Auch nach der Urteilsverkündung im NSU-Prozess im Juli dieses Jahres gibt es mehr Fragen als Antworten zum NSU-Komplex. Das Netzwerk des NSU, die Rolle und das Wissen staatlicher Behörden und die Auswirkungen der Taten und der rassistisch geführten Ermittlungen für die Geschädigten und Angehörigen der Ermordeten waren kaum Gegenstand. Dass dem so ist, liegt zu großen Teilen in der Verantwortung der Bundesanwaltschaft. Als oberste Strafverfolgungsbehörde hatte sie im NSU-Prozess eine äußerst wichtige Rolle inne. Sie vertrat zum einen die Bundesrepublik Deutschland als Geschädigte des NSU, zum anderen die Anklage und leitete die Ermittlungen.
Die Autorinnen Isabella Greif und Fiona Schmidt diskutieren am Beispiel der Ermittlungen zum NSU-Komplex und dem Oktoberfestattentat, welche strukturellen Defizite den staatsanwaltschaftlichen Umgang mit rechter und rassistischer Gewalt prägen und welche Kontinuitäten sich daraus ergeben.
Die Veranstaltung findet am 18.10 ab 19:00 im Bürgerbildungszentrum Amadeu Antonio, Beratungszimmer statt.
Kommt zur Seebrücken-Demo am 20. Oktober um 14 Uhr vor dem Staatstheater am Schillerplatz!
Während Cottbus sich weiterhin durch den bestehenden Zuweisungsstopp von Geflüchteten von der Welt abschottet, sind dieses Jahr bereits über 1500 Menschen bei der gefährlichen Überfahrt im Mittelmeer gestorben. Gleichzeitig werden die Menschen, die auf Hilfsschiffen versuchen zu retten, angeklagt und ihnen wird die Weiterfahrt oder das Ankommen in sicheren Häfen untersagt. Doch Migration ist und war schon immer Teil unserer Gesellschaft!
Die SEEBRÜCKE ist eine internationale Bewegung, getragen von verschiedenen Bündnissen und Akteur*innen der Zivilgesellschaft. Auch in Cottbus solidarisieren wir uns mit allen Menschen auf der Flucht. Wir fordern, dass Retter*innen auf Hilfsschiffen nicht weiter mit dem Gefängnis rechnen müssen, dass sichere Fluchtrouten für Geflüchtete geschaffen werden und dass es in Europa, in Deutschland und auch in Cottbus sichere Orte zum Ankommen und zum Bleiben gibt. Unser Protest richtet sich dabei auch gegen die abschottende Asylpolitik der EU und der Bundesregierung, die den Tod von so viele Menschen in Kauf nimmt. Wir wollen Cottbus als eine offene und solidarische Stadt für Alle!
Seebrücke, schafft sichere Häfen! Auch in Cottbus!
Bitte bringt orange Kleidung mit. In anderen Städten sind z.B. auch Warn- und Rettungswesten ein gemeinsames Erkennungszeichen. Vom Zeigen von National- und Parteiflaggen bitten wir abzusehen. Bis dann!
Das rbb Fernsehen veranstaltet morgen eine Talk-Runde bei der unter anderem Marianne Spring-Räumschüssel von der AfD Cottbus und Christoph Berndt vom völkischen Verein Zukunft Heimat auf dem Podium stehen.
Wir von Cottbus Nazifrei! und der Förderverein Cottbuser Aufbruch e.V. haben Erklärungen abgegeben warum wir das gewählte Format und diese Gäste für einen Dialog zum Thema Migration und Integration in Cottbus für vollkommen verfehlt halten. [1]
Inzwischen haben weitere geladene Gäste wie Rainer Drogla (SPD) und Hans-Joachim Weißflog (Grüne) ihre Teilnahme abgesagt. [2] Gleichzeitig haben die AfD und das neofaschistische Kampagnennetzwerk „EinProzent“, sowie die Identitären damit begonnen zur vollständigen Kaperung dieser Veranstaltung zu mobilisieren. [3]
EinProzent schreibt über seinen deutschlandweiten E‑Mail-Verteiler: „Wir alle können Christoph Berndt im Studio unterstützen. Fassen Sie sich ein Herz und fahren Sie nach Cottbus!“ Die anderen Diskussionspartner werden als „Vertreter der Altparteien“ und als „Gegenspieler“ bezeichnet. Hier wird deutlich welch Geistes Kind das Netzwerke hinter dem vermeintlichen Heimatverein ist. Mit Hilfe von bundesweiten herangekarrten Unterstützer*innen soll hier in Cottbus „Das Volk“ simuliert werden. Es geht ihnen ausdrücklich nicht um einen Dialog.
Wir sind auf lokaler Ebene und so kurzfristig nicht in der Lage auf eine ähnliche Weise zu mobilisieren und wollen das in diesem Fall auch nicht! Durch die Absagen aus der Cottbuser Stadtgesellschaft und die Kaperung von rechts hat diese Sendung ihre Funktion als Seismograph der Stimmung in Cottbus vollständig verloren.
Der rbb beschädigt aus unserer Sicht mit der Durchführung dieser Veranstaltung den Begriff „Dialog“ und auch sich selbst massiv. Wie zweifeln daran, dass die Sicherheit der Gäste in den Räumen der Alten Chemiefabrik sichergestellt werden kann. Die rechte Mobilisierung stellt außerdem eine nicht zu unterschätzende Gefahr für das linke Hausprojekt „Zelle79“ in der unmittelbaren Nachbarschaft dar.
Wir können und wollen unter diesen Umständen einen Aufruf zur Beteiligung am rbb-Talk nicht verantworten.
[1] https://www.facebook.com/cottbus.stellt.sich.quer/posts/2035584666485327?__xts__%5B0%5D=68.ARBcFHwFhiZ0tjCjH2CwtKRXjZzw0r-MTTPauv3amyAv8s8PzwY3uSUO5-AIFsi0wu7clQKH5I7LDYQqQSHZGJu5XcssKx7KS0da1LatRi0JbbJAsR5lVWrNHRNYWDa6neqQvmupSbKAJ-mwflyHXH-97_K2kY3jnLC_Ac4a5jWdmf_zQpyl3w&__tn__=K‑R
[2] https://www.lr-online.de/…/rbb-kassiert-weitere-absagen-fue…
[3] https://einprozent.de/…/donnerstag-zukunft-heimat-im‑r…/2372
Seit 2017 führt der Verein „Zukunft Heimat“ monatlich Demonstrationen in #Cottbus durch. Als Aufhänger dafür werden Straftaten genutzt, die in das Freund-Feind-Schema Ausländer-gegen-Deutsche passen. Nach den bisher größten Demonstrationen im Februar organisierte das rbb Fernsehen am 1. März 2018 eine Fernsehdebatte, die von sich behauptete ein Dialog zu sein. Das dafür gewählte Format war eine Art Arena aus stehenden Zuschauern in deren Mitte sich sechs Teilnehmer*innen und die beiden Moderatoren gegenüberstanden.
Bei den Fragen und Antworten ging es nicht darum sich aufeinander zu beziehen oder einen Perspektivwechsel einzunehmen, sondern ähnlich wie bei einem Wahlduell die Sendezeit zu nutzen, um seine Position vorzutragen und als Sieger*in oder Verlierer*in aus der Debatte hervorzugehen. Obwohl es um #Migration in #Cottbus ging, hatte niemand einen Migrationshintergrund oder arbeitete auch nur im Integrationsbereich. Die Stimmung im Saal war aggressiv und vor allem die rechte Klientel im Publikum unterbrach Redner*innen immer wieder lautstark.
Die Kritik im Nachhinein wurde von den Verantwortlichen nicht berücksichtigt. An diesem Donnerstag soll genau diese Veranstaltung unter ähnlichen Rahmenbedingungen in der Alte Chemiefabrik wiederholt werden. Ausgestrahlt wird die Sendung mit etwas Verzögerung um 21:00 Uhr. Auf dem Podium stehen neben Holger Kelch (CDU), Martin Groholt (SPD) und Prof. Dr. Dierk Borstel erneut die beiden AfD-Mitglieder Marianne Spring-Räumschüssel und Christoph Berndt. Den Vertreter der Regierungspolitik wird damit allein die Position derjenigen entgegensetzt, die die seit Monaten mit einer rassistischen Kampagne versuchen die Stimmung in der Stadt aufzuheizen. Dazwischen steht ein vermeintlicher Rechtsextremismus-Experte aus Dortmund dem die Situation hier in Cottbus kaum vertraut sein dürfte.
In der Ankündigung der Veranstaltung hat der rbb die rechte Erzählung von der permanenten Auseinandersetzung von „Ausländern gegen Deutsche“, die Cottbus zu einem „Brennglas deutscher Migrationspolitik“ machen würden, sogar gleich ganz übernommen. [1]
Die Eingrenzung gesellschaftlicher Konflikte und Kriminalität auf die Frage nach der nationalen Zugehörigkeit bietet die ideale Grundlage für rassistische Stimmungsmache. Die Perspektive der tausenden Menschen, die nach Cottbus fliehen mussten oder die einen anderen Migrationshintergrund haben soll offenbar komplett ignoriert werden, obwohl viele von ihnen inzwischen gut Deutsch sprechen, gesellschaftlichen Funktionen übernehmen und sich tagtäglich mit rassistischen Anfeindungen auseinandersetzen müssen.
Vor allem die erneute Einladung von Christoph Berndt als Vertreter des Zukunft Heimat e.V. durch den rbb ist besonders kritikwürdig. Bei der Gesprächsrunde im März handelte es sich bei dem Verein um einen noch vergleichsweise jungen Akteur in #Cottbus, der eventuell von den Verantwortlichen noch nicht richtig eingeschätzt werden konnte. Inzwischen sind die Verstrickungen von Christoph Berndt und seinem Verein in die neofaschistische Szene aber weithin bekannt. Selbst der lange schweigende Verfassungsschutz Brandenburg hat bestätigt, dass Mitglieder der verbotenen Neonazi-Vereinigung „Spreelichter“ für den Verein arbeiten und die Medienarbeit übernehmen. Die Vorsitzende des Vereinsbüros in der Mühlenstraße 44 Melanie Kreissl war sogar persönlich an der Aktion der Identitären Bewegung bei der Besetzung des Stadthallendaches beteiligt. [2] Auf der letzten Kundgebung hat Christoph Berndt die Ermittlung gegen die rechte Terrorgruppe in #Chemnitz als Lüge bezeichnet. [3]
Das ausgerechnet mit diesen Leuten über Migration und Integration von Ausländern gesprochen werden soll ist schlicht absurd. Die #Identitären werben mit dem Slogan „Integration ist eine Lüge“, denn innerhalb ihres völkischen Weltbildes werden Menschen klar entlang rassistischer und nationalistischer Zuschreibungen unterschieden. Migration und Vermischung sind vermeintlich widernatürliche Vorgänge. Menschen mit dunkler Haut oder muslimischen Glaubens wird pauschal die Fähigkeit zur Integration abgesprochen. Natürlich gibt es im Zusammenleben von Menschen unterschiedlicher Herkunft auch Probleme und Konflikte. Aber Rassisten und Nationalisten haben dafür keine menschlichen Lösungen.
Ohne dieser Talk-Runde zu viel Bedeutung beizumessen stellt sie als Podium eines öffentlich-rechtlichen Senders doch ein Art Seismograph für die aktuelle gesellschaftliche Stimmung dar. Die #AfD und der Zukunft Heimat e.V. sind sich dem bewusst und versuchen deswegen auch gezielt ihre Anhänger*innen am Donnerstag in den Saal zu mobilisieren und die Stimmung vor Ort zu dominieren. Beispielsweise der Neonazi Friedbert Müller hat sein Kommen schon angekündigt. Dieser bezeichnet auch schon mal Mithelfer in Auschwitz als „Diener des Volkes“. [4] Diese Menschen wollen kein Recht und Ordnung, sondern die totale Eskalation um ihre Vernichtungsphantasien ungestraft ausleben zu können.
Das Zusammenleben und Integration in einer #Einwanderungsgesellschaft bedeutet, dass die Integrationsbereitschaft sowohl bei den Zugewanderten als auch bei den Einheimischen gefördert werden muss. Das Finden einer gemeinsamen Sprache, der Dialog auf Augenhöhe und das Machen von gemeinsamen positiven Erfahrungen halten wir für den richtigen Weg. Der rbb geht mit dieser Veranstaltung leider in die entgegengesetzte Richtung. Wir von Cottbus Nazifrei! werden uns deswegen daran nicht beteiligen – rufen aber trotzdem alle dazu auf den Zuschauerraum zu besetzen und die persönliche Kritik direkt an die Beteiligten und den rbb zu richten.
WANN: 11. Oktober 2018, 18:15 Uhr
WO: Alte Chemiefabrik Cottbus (Parzellenstraße 21)
Als echtes Dialogformat zwischen Einheimischen und Migranten empfehlen wir ansonsten das Sprechcafé Cottbus und die Initiative Start with a Friend.
[1] https://www.rbb-online.de/…/progr…/11_10_2018/925142378.html
[2] https://www.pnn.de/…/verfassungsschutz-aeusse…/22916578.html
[3] https://www.lr-online.de/…/zukunft-heimat-demonstriert-am‑3…
[4] https://www.facebook.com/…/rpp.175289609…/1745693848807745/…
In weiten Teilen der Stadt unüberhörbar, setzte die extrem rechte Vereinigung „Bürgerbündnis Havelland“ am Montagabend ihre Versammlungsserie in Rathenow fort. Die lärmintensive Kleinkundgebung zog jedoch kaum mehr als die üblichen 22 Teilnehmenden an.
Rathenows letzte „Patrioten“
Trotz Stagnation sahen sich die Redenden – in ihrem Wahn – jedoch im Aufwind, sprachen mit großer Lautstärke von einem (veranstaltungsreichen) „heißen Herbst“ und glaubten weiterhin an eine „Wende“ im Land. Den realen Blick ins „Volk“, in die Gesellschaft, scheinen Rathenows letzte „Patrioten“ aber schon seit geraumer Zeit verloren zu haben. Denn ihre Perspektive nährt sich offenbar ausschließlich aus größeren extrem rechten Veranstaltungen, wie am 29. September in Köthen und am 3. Oktober in Berlin, an denen sich das „Bürgerbündnis“ auch selbst beteiligte. Bei diesen Aufmärschen demonstriert – auch wenn manche Parolen dies vermitteln sollen – allerdings nicht wirklich „das Volk“, also ein gesellschaftlich repräsentativer Teil der Gesellschaft. An diesen Versammlungen nehmen nahezu ausschließlich versprengte Teile der PEGIDA-Bewegung, extrem rechte Hooligans und Neonazis teil.
Laut tönender Antisemitismus
Dieser stärker werdende Einfluss auf das „Bürgerbündnis“, spiegelte sich dann auch in dem laut durch die Stadt tönenden Redebeitrag des Vereinsvorsitzenden Christian Kaiser wider. Stolz und mit selbstsicherer Stimme berichtete er u.a. wie sein Verein bei der extrem rechten WfD-Demonstration zum Einheitsfeiertag „für den Erhalt des Vaterlandes“ demonstriert habe, während „Frau Merkel“ in Israel war „um sich ihren nächsten Doktortitel von den Juden abzuholen“. An einer anderen Stelle seiner Rede brachte er zudem sein „Gefühl“ zum Ausdruck „dass wir in Wahrheit von den Zionisten in Israel gelenkt werden“.
Wahn setzt sich fort
Kaiser selber sieht sich hingegen offenbar als Antagonist, der auch gestern wieder seine Leute zum „Widerstand“ aufrief. „Jeder echte Deutsche kann ein Sandkorn im Getriebe des antideutschen Endkampfes um die Machterhaltung werden und auch sein“, so der Bürgerbündnis-Chef in seinem Wahn. Und: „Wenn wir siegreich hervorgehen, wird Deutschland wieder leben“, so der Kaiser weiter.
Am 22. Oktober will das „Bürgerbündnis“ seine Versammlungsreihe fortsetzen.
Fotos hier: https://www.flickr.com/photos/presseservice_rathenow/sets/72157700648132961
freiLand bleibt!
Liebe Freund*innen, Liebe Unterstützer*innen, Liebe Besucher*innen,
die Versammlung aller freiLand-Nutzer*innen kann euch mitteilen, das freiLand bleibt freiLand – etwas kleiner und auch nur vorerst.
Das freiLand stand kurz vor dem offiziellen Aus. Bis Donnerstag, den 27.09., war vollkommen unklar, ob der Pachtvertrag zwischen den Stadtwerken Potsdam und der freiLand-Betriebsgesellschaft CULTUS UG ab 01.10. fortgesetzt wird. Das gesamte freiLand-Projekt stand auf der Kippe.
Kein Pachtvertrag hätte für das freiLand bedeutet: kein gültiger Betreiberinnenvertrag, und damit keine Basis für die Förderung der Stadt. Weiterhin hätten alle im freiLand angesiedelten Projekte keine rechtliche Grundlage mehr für die von ihnen angemieteten Räumlichkeiten gehabt. Also eigentlich das Aus für einen der wenigen Orte alternativer Kultur und partizipativer Strukturen in dieser Stadt. Auch nachdem nun in letzter Sekunde ein neuer Pachtvertrag unterzeichnet wurde, befinden sich die Betriebsgesellschaft und die zahlreichen im freiLand ansässige Künstler*innen, Initiativen, Sportgruppen und Vereine und deren Veranstaltungen in einem nur vorübergehend gesichertem Status.
Moment mal, was ist denn jetzt los? Gab es nicht im Juni 2018 einen Stadtverordnetenbeschluss und einen klaren Auftrag an die Stadtwerke zur Verlängerung des bestehenden Vertrages? Hat nicht der scheidende Oberbürgermeisters zugesagt, das freiLand unbedingt weiterführen zu wollen? Ja, das gab es alles. Aber was demokratische Absichtsbekundungen in einer Stadt wert sind, deren kommunale Unternehmen per Satzung auf Gewinnmaximierung aus sind und einer eigenen Agenda folgen, wurde hier sehr deutlich.
Kurze Chronologie
2011 eröffnete das freiLand-Kulturzentrum unter der Betriebsgesellschaft CULTUS UG als Pächterin auf dem Gelände der Stadtwerke. Dieser Ort war damals eine der Antworten auf die vielen Proteste in der sogenannten Jugendkulturkrise, die durch etliche Schließungen und Abrisse jugend- und soziokultureller Orte in Potsdam ausgelöst wurde. Zunächst in Kooperation mit Stadtwerken und Landeshauptstadt wurde im freiLand von vielen Initiativen ein florierendes Universum soziokultureller Angebote geschaffen und so dem allgegenwärtigem Defizit ein kleines
Stück utopischer Überschuss entgegengesetzt.
Infolge der Unstimmigkeiten und Skandale bei den Stadtwerken ging die Zusammenarbeit schleichend zurück, die Stadtwerke stellten sich in der Zwischenzeit mehrmals neu auf. Die Probleme nahmen zu. Ab 2017 folgt dann der große Umschwung: Sanierungs-Hardliner Horst Müller-Zinsius will das freiLand in jedem Fall loswerden. Im April 2018 kommt diese Position auch schwarz auf weiß. Vorbei die Zeit des konstruktiven Gesprächs. Die Stadtwerke lassen das freiLand nun auf verwaltungstechnischem Wege „ausbluten“. (Bei einem Unternehmensapparat mit angestellten Sachbearbeiter*innen und Rechtsabteilung auf der einen und einer größtenteils ehrenamtlichen Betriebsstruktur auf der anderen Seite kein großes Problem). Auf Briefe und Emails wird nicht geantwortet, dafür aber mit Nutzungsunterlassungen gedroht, von getroffenen Absprachen plötzlich nichts mehr gewusst, immer neue vermeintliche Sachzwänge erfunden usw.
Der lange Arm eines städtischen Konzerns
Der Beschluss der Stadtverordnetenversammlung, den bestehenden Vertrag zunächst nur um ein Jahr zu verlängern, sollte für etwas Zeit sorgen, um eine langfristige Lösungen zu finden. Aber statt dem Auftrag ihrer Gesellschafterin (die Landeshauptstadt Potsdam) zu folgen, hielt die Geschäftsführung der Stadtwerke das freiLand nun 4 Monate mit unzumutbaren und komplett neuen Forderungen hin, bis letztendlich der Pachtvertrag fast ausgelaufen war. So wurde durch die Zuständigkeitsverweigerung der Stadtwerke der rechtliche und offizielle Status des Kulturzentrums aufs Spiel gesetzt. Erst in letzter Sekunde konnte ein Kompromiss gefunden werden. Die Stadt Potsdam wird Kosten der Stadtwerke für die Geländeunterhaltung übernehmen, das freiLand-Gelände wird verkleinert und Bauanträge können nun durch die Betriebsgesellschaft gestellt werden.
Die freiLand-Betriebsgesellschaft CULTUS UG hat in den zurückliegenden Monaten in einem großen Kraftakt versucht dagegen zu arbeiten, Kompromisse zu finden, alle erdenklichen Gespräche zu suchen und Auflagen zu erfüllen. Alles mit den vorhandenen, sehr begrenzten finanziellen und personellen Ressourcen. Nur diesem Einsatz ist es zu verdanken, dass es derzeit so scheint als wenn wenigstens die bestehenden Nutzungen im freiLand gehalten werden können. Wir Nutzer*innen möchten auch an dieser Stelle nochmals unseren herzlichen Dank für diese Arbeit ausdrücken. Respekt!
Und wie nun weiter?
Vielleicht haben wir uns zu sicher gewähnt in unserem Bemühen der Stadt ihren soziokulturellen Anspruch zu erfüllen. Aber als Nutzer*innenplenum werden wir uns sicherlich nicht so einfach von dem Projekt, für das wir die vergangenen Jahre hart gearbeitet haben, verabschieden. Wäre ja noch schöner! Wir denken, dass Orte wie das freiLand mit niedrigschwelligen Angeboten, partizipativer Struktur und alternativen Ansätzen unverzichtbar sind. Wir werden kämpfen für diesen Ansatz und wir werden damit nicht alleine sein. Egal ob Sportplätze, Proberäume, Ateliers, Werkstätten, Galerien oder Veranstaltungsräume – von bezahlbaren Wohnungen ganz zu schweigen – von allem ist’s zu wenig! Die Politik in der Stadt muss endlich umdenken und die städtischen Unternehmen sollten dabei mitmachen. Dort wo jeder Quadratzentimeter Fläche zu Höchstpreisen verkauft wird, muss sich niemand wundern wenn der Druck auf Kulturstandorte steigt und die sowieso schon zuwenigen Spiel- und Sportflächen schrumpfen.
Wir fordern eine langfristige Perspektive für das freiLand, die Sicherung aller bestehenden Nutzungen und eine konstruktive Diskussion mit der Nutzer*innen-Perspektive im Mittelpunkt.
Wir fordern die Sicherung aller noch vorhandenen Sport‑, Spiel- und Kulturstandorte durch Festschreibung in den Bebauungsplänen.
Wir fordern den Ausbau und Planung von neuen öffentlichen Standorten für Kultur jenseits des Kommerz in der Stadterweiterung.
Nein zum Ausverkauf der Stadt, Nein zum Einstampfen kultureller Projekte und Initiativen. Ja zu einer vielfältigen Stadt für Alle. Ja zu öffentlichen Räumen.
Bei Fragen zu diesem Statement, könnt Ihr uns unter plenum@freiland-potsdam.de erreichen.
Euer freiLand
urz vor der Stichwahl zum Amt des Oberbürgermeisters der Stadt Potsdam haben sich mehrere Wohnprojektinitiativen direkt an die beiden verbliebenen KandidatInnen gewandt.
Tenor: Sie brauchen dringend Unterstützung, da vor allem die kommunalen Gesellschaften ProPotsdam und Stadtkontor mit allen Mitteln gegen solche Gemeinschaftsprojekte agieren und ihnen immer neue Hindernisse in den Weg legen.
Wir dokumentieren hier die wichtigsten Briefe und Presseerklärungen.
Konkret geht es um drei Objekte, um die sich konkrete Initiativen schon länger bemühen:
– Wollestraße 52 in Babelsberg, wo die MieterInnen das Haus vom Stadtkontor selbst kaufen wollen und nach jahrelanger Verzögerung ein neues Wertgutachten bekommen haben, was für sie unbezahlbar ist: Pressemitteilung Wollestraße
– Potsdamer Straße 108 in Bornim, was gerade von der ProPotsdam verkauft und ausgeschrieben wird – natürlich schon wieder nach Höchstgebot – und für was sich Wohngemeinschaftsinitiativen interessieren.
– Goethestrasse 35 – 37 in Babelsberg, was im Februar über die ProPotsdam zum Verkauf stand, wo sich ein große Gemeinschaftsinitiative beworben hat / Machbarschaften e.V. und wo es bis heute keine Infos gibt.
Zu all den Problemen hat das Beratungskollektiv des Mietshäusersyndikats eine eigene Presseinformation verfasst und sich an die OB – KandidatInnen und die Stadtverordneten gewandt:
PM zu Gemeinschaftsprojekten
Am Freitag, den 5. Oktober 2018 laden verschiedene Initiativen zu einem „Camp In“ vor das Rathaus Potsdam ein!
Ab 14.00 Uhr geht es mit Stühlen, Coach, Campingsachen und viel Wut über die Potsdamer Wohnungspolitik um bezahlbaren Wohnraum, Gemeinschaftsprojekte und vieles mehr:
Camp_in
An zwölf Terminen analysieren renommierte Fachleute die gegenwärtige autoritäre Formierung aus unterschiedlichen Perspektiven und mit einem besonderen Augenmerk auf pädagogische und popkulturelle Aspekte. Die Ringvorlesung wird organisiert vom Moses Mendelssohn Zentrum für europäisch-jüdische Studien und von der Fachhochschule Clara Hoffbauer Potsdam und findet vom 10. Oktober 2018 bis 22. März 2019 statt. Der Eintritt ist frei.
Alle Informationen finden sich unter: http://www.ringvorlesungpotsdam.de
Die Veranstaltungen auf einem Blick:
10.10.2018 | Haus der Natur (Lindenstraße 34, 14467 Potsdam)
‚Rechtspopulismus‘, Rechtsextremismus, radikaler Nationalismus – ein aktueller Überblick
PD Dr. Gideon Botsch
24.10.2018 | Haus der Natur (Lindenstraße 34, 14467 Potsdam)
Autoritarismus und Rechtspopulismus
Prof. Dr. Lars Distelhorst
Begrüßung und Einleitung durch den Potsdamer Oberbürgermeister Jann Jakobs
07.11.2018 | Haus der Natur (Lindenstraße 34, 14467 Potsdam)
Erinnerungskultur unter Druck von rechts
Dr. Matthias Heyl
21.11.2018 | Haus der Natur (Lindenstraße 34, 14467 Potsdam)
Grauzonen und rechte Lebenswelten in der Rockmusik
Michael Weiss
05.12.2018 | Friedenssaal im Großen Waisenhaus (Breite Str. 9A, 14467 Potsdam)
Autoritäre Dynamiken – rechtsextreme Einstellungen in Deutschland 2018
PD Dr. Oliver Decker
19.12.2018 | Friedenssaal im Großen Waisenhaus (Breite Str. 9A, 14467 Potsdam)
Pädagogische Strategien gegen Rechtsextremismus in der Jugendarbeit
Silke Baer
09.01.2019 | Friedenssaal im Großen Waisenhaus (Breite Str. 9A, 14467 Potsdam)
Antisemitismus an der Schule – Herausforderungen und Handlungsempfehlungen
Marina Chernivsky
23.01.2019 | Friedenssaal im Großen Waisenhaus (Breite Str. 9A, 14467 Potsdam)
Musik als popkulturelle Ausdrucksform extrem rechter Ideologie
Jan Raabe
06.02.2019 | Friedenssaal im Großen Waisenhaus (Breite Str. 9A, 14467 Potsdam)
Rechtspopulismus und Rechtsextremismus als Herausforderungen für die Lehre
Prof. Dr. Heike Radvan
20.02.2019 | Friedenssaal im Großen Waisenhaus (Breite Str. 9A, 1446 Potsdam)
Mit Recht gegen Rassismus!? Antidiskriminierungsarbeit in der Praxis
Gudrun Greve und Ingmar Pech (Antidiskriminierungsberatung Brandenburg)
06.03.2019 | Haus der Natur (Lindenstraße 34, 14467 Potsdam)
Der Kampf um gesellschaftliche Ordnung und die Pädagogik — Rassismuskritische Erkundungen
Prof. Dr. Paul Mecheril
22.03.2019 | Waschhaus Potsdam (Schiffbauergasse 6, 14467 Potsdam)
Vom Gastarbeiter zum Gangsta-Rapper? HipHop, Migration und Empowerment
Murat Güngör und Hannes Loh
Die Ringvorlesung wird durch die Hoffbauer Stiftung, die Stiftung Großes Waisenhaus und durch die Stadt Potsdam unterstützt.
Die Veranstaltenden behalten sich vor, von ihrem Hausrecht Gebrauch zu machen und Personen, die rechtsextremen Parteien oder Organisationen angehören, der rechtsextremen Szene zuzuordnen sind oder bereits in der Vergangenheit durch rassistische, nationalistische, antisemitische oder sonstige menschenverachtende Äußerungen in Erscheinung getreten sind, den Zutritt zur Veranstaltung zu verwehren oder von dieser auszuschließen.