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Erste Antifa-Kaffeefahrt in den Spreewald

Let­zten Sam­stag reis­ten wir mit weit­eren Mitstreiter_innen nach Lübben zur Demon­stra­tion von „Laut für den Spree­wald“. Zunächst ein­mal: Vie­len Dank an alle, die an unser­er ersten Antifa-Kaf­feefahrt teilgenom­men haben. Unser­er Erwartun­gen wur­den deut­lich übertrof­fen! Wir sind erfreut darüber, dass einige Genoss_innen es wie wir für eine Notwendigkeit hal­ten ins Out­back zu fahren und zu inter­ve­nieren. Wie es sich für eine richtige Kaf­feefahrt gehört hat­ten wir auch Kuchen am Start. Beim näch­sten Mal gibt’s auch Kaf­fee, versprochen.

Bei bester Laune und gutem Wet­ter wur­den wir auf dem Bahn­hof in Lübben von der Oranien­burg­er Hun­dertschaft sehn­süchtig emp­fan­gen. Unser Kom­men hat wohl für einen

Begrüßung in Lübben.
Begrüßung in Lübben.

kleinen Polizeiein­satz gesorgt. Jeden­falls begleit­eten die Beamten uns zum Mark­t­platz, weil sie wohl befürchteten, dass wir den Weg nicht find­en wür­den oder was auch immer. Dies war unnötig, da die Organisator_innen den Weg liebevoll mit Handzetteln aus­ges­tat­tet haben, damit sich Auswär­tige wie wir willkom­men fühlen und den Weg zum Mark­t­platz finden.

Auf dem Mark­t­platz ver­sam­melten sich etwa 80 Schüler_innen, während die Band “Schöne Neue Welt” aus Calau einiger Lieder von sich gab. Die Organisator_innen hat­ten sich dafür entsch­ieden, die Demon­stra­tion zurück­zuziehen und stattdessen eine Kundge­bung auf dem Mark­t­platz abzuhal­ten. Mit­ten in der Band­dar­bi­etung ver­schwand die Hun­dertschaft mit Blaulicht von Mark­t­platz. Es ging das Gerücht rum, dass sich Neon­azis in der Nähe gesam­melt hät­ten. Es kann aber auch sein, dass die Hun­dertschaft abge­zo­gen wurde, da es zeit­gle­ich zu Auseinan­der­set­zun­gen zwis­chen der Polizei und den Fußball­fans des SV Babels­berg 03 beim Lan­despokal­fi­nale in Luck­en­walde kam.

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Trans­par­ent auf der Kundgebung

Im ital­ienis­chen Lokal „La Casa“ saßen mehrere Neon­azis, mut­maßlich aus dem Hooli­gan­m­i­lieu, und beobachteten die Kundge­bung. Während der erste Red­ner die Kundge­bung eröffnete, posi­tion­ierten sich zwei mut­maßliche Neon­azis einige Meter von der Bühne und filmten den Red­ner ab. Die Ord­ner der Kundge­bung behiel­ten die bei­den Män­ner im Auge, inter­ve­nierten jedoch nicht. Ein weit­er­er augen­schein­lich­er Ras­sist posi­tion­ierte sich auf ein­er Bank, einige Meter hin­ter der Bühne und pöbelte die Kundge­bung an, während einige Geflüchtete sich für das Engage­ment der lokalen Willkom­mensini­tia­tive bedank­ten. Erst nach ein­er Inter­ven­tion der Teil­nehmenden und der Ordner_innen, schrit­ten die Streifen­beamten ein, und ent­fer­n­ten den Mann vom Mark­t­platz. Er bekam einen Platzver­weis. Mehrere Per­so­n­en aus dem „La Casa“ kamen immer wieder zu dem Mann, der von der Polizei des Platzes ver­wiesen wurde, und sol­i­darisierten sich. Weit­ere Eskala­tio­nen blieben jedoch aus.

"Deutschsein" schützt vor Strafe nicht.
“Deutsch­sein” schützt vor Strafe nicht.

Nach der let­zten Ansprache wurde die Kundge­bung been­det. Geschlossen ging es dann wieder zurück zum Bahnhof.

Unser Faz­it des Tages: Lübben ste­ht noch, wer hätte das gedacht. Uns bluten die Ohren von dem Extrem­is­mus- und Heimatgedönst der JuLi’s. Aber seine lokalen Bündnispartner_innen kann men­sch sich wohl nicht aus­suchen. Obwohl es lei­der nicht viele Men­schen waren, die sich der Kundge­bung auf dem Platz angeschlossen haben, hat das selb­st­be­wusste Auftreten der Neon­azis und ihre Reak­tion auf die Ver­anstal­tung gezeigt, wie notwendig Engage­ment und Inter­ven­tion im Spree­wald sind. Wir kom­men gerne wieder!

Bilder: Sören Kohlhu­ber

Mai 2016,
Antifa goes Bran­den­burg [AGB]


Zum Nach­le­sen:

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Antifaschismus

Rosarot, so kam der Tod“ – Potsdamer Neonazis als NSU-Mitwissende?

Unge­fähr ein Jahr vor der Selb­stent­tar­nung des NSU im Novem­ber 2011 veröf­fentlichte die Recht­sRock-Band Gigi und die braunen Stadt­musikan­ten den Song „Dön­er-Killer“, in dem mut­maßlich­es Täter_innenwissen der NSU-Morde offen­bart und sich über die Betrof­fe­nen und Opfer der Tat­en lustig gemacht wird. [1]
Bere­its ein Jahr zuvor erschien der Song „Rosarot“ der Band Aryan Broth­er­hood – ver­ant­wortlich dafür ist der Pots­damer Neon­azi und Recht­sRock­er Uwe Men­zel. Der Text des Liedes weist mehrere mögliche Andeu­tun­gen und Wis­sen über die Aktiv­itäten des NSU auf. 
 
Men­zel, mil­i­tan­ter Neon­azis­mus, Recht­ster­ror­is­mus und der NSU

Der Potsdamer Neonazi und RechtsRocker Uwe Menzel

Der Pots­damer Neon­azi und Recht­sRock­er Uwe Menzel

Uwe Men­zel ist nach eige­nen Angaben seit spätestens 1990 in der neon­azis­tis­chen Szene aktiv. Schnell wurde er zu ein­er zen­tralen Fig­ur in der Pots­damer, Bran­den­burg­er und bun­desweit­en Recht­sRock-Szene. Er grün­dete mehrere Band­pro­jek­te, koor­dinierte und organ­isierte Konz­erte und Ver­trieb­swege für neon­azis­tis­che Musik und gilt seit spätestens 1997 als Gesicht der bran­den­bur­gis­chen Sek­tion von Blood&Honour. Dabei präsen­tierte er sich jedoch nie in offizieller Funk­tion im Namen dieser neon­azis­tis­chen Struk­tur. Ab 1993 war Men­zel mit ein­er sein­er bekan­ntesten Band, die er ab 1995 Prois­senheads nan­nte, aktiv. Auf­nah­men wur­den über das Label Move­ment Records des Chefs des säch­sis­chen Blood&Honour Ablegers Jan Wern­er veröf­fentlicht, die Band trat auf etlichen Blood&Honour-Konz­erten auf. Jan Wern­er gilt als direk­ter Unter­stützer des NSU-Kern­trios. Er ver­suchte beispiel­sweise über die Bran­den­burg­er V‑Person Piat­to, alias Carsten Szczepan­s­ki, eine Waffe für Zschäpe, Mund­los und Böhn­hardt zu besor­gen. [2] Men­zel und Wern­er pflegten nicht lediglich geschäftliche Beziehun­gen son­dern eine Fre­und­schaft. Sie ver­reis­ten zusam­men, z.B. in die USA, und besucht­en sich bei Ver­anstal­tun­gen und Konz­erten. Es ist unwahrschein­lich, dass Men­zel von den Unter­stützungsak­tiv­itäten Wern­ers für das unter­ge­tauchte Trio gar nichts mitbekam.
Als Proben­raum kon­nte Prois­senheads bis 1998 einen städtis­chen Jugend­club in Pots­dam nutzen. Bis dahin weigerte sich die Stadtver­wal­tung, in Per­son von Jann Jakobs, damals Jugen­damt­sleit­er und Jugend­stad­trat und heute Ober­bürg­er­meis­ter, und zuständi­ge Sicher­heits­be­hör­den die Nutzung eines städtis­chen Raumes durch organ­isierte und gewalt­tätige Neon­azis zu unterbinden. Später teilte sich Prois­senheads einen Prober­aum mit der als krim­inelle Vere­ini­gung ver­bote­nen Band Landser im Pots­damer Stadt­teil Born­st­edt. Der Landser-Schlagzeuger Chris­t­ian Wen­ndorf war zuvor nach Pots­dam gezo­gen und spielte auch in Men­zels Bands Prois­senheads und Aryan Broth­er­hood mit.
Neben sein­er organ­isatorischen Tätigkeit für die neon­azis­tis­che Szene war Men­zel auch als ide­ol­o­gis­ch­er Tonange­ber maßge­blich. Offen geäußert­er Ras­sis­mus und Anti­semitismus, ver­bal­isierte Ver­nich­tungs­fan­tasien und propagiert­er „Rassekrieg“ sorgten schnell für Ehrfurcht und Bewun­derung in der organ­isierten Recht­sRock-Szene und darüber hin­aus. [3]
Im seit Anfang Mai 2013 laufend­en NSU-Prozess in München sowie in den Sitzun­gen und Unter­la­gen der Unter­suchungsauss­chüsse zum NSU-Kom­plex ist Men­zels Name daher immer wieder im Umfeld des NSU sowie im Zusam­men­hang mit Kon­tak­t­per­so­n­en im NSU-Net­zw­erk zu finden.
Nach Recherchen des Antifaschis­tis­chen Pressearchiv Pots­dam (APAP) gab es fre­und­schaftliche und poli­tis­che Beziehun­gen zwis­chen Men­zel und V‑Person Piat­to alias Carsten Szczepan­s­ki. Neben ein­er Zusam­me­nar­beit zwis­chen den Grup­pierun­gen um Szczepan­s­ki (u.a. Unit­ed Skins) und Men­zel gab es auch gemein­same Besuche von Ver­anstal­tun­gen und Angriffe auf poli­tis­che Gegner_innen. Men­zel und Szczepan­s­ki waren außer­dem in Waf­fengeschäfte untere­inan­der und mit Anderen involviert. Bei Men­zel wur­den bei Durch­suchun­gen im Som­mer 2000 mehrere Waf­fen gefun­den, die er zeitweise bei Szczepan­s­ki auf­be­wahrte. [4]
Die Durch­suchun­gen fan­den auf Grund eines durch die Polizei mit­geschnit­te­nen Tele­fonats statt, in dem sich zwei Pots­damer Neon­azis zu einem mit Schuss­waf­fen bewaffneten Angriff auf eine linke Demon­stra­tion der Haus­be­set­zer_in­nen-Szene verabre­de­ten. Der dama­lige Chef des Ver­fas­sungss­chutzes Hein­er Wegesin ver­harm­loste den Fund von Waf­fen, da diese ja gegen „die Antifa“ einge­set­zt wer­den soll­ten und nicht gegen staatliche Akteure. Erst „das wäre dann organ­isiert­er rechter Ter­ror“. Neben dem konkreten Anlass standen die Durch­suchun­gen möglicher­weise auch in Zusam­men­hang mit den Aktiv­itäten der neon­azis­tisch-ter­ror­is­tis­chen Grup­pierung Nationale Bewe­gung.
Die Nationale Bewe­gung verübte inner­halb eines Jahres, Jan­u­ar 2000 bis Jan­u­ar 2001, min­destens 14 Anschläge oder ver­bre­it­ete (neo)nazistische Pro­pa­gan­da. Ins­beson­dere der Bran­dan­schlag auf die Trauer­halle des Jüdis­chen Fried­hofs in Pots­dam am 8. Jan­u­ar 2001 sorgte für bun­desweite Aufmerk­samkeit. Bis heute wurde die Iden­tität der Täter_innen und deren Umfeld nicht aufgek­lärt. Die Bun­de­san­waltschaft stellte die Ermit­tlun­gen zur Nationale Bewe­gung 2005 ein. [5]
Die Aktio­nen der Nationale Bewe­gung fie­len dabei direkt in die Zeit zwis­chen dem Abtauchen von Mund­los, Zschäpe und Böhn­hardt im Jan­u­ar 1998 und ihrem ersten Mord am 9. Sep­tem­ber 2000. Drei Tage später, am 12. Sep­tem­ber 2000, wird Blood&Honour in Deutsch­land verboten.
Ein Mitwissen bei Men­zel über den NSU-Kom­plex, mut­maßlich auch über Täter_innenwissen, sowie andere mil­i­tant-ter­ror­is­tis­che Neon­azistruk­turen ist nicht auszuschließen. Bun­desweite und inter­na­tionale Verbindun­gen in Blood&Honour-Struk­turen, Ver­net­zung auf Konz­erten und Tre­f­fen, immer wieder Waf­fen- und Sprengstoff­funde bei Men­zel oder in seinem Umfeld und die Ver­ankerung in der bran­den­bur­gis­chen und bun­desweit­en mil­i­tan­ten Neon­aziszene geben genü­gend Anlass, die Machen­schaften von Uwe Men­zel und Co. zu hinterfragen.
 
Der Song „Rosarot“
Im April 2009 erschien der dritte Teil der neon­azis­tis­chen Sam­pler-Rei­he Sol­i­dar­ität beim Label PC-Records. Auf diesem veröf­fentlichte die Band Gigi Und Die Braunen Stadt­musikan­ten ein Lied über den Polizei­di­rek­tor der Bay­erischen Polizei Alois Man­nichl. Dieser wurde am 13. Dezem­ber 2008, mut­maßlich von einem Neon­azi, vor seinem Haus in Fürsten­zell mit einem Mess­er ange­grif­f­e­nen, niedergestochen und schw­er ver­let­zt. Der Fall sorgte bun­desweit für Schlagzeilen, wurde jedoch nie aufgek­lärt. [6] Wie bei „Dön­er-Killer“ ver­höh­n­ten auch hier die Neon­azis um den Sänger Daniel Giese in dem Lied „Lebt Denn Der Alte Man­nichl Noch?“ den Betroffenen.
Auf dem sel­ben Sam­pler sind die bei­den Pots­damer Recht­sRock-Bands Burn Down und Aryan Broth­er­hood – bei­des Musik-Pro­jek­te von Uwe Men­zel – zu finden.
Beim Recht­sRock-Onlinepor­tal aryan­mu­sic heißt es am 8. April 2009 zum besagten Sam­pler: „die Ein­nah­men fließen zu 100% zurück in den Wider­stand“. [7]
An viert­er Stelle der Sol­i­dar­ität-CD ist der Song mit dem Titel „Rosarot“ von Men­zels Aryan Broth­er­hood zu finden.
Es ist nicht ein­deutig zu benen­nen worum es in diesem Lied geht. Schwammige Begriffe, unklar gesun­gene Worte und unein­deutige Meta­phern ver­steck­en, ver­schleiern und ver­schlüs­seln die Aus­sagen des Textes. Den­noch ist ein Großteil des Liedes ver­ständlich, wenn auch mut­maßlich nur für einen bes­timmten Teil der Neon­aziszene vor Ende 2011 – also vor der Selb­stent­tar­nung des NSU.

Aus dem Bekennervideo des NSU: die vier Köpfe von "Paulchen Panther" bilden Anfang (00:05) und Ende (13:44) des Films (Quelle: apabiz)

Aus dem Beken­nervideo des NSU: die vier Köpfe von „Paulchen Pan­ther“ bilden Anfang (00:05) und Ende (13:44) des Films (Quelle: apabiz)

Im Refrain heißt es: „Obses­sio­nen rosarot, Per­ver­sio­nen rosarot, krank getrieben rosarot, rosarot, so kam der Tod […]“ Die Beschrei­bung der „Obses­sio­nen“ und „Per­ver­sio­nen“ mit der Farbe Rosa weck­en, zusam­men mit dem Kon­text des Liedes sowie seines Autors, Assozi­a­tio­nen zur promi­nen­ten Com­ic-Fig­ur des NSU: Dem Pink Pan­ther bzw. Paulchen Panther.
Dieser dient als Per­son­ifika­tion des NSU, der sich im Bekenner_innenfilm zwar selb­st als ein Net­zw­erk beschreibt, in sein­er Aus­führung der Morde allerd­ings als han­del­ndes Indi­vidu­um zu beobacht­en ist. Die vier Köpfe des Pink Pan­ther, die zu Beginn des Filmes das Logo des NSU bildlich umrah­men und am Ende erneut nebeneinan­der aufgerei­ht erscheinen, führten bei der Analyse bere­its zu der Frage, ob es neben den als „Ter­ror-Trio“ bekan­nt gewor­de­nen Neon­azis Mund­los, Zschäpe und Böhn­hardt, noch eine vierte Per­son gibt, die zum Kern des NSU gehört(e). [8]
Aus der ersten Stro­phe von „Rosarot“ ergeben sich Hin­weise, die es zulassen, diese These aufzu­greifen und die Frage nach der Anzahl der Mit­glieder des Kern-NSU erneut zu stellen. Dort heißt es: „Vier Schat­ten in der Nacht, alb­traumhafter Gestalt, ein schemen­hafter Mythos, Schreck­en aus dem Wald, fleis­chge­wor­dene Grausamkeit, kranke Fan­tasie, es lebte für die Suche, als er oder als sie.“ Wie im Song „Dön­er-Killer“ wird hier ein „Mythos“ und dessen Machen­schaften aus der Außen­per­spek­tive beschrieben.
Die besun­genen Schat­ten in diesem Lied sind genau vier und sie wer­den als alb­traumhafte (für die Opfer?) mythis­che (für die Öffentlichkeit und Betrof­fene?) Gestal­ten bzw. Schreck­en (für migrantis­che Com­mu­ni­ties?) beschrieben die aus dem Wald (aus dem Ver­bor­ge­nen?) kom­men. Ähn­lich wer­den im Text von „Dön­er-Killer“ die Wirkung der Tat­en des NSU auf die Betrof­fe­nen („Am Dön­er­stand herrschen Angst und Schreck­en. Kommt er vor­bei, müssen sie ver­reck­en.“) beschrieben und die Täter als nicht greif­bare Phan­tome („Er kommt aus dem Nichts – doch plöt­zlich ist er da.“) beschrieben.
Auch in den danach fol­gen­den Worten bei „Rosarot“ kön­nen Anspielun­gen auf den NSU ver­mutet wer­den: „es lebte für die Suche, als er oder als sie“. Der NSU brachte viel Zeit für die Suche nach geeigneten Anschlag­sorten für ihre Morde und Über­fälle auf. Auch ist anhand des NSU-Net­zw­erk, im Bezug auf das bekan­nte „Kern-Trio“ aber auch das enge Unter­stützung­sum­feld, zu erken­nen, dass hier sowohl Män­ner als auch Frauen aktiv beteiligt waren. Außer­dem wird wieder­holt das Bild ein­er mys­ti­fizierten Fig­ur gezeichnet.
Im Jahr 2013 veröf­fentlichte Aryan Broth­er­hood den Titel „Rosarot“ erneut. Auf Vinyl erschienen neun weit­ere Songs, die zuvor eben­falls bere­its auf ver­schiede­nen Sam­plern veröf­fentlicht wur­den. Die LP trägt den Namen der Band als Titel – Aryan Broth­er­hood.
 
Grüße an alle „Kleinzellen“ und „Einzell-Stre­it­er“

Der Neonazi Daniel Horn - kreativer Kopf bei "Bloodshed" und "Uwocaust & alte Freunde"

Der Neon­azi Daniel Horn – kreativ­er Kopf bei Blood­shed und Uwocaust und alte Freunde

Neben Aryan Broth­er­hood und Burn Down war Uwe Men­zel unter anderem in seinen bei­den Bands Blood­shed sowie Uwocaust und alte Fre­unde aktiv. Zwis­chen 2009 und 2013 veröf­fentlichte er mit let­zter­er drei Alben, eine Sin­gle und einige Sam­pler-Beiträge. Unter dem Namen Blood­shed erschienen zwis­chen 2003 und 2011 fünf Alben und zahlre­iche Sam­pler-Auskop­plun­gen. Die let­zte davon Anfang 2014 auf dem Berlin-Bran­den­burg Sam­pler 3.
Kurz zuvor löste sich Blood­shed auf­grund von Stre­it­igkeit­en zwis­chen Men­zel und seinem Gitar­ris­ten Daniel Horn Ende 2013 auf. Da dieser sowohl für das Pro­jekt Blood­shed als auch für Uwocaust und alte Fre­unde von zen­traler, vor allem kreativ­er, Bedeu­tung war und den Musik­stil maßge­blich prägte, gab es laut Men­zel zur Auflö­sung der bei­den Bands keine Alternative.

Aus dem Booklet des Albums Wut der Band Bloodshed: Uwe Menzel, "Hermann", Daniel Horn und Martin Rollberg (v.l.n.r.). die Band grüßt alle "Kleinzellen" und "Widerstandsnester".

Aus dem Book­let des Albums „Wut“ der Band Blood­shed: Uwe Men­zel, „Her­mann“, Daniel Horn und Mar­tin Roll­berg (v.l.n.r.) – die Band grüßt alle „Kleinzellen“ und „Wider­stand­snester“.

In den Jahren 2004 (Blood­shed – Asche zu Asche), 2006 (Blood­shed – Wut), 2007 (Blood­shed – Zorn), 2010 (Uwocaust und alte Fre­undeSprengstoff Melo­di­en) und 2012 (Uwocaust und alte Fre­unde – Blut­gruppe) war in den Book­lets der Alben immer wieder die gle­iche Botschaft zu lesen – Grüße an alle „Kleinzellen“, „Einzell-Stre­it­er“ und „Wider­stand­snester im gesamten Kampfge­bi­et“. Das Konzept der „Zellen“ wurde durch Blood&Honour 2002 in ihrer Zeitschrift „Totenkopf-Mag­a­zin“ als „Meth­ode des führungslosen Wider­standes“ beze­ich­net. Dazu heißt es weit­er: „die einzel­nen Zellen oder Per­so­n­en [sollen] sich nicht ken­nen und unab­hängig voneinan­der arbeit­en und kein­er zen­tralen Führungsstelle Bericht erstat­ten.“ Es wird jedoch auch darauf hingewiesen, dass „bei einzel­nen Aktio­nen kooperiert wer­den [muss], weil die eine Zelle vielle­icht etwas, weis oder besor­gen kann was die andere nicht kann — das heißt im Klar­text das eine Per­son jed­er Zelle eine andere Per­son aus ein­er anderen Zelle ken­nen sollte und die Zellen sich einan­der ergänzen soll­ten“ (sic). [9] Diese „Zellen“ sollen dabei expliz­it als mil­i­tant-ter­ror­is­tis­che Aktion­s­grup­pen agieren und Anschläge verüben.
So floskel­haft diese Grüße für sich allein genom­men erscheinen mögen, so brisant sind sie in Anbe­tra­cht Men­zels als Teil von mil­i­tan­ten und bewaffneten Unter­grund­struk­turen. Die weit­eren Gruß-Adres­sat_in­nen in den Book­lets sind in der Regel Fam­i­lie, unmit­tel­bar Bekan­nte und Freund_innen. Weit­er­hin benen­nt er über­re­gionale und inter­na­tionale Kon­tak­te zu befre­un­de­ten Bands sowie Zines und Ver­sände. Es han­delt sich dabei um Per­so­n­en oder Zusam­men­hänge, zu denen Men­zel direk­ten Kon­takt hat oder hat­te – „Kleinzellen“, „Einzell-Stre­it­er“ und „Wider­stand­snester im gesamten Kampfge­bi­et“ gehören offen­sichtlich dazu. Auch, dass das Album aus dem Jahr 2010 den Titel „Sprengstoff Melo­di­en“ trägt, fällt in diesem Kon­text umso mehr auf.
Die Frage nach konkretem Wis­sen von recht­ster­ror­is­tis­chen Struk­turen und Zellen im Kon­text der bei­den Bands muss also mit ein­er sehr viel stärk­eren Rel­e­vanz verse­hen werden.
Uwe Men­zel und Daniel Horn ver­band eine 20 Jahre andauernde Fre­und­schaft, eine zwölfjährige gemein­same Musikkar­riere und möglicher­weise auch das Wis­sen über Zusam­men­hänge und Tat­en des NSU, der Nationale Bewe­gung oder ander­er recht­ster­rori­tis­ch­er Grup­pierun­gen bzw. Zellen. Es ist unwahrschein­lich, dass Men­zel und Horn (sowie weit­ere Band­mit­glieder) sich nicht über die Texte und Bedeu­tung ihrer eige­nen Lieder aus­ge­tauscht haben.
Wenn das Lied „Rosarot“ dem ver­muteten Kon­text entspringt, dann müssen die Kreise um Men­zel und er selb­st nicht nur all­ge­mein ein­er neon­azis­tis­chen Szene son­dern mil­i­tan­ten und recht­ster­ror­is­tis­chen Struk­turen zuge­ord­net wer­den. Aus dem mut­maßlich­es Wis­sen über die Aktiv­itäten des NSU, die Ver­strick­un­gen mit den Aktiv­itäten der Nationale Bewe­gung, den Waf­fen­fun­den bei Men­zel und die Fre­und­schaft zu Carsten Szczepan­s­ki und Jan Wern­er ergibt sich das Bild eines Milieus um Uwe Men­zel und Daniel Horn, das möglicher­weise nicht nur Wis­sen über schw­er­ste neon­azis­tisch motivierte Straftat­en hat, son­dern vielle­icht sog­ar unter­stützend an diesen beteiligt war. Bei Men­zel selb­st laufen offen­bar etliche Fäden dieses Milieus zusammen.
 
[1] Baumgärt­ner, Maik (2016): Weisse Brud­er­schaft, Die Net­zw­erke des Neon­azi-Kaders Maik Emninger, In: Kleffn­er, Heik­er / Span­gen­berg, Anna (Hg.): Gen­er­a­tion Hoy­er­swer­da, Das Net­zw­erk mil­i­tan­ter Neon­azis in Brandenburg
[2] „Wis­sen schützt vor Ter­ror nicht?“ in AIB 95 / 2.2012 https://www.antifainfoblatt.de/artikel/wissen-sch%C3%BCtzt-vor-terror-nicht
[3] Kwiatek, Marie / Weiss, Michael (2016): White Pow­er Skin­heads, Das Net­zw­erk von Blood & Hon­our Bran­den­burg, In: Kleffn­er, Heik­er / Span­gen­berg, Anna (Hg.): Gen­er­a­tion Hoy­er­swer­da, Das Net­zw­erk mil­i­tan­ter Neon­azis in Brandenburg
[4] „Drei V‑Männer vor Gericht“ in AIB 58 / 4.2002 https://www.antifainfoblatt.de/artikel/drei-v‑m%C3%A4nner-vor-gericht
[5] „»Delik­t­serie« oder Vorstufe zum Recht­ster­ror­is­mus?“ in AIB 93 / 4.2011 https://www.antifainfoblatt.de/artikel/%C2%BBdeliktserie%C2%AB-oder-vorstufe-zum-rechtsterrorismus und „Rechter Ter­ror in Pots­dam oder „nur“ eine Nationale Bewe­gung?“ http://apap.blogsport.eu/2016/02/blick-zurueck-rechter-terror-in-potsdam-oder-nur-eine-nationale-bewegung/
[6] http://www.zeit.de/2009/49/Mannichl
[7] http://aryanmusic.net/news.php?default.0.108
[8] https://www.nsu-watch.info/files/2013/05/NSU-Transkript.pdf und http://publikative.org/2013/04/30/nsu-trio/ und http://www.cicero.de/berliner-republik/gab-es-einen-vierten-mann/49215
[9] „Das Label „Com­bat 18“ “ in AIB 107 / 2.2015 https://www.antifainfoblatt.de/artikel/das-label-%E2%80%9Ecombat-18%E2%80%9C

 
Ergänzung zur möglichen Inter­pre­ta­tion des Songs „Rosarot“ – 28. Mai 2016
Das Lied „Rosarot“ ste­ht möglicher­weise nicht mit den Aktiv­itäten des NSU in Verbindung, wie im Artikel gemutmaßt.
Eine plau­si­ble Inter­pre­ta­tion kön­nte eben­so auf den Fall des soge­nan­nten „Rosa Riesen“ zutreffen.
Beate S., damals Wolf­gang S., tötete zwis­chen 1989 und 1991 sechs Men­schen und ver­let­zte weit­ere Per­so­n­en schw­er. In Presse­bericht­en wurde der Mörderin der reißerische Name „Rosa Riese“ gegeben. Den Autor_innen des Textes waren die Morde und dazuge­hörige Berichter­stat­tung nicht bekannt.
Möglicher­weise hat Uwe Men­zel diese Geschichte mit der entsprechen­den „Horror“-Ästhetik in Lied­form gebracht und unter dem Titel „Rosarot“ veröffentlicht.
Uwe Men­zels Aktiv­itäten, Kon­tak­te und Rolle für die bun­desweite und lokale Neon­azi-Szene ste­hen weit­er deut­lich für sich.
Ins­beson­dere auf Grund von Waf­fen­fun­den, seinen Kon­tak­ten inner­halb mil­i­tant-neon­azis­tis­ch­er Net­zw­erke und Fre­und­schaften mit Teilen des NSU-Net­zw­erkes muss die Frage nach konkretem Wis­sen bei Men­zel und seinem Umfeld über recht­ster­ror­is­tis­che Struk­turen und Zellen mit ein­er sehr viel stärk­eren Rel­e­vanz verse­hen werden.

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(Anti-)Rassismus

Vor dem Abflug der Gruppe „Potsdam-Konvoi“ nach Idomeni

Vor dem Abflug der Gruppe „Pots­dam-Kon­voi“ nach Idomeni beträgt der Spenden­stand knapp 4000 Euro, wovon 2000 Euro bere­its an einen direkt vor Ort täti­gen Arzt geflossen sind. Bei allen Spender*innen bedankt sich die Gruppe herzlich.

Ob die Frei­willi­gen in offiziellen Mil­itär­lagern helfen wer­den, in die etwa die Hälfte der Flüchtlinge von Idomeni gebracht wurde, ist noch nicht klar. Unhcr hat­te kür­zlich die schlecht­en Bedin­gun­gen darin kri­tisiert.1 „Wenn ein drin­gen­der Hil­fer­uf aus einem der Mil­itär­lager zu uns dringt, würde ich sofort zusagen“, sagt jemand (z.B. Franziska Kusserow, oder Richard Jalet­z­ki) von Pots­dam Konvoi.

Da die Hälfte der Men­schen im Haupt­camp in Idomeni vor der Räu­mung geflüchtet sind und sich über­all ver­streut im Gebi­et aufhal­ten, wird weit­er­hin und umso mehr drin­gend Hil­fe gesucht. 2

Die Helfer­struk­turen sind trotz mutwilli­gen Zer­störungsak­tio­nen bei der Räu­mung3 immer noch gut organ­isiert. Gle­ich nach ihrer Ankun­ft plant die Gruppe bere­its am allabendlichen Helfer*innentreffen im Park­ho­tel in Polykas­tro nahe dem inzwis­chen abgeriegel­ten Idomeni teilzunehmen.

Es erwartet die inzwis­chen um einen weit­eren Helfer auf zehn Frei­willige gewach­sene Gruppe unter anderem fol­gende Aufgaben:

Der Flüchtlingsrat Bran­den­burg wird dem­nächst nach dem Vor­bild aus Osnabrück der “Aktion 50 aus Idomeni“ einen Aufruf für Brandenburg/Potsdam starten. Diese Kam­pagne ruft die Regierung zur Auf­nahme von vor den geschlosse­nen europäis­chen Gren­zen fest­sitzen­den Flüchtlin­gen auf und wird von Pots­dam-Kon­voi unter­stützt. Die Gruppe möchte in Griechen­land Flüchtlinge zu find­en, deren Ange­hörige in Bran­den­burg leben. Wenn Sie Ange­hörige haben, die in Nord­griechen­land ges­tran­det sind, melden Sie sich bitte — auf der Inter­net­seite find­en Sie einen Kontakt.

Wir wur­den außer­dem gebeten Ehre­namtliche aus­find­ig zu machen, die über einen län­geren Zeitraum in Nord­griechen­land tätig sind. Sie sollen für den steten Trans­port von Medika­menten und Ver­band­szeug aus Deutsch­land sor­gen, denn diese wer­den nötiger denn je gebraucht.

Pots­dam-Kon­voi sam­melt Spenden für ihren Ein­satz und die medi­zinis­che Ver­sorgung darüber hin­aus unter: https://www.potsdam-konvoi.de/

1 http://www.unhcr.de/home/artikel/fa48f2ae10208f657aa283dbd384f58a/griechenland-schlechte-bedingungen-in-neuen-unterkuenften‑1.html

2 http://www.zeit.de/gesellschaft/zeitgeschehen/2016–05/idomeni-fluechtlinge-militaerlager-griechenland

3 https://www.facebook.com/borderfreeassociation/

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Antifaschismus

Keine Bühne für Rassismus #2

Ende des let­zten Jahres mobil­isierten unter­schiedliche rechte Grup­pierun­gen zu Protesten in Cot­tbus. Nach­dem diese abgeebbt sind, geben sich aktuell wieder neurechte Politiker*innen in Cot­tbus die Klinke in die Hand. Sie ver­suchen mit geschlosse­nen Ver­anstal­tun­gen ihre Posi­tion in der Stadt zu fes­ti­gen. Den Auf­takt machte Thi­lo Sar­razin am 12.05. im Welt­spiegel. Am 01. Juni 2016 bekom­men wir es in Cot­tbus wieder mit der AfD zu tun. Ab 19 Uhr find­et im Stadthaus ein Podi­ums­ge­spräch mit Vertreter*innen der Partei und dem Extrem­is­mus­the­o­retik­er Wern­er Patzelt statt. Partei-Promi­nenz der Runde im Stadthaus ist der Lan­desvor­sitzende der AfD Bran­den­burg, Alexan­der Gauland.
So wie zu Sar­razins Auftritt wird Cot­tbus Naz­ifrei auch am 1. Juni ab 18 Uhr eine Protestkundge­bung auf dem Erich-Käst­ner-Platz (Pic­co­lo) abhal­ten. Aber nicht nur das…

Keine Bühne für Rassismus - Aktion am 1. Juni 2016 in Cottbus gegen die AfD
Platzbesetzung?-Ja, bitte!
Das Podi­ums­ge­spräch im Stadthaus wird nicht öffentlich bewor­ben und ist nur unter vorheriger Anmel­dung zugänglich. Dieses Ver­fahren scheint dazu zu dienen, bere­its im Voraus unlieb­same Per­so­n­en und ihre kri­tis­chen Mei­n­un­gen von der Ver­samm­lung fern zu halten.
Die Ein­ladung zu dem Podi­ums­ge­spräch ist trotz­dem zufäl­liger­weise zu find­en.
Meldet euch an, nehmt der AfD und ihren Sympathisant*innen die Plätze, durch­brecht die Geschlossen­heit der Ver­anstal­tung und sagt, was ihr zu sagen habt. Auf zur Platzbe­set­zung — im und vor dem Stadthaus!
Keine Bühne für diese ras­sis­tis­che Partei, weil…
… sie ein ver­meintlich „deutsches Volk“ über andere stellt. Dieses soll vor einem ange­blichen „Volk­saus­tausch“ durch Geflüchtete „geschützt“ werden.
… sie geschlossene Gren­zen und sog­ar Schuss­waf­fenge­brauch fordert, um Geflüchtete an der Ein­reise in die BRD zu hindern.
… weil sie gegen Geflüchtete und Ander­s­denk­ende het­zt, damit das gesellschaftliche Kli­ma zus­pitzt und Gewalt­bere­itschaft befeuert.
… sie islam­feindlich ist und Sonder“rechte” für Men­schen mit mus­lim­is­chem Glauben ein­führen möchte (Ver­gle­ich: Antisemitismus).
Doch die Partei ist nicht nur ras­sis­tisch, son­dern gle­icher­maßen sozialchau­vin­is­tisch*, nation­al­is­tisch und damit rückwärtsgewandt.
Mit der AfD gehen, heißt über Leichen gehen! — Um das zu verdeut­lichen haben wir von Cot­tbus Naz­ifrei! uns eine kreative Aktion über­legt. Bringt deswe­gen zu der Kundge­bung ein helles T‑Shirt mit, das „dreck­ig“ gemacht wer­den kann.
Kommt vor­bei und seid Teil der vielfälti­gen Proteste von Cot­tbus Naz­ifrei!, wenn es am 1. Juni heißt: „Keine Bühne für Ras­sis­mus und die AfD!”
Kurz­in­for­ma­tion zu den Per­so­n­en auf dem Podium
Alexan­der Gauland ist ein­er der Köpfe der AfD. Er war über Jahrzehnte Teil des CDU-Estab­lish­ments in ver­schiede­nen Posi­tio­nen und 14 Jahre lang Her­aus­ge­ber der Tageszeitung „Märkische All­ge­meine“. Er gilt als intellek­tueller Kon­ser­v­a­tiv­er. Mit seinen 75 Jahren übern­immt er in der AfD jedoch die Rolle des ras­sis­tis­chen Scharf­mach­ers und Schutz­pa­trons für den völkisch-nation­al­is­tis­chen Flügel.
Prof. Wern­er J. Patzelt ist Pro­fes­sor an der TU Dres­den und Mit­glied der CDU. Er ver­fasste mehrere Stu­di­en zu Pegi­da und machte in diesem Zusam­men­hang immer wieder durch mas­siv ver­harm­losende Äußerun­gen auf sich aufmerk­sam. Er ist ein­er der promi­nen­ten­testen Vertreter der Extrem­is­mus­the­o­rie, die dazu einge­set­zt wird die gesellschaftliche Mitte vom ver­meintlich “extremen” Ras­sis­mus und Nation­al­is­mus freizusprechen.
Mar­i­anne Spring ist seit der Grün­dung Kreisvor­sitzende der AfD in Cot­tbus. Zuvor saß sie für die FDP und die Frauen­liste in der Cot­tbuser Stadtverord­neten­ver­samm­lung. Im Gegen­satz zu anderen Vertreter*innen der AfD in Bran­den­burg ist sie bish­er sehr mod­er­at aufge­treten und konzen­tri­ert sich in ihrer Arbeit auf lokalpoli­tis­che The­men wie Abwasserge­bühren und Lärm­schutzwände. Trotz­dem ist sie sich nicht zu schade, Het­zern wie Gauland und Höcke in Cot­tbus immer wieder eine Bühne zu bieten.

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Klima & Umwelt Law & Order

Gedanken zu Ende Gelände 2016

Plöt­zlich Bewegung
Mittwochmit­tag, ein son­niger Maitag, Ankun­ft auf dem Kli­macamp in Proschim. Es ist nicht das erste, dass ich in dieser Gegend erlebe und die ersten (pos­i­tiv­en) Ein­drücke sind auch nicht viel anders als bei anderen linken Camps der let­zten Jahre. Hier ein Plenum, in das ich mich ein­klinke, kaum dass ich meine Sachen abgestellt habe; dort viele liebe, lang nicht gese­hene Fre­unde aus anderen Teilen Deutsch­lands, die ich später rund um die Esse­naus­gabe tre­ffe. Der Abend klingt aus mit ein­er kohlekri­tis­chen The­at­er­auf­führung der Berlin­er Com­pag­nie und einem Konz­ert vom Geigerzäh­ler. Es ist ein schön­er Tag, der so aber auch in anderen Jahren an anderen Orten stat­tfind­en könnte.
Am Don­ner­stag verän­dert sich etwas Entschei­den­des und ich, beschäftigt mit meinen Auf­gaben auf dem Camp, bemerke es lange nicht. Dann kommt der Don­ner­stagabend, die Arbeit ist getan, ich streife durch das zen­trale Are­al und kann die beina­he schon elek­trische Span­nung förm­lich knis­tern hören, die hier zwis­chen den Men­schen über­springt. Es ist nur die bloße Zahl der Anwe­senden, die sich über den Tag enorm gewach­sen ist, es ist eine andere Qual­ität, ein andere Form von Zusam­men­sein. In Erwartung des gemein­samen massen­haften Auf­bruchs am näch­sten Tag teilen prak­tisch Alle eine nervöse, aufgekratzte Anspan­nung miteinan­der, ganz egal ob man in der Dunkel­heit noch Strohsäcke stopft und Over­alls besprüht, die in weni­gen Stun­den in der Grube zum Ein­satz kom­men wer­den, oder ob man um Tis­che und auf der Wiese sich in Grup­pen ver­sam­melt. Dazu kommt das eher leise, manch­mal laute, fortwährende Gewirr und Gemurmel der vie­len Stim­men, die Vielfalt der Sprachen. Es sind viele Men­schen aus Großbri­tan­nien und Frankre­ich, Bel­gien und den Nieder­lan­den aber auch aus Spanien, Däne­mark, Schwe­den, Polen, der Tschechei und der Ukraine, aus der Türkei und selb­st Südafri­ka gekom­men. Am Rand eines kleinen, bedro­ht­en Dorfs in der Nieder­lausitz, dessen Exis­tenz den Aller­meis­ten vor kurzem noch völ­lig unbekan­nt gewe­sen sein dürfte, teilt uns alle die Erfahrung, von etwas ergrif­f­en zu sein, was uns unbe­d­ingt ange­ht, für das wir kämpfen wollen und das uns an diesem Abend über alle Sprach- und Erfahrungs­gren­zen hin­weg in ein­er fieber­haften Span­nung miteinan­der verbindet. Es ist, zeitlich beina­he per­fekt passend, genau diese Erfahrung, die auch in der Erzäh­lung vom Pfin­gst­wun­der auf­scheint: „Und als der Pfin­gst­tag gekom­men war, waren sie alle an einem Ort beieinan­der. Und es geschah plöt­zlich ein Brausen vom Him­mel wie von einem gewalti­gen Wind und erfüllte das ganze Haus, in dem sie saßen. Und es erschienen ihnen Zun­gen, zerteilt wie von Feuer; und er set­zte sich auf einen jeden von ihnen, und sie wur­den alle erfüllt von dem Heili­gen Geist und fin­gen an zu predi­gen in andern Sprachen, wie der Geist ihnen gab auszus­prechen […] Als nun dieses Brausen geschah, kam die Menge zusam­men und wurde bestürzt; denn ein jed­er hörte sie in sein­er eige­nen Sprache reden. Sie entset­zten sich aber, ver­wun­derten sich und sprachen: Siehe, sind nicht diese alle, die da reden, aus Galiläa? Wie hören wir denn jed­er seine eigene Mut­ter­sprache? […] Sie entset­zten sich aber alle und wur­den rat­los und sprachen ein­er zu dem andern: Was will das wer­den?“ (Apg 2, 1–13)
Es ist diese Erfahrung von Gemein­samkeit und Kollek­tiv­ität, die wohl dem entspricht, was für die Arbeit­er­be­we­gung des 19. Jahrhun­derts die Fab­rik, der Streik, die Nach­barschaft war und was im neolib­eralen Sta­di­um des Kap­i­tal­is­mus mit der Atom­isierung der Men­schen immer mehr ver­schwindet. Das macht solche Erfahrun­gen umso wertvoller, zu gle­ich aber auch begren­zt. Denn wenn die Erfahrung kämpferisch­er Kollek­tiv­ität haupt­säch­lich bei solchen Anlässen und nicht mehr in der eige­nen All­t­agswirk­lichkeit gemacht wird, dro­ht linke Poli­tik entwed­er zum Bewe­gungs-hop­ping oder zur Frus­tra­tions­maschiene mit solchen Aktio­nen als bloßem Akku-aufladen zu werden.
Begren­zt ist die Bewe­gung auch noch in eine andere Rich­tung. Selb­st wohlwol­lend geschätzt sind 80% der Anwe­senden angereist, jung, weiß, gebildet und leben in ein­er Stadt. Das ist eine Gren­ze und ein Prob­lem das wir haben, sollte aber nicht in Selb­stver­dammung und Star­ren auf ein imag­iniertes rev­o­lu­tionäres Sub­jekt führen. Jede Bewe­gung ist nur ein Auss­chnitt der Gesamt­ge­sellschaft und organ­isiert daher bes­timmte soziale Grup­pen. Die klas­sis­che Arbeit­er­be­we­gung hat nie „die“ Arbeit­er organ­isiert, son­dern war im Kern immer eine Bewe­gung der qual­i­fizierten Arbeit­er­schaft, die die Kämpfe der Ungel­ern­ten, der Lan­dar­beit­er, der vagabundieren­den Arbeit­er, der Heimar­bei­t­erIn­nen u.v.a.m, falls sie sie über­haupt wahrgenom­men hat, nur punk­tuell in die eigene Bewe­gung inte­gri­eren kon­nte. Vielle­icht wäre manche Nieder­lage ver­mei­d­bar gewe­sen, wenn es ihr gelun­gen wäre – an ihrer Rolle als wichtigem Sub­jekt von Emanzi­pa­tion ändert das nichts. Bezo­gen auf Ende Gelände ist daher nicht nur die Frage inter­es­sant, wer nicht kommt, son­dern warum ger­ade die Grup­pen kom­men, die da sind. Was ist ihr gesellschaftlich­er Ort, welche Erfahrun­gen brin­gen sie mit, wie ist ihr Ver­hält­nis zu den Wider­sprüchen unser­er Zeit, welche Bedeu­tung haben sie in der gesellschaftlichen Pro­duk­tion des Reichtums?
Auf­brüche
Das Über­raschend­ste am Fre­itag war dann die Abwe­sen­heit von Über­raschun­gen. Die Kohle­grube war von Vat­ten­fall still­gelegt und den Massen über­lassen wur­den, damit sie sich darin tot­laufen. Außer Sym­bol­bildern, die in ihrer beein­druck­enden Sci­ence-Fic­tion-Ästhetik von den Bildern des let­zten Jahres kaum zu unter­schei­den sind, war hier nichts zu holen. Der wirk­liche Kon­flikt wurde Sam­stag und Son­ntag an den Schienen und im Kraftwerk ausgetragen.
Es ist Sam­stagvor­mit­tag. Auf einem abgemäht­en Feld hin­ter dem Camp sam­melt sich ein­er der Fin­ger, um sich auf den Weg Rich­tung Schiene zu machen. Die große Menge ste­ht auf dem weit­en Feld unter blauen Him­mel zusam­men, ein­heitlich in weiße Over­alls gek­lei­det, geschlossen, entschlossen. Man zieht in eine Schlacht und ist bere­it dafür, ist zur richti­gen Zeit am richti­gen Ort um den Kämpfen um Befreiung ein neues, gemein­sames Kapi­tel hinzuzufü­gen. Die Stim­mung ist entsprechend gut, wenn auch nicht frei von Anspan­nung, von entschlossen­er Aufgekratztheit. Auch wenn es weniger Leute sind als 2007, erin­nert mich die ganze Auf­bruch­stim­mung sehr an die G8 Proteste in Heili­gen­damm, manch ein­eR dürfte so alt sein wie ich damals.
Meine Gedanken gehen aber bald noch weit­er zurück, zu den kahlen Hügeln über Franken­hausen, wo sich im Mai 1525 Bauern, Handw­erk­erge­sellen und weit­ere Grup­pen zu ein­er anderen Schlacht sam­meln, die eine entschei­dende Wen­dung im Bauernkrieg markieren wird. Wie weit herge­holt das ist, wird mir schon im Moment klar, wo ich das denke. Die Kämpfe damals dreht­en sich um den Zugang zu Natur­res­sourcen wie Wälder und Wiesen, um Aus­beu­tungs­for­men wie die Leibeigen­schaft, um kom­mu­nale Selb­stver­wal­tung, nicht zulet­zt um religiöse Autonomie. Sie standen am Anfang des Kap­i­tal­is­mus, der sich anschick­te, tradierte Ver­hält­nisse umzuwälzen. Und ende­ten in einem unvorstell­baren Blut­bad, als die Her­ren in Minuten Tausende morde­ten und die Hügel blutrot färbten. Fünfhun­dert Jahre späte kämpfen andere Men­schen in anderen Ver­hält­nis­sen. Wir sind mit­tler­weile in einem späten Sta­di­um des Kap­i­tal­is­mus angekom­men, in einem Jahrhun­dert, in dem es entschei­dend darum gehen wird, ob die kap­i­tal­is­tisch organ­isierte Men­schheit die biol­o­gis­chen Grund­la­gen ihres Über­lebens schw­er schädi­gen oder gar ver­nicht­en wird. Hier wo wir kämpfen richt­en die Herrschen­den vor­erst keine Blut­bäder mehr an, auch wenn manche die hier auf­brechen in den näch­sten Stun­den Ver­let­zun­gen und Mis­shand­lun­gen erfahren wer­den. Und den­noch, weil sich die Geschichte weit­erge­dreht hat, nicht weil sie ste­henge­blieben ist, weil sich auf den Gräbern der geschla­ge­nen Auf­ständis­chen der Kap­i­tal­is­mus ent­fal­ten kon­nte, die Wider­sprüche kap­i­tal­is­tis­ch­er Herrschaft sich anders stellen als vor fünfhun­dert Jahren, und weil trotz­dem und deswe­gen wieder Men­schen voll Zuver­sicht auf­brechen, für etwas was bei aller Vagheit und Het­ero­gen­ität Befreiung heißen kann und muss zu kämpfen, deshalb lässt sich das tief ergreifende Gefühl, dass hier etwas ein­gelöst wird, was vor Franken­hausen geschla­gen wurde, trotz allem Ratio­nal­isieren nicht abwehren. „Die Ver­gan­gen­heit führt einen heim­lichen Index mit, durch den sie auf die Erlö­sung ver­wiesen wird. Streift denn nicht uns sel­ber ein Hauch der Luft, die um die Früheren gewe­sen ist? ist nicht in Stim­men, denen wir unser Ohr schenken, ein Echo von nun ver­s­tummten? haben die Frauen, die wir umwer­ben, nicht Schwest­ern, die sie nicht mehr gekan­nt haben? Ist dem so, dann beste­ht eine geheime Verabre­dung zwis­chen den gewe­se­nen Geschlechtern und unserem. Dann sind wir auf der Erde erwartet wor­den.“ (Wal­ter Ben­jamin, 2. Geschicht­sphilosophis­che These)
Ich denke auch an das Ver­hält­nis von Bewe­gung und Anführern, dass damals ein gefährlich­es war und es heute noch ist. Und das ger­ade ‚weil heute die Anführer*innen schw­er auszu­machen sind, weil es so viel Raum für Spon­tan­ität und Mitbes­tim­mung gibt, dass schnell überse­hen wer­den kann, dass das alles in einem Rah­men stat­tfind­et, den wenige bes­timmt haben. Weil es eine Hand­lungsan­weisung gibt, die „Aktion­skon­sens“ heißt, obwohl ihn eine Min­der­heit aus­disku­tiert hat und ihn viele eher vom Hören­sagen ken­nen. Beze­ich­nend die Frage in der Ver­samm­lung Fre­itagabend, ob denn Schot­tern Teil des Aktion­skon­sens sei. Es gibt zwis­chen den Anwe­senden nicht­mal den Ansatz ein­er Diskus­sion über den poli­tis­chen Sinn und Unsinn der Aktions­form, son­dern von der Bühne die lap­i­dare Mit­teilung: „Wir“ (?) haben schw­eren Herzens entsch­ieden – nein. Wir (ein anderes wir) witzeln: Hof­fentlich kommt die Jus­tiz nicht auf die Idee, die Strafver­fahren gegen unsere Bewe­gung Strafkon­sens zu nen­nen. Denn son­st wür­den unsere Leute kooperieren – schließlich haben sie ja eingewilligt.
Der trock­ene Spott und Frust der Nacht zuvor ist schnell vergessen, als am näch­sten Tag der Zug über das Feld zieht und aus meinem Blick­feld ver­schwindet. Soviel eigen­er Mut, eigene Entschlossen­heit, eigene Kreativ­ität und eigene Begeis­terung liegt in der Luft, dass men­sch die Frage, ob die sich befreien­den Men­schen hier wirk­lich das Maß aller Dinge sind, schnell mit einem Ja beant­worten möchte. Vielle­icht zu schnell.
Licht und Schatten
Es ist Sam­stagabend und es sieht nicht gut aus. Eine Per­son sitzt für wenig­stens einen Monat in U‑Haft und falls Staat­san­waltschaft und Gericht ihre Lin­ie durch­hal­ten, kön­nten es erhe­blich mehr wer­den. Darunter auch enge Fre­unde von mir, die mor­gen ihren Haft­prü­fung­ster­min haben sollen. Meine Ner­ven liegen blank. Wir sitzen etwas abseits auf der Wiese und ver­suchen zusät­zliche Anwälte zu erre­ichen, was an einem Sam­stagabend schwierig ist. Unsere Anspan­nung ist groß. Hin­ter uns im Zirkuszelt strö­men die von den Gleis­block­aden zurück­gekehrten Men­schen zusam­men. Die Stim­mung dort ist aus­ge­lassen. Abgeschnit­ten vom Braunkohle­nach­schub musste das Kraftwerk Schwarze Pumpe bis kurz vor die Abschal­tung gedrosselt wer­den, Protestierende haben das Kraftwerks­gelände geen­tert und noch ist unsere Aktion nicht vor­bei. Wir sind eine Macht und kon­nten der tagtäglichen Ver­nich­tung unser­er Lebens­grund­la­gen zumin­d­est eine Irri­ta­tion bere­it­en, die zu den größten Erfol­gen der zeit­genös­sis­chen europäis­chen Umwelt­be­we­gung zählt. Jubel dringt immer wieder an unser Ohr. So ange­bracht er ist, so sehr ste­ht er im Kon­trast zu unseren Sor­gen und der beschisse­nen Sit­u­a­tion der Leute, die die Nacht auf den Cot­tbuser Polizeire­vieren ver­brin­gen müssen. Über den Feldern der Lausitz zeigt sich ein prächtiger Son­nenun­ter­gang, eine Fle­d­er­maus kreist über unseren Köpfen, ein Maikäfer fliegt durchs Bild. Es ist diese Gle­ichzeit­igkeit, die sich schw­er aushal­ten lässt.
Manche sind nach diesen Tagen emo­tion­al schw­er angeschla­gen von dem, was sie in der Kon­fronta­tion mit der Herrschaft erfahren mussten. Es bleibt zu hof­fen, dass die Men­schen um sie herum für sie sor­gen wer­den. Andere steck­en die Zumu­tun­gen mit ein­er Gewandtheit weg, die mich tief beein­druckt und mit freudi­ger Über­raschung zurück­lässt. Aus ihnen spricht die Kraft und Würde, die das gemein­same Auf- und Wider­ste­hen den Men­schen ver­lei­ht. Die Erin­nerung an zwei Frauen hat sich mir nach­drück­lich einge­bran­nt. Die eine ließ sich berat­en, welche Gefahren ein Strafver­fahren für ihr Visum für Deutsch­land bedeuten würde. Schließlich lachte sie und meinte nur „Na, dann muss mich eben ein­er von meinen deutschen Fre­un­den heirat­en.“. Und meinte das genau so. Die zweite ruft am Son­ntag an. Sie liegt im Kranken­haus, ihr Arm ist ver­let­zt, ihre Leute sollen sie abholen. Nein, Sor­gen brauchen sie sich nicht zu machen. Ihre Stimme ist ruhig, gefasst und entspan­nt, fast schon etwas schläfrig. Ihr ist vielle­icht Furcht­bares passiert, aber wer sie jet­zt hört weiß: Es ist über­standen. Keine Macht der Welt kann ihr dieses es-über­standen-haben jet­zt mehr nehmen. Auch nicht die Lausitzer Rund­schau, auf deren näch­ster Num­mer eine Über­schrift von gewalt­täti­gen Braunkohlegeg­n­ern prangen wird, ohne das ihr ein einziger Ver­let­zter in den Rei­hen unser­er Geg­n­er bekan­nt ist.
Was bleibt?
Der Son­ntagabend endet in ver­bre­it­eter Euphorie und Aus­ge­lassen­heit. Meine nun doch in die Frei­heit ent­lasse­nen Fre­unde wiederzutr­e­f­fen, während hin­ter uns im all­ge­meinen Freuden­taumel getrom­melt und getanzt wird, erin­nert mich sehr an das Ende der „Rück­kehr der Jedi-Rit­ter“, obwohl das Imperi­um nicht geschla­gen ist und auch seine Macht, einen ganzen Plan­eten zu ver­nicht­en, nicht einge­büßt hat. Eine sehr viel kleinere Gruppe Ein­heimis­ch­er und Angereis­ter feiert Pfin­gst­mon­tag bei ein­er Andacht in Proschim weit­er. Hier kommt noch ein­mal zur Sprache, was mir die let­zten Tage immer wieder auffiel: Die gemein­same Kraft, das zusam­men Ergrif­f­en­sein im Kampf für etwas, was hier sehr schön als ein „Leben Aller Men­schen in Fülle und Würde“ umschrieben wird. Eine Min­der­heit ver­ste­ht es als Teil und Aus­druck ihres christlichen Glaubens, die Gemein­samkeit unser­er Erfahrung reicht aber weit über diese Gruppe hinaus.
Wer sich in diesem Teil der Lausitz aufmerk­sam umsieht, wird auf den Feldern die für den Braunkohle­tage­bau benötigten Entwässerungs­brun­nen ent­deck­en. Wirft man einen Stein in die rot-weißen Röhren hinein, braucht er drei, vier, fünf oder noch mehr Sekun­den, bis er tief, tief unter den eige­nen Füßen platschend ins Wass­er fällt. Ein solch­es unter der Ober­fläche ver­bor­genes Poten­tial ist dieses Pfin­g­sten in unser­er gemein­samen Erfahrung aufgeleuchtet. Wir sind weit davon ent­fer­nt, die Ver­hält­nisse zu rev­o­lu­tion­ieren und viele Fra­gen, wie die nach dem Ver­hält­nis zu Kap­i­tal und Staat, sind für die Bewe­gung offen geblieben. Und den­noch, in unserem gemein­samen Schritt scheint die Ahnung auf, dass nichts bleibt wie es ist, dass sich alles ändern kann, muss und wird.
Keine Atem­pause – Geschichte wird gemacht – es geht voran!
Schreibt den Gefangenen!

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(Anti-)Rassismus Antifaschismus

Abwärtstrend: AfD-Kundgebungen im Brandenburgischen Neuruppin kommen die Teilnehmer abhanden

Unter dem Titel „Kundge­bung gegen das Poli­tikver­sagen“ ver­anstal­tete der AfD- Kreisver­band Ost­prig­nitz-Rup­pin am 23. Mai ihre bere­its vierte Ver­anstal­tung dieser Art auf dem Neu­rup­pin­er Schulplatz. Als Red­ner waren neben dem Vor­sitzen­den des Kreisver­bands Ost­prig­nitz-Rup­pin, Michael Nehls, der Vor­sitzende der AfD-Frak­tion im Bran­den­bur­gis­chen Land­tag und Bun­desvor­stand, Alexan­der Gauland, sowie sein Frak­tions-Vize, Andreas Kalb­itz, vertreten.
Demge­genüber mobil­isierte das Bünd­nis „Für Tol­er­anz und Demokratie“ unter dem Mot­to „Unsere Alter­na­tive zu Gauland: Neu­rup­pin bleibt bunt!“ die eben­falls vierte Demon­stra­tion gegen die Kundge­bung der AfD. Dem Bünd­nis gelang es über 100 Ein­wohn­er Neu­rup­pins zum Protest gegen die Kundge­bung der AfD zu mobil­isieren, die ihrer­seits lediglich 90 Per­so­n­en anziehen konnte.
Die Ver­anstal­tung
Als Haup­tred­ner wieder­holte Alexan­der Gauland seine bere­its Mitte April in einem Inter­view der Frank­furter All­ge­meinen Son­ntagszeitung aufgestell­ten These, dass die „islamis­che Reli­gion (…) nicht mit dem Grundge­setz vere­in­bar“ sei. Die fortschre­i­t­ende Islamisierung der Bun­desre­pub­lik sei jedoch mit­tler­weile daran zu erken­nen, dass beispiel­sweise in eini­gen Schulen kein Schweine­fleisch mehr auf dem Speise­plan ste­he. Besorgt gab er zu bedenken, dass auf­grund diesen Trends bald auch christliche Feiertage wie Ostern und Wei­h­nacht­en abgeschafft wer­den könnten.
Bere­its zum wieder­holten Male nahm auch Gaulands Vize der Land­tags­frak­tion, Andreas Kalb­itz, teil. Offen­siv­er als Gauland, wet­terte Kalb­itz hin­sichtlich der Flüchtlingspoli­tik der Bun­desregierung gegen den “hirn­losen Willkom­mens-Fetis­chis­mus”. Unter den Gegen­demon­stran­ten machte er offen­bar „Hor­den rot­lack­iert­er Links­faschis­ten“ aus. Michael Nehls vom Kreisver­band Ost­prig­nitz-Rup­pin lancierte Gerüchte darüber, dass mus­lim­is­che Flüchtlinge in aktuellen Asylver­fahren ange­blich gegenüber christlichen bevorzugt behan­delt wür­den. Außer­dem kam er auf den Fall des in Bad Godes­berg getöteten Niklas P. zu sprechen, den Medi­en­bericht­en zufolge Mitte Mai bere­its etwa 50 Recht­sex­treme eben­da zum Anlass ein­er Demon­stra­tion gegen „Aus­län­derkrim­i­nal­ität“ nah­men. In Anlehnung daran beze­ich­nete Nehls Tatverdächtige als „Gesocks“. Im Gegen­satz zur Selb­st­wahrnehmung einiger AfD-Funk­tionäre – zumeist aus den West­län­dern – als Vertreter eines wirtschaft­slib­eralen Kurs­es, machte Nehls Anlei­hen am völkischen Antikap­i­tal­is­mus – „Feinde“ seien die „Weltkonz­erne“.
Der Hin­ter­grund
Kalb­itz, der zuvor der recht­en Klein­partei “Die Repub­likan­er” ange­hörte, ist nach Infor­ma­tio­nen des rbb eben­falls Mit­glied in dem von Alt­nazis gegrün­de­ten Vere­in „Kul­tur- und Zeit­geschichte, Archiv der Zeit“ e. V., dessen erk­lärtes Ziel die „Sicherung eines wahren deutschen Geschichts­bildes“ sei, „ins­beson­dere [bezüglich der] Zeit vor 1945“. Der Vere­in ste­ht außer­dem in Verbindung mit der eben­falls von ehe­ma­li­gen NSDAP- und SS-Mit­gliedern gegrün­de­ten „Gesellschaft für freie Pub­lizis­tik“, der nach Angaben des Ver­fas­sungss­chutzes größten recht­sex­tremen „Kul­turvere­ini­gung“ der Bundesrepublik.
Neben Dauer­gast Kalb­itz, deutet auch die Zusam­menset­zung der Teil­nehmer darauf hin, dass die AfD zumin­d­est in Teilen Bran­den­burg auf einen klaren Recht­saußenkurs set­zt. Auf Pressean­fra­gen, wie die AfD Ost­prig­nitz-Rup­pin dazu ste­he, dass ihre Kundge­bun­gen auch von Mit­gliedern der recht­sex­tremen NPD besucht wür­den, reagierte der Kreisver­band bere­its Ende März. Mit Hin­weis auf das Diskri­m­inierungsver­bot im Artikel 3 des Grundge­set­zes erk­lärte er, dass Mit­glieder und Funk­tionäre der NPD aus­drück­lich nicht von der Teil­nahme aus­geschlossen wür­den. Dies sei nicht nur die einzige ver­fas­sungskon­forme Ver­fahrensweise, son­dern ger­ade der Beleg dafür, dass der AfD gegenüber erhobene Vor­würfe des Recht­sex­trem­is­mus halt­los seien.
Dies scheint sich auch in der Entwick­lung der Teil­nehmerzahlen auszu­drück­en. Diese waren seit Beginn des Jahres 2016 bere­its rück­läu­fig. Zulet­zt zog jedoch der Auftritt des thüringis­chen Lan­deschefs der AfD und Vertreter des recht­en Partei­flügels, Björn Höcke, im April erneut etwa 150 Zuschauer an. Dass nun mit dem promi­nen­ten Bun­desvor­stand Gauland lediglich 90 Teil­nehmer mobil­isiert wur­den, kön­nte als Hin­weis darauf inter­pretiert wer­den, dass selb­st dessen Kurs weit­en Teilen der Sym­pa­thisan­ten des KV Ost­prig­nitz-Rup­pin nicht rig­oros genug ist. Beobachter des JFDA kon­nten dementsprechend im Umfeld der aktuellen Ver­anstal­tung lediglich einige Per­so­n­en aus dem Spek­trum der recht­sex­tremen „Freien Kräfte Neu­rup­pin“, sowie den Organ­isator des “Bürg­er­bünd­nis Havel­land”, Chris­t­ian Kaiser aus Rathenow (Foto links), ausmachen.
Angesichts dieser Entwick­lung war der Vor­sitzende des Kreisver­bands Ost­prig­nitz-Rup­pin, Michael Nehls, ver­mut­lich erle­ichtert die Som­mer­pause verkün­den zu kön­nen: Erst im Herb­st dieses Jahres wird die AfD wieder nach Neu­rup­pin kommen.

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Neuruppin: Der AfD den Strom abgestellt

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Eine Kundge­bung von unge­fähr 90 Funk­tionären und Sympathisant_innen der recht­spop­ulis­tis­chen Partei „Alter­na­tive für Deutsch­land“ in Neu­rup­pin wurde am frühen Abend von unge­fähr 15 Gegendemonstrant_innen laut­stark gestört. Einem AfD-Geg­n­er gelang es dabei anscheinend auch die Stromzu­fuhr für die Laut­sprecher­an­lage zu kap­pen, so dass zeitweise keine Rede­beiträge mehr möglich waren. Daraufhin schritt die Bere­itschaft­spolizei ein. Die Gegendemonstrant_innen wur­den abge­drängt. Eine Per­son wurde kurzzeit­ig in Gewahrsam genommen.
An der offiziellen Gegenkundge­bung von „Neu­rupp­pin bleibt bunt“ beteiligten sich unge­fähr 100 Men­schen. Diese fand weiträu­mig, u.a. durch Absper­r­git­ter und Polizeis­per­ren getren­nt von der Ver­samm­lung der AfD statt. Mit einem bun­ten Pro­gramm aus Rede­beiträ­gen und vor allem viel Musik gelang es dem zivilge­sellschaftlichen Aktions­bünd­nis wieder Flüchtlinge und Neu­rup­pin­er Bürger_innen zusammenzubringen.
Die AfD und ihre Red­ner, darunter die Land­tagsab­ge­ord­neten Andreas Kalb­itz und Alexan­der Gauland, ver­sucht­en hinge­gen wieder Äng­ste vor dem Islam und Flüchtlin­gen zu schüren. Zu deren aufmerk­samen Zuhörer_innen gehörten auch am Mon­tagabend wieder Abge­sandte der lokalen NPD bzw. der neon­azis­tis­chen „Freien Kräfte Neu­rup­pin“ sowie des recht­en „Bürg­er­bünd­niss­es Havel­land“. Let­zt genan­nte präsen­tierten sich u.a. mit offen­bar selb­stange­fer­tigten Ban­nern auf denen flüchtlings- und EU-feindliche Parolen aufge­sprüht waren.
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Antifaschismus jüdisches Leben & Antisemitismus

7. Mai: Zwischen Berlin und Slubice

Für den 7. Mai mobil­isierten pol­nis­che Nationalist*innen über­re­gion­al in die Gren­zs­tadt S?ubice, der Nach­barstadt von Frank­furt (Oder). Es sollte der größte islam­feindliche Auf­marsch in West­polen wer­den, so die Organisator*innen von „Nar­o­dowe S?ubice“ („Nationales Slu­bice“). Mehr als 1.000 Ras­sistIn­nen aus ganz Polen und Frank­furt (Oder) wur­den erwartet. Am Ende kamen nicht ein­mal 200.[1] Der­weil beteiligten sich min­destens 6 Frank­furter Neon­azis an einem ras­sis­tis­chen Großauf­marsch am sel­ben Tag in Berlin-Mitte.

Ras­sis­tis­ch­er Auf­marsch in Slu­bice ohne Frank­furter Beteiligung

Haupt­säch­lich Jugendliche und Hooli­gans, u.a. die anti­semi­tis­che „Allpol­nis­che Jugend – Lebuser Land“, aber auch extreme Rechte aus den fer­nen Städten Byd­goszcz und ?ary beteiligten sich an dem Auf­marsch, der sich gegen Islamisierung, Angela Merkel, EU und deutsche Hege­mo­ni­al­in­ter­essen richtete. Dass es ihnen aber vor allem um ein völkisches Europa der Vater­län­der geht machte Bar­tosz Janow­icz von „Nar­o­dowe S?ubice“ in einem Inter­view deut­lich: „Wir kämpfen gegen die Islamisierung Europas und wollen, dass sich die Kul­turen nicht ver­mis­chen. Polen soll pol­nisch bleiben, die Ukraine ukrainisch, Deutsch­land deutsch“.[2]

Am 7. Mai 2016 marschierten etwa 200 polnische NationalistInnen durch Slubice. (Quelle: slubice24.pl)
Am 7. Mai 2016 marschierten etwa 200 pol­nis­che Nation­al­istIn­nen durch Slu­bice. (Quelle: slubice24.pl)

Hin­ter „Nar­o­dowe S?ubice“ steckt u.a. Micha? Czwerwi?ski, der als dessen Anführer gilt. Bere­its auf der face­book-Seite der Grup­pierung het­zte er in Ver­gan­gen­heit immer wieder gegen Geflüchtete, die ange­blich pol­nis­che Frauen* verge­walti­gen wür­den und forderte die Schließung der Gren­ze zu Deutsch­land. Aus Wroc?aw war der bekan­nte pol­nis­che Nation­al­ist und Anti­semit Piotr Rybak angereist.[3] Im Novem­ber let­zten Jahres ver­bran­nte er während ein­er Kundge­bung des Nation­al­radikalen Lager (ONR) und der Allpol­nis­chen Jugend in sein­er Heimat­stadt eine lebens­große Puppe, die mit Schläfen­lock­en, schwarzem Hut und Kaf­tan einen ortho­dox­en Juden darstellen sollte.[4] Ein weit­eres bekan­ntes Gesicht auf der Demon­stra­tion war Syl­west­er Chruszcz. Von 2004 bis 2009 Europa-Abge­ord­neter der nation­al­is­tis­chen katholisch-klerikalen »Liga Pol­nis­ch­er Fam­i­lien« (LPR) und seit 2015 Abge­ord­nter im Sejm für Kukiz’15. Die nation­al­is­tis­che Partei des bekan­nten Musik­ers erzielte bei der let­zten Wahl 8,8 % (37 Sitze) der Stim­men und wurde drittstärk­ste Kraft in Polen.
Auch im Sejm sind extrem rechte Stimmen vertreten: Der Abgeordnete Sylwester Chruszcz der rechten Sammelpartei Kukiz’15 gehörte am 7. Mai 2016 zu den RednerInnen in Slubice. (Quelle: slubice24.pl)
Auch im Sejm sind extrem rechte Stim­men vertreten: Der Abge­ord­nete Syl­west­er Chruszcz der recht­en Sam­mel­partei Kukiz’15 gehörte am 7. Mai 2016 zu den Red­ner­In­nen in Slu­bice. (Quelle: slubice24.pl)

Auf­takt der Demon­stra­tion war auf dem zen­tralen Plac Bohaterów, dem Helden­platz. Von dort aus zog die Demon­stra­tion durch die Innen­stadt bis zum Kreisverkehr an der Brücke zu Frank­furt (Oder), wo in unmit­tel­bar­er Nähe in der Fussgänger*innenzone die Abschlusskundge­bung statt fand. Der Plac Bohaterów wurde dabei ganz bewusst von den Nationalist*innen gewählt. Erin­nert dieser doch an den Wider­stand der Pol*innen gegen die NS-Beset­zung ihres Lan­des. Die Organisator*innen der Demon­stra­tion woll­ten sich mit dem Ort der Auf­tak­tkundge­bung in der Tra­di­tion der pol­nis­chen Wider­stands­be­we­gun­gen im Zweit­en Weltkrieg set­zen. Ob mit diesem Gedanken auch die 22-jährige Anmelderin Syl­wia Janu­cik spielt, darf bezweifelt wer­den. Die Frank­furter Polizei nahm sie und einen Bekan­nten am Vortag kurzzeit­ig fest. Sie sollen den Hitler-Gruß gezeigt haben.[5] Auch mit ihrem face­book-Pro­fil zeigt sie ihre Sym­pa­thie für den deutschen Diktator.[6] Der Auf­marsch am Sam­stag soll der Beginn ein­er län­geren Mobil­isierung sein. 
Führer einer extrem rechten Bewegung: Der Antisemit Piotr Rybak auf dem Lautsprecherwagen, u.a. geschmückt mit dem Fantransparent der örtlichen Fussballmannschaft Polonia Slubice am 7. Mai in Slubice. (Quelle: slubice24.pl)
Führer ein­er extrem recht­en Bewe­gung: Der Anti­semit Piotr Rybak auf dem Laut­sprecher­wa­gen, u.a. geschmückt mit dem Fantrans­par­ent der örtlichen Fuss­ball­mannschaft Polo­nia Slu­bice am 7. Mai in Slu­bice. (Quelle: slubice24.pl)

Gegen­proteste blieben indes aus. Bere­its im Vor­feld hat­ten die pol­nis­chen Nationalist*innen ihren Gegner*innen gedro­ht. Darunter auch dem Bürg­er­meis­ter der Stadt S?ubice Tomacz Ciszewicz, der gemein­sam mit dem Ober­bürg­er­meis­ter von Frank­furt (Oder) Mar­tin Wilke zu Tol­er­anz und Respekt gegenüber Geflüchteten aufgerufen hatte.[7]
„Nar­o­dowe S?ubice“ wird auch von den Neon­azis der Grup­pierung „Frankfurt/Oder wehrt sich“ unter­stützt. Diese mobil­isierten auf ihrer face­book-Seite zum ras­sis­tis­chen Auf­marsch in der pol­nis­chen Nach­barstadt. Bere­its am 20. Feb­ru­ar beteiligte sich eine kleine Gruppe von „Nar­o­dowe S?ubice“ an einem ras­sis­tis­chen Auf­marsch in Frank­furt (Oder). Ein Gegenbe­such am ver­gan­genen Sam­stag blieb trotz Ankündi­gung aber aus, was nicht ohne Unmut auf der pol­nis­chen Seite blieb. Die Gruppe um Peer Koss beteiligte sich lieber an der „Merkel muss weg“-Demonstration in Berlin.
Schick im Anzug: Kopf der extrem rechten “Narodowe Slubice” Micha? Czwerwi?ski als Redner am 7. Mai in Slubice. (Quelle: slubice24.pl)
Schick im Anzug: Kopf der extrem recht­en “Nar­o­dowe Slu­bice” Micha? Czwerwi?ski als Red­ner am 7. Mai in Slu­bice. (Quelle: slubice24.pl)


Demo-Woche für Frank­furter Neonazis

Unter dem Mot­to „Merkel muss weg“ wollte der „Pro-Deutschland“-Aktivist Enri­co Stubbe am 7. Mai 5.000 Teil­nehmerIn­nen gegen Geflüchtete und die Poli­tik der Bun­desregierung in Berlin auf die Strasse brin­gen. Jedoch beteiligten sich mit etwa 1.800 sog­ar noch weit weniger als bei der erster Demon­stra­tion am 12. März.[8] Wie beim let­zten Mal ver­sam­melte sich eine krude Mis­chung aus Neon­azis, Hooli­gans, Reichs­bürg­ern, Putin-Fans, Flüchtlings- und Islam­fein­den sowie recht­spop­ulis­tis­chen
Wer will denn böse gucken? Romano Gosda (links, mit “Kinderschänder”-Pullover) und Justin Dominik Kleinert (mitte, mit Nasenring) laufen am 7. Mai in Berlin neben dem Berliner NPDler Jan Sturm (rechts).
Wer will denn böse guck­en? Romano Gos­da (links, mit “Kinderschänder”-Pullover) und Justin Dominik Klein­ert (mitte, mit Nasen­ring) laufen am 7. Mai in Berlin neben dem Berlin­er NPDler Jan Sturm (rechts).
Grup­pierun­gen am Wash­ing­ton­platz, dem Auf­tak­tort vor dem Berlin­er Hauptbahnhof.[9] Zu diesen gehörte auch eine kleine Gruppe Neon­azis von der Grup­pierung „Frankfurt/Oder wehrt sich“. Durch ein­schlägige T‑Shirts und der schwarzen Fahne mit dem Auf­druck „Frankfurt/O.“ deut­lich erkennbar liefen u. a. Peer Koos, Romano Gos­da, Den­nis Kunert, Dirk Wein­ert, Justin Klein­ert und Nor­man Joost mit dem Demon­stra­tionszug durch das Regierungsvier­tel und skandierten ein­deutig neon­azis­tis­che Parolen, wie „Frei, Sozial und Nation­al“ und „Hier marschiert der nationale Widerstand“.[10] Peer Koss bedro­hte dabei immer wieder Journalist*innen, die den Auf­marsch doku­men­tierten. Für die Frank­furter Neon­azis war es bere­its die zweite Demon­stra­tions­beteili­gung inner­halb ein­er Woche. Dem Aufruf der Partei „III. Weg“ zu ein­er Demon­stra­tion am 1. Mai im säch­sis­chen Plauen fol­gten min­destens 8 Per­so­n­en aus dem Umfeld der ras­sis­tis­chen Grup­pierung „Frank­furt (Oder) wehrt sich“.[11]
Schönes Wetter auch für Nazis? Peer Koss (mitte, mit “Weiße Macht”-Shirt) am 7. Mai auf der “Merkel muss weg”-Demonstration in Berlin.
Schönes Wet­ter auch für Nazis? Peer Koss (mitte, mit “Weiße Macht”-Shirt) am 7. Mai auf der “Merkel muss weg”-Demonstration in Berlin.

Quellen:
1 Vgl. MOZ: 200 Flüchtlings-Geg­n­er auf Demon­stra­tion in Slu­bice, http://www.moz.de/nachrichten/brandenburg/artikel-ansicht/dg/0/1/1480355/, einge­se­hen am 11. Mai 2016.
2 Vgl. rbb aktuell 07.05.2016: Demo gegen Flüchtlinge, https://www.rbb-online.de/brandenburgaktuell/archiv/20160507_1930/demo-gegen-fluechtlinge-slubice.html, Minute 0:38, einge­se­hen am 11. Mai 2016.
3 Vgl. Gaze­ta Lubus­ka: „Stop islamiza­cji”. W S?ubicach protestowali prze­ciw imi­grantom, http://www.gazetalubuska.pl/wiadomosci/slubice/a/stop-islamizacji-w-slubicach-protestowali-przeciw-imigrantom-wideo-zdjecia,9965140/, einge­se­hen am 11. Mai 2016.
4 Vgl. Jüdis­che All­ge­meine: Der Mob ist los. Vor dem Bres­lauer Rathaus ver­bren­nen Nation­al­is­ten eine »Juden-Puppe« mit EU-Flagge, http://www.juedische-allgemeine.de/article/view/id/24006, einge­se­hen am 11. Mai 2016.
5 Vgl. MOZ: 200 Flüchtlings-Geg­n­er auf Demon­stra­tion in Slu­bice, http://www.moz.de/nachrichten/brandenburg/artikel-ansicht/dg/0/1/1480355/, einge­se­hen am 11. Mai 2016.
6 Vgl. https://www.facebook.com/adolfinamruczek, einge­se­hen am 11. Mai 2016.
7 Vgl. Nowak, Peter: „Nationales Slu­bice“ ohne Res­o­nanz. Ent­täuschend ver­lief für die extreme Rechte in Polen am Sam­stag ein flüchtlings­feindlich­er Marsch in der Gren­zs­tadt Slu­bice, http://www.bnr.de/artikel/aktuelle-meldungen/nationales-slubice-ohne-resonanz, einge­se­hen am 11. Mai 2016.
8 Vgl. rbb online: Recht­spop­ulis­tis­che Demo in Berlin fällt größer aus als erwartet, https://www.rbb-online.de/politik/beitrag/2016/03/rechte-gruppierung-demonstriert-in-berlin-12-maerz.html, einge­se­hen am 11. Mai 2016.
9 Vgl. Schnei­der, Theo: Rechte Mis­chung bei Berlin­er „Großde­mo“, http://www.bnr.de/artikel/aktuelle-meldungen/rechte-mischung-bei-berliner-gro-demo, einge­se­hen am 11. Mai 2016.
10 Vgl. Zeit Online: Rechte Demo erfährt große Gegen­wehr, http://www.zeit.de/gesellschaft/zeitgeschehen/2016–05/demonstration-rechtsextreme-berlin-regierungsviertel-raven-gegen-nazis, einge­se­hen am 11. Mai 2016.
11 Vgl. https://recherchegruppeffo.noblogs.org/post/2016/05/12/1‑mai-in-plauen-iii-weg-aufmarsch-mit-beteiligung-frankfurter-beteiligung/
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Klima & Umwelt

Burn Borders, not Coal! Solidarity with Lautonomia +++ Transpiaktion FFO +++

Anlässlich der Räu­mung des beset­zten Waldge­bi­etes im Lausitzer Braunkohlere­vi­er, bekun­den Aktivist_innen aus Frank­furt (O.) ihre Sol­i­dar­ität mit den Betrof­fe­nen. Das seit März 2016 von Umweltaktivist_innen beset­ze Waldge­bi­et wurde ver­gan­gen Mittwoch den 18.05.2016 von Ein­satzkräften der Polizei geräumt. Dabei ging die Polizei mit bru­taler Gewalt gegen die Besetzer_innen vor.
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Bei der Räu­mung von Baumhäusern wurde nicht nur das Leben von Aktivist_innen gefährdet, son­dern auch das aller weit­eren Beteiligten.
Eben­falls kam es anschließend zu völ­lig über­zo­ge­nen Repres­sion­s­maß­nah­men und Ein­satz von physis­ch­er und psy­chis­ch­er Gewalt seit­ens der Polizei Der Ausstieg aus nicht regen­er­a­tiv­en Energien geschieht nicht von selb­st. Solange Großkonz­erne mit der Natur Prof­it machen und die Natur, unsere Lebens­grund­lage, zer­stören, ist die einzig logis­che Schuss­fol­gerung das kon­se­quente Vorge­hen gegen eben diese Konzerne.
Wir als Lib­ertäre Aktion Frankfurt(O.) erk­lären unsere Sol­i­dar­ität mit den Besetzer_innen.
Wir verurteilen das bru­tale Vorge­hen der Polizei, die sich zum Hand­langer Vat­ten­falls macht.
Wir fordern die Ein­stel­lung aller Ver­fahren gegen die von Repres­sion betrof­fen Aktivist_innen und den Ausstieg aus der Energiegewin­nung mit­tels Braunkohle.
Weit­ere Infos:
http://lautonomia.blogsport.eu/

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(Anti-)Rassismus Antifaschismus

Kaffeekränzchen mit Pogida

Am Mittwochabend haben rund 30 Pogi­da-Anhänger in Pots­dam demon­stri­ert – zum mit­tler­weile 11. Mal seit Beginn des Jahres. Ihnen haben sich mit drei Kundge­bun­gen mehrere hun­dert Men­schen entgegenstellt.
Am heuti­gen Mittwoch lud Pogi­da nach mehrwöchiger Pause zu ihrem 11. „Abendspazier­gang gegen die Islamisierung des Abend­lan­des“ ein. Am Pots­damer Haupt­bahn­hof sam­melten sich gegen 18.30 Uhr unge­fähr 20 Pogi­da-Demon­stran­ten mit Deutsch­land und Rus­s­land­fah­nen. Weitaus weniger als die 150 Teilnehmer_innen, die der Anmelder und Ver­samm­lungsleit­er Hol­ger Schmidt erwartete.
Da noch nicht so viele Teil­nehmer eingetrof­fen waren, wurde auf Vorschlag von dem Pegi­da Anwalt Jens Lorek erst­mal eine Runde Kaf­fee bestellt, in der Hoff­nung durch die Verzögerung, die Rede von Eric Graziani Grün­wald vor größerem Pub­likum zu beginnen.
Während die Anzahl der Pogi­da-Demon­stran­ten sehr über­schaubar blieb, gab es über 300 Gegen­demon­stran­ten. Das Tol­er­anzbünd­nis „Pots­dam beken­nt Farbe“ unter dem Vor­sitz von Ober­bürg­er­meis­ter Jann Jakobs (SPD) rief zu einem friedlichen Protest auf und betonte, dass Pots­dam eine offene und tol­er­ante Stadt sei. Rich­tung Pogi­da gewandt sagte Jakobs „Wir sind zehn­mal mehr als die paar Hanseln“. Neben den Gegen­demon­stran­ten und den gezählten 19 Pogi­da-Teil­nehmer_in­nen gesell­ten sich noch 600 Polizis­ten aus Berlin und Bran­den­burg dazu.
Trotz der weni­gen Teilnehmer_innen begann Graziani seine Rede über Merkel und den Ein­fluss der „Roth­schilds- und die Sor­usc­sclan-Fam­i­lien“. Schon auf der 7. Mai Demon­stra­tion „Merkel muss weg“ hielt er eine Rede zu dem The­ma. Zudem behauptete er linke Parteien seien „viel gefährlich­er als der Nation­al­sozial­is­mus während des Drit­ten Reiches“.
Mit einiger Verzögerung ging der „Abendspazier­gang“ mit mit­tler­weile rund 30 Per­so­n­en Rich­tung Zen­trum Ost los. Dabei kam es zu einem Zwis­chen­fall, indem ein Pogi­da-Red­ner eine Demon­stran­tin laut PNN mit „zieh doch eine Bur­ka an oder geh nach Afri­ka“ beschimpfte. Die Polizei schirmte Gegen­demon­stran­ten anson­sten weitest­ge­hend ab. An ein­er Baustelle musste sie dabei mehr als 70 Gegen­demon­stran­ten zurück­drän­gen. Polizeis­prech­er Heiko Schmidt zieht jedoch ein entspan­ntes Faz­it: es sei größ­ten­teils ruhig geblieben. Bei einem Tumult auf dem abges­per­rten Gelände kam es zu Rangeleien. Die Demon­stran­ten klet­terten unberechtigt über Zäune und war­fen offen­bar mit herum­liegen­den Bauteilen.
Auf der Abschlusskundge­bung am Haupt­bahn­hof gab es einen Rede­beitrag von dem bekan­nten Neon­azi Alexan­der Kurth aus Leipzig. Als ehe­ma­liger NPD-Kad­er gehört er zu den führen­den Neon­azis in Leipzig und Umge­bung und saß wegen divers­er Gewalt­de­lik­te im Gefäng­nis. Auf der Kundge­bung forderte er dazu auf, die Poli­tik­erin Clau­dia Roth in die Türkei abzuschieben. Slo­gans wie „Wer Deutsch­land nicht liebt, soll Deutsch­land ver­lassen“ und „Wir sind das Volk“ heizten dabei die Stim­mung auf. Zum Abschluss lobte Ord­ner Lorek noch die 30 Teilnehmer_innen mit Sätzen wie „Ihr seid die Elite“ und „artikulierte Sätze sind nur von hier gekom­men, nicht von der Gegen­seite“. Bevor sich die Demon­stra­tion auflöste, wurde „Deutsch­land Deutsch­land über alles“ anges­timmt und bot damit der Sam­ba-Musik der Gegen­demon­stra­tion nur wenig akustis­che Konkur­renz. Bei der Abreise wur­den die Pogi­da-Demon­stran­ten im Haupt­bahn­hof mit „Nazis raus“ begleitet.
Pogi­da geht erst seit Mitte Jan­u­ar diesen Jahres auf die Straße. Trotz­dem nahm die Teil­nehmer_in­nen-Anzahl stetig ab – bei der let­zten Kundge­bung am 7. April fan­den sich immer­hin noch 60 Teilnehmer_innen ein. Ein Zeichen dafür, dass Pogi­da keinen Raum in Pots­dam findet.

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