Es sollte eigentlich nur eine ganz normale Silvesterfeier werden, so ein Vertreter des linksalternativen Jugendwohnprojektes Mittendrin. Nach einem einwöchigen Arbeitseinsatz am neuen Bahnhofsdomizil, wollten die Jugendlichen zu aufgelegter Musik tanzen und gemeinsam feierlich das Neue Jahr begrüßen. Doch es kam dann doch ganz anders als gedacht.
Gegen 23.45 Uhr begaben sich die meisten Jugendlichen, es mögen insgesamt ungefähr 20 Personen gewesen sein, langsam aus ihrem Objekt in den Kreuzungsbereich August Bebel Straße Ecke Schinkelstraße, um mutmaßlich Punkt 00.00 Uhr das Neue Jahr zu begrüßen. Sie waren auch nicht die Einzigen auf der Straße. Auf der Schinkelstraße, Höhe Pizzeria und Höhe Feuerwehr, befanden sich bereits Personen anderer privater Feiern, die bereits vor Mitternacht Böller warfen und Raketen in den Himmel stiegen lassen. Ebenso in der August Bebel Straße Ecke Schulzenstraße.
Doch plötzlich näherten sich gegen 23.50 Uhr mindestens vier Polizeifahrzeuge, darunter auch Bereitschaftspolizei der Landeseinsatzeinheit (LESE), dem JWP Mittendrin. Es soll „Beschwerden“ der Anwohner_innen gegeben haben, sei einem Vertreter des Mittendrin später erklärt worden. Trotzdem war die Polizei auffallend schnell, innerhalb von 5 Minuten, vor Ort, obwohl der nächste LESE-Standort im 30 Minuten entfernten Oranienburg liegt. Offensichtlich war der Polizeieinsatz also bereits vorher schon geplant.
Sofort nach Ankunft der Polizei setzte diese zunächst die Räumung der Kreuzung August Bebel Straße Ecke Schinkelstraße durch. Alle Jugendlichen, die sich auf der Straße befanden, leisteten dem folge. Die Personen, die hingegen auf der Straße vor der Pizzeria und vor der Feuerwehr feierten wurden von der Polizei nicht beachtet. Trotzdem blieb die Lage erst einmal entspannt.
Gegen 00.00 Uhr wurde dann eine, nach draußen gebrachte Musikanlage aus dem Mittendrin, vergleichbar einer gewöhnlichen Stereoanlage, eingeschaltet. Es erklang das alte Arbeiterlied „Die Internationale“, welches mancherorts, auch heute noch, sogar von SPD Bundestagsabgeordneten gesungen wird. Doch im SPD regierten Brandenburg stellt das Abspielen dieses Liedes, in Mitten laut krachender Silvesterböller, offenbar eine „Ruhestörung“ da und wurde umgehend durch die Polizei unterbunden. Ein Schelm wer Böses dabei denkt.
Doch die Lage blieb weiterhin entspannt. Auch als aus und auf dem Gebäude des Mittendrin, ähnlich wie in den Vorjahren, Signalfackeln gezündet und in den Straßen die silvesterübliche Böllerei ihren Höhepunkt erreichte.
Obwohl die Lage aber friedlich und seitens des Mittendrin keine Eskalation erkennbar war, schien es so als ob der Polizeieinsatz aber dann noch irgendwie gerechtfertigt werden musste. In der allgemeinen Böllerei wollen die Beamten eine Teenagerin ausgemacht haben, die angeblich mit nicht genehmigten Silvesterknallern handiert haben soll. Sie wird von mehreren Beamten kurzzeitig in Gewahrsam genommen. Nun regt sich erstmals großer Unmut unter den Anwesenden Jugendlichen, die bisher jeder Anweisung der Polizei Folge geleistet hatten. Es wird laut protestiert. Und es ist immernoch die Zeit zwischen 00.00 und 01.00 Uhr, dem Höhepunkt des Silvesterfeuerwerks. Zudem sind dutzende Menschen auf den Straßen, nicht nur Mittendrinler. Die Lage für die Polizei wird unübersichtlicher und die Beamten zunehmend nervöser. Ein Irrsinn zu diesem Zeitpunkt überhaupt einen Polizeieinsatz durchzuführen, viel zu leicht könnte aus einer Nichtigkeit eine eskalierende Situation werden.
Und so kommt es dann auch. Irgendwann knallt ein Böller zwischen den Beamten. Von wem er geworfen wurde und ob dieser überhaupt zielgerichtet zwischen die Polizisten flog bleibt unklar. Jedenfalls scheint für die Polizei die Täterschaft fest zu stehen. Mehrere Beamter stürmen nun auf einige Jugendliche aus dem Mittendrin zu und versuchen diese habhaft zu werden. Doch die Kids sind schneller, fliehen ins JWP und machen die Tür zu. Vergeblich versuchen die Beamten nun ins Haus einzudringen, scheitern aber an der massiven Eingangstür in der August Bebel Straße. Überfordert und Ratlos scheinen sie davor zu stehen.
Anscheinend reift in dieser Situation aber nun die Erkenntnis, dass ihr Einsatz endgültig gescheitert ist. Offenbar, um nicht noch weiter eskalierend zu wirken, ziehen sich alle Polizeikräfte gegen 01.20 Uhr zurück.
Fotos: Presseservice Rathenow
Kategorie: Sonstiges
Als Frauen sind wir mit Gewalt gegen Frauen konfrontiert, eine der häufigsten Menschenrechtsverletzungen weltweit.
Dieses Schicksal teilen wir mit vielen Frauen auf der ganzen Welt. Aber gleichzeitig erleben wir, dass Flüchtlingsfrauen in Deutschland, durch diskriminierenden Gesetze, vor allem auch durch die Unterbringung in Lagern noch weniger vor Gewalt geschützt sind, als andere Frauen. Deshalb fordern wir, Keine Lager für Frauen, alle Lager abschaffen!
Als Flüchtlingsfrauen erleben wir tagtäglich Verletzungen unserer Menschenrechte:
Wir werden in Europa hin und her geschoben, mit Gutscheinen erniedrigt, mit Arbeitsverboten und dem Asylbewerberleistungsgesetz entrechtet und die Unterbringung in Lagern verletzt unser Recht auf ein selbstbestimmtes Leben. Dieses Schicksal teilen wir mit allen asylsuchenden Frauen und Männern in Deutschland.
Deshalb fordern wir, alle diese diskriminierenden Gesetze abzuschaffen!
In den letzten Monaten können wir beobachten, dass neue diskriminierende Gesetze gegen Flüchtlinge einem neuen Grundprinzip folgen: Verletzung von elementaren Grundrechten für die einen — graduelle Verbesserungen für die anderen. Ob Arbeitsverbote oder Integration, Flüchtlingsschutz oder Abschiebung, Abschiebehaft oder Bleiberecht. Das ganze deutsche Asylsystem spaltet Flüchtlinge und MigrantInnen: Wo früher alle Flüchtlinge und MigrantInnen entrechtet waren, gibt es jetzt ein Aufenthalts- und Asylrecht, das nach hierarchischen Kategorien sortiert: “Nützliche” MigrantInnen, die integriert werden können, “richtige Flüchtlinge”, die zumindest vorübergehend Schutz brauchen und vermeintliche “AsylbetrügerInnen” werden in verschiedene Schubladen sortiert. Gleichzeitig haben zahlreiche Entrechtungen und Sondergesetze für Asylsuchende auch das Ziel, sie von anderen Teilen der Zivilgesellschaft abzuspalten.
Dem setzen wir transnationale Solidarität entgegen.
Wir Flüchtlinge lassen uns nicht spalten in richtige und falsche Asylsuchende, in erwünschte und unerwünschte Asylsuchende. Wir haben alle ein Recht auf Schutz und auf ein menschenwürdiges Leben. Wir, Aktivistinnen mit oder ohne Fluchthintergrund halten zusammen und bekämpfen diese rassistischen Gesetze zusammen.
Der für Samstag, den 6. Dezember 2014, in Wittstock/Dosse geplante Aufmarsch von Asylgegner_innen wird höchstwahrscheinlich ohne besondere rechtliche Einschränkungen stattfinden. Lediglich der Startpunkt des Aufzuges wurde von der Stadthalle zum Parkplatzbereich vor der Bahnhaltestelle umverlegt. Von dort aus soll es zunächst in die nördlichen Stadtgebiete, bis zur Friedrich Schiller Straße gehen. In diesem Bereich ist dann eine Zwischenkundgebung geplant.
Asylgegner_innen wollen direkt zu Flüchtlingsunterkünften
Wie bereits befürchtet, führt diese Marschroute bis in unmittelbarer Nähe zu Wohnungen, in denen Geflüchtete untergebracht sind. Auch der Marsch mit Brandfackeln scheint bisher polizeilich nicht untersagt zu sein. Vielmehr bekräftigte die Revierführung, dass die Polizei mit einem großen Aufgebot vor Ort sein wolle und die Sicherheit angeblich so garantieren könne.
Jedoch sind für den Fackelmarsch ungefähr 500 Personen angekündigt, von denen ein großer Teil gewaltbereite Neonazis sein könnten. Im Internet wurden in einer öffentlichen Veranstaltungsgruppe bereits 362 Personen eingeladen. Nach neun Stunden hatten heute allerdings erst 41 potentielle Versammlungsteilnehmer_innen, darunter aber viele einschlägig bekannte Neonazis aus den Landkreisen Prignitz und Ostprignitz-Ruppin, zugesagt. Eine reelle Teilnehmer_innenzahl schwankt möglicherweise zwischen 100 und 250 Personen.
Protestaktionen geplant
Gegen den Aufmarsch sind aber auch Protestaktionen geplant. Ziel dieser ist es, die Asylgegner_innen möglichst fern von den Flüchtlingsunterkünften zu halten.
Als Anlaufpunkt für alle die, die gegen den geplanten Fackelmarsch protestieren wollen, wurde inzwischen auch ein Infotisch in der Pritzwalker Straße Ecke Ringstraße angemeldet. Dieser befindet sich an der Brücke über die Glinze und somit in unmittelbarer Nähe des Anlaufpunktes der Asylgegner_innen. Der Infotisch wurde für die Zeit von 15.00 bis 22.00 Uhr angemeldet. Protest auf Augenhöhe scheint also in jedem Fall möglich.
Des Weiteren plant die Kirche eine öffentliche Andacht in der Zeit von 15.00 bis 18.00 Uhr in der Wiesenstraße Ecke Meyenburger Chaussee, einem möglichen Passierpunkt der Asylgegner_innen.
Die historische, von der Stadtmauer umschlossene Altstadt scheidet hingegen offenbar als Aufmarschfläche aus. Da die Stadt Wittstock dort eine Weihnachtsveranstaltung durchführt, bleibt den Asylgegner_innen der Zugang zur Innenstadt verwehrt. Dafür will das Bündnis „Wittstock bekennt Farbe“ zusätzlich auf dem Markt Präsenz zeigen, um dort mit Bürger_innen ins Gespräch zu kommen und ihnen Material für ein Bekenntnis zu einer weltoffenen Stadt zu übergeben.
Karte als PDF: Wittstock Plan 6.12
Beim heutigen Pressetermin zum Sinterklaas-Fest hat der Veranstalter erklärt, dass er die rassistische Darstellung der Figuren des „Zwarte Piet“ (Schwarzer Peter) beibehält und mehrere dieser Figuren beim Umzug am 13. und 14. Dezember durch die Stadt Potsdam laufen lassen will.
Anfang Oktober wandte sich die Antidiskriminierungsberatung Brandenburg, angesiedelt beim Vereins Opferperspektive, an die Stadt Potsdam, weil mehrere schockierte Beschwerden über das vom “Förderverein zur Pflege Niederländischer Kultur in Potsdam” geplante „Sinterklaas Fest“ bei ihr eingegangen waren. Auf diesem Fest will der Verein mehrere Figuren der sogenannten „Zwarten Pieten“ (Schwarzer Peter auf niederländisch) auftreten lassen. Es handelt sich dabei um weiße Schausteller, die schwarz angemalt, mit großen Lockenperücken, übergroßen rot geschminkten Lippen, großen goldenen Ohrringen und in eine Art Narrengewand gekleidet durch die Potsdamer Straßen laufen und zur Erheiterung der Zuschauer beitragen sollen. Sie sollen die „Helfer“ des weißen Sinterklaas darstellen, der mit dem Schiff in Potsdam ankommt und dann mit ihnen von der Anlegestelle durch Potsdam zieht.
Diese Präsentation ist eine Nachahmung kolonialer Figuren, die schwarze Menschen in entwürdigender, lächerlich machender Art und Weise darstellt. Es gibt seit Jahren international Proteste dagegen und ein Amsterdamer Verwaltungsgericht wertete die Figuren als eindeutig diskriminierend.
Wir haben vor 5 Wochen die Verantwortlichen in der Stadtverwaltung auf all das aufmerksam gemacht und den Veranstalter um ein Gespräch gebeten, um Vorschläge zu unterbreiten, wie zum Beispiel nach Vorbildern aus
Holland, die Figuren in kreativer Weise bunt oder ganz anders darzustellen, um eine rassistische Herabwürdigung zu vermeiden, die schließlich auch dem Image der Stadt Potsdam widersprechen würde, die sich — auch bei diesem Fest — tolerant und weltoffen präsentieren will.
Der Veranstalter hat auf unser Gesprächsangebot nicht reagiert. Die Stadt bemüht sich auch, zu erreichen dass es nicht zu einer rassistischen Darstellung der Figuren kommt. Gestern Nachmittag erfuhren wir kurzfristig durch die Stadtverwaltung, dass der Veranstalter heute früh eine Presseerklärung verlesen wird. Uns selbst hat der Veranstalter davon nicht in Kenntnis gesetzt.
Der Verein, vertreten durch den Vorstandsvorsitzenden Hans Göbel, erklärte bei seinem heutigen Pressetermin, es sei ihm bekannt, dass es bereits seit den 1970er Jahren Proteste gegen die „Zwarte Pieten“ in den Niederlanden gibt und dass auch hier in Potsdam Gruppen und Privatpersonen Kritik geübt hätten. Die Kritik, dass der Verein eine rassistische Darstellung betreibe, hätte ihn also nicht überrascht. Jedoch: das würde der Verein nicht so sehen und weil man die Figuren nicht rassistisch meine, könnten sie auch nicht rassistisch sein und erst Recht kein Verstoß gegen die UN-Anti-Rassismus-Konvention. Man betrachte die vorgebrachte Kritik als Einzelmeinungen und wenn sich Menschen durch die „Zwarten Pieten“ verletzt fühlten, seien das „Befindlichkeiten“, auf die sie „keine Rücksicht nehmen“ oder deswegen ihre „kulturellen Traditionen ändern“ würden. Wer sich dadurch gestört fühle, könne Potsdam ja während der Veranstaltung fern bleiben.
Damit blieb der Veranstalter ganz auf seiner bisherigen Linie, auf die seit Wochen zum Teil öffentlich geäußerte Kritik, unter anderem von den Gruppen Postkolonial Potsdam und Pan-African Women’s Empowerment & Liberation Organisation (PAWLO) e.V., oder auf unsere Gesprächsaufforderung nicht zu reagieren und sich nicht auseinanderzusetzen.
Es wäre ein Leichtes, sich kreative andere Formen der Darstellung zu überlegen und die Figuren anders zu gestalten. Der Verein hat dies heute ausdrücklich und mit großem Selbstbewußtsein verweigert. Er will lediglich zusätzlich zu den althergebrachten Figuren auf dem Fest auch ein paar Figuren herumlaufen lassen, die nicht wie beschrieben geschminkt, sondern “nur” rußverschmiert auftreten. Es wird aber wie geplant eine große Anzahl der üblichen „Zwarten Pieten“ durch Potsdam laufen und damit in menschenverachtender Weise zur Reproduktion rassistischer Bilder in der Potsdamer Öffentlichkeit beitragen.
Die Stadt Potsdam ist seit dem Jahr 2006 Mitglied in der Europäischen Städtekoalition gegen Rassismus und hat sich verpflichtet, alles zu tun, um Rassismus abzubauen. Wir fordern die Stadtverwaltung dazu auf, dem Veranstalter die Auflage zu machen, Darstellungen, die Menschen entwürdigen und die Rassismus befördern, zu unterlassen.
INFORIOT — Es nimmt kein Ende: Nach mehreren Enthüllungen über die rechten Aktivitäten der neuen Landtagsabgeordneten der Brandenburger Alternative für Deutschland (AfD) werden nun weitere Verstrickungen in die extreme Rechte deutlich. Neueste Episode: ein Ehepaar aus Bad Belzig, das für die AfD in Potsdam-Mittelmark kandidierte. Ein etwas näherer Blick auf das Paar offenbart einen schwer erträglichen Mix aus Beleidigungen gegen die Brandenburger Bevölkerung, Adels-Snobismus und einem kruden Germanenkult.
Bei den Kommunalwahlen im Mai diesen Jahres trat der AfD’ler Baron Arpad von Nahodyl-Nemenyi für den Kreistag Potsdam-Mittelmark als auch für die Stadtverordnetenversammlung Bad Belzig an. Der Baron fungiert nebenbei unter dem Namen Geza von Nemenyi als Chef der „Germanischen Glaubensgemeinschaft“ (GGG). Auch auf der Wahlliste stand seine langjährige Lebensgefährtin und inzwischen Ehefrau Catrin (geborene Wildgrube).

Adeliger Wahnwitz in der AfD
Arpad von Nahodyl ist nur einer von mehreren Adligen in der Funtionärsriege der Brandenburger AfD. Aber vermutlich der Einzige, der über seine Blaublütertum ein Buch geschrieben hat. Sein Ende 2013 erschienenes Buch „Adliges Bewusstsein“ strotzt vor kruden Thesen. Beispielsweise beklagt er „fehlenden Respekt“ der Bevölkerung gegenüber dem Adel.
Über das Leben in Brandenburg schreibt er: „Aber hier in Mitteldeutschland, wo ich jetzt lebe, kennen sich nur sehr wenig Menschen mit den feinen Umgangsformen aus. Die Mehrheit sind ‚Bauern‘ oder Nachkommen von Bauern, in keiner Weise fein.“ Das ist nichts weniger als eine knackige Beleidigung der Brandenburger Bevölkerung. Die Rede von Brandenburg als Teil von „Mitteldeutschland“ ist hingegen strammes, extrem rechtes Vokabular und deutet darauf hin, dass die Existenz der Oder-Neiße-Grenze von Nahodyl nicht akzeptiert wird.
Im Buch heißt es weiter: „Das Adelssystem ist ein hierarchisches System: Man anerkennt, daß einzelne Menschen einen höheren Status haben, als andere.“ Kritik an solchem Denken wäre unfair, denn sie käme nur „von Menschen des unteren Status“, die „ein Umkehren der Verhältnisse“ bezwecken. Bezogen auf seinem Leben in Brandenburg wird er noch deutlicher: „Ich selbst habe in dem Dorf, wo ich jetzt wohne, erlebt, wie man mich in ähnlicher Weise nicht dem Rang entsprechend behandeln wollte.“

Germanische Glaubens-Gemeinschaft
Mehr noch: Nahodyl ist unter dem Namen Geza von Nemenyi Gründer der „Germanische Glaubens-Gemeinschaft“ (GGG), einer germanisch-heidnischen Sekte, die in ihrem Logo den in der Naziszene beliebten Thorhammer verwendet. Die GGG beruft sich auf die historische, 1913 gegründete „Germanische Glaubensgemeinschaft“ um den Dichter Ludwig Fahrenkrog. Fahrenkrog sah das sich auf dem Judentum aufbauende Christentum als den Germanen wesensfremd an.
AfDler Geza von Nemenyi, der sich als „Gode“, als “germanischer Priester“, versteht, gründete 1991 die GGG als Verein in Berlin. Als „Allsherjargode“ ist Nemenyi Leiter des sogenannten Godenrates und damit Anführer der GGG. Die Sekte hat ihre Anschrift in Bad Belzig. Im Vorstand der GGG ist auch Nahodyls Ehefrau Catrin von Nahodyl-Nemenyi vertreten.
Hexe Bjarka auch bei AfD
Wie ihr Ehemann ist auch Catrin von Nahodyl-Nemenyi Buchautorin — 2004 veröffentlichte sie das Buch „Die Welt der Hexen“. Als Beruf gibt die 46-jährige ist “Astrologin” an. Sie tritt als „Hexe Bjarka“ auf und äußerte gegenüber der Berliner Morgenpost: „Das Hexen liegt ein bißchen in der Familie. Meine Tante hat mir beigebracht, Karten zu legen, als ich zwölf war. Mit Skatkarten.“ Aus der FAZ erfährt man, das Hexe Bjarka Beraterin bei Questico war, einem Portal für HellseherInnen.
Bereits Ende 1999 in einem internen Schreiben an Mitglieder der GGG wird der Umzug von „Geza und Catrin in das Brandenburger Umland“ beklagt. Im Dezember 2013 sieht man sie — Geza diesmal als Baron Arpad von Nahodyl — in der VOX-Sendung „Mieten.Kaufen.Wohnung“ auf der Suche nach einer neuen Wohnung in Berlin. Zurück nach Berlin zog es sie offenbar nicht, so leben sie weiterhin im Bad Belziger Ortsteil Werbig.


Im Rahmen einer Gedenkkundgebung auf dem Markgrafenplatz in Kloster Lehnin (Landkreis Potsdam-Mittelmark) erinnerten gestern ungefähr 25 Menschen an Rolf Schulze.
Der Obdachlose wurde in der Nacht vom 6. zum 7. November 1992 von drei Neonazis zunächst schwer misshandelt, dann ertränkt und abschließend angezündet. Seine Leiche wurde später am Kolpinsee in der Gemeinde Kloster Lehnin gefunden. Die Täter wurden ermittelt und rechtskräftig verurteilt.
Da aber weder Opfer noch Täter aus dem Ort stammten und die Umgebung von Lehnin nur durch einen Zufall zum Tatort wurde, geriet die Tat lange in Vergessenheit. Erst seit 2012 erinnern Menschen an die brutale Tötung Rolf Schulzes.
Im Redebeitrag eines Sprechers der Gedenkinitiative wurden noch einmal die bekannten Fakten aus dem Leben Rolf Schulzes zusammengetragen und die besonders grausame Art seines Todes angesprochen. Des Weiteren wurde auf derzeitige Verdrängungsprozesse in den urbanen Zentren hingewiesen, von denen vor allem einkommensschwache Schichten der Gesellschaft betroffen sind. Explizit wurde auf den Tod von Rosemarie F. in Berlin hingewiesen, die nach der Zwangsräumung ihrer Wohnung im letzten Jahr verstarb.
Auch halte die Gewalt gegen Wohnungslose nicht an. Erst im Oktober wurde ein 55 jähriger Mann aus Ruanda in einer Notunterkunft in Limburg an der Lahn (Hessen) totgeprügelt. Die Tat habe zudem möglicherweise einen rassistischen Hintergrund. Drei der sechs Täter sollen eine fremdenfeindliche Gesinnung haben.
Auch der Kreisvorsitzende der Partei DIE.LINKE Potsdam-Mittelmark, Jan Eckhoff, hob in seiner kurzen Rede hervor, dass Neonazismus nach wie vor ein aktuelles gesellschaftliches Problem ist. Erst während des Wahlkampfes sei er beim Anbringen von Wahlplakaten seiner Partei von einem heutigen NPD Kreistagsabgeordneten bedroht worden.
Der Landtagsabgeordnete Dr. Andreas Bernig, ebenfalls DIE.LINKE, hob hingegen lobend das stetige Engagement der Gedenkinitiative hervor. Hier werde wichtige Arbeit für eine lebendige Erinnerungskultur geleistet. Möglicherweise werde es unter dieser Voraussetzung in Zukunft auch gelingen einen dauerhaften Ort des Erinnerns, beispielsweise in Form einer Gedenkplatte für Rolf Schulze, zu schaffen.
weitere Fotos: hier
Karstädt ist – entgegen des urban klingenden Eigennamens – keine Stadt, sondern „nur“ eine aus einem ursprünglichen Angerdorf heraus entstandene und dann durch Bahnanbindung sowie Industrialisierung gewachsene Siedlung am westlichen Rande des brandenburgischen Landkreises Prignitz, an der Grenze zum Bundesland Mecklenburg-Vorpommern.
6.000 Menschen wohnen hier, immerhin 3.500 mehr als in der Nachbarstadt Lenzen (Elbe).
Durch die Siedlungsentwicklung in den letzten hundert Jahren hat Karstädt einen sehr urbanen Charakter. Es gibt ein großes Neubauviertel mit mehrstöckigen Plattenbauten aus den 1960er bis 1980er Jahren, mehrere Supermärkte, eine Postfiliale und ein großes, modernes Gemeindezentrum gleich neben dem verfallenen, alten Bahnhofsgebäude an der heutigen Bahnhaltestelle. Nicht weit davon entfernt erstreckt sich auch ein großes Industriegebiet. Ein Unternehmen aus Karstädt produziert hier in weithin sichtbaren Werkshallen Haferflocken, ein großer Materiallieferant für Dachdecker im Karstädter Werk Dachziegel und eine Firma aus Düsseldorf in einem Milchverarbeitungsbetrieb Molkereiprodukte.
Ländlich wirkt hier allenfalls die Umgebung: Endlos weite und dünnbesiedelte Landschaften aus Ackerland, wenig Wald. Gelegen zwischen Elbe und Mecklenburgischer Seenplatte, ein Teil davon als Landschaftsschutzgebiet „Agrarlandschaft Prignitz-Stepenitz“.
„Karstädt WEHR DICH“
Hier in dieser Prignitzer Idylle, mehr als 100km von der nächsten Großstadt entfernt, findet er also statt der so genannte „Asylwahnsinn“. Zumindest unterstützen ungefähr 60 Personen, die eine der berüchtigten, gegen Asylsuchende hetzenden Seiten im sozialen Netzwerk mit „gefällt mir“ markiert haben, diese Meinung. In der virtuellen Welt nennt sich diese Initiative „Karstädt WEHR DICH“. Ihr Profilbild zeigt ein Propagandadokument, das vor kurzem auch in Papierform als Postwurfsendung in Karstädter Briefkästen auftauchte. Entgegen der landläufigen Strategie der vielfachen „Nein zum Heim“ Initiativen, die in erster Linie Vorurteile gegen Asylsuchende durch angeblich steigende Kriminalitätszahlen und Sozialneid schüren, versucht „Karstädt WEHR DICH“ gar nicht erst seine rassistische und pronazistische Intension zu verbergen. Unter der Überschrift: „Asylwahnsinn stoppen! Schliesst nicht die Augen, Volkstod – die Lawine rollt!“ wird sich ganz klar in Neonazijargon an die Einwohnerschaft der Gemeinde gewandt.
Hassobjekt: Syrische Flüchtlinge in Karstädt
Auf dem Naziflyer ist als Hintergrund ein Wohnblock im Karstädter Neubauviertel abgedruckt. Hier leben seit Juli 2014 drei Familien aus Syrien. Sie waren aufgrund des Bürgerkrieges aus ihrer Heimat geflüchtet und wurden vom Landkreis in regulären Wohnungen untergebracht. Ein Heimbau, wie andernorts in Brandenburg, ist nicht vorgesehen. Dennoch scheinen die drei Familien für manche Karstädter schon zu viel zu sein. Hinter vor gehaltener Hand gedeiht der Sozialneid. So manchem stört beispielsweise schon die Zurverfügungstellung von Mobiliar aus dem AWO-Möbellager für die Wohnungseinrichtung. Objektiv gesehen, stehen natürlich ähnliche Leistungen auch deutschen Staatsbürgern im Rahmen des ALG II („Hartz IV“) auf Antrag zu. Aber Objektivität spielt bei Asylkontrahenten ja eigentlich nie eine Rolle.
Immerhin gibt es nicht nur negative Stimmungen im Ort. Zu weilen scheint die Stimmung sogar positiver zu sein als in manch anderen Gemeinden in Brandenburg. Schon die Unterbringung der Flüchtlinge in Wohnungen einer regulären Wohnungsgesellschaft ist ein sehr positiver Aspekt Karstädts. Auch ist es nicht selbstverständlich, dass sich, wie hier geschehen, ein Bürgermeister für die Unterbringung der dem Krieg Entkommenen einsetzt. Selbst der herzliche Empfang der Flüchtlinge mit Vertretern des Landkreises, der Gemeinde, der Wohnungsbaugesellschaft, der AWO, der Diakonie, der örtlichen Kita und der Presse ist hierzulande eher ungewöhnlich, dafür um so mehr positiv zu werten. „Dem Wahnsinn entkommen“ titelt „Der Prignitzer“ am 25. Juli 2014 in einem Zeitungsbericht zur Ankunft der Syrer im vermeintlich sicheren Asyl dazu.
Doch bereits wenige Stunden nach erscheinen des Presseartikels hatten sich Unbekannte in der Nacht vom 25. zum 26. Juli 2014, dazu berufen gefühlt, ihrem Hass auf Asylsuchende durch einschlägige Slogans und Symbolik Ausdruck zu geben. An der Bahnhaltestelle sind noch mit Sprühschablonen angebrachte, inzwischen aber weitgehend übermalte Stencils mit Parolen, wie „Ausländer Stopp sofort!“, erkennbar. Ebenfalls bereits überstrichen sind diverse Hakenkreuze und SS Runen aus der jüngsten Zeit, nicht nur am Bahnhof, sondern auch im Neubauviertel. An Straßenleuchten und Verkehrsschildern sind immer noch Reste von Aufklebern mit Slogans wie „Asylwahnsinn stoppen“ und „Nein zum Heim“ zu erkennen.
Vereinzelt sind aber auch frische Sticker zu erkennen, die mit Aufschriften, wie „Refugees welcome“, offenbar dagegen halten.
Auch die Polizei ermittelt mittlerweile wegen den neonazistischen Schmierereien. Sie scheint in letzter Zeit öfters in Karstädt zu sein. Neben den Schmierereien veranstalteten Neonazis Anfang Oktober 2014 eine Kundgebungstour durch die Westprignitz. Die Polizei sicherte die Veranstaltungen, gab jedoch im Vorfeld dazu nichts bekannt. Die Versammlungen fanden u.a. in Lenzen (Elbe) und in Karstädt statt. Im sozialen Netzwerk sind entsprechende Propagandafotos bei den „Freien Kräften Prignitz“ zu finden.
Neonazistischer Versandhandel aus Karstädt
Weiterhin führte die Polizei offenbar unlängst einen Schlag gegen den lokalen neonazistischen Versandhandel „ITSH84U“ (Kurzform für engl.: „it’s hate for you“, „es ist Hass für euch“) durch. So ist es zumindest aus dessen entsprechender Kommentierung im sozialen Netzwerk zu entnehmen. Hierbei sollen diverse Drucker, Plotter und der Hauptrechner beschlagnahmt worden sein.
„ITSH84U“ bietet vor allem bedruckte Textilwaren an. Auf einem T‑Shirt steht z.B. ganz stolz „Ich bin Nazi und nun?“. Andere enthalten Hassbotschaften gegen die „Antifa“ oder gegen Linke („Good Night Left side“), sowie Aufdrücke wie „Nationaler Sozialismus“, „Nationaler Widerstand“ oder „Volkstod stoppen“. Des Weiteren werden Merchandise Artikel der Rechtsrock-Gruppen „Pommernklang“ und „Kommando Ost“ angeboten.
Domaininhaber des Internetversandhandels ist ein Robert L. aus Magdeburg, der Wurzeln in Karstädt haben soll. Hauptbetreiber von „ITSH84U“ scheint jedoch Alexander Ulrich aus Karstädt zu sein. Er wird im Impressum des Interversandhandels explizit aufgeführt und unterhält diesbezüglich ein Postfach in Perleberg (Landkreis Prignitz). Wohnhaft ist Ulrich allerdings im Karstädter Neubaugebiet, unweit des Wohnblockes, in dem die syrischen Flüchtlinge untergebracht sind. Auffällig ist diesbezüglich auch die Ähnlichkeit von Statements auf der Facebook-Präsenz des Versandhandels mit der von „Karstädt WEHR DICH“. Ulrich selbst gibt sich im sozialen Netzwerk aber eher konspirativ und nennt sich hier beispielsweise „Davil Rosenbein“. Auf dem öffentlich einsehbaren Teil dieses Profils bekennt er sich durch „gefällt mir“ Markierungen, außer zu seinem Versandhandel, aber auch zu „Karstädt WEHR DICH“.
Ebenfalls dazu bekennt sich die Karstädterin Steffi B.. Sie arbeitet, gemäß eigenen Angaben, genau wie Alexander Ulrich, bei „ITSH84U“. Ansonsten ist die stabile junge Frau mit dem runden, gepiercten Gesicht und dem blondierten Reneé Haarschnitt ebenfalls im regionalen Neonazimilieu verankert. Am 5. April 2014 nahm sie unter anderem an einem Neonaziaufmarsch in Wittenberge (Landkreis Prignitz) teil und marschierte dort in einem Block mit Neonazis aus Wittstock/Dosse (Landkreis Ostprignitz Ruppin), von denen inzwischen einige wiederum die Seite „Karstädt WEHR DICH“ mit „gefällt mir“ markiert haben.
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Deutschland IV: jetzt noch humaner, rationeller, schneller, sparsamer, härter, größer, verantwortungsvoller. Veranstaltungsreihe gegen die nationale Inszenierung am 3.Oktober
Das Jahr 2014 ist ein deutsches Supergedenkjahr. 100 Jahre Erster Weltkrieg und 25 Jahre Mauerfall geben den Hintergrund ab für deutsche Ideologieproduktion vom Feinsten. Während sich z.B. die Deutschen von einem australischen Historiker bescheinigen lassen, dass das Kaiserreich am 1. Weltkrieg nicht mehr Schuld trage als alle anderen beteiligten Länder, reist Bundespräsident Gauck durch die Welt belehrt hier, mahnt da und fordert, dass Deutschland international mehr Verantwortung übernehmen solle. Wie das aussieht wenn Deutschland Verantwortung übernimmt, davon können nicht nur Jugoslaw_innen, Griech_innen und Italiener_innen ein Lied singen. Während sich jedoch im Westen und Süden die deutsche Vorherrschaft in Europa wirtschaftlich ausdrückt, findet deutsche “Machtprojektion” in Ost-und Südosteuropa auch militärisch statt. Mit Bomben auf Belgrad wurde schon in den 90er Jahren klargemacht, dass Deutschland in dem von ihm als “Hinterhof” und Einflusssphäre beanspruchten Ländern (Süd-)Osteuropas auch bereit ist, seine Interessen militärisch durchzusetzen. Das hindert deutsche Politiker_innen und Journalist_innen nicht daran die Machtpolitik der russischen Regierung wortreich zu verurteilen. Denn Machtpolitik, das machen immer nur die anderen, die Amis oder Putin. Deutsche egal welcher Partei — wenn es um nationale Interessen geht kennen Deutsche seit spätestens 100 Jahren keine Parteien mehr — nehmen
stattdessen “Verantwortung” wahr oder sind “ehrliche Makler”.
In zwei Veranstaltungen wollen wir ergründen, was es mit der ökonomischen und politischen und angestrebten militärischen deutschen Vormachtstellung in Europa auf sich hat, was diese mit den Ländern rundum, vor allem aber auch mit dieser Gesellschaft anrichtet, auf welchen Grundlagen sie beruht und wie sie sich ideologisch legitimiert.
Klaus Thörner
“Der ganze Südosten ist unser Hinterland”: Deutsche Südosteuropapläne von 1840 bis 1945
01.10.14 — 19:30 — Buchladen Sputnik (Charlottenstr. 28 — 14467 Potsdam)
Analysen zur aktuellen deutschen Südosteuropapolitik blieben bisher weitgehend geschichtslos. Eine umfassende Darstellung der Südosteuropapolitik des Deutsches Reiches vom Kaiserreich über die Weimarer Republik bis zum Nationalsozialismus, die Voraussetzung für die Frage nach historischen Bezügen oder Kontinuitäten der heutigen Politik wäre, liegt bis heute nicht vor. Thörners Untersuchung erhebt nicht den Anspruch, als Darstellung der gesamten deutschen Südosteuropapolitik zwischen 1840 und 1945 zu gelten.
Im Mittelpunkt stehen vielmehr langfristige Konzeptionen und deren ideologische Begründungsmuster, die im Kontext der wirtschaftlichen und politischen Rahmenbedingungen betrachtet werden. Dabei ist die Frage leitend, inwiefern sich Kontinuitäten in den historischen Zielsetzungen deutscher Südosteuropapolitik und ihren Begründungen zeigen.
Klaus Thörner analysiert die ausschlaggebenden Planungen des deutschen “Drangs nach Südosten” von 1840 bis 1945. Dieser wurde bisher, im Gegensatz zum “Drang nach Osten”, kaum kritisch unter die Lupe genommen.
Rainer Trampert
“Europa zwischen Weltmacht und Zerfall”: Die Krise als Panzerkette der nächsten deutschen world domination tour
02.10.14 — 19:30 — Freiland hauszwei (Friedrich Engelsstr. 22 14473 Potsdam)
Rainer Trampert analysiert in seinem Buch eine neue Epoche. Warum stagniert der alte Kapitalismus, während die halbe Menschheit sich auf dem Weg der größten Industrialisierung aller Zeiten befindet? Warum ist Europa der Sanierungsfall des Weltkapitalismus, dem die große Kapitalvernichtung noch bevorsteht? Imperialismus ist kein Privileg der USA und der europäischen Staaten mehr. Worauf steuern die Verschiebung der Produktion nach Asien, das Tauziehen um die Ukraine, die Stellvertreterkriege im Nahen Osten und in Afrika und
andere geostrategische Brennpunkte zu?
Anders als im 19. Jahrhundert driften Kapitalbewegung und Staatsidee heute auseinander. Das expansive Kapital sprengt die Fesseln der europäischen Nationen, aber das Bewusstsein klebt an der Nation oder fällt in die Kleinstaaterei mit eigener Münzprägung zurück, in den
Rechtspopulismus und Faschismus.
Trampert erklärt, warum Deutschland nicht erst durch den Euro zum Hegemon der EU aufgestiegen ist, dem auf der Höhe seiner Macht das Objekt derselben abhanden zu kommen droht. Er analysiert die deutsche Ideologie, etwa die Propaganda von der überlegenen europäischen Kultur gegenüber den USA, vom “gesunden nordischen Charakter” versus der “griechischen Krankheit”, ein Begriff, der Kulturen beseitigen soll, die dem Kapitalismus noch Leben abtrotzen. Er beschreibt die europäische Geschichte, räumt mit der Mär vom “guten Nachkriegskeynesianismus”; auf, kritisiert den Linkskeynesianismus und behandelt das Thema “Krise und Verschwörungsphantasien”.
Er untersucht, ob die Motorisierung der Welt und die grüne Revolution neue Impulse bringen und stellt die Systemfrage. “Das linke Europa gibt es genauso wenig wie das linke Vaterland.” Die Marktwirtschaft ist historisch überholt, aber wo ist das Bewusstsein für eine neue Gesellschaft?
Inforiot – Am Sonntag wurde in Brandenburg gewählt. Während die neonazistische NPD erhebliche Stimmenverluste verbuchte, konnte die rechtspopulistische Alternative für Deutschland (AfD) aus dem Stand heraus 12% der Wähler_innenstimmen erringen.
Brutale NPD-Wahlkampfstrategie war kontraproduktiv
Trotz des knappen Ergebnis der Landtagswahlen in Sachsen im August 2014, zeigte sich die NPD siegessicher und optimistisch den Einzug in das Brandenburger Landesparlament zu schaffen. Sie erlangte jedoch nur 2,2% der Zweitstimmen und büßte in Vergleich zu den Landtagswahlen im Jahr 2009 0,4% ein, was knapp 14.000 Stimmen entspricht. Damit konnte die Partei weder von dem heruntergesetzte Wahlalter von 16 Jahren, noch von der historisch geringen Wahlbeteiligung von 47,9% profitieren. Vor allem der aggressive Wahlkampf und die gewalttätigen Ausfälle des Wahlkampfleiters Sebastian Schmidtke wirkten offenbar abschreckend auf die Wähler_innen: Es kam zu Angriffen auf Gegendemonstrant_innen in Strausberg, Frankfurt (Oder), Fürstenwalde, Potsdam und Lübbenau.
Rechtspopulismus am Wahltag erfolgreicher
Der größte Wahlgewinner des Abends war mit Sicherheit die rechtspopulistische AfD. Sie schaffte mit 12,2% locker den Einzug in das Landesparlament und überholte dabei die Grünen und die FDP. Damit hat die AfD ihr bisher höchstes Wahlergebnis bei Bundes- oder Landtagswahlen verbuchen können. Die Hochburgen der Partei waren dabei die an der polnischen Grenze anliegenden Landkreisen Oder-Spree II (21,3%) und Frankfurt/Oder (19,7%). Mit den Themen innere Sicherheit und Asylpolitik konnte sich die AfD deutlich mehr punkten, als die NPD. Der Landesvorsitzende der Brandenburger AfD, Alexander Gauland, setzte zugleich bei der gestrigen RBB-Elefantenrunde ein unmissverständliches Statement, dass Asylsuchende nicht nach Brandenburg gehören.
In den Landtag eingezogen sind auch BVB/ Freie Wähler. Durch den Gewinn eines Direktmandates konnten sie die 5%-Hürde für ihre Liste brechen und besitzen nun drei Mandate. Neben Ex-SPD´ler Christoph Schulze wird nun auch der Bernauer Rechtspopulist Peter Vida im Landtag vertreten sein.
Am 17. September trifft sich in Eberswalde der Sozialausschuss des Barnimer Kreistages. Dieser Ausschuss ist u.a. zuständig für alle Fragen rund um die Unterbringung der Flüchtlinge im Barnim.
Wir wollen den Ausschuss besuchen und davor mit einer Kundgebung unsere Forderungen öffentlich machen. Die Flüchtlinge sollen weiterhin vorrangig in Wohnungen untergebracht werden. Wohnungen und Flüchtlingsheime sollen in Orten liegen, die eine geeignete Verkehrsanbindung und Infrastruktur bieten. Die Orte müssen groß genug sein, damit sich zivilgesellschaftliche Willkommens-Iniativen bilden können, die die Flüchtlinge unterstützen können.
In diesem Sinne lehnen wir die Pläne des Landkreises ab, in Oderberg ein neues Wohnheim für 80 Flüchtlinge zu bauen. Wohnungen und Flüchtlingsheime gehören in die größeren Orte entlang der Bahnlinien von und nach Berlin.
Unsere Kundgebung beginnt um 17:30 Uhr vor dem Paul-Wunderlich-Haus (Am Markt 1) in Eberswalde. Der Sozialausschuss findet dann um 18 Uhr statt.
Es wäre schön, wenn auch Flüchtlinge mit zur Kundgebung kämen und eventuell auch für Gespräche mit der Presse bereit wären.
Barnimer Willkommensiniativen