Am frühen Abend marschierten ungefähr 130 Personen, der Großteil davon Neonazis aus Brandenburg und Berlin, anlässlich eines so genannten „Fackelspaziergangs gegen die Flüchtlingspolitik“ durch die nordbrandenburgische Stadt Wittstock/Dosse. Der Aufmarsch wurde von einem massiven Polizeiaufgebot, ungefähr 500 Beamt_innen sollen vor Ort gewesen sein, begleitet und letztendlich auch durchgesetzt. Ein Blockadeversuch von jugendlichen Antifaschist_innen scheiterte in der Ringstraße. Er soll von der Polizei recht rabiat vereitelt worden sein. Zu Festnahmen sei es aber nicht gekommen sein.
Proteste am Rande
Polizeilich geduldete Protestkundgebungen in Hör- und Sichtweite der Asylgegner_innen gab es hingegen nur am angemeldeten Infotisch in der Pritzwalker Straße Ecke Ringstraße. Dort versammelten sich zuletzt ungefähr 50 Menschen und protestierten mit Fahnen und lautstarker Stimme gegen den daran vorbeiziehenden Fackelmarsch.
In der Ringstraße Ecke Wiesenstraße gab es zu dem einen Andacht durch Mitglieder kirchlichen Gemeinde. Diese fand unter dem Motto: „Rassismus widersprechen! Denn vor Gott sind alle gleich.“ statt.
Am Bahnhof, dem Startpunkt des Fackelmarsches der Asylgegner_innen waren zu dem Transparente der Initiativen „Wittstock bekennt Farbe“ sowie „Schöner leben ohne Nazis“ angebracht.
Etwas abseits des Geschehens, aber dafür im Kern der historischen Altstadt, wurde sich ebenso gegen Nazis und Rassismus positioniert. Hier, auf dem Marktplatz der Stadt, fand die Eröffnung des Weihnachtsmarktes statt, die vom Bündnis „Wittstock bekennt Farbe“ ebenfalls genutzt wurde um Luftballons mit den Slogans „Kein Ort für Nazis“ und ähnliches unter die Bevölkerung zu verteilen. Bürgermeister Jörg Gehrmann nutze zu dem seine Eröffnungsrede auf dem Markt, um seinen Unmut für die Veranstaltung der Asylgegner_innen auszudrücken.
Die Marschierer außerhalb der Innenstadt hielt dies freilich nicht auf.
Braune Allianzen
Zu diesem Fackelmarsch hatten übrigens mehrere Initiativen, Vereinigungen und Organisationen mobilisiert. Alleine aus Wittstock/Dosse fielen zwei Socialmedia-Gruppen auf, die vor allem um Teilnehmer_innen aus der Stadt bemüht waren. Zum einen war dies die Gruppe „Asylpolitik in Wittstock NEIN Danke“ mit 397 Mitgliedern, die zwar ein bürgerliches Antlitz vortäuscht, jedoch stark von neonazistischem Gedankengut vereinnahmt wird, und zum anderen die Gruppe „IN WITTSTOCK AUFGEWACHSEN UND DARAUF BIN ICH STOLZ“ mit 54 Mitgliedern, die von dem einschlägigen Neonazi Oliver M. betrieben wird und im Titelbild auch unter dem Namen „Nationale Sozialisten Wittstock/Dosse“ firmiert. Wobei die Gruppe der in WITTSTOCK AUFGEWACHSENen, nicht mit einer gleichlautenden, aber kleingeschriebenen Gruppe mit über 2.000 Mitgliedern, verwechselt werden sollte.
Darüber hinaus warb auch die NPD Potsdam-Mittelmark aus Bad Belzig sowie die Initiative „Ein Licht für Deutschland gegen Überfremdung“ für die Veranstaltung. Insbesondere letztgenannte Gruppe macht seit einigen Wochen vermehrt von sich Reden. Am Volkstrauertag 2014 marschierte sie unangemeldet mit Fackeln durch die Kleinstadt Gransee (Landkreis Oberhavel). Des Weiteren beteiligten sich Sympathisanten der Initiative am vergangenen Wochenende an einem Aufmarsch von Asylgegner_innen im sächsischen Schneeberg (Erzgebirge). Auch in Wittstock nahmen heute Vertreter_innen von „Ein Licht für Deutschland gegen Überfremdung“ teil. Diese relativ neue Gruppe scheint ein Netzwerk von Neonazis aus Potsdam-Mittelmark, Brandenburg an der Havel, Oberhavel und Ostprignitz-Ruppin zu sein, dass mutmaßlich von dem Grabower Neonazi Maik Eminger gesponnen wurde. Eminger, der ursprünglich aus dem Erzgebirge stammt und dort in neonazistischen Kameradschaften sozialisiert wurde, trat auch als mutmaßlicher Sprecher dieser Initiative in Schneeberg auf. Auch in Wittstock/Dosse war er heute zugegen und hielt während der Zwischenkundgebung im Bereich Friedrich Schiller Straße einen Redebeitrag. Eminger, dessen Bruder André sich zurzeit beim NSU Prozess in München verantworten muss, steht für den militanten Flügel des neonazistischen Milieus und verfügt über zahlreiche Kontakte zu Gleichgesinnten in NPD, JN, III. Weg, Gefangenenhilfe und anderen Neonaziorganisationen.
Zu diesem Netzwerk halten offenbar auch mehrere Stadtverordnete der nationaldemokratischen Partei. So waren heute u.a. auch Dave Trick aus Neuruppin (Landkreis Ostprignitz-Ruppin), Robert Wolinski aus Velten (Landkreis Oberhavel) und Pascal Stolle aus Bad Belzig (Landkreis Potsdam-Mittelmark) nach Wittstock/Dosse gereist.
Ansonsten waren weiterhin bekannte Gesichter der „Nationalen Sozialisten Wittstock/Dosse“, der „Aktionsgruppe Nord Ost“ und der „Freien Kräfte Neuruppin/Osthavelland“ vertreten. Die „Freien Kräfte Prignitz“ waren zu dem mit eigenem Banner angereist.
So genannten „Bürger_innen“ waren hingegen nur zu einem kleinen Teil vertreten. Ungefähr 20 bis 30 Personen können diesem Spektrum zugeordnet werden. Der Rest war mehr oder weniger als Neonazi oder Hooligan erkennbar. Für letztgenannte Gruppe wurde übrigens auch extra der Titel „Hooligans gegen Salafisten“ von „Kategorie C“ über den Pkw-Lautsprecherwagen abgespielt.
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Jahr: 2014
Der für Samstag, den 6. Dezember 2014, in Wittstock/Dosse geplante Aufmarsch von Asylgegner_innen wird höchstwahrscheinlich ohne besondere rechtliche Einschränkungen stattfinden. Lediglich der Startpunkt des Aufzuges wurde von der Stadthalle zum Parkplatzbereich vor der Bahnhaltestelle umverlegt. Von dort aus soll es zunächst in die nördlichen Stadtgebiete, bis zur Friedrich Schiller Straße gehen. In diesem Bereich ist dann eine Zwischenkundgebung geplant.
Asylgegner_innen wollen direkt zu Flüchtlingsunterkünften
Wie bereits befürchtet, führt diese Marschroute bis in unmittelbarer Nähe zu Wohnungen, in denen Geflüchtete untergebracht sind. Auch der Marsch mit Brandfackeln scheint bisher polizeilich nicht untersagt zu sein. Vielmehr bekräftigte die Revierführung, dass die Polizei mit einem großen Aufgebot vor Ort sein wolle und die Sicherheit angeblich so garantieren könne.
Jedoch sind für den Fackelmarsch ungefähr 500 Personen angekündigt, von denen ein großer Teil gewaltbereite Neonazis sein könnten. Im Internet wurden in einer öffentlichen Veranstaltungsgruppe bereits 362 Personen eingeladen. Nach neun Stunden hatten heute allerdings erst 41 potentielle Versammlungsteilnehmer_innen, darunter aber viele einschlägig bekannte Neonazis aus den Landkreisen Prignitz und Ostprignitz-Ruppin, zugesagt. Eine reelle Teilnehmer_innenzahl schwankt möglicherweise zwischen 100 und 250 Personen.
Protestaktionen geplant
Gegen den Aufmarsch sind aber auch Protestaktionen geplant. Ziel dieser ist es, die Asylgegner_innen möglichst fern von den Flüchtlingsunterkünften zu halten.
Als Anlaufpunkt für alle die, die gegen den geplanten Fackelmarsch protestieren wollen, wurde inzwischen auch ein Infotisch in der Pritzwalker Straße Ecke Ringstraße angemeldet. Dieser befindet sich an der Brücke über die Glinze und somit in unmittelbarer Nähe des Anlaufpunktes der Asylgegner_innen. Der Infotisch wurde für die Zeit von 15.00 bis 22.00 Uhr angemeldet. Protest auf Augenhöhe scheint also in jedem Fall möglich.
Des Weiteren plant die Kirche eine öffentliche Andacht in der Zeit von 15.00 bis 18.00 Uhr in der Wiesenstraße Ecke Meyenburger Chaussee, einem möglichen Passierpunkt der Asylgegner_innen.
Die historische, von der Stadtmauer umschlossene Altstadt scheidet hingegen offenbar als Aufmarschfläche aus. Da die Stadt Wittstock dort eine Weihnachtsveranstaltung durchführt, bleibt den Asylgegner_innen der Zugang zur Innenstadt verwehrt. Dafür will das Bündnis „Wittstock bekennt Farbe“ zusätzlich auf dem Markt Präsenz zeigen, um dort mit Bürger_innen ins Gespräch zu kommen und ihnen Material für ein Bekenntnis zu einer weltoffenen Stadt zu übergeben.
Karte als PDF: Wittstock Plan 6.12
Zu einer Bürgerversammlung zum Thema „Unterbringung von Flüchtlingen“ hatte am Abend die Stadt Wittstock/Dosse und der Landkreis Ostprignitz-Ruppin geladen. Die Veranstaltung fand in der Stadthalle an der Ringstraße statt. Ungefähr 250 Menschen aus dem Stadtgebiet und der näheren Umgebung von Wittstock, darunter 30 Mitglieder des Bündnisses „Wittstock bekennt Farbe“, aber auch genauso viele mutmaßliche Sympathisanten der Initiativen „Asylflut in Wittstock NEIN DANKE“ und „Asylpolitik in Wittstock NEIN DANKE“, nahmen daran Teil.
In der anschließenden Diskussion ergriffen sowohl Flüchtlingsbefürworter als auch Asylgegner_innen das Wort.
Bisherige Kontroverse
Die Stadt Wittstock hat im Zuge der momentan durch Krieg und Verfolgung ansteigenden Flüchtlingszahlen, ähnlich wie andere Gemeinden im Landkreis, Verantwortung übernommen und ungefähr 45 Flüchtlinge aufgenommen. Diese wurden im so genannten „B3 – Center“ (Bett, Bike, Bowling), östlich des historischen Stadtkerns untergebracht. Obwohl dadurch, laut Stadt, weder der Betrieb des Centers noch sonstige Beeinträchtigungen im öffentlichen Leben oder sozialen Gefüge zu erwarten sind, zieht seit einigen Wochen eine Bürgerinitiative mit Namen „Asylflut in Wittstock NEIN DANKE“ sowie seit neuesten eine Gruppe mit dem Arbeitstitel „Asylpolitik in Wittstock NEIN DANKE“ hauptsächlich im Socialmedia-Bereich gegen diesen Akt der Menschlichkeit zu Felde.
Am 8. November 2014 führte die NPD zu dem eine Kundgebung mit 100 Teilnehmer_innen auf dem Wittstocker Markt durch, bei der zum einen ein im nächsten Jahr anstehender Neonaziaufmarsch in Neuruppin und zum anderen die Unterbringung von Flüchtlingen in Wittstock thematisiert wurden. Im Rahmen dieser Versammlung wurden auch Flugblätter verteilt, die offenbar ein bürgerliches Publikum ansprechen sollen, jedoch auch klar mit neonazistischer Terminologie ausgestaltet wurden. Auch der Inhalt ist mehrdeutig verfasst. Zum einen wird der Stadt, trotz einer umfassenden, im Netz nachlesbaren Pressemitteilung vom 24. Oktober 2014, eine mangelnde Informierung der Bevölkerung zur Unterbringung von Asylsuchenden vorgeworfen und zum zweiten den Flüchtlingen selber, ohne das bereits nur ein einziger Fall vor Ort nachgewiesen wurde, „Asylbetrug“ unterstellt. Ein Umstand der dem Straftatbestand der Volksverhetzung schon sehr nahe kommt und ein Beispiel für die gefährliche, mitunter explosive Anspannung und Polarisierung in der Stadt ist. Außerdem heizt das neonazistische Milieu durch Socialmedia-Propaganda und die erklärte Unterstützung eines geplanten „Fackelspaziergangs“ gegen die „Flüchtlingspolitik“ am kommenden Samstag die Debatte zusätzlich an.
Die Versammlung
Stadt und Landkreis hatten deshalb am heutigen Abend ab 18.30 Uhr zu einem Dialog eingeladen. Asylbefürworter und Gegner mobilisierten ebenfalls. Alle Parteien, einschließlich bekannter Vertreter des lokalen Neonazimilieus, waren dann auch erschienen.
Zunächst leitete Bürgermeister Jörg Gehrmann die Veranstaltung mit der Vorstellung der Podiumsbeisitzer von Stadt, Landkreis und Polizei ein, erklärte die Spielregeln der Diskussion und betonte, dass Wittstock für Toleranz steht. Anschließend übergab er das Wort an eine Vertreterin des Landkreises, die nun erst einmal einen allgemeinen Faktenüberblick zum Thema Asyl vermittelte. Demnach wird für das Jahr 2014 von 5.862 Flüchtlingen im gesamten Land Brandenburg ausgegangen, die zunächst in Eisenhüttenstadt aufgenommen und von dort auf die einzelnen Stadt- und Landkreise aufgeteilt wurden. Im Landkreis Ostprignitz-Ruppin gibt es derzeit eine dauerhafte Unterkunft mit 208 regulären Plätzen und 16 Notfallplätzen in der Kreisstadt Neuruppin. Ab Mitte Dezember wird eine weitere größere Unterkunft mit Platz für ungefähr 100 Menschen in Wusterhausen/Dosse dazukommen. Außerdem gibt es ein Wohnverband von Flüchtlingen in Lenzke bei Fehrbellin sowie drei Notunterkünfte, darunter eine, das B3-Center, in Wittstock/Dosse. Hauptziel des Landkreises ist jedoch die Asylsuchenden in Wohnungen unterzubringen, um damit eine bessere Integration zu ermöglichen. Diesbezüglich wurden bereits auch vier Wohnunterkünfte in Wittstock/Dosse angemietet.
Dann plötzlich ein Zwischenruf aus dem asylablehnenden Lager. „Wurde über gefragt, ob wir die Flüchtlinge überhaupt wollen?“, ruft ein Mann mit polierter Glatze, Brille und einem Wolfstattoo am Hals. Es ist der Bürger Sandy Ludwig der sich da bemerkbar macht. Er ist bekennender Nazi und trat als Wortführer der anwesenden Asylgegner auf. Bürgermeister Gehrmann weißt ihn jedoch zu Recht. Er solle sich ordentlich verhalten und sich mit Namen vorstellen. Ludwig gehorcht, lässt die Landkreismitarbeiterin ausreden, stellt sich dann brav vor und formuliert seine Frage erneut. Bürgermeister Gehrmann, der in Punkto Flüchtlingsaufnahme die Stadtverordneten hinter sich hat, lässt die Frage jedoch kalt und wiegelt den Glatzkopf ab. „Die Frage entbehrt jede Antwort“, so der Herr im Rathaus.
Eine Bürgerin nutzt jedoch die Gelegenheit nun und bekennt: „Wir haben die Pflicht Menschen auf der Flucht zu helfen. Uns geht es gut. Wir können helfen“. Applaus von Zweidritteln der Zuhörer_innen im Saal. Weitere Bekenntnisse für die Flüchtlinge folgen.
Für diese Menschen steht eher die Frage im Vordergrund: wie kann konkret geholfen werden? Insbesondere das sprachliche Aufeinanderzugehen liegen ihnen offenbar am Herzen. Diesbezüglich ergreift der Bürger Schmidt, ein Schulleiter, das Wort und weißt darauf hin, dass es ein Anrecht auf schulische Förderung auch für Asylsuchende gäbe.
Anschließend meldet sich der Bürger M. Schumann aus den Reihen der Asylgegner und fragt, wer dann, wenn die Flüchtlinge kämen, für die „Sicherheit unserer Kinder und Frauen“ sorgt. Gelächter und Buh-Rufe erfüllen den Saal. Offenbar entbehrt auch diese Frage jeglicher Grundlage. Doch der Polizeibeamte Weichmut nutzt diese Gelegenheit, um den Standpunkt der Polizei in der Kontroverse darzustellen. So gab es im Jahr 2013 ungefähr 8.000 Straftaten im Landkreis Ostprignitz-Ruppin bei denen 3.200 Tatverdächtige ermittelt wurden. 200 davon sollen Ausländer gewesen sein, also Gastarbeiter, andere EU-Bürger, Reisende etc. Lediglich acht Straftaten wurden 2013 von Asylsuchenden begangen und dies waren meistens Streitigkeiten untereinander. Insofern sieht die Polizei kein besonderes Sicherheitsrisiko durch mehr Flüchtlinge und momentan sowieso nicht, da höchstens zehn in Wittstock leben.
Wohl aber beobachtet die Polizei die Kontroverse um die Flüchtlinge und kündigt Präsenz zum geplanten „Fackelspaziergang“ der Asylgegner_innen an.
Auch die Mehrheit der zur Bürgerversammlung anwesenden Wittstocker_innen sehen sich nicht durch steigende Flüchtlingszahlen bedroht. Sie applaudierten der Bürgerin Borg, die dies offenbar stellvertretend für den Großteil der Anwesenden aussprach. Ein weiterer Bürger bekräftigte sogar, dass gerne noch mehr Flüchtlinge kommen könnten. Schließlich sei auch der Landkreis Ostprignitz-Ruppin von der Abwanderung vieler Menschen betroffen. Der Zuzug von Flüchtlingen könnte so auch ein Garant sein, dass die vorhandene Infrastruktur erhalten bleibt und nicht noch mehr Menschen dem Landstrich den Rücken kehren.
Dann versuchten sich die Asylgegner_innen abermals durch die Wiedergabe von „Gerüchten“, Halbwissen und Vorurteilen in Position zu bringen. Scheiterten aber wieder, da ihnen offenbar die Sachkenntnis zu den Themen fehlt und „Gerüchte eben kein Gericht“ sind, wie der Bürgermeister ihnen zu verstehen gab.
Weitere Fragen folgen nicht. Die Mehrheit im Saal ist für die Aufnahme von Flüchtlingen, die Asylgegner_innen verlassen frustriert den Saal.
Bürgermeister Gehrmann resümiert: Wittstock ist nicht nur tolerant, sondern auch bereit sich um Flüchtlinge zu kümmern.
Nächste Runde: Fackelmarsch
Doch ganz so einfach scheint es nicht zu sein. Immerhin mobilisieren die Asylgegner_innen weiter für ihren geplanten „Fackelspaziergang“ am Samstag. Ihre Socialmedia-Präsenz „Asylflut in Wittstock NEIN DANKE“ hatte bis zur gestrigen Abschaltung sogar über 1.300 „Gefällt mir“-Angaben. Und auch in der Ersatzgruppe „Asylpolitik in Wittstock NEIN DANKE“ sind bereits über 300 Mitglieder. Ein Moderator fast den Abend bei der Bürgerveranstaltung bereits als Misserfolg zusammen und vertraut nun um so mehr auf ein „Zeichen“ auf der Straße am kommenden Samstag.
Tatsächlich fehlen auch der Stadt bisher wirksame Konzepte gegen die angemeldete Demonstration der Asylgegner_innen. Als Alternative soll der jährliche Weihnachtsaufzug durch die Innenstadt zeitgleich stattfinden und dem „Fackelspaziergang“ so zumindest die Aufmerksamkeit entziehen.
Konkrete Proteste hat hingegen die Initiative „Westbrandenburg Nazifrei“ auf dem alternativen Portal „Inforiot“ angekündigt. Genaueres steht aber offenbar auch hier noch nicht fest.
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Ihr kennt sie wahrscheinlich, fahrt oder lauft an ihr vorbei oder seid vor einer Weile noch mit dem Fahrrad darüber gefahren, als es die Schnellstraßenauffahrt im Zentrum Ost noch gab. Vielleicht habt ihr auch schon einmal hier Fußball gespielt, gegrillt oder getanzt. Gemeint ist die Grünfläche zwischen dem Babelsberger Park und der Schnellstraße, die selbstbenannte Nowawiese- ein Ort, an dem sich die Bewohner_innen der Stadt genommen haben, was sie brauchten. Zuerst entstand ein Hundeauslaufplatz, vor über sechs Jahren wurde die „la Datscha“ besetzt und realisiert seitdem selbstverwaltet diverse Projekte und Veranstaltungen, es wurde ein Beachvolleyballplatz geschaffen, welcher von unterschiedlichsten Gruppen genutzt wird, ein kleiner Strand entstand direkt an der Havel, der Kinder- und Jugendfußballverein „Concordia Nowawes 06“ besetzte vor 5 Jahren einen Bolzplatz und 2011 gab es sogar einen Ideenworkshop, in welchem Nutzer_innen und Interessierte gemeinsam verschiedene Varianten zur Gestaltung der Nowawiese für Sport und Erholung diskutierten und herausarbeiteten.
Und vielleicht habt ihr auch schon die schwarz-weißen Plakate gesehen, die daraufhinweisen, dass die Stadt Potsdam Pläne hat, u.a. das Grundstück auf dem sich die Datscha befindet, wort- und bedingungslos an die Stiftung Preußische Schlösser und Gärten (SPSG) abzugeben. Hintergrund des Ganzen ist eine scheinbar ewig währende Diskussion zwischen Stadt und eben jener Stiftung um die Eigentumsrechte der Flächen zwischen Babelsberger Park und der Schnellstraße — der Nowawiese. Aber nicht nur uns betrifft dieser Plan, sondern auch “Concordia Nowawes 06”, der nach langen Diskussionen, Vorschlägen bei Bürgerhaushalten, dem illegalen Errichten eines Bolzplatzes und einigen Kinderdemonstrationen vor dem Rathaus, erreicht hat, dass auf diesem Grünstreifen ein Fußballplatz neu gebaut werden soll. Erklärte Gegnerin dieses Projektes und eigentlich aller Projekte, die vom preußischen Einerlei abweichen und sich zu nah an ihr Hoheitsgebiet heranwagen, war von Beginn an die SPSG. Im Raum steht nun ein Flächentausch.
Wer kommt eigentlich auf solche Ideen? Das fragen wir uns auch!
Bezug nimmt die Stadtverwaltung auf einen Kompromiss, der im Zusammenhang mit dem Neubau des erwähnten Fußballplatzes geschlossen worden ist. Um die Diskussion zu beenden, wurde als letzte Instanz die Kultusministerin des Landes Brandenburg Sabine Kunst um Ministerbescheid gebeten. Diese hat sich dann zwar für den Bau des Sportplatzes ausgesprochen, sich aber in ihrer Doppelrolle als Vorsitzende des Stiftungsrates der SPSG auch noch gleich ein dickes Geschenk gemacht. Der als Kompromiss verkaufte Flächentausch besagt, dass der Platz nur dann gebaut werden dürfe, wenn im Gegenzug die gesamte Restfläche in den Besitz der Stiftung übergehe. Ist schon etwas eigenartig, wenn der Beistand aus dem Vorstand einer der Streitparteien kommt. Da wurde der ministeriale Bock wohl zum Gärtner gemacht.
Wir aus “La Datscha” befürchten das Schlimmste, sollte die Stiftung zur Eigentümerin des Areals werden auf dem sich unser Projekt befindet. Denn das hat die Stiftung immer wieder klar gemacht, sie will Projekte wie das unsere nicht im direkten Umfeld der Weltkulturerbe-Parks dulden. Zu befürchten wäre, dass die Stiftung uns räumen lassen würde, um die Datscha abreißen zu lassen, um ihrem Plan einer Pufferzone um alle Parks ein Stück näher zu kommen. Und auch diverse andere nicht in das Bild der Stiftung passende Initiativen können so besser verdrängt werden. Und nun haben wir den Salat!
Wie das so ist in Potsdam, werden in dunklen Kammern und Hinterzimmern Ideen ausgeheckt und kommen über die Bevölkerung, wie ein unabänderliches Naturgesetz. Es wird so getan, als sei dieser Beschluss eine unumstößliche Sache, denn schließlich hat eine Ministerin das alles so gewollt, da würde Widersprechen ja einem Obrigkeitsverrat gleichkommen.
In den letzten Jahren ist nicht nur die Datscha entstanden, nicht nur Kinder spielen Fußball, auch die Wiesen werden zur Erholung, zum Picknick oder Feiern genutzt und das alles ohne Regulierungen, Vorschriften oder Verbote. Damit ist sie eine der wenigen Ecken Potsdams, wo so etwas noch möglich ist.
Dass es mehr als irrational ist, genau die Stiftung als Gegnerin einer Belebung des Grünstreifens zur Besitzerin zu machen, erklärt sich ja eigentlich fast von selbst. Die Stadt Potsdam will aber nicht nur die Diskussion um das Thema abwürgen, sondern sich wiedereinmal aus der Verantwortung ziehen. Es ist gar nicht so abwegig, das nach diesem Eigentümerwechsel, die Datscha geräumt wird und die Nowawiese nicht mehr durch Anwohner_innen genutzt und gestaltet werden kann. Und Alles, ohne das sich die Stadt schmutzig macht oder der Bürgermeister sich erklären muss, denn schließlich hat es die Ministerin ja so gewollt.
Aber wir kennen die aberwitzigen Pläne der Stiftung und wissen wie es weiter gehen soll. Das Strandbad soll raus aus dem Babelsberger Park und zwar an die Schnellstraße, die Datscha wird dann zum Parkplatz und das bisherige Strandbad zur Sichtachse. Das sogenannte Nuthe-Ohr, die ehemalige Abfahrt der Schnellstraße, wird abgetragen- der Berg war zu Zeiten Friedrichs des Großen schließlich auch noch nicht da und bei nächster Gelegenheit wird dann bestimmt der Fußballplatz wieder planiert und das Zentrum Ost gesprengt? War da nicht noch ’ne Sichtachse? Und dann müssen nur noch diese lästigen Bewohner_innen weg und schon ist Potsdam ein Museum.
Aber scheiß drauf! Wir überlassen diesen Leuten nicht die Stadtplanung, denn schließlich gibt es die Datscha und das drumherum nur, weil uns der Klüngel und all der preußische Quatsch gestört hat. Die Stadt Potsdam ist Besitzerin des größten Teils der Flächen und es gibt keinen vernünftigen Grund an diesem Zustand etwas zu ändern. Die verantwortlichen Stellen in der Stadt und eben auch allen voran der Bürgermeister sollten sich klar machen, dass sie sich nicht immer vor der Verantwortung gegenüber den Menschen die hier leben, drücken können.
Die Datscha ist besetzt und wird es bleiben!! Wenn die Stadt Potsdam meint sich auf diesem Wege aller Probleme rund um die Nowawiese entledigen zu können, ohne das unser Unverständnis und die Wut darüber an ihre Adresse gerichtet sein wird, hat sie sich getäuscht!! Wir verschließen nicht die Augen und Ohren. Wir lassen uns auch nicht den Mund verbieten und niemand räumt still und heimlich die Datscha. Wir lassen uns nicht verarschen und schauen nicht einfach zu, wie die Stadtpolitik versucht eine “Befriedung”, wohl eher “Verpreußung” vorzubereiten. Und uns ist es herzlich egal ob da irgendwelche Minister_innen mitreden wollen.
Wir haben uns in der Vergangenheit nicht dafür interessiert, was solche Leute wollen und das wird auch in Zukunft so bleiben!!
Niemand beendet dieses Projekt ohne Ärger! Datscha Bleibt! Fußballplatz für Concordia Nowawes! Wir bleiben Alle!
Wittstock – eine kleine Stadt im Nordwesten Brandenburgs. 15.000 Einwohner_innen leben hier und seit kurzem auch 45 Geflüchtete. Zuviel wie manche finden…
Fackelmarsch am Samstag
Eine „Aktionsgruppe Wittstock“ ruft deshalb auf ihrer Präsenz „Asylflut in Wittstock NEIN DANKE“ für Samstag, den 6. Dezember 2014, zu einem „Fackelspaziergang“ – um nicht zu sagen „Fackelmarsch“ – auf. „Bürgerwut“ soll auf die Straße getragen werden. Bis zu 500 „Bürger_innen“ werden erwartet. Das hier aber vor allem Neonazis und deren Sympathisant_innen aus nah und fern erscheinen werden ist absehbar. Bei einer ähnlichen Veranstaltung am 8. November 2014 nahmen bereits Abgesandte des neonazistischen Milieus aus ganz Westbrandenburg teil. Auch für den kommenden Marsch wird weiträumig in der Szene geworben. U.a. ruft auch die NPD Potsdam-Mittelmark aus dem 140km entfernten Bad Belzig zur Teilnahme auf.
Angemeldet soll der Fackelmarsch von einer bisher polizeilich nicht in Erscheinung getretenen Person worden sein. Möglicherweise um die Spur der tatsächlich handelnden Akteure zu verschleiern. Als Treffpunkt wird die Stadthalle in der Ringstraße, ab 16.00 Uhr, beworben. Möglich ist aber auch ein Vorabtreff am Bahnhof. Die endgültige Route des geplanten Marsches ist bisher nicht bekannt, könnte aber wegen anderer Veranstaltungen um die Innenstadt herum, in die nördlichen und/oder südlichen Stadtgebiete führen. Wahrscheinlich ist nach derzeitigem Stand sogar das Szenario, dass die (freundlich formuliert) Asylgegner_innen mit ihren Fackeln sogar bis zu den Wohnunterkünften der Geflüchteten ziehen dürfen. Und dies ist nicht unproblematisch.
Neonazistischer Szeneschwerpunkt Wittstock
Wittstock gilt seit mehr als zwei Jahrzehnten als Stadt mit einer extrem gewaltbereiten und dominant auftretenden neonazistischen Jugendszene. Angriffe auf Menschen oder deren Einrichtungen waren und sind keine Seltenheit. Extreme Negativbeispiele dafür sind u.a. die Tötung von Kajrat Batesov im Mai 2002, ein vollendeter Brandanschlag auf einen türkischen Imbiss im Februar 1999, ein versuchter Brandanschlag auf einen Dönerstand im September 2009 sowie dutzende Fälle rassistisch oder neonazistisch motivierter Körperverletzungen und Sachbeschädigungen in den letzten 25 Jahren.
Nach einer relativen Ruhephase in den letzen Monaten ist das lokale Neonazimilieu im Zuge der Unterbringung von Geflüchteten in der Stadt zu neuem Aktionismus erwacht. Noch kam es zu keinen Übergriff, jedoch wird die Stimmung, so kann es auf der Internetseite „Asylfut in Wittsock NEIN DANKE“ verfolgt werden, zunehmend aggressiver. Gezielt werden falsche, einseitige, unsachliche oder polarisierende Informationen verbreitet und dadurch ein extremer Verbalradikalismus gefördert, der sich in der Aufhitzung der Situation, auch durch vergleichbare, medial präsente Prozesse in andern Orten, durchaus demnächst lokal entladen könnte.
Gegen Hetze und Rassismus
Damit wollen wir uns jedoch nicht abfinden und am 6. Dezember 2014 in Wittstock gegen die Hetze und gegen Rassismus protestieren.
Wir wollen nicht hinnehmen, dass Menschen in Angst leben und ohnmächtig ihrem Schicksal überlassen werden.
Wir wollen auch in Wittstock zeigen, dass eine andere Welt, ohne Rassismus möglich ist.
Flüchtlingsrat Brandenburg kritisiert den Schlingerkurs der neuen Landesregierung zur AsylbLG-Novelle scharf
Statt, wie öffentlich angekündigt, das neue diskriminierende Asylbewerberleistungsgesetz im Bundesrat abzulehnen, hat sich die rot-rote Koalition enthalten. Nun begrüßt der brandenburgische Innenminister Schröter den faulen Kompromiss der Länder. Das Gesetz schreibt die medizinische Minimalversorgung und andere Diskriminierungen von Flüchtlingen fort, genau so wie die Zuständigkeit der Länder für alle Kosten.
“Mit der heute abgeschlossene Vereinbarung haben die Ländern das Menschenrecht der Flüchtlinge auf gesundheitliche Gleichbehandlung gegen kurzfristig bemessene Finanzzusagen des Bundes verkauft”, sagte Ivana Domazet vom Flüchtlingsrat Brandenburg. Dass der neue Brandenburger Innenminister Schröter den faulen Kompromiss nun positiv bewertet, sei besonders absurd, nachdem das Sozialministerium noch vor wenigen Tagen den Gesetzentwurf scharf kritisierte und für „nicht zustimmungsfähig“ erklärte. Schon wenige Wochen nach Regierungsantritt zeigt sich die Unvereinbarkeit einer menschenrechtsorientierten Flüchtlingspolitik mit dem Wirken des Innenministers Karl-Heinz Schröter.
Schon in der letzten Legislaturperiode schrieb sich die rot-rote Landesregierung die Abschaffung des Asylbewerberleistungsgesetzes auf die Fahnen. Erstens, weil es festschreibt, dass die Länder für die Kosten, einschließlich der Hilfe zum Lebensunterhalt aufkommen müssen und zweitens, weil es dafür sorgt, dass Flüchtlinge medizinische Behandlungen, die über Akutversorgungen hinausgehen, in jedem Einzelfall mühsam erkämpfen müssen, wenn es ihnen überhaupt gelingt, angemessene Behandlung zu bekommen. Angesichts dessen sind Aussagen von Herrn Schröter zynisch, der geschlossene Kompromiss gehe zugunsten betroffener Flüchtlinge. Hier wurde ein Grundrecht gegen ein anderes ausgespielt.
Die vom Bund bei diesem Kuhhandel gemachte Finanzzusage von 1 Milliarde Euro für die Aufnahme und Unterbringung von Flüchtlingen gilt für den Zeitraum 2015 bis 2016. Die vereinbarten Gesetzesverschärfungen werden hingegen über viele Jahre ihre diskriminierenden Wirkungen im Leben von Asylsuchenden und MigrantInnen entfalten. Hätte man im Bundesrat an der Ablehnung des Gesetzes festgehalten, wäre darüber hinaus ohnehin der Bund für einen Großteil der Leistungen zuständig geworden – und das nicht nur für zwei Jahre, sondern langfristig.
Die AsylblG-Novelle pfeift weitgehend auf das Urteil des Bundesverfassungsgerichts aus 2012. Auch künftig soll gelten, dass an unbefristeten Leistungseinschränkungen und Sanktionen, entwürdigenden Sachleistungen und einer ggf. lebensgefährlichen Minimalmedizin festgehalten wird. Die Behörden können faktisch nach Belieben entscheiden, in welcher Höhe sie Leistungen kürzen. Dies stellt einen verfassungswidrigen Eingriff in das Grundrecht auf ein menschenwürdiges Existenzminimum dar.
Der Entwurf der Änderung zum Freizügigkeitsgesetz soll mit den Instrumenten von Wiedereinreisesperren und Kurzbefristungen des Aufenthalts zur Arbeitssuche den europäischen Gedanken eines Raums der Freiheit und des Rechts auch für grenzüberschreitend Arbeit und Zukunft Suchende konterkarieren.
Beim heutigen Pressetermin zum Sinterklaas-Fest hat der Veranstalter erklärt, dass er die rassistische Darstellung der Figuren des „Zwarte Piet“ (Schwarzer Peter) beibehält und mehrere dieser Figuren beim Umzug am 13. und 14. Dezember durch die Stadt Potsdam laufen lassen will.
Anfang Oktober wandte sich die Antidiskriminierungsberatung Brandenburg, angesiedelt beim Vereins Opferperspektive, an die Stadt Potsdam, weil mehrere schockierte Beschwerden über das vom “Förderverein zur Pflege Niederländischer Kultur in Potsdam” geplante „Sinterklaas Fest“ bei ihr eingegangen waren. Auf diesem Fest will der Verein mehrere Figuren der sogenannten „Zwarten Pieten“ (Schwarzer Peter auf niederländisch) auftreten lassen. Es handelt sich dabei um weiße Schausteller, die schwarz angemalt, mit großen Lockenperücken, übergroßen rot geschminkten Lippen, großen goldenen Ohrringen und in eine Art Narrengewand gekleidet durch die Potsdamer Straßen laufen und zur Erheiterung der Zuschauer beitragen sollen. Sie sollen die „Helfer“ des weißen Sinterklaas darstellen, der mit dem Schiff in Potsdam ankommt und dann mit ihnen von der Anlegestelle durch Potsdam zieht.
Diese Präsentation ist eine Nachahmung kolonialer Figuren, die schwarze Menschen in entwürdigender, lächerlich machender Art und Weise darstellt. Es gibt seit Jahren international Proteste dagegen und ein Amsterdamer Verwaltungsgericht wertete die Figuren als eindeutig diskriminierend.
Wir haben vor 5 Wochen die Verantwortlichen in der Stadtverwaltung auf all das aufmerksam gemacht und den Veranstalter um ein Gespräch gebeten, um Vorschläge zu unterbreiten, wie zum Beispiel nach Vorbildern aus
Holland, die Figuren in kreativer Weise bunt oder ganz anders darzustellen, um eine rassistische Herabwürdigung zu vermeiden, die schließlich auch dem Image der Stadt Potsdam widersprechen würde, die sich — auch bei diesem Fest — tolerant und weltoffen präsentieren will.
Der Veranstalter hat auf unser Gesprächsangebot nicht reagiert. Die Stadt bemüht sich auch, zu erreichen dass es nicht zu einer rassistischen Darstellung der Figuren kommt. Gestern Nachmittag erfuhren wir kurzfristig durch die Stadtverwaltung, dass der Veranstalter heute früh eine Presseerklärung verlesen wird. Uns selbst hat der Veranstalter davon nicht in Kenntnis gesetzt.
Der Verein, vertreten durch den Vorstandsvorsitzenden Hans Göbel, erklärte bei seinem heutigen Pressetermin, es sei ihm bekannt, dass es bereits seit den 1970er Jahren Proteste gegen die „Zwarte Pieten“ in den Niederlanden gibt und dass auch hier in Potsdam Gruppen und Privatpersonen Kritik geübt hätten. Die Kritik, dass der Verein eine rassistische Darstellung betreibe, hätte ihn also nicht überrascht. Jedoch: das würde der Verein nicht so sehen und weil man die Figuren nicht rassistisch meine, könnten sie auch nicht rassistisch sein und erst Recht kein Verstoß gegen die UN-Anti-Rassismus-Konvention. Man betrachte die vorgebrachte Kritik als Einzelmeinungen und wenn sich Menschen durch die „Zwarten Pieten“ verletzt fühlten, seien das „Befindlichkeiten“, auf die sie „keine Rücksicht nehmen“ oder deswegen ihre „kulturellen Traditionen ändern“ würden. Wer sich dadurch gestört fühle, könne Potsdam ja während der Veranstaltung fern bleiben.
Damit blieb der Veranstalter ganz auf seiner bisherigen Linie, auf die seit Wochen zum Teil öffentlich geäußerte Kritik, unter anderem von den Gruppen Postkolonial Potsdam und Pan-African Women’s Empowerment & Liberation Organisation (PAWLO) e.V., oder auf unsere Gesprächsaufforderung nicht zu reagieren und sich nicht auseinanderzusetzen.
Es wäre ein Leichtes, sich kreative andere Formen der Darstellung zu überlegen und die Figuren anders zu gestalten. Der Verein hat dies heute ausdrücklich und mit großem Selbstbewußtsein verweigert. Er will lediglich zusätzlich zu den althergebrachten Figuren auf dem Fest auch ein paar Figuren herumlaufen lassen, die nicht wie beschrieben geschminkt, sondern “nur” rußverschmiert auftreten. Es wird aber wie geplant eine große Anzahl der üblichen „Zwarten Pieten“ durch Potsdam laufen und damit in menschenverachtender Weise zur Reproduktion rassistischer Bilder in der Potsdamer Öffentlichkeit beitragen.
Die Stadt Potsdam ist seit dem Jahr 2006 Mitglied in der Europäischen Städtekoalition gegen Rassismus und hat sich verpflichtet, alles zu tun, um Rassismus abzubauen. Wir fordern die Stadtverwaltung dazu auf, dem Veranstalter die Auflage zu machen, Darstellungen, die Menschen entwürdigen und die Rassismus befördern, zu unterlassen.
Flüchtlingsfrauen erleben tagtäglich strukturelle Gewalt:
Sie werden durch ein Leben in Sammelunterkünften mit Essenspaketen oder Gutscheinen entwürdigt und entmündigt. Sie leiden darunter, um jede Krankenbehandlung für sich oder ihre Kinder beim Sozialamt betteln zu müssen. Auch durch Arbeitsverbote und mangelnde Möglichkeiten Deutsch zu lernen werden asylsuchende Frauen ausgegrenzt und ans Haus gefesselt. Viele Flüchtlingsfrauen warten jeden Tag auf ihre Abschiebung in andere europäische Länder wegen „Dublin III“. Das bedeutet sie werden wie Stückgut durch ganz Europa hin und her geschickt und können sich nie sicher fühlen.
Als Frauen sind sie aber auch mit Gewalt gegen Frauen konfrontiert, eine der häufigsten Menschenrechtsverletzungen weltweit.
Dieses Schicksal teilen sie mit vielen Frauen auf der ganzen Welt. Gleichzeitig werden Flüchtlingsfrauen durch die Unterbringung in Lagern vor Gewalt noch weniger geschützt, als andere Frauen.
Schutz und Hilfe vor Gewalt gegen Frauen?
Asylsuchende Frauen erhalten wenig oder keine Information über die Rechtslage und Hilfsangebote. Das Personal in den Sammelunterkünften verhält sich oft unsolidarisch oder ist überfordert und häufig schlecht informiert.
Eine junge Frau wird von ihrem Ex-Partner, der in derselben Unterkunft lebt, schwer misshandelt und bedroht. Sie wendet sich hilfesuchend an MitarbeiterInnen des „Heims“ und bekommt den „Rat“, sie solle sich zu ihrem Schutz in ihrem Zimmer einschließen. Für ihren Schutz während der Benutzung der Gemeinschaftsküche und der Sanitärräume fühlt sich vom Personal der Unterkunft niemand zuständig.
Hinzu kommt, dass asylsuchende Frauen ihren Alltag und ihre Lebensperspektiven in einem Ämterdschungel organisieren müssen, der für sie schwer zu durchschauen ist: Hausordnung, Gutscheine, Unterbringung in Sammelunterkünften, Residenzpflicht, Wohnsitzauflage, Arbeitserlaubnis oder Arbeitsverbot, Asylverfahren, Aufenthaltserlaubnis oder Abschiebung… Jedes individuelle und existenzielle Bedürfnis von Asylsuchenden wird von Behörden oder von vermeintlichen oder tatsächlichen Autoritäten verwaltet. Ob Waschschutz, Heimleitung, Sozialamt, Ausländerbehörde, Jugendamt, Polizei oder Beratungsstelle …welche dieser Autoritäten für was zuständig ist, ist für Asylsuchende nur schwer zu durchschauen und nur selten werden sie als unterstützend erlebt. Umso schwerer fällt es asylsuchenden Frauen, sich vorzustellen, dass eine dieser Autoritäten oder Institutionen für ihren Schutz zuständig sein könnte.
Tatsächlich scheinen sich Behörden oder Institutionen auch oft nicht zuständig zu fühlen. Denn häufig ist die Aufnahme in ein Frauenhaus an eine Finanzierungszusage des Sozialamts geknüpft, die wiederum unter Bezugnahme auf das Asylbewerberleistungsgesetz, die Residenzpflicht oder die Wohnsitzauflage verweigert werden kann.
Eine alleinerziehende Asylsuchende flieht aus Angst vor den gewalttätigen Übergriffen ihres 17-jährigen Sohnes zunächst zu einer Freundin und versucht dann telefonisch einen Platz in einem Frauenhaus zu bekommen. Nach zahlreichen Telefonaten hat sie endlich Tage später ein Frauenhaus in einem anderen Landkreis gefunden, das Platz für sie hat. Das zuständige Sozialamt verweigert die Finanzierung, deshalb wird sie nicht aufgenommen. Wochen später nimmt ein Berliner Frauenhaus sie zunächst auf und teilt ihr dann aber unter Verweis auf die Residenzpflicht und die bestehende Wohnsitzauflage mit, sie könne nur bis Ende des Monats bleiben. Das zuständige Jugendamt verlangt die Rückkehr der Mutter in die Sammelunterkunft und blockiert alle Anträge auf Umverteilung. Die betroffene Frau “wohnt” daraufhin monatelang mal hier mal da bei Freundinnen.
Wer schlägt, muss gehn?
In der brandenburger Behördenpraxis werden wesentliche Bestandteile des Gewaltschutzgesetzes in Sammelunterkünften nicht eingesetzt und asylsuchende Frauen bleiben damit ungeschützt.
Zum einem erlässt die Polizei in der Regel keine Schutzanordnungen, die den Gewalttäter vorübergehend aus dem gemeinsamen Haushalt mit dem Opfer, in diesem Fall in einer Sammelunterkunft, weg weist.
Und zum anderen sehen bürokratische Regelungen der Landesregierung eine dauerhafte sichere räumliche Trennung von Täter und Opfer, nur dann vor, wenn das Opfer in einen anderen Landkreis umverteilt werden möchte.
Diese Praxis steht aus unserer Sicht in eklatanten Widerspruch zum Gewaltschutzgesetz und häufig auch dem Kindeswohl.
Potsdam: Eine schwangere Frau mit zwei kleinen Kindern muss durch mehreren Frauenhäusern des Landes wechseln, ehe sie mit den Kindern schließlich, nach der Eröffnung einer Gemeinschaftsunterkunft für Frauen, in Potsdam untergebracht werden kann. Der gewalttätige Ehemann verbleibt die ganze Zeit in der Gemeinschaftsunterkunft. Seine Umverteilung in eine andere Unterkunft in einen anderen Landkreis ist nach Rechtsauffassung der Ausländerbehörde und des Innenministeriums nur auf seinen eigenen Wunsch hin möglich.
Deshalb fordern wir von Politik und Verwaltung Maßnahmen zum Schutz von asylsuchenden Frauen:
» Jede Frau hat ein Recht auf Schutz vor Gewalt! Institutionen, die Unterstützung für betroffene Frauen anbieten, müssen mit ausreichend Mitteln ausgestattet werden, um ihre Angebote auch auf asylsuchende Frauen auszurichten. Es muss gewährleistet werden, dass alle von Gewalt betroffenen Frauen – unabhängig vom Aufenthaltsstatus – und ihre Kinder sicher, schnell, unbürokratisch und bedarfsgerecht Schutz und qualifizierte Hilfe in einem Frauenhaus ihrer Wahl erhalten können.
» Das Gewaltschutzgesetzes muss auch für asylsuchende Frauen gelten! Dafür brauchen Polizei und Verwaltungsbehörden eine Weisung aus dem Sozial- und dem Innenministerium und eine entsprechende Klarstellung im Landespolizeigesetzes.
» Lebensbedingungen von Asylsuchenden in den Sammelunterkünften befördern Gewalt gegen Frauen. Deshalb sollen asylsuchende Frauen in Privatwohnungen am Ort ihrer Wahl leben können.
INFORIOT An dem gestrigen Samstag fand im Berliner Nobel-Hotel Maritim eine Versammlung unter dem Titel „Friedenkonferenz – für Frieden mit Russland“ des Compact Magazins statt. Das Compact-Magazin ist eine rechtspopulistische Zeitschrift und wird durch den neurechten Verschwörungstheoretiker Jürgen Elsässer herausgegeben.
Als ein Hauptredner trat der Brandenburger AfD-Vorsitzende Alexander Gauland auf. Das Spektrum an Besucher_innen reichte bis zur neonazistischen NPD. Der NPD-Bundesvorsitzende Frank Franz, der Berliner NPD-Chef Sebastian Schmidtke und der Brandenburger Vorsitzende Ronny Zasowk nahmen allesamt teil. Auf seiner Facebook-Seite kommentierte Schmidtke einen BILD-Artikel zur Veranstaltung mit den Worten: „Ich werde mich natürlich nicht von einer der Anwesenden Parteien distanzieren, andersrum wird es leider wohl schon brodeln. Frieden ist jedoch nicht parteiabhängig. Die NPD steht nunmal für Frieden, Freiheit und Souveränität.“
Dass die NPD immer öfter mit der AfD agiert zeigte sie Anfang des Monats, als die im Kreistag Dahme-Spreewald für deren Antrag gegen Asylsuchende gestimmt hat. In dem Antrag forderte die AfD eine „konsequente Abschiebung“ und eine „geregelte Einwanderung“ – Forderungen, die auch im NPD-Parteiprogramm zu finden sind.
INFORIOT Rassistischer Aufmarsch für den Freitag, den 19. Dezember in Potsdam angekündigt / Am Wochenende marschierten 70 Neonazis mit Fackeln gegen Asylsuchende in Gransee (Oberhavel)
Unter den Motto „Lichtermarsch gegen Asylpolitik!“ soll in Potsdam am 19. Dezember demonstriert werden. Ab 17 Uhr soll es vom Johannes-Kepler-Platz aus einen Marsch zum Potsdamer Landtag gehen. Der Veranstalter, der bei Facebook unter den Namen „Ulf Bader“ auftritt, ruft zu einem Aufmarsch gegen die Errichtung von Asyl-Containerdörfern in Potsdam auf. Auf seinen privaten Account teilt er Postings für die „Hooligans gegen Salafisten“ (HoGeSa), Artikel der Rechtsaußen-Zeitung “Junge Freiheit”, Demonstrationsaufrufe und Fotos der extrem rechten Aufmärsche gegen die Unterbringung von Asylsuchenden in Berlin-Marzahn, Köpenick und Buch und mehrere Video der extrem rechten Musiker_innen “Villain 051” und “Dee Ex”. Auch ein NPD-Plakat findet sich in seiner Timeline, allerdings ohne das Parteilogo.
In der Vergangenheit organisierte die NPD in Potsdam zu den Landtagswahlen eine nicht unähnlich ausgerichtete Kundgebung gegen Asylsuchende. Die Aktion wurde von breiten Protesten von Zivilgesellschafte und Antifa begleitet.
Neonazis marschierten am Wochenende in Gransee (Oberhavel)
Am vergangenen Wochenende marschierten knapp 70 Neonazis unangemeldet unter dem Motto „Ein Licht für Deutschland gegen Überfremdung“ mit Fackeln in Gransee. Auf der gleichnamigen Facebook-Seite finden sich dazu Fotos und ein Flugblatt, für das der bekannte Neonazi Maik Eminger verantwortlich ist. Es handelt sich um den Zwillingsbruder des in München angeklagten NSU-Unterstützers André Eminger. Ursprünglich hatte Eminger eine Kundgebung für den Sonnabend zwischen 18–19:30 Uhr in Werder angemeldet. Die Veranstaltung wurde jedoch durch die Polizei verboten. So wichen die Neonazis scheinbar spontan nach Gransee aus. Eminger selbst war den Sonnabend noch neben weiteren Neonazis aus Berlin, Neuruppin und dem Havelland im bayerischen Wunsiedel bei einem „Heldengendenken“ zu Ehren von Hitlerstellvertreter der Rudolf Hess.
Die Facebook-Seite „Ein Licht für Deutschland gegen Überfremdung“ wird hauptsächlich von Neonazis aus Potsdam-Mittelmark frequentiert. Mit dabei sind etwa die NPD-Abgeordneten Andre Schär und Pascal Stolle, sowie der Account der NPD-Potsdam-Mittelmark. Auch der Mörder und Neonazi Sascha Lücke, welcher 1996 den Punk Sven Beuter in Brandenburg an der Havel tot schlug, zeigt sich sehr aktiv auf der Seite.
Ebenfalls findet sich ein Bericht zur Demonstration auf der Seite „Licht und Schatten“. Die Neonazi-Struktur ist eine Nachfolgeorganisation der Freien Kräfte Potsdam, die nach dem Vorbild der Spreelichter die “Volkstod”-Kampagne aufgreifen. „Wir erkennen die Gefahr. Die Gefahr zunehmender Überfremdung, die Gefahr des drohenden Kulturzerfalls, die Gefahr des nahenden Volkstodes“, hieß es im Bericht. Einen ähnlichen Aufmarsch hielten sie am 8. Mai des vergangenen Jahres in Kloster Lehnin ab.