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(Anti-)Rassismus Law & Order

Kritik am Gesetzentwurf zu Bankkonten für Gedultete

88Seit Jahren ver­wehren deutsche Geldin­sti­tute vie­len Migrant_innen mit Bezug auf man­gel­nde Deutschken­nt­nisse und Gedulde­ten auf­grund fehlen­der Möglichkeit­en, mit ihren Dul­dun­gen dem Iden­tität­snach­weis nach dem deutschen Geld­wäschege­setz zu entsprechen, die Eröff­nung eines Bankkon­tos. Zahlre­iche Betrof­fene erhal­ten ohne Bankkon­to keine Arbeitsstelle, kön­nen keine Woh­nun­gen mieten, keinen Strom beziehen oder kein Fahrkarten­abon­nement abschließen. Diese mas­sive Diskri­m­inierung ver­hin­dert eine Teil­habe am sozialen und wirtschaftlichen Leben. So find­et ein seit 9 Jahren in Bran­den­burg leben­der Inge­nieur mit Dul­dung immer wieder an ihm inter­essierte Unternehmen. Diese kön­nen ihn am Ende jedoch nicht anstellen, weil ihm ein Bankkon­to fehlt.
 
Erst der sog. Zahlungskon­tenrichtlin­ie der Europäis­chen Union (RL 2014/92/EU), die 2016 in deutsches Recht umge­set­zt wer­den muss, ver­danken wir es, dass diese Diskri­m­inierung in Deutsch­land endlich been­det wer­den könnte.
 
Der Richtlin­ie entsprechend haben das Bun­desmin­is­te­rien der Finanzen und das Bun­desmin­is­teri­um der Jus­tiz und Ver­brauch­er­schutz jet­zt einen Entwurf für ein Zahlungskon­tenge­setz vorgelegt, das im März 2016 in Kraft treten kön­nte. Zeit­gle­ich pla­nen sie die Ein­führung ein­er Verord­nung zum prob­lema­tis­chen § 4 Absatz 4 Satz 1 Nr. 1 Geld­wäschege­setz (GwG), der durch seinen Nexus zum deutschen Aus­län­der­recht die Grund­lage für die Ver­weigerung der Kon­to­eröff­nung bildet. Die geplante Verord­nung soll auch solche amtlichen Doku­mente von Geflüchteten, ins­beson­dere von Gedulde­ten, die keinen Ausweis­er­satz darstellen, als Legit­i­ma­tion­s­grund­lage für eine Kon­to­eröff­nung anerkennen.
 
Bis zum in Kraft treten dieser Regelung, hat die Bun­de­sanstalt für Finanz­di­en­stleis­tun­gauf­sicht (BaFin) mit einem Schreiben vom 21.8.2015 eine Über­gangslö­sung einge­führt, die auch Men­schen vor Eröff­nung ihres Asylver­fahrens und Men­schen mit Dul­dun­gen zur Kon­to­eröff­nung berechtigen.
 
Mit dem Gesetz und der Verord­nung sollen dann ab 2016 Geldin­sti­tute keinen Men­schen mehr auf­grund der Staat­sange­hörigkeit, des Wohn­sitzes oder wegen ander­er in Artikel 21 der Char­ta der Grun­drechte der EU genan­nter Gründe von der Eröff­nung eines Kon­tos mit Basis­di­en­stleis­tun­gen auss­chließen dür­fen. Wenn sie Men­schen ablehnen, was nur noch in eini­gen Aus­nah­me­fällen möglich sein wird, müssen sie dies schriftlich begrün­den und den Betrof­fe­nen den Beschw­erdeweg erk­lären. Der Beschw­erdeweg soll ein neu einge­führtes, kosten­los­es Ver­wal­tungsver­fahren sein.
 
Das Vorhaben eines Geset­zen­twurfs mit zusät­zlich­er Verord­nung begrüßen wir, es geht allerd­ings nicht weit genug. Eine voll­ständi­ge Beendi­gung der Diskri­m­inierung sehen wir erst als erre­icht an, wenn:
1. In dem Gesetz ein aus­drück­lich­es Ver­bot von Ablehnun­gen der Geschäfts­beziehung wegen fehlen­der bzw. unzure­ichen­der Deutschken­nt­nisse erfolgt,
2. Zeit­gle­ich mit diesem Gesetz das Geld­wäschege­setz geän­dert wird, indem darin der Nexus des § 4 Absatz 4 Satz 1 Nr. 1 GwG zum Aus­län­der­recht gekappt wird.
 
Wir fordern die Poli­tik dazu auf, diese Änderun­gen vorzunehmen, um die Richtlin­ie kon­se­quent umzuset­zen, die Diskri­m­inierung damit endlich voll­ständig zu been­den und ein echt­es Basiskon­to für alle Men­schen einzuführen.
 
Eine Stel­lung­nahme der Antidiskri­m­inierungs­ber­atung Bran­den­burg, des Antidiskri­m­inierungsnet­zw­erks Berlin, des Migra­tionsrates Berlin und des Antidiskri­m­inierungsver­ban­des Deutsch­land zu dem Geset­zen­twurf haben die Organ­i­sa­tio­nen heute in den zuständi­gen Bun­desmin­is­te­rien der Finanzen und der Jus­tiz und für Ver­brauch­er­schutz eingereicht.
 
Auf der Web­site der Antidiskri­m­inierungs­ber­atung Bran­den­burg ist die Stel­lung­nahme ein­se­hbar: www.antidiskriminierungsberatung-brandenburg.de
 
Bei Nach­fra­gen wen­den Sie sich an: Antidiskri­m­inierungs­ber­atung Brandenburg/Opferperspektive e.V. Ansprech­per­son: Nad­ja Hitzel-Abdel­hamid 0151–59100083
www.antidiskriminierungsberatung-brandenburg.de
 
Antidiskri­m­inierungsnet­zw­erk Berlin des Türkischen Bunds in Berlin-Bran­den­burg e.V.
Ansprech­per­son: Ker­stin Kühn 030–61305328
www.adnb.de
 
Migra­tionsrat Berlin-Bran­den­burg e.V.
Ansprech­per­son: Cristi­na Martín 030–61658755
www.migrationsrat.de
 
Antidiskri­m­inierungsver­band Deutsch­land e.V.
Ansprech­per­son: Eva Andrades 030–61305328
www.antidiskriminierung.org

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Flucht & Migration Law & Order

Syrische Flüchtlinge weiter aufnehmen!

Super­in­ten­dent Thomas Wisch, Vor­sitzen­der des Aktions­bünd­niss­es gegen Gewalt, Recht­sex­trem­is­mus und Frem­den­feindlichkeit: “Es gibt Fam­i­lien in den syrischen Bürg­erkriegs­ge­bi­eten, die sofort nach Bran­den­burg kom­men kön­nen. Es gibt Bürg­er bei uns, die auf eigene Kosten diese Men­schen aufnehmen wollen. Dafür muss das Auf­nah­me­pro­gramm sofort ver­längert wer­den, dazu fordere ich die Lan­desregierung nach­drück­lich auf. Das ist ein Gebot der Men­schlichkeit, und die Men­schen in Syrien haben keine Zeit!”
 
Das Lan­desauf­nah­me­pro­gramm ermöglicht den Nachzug syrisch­er Ange­höriger nach Bran­den­burg, wenn ein in Deutsch­land leben­der „Verpflich­tungs­ge­ber“ den Staat von allen Kosten freis­tellt. Am Mittwoch, den 30. Sep­tem­ber, läuft das bran­den­bur­gis­che Pro­gramm aus. Am ver­gan­genen Don­ner­stag hat der Land­tag mit den Stim­men aller Parteien außer der AfD mit einem Beschluss die Lan­desregierung zur Ver­längerung und Verbesserung des Pro­gramms aufgefordert.
 
Innen­min­is­ter Karl-Heinz Schröter (SPD), der die Ver­längerung per Anord­nung auf den Weg brin­gen müsste, sagte vor dem Land­tag, es gebe „rechtliche Prob­leme“ zwis­chen Bund und Län­dern, die erst beseit­igt wer­den müssten. Damit dro­ht eine Aus­set­zung des Pro­gramms auf unbekan­nte Zeit.
 
Mar­tin Keune, der Vor­sitzende des Vere­ins „Flüchtlingspat­en Syrien e. V.”: “Wir kön­nen mehrere Fam­i­lien aus Syrien her­aus­holen, wenn die Lan­desregierung jet­zt han­delt. Die fün­fköp­fige Fam­i­lie H. hat sich in Alep­po unter Granaten­feuer im Flur ihres Haus­es ver­schanzt, ohne Wass­er, ohne Strom und ohne Hoff­nung auf eine Unterkun­ft. Bran­den­burg­er Bürg­er wollen mit uns dafür sor­gen, dass diese Fam­i­lie ohne Belas­tung der Lan­deskasse gerettet wer­den kann. Aber: Ohne die Ver­längerung des Auf­nah­me­pro­gramms gibt es für diese Fam­i­lie — und auch für andere — keine Hoffnung.”
 
Der Vere­in „Flüchtlingspat­en Syrien e. V.” holt im Rah­men des Lan­desauf­nah­me­pro­gramms Men­schen aus dem Krieg in Syrien nach Bran­den­burg – mit Visum, auf eigene Kosten und ohne Schlep­per oder den tödlichen Weg übers Mit­telmeer. Bürg­er finanzieren Woh­nun­gen, zahlen den Leben­sun­ter­halt und geben Spra­chunter­richt. Diese Fam­i­lien­zusam­men­führung ist der let­ztere sichere und legale Weg aus Syrien nach Brandenburg.
 
Weit­ere Infor­ma­tio­nen Anna Span­gen­berg, Aktions­bünd­nis Bran­den­burg: 0331 505824–27 Mar­tin Keune, Flüchtlingspat­en Syrien e.V.: 030 21477700

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Antifaschismus Flucht & Migration Law & Order

Kein Ende in Sicht

INFORIOT  Am Abend des 25. August haben knapp 350 Men­schen gegen Ras­sis­mus und Neon­azis in Nauen demon­stri­ert. Anlass war der Brand ein­er Turn­halle, die als Notun­terkun­ft für Geflüchtete genutzt wer­den sollte, in der Nacht von Mon­tag zu Dien­stag. Die Unterkun­ft sollte in weni­gen Tagen vorüberge­hend bezo­gen wer­den, da ein Gebäude zur weit­eren Unter­bringung noch errichtet wer­den soll.

350 bei der Mahnwache in Nauen.
350 bei der Mah­nwache in Nauen.

Ras­sis­tis­che Gewalt: Kein Ende in Sicht
Gegen zwei Uhr Nachts bran­nte die Turn­halle bere­its so stark, dass die Feuer­wehr keine Chance hat­te das Gebäude zu ret­ten, berichtet die MAZ. Es bran­nte kom­plett aus. Zu sehen sind nur noch ver­rußte Wände und durchge­bran­nte Über­reste von Kabeln und Verklei­dung. Auch wenn bish­er keine Tatverdächti­gen ermit­telt wur­den, ist mit ziem­lich­er Sicher­heit klar, dass es sich hier um einen ras­sis­tis­chen Anschlag han­delte. Denn der Angriff auf die geplante Notun­terkun­ft in der Kle­in­stadt Nauen kam nicht über Nacht. Er kam qua­si mit Ankündi­gung. Immer wieder waren in Nauen ras­sis­tis­che Vor­fälle bekan­nt gewor­den. Ange­fan­gen bei ein­er Bürger_innenversammlung zum The­ma Unter­bringung im Feb­ru­ar, die von Neon­azis so mas­siv gestört wurde, dass die Ver­anstal­tung abge­brochen wer­den musste. Es fol­gten Kundge­bun­gen gegen Asylpoli­tik u.a. im Mai von der ras­sis­tis­chen Face­bookini­tia­tive „Zukun­ft Nauen“ und durch die NPD im Juli. Im Juni und Juli kam es zu ein­er Serie von Anschlä­gen auf Parteibüros der Linken und der SPD.
Die Turnhalle brannte völlig aus.
Die Turn­halle bran­nte völ­lig aus.

In den let­zten Tagen und Wochen waren es vor allem die säch­sis­chen Städte Fre­ital und Hei­de­nau die durch ras­sis­tis­che Proteste in die Schlagzeilen ger­at­en waren. Doch auch in Bran­den­burg ist die Zahl ras­sis­tis­ch­er Proteste und Gewalt­tat­en alarmierend. Allein in diesem Jahr gab es nach Angaben der Opfer­per­spek­tive 88 rechte Angriffe. Der Großteil davon mit ras­sis­tis­chem Hin­ter­grund. Die Zahl ist umso erschreck­ender, wenn die Vor­jahreszahl von 92 Angrif­f­en in Rela­tion dazu geset­zt wird: Die 88 Angriffe beziehen sich nur auf die erste Jahreshälfte 2015. 92 wur­den im ganzen Jahr 2014 verübt. Der Anschlag in Nauen ist Angriff Num­mer 89.
Politiker_innen im Redeschwall 
Nur wenige Stun­den nach dem Anschlag, hat­te die lokale Ini­tia­tive „Nauen für Men­schlichkeit“ zu ein­er Kundge­bung am Ort der geplanten Unterkun­ft, einige hun­dert Meter von der Turn­halle ent­fer­nt, aufgerufen. Gefol­gt waren dem Aufruf nicht nur engagierte Anwohner_innen, Antifaschist_innen aus Berlin und Bran­den­burg, son­dern auch eine Rei­he von Lan­des- und Kommunalpolitiker_innen, die sich in ihren Reden zu übertr­e­f­fen ver­sucht­en. So forderte beispiel­sweise Klaus Ness, Frak­tionsvor­sitzen­der der SPD im Bran­den­burg­er Land­tag, einen „Auf­s­tand der Anständi­gen“ und „den Anstand der Zuständi­gen“. Ursu­la Non­nen­mach­er, Grü­nen­poli­tik­erin im Land­tag, sah in der AfD die geisti­gen Brand­s­tifter. Der Falkensee Bürg­er­meis­ter war der Ansicht, die Par­al­le­len zu 1933 seien deut­lich: Bei den Neon­azis und ras­sis­tis­chen Angreifern han­dle es sich ähn­lich wie bei der SA um Kampftrup­pen auf der Straße. Als er im Weit­eren davon sprach, dass es sich bei dem Angriff auf die Turn­halle nicht nur um einen Angriff auf Asylbewerber_innen han­dle, son­dern auch auf Deutsch­land, hagelte es Buhrufe. Für Nation­al­staat und deutsche Iden­tität fand er wenig Sym­pa­thie unter den antifaschis­tis­chen Teilnehmer_innen. Eben­so wenig Begeis­terung ern­tete ein­er der nach­fol­gen­den Red­ner, der sich statt über die ras­sis­tis­che Tat, über den Schaden für die Turn­halle als Gebäude aus­ließ. Deut­lichere Worte fand dage­gen ein Antifaschist, der auf den Ras­sis­mus in der Mitte der Gesellschaft hin­wies und auch die CDU als Teil des ras­sis­tis­chen Main­streams ausmachte.
Bürgermeister Detlef Fleischmann (SPD) sprach bei der Auftaktrede, dass die Geflüchteten "jetzt erst recht" in Nauen aufgenommen werden.
Bürg­er­meis­ter Detlef Fleis­chmann (SPD) sprach bei der Auf­tak­trede, dass die Geflüchteten “jet­zt erst recht” in Nauen aufgenom­men werden.

Spon­tandemon­stra­tion durch die Innenstadt
Nach Abschluss der Kundge­bung zogen die Teilnehmer_innen mit ein­er spon­ta­nen Demon­stra­tion durch die Nauen­er Innen­stadt. Laut­stark wur­den anti­ras­sis­tis­che Sprechchöre wie „Say it loud, say it clear: Refugees are wel­come here“ und „No Bor­ders, no nations, stop depor­ta­tion“ geäußert. Als Aufruf an alle Anwohner_innen am Rande der Demon­stra­tion wurde „Vorurteile hin­ter­fra­gen, Ja zu neuen Nach­barn sagen!” gerufen.
Spontandemonstration durch die Innenstadt.
Spon­tandemon­stra­tion durch die Innenstadt.

Ver­suchter Nazian­griff auf Versammlung 
Während der Ver­samm­lung kam es zu zwei Zwis­chen­fällen: Drei Neon­azis ver­sucht­en sich der Kundge­bung zu näh­ern, wur­den jedoch frühzeit­ig fer­nge­hal­ten. Einige Zeit später, taucht­en wiederum acht Neon­azis mit Eisen­stan­gen auf und woll­ten den Spon­tanaufzug angreifen. Dazu kam es dank antifaschis­tis­ch­er Inter­ven­tion jedoch nicht. Auch der Neon­azikad­er und NPD-Stadtverord­nete in Nauen Maik Schnei­der soll sich in der Nähe der Demon­stra­tion aufge­hal­ten haben.
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Antifaschismus Geschichte & Gedenken Law & Order

Rassistische Gewalt in Brandenburg auf alarmierendem Niveau

Opfer­per­spek­tive — Die rechte und ras­sis­tis­che Gewalt in Bran­den­burg steigt in diesem Jahr alarmierend. Mit 88 recht­en Angrif­f­en, die der Vere­in Opfer­per­spek­tive bis Ende Juli reg­istri­erte, ist bere­its nach 7 Monat­en das Angriff­s­niveau des Vor­jahres erre­icht (2014 gesamt: 92 Fälle). Von ein­er hohen Dunkelz­if­fer und von Nach­mel­dun­gen ist auszuge­hen. Das häu­fig­ste Tat­mo­tiv ist Ras­sis­mus mit 50 Angrif­f­en, weit­ere 23 Angriffe richt­en sich gegen poli­tisch Aktive. Nach Ken­nt­nis der Beratungsstelle sind von den Angrif­f­en min­destens 250 Per­so­n­en direkt oder indi­rekt betroffen.
Die Schwelle zur Gewalt ist wahrnehm­bar gesunken und der über­wiegende Teil der Angriffe sind gefährliche Kör­per­ver­let­zun­gen (37 Fälle) und ein­fache Kör­per­ver­let­zung (24 Fälle). Darüber hin­aus sind Fälle von Bedro­hun­gen, Sachbeschädi­gun­gen und Brand­s­tiftun­gen an geplanten Flüchtling­sun­terkün­ften von der Opfer­per­spek­tive reg­istri­ert worden.
Dieses Angriff­s­niveau vor allem gegenüber geflüchteten Men­schen und einen so hohen Anteil an Kör­per­ver­let­zun­gen haben wir seit langem nicht erlebt. Die Lage ist alarmierend. Anders als im Vor­jahr lassen sich keine regionalen Schw­er­punk­te mehr aus­machen, denn die ras­sis­tis­chen Angriffe wer­den flächen­deck­end in Bran­den­burg verübt,“ fasst die Geschäfts­führerin des Vere­ins Opfer­per­spek­tive Judith Porath die momen­tane Sit­u­a­tion zusammen.
Angriffe sind Alltag
Die ras­sis­tis­che Stim­mung in Bran­den­burg ist ins­ge­samt stark gestiegen. Belei­di­gun­gen, Beschimp­fun­gen und Angriffe erfol­gen über­all: im Super­markt, im Wohnum­feld, auf der Straße, am Bahn­hof und in der Umge­bung von Gemein­schaft­sun­terkün­ften. Teil­weise wer­den die Tat­en von organ­isierten Neon­azis began­gen, auf­fal­l­end ist aber der steigende Anteil an Täter_innen, die sich selb­st nicht diesen Struk­turen zuordnen.
„Wir erfahren aus Beratungs­ge­sprächen immer wieder, dass Men­schen aus Angst vor weit­eren Attack­en nur noch für die wichtig­sten Erledi­gun­gen das Haus ver­lassen. Ras­sis­tis­che Gelegenheitstäter_innen fühlen sich offenkundig durch die all­ge­meine Mobil­isierung gegen Flüchtlinge bestärkt ihre Men­schen­ver­ach­tung und ihren Hass spon­tan in Gewalt umzuset­zen,“ erläutert Judith Porath die bedrohliche Lage für Flüchtlinge.
In Hen­nigs­dorf greift ein Mann Anfang August zwei Asyl­suchende mit ein­er abgeschla­ge­nen Bier­flasche an und ver­let­zt sie schw­er, ein­er der Ange­grif­f­e­nen erlei­det eine tiefe Schnit­twunde nahe der Halss­chla­gad­er. Bei den ras­sis­tis­chen Angrif­f­en ist ver­suchter Totschlag jedoch nur die Spitze des Eisberges:
In Frankfurt/Oder wird eine Gruppe syrisch­er Flüchtlinge zwei Stun­den durch die Stadt gejagt und zusam­mengeschla­gen, Flüchtlinge in Wriezen wer­den aus einem Auto her­aus mit Flaschen bewor­fen, in Cot­tbus rammt ein Mann ein­er schwan­geren Frau aus Tschetsche­nien mehrmals einen Einkauf­swa­gen gegen den Bauch, vor ein­er Gemein­schaft­sun­terkun­ft in Pots­dam attack­ieren Män­ner aus der benach­barten Autow­erk­statt einen soma­lis­chen Flüchtling mit Werkzeu­gen. Neon­azis schikanieren in Hen­nigs­dorf den Betreiber eines Imbiss und greifen ihn und sein Per­son­al so häu­fig an, bis sich kein­er mehr für ihn zu arbeit­en traut. An ein­er Bushal­testelle in Cot­tbus erhält ein Stu­dent aus Kamerun mehrere Faustschläge ins Gesicht – das ist nur eine Auswahl der Angriffe der let­zten Monaten.

Ras­sis­tis­che Het­ze nicht weit­er fördern

Der alarmierende Anstieg ras­sis­tis­ch­er Gewalt in Bran­den­burg ist nach Ein­schätzung der Opfer­per­spek­tive auf die mas­sive Mobil­isierung gegen Flüchtlinge in Poli­tik, Medi­en und in den sozialen Net­zw­erken zurück­zuführen. Lokale Ini­tia­tiv­en, oft ver­woben mit recht­en Organ­i­sa­tio­nen, het­zen gegen Flüchtlinge und organ­isieren Kundge­bun­gen vor Gemein­schaft­sun­terkün­ften. In der Presse bes­tim­men seit Monat­en Szenar­ien von Not­stand die Berichter­stat­tung über Flucht und Asyl und heizen das ras­sis­tis­che Kli­ma an. Politiker_innen und Behör­den gießen Öl ins Feuer, indem sie über Flüchtlinge nur als Massen­phänomen sprechen und den Ein­druck ver­mit­teln, zu viele Men­schen sucht­en in Deutsch­land Schutz vor Krieg, Ver­fol­gung und Hunger.
„Zeigen Politiker_innen auch noch Ver­ständ­nis für die ‘dif­fusen Äng­ste und Sor­gen’ von Rassist_innen und fordern mehr Maß­nah­men zur Abschreck­ung von Flüchtlin­gen, erin­nert uns das an die ver­heerende ‘Das Boot ist voll’-Rhetorik der 1990er Jahre“, bemerkt Judith Porath von der Opferperspektive.
Es ist für uns unerträglich, wenn Rassist_innen und Neon­azis vor Flüchtling­sun­terkün­ften auf­marschieren und Bewohner_innen ein­schüchtern und bedro­hen können.Es ist unerträglich, wenn Politiker_innen Flüchtlinge verunglimpfen und ihnen massen­haften Asylmiss­brauch unter­stellen und damit Sozial­neid schüren, denn die ras­sis­tis­chen Täter_innen fühlen sich dadurch in ihren Vorurteilen bestärkt“, so Judith Porath weiter.
Vor dem Hin­ter­grund des drama­tis­chen Anstiegs der ras­sis­tis­chen Gewalt­tat­en in Bran­den­burg fordert der Vere­in Opfer­per­spek­tive die Lan­desregierung auf, alle Maß­nah­men zu ergreifen der ras­sis­tis­chen Stim­mung ent­ge­gen­zuwirken und klare sol­i­darische Sig­nale für die Auf­nahme von geflüchteten Men­schen in Bran­den­burg zu set­zen. Dazu gehört es unab­d­ing­bar, Flüchtlinge men­schen­würdig unterzubrin­gen, ihnen das Ankom­men durch beglei­t­ende Pro­gramme zu ermöglichen und vor allem für ihren Schutz vor Gewalt und Bedro­hun­gen zu sorgen.

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(Anti-)Rassismus Antifaschismus jüdisches Leben & Antisemitismus Law & Order

Frankfurt (Oder): Neonazis auf Brückenplatz — Polizei kommt nicht

Auf der gestri­gen Ver­anstal­tung “Res Pub­li­ca” auf der “Brück­en­platz” genan­nten Frei­fläche neben der Slu­bicer Straße kam es zu einem sehr unan­genehmen Zwis­chen­fall. Drei Män­ner über­querten den Platz und schlu­gen und trat­en gegen die dort ste­hen­den Lit­fasssäulen. Daraufhin ange­sprochen bedro­ht­en sie uns, ins­beson­dere unsere pol­nis­chen, syrischen und afrikanis­chen Fre­unde, die mit uns auf dem Platz waren. Neben Sätzen, wie ihr “schwulen Mul­ti­kul­ti-Juden” dro­ht­en sie einem syrischen Arzt, ihn zu find­en und ihm dann den Kopf abzuschneiden.
Ich wählte daraufhin die Num­mer “110” und es dauerte 5 Minuten, bis dort jemand den Hör­er abnahm. Als ich zu sprechen begann, schlug mir ein­er der Neon­azis das Handy aus der Hand und der Akku­mu­la­tor fiel her­aus, so dass das Gespräch unter­brochen wurde. Mit einem weit­eren Schlag stieß er mich zu Boden. Auch auf den Anruf eines weit­eren Fre­un­des hin kam keine Polizei.
Glück­licher­weise hat­ten die Anrufe immer­hin erre­icht, dass sich die drei ver­zo­gen, nicht ohne uns und den “Schmarotzern aus dem Süden” noch ein­mal mit dem Tod zu dro­hen und dass “dieser Platz nicht mehr lange stehe”.
Die fehlende Reak­tion der Polizei gibt zu denken. Der “Brück­en­platz” ist ein Ort der Inte­gra­tion und soll es auch bleiben. Das geht aber nur, wenn wir die Polizei auf unser­er Seite wissen!
Michael Kurzwelly, Slub­furt e.V.

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Flucht & Migration Law & Order

Offener Brief an die Landesregierung: Asylrechtsverschärfung stoppen, Willkommenskultur retten

Geset­ze­sen­twurf „zur Neuregelung des Bleiberechts und der Aufen­thalts­beendi­gung“: Anrufung des Ver­mit­tlungsauss­chuss­es durch den Bundesrat.
Sehr geehrter Herr Min­is­ter­präsi­dent, sehr geehrte Min­is­terin­nen und Minister,
der Bun­destag hat am 2. Juli das „Gesetz zur Neubes­tim­mung des Bleiberechts und der Aufen­thalts­beendi­gung“ beschlossen. Voraus­sichtlich am 10. Juli wird der Bun­desrat darüber berat­en. Obwohl die Bun­desregierung den Geset­ze­sen­twurf nicht als zus­tim­mungs­bedürftig deklar­i­erte, soll­ten Sie sich dafür ein­set­zten, dass der Bun­desrat seine Auf­gabe ernst nimmt und zumin­d­est der Ver­mit­tlungsauss­chuss angerufen wird, mit dem Ziel ein­er grundle­gen­den Über­ar­beitung des Geset­ze­sen­twurfs. Der Geset­ze­sen­twurf packt zwei völ­lig gegen­läu­fige Regelun­gen zusam­men, was wohl einem Kuh­han­del zwis­chen den Koali­tion­spart­nern von SPD und CDU/CSU geschuldet ist: die sehr zu begrüßende stich­tag­sun­ab­hängige Bleiberecht­sregelung und die mas­sive Ausweitung der Abschiebung­shaft. Die pos­i­tiv­en Aspek­te des Geset­ze­sen­twurfs dür­fen jedoch nicht als Verzuckerung men­schen­rechtlich beden­klich­er Ver­schär­fun­gen miss­braucht werden.
Die Kri­tik am Geset­ze­sen­twurf, die von ein­er Vielzahl von Sachver­ständi­gen und Men­schen­recht­sor­gan­i­sa­tio­nen geübt wurde, dürfte Ihnen bekan­nt sein:
— Anstatt Abschiebung­shaft zu ver­mei­den, soll sie über die Def­i­n­i­tion von Anhalt­spunk­ten für Flucht­ge­fahr aus­geweit­et wer­den. In der Prax­is wer­den diese Anhalt­spunk­te als Haft­gründe ange­wandt werden.
— Beson­ders prob­lema­tisch ist der Haft­grund, „erhe­bliche Geld­be­träge“ an einen Schleuser gezahlt zu haben, obwohl all­ge­mein bekan­nt ist, dass angesichts der Abschot­tung Europas eine Ein­reise von Schutz­suchen­den ohne die Zuhil­fe­nahme von Schlep­pern schlicht unmöglich ist. Zu Recht hat­te der Bun­desrat in sein­er Stel­lung­nahme fest­gestellt, dass von diesem Umstand nicht auf eine Absicht geschlossen wer­den kann, sich der Abschiebung zu entziehen. Der ver­ab­schiedete Geset­ze­sen­twurf berück­sichtigt in kein­er Weise die Empfehlung des Bundesrats.
— Beson­ders prob­lema­tisch ist der Haft­grund Iden­tität­stäuschung durch Pass­losigkeit. Zahlun­gen an einen Schlep­per, Unter­drück­en von Reise­doku­menten oder falsche Angaben zur Iden­tität sind typ­is­che, aus der Not geborene Ver­hal­tensweisen von Flüchtlin­gen, die nach der Gen­fer Flüchtlingskon­ven­tion kein Grund für eine Inhaftierung sein dürfen.
— Beson­ders prob­lema­tisch ist des weit­eren, dass der Umstand, aus einem anderen EU-Staat nach Deutsch­land ein­gereist zu sein, als Haft­grund im Dublin-Ver­fahren her­hal­ten soll. Der Recht­sauss­chuss des Bun­desrats hat­te die ersat­zlose Stre­ichung dieses Haft­grun­des emp­fohlen. Lei­der fand diese Empfehlung keine Mehrheit im Bun­desrat, wozu die Ablehnung Bran­den­burgs beige­tra­gen haben dürfte.
— Her­vorzuheben sind noch die völ­lig unver­hält­nis­mäßi­gen Ein­reis­es­per­ren, die für den gesamten Schen­gen-Raum gel­ten, sowie der euro­parechtswidrige Ausreisegewahrsam.
Per­fide ist, wie jet­zt die Ver­schär­fung der Abschiebungsregelun­gen durch die Prob­leme der Kom­munen bei der Unter­bringung von Flüchtlin­gen gerecht­fer­tigt wer­den, näm­lich mit dem zynis­chen Argu­ment „Wir brauchen Platz für die wirk­lich Ver­fol­gten“. Wir möcht­en daran erin­nern, dass Abschiebung­shaft einen schw­er­wiegen­den Ein­griff in die Frei­heit­srechte von Men­schen darstellt, die ja noch nicht ein­mal eine Straftat began­gen haben; organ­isatorische Prob­leme dür­fen in keinem Fall zur Legit­i­ma­tion von Frei­heit­sentziehun­gen dienen.
Mit der Prax­is und Rhetorik der Abschiebun­gen wird die Willkom­men­skul­tur in Bran­den­burg unter­graben, die eine große Zahl von Willkom­mensini­tia­tiv­en tagtäglich prak­tizieren. Abschiebun­gen zer­reißen die neu ent­stande­nen Fre­und­schaften und machen alle ehre­namtlichen Anstren­gun­gen zunichte. Das ist eine Steil­vor­lage für Ras­sistIn­nen. Wenn Sie es in Ihrem Beken­nt­nis zur Willkom­men­skul­tur wirk­lich ernst meinen, soll­ten Sie sich auch aus diesem Grund für eine kom­plette Über­ar­beitung des Geset­ze­sen­twurfs aussprechen.
Im Bran­den­burg­er Koali­tionsver­trag ste­ht der Satz: „Die Koali­tion wird sich wie bish­er darum bemühen, Abschiebung­shaft zu ver­mei­den.“ Diese Bemühun­gen müssen jet­zt stat­tfind­en, vor und auf der entschei­den­den Sitzung des Bun­desrats, der immer noch die Möglichkeit hat, den Ver­mit­tlungsauss­chuss anzu­rufen. Selb­st wenn das nicht von Erfolg gekrönt sein sollte, wäre es den­noch ein wichtiges Sig­nal, die schlimm­ste Ver­schär­fung des Asyl­rechts seit 1993 nicht unkom­men­tiert zu lassen und die öffentliche Debat­te zu führen.
Mit fre­undlichen Grüßen
Kay Wen­del (Flüchtlingsrat Brandenburg)

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(Anti-)Rassismus Antifaschismus Law & Order Sonstiges

Am 6. Juni nach Neuruppin – aber wie?!

Zu mehreren Demon­stra­tio­nen und Ver­anstal­tun­gen erwartet Neu­rup­pin am 6. Juni Gäste aus Nah und Fern. Sie wollen sich unter dem Mot­to „Schön­er leben ohne Nazis – Vielfalt ist unsere Zukun­ft“ friedlich ver­sam­meln und für Weltof­fen­heit demon­stri­eren. Der uner­freuliche Anlass ist ein Auf­marsch von Recht­sex­trem­is­ten „gegen Über­frem­dung“, der für densel­ben Tag angekündigt ist.
 
Um 10 Uhr an diesem Sonnabend begin­nen gle­ichzeit­ig drei Versammlungen:
‑Auf dem Schulplatz am Alten Gym­na­si­um bildet ein öku­menis­ch­er Gottes­di­enst den Auf­takt zu einem zehn­stündi­gen Büh­nen­pro­gramm, das poli­tis­che Beiträge mit einem ful­mi­nan­ten Kul­tur­pro­gramm verbindet.
‑In der Bruno-Sal­vat-Straße hin­ter dem Einkauf­szen­trum REIZ begin­nt ein Demon­stra­tionszug, der sich über drei Kilo­me­ter Rich­tung Schulplatz bewegt.
‑Am Bahn­hof Rheins­berg­er Tor ver­sam­meln sich wieder andere Demon­stran­ten, um auf ein­er kurzen Route zum Bern­hard-Brasch-Platz zu ziehen.
 
Die Organ­isatoren der demokratis­chen Proteste wollen allen Demon­stra­tionsteil­nehmern eine gute Anreise ermöglichen. „Man kann an jedem der drei Orte und auch später noch zu uns stoßen. Und man kann auf ver­schiede­nen Wegen zu unseren Ver­samm­lun­gen gelan­gen,“ ver­spricht Mar­tin Osin­s­ki, Sprech­er im Aktions­bünd­nis Neu­rup­pin bleibt bunt. In Absprache mit Polizei und Ver­samm­lungs­be­hörde wer­den fol­gende Empfehlun­gen für die Anreise gegeben:
 
Mit der Bahn:
Regional­ex­press Lin­ie RE 6 aus Wit­ten­berge oder Berlin bis Hal­tepunkt West oder Rheins­berg­er Tor.
 
Mit dem Auto:
— Aus Osten über B167 bis Alt Rup­pin­er Allee. Dort beste­hen Park­möglichkeit­en am Ober­stufen­zen­trum. Die ORP Nahverkehrs­ge­sellschaft richtet von dort einen kosten­losen Bus-Shut­tle-Ser­vice ein.
— Aus Süden, West­en und Nor­den A24 Abfahrt Neu­rup­pin, weit­er über B167 und nördliche Umfahrung (Certaldo‑, Nymburk‑, Bad-Kreuz­nach‑, Babi­most-Ring) Rich­tung Eber­swalde bis Alt Rup­pin­er Allee, Ober­stufen­zen­trum (Bus-Shut­tle).
Wer möglichst nah an das Stadtzen­trum her­an­fahren möchte, sollte über Witt­stock­er Allee, Straße des Friedens oder Seedamm / Ste­in­straße die Karl-Marx-Straße ansteuern.
 
Mit Reisebus:
Über B167 und nördliche Umfahrung (Certaldo‑, Nymburk‑, Bad-Kreuz­nach‑, Babi­most-Ring) bis Witt­stock­er Allee, diese stadtein­wärts über Straße des Friedens bis Bahn­hof Rheins­berg­er Tor. Für Busse beste­hen Park­möglichkeit­en auf dem Betrieb­shof der ORP Nahverkehrs­ge­sellschaft, Witt­stock­er Allee.
 
Empfehlenswert ist eine Anreise bis 10 Uhr. Im weit­eren Tagesver­lauf kann es wegen der ver­schiede­nen Demon­stra­tionszüge zu zeitweili­gen Straßensper­run­gen kom­men. Das Aktions­bünd­nis Neu­rup­pin bleibt bunt bit­tet die Bürg­er der Stadt um Ver­ständ­nis für die unver­mei­dlichen Beein­träch­ti­gun­gen. „Wir haben die Neon­azis nicht herge­beten. Sie kom­men nicht zum ersten Mal – aber vielle­icht ist es ja das let­zte Mal“, hof­fen die Veranstalter.

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Aufklärer oder Unterstützer? – Kampagne Blackbox Verfassungsschutz stellt Expertenstatus des VS in Frage

Vor dem Ver­samm­lung­sort des Geheim­di­en­stes postierten sich Agen­ten der Kam­pagne Black­box Ver­fas­sungss­chutz in Trench­coat und Son­nen­brille und klärten Besucher_innen über die Kar­ri­erechan­cen im Amt auf. Unter dem Mot­to „Werde Ver­fas­sungss­chützer!“ präsen­tierten sie Werbeschilder mit den Slogans:
— „Extrem kar­ri­ere­fördernd- Bei uns gefährden Skan­dale nicht die Aufstiegschancen!“
— „Extrem gut betreut — Unser V‑Mann-Fahrer holt sie gern ab. Sog­ar im Knast.“
— „Extrem gut geschützt — Bei uns geht Quel­len­schutz vor Strafverfolgung.“
— „Extrem gut bezahlt — Als Nazi bis zu 300.000 € verdienen!“
 
„Exis­ten­z­grün­dungs-Zuschuss — Der nötige ‚Bums‘ für Ihre Kam­er­ad­schaft!“ Die ost­deutschen Lan­desämter für Ver­fas­sungss­chutz hat­ten zu ein­er Tagung über die Gefahren von „Extrem­is­mus im Inter­net“ ein­ge­laden. Als Experten soll­ten u.a. die Geheim­di­en­st­mi­tar­beit­er Gor­dian Mey­er-Plath und Bernd Pal­en­da auftreten.
Pal­en­da stieg 2012 zum Leit­er des VS Berlin auf, weil seine Vorgän­gerin wegen des Schred­derns wichtiger Akten im NSU-Kom­plex zurück­treten musste.
Mey­er-Plath wurde 2012 Präsi­dent des säch­sis­chen LfV, obwohl er selb­st in den NSU-Skan­dal ver­strickt ist. Als er als V‑Mann Führer des Neon­azis Carsten Szepan­s­ki (Piat­to) bere­its 1998 von der geplanten Bewaffnung des NSU-Trios erfuhr – unter­ließ er es, die Polizei zu informieren. Mey­er-Plath chauffierte den wegen ver­sucht­en Mordes verurteil­ten Szepan­s­ki sog­ar vom Knast zu Neon­az­itr­e­f­fen und ‑konz­erten.
Während das NSU-Net­zw­erk mordete, flossen mas­siv staatliche Gelder in Kam­er­ad­schaften und Nazilä­den und wur­den V‑Männer vor der Polizei und Jus­tiz geschützt. Nach der Selb­stent­tar­nung der ras­sis­tis­chen Ter­ror­gruppe wurde die Aufk­lärung aktiv behin­dert, Akten wur­den ver­nichtet, Zeu­ge­naus­sagen abge­sprochen oder es wurde ein­fach geschwiegen.
Dazu erk­lärt der Press­esprech­er der Kam­pagne Black­box Ver­fas­sungss­chutz, George Kaplan:
„Es ist ein Skan­dal, dass die selbe Behörde, die tatkräftig zur Radikalisierung der deutschen Neon­aziszene beige­tra­gen hat, heute über das “Radikalisierungsin­stru­ment Inter­net” aufk­lären will. Worüber sie nicht sprechen wer­den, sind die Gefahren, die vom deutschen Inlands­ge­heim­di­enst selb­st aus­ge­hen. Allein die Anzahl der V‑Männer in der NPD legt den Gedanken nahe, von der NPD als par­la­men­tarischem Arm des Ver­fas­sungss­chutzes zu sprechen. Die Gefahr lauert im Amt. Der Ver­fas­sungss­chutz gehört nicht in die Bil­dungsar­beit, son­dern abgeschafft.”
 
Hier Fotos von der Aktion
https://www.dropbox.com/sh/c6vcycjzsnddbuz/AACnLFwBTmlYNiLuuajkj3mka?dl=0

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Brandanschlag auf Hausprojekt Zelle 79

Durch mas­sive Gewal­tein­wirkung ver­sucht­en sie, sich Zutritt zu den Räum­lichkeit­en des Haus­es zu ver­schaf­fen. Dabei wurde die Ein­gangstür demoliert. Die Außen­fas­sade des Haus­es wurde mit mehreren Kel­tenkreuzen, einem ras­sis­tis­chen Sym­bol, beschmiert. Darüber hin­aus zer­störten die Angreifend­en eine Fen­ster­scheibe. Vor dem Haus wurde unter Anwen­dung von Pyrotech­nik Feuer gelegt. Während des Angriffs skandierten sie die Parolen „Deutsch­land den Deutschen“ und „Aus­län­der raus“. Besorgte Anwohner_innen ver­ständigten die Polizei. Der Brand kon­nte vor dem Ein­tr­e­f­fen der Polizei gelöscht wer­den. Zu diesem Zeit­punkt befan­den sich mehrere Per­so­n­en im Haus, von denen glück­licher­weise nie­mand ver­let­zt wurde.
 
Dieser Angriff bildet den vor­läu­fi­gen Höhep­unkt ein­er Serie von Anschlä­gen auf das Haus­pro­jekt und die alter­na­tive Begeg­nungsstätte „Zelle79“. Inner­halb eines Monats war das Haus­pro­jekt mehrmals das Ziel rechter Anschläge: es kam zur Beschädi­gung der Ein­gangstür und zur Beschmutzung der Fas­sade durch einen Farbbeutelan­griff. Im unmit­tel­baren Umfeld des Pro­jek­tes wur­den rechte Schmier­ereien beobachtet, wie „Cot­tbus bleibt braun“ in der Nähe des Bah­nüber­gangs Parzellenstraße/Lobedanstraße. Blieb es bei vorheri­gen Angrif­f­en auf das Haus­pro­jekt haupt­säch­lich bei Sachbeschädi­gung, nimmt der aktuelle Vor­fall eine höhere Gewalt­in­ten­sität an. Men­schen soll­ten gezielt bedro­ht und eingeschüchtert wer­den. Eine kör­per­liche Ver­let­zung der Men­schen wurde dabei bil­li­gend in Kauf genom­men. Das Vorge­hen lässt ver­muten, dass organ­isierte Struk­turen hin­ter den Angrif­f­en stecken.
 
Der Vere­in für ein mul­ti­kul­turelles Europa e. V. war schon oft Zielscheibe rechter Über­griffe, da er sich für eine sol­i­darische und weltof­fene Gesellschaft engagiert. Er stellt einen wichti­gen Ort in der alter­na­tiv­en Jugen­dar­beit in Cot­tbus dar. Hier kön­nen sich Men­schen unab­hängig von sozialen und kul­turellen Milieus ver­net­zen, bilden und in das Vere­insleben einbringen.
 
Wir lassen uns von diesen Geschehnis­sen keineswegs ein­schüchtern. Im Gegen­teil, wir fühlen uns in der Bedeu­tung unser­er Arbeit bestärkt. Cot­tbus darf nicht zu einem braunen Ort verkom­men. Die Aktiv­ität des Vere­ins wird mit umso größer­er Vehe­menz fort­ge­set­zt, um rechtem Gedankengut eine klare Absage zu erteilen.

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Blockaden zwingen flüchtlingsfeindlichen Aufmarsch zum vorzeitigen Abbruch

Knapp 50 Rassist*innen — weit weniger als im Jan­u­ar und Feb­ru­ar diesen Jahres — gelangten trotz ein­er Block­ade am Zehme­platz in die Innen­stadt, doch wurde der Aufzug schlussendlich durch eine Block­ade von 60 Antifaschist*innen am Rosa-Lux­em­burg-Berg verhindert.
„An diesem Tag kon­nte die antifaschis­tis­che Zivilge­sellschaft erneut beweisen, dass Block­aden ein erfol­gre­ich­es und weit­er­hin notwendi­ges Mit­tel gegen ras­sis­tis­che Aufmärsche sind.“ — so Christo­pher Voß, ein Sprech­er des Bünd­niss­es „Kein Ort für Nazis in Frank­furt (Oder)“.
Bere­its zum drit­ten Mal diesen Jahres ver­sucht­en Rassist*innen der Grup­pierung „Frankfurt/Oder wehrt sich“ ihre flüchtlings­feindliche Het­ze auf die Straße zu tra­gen. Auch heute wurde wieder offen­sichtlich: der ver­meintliche „Bürg­er­protest“ wird von lokalen und Bran­den­burg­er Neon­azistruk­turen getra­gen. Vornehm­lich beteiligten sich Neon­azis regionaler NPD-Ver­bände und der sich momen­tan in Bran­den­burg etablieren­den Partei der III. Weg. Trotz der Unter­stützung von außer­halb sank die Teilnehmer*innenzahl von 250 Men­schen im Jan­u­ar und 80 im Feb­ru­ar auf nicht mehr als 50 Personen.
„ Obwohl den Rassist*innen offen­sichtlich die Luft aus­ge­ht, wer­den wir nicht müde uns der­ar­tiger Het­ze auf der Straße ent­ge­gen­zustellen.“ — so weit­er Chrsi­to­pher Voß.
Die am Sta­dion star­tenden Rassist*innen wur­den von ein­er Block­ade in der Lin­den­straße erst­mals auf ihrem Weg in die Innen­stadt gehin­dert. Die Polizei kesselte die Teilnehmer*innen der angemelde­ten Block­ade ein, so dass die Neon­azis in die Innen­stadt marschieren konnten.
Engagierten Antifaschist*innen gelang es trotz der unver­hält­nis­mäßi­gen Härte der Polizei den­noch den Auf­marsch laut­stark zu begleit­en. Mit Block­aden auf der Karl-Marx-Straße wie auf dem Rosa-Lux­em­burg-Berg gelang es den Aufzug zu stop­pen. Daraufhin löste sich die Ver­samm­lung der
Rassist*innen auf und so kon­nten sie nicht ihre geplante Route laufen.
Dieser Auf­marsch rei­ht sich ein in eine bun­desweite Mobil­isierung gegen Geflüchtete. Dass Ras­sis­mus auch in Frank­furt (Oder) ein All­t­agsprob­lem ist, zeigt sich ins­beson­dere durch den Über­griff neun zum Teil polizeibekan­nter Rassist*innen auf fünf Syrer*innen am 21.03.2015 in
Frank­furt (Oder).
Das Bünd­nis „Kein Ort für Nazis in Frank­furt (Oder)“ wird sich auch in Zukun­ft ras­sis­tis­chen Aufmärschen in den Weg stellen. Daher rufen wir auf, sich auch am kom­menden Mon­tag, den 27.04.2015, dem flüchtlings­feindlichen Auf­marsch in Fürsten­walde in den Weg zu stellen. Der
lan­desweit wohl größte Neon­azi — Auf­marsch diesen Jahres wird am 06.06.2015 in Neu­rup­pin stat­tfind­en. Die lokalen Bündnispartner*innen unter­stützen die geplanten Block­aden des antifaschis­tis­chen Zusam­men­schlusses unter dem Namen „Kein Zukun­ft für Neon­azis — TDDZ
ver­hin­dern!“
Frank­furt (Oder), den 25.04.2015
Inforiot