauen und Jugend.
WO: EU-Kommission, Unter den Linden 78, Nähe Brandenburger Tor
WANN: Montag, 18.12.2017, 16.30 Uhr — 18:30 Uhr
ANREISE AUS POTSDAM mit RB21 um 15:43 Uhr ab Potsdam Hbf
Aufruf (ENGLISH, ARABIC below):
Wir verurteilen die europäische Politik auf das Schärfste. Sie
unterstützen afrikanische Länder um Flüchtende und Migrant*innen von
ihren Grenzen fern zu halten. Sie kooperiert mit Regimen, welche sie
selbst als nicht regierungsfähig oder korrupt einstuft, in dem sie
finanzielle Unterstützung leistet und Trainingsprogramme anbietet. Das
Ergebnis sind willkürliche Gewalt, Tod und Sklaverei, wie aktuell bspw.
in Libyen und Niger öffentlich bekannt geworden ist. Den Regierungen der
Länder, die als Durchreiseländer auf dem Weg nach Europa dienen, wurden
hohe Summen gezahlt und weitere Gelder versprochen. Neue Gesetze und
mehr Grenzkontrolle seitens der EU greifen außerhalb des eigenen
Kontinents um sich. Jobs werden nur für Europäer*innen geschaffen,
während Afrikanische Menschen – davon ausgeschlossen – sich um bessere
Lebensbedingungen anderswo bemühen müssen, dort gejagt werden wie Tiere
und sich allen nur erdenklichen Beschimpfungen und Misshandlungen
ausgesetzt sehen müssen.
Wir rufen alle europäischen Aktivist*innen dazu auf:
Schaut über eure eigenen Grenzen hinaus.Handelt um diese inhumanen
Situationen innerhalb, wie außerhalb der EU zu ändern. Und nicht erst
dann, wenn der öffentliche Aufschrei kommt! Gemeinsam mit aktiven
Geflüchteten gegen Rassismus und Sexismus!
Wir rufen alle afrikanischen Regierungen, die gemeinsame Sache machen
mit der EU dazu auf: Ihr werdet die Verantwortlichen sein in der
Geschichte, die Verantwortlichen am Tod Millionen eurer Landsleute wegen
eurer Gier und eures Macht-Egoismus!
Wir rufen alle Menschen auf, die für EU-Institutionen arbeiten: Es ist
eine Illusion, zu denken, dass ihr das Problem, das ihr selbst mit
kreiert habt, durch Geld und Wegschauen lösen könntet. Vielmehr führt
eure Politik zu mehr Menschenrechtsverletzungen und Tod. Stoppt den
Krieg gegen Migrant*innen!
Wir fordern:
Bewegungsfreiheit für alle, Recht zu Kommen, Recht zu Gehen, Recht zu
Bleiben!
Unterstützer*innen: WOMEN IN EXILE AND FRIENDS, Potsdam-Konvoi,
borderline-europe, sea watch, JUGEND RETTET
ENGLISH Version:
https://www.women-in-exile.net/wp-content/uploads/2017/12/Flyer-EU-Kommission-18.12.17-English.pdf
ARABIC Version:
https://www.women-in-exile.net/wp-content/uploads/2017/12/Flyer-EU-Kommission-18.12.17-Arabic.pdf
Aufruf LANG-Version:
https://www.women-in-exile.net/wp-content/uploads/2017/12/Flyer-EU-Kommission-18.12.17-Deutsch.pdf