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(Anti-)Rassismus Flucht & Migration

Zugespitzte Lage in Sammelunterkünften

Die Covid-19 Pan­demie hat uns nicht den ersten Jahrestag des Ver­schwindens unser­er Schwest­er Rita am 7. April und später die Bestä­ti­gung ihres Mordes, vergessen lassen. Rita wurde, während sie in dem Lager in Hohen­leip­isch leben musste, ermordet, was uns in einen großen Schock ver­set­zte. Hier noch weit­ere Infos über Rita:
https://www.women-in-exile.net/…/

Unsere Kam­pagne “Kein Lager für Frauen und Kinder, alle Lager abschaf­fen” ist weit­er­hin brand aktuell. Daher fordern wir gemein­sam mit einem Bünd­nis, das aus mehreren Grup­pen, die zusam­men mit Flüchtlin­gen aus Berlin-Bran­den­burg arbeit­en, beste­ht, die sofor­tige Schließung
aller Lager, ins­beson­dere das über­füllte Erstauf­nah­me­lager in Dober­lug-Kirch­hain. Wir fordern die Betrof­fe­nen in den leer ste­hen­den Hotels, airbnb, Ferien­woh­nun­gen und anderen freien Räum­lichkeit­en unter
zu bringen:
https://www.women-in-exile.net…/

Auch die Lage im Lager in Hen­nings­dorf, im Nor­den Berlins spitzt sich weit­er zu. Die dort leben­den Flüchtlinge sind bere­its mehr als zwei Wochen unter erzwun­gener Quarantäne:
https://www.women-in-exile.net/…

Weit­ere Pressemit­teilun­gen und Artikel, die unsere Forderun­gen und
poli­tis­che Analyse dar leg­en, gibt es hier:
https://www.women-in-exile.net/sammelunterkuenfte-aufloesen-umverteilung-jetzt-bevor-es-zu-spaet-ist/

https://www.women-in-exile.net/menschenleben-schuetzen-massenunterkuenfte-aufloesen-wohnungen-statt-lager/

https://www.women-in-exile.net/weitere-informationen-zu-covid-19/

Auf unser­er Face­book Seite find­et Ihr weit­ere Infor­ma­tio­nen über unseren kon­tinuier­lichen Kampf trotz der Covid-19 Pandemie:
https://www.facebook.com/953605994710745/photos

Während dieser Zeit ist uns bewusst gewor­den, wie wichtig die Zusam­me­nar­beit mit unserem großen Net­zw­erk ist, um unsere poli­tis­chen Stand­punk­te an die Öffentlichkeit zu brin­gen. Aus diesen Grün­den sind wir weit­er­hin auf Ihre und Eure finanzielle Unter­stützung angewiesen und danken Euch, dass ihr an uns und unsere Arbeit glaubt.

Wir wün­schen Ihnen und Euch allen, dass Ihr gesund bleibt oder werdet !
Lasst uns füreinan­der da sein!

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(Anti-)Rassismus Flucht & Migration

Demo gegen katastrophale Zustände in Sammelunterkünften

Diesen Abstand kön­nen die Bewohner*innen der Erstauf­nahme nicht einhalten!“
20 Per­so­n­en sind zu der Demon­stra­tion gekom­men, zu der die Ini­tia­tive „Busverbindung 571 jet­zt!“ ein­ge­laden hat­te – mehr waren auch nicht erlaubt. Die Ini­tia­tive ist ein Zusam­men­schluss von Aktiv­en der lokalen Ini­tia­tive „DK_Vereint“, Bewohner*innen der Erstauf­nahme-Ein­rich­tung und Aktiv­en des Bran­den­burg-weit­en Net­zw­erks „Wel­come United“.

Auf­grund der Pan­demie und der entsprechen­den Aufla­gen des Gesund­heit­samtes muss peni­bel auf Abstand und Hygiene geachtet wer­den. Die Teil­nehmenden müssen sich je allein auf am Boden markierten, 2×2m großen Quadrat­en posi­tion­ieren und nicht durcheinan­der laufen. Alle, auch die Redner*innen, tra­gen Masken, das Mikro wird mit ein­er Servi­ette abgedeckt. Passant*innen, Schaulustige und Inter­essierte müssen hin­ter Absper­run­gen bleiben und Abstand hal­ten. An den Flat­ter­bän­dern ste­ht: „Diesen Abstand kön­nen die Bewohner*innen der Erstauf­nahme nicht ein­hal­ten!“ Mehrere Redner*innen greifen auf, dass die peniblen Regeln für eine Demo in Coro­na-Zeit­en in absur­dem Gegen­satz zu den Bedin­gun­gen in der Ein­rich­tung ste­hen, in der pro 50 Per­so­n­en eine Küche zur Ver­fü­gung ste­ht, Zim­mer mit Frem­den geteilt wer­den müssen und Flure und Trep­pen­häuser von hun­derten Men­schen genutzt werden.
Etwa die Hälfte der Teil­nehmenden sind Bewohn­er der Erstauf­nahme, drei von ihnen ergreifen das Mikro­fon. „Coro­na ist für alle gle­ich, der Virus trifft uns alle. Warum wird mit uns anders umge­gan­gen? Warum muss ich seit 8 Monat­en im Wald leben? Warum fahren alle anderen Busse und unser Bus nicht? Warum wird bei uns dreimal am Tag Fieber gemessen – und bei den Deutschen nicht?“, fragt ein­er von ihnen die Anwe­senden. „Wenn wir mehr als 4 Stun­den außer­halb des Camps waren, müssen wir für 2 Wochen in Quar­an­täne.“ Der fol­gende Red­ner erk­lärt weit­er: „Wenn eine Per­son im Camp das Virus bekommt, wer­den sich min­destens 10 Per­so­n­en angesteckt haben. Wir ver­suchen uns zu schützen, aber es ist unter den Bedin­gun­gen im Camp nicht möglich.“ Die Ein­stel­lung der Buslin­ie werten alle drei als ras­sis­tis­che Ungle­ich­be­hand­lung. „Warum wer­den wir anders behan­delt? Weil wir dun­klere Haare haben?“
Am Rand ste­hen einige deutsche Män­ner, die ras­sis­tis­che Sprüche machen. Ein­er der Camp-Bewohn­er spricht sie vom Mikro aus an: „Gehören Sie auch zu denen, die glauben, Flüchtlinge wür­den Coro­na übertragen?“

Ein franzö­sisch sprechen­der Mann, der zum Schluss das Mikro ergreift, endet mit den Worten: „Ich möchte Danke sagen, dass ihr alle hier wart und dass ich Teil dieser Bewe­gung sein darf. Ich hoffe wir schaf­fen es gemein­sam, das Virus zu bekämpfen, und Coro­na wird zu Ende sein – für alle Menschen.“
Hintergrund
„Wir kön­nen mit unserem Anliegen nicht warten, bis Demon­stri­eren wieder ein­fach­er ist, denn diese Ungle­ich­be­hand­lung geschieht jet­zt!“, erk­lärt eine der Aktiv­en und meint damit die Ein­stel­lung der Buslin­ie für die Dauer der Coro­na Ein­schränkun­gen, die von der Zen­tralen Aus­län­der­be­hörde Bran­den­burg (ZABH) und der Verkehrs­ge­sellschaft Elbe-Elster beschlossen wurde. „Warum dür­fen alle anderen selb­ständig (mit Abstand­sregeln) einkaufen gehen, warum fahren alle anderen Buslin­ien nach Ferien­fahrplan?“, fragt sie. „Warum wird den Geflüchteten nicht genau wie allen anderen zuge­traut, unnötige Stadt­gänge zu ver­mei­den und sich an die Regeln zu hal­ten, wenn sie in die Stadt gehen?“
Gemein­sam mit vie­len anderen Organ­i­sa­tio­nen fordert die Ini­tia­tive daher die sofor­tige Umverteilung der Masse­nun­terkün­fte in Bran­den­burg. Nur so könne wirk­samer Infek­tion­ss­chutz gewährleis­tet wer­den. „Die Bewohner*innen durch die Ein­stel­lung des Busses zu isolieren ist der falsche Weg, um die Coro­na Aus­bre­itung zu ver­mei­den. Für die Geflüchteten soll­ten diesel­ben Bedin­gun­gen gel­ten wie für alle Men­schen: Kon­tak­te in der Woh­nung ver­mei­den kön­nen, aber auch selb­st­bes­timmt Einkaufen gehen können.“

Eine Woche zuvor war eine Kundge­bung zum gle­ichen The­ma durch das Gesund­heit­samt ver­boten wor­den, auf­grund der Befürch­tung „regen Rei­sev­erkehrs“, weil der Anmelder aus Berlin sei.
Nach­dem die Buslin­ie im März eingestellt wor­den war, hat­ten zunächst zwei ehre­namtliche PKW-Shut­tle-Aktio­nen stattge­fun­den, mit denen Men­schenaus der Erstauf­nahme unter Beach­tung aller Infek­tion­ss­chutzregeln zum Super­markt gefahren wur­den. Bei der zweit­en dieser Aktio­nen wur­den die PKWs durch die Polizei im Auf­trag des Gesund­heit­samtes gestoppt. Den Fahrer*innen wird nun vorge­wor­fen, „keinen trifti­gen Grund“ gehabt zu haben, dort unter­wegs zu sein. Während die Ver­sorgung Hil­febedürftiger all­ge­mein als „triftiger Grund“ ange­se­hen wird, scheinen hier die von der Ver­sorgung abgeschnit­te­nen Geflüchteten nicht als hil­febedürftig genug ange­se­hen zu werden.

Mehr Infos:
Gemein­same Erk­lärung von Flüchtlingsrat Bran­den­burg, Wel­come Unit­ed Berlin-Bran­den­burg, DK-Vere­int und über 30 anderen Organ­i­sa­tio­nen vom 17.04.: Sam­melun­terkün­fte auflösen – Umverteilung jet­zt, bevor es zu spät ist (https://www.fluechtlingsrat-brandenburg.de/sammelunterkuenfte-aufloesen-umverteilung-jetzt-bevor-es-zu-spaet-ist/)

Die Bus-Prob­lematik wird auch in diesem kurzen infor­ma­tiv­en Video dargestellt: https://www.facebook.com/WellComeUnitedBerlinBrandenburg/videos/665284467381981

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(Anti-)Rassismus Flucht & Migration

Seebrücke Potsdam fordert Evakuierung der Flüchtendenlager

Sofor­tiges Lan­desauf­nah­me­pro­gramm zur Evakuierung der EU-Elendslager!
Sofor­tige dezen­trale Woh­nung­sun­ter­bringung statt „Durch­seuchung“ in Massenquarantänen!

Anlässlich der heuti­gen Land­tags-Son­der­sitzung zum The­ma Coro­na protestieren wir gegen die Igno­ranz und Ver­ant­wor­tungslosigkeit der Bran­den­bur­gis­chen Lan­desregierung gegenüber der exis­ten­ziellen Not der Men­schen, die entwed­er ein­er hohen Infek­tion­s­ge­fahr in engen Sam­melun­terkün­ften in Bran­den­burg aus­ge­set­zt sind oder unter katas­trophalen Bedin­gun­gen in den Flüchtlingslagern an den EU-Gren­zen auch auf Geheiß Deutsch­lands fest­ge­hal­ten werden.

20 Teilnehmer*innen – alle­samt mit Abstand und Mund­schutz – schlossen sich der See­brücke-Ver­samm­lung vor dem Land­tags­ge­bäude auf dem Alten Markt, an, während 20 weit­ere Per­so­n­en als Zuschauer*innen – eben­falls mit Mund­schutz und angemessen­em Abstand – die Ver­samm­lung beobachteten.

Es ist beschä­mend, dass die Regierungs­frak­tio­nen auf die Offe­nen Briefe und Protes­tak­tio­nen der bran­den­bur­gis­chen Flüchtlingsini­tia­tiven¹ wie des Flüchtlingsrats Bran­den­burg und women in exile e.V. bish­er öffentlich kein­er­lei Reak­tion gezeigt haben. Die See­brücke Pots­dam hat die Anliegen vielfach unter­stützt, sowohl auf der Straße als auch online.

Wir fordern ein sofor­tiges Lan­desauf­nah­me­pro­gramm, bevor es zu spät ist!
Die Lan­desregierung hat in ihrem Koali­tionsver­trag die zusät­zliche Auf­nahme von geflüchtete Men­schen im Rah­men eines Lan­desauf­nah­me­pro­gramms fest­geschrieben. Kom­munen wie Pots­dam haben deut­lich sig­nal­isiert, dass sie eben­falls bere­it sind, über den reg­ulären Schlüs­sel hin­aus, flüch­t­ende Men­schen aufzunehmen. Wann, wenn nicht jet­zt, wäre die Umset­zung eines Lan­desauf­nah­me­pro­gramms drin­gen­der denn je? In Griechen­land ste­hen mit­tler­weile Masse­nun­terkün­fte und große Lager mit ins­ge­samt über tausenden von Men­schen kom­plett unter Quar­an­täne – die Men­schen wer­den der soge­nan­nten Durch­seuch­nung freigegeben. Deutsch­land ist mitver­ant­wortlich für die Gesund­heits­ge­fährdung, die diesen Men­schen wider­fährt! Deutsch­lands Block­ade hält die Men­schen in den Lagern von Griechen­land fest.

Wir fordern einen sofor­tige Schließung der Sam­melun­terkün­fte und Erstauf­nah­me­lager und eine dezen­trale Woh­nung­sun­ter­bringung! Die Zeit der Sam­melun­terkün­fte und Zwangs­be­hausun­gen ist für immer vorbei!
Immer mehr Sam­melun­terkün­fte mit hun­derten Men­schen wer­den in Bran­den­burg unter Quar­an­täne geset­zt. Allein in Pots­dam sind es drei Sam­melun­terkün­fte. In Hen­nigs­dorf wurde vor Kurzem eine Unterkun­ft mit mehreren Hun­dert Bewohner*innen unter Quar­an­täne geset­zt. Im Erstauf­nah­me­lager Dober­lug-Kirch­hain wur­den Teile der Unterkun­ft abgeriegelt und der Busverkehr zur Unterkun­ft kom­plett eingestellt.
Die Lan­desregierung in Bran­den­burg zeigt damit: Infek­tion­ss­chutz ist für geflüchtete Men­schen nicht rel­e­vant. Die Men­schen wer­den in der Regel von der Lan­desregierung gezwun­gen auf engem Raum und in Mehrbettz­im­mern unterzukom­men, wo es nicht möglich ist, Abstand zu hal­ten. Die Katas­tro­phe der Massen­quar­an­tä­nen kommt nicht über­raschend. Frühzeit­ig wurde u.a. von Flüchtlingsini­tia­tiv­en davor gewarnt. Auch jet­zt noch wird bloß zuge­se­hen, wie die näch­sten Masse­nun­terkün­fte unter Quar­an­täne geset­zt werden.

Wir sind entset­zt: Eine Lan­desregierung, die sich sozialdemokratisch, nach­haltig und christlich schimpft, schaut zu, wie hier das Men­schen­recht auf Gesund­heit außer Kraft geset­zt wird – obwohl es Alter­na­tiv­en gibt, wie mit der Sit­u­a­tion umge­gan­gen wer­den kann.

Neben der Bewäl­ti­gung der aktuellen Sit­u­a­tion fordern wir einen endgülti­gen Ausstieg aus dem Konzept der Sam­mel- und Masse­nun­terkün­fte. Die Lan­desregierung muss jet­zt anfan­gen, einen Maß­nah­men­plan der sofort zu star­tenden dezen­tralen Woh­nung­sun­ter­bringung sowohl für die Erstauf­nahme als auch für die kom­mu­nale Unter­bringung aufzustellen und umzusetzen.

¹https://www.fluechtlingsrat-brandenburg.de/sammelunterkuenfte-aufloesen-umverteilung-jetzt-bevor-es-zu-spaet-ist/ & https://www.women-in-exile.net/covid-19-ist-nicht-die-einzige-gefahr-in-den-lagern-alle-lager-abschaffen/#more-6369

potsdam@seebruecke.org
https://seebruecke.org/lokalgruppen/seebruecke-potsdam/
https://www.facebook.com/Seebr%C3%BCcke-Potsdam-1850435155011395/
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Antifaschismus Geschichte & Gedenken

Dezentrales Gedenken zum 75. Jahrestag der Befreiung

Der Lan­desver­band Bran­den­burg der Vere­ini­gung der Ver­fol­gten des Naziregimes – Bund der Antifaschistin­nen und Antifaschis­ten, kurz VVN-BdA, ruft zum 75. Jahrestag der Befreiung vom Faschis­mus am 8. Mai 2020 zu einem dezen­tralen Gedenken und Erin­nern auf. Durch die COVID-19- Pan­demie kön­nen in diesem Jahr keine Befreiungs­feier­lichkeit­en und keine zen­tralen Ver­anstal­tun­gen stat­tfind­en. Die Ord­nungs­maß­nah­men und Sicher­heitsvorkehrun­gen im Kon­text von COVID-19 schränken damit nicht nur das gesellschaftliche Leben ein, son­dern auch die antifaschis­tis­che und erin­nerungspoli­tis­che Arbeit an diesem für uns so wichti­gen Jahrestag.

Trotz­dem wollen wir, mit großer Rück­sicht um die Gesund­heit unser­er Mitglieder*innen und antifaschis­tis­chen Fre­unde, den 75. Jahrestag der Befreiung vom Faschis­mus würdig und ehren­voll im Sinne der Befreier*innen, der Roten Armee, sowie der Opfer und Ver­fol­gten des Nation­al­sozial­is­mus gestalten.
Im ganzen Land Bran­den­burg befind­en sich eine Vielzahl an Erin­nerungsstät­ten zur Befreiung oder an die Opfer und Ver­fol­gten des Faschis­mus. Diese lokalen, kleinen und dezen­tralen Gedenkstät­ten, wie Denkmäler, Fried­höfe, Ehren­haine, Gedenksteine, Gräber oder Gedenk­tafeln, wollen wir mit eur­er Unter­stützung in den Fokus des antifaschis­tis­chen Gedenkens setzen.

Wir rufen daher alle Brandenburger*innen auf, in der Zeit um den 8. Mai 2020, dem 75. Jahrestag der Befreiung vom Faschis­mus, indi­vidu­ell und unter Ein­hal­tung der notwendi­gen medi­zinis­chen Bes­tim­mungen und Sicher­heitsvorkehrun­gen, an den ver­schiede­nen Erin­nerungsstät­ten im Land Bran­den­burg Blu­men und Kränze niederzule­gen und dies per Fotos zu doku­men­tieren. Wir wollen, dass durch die Vielzahl von Blu­men an den zahlre­ichen Erin­nerungsstät­ten im Land Bran­den­burg der Appell des „Nie wieder Krieg und Faschis­mus“ trotz des Fehlens von klas­sis­chen Gedenkver­anstal­tun­gen mehr als deut­lich wird.

Sendet uns die Fotos mit kurzen Hin­weisen oder Bericht­en aus den ver­schiede­nen Orten zwecks Veröf­fentlichung an die unten­ste­hende E‑Mail‑, Post‑, Face­book- oder Twit­ter-Adresse. Zudem ver­weisen wir auf unser dig­i­tales Gedenken zum 75. Jahrestag der Befreiung am 8. Mai ab 16 Uhr per Livestream (www.freiland-potsdam.de).

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Antifaschismus Geschichte & Gedenken

75 Jahre Befreiung vom Nationalsozialismus

Abbil­dung 1:* “Hier begin­nt das ver­fluchte Deutsch­land” . Solche
Schilder stellte die Rote Armee auf, als 1945 deutsches Ter­ri­to­ri­um
erre­icht wurde [1]
Wie sollte der Utopia e.V. — ein ehre­namtlich­er, von jun­gen Men­schen getra­gen­er, klein­er Vere­in — anlässlich der 75-jähri­gen Befreiung von der Vorherrschaft der Nationalsozialist*innen in Frank­furt (Oder) diese Pressemit­teilung begin­nen? Als erstes mit einem kurzen „Danke! Спасибо! Thank You! Mer­ci!“ an die Alli­ierten und Wider­ständi­gen, die vor 75 Jahren am 23. April zur Befreiung Frank­furts und des heuti­gen Słu­bices beige­tra­gen haben. Denn die Nieder­lage des deutschen Faschis­mus war unsere Befreiung!

Ein „Danke“ jedoch wird nicht genü­gen, um Geschehenes zu ver­ste­hen, damit es sich nicht wieder­holt! Auch die Fra­gen: „Was, wie und warum war der Nation­al­sozial­is­mus, der Ver­nich­tungskrieg oder der Holo­caust?“ kön­nen wir nicht alleine beant­worten, aber wir kön­nen Impulse setzen!

Denn auch 75 Jahre nach­dem die Vorherrschaft deutsch­er Faschist*innen und ihrer Kol­lab­o­ra­teure endete, sind ihr Gedankengut und ihre Struk­turen keineswegs verschwunden:

Seit 2016 ver­dop­pelte sich die Anzahl der mit Schuss­waf­fen aus­gerüsteten Recht­sex­tremen [2]. Der NSU, eine Gruppe die offiziell 10 Men­schen ermordete und 43 Mor­dan­schläge verübte [3], ent­tarnte sich teil­weise selb­st. Ob auf der Insel Utøya oder in Städten wie Christchurch, Hanau und Halle — die Anschläge von extrem Recht­en häufen sich. Im Jahr 2019 wur­den in der Bun­desre­pub­lik 120 Angriffe auf Asy­lun­terkün­fte verübt und 1.620 Angriffe auf Geflüchtete reg­istri­ert [4]. Jüngst wurde im Land­kreis Oder-Spree ein Waf­fen­lager mit nation­al­sozial­is­tis­chen Devo­tion­alien aus­ge­hoben [5]. Unsere Stadt, Frank­furt (Oder), entwick­elte sich zu einem Knoten­punkt der inter­na­tionalen, neon­azis­tis­chen Ter­ro­ror­gan­i­sa­tion „Com­bat 18“ [6]. In Libbenichen zeigten erst let­zten Monat während ein­er „Reichs-Par­ty“ Jugendliche den Hit­ler­gruß [7]. Ein „NR-Zonen“-Graffito diente als Platzhal­ter für Hak­enkreuze und verblieb mehrere Monate am Kau­fland im Zen­trum[8]. Mit­tler­weile wer­den (gar) von par­la­men­tarischen Kräften die Leis­tun­gen von deutschen Sol­dat­en in zwei Weltkriegen hon­ori­ert und eine „erin­nerungspoli­tis­che Wende um 180 Grad“ [9] gefordert.

Genau­so wie die Ideen, Sym­bole, und Struk­tur des Nation­al­sozial­is­mus nicht ein­fach 1945 ende­ten, taucht­en die Nationalsozialist*innen nicht erst 1933 auf. Bere­its am 26. Mai 1929 begann die SA durch Frank­furt zu marschieren [10] und schon 1927 war in ein­er Kneipe zu hören:

Die nation­al­sozial­is­tis­che Bewe­gung ist entschlossen alles daran zu set­zen, um das deutsche Volk von Juden- und Marx­is­ten­herrschaft zu befreien. Die Nation­al­sozial­is­ten wer­den die Besten unter ihre Fahne sam­meln und einen erbit­terten Kampf gegen die inneren Feinde der Nation führen“. [11]

Auch heute sind in Frank­furter Kneipen solche Aus­sagen nicht ausgeschlossen.

Im Som­mer 1932 wurde dann der Ter­ror der Nazis in Frank­furt immer zügel­los­er. Am Abend des1. Juli kam es zu einem Über­fall auf Antifaschist*innen. Am 4. Juli, in der heuti­gen Rathenaus­traße, schossen Nazis über 100 Mal auf Arbeiter*innenwohnungen. Und am 5. Juli durften sie dann unge­hin­dert durch unsere Stadt marschieren. Die 17
Vollzugspolizist*innen, die vor der faschis­tis­chen Gefahr und dieser Demon­stra­tion warn­ten, wur­den daraufhin festgenom­men [12].

So spricht auch die drama­tis­che Entwick­lung der Wahlergeb­nisse Bände. Lag die NSDAP bei der Reich­stagswahl 1928 in Frank­furt erst bei 330 Stim­men, erhielt sie bei der Kom­mu­nal­wahl 1929 bere­its 2.400 Stim­men und wenige Jahre später, bei der Machtüber­nahme Hitlers im März 1933, eine absolute Mehrheit. Diese Machtüber­nahme führte in ihrer Kon­se­quenz zu unzäh­li­gen furcht­baren Schick­salen, auch in Frank­furt (Oder).

So zum Beispiel auch für Marie und Adolf Köhn, deren Stolper­steine in der Großen Oder­straße 46 liegen. Adolf Köhn wurde von Faschist*innen während der Reich­sprogrom­nacht ver­haftet, einen Monat lang im Konzen­tra­tionslager Sach­sen­hausen inhaftiert und vier Jahre später, wahrschein­lich mit sein­er Frau, ins Warschauer Ghet­to deportiert. Über ihr weit­eres Schick­sal ist nichts bekannt.

In der Großen Schar­rn­straße 32 liegen zwei weit­ere Stolper­steine — die von Marie und Bruno Friedlän­der. Ihre Kinder schafften es auf einen Kinder­trans­port und beka­men Asyl in Schot­t­land und Aus­tralien. Marie und Bruno erhiel­ten keine Zuflucht und wur­den am 02. April 1942 in das Warschauer Ghet­to deportiert, wo sie am 05. April anka­men. Das weit­ere Schick­sal der Fam­i­lie ist auch hier nicht bekannt.

Bis zum let­zten Tag des Nazi-Regimes ließ die Gewalt und Bru­tal­ität nicht nach. Selb­st der Nieder­lage ins Auge sehend, wurde Frank­furt (Oder) am 26. Jan­u­ar 1945, einen Tag vor der Befreiung von Auschwitz, noch zu ein­er Fes­tung erk­lärt. Am Tag des 30. Jan­u­ars in Swiecko (im dama­li­gen Schwetig) mussten 1.600 Gefan­gene des Frank­furter Gestapo-Arbeit­serziehungslagers zum soge­nan­nten „Todes­marsch“ antreten. 70 nicht marschfähige Men­schen wur­den direkt in Kranken­barack­en ver­bran­nt und ermordet. In der Nacht auf den 31. Jan­u­ar erschossen in Słon­sk (im dama­li­gen Son­nen­burg) Ange­hörige der SS und Gestapo 800 Inhaftierte des dor­ti­gen Zuchthaus­es [13]. Selb­st in der Nieder­lage waren die Nationalsozialist*innen nicht davon abzubrin­gen ihr Mor­den einzustellen.

So schwor im Feb­ru­ar 1945 Joseph Goebbels Frank­furt ein let­ztes Mal auf die Ide­olo­gie von “Blut und Boden“ ein, nach­dem er am 31.Oktober 1929 erst­mals in der Stadt davon gesprochen hat­te. Frank­furt, das ein Zen­trum für den Ein­satz und die Ver­wal­tung von Zwangsarbeiter*innen, Deportierten und Inhaftierten war, war gar Haupt­stadt des Gaus Mark Bran­den­burg. Unzäh­lige Wag­gons mit Men­schen wur­den ohne nen­nenswerten Wider­stand deportiert. Unzäh­lige Ton­nen Kriegs­ma­te­r­i­al fuhren unge­hin­dert durch unsere Stadt.

Der Krieg endete für Frank­furt (Oder) am 23. April 1945, als belarus­sis­che Ein­heit­en der Roten Armee „die fast men­schen­leere, keinen Wider­stand leis­tende, über­all bren­nende Stadt“ [14] befre­it­en, bis dann in der Nacht am 8. auf den 9. Mai die Wehrma­cht gän­zlich kapit­ulierte und die Hege­monie des Faschis­mus gebrochen war.

Auch wenn ein Großteil der Deutschen diesen Tag als Nieder­lage emp­fand — vielle­icht sog­ar heute noch so empfind­et: Der Sieg der Alli­ierten bedeutete das Ende der nation­al­sozial­is­tis­chen Vorherrschaft, des Krieges in Europa und des Holo­caustes und ist für uns ein Grund zum fröh­lichen Tanz. Deshalb sagen wir immer wieder fre­und­schaftlich: „Спасибо! Thank You! Mer­ci! Danke!“.

Als Kul­tur- und Bil­dungsträger der offe­nen Kinder- und Jugend­hil­fe sagen wir auch ernst: „Nie wieder!“

Und um diesen Ernst zu begreifen; um den Impuls des Erin­nerns und Gedenkens nicht bei dieser Mit­teilung zu belassen, organ­isiert der Utopia e.V. im let­zten Drit­tel diesen Jahres eine Gedenkstät­ten­fahrt für Jugendliche und junge Erwach­sene zu den ehe­ma­li­gen Konzen­tra­tions- und Ver­nich­tungslagern von Auschwitz, mit demokratisch-par­tizipa­torisch­er Vor- und Nachbereitung:

Denn die Forderung, dass Auschwitz nicht noch ein­mal sei, ist die allererste an Erziehung. Sie geht so sehr jeglich­er anderen voran, dass [wir] wed­er glaube[n], sie begrün­den zu müssen noch zu sollen. […] Sie zu begrün­den hätte etwas Unge­heuer­lich­es angesichts des Unge­heuer­lichen, das sich zutrug“ [15].

Und so fordern wir auch andere Akteur*innen oder bish­er nicht-Aktive dazu auf, sich am Engage­ment gegen faschis­toide Bewe­gun­gen und Ideen in Frank­furt (Oder) zu beteili­gen und zu organ­isieren – die Gründe sind bekan­nt und wir wer­den über weit­ere Ter­mine berichten.

Eure Freund*innen und Assozi­ierten des Utopia e.V.

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Antifaschismus Geschichte & Gedenken

Virtuelles Gedenken an den 75. Jahrestag der Befreiung

Dem 75. Jahrestag der Befreiung vom Nation­al­sozial­is­mus in Pots­dam-Babels­berg am 24.April kann in diesem Jahr auf­grund der Covid-19-Pan­demie und ihrer daraus resul­tieren­den Beschränkun­gen und Sicher­heits­maß­nah­men nicht in adäquater und würdi­ger Weise gedacht und erin­nert wer­den. Im Voraus geplante Ver­anstal­tun­gen der Geschichtswerk­statt Rotes Nowawes zur Befreiung von Babels­berg, wie zum Beispiel eine Rad­tour zu authen­tis­chen Orten, mussten wir schw­eren Bedauerns ein­stellen. Weil jedoch dieses Jubiläum nicht nur wichtig im Kon­text der all­ge­meinen poli­tis­chen Lage zu sehen ist – in ein­er Zeit, wo Ras­sis­mus, Nation­al­is­mus und Pop­ulis­mus wieder salon­fähig sind – son­dern auch im Kon­text der lokalen Geschichte in einem Stadt­teil, der als Indus­tri­e­s­tandort stark durch die Arbeiter*innenbewegung geprägt wurde und die let­z­tendlich einen großen Anteil daran hat­te, dass Babels­berg ohne wesentliche Kämpfe und Opfer befre­it wer­den kon­nte, möcht­en wir diese Son­der­web­seite der Öffentlichkeit präsentieren.

Unter der Webadresse https://1945.rotes-nowawes.de wollen wir mit­tels ein­er dig­i­tal­en Rund­tour auf his­torisch inter­es­sante Orte in Babels­berg aufmerk­sam machen. Zu den aktuellen Fotos gibt es je eine Kurzbeschrei­bung. Des Weit­eren wollen wir der Öffentlichkeit ver­schiedene Doku­mente und Mate­ri­alien bere­it­stellen, die im Zusam­men­hang mit der Befreiung von Babels­berg, aber auch dem Neuan­fang in dieser Stadt ste­hen. Wir sind uns bewusst, dass die aus­gewählten Quellen und die Lit­er­atur, hier vor allem die Erin­nerungs­berichte, eine gewisse poli­tis­che Fär­bung aus der Zeit der DDR bein­hal­ten und deswe­gen immer im zeit­geschichtlichen Kon­text gele­sen wer­den müssen.

Nichts desto trotz sind vor allem die his­torischen Doku­mente nicht zu ver­fälschen und ste­hen in ihrer Echtheit. Zudem doku­men­tieren sie die Zeit­geschichte jenes Momentes, der für viele Unsicher­heit und Ungewis­sheit brachte, aber an einem Indus­tri­e­s­tandort wie Babels­berg – dem ehe­ma­li­gen Roten Nowawes – mit sein­er großen Arbeiter*innenschaft und den tausenden Zwangsarbeiter*innen, auch Befreiung und Erlösung.

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#75Befreiung in Prenzlau und Berlin

2020 jährt sich die bedin­gungslose Kapit­u­la­tion Hitler-Deutsch­lands zum 75. Mal. Wären die Umstände heute nicht so, wie sie ger­ade sind, wür­den wir draußen mit unseren Genoss_innen die Befreiung der Konzen­tra­tionslager Sach­sen­hausen und Ravens­brück feiern. Doch auch wenn die zen­tralen Gedenkver­anstal­tun­gen nicht wie geplant stat­tfind­en kön­nen, gibt es immer noch kreative Möglichkeit­en im öffentlichen Raum zu gedenken. Anlässlich des #75Befreiung haben wir in Pren­zlau und in Berlin an Frauen* erin­nert, deren Biografien zum Teil mit dem KZ Ravens­brück ver­woben ist. Sie wur­den ver­fol­gt, weil sie Jüdin­nen waren, weil sie Kom­mu­nistin­nen und Antifaschistin­nen waren und auch, weil sie les­bisch waren.

Wir gedenken
Mar­garete Rosenberg
Elli Smula
Olga Benario-Prestes
Hen­ny Schermann
Hilde Radusch

Trotz Kon­tak­tsperre soll Gedenken weit­er­hin möglich sein! Anlässlich der Befreiung des KZ Ravens­brück hat die Ini­tia­tive für einen Gedenko­rt ehe­ma­liges KZ Uck­er­mark e.V. einen Pod­cast auf die Beine gestellt und außer­dem Plakate erstellt, die auf ihrer Web­seite run­terge­laden und auf den Straßen ange­bracht wer­den kön­nen. Danke für diesen wichti­gen Anstoß! Auch die Stiftung Bran­den­bur­gis­che Gedenkstätte hat ihr Gedenken online ver­lagert. In den weit­eren Wochen wer­den weit­ere Aktio­nen on- sowie offline fol­gen. Stay tuned!

Margarete Rosenberg und Elli Smula

Der Stolperstein von Elli Smula in der Singerstraße in Berlin ist wegen einer Baustelle erst nächstes Jahr wieder zu sehen
Der Stolper­stein von Elli Smu­la in der Singer­straße in Berlin ist wegen ein­er Baustelle erst näch­stes Jahr wieder zu sehen

Mar­garete Rosen­berg (geb. Qued­nau) und Elli Smu­la wur­den bei­de im Som­mer 1940 bei den Berlin­er Verkehrs­ge­sellschaft (BVG) dien­stverpflichtet. Im Sep­tem­ber 1940 erstat­tete ein_e Kolleg_in oder Vorgesetzte_r bei der Gestapo Anzeige gegen die bei­den, woraufhin diese eine einge­hende Unter­suchung und schließlich ‚Schutzhaft‘ anord­nete. Auf dem erhal­ten gebliebe­nen Schutzhaft­be­fehl von Mar­garete Rosen­berg ist „staatsab­träglich­es Ver­hal­ten“ als Begrün­dung ver­merkt, die Schutzhaft-Karteikarte besagt, sie habe „die Arbeit ver­nach­läs­sigt“. Ihnen wurde ange­lastet, „regen Verkehr mit Kam­eradin­nen ihres Betriebes in les­bis­ch­er Hin­sicht unter­hal­ten“ zu haben, „wodurch der Betrieb des Straßen­bahn­hofs Trep­tow stark gefährdet“ würde. Am 30. Novem­ber 1940 wur­den bei­de in das Konzen­tra­tionslager Ravens­brück deportiert. Dort wur­den sie zunächst als ‚asoziale‘, dann aber als poli­tis­che Häftlinge reg­istri­ert. Als Ergänzung taucht zudem der Ver­merk „les­bisch“ auf. Mar­garete Rosen­berg über­lebte die Haftzeit von mehr als vier Jahren mit schw­eren gesund­heitlichen Schä­den und starb 1985. Elli Smu­la kam 1943 in Ravens­brück um.

Quelle: https://sexualityandholocaust.files.wordpress.com/2018/09/claudia-pc3bcnjer.pdf

Olga Benario-Prestes

Olga Benario wird am 12. Feb­ru­ar 1908 als Tochter ein­er jüdis­chen Fam­i­lie in München geboren. Bere­its in den Münch­en­er Polizeiak­ten wird sie als „kom­mu­nis­tis­che Agi­ta­torin“ geführt. Mit 17 Jahren zieht sie nach Berlin-Neukölln und ist im Kom­mu­nis­tis­chen Jugend­ver­band (KJVD) aktiv. In Berlin-Neukölln wird sie bald zum Star der lokalen Kom­mu­nis­tis­chen Jugend und demon­stri­ert ihre Zivil­courage in einem Coup, der in den Berlin­er Zeitun­gen Schlagzeilen macht: Am 11. April 1928 führt sie den bewaffneten Über­fall des Gerichtssaals im Moabiter Gefäng­nis an und schafft es, den wegen Hochver­rats angeklagten Otto Braun zu befreien. Mit falschen Pässen erre­ichen Braun und Benario ein paar Tage später Moskau.

Ihre Beziehung bricht 1931 ab, weil Benario Brauns Eifer­sucht­san­fälle klein­bürg­er­lich find­et. 1935 reist sie auf Anord­nung der Kom­mu­nis­tis­chen Inter­na­tionale von Moskau aus mit dem brasil­ian­is­chen Rev­o­lu­tionär Luís Car­los Prestes nach Rio de Janeiro. Der von Prestes und der Kom­mu­nis­tis­chen Partei 1935 in Brasilien ini­ti­ierte rev­o­lu­tionäre Auf­s­tand scheit­ert. Olga und Luís Car­los Prestes wer­den 1936 ver­haftet. Trotz inter­na­tionaler Proteste wird Olga Benario hochschwanger im Sep­tem­ber 1936 von den brasil­ian­is­chen Behör­den an die Gestapo aus­geliefert. Im Frauenge­fäng­nis Barn­im­straße kommt ihre Tochter Ani­ta Leocá­dia am 27. Novem­ber 1936 zur Welt. Anfang 1938 wird Olga Benario von ihrer Tochter getren­nt, kommt in das Frauenkonzen­tra­tionslager Licht­en­burg und muss drei Jahre im KZ Ravens­brück ver­brin­gen bevor sie 1942 im Tode­strakt der „Heil- und Pflegeanstalt“ Bern­burg durch Kohlen­monox­id ermordet wird. Die Skulp­tur der Tra­gen­den von Will Lam­mert auf dem Gelände der Mahn- und Gedenkstätte Ravens­brück hat Olga Benario zum Vorbild.

Quelle: https://galerie-olga-benario.de/olga-benario/olgas-leben

Henny Schermann

Hen­ny Scher­mann wurde 1912 geboren und lebte in Frank­furt am Main. Ihre Eltern besaßen einen Schuh­laden, den sie auf­grund anti­semi­tis­ch­er Boykotte aufgeben mussten. Ab 1935 arbeit­ete Scher­mann als Verkäuferin und hat­te einen Sohn, Wal­ter Scher­mann. Am 13. Jan­u­ar 1940 wird sie unter nicht gek­lärten Umstän­den ver­haftet und im März 1940 in das KZ Ravens­brück ein­geliefert. Ein möglich­er Anlass ihrer Ver­haf­tung kön­nte eine Razz­ia in einem les­bis­chen Lokal gewe­sen sein. Dies ergibt sich aus ein­er Notiz des KZ-Arztes Friedrich Men­necke: „Jen­ny Sara Scher­mann, 19.02.12. Ffm, ledig, Verkäuferin in Ffm. Trieb­hafte Les­bierin, verkehrte nur in solchen Lokalen. Ver­mied den Namen ‚Sara’. Staaten­lose Jüdin.“ Am 10. Okto­ber 1940 wurde Hen­ny Scher­mann vom Konzen­tra­tionslager Ravens­brück in das Gerichts­ge­fäng­nis Pren­zlau über­führt. Den Angaben auf der Karteikarte zufolge wurde sie durch Urteil des Amts­gerichts Frank­furt a. Main vom 14. Juni 1940 wegen „Verge­hen gegen §§ 3 und 4 des Geset­zes vom 17.8.38“ zu ein­er Haft­strafe von zehn Tagen verurteilt. Dieses Gesetz bein­hal­tete, dass jüdis­che Men­schen ab dem 01. Jan­u­ar 1939 ihren Vor­na­men den Zwangsna­men „Sara“ bzw. „Israel“ hinzufü­gen mussten. Ende Okto­ber 1940 wurde sie wieder in das KZ Ravens­brück zurück­ge­bracht und von dort am 30. Mai 1942 in die Euthanasie- und Tötungsanstalt Bern­burg trans­portiert und ermordet.

Quelle: https://sexualityandholocaust.files.wordpress.com/2018/09/claudia-pc3bcnjer.pdf

Hilde Radusch

Hilde Radusch (geb. 6.11.1903 in Alt­damm, gestor­ben am 2.8.1994 in Berlin) ver­lässt im Alter von 18 Jahren ihr kon­ser­v­a­tives Eltern­haus in Weimar und zieht alleine nach Berlin, um sich dort im Kom­mu­nis­tis­chen Jugend­ver­band, später in der KPD, speziell im Roten Frauen- und Mäd­chen­bund, zu engagieren. Mit nur 26 Jahren wird sie für die näch­sten drei Jahre Stadtverord­nete für die Berlin­er KPD. Nach den Wahlen 1932, die große Stim­mengewinne der Nazis mit sich brin­gen, beteiligt sich Hilde Radusch zunächst noch am Auf­bau ein­er ille­galen Postleitung, was jedoch durch ihre Ver­haf­tung am 6.4.1933 unter­bun­den wird. Aus der “Schutzhaft” im Frauenge­fäng­nis in der Barn­im­strasse wird sie ent­lassen, noch bevor die Über­stel­lung poli­tis­ch­er Gefan­gener in ein KZ der Regelfall wurde. 1939 ver­liebt sie sich in Eddy, eine Nach­barin in der Oranien­burg­er Straße, die für die näch­sten 21 Jahre ihre Lebens­ge­fährtin wird. Hilde Radusch küm­mert sich um die Beschaf­fung der stark rationierten Lebens­mit­tel und organ­isiert Unter­schlupf für aus dem Gefäng­nis ent­lassene Frauen. For­t­an taucht sie mit Eddy in Prieros (Königs Wuster­hausen) unter und ver­bringt dort die let­zten Kriegstage in ein­er Holzhütte. Nach Kriegsende arbeit­et Hilde Radusch für das Bezirk­samt in der Abteilung “Opfer des Faschismus”.

Quelle: https://www.spinnboden.de/gedenken-erinnern/hilde-radusch.html

 

Nie Opfer, immer Kämpferin“ – Hilde Radusch
Nie wieder Krieg, nie wieder Faschismus!

 

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(Anti-)Rassismus Flucht & Migration

Sammelunterkünfte auflösen!

In der großen Erstauf­nah­meein­rich­tung für Flüchtlinge in Dober­lug-Kirch­hain gibt es erste bestätigte Coro­n­afälle, in Pots­dam ste­hen nach mehreren Infek­tio­nen alle 116 Bewohner*innen ein­er Gemein­schaft­sun­terkun­ft unter Quar­an­täne und auch Ober­hav­el meldet eine pos­i­tiv getestete Per­son in ein­er Gemein­schaft­sun­terkun­ft sowie mehr als 200 Bewohner*innen in Quar­an­täne, die heute getestet wer­den sollen.

Die ersten Coro­na-Fälle in Bran­den­burg­er Sam­melun­terkün­ften für Geflüchtete zeigen: Es muss jet­zt gehan­delt wer­den! Für einen wirk­samen Infek­tion­ss­chutz ist die Masse­nun­ter­bringung völ­lig ungeeignet und set­zt die Bewohner*innen einem hohen Risiko aus. Zahlre­iche Men­schen mit Behin­derun­gen, chro­nisch Kranke und andere Risiko­grup­pen leben weit­er­hin in den Masse­nun­terkün­ften. Um die dro­hende Quar­an­täne kom­plet­ter Heime zu ver­mei­den und die Geflüchteten vor ein­er Coro­n­ain­fek­tion best­möglich zu schützen, fordern wir:

Erstauf­nahme-Ein­rich­tun­gen leer ziehen!

Gemein­schaft­sun­terkün­fte entzer­ren und Men­schen dezen­tral unterbringen!

Risiko­grup­pen sofort raus aus den Sammelunterkünften!

Woh­nun­gen statt Lager!

Bran­den­burg hat Platz: Es muss jet­zt ein Rich­tungswech­sel stattfinden!
Zahlre­iche Flüchtling­sor­gan­i­sa­tio­nen kri­tisieren seit vie­len Jahren die Unter­bringung in Sam­melun­terkün­ften und fordern ein Recht auf ein selb­st­bes­timmtes Wohnen in Woh­nun­gen und Wohn­ver­bün­den. Die Unter­bringung in alter­na­tiv­en Wohnorten ist mach­bar. Coro­na macht noch ein­mal deut­lich: Es ist endlich an der Zeit, dass die Lan­desregierung Konzepte für eine Unter­bringung in Woh­nun­gen erar­beit­et und nicht weit­er­hin auf Masse­nun­ter­bringung setzt.
Um die Bewohner*innen der Sam­mel­lager kurzfristig zu schützen, kön­nen aber auch Kapaz­itäten im Touris­mussek­tor prag­ma­tisch genutzt wer­den. So kön­nten Szenar­ien, wie in anderen Bun­deslän­dern bere­its aufge­treten, ver­mieden wer­den: 244 pos­i­tiv getestete in Ell­wan­gen, Quar­an­täne für jew­eils hun­derte von Men­schen in Unterkün­ften in Hal­ber­stadt (Hunger­streik), Suhl und Bre­men. Diese Beispiele zeigen, was passieren kann, wenn Men­schen auf eng­stem Raum zusam­men leben müssen.
Die Posi­tion des Sozialmin­is­teri­ums, Vol­lquar­an­tä­nen ganz­er Unterkün­fte wenn möglich ver­mei­den zu wollen (Rund­schreiben 02/2020 des MSGIV), ist zwar begrüßenswert — bleibt aber ein leeres Ver­sprechen, wenn weit­er­hin viele Men­schen gezwun­gen sind auf engem Raum miteinan­der zu leben und löst auch das langfristige Prob­lem der Masse­nun­ter­bringung nicht.
Während die Stadt Pots­dam bere­its Geflüchteten und Obdachlosen in der Coro­n­akrise Bet­ten in Pen­sion­sz­im­mern zur Ver­fü­gung stellte und auch aus der Unterkun­ft in der Zep­pelin­straße nach Bekan­ntwer­den der Infek­tio­nen umge­hend umverteilt wurde, sodass alle auf das Virus neg­a­tiv getesteten Per­so­n­en sich seit let­zter Woche in einem Hotel oder Woh­nun­gen befind­en, leben zahlre­iche Geflüchtete in den Erstauf­nah­meein­rich­tun­gen und den anderen Sam­melun­terkün­ften des Lan­des weit­er­hin auf eng­stem Raum zusam­men und sind damit per­ma­nent ein­er Gefährdung aus­ge­set­zt (Märkische All­ge­meine, 9.4.2020, „Bewohn­er in Asyl­heim in Quar­an­täne“; PNN, 10.4.2020).

Sit­u­a­tion in der Außen­stelle der Erstauf­nahme Dober­lug-Kirch­hain spitzt sich zu
In der Erstauf­nah­meein­rich­tung Dober­lug-Kirch­hain mit 474 Bewohner*innen wur­den bish­er min­destens drei Per­so­n­en pos­i­tiv auf Coro­na getestet und sind in einem Con­tain­er unter Quar­an­täne gestellt. Bewohner*innen bericht­en, dass sich 15 weit­ere Men­schen in Quar­an­täne im fün­ften Stock des Fam­i­lienge­bäudes befind­en. Eine indi­vidu­elle Quar­an­täne sei dort jedoch nicht möglich: So teilen sich neg­a­tiv Getestete, die auf das Ende ihrer Quar­an­täne warten, mit Per­so­n­en, die noch ihr Testergeb­nis abwarten, Bad und Küche. Doch statt durch dezen­trale Umverteilung in kleinere Unterkün­fte mehr Platz für Quar­an­tänean­forderun­gen zu schaf­fen, set­zt die zen­trale Aus­län­der­be­hörde auf Abschot­tung: So wur­den mit Unter­stützung der Bun­deswehr Zelte auf dem Gelände aufge­baut (Lausitzer Rund­schau 9.4.2020), die einzige Busverbindung in den 5 km ent­fer­n­ten Ort wurde eingestellt.

Bewohner*innen rech­nen damit, dass es immer mehr Quar­an­täne- sowie Coro­n­afälle geben wird. „Wichtig ist uns: Wir brauchen Trans­parenz über die Zahlen der pos­i­tiv und neg­a­tiv Getesteten. Und auch darüber, wo sie alle unterge­bracht wer­den sollen“, sagt eine Bewohner­in. Eine andere erk­lärt: „Wir sind hier an einem Ort mit vie­len Begren­zun­gen unterge­bracht. Bäder, Küchen und Toi­let­ten sind beson­ders mor­gens über­füllt. Die Sit­u­a­tion wird sich während der Ramadan-Zeit ab dem 24. April noch ver­schlim­mern.“ Für jew­eils 50 Per­so­n­en ste­ht nur eine Küche zur Selb­stver­sorgung zur Ver­fü­gung. 70% der Bewohner*innen sind Mus­lime, die während des anste­hen­den Fas­ten­monats täglich auf ein bes­timmtes Zeit­fen­ster zum Essen und dessen Zubere­itung angewiesen sind. Prob­leme, den benötigten Abstand einzuhal­ten, sind unter diesen Bedin­gun­gen vor­pro­gram­miert. Auch bei der Inter­net­nutzung ist die notwendi­ge Dis­tanz schwierig einzuhal­ten, denn WLAN ist, wenn über­haupt, nur in bes­timmten Bere­ichen verfügbar.

Kontakt:

Flüchtlingsrat Bran­den­burg: +0331 71 64 99; info@fluechtlingsrat-brandenburg.de
We’ll Come Unit­ed Berlin/Brandenburg: 0163 1601783; community@welcome-united.org
Für Fra­gen zur aktuellen Sit­u­a­tion geflüchteter Men­schen mit ein­er Behin­derung in Sam­melun­terkün­ften: Hand­i­cap Inter­na­tion­al: +030 28043926; k.dietze@hi.org
Dober­lug-Kirch­hain Vere­int, Diana Stein­born: 0173 4802479; dk.vereint@gmail.com; Ini­tia­tive für Begeg­nung und Flüchtling­shil­fe in Doberlug-Kirchain

Gemein­same Pressemit­teilung von
Flüchtlingsrat Bran­den­burg, We‘ll Come Unit­ed Berlin Bran­den­burg, Hand­i­cap Inter­na­tion­al e.V, Inter­na­tion­al Women* Space, Women in Exile & Friends, Refugees Eman­ci­pa­tion, Kom­m­Mit e.V., Asyl in der Kirche Berlin-Bran­den­burg e.V., Refugee Assem­bly Bran­den­burg, Wir packen’s an e.V. – Nothil­fe für Geflüchtet, Jugendliche ohne Gren­zen Bran­den­burg, Refugee Law Clin­ic Berlin, Barn­im für alle, See­brücke Pots­dam, Flüchtlings­ber­atungsstelle des ev. Kirchenkreis­es Oberes Havel­land, ESTArup­pin e.V, Geflüchteten Net­zw­erk Cot­tbus, Migranten­beirat der Lan­deshaupt­stadt Pots­dam, Vor­stand des Aktions­bünd­nis Bran­den­burg, Bürger*innenasyl Barn­im, SV Babels­berg 03, Brigade Kon­rad Wolf, Dober­lug-Kirch­hain VerE­in, Alter­na­tives Jugend­pro­jekt 1260 e.V., S, Straus­berg, Net­zw­erk neue Nach­barn Werder, The­ater X, Aktions­bünd­nis „Offenes MOL“ Märkisch Oder­land, Space2groW, colab­o­ra­tive Reichenow e.V., Kul­tur in der Alten Schäfer­ei e.V. Reichenow, Haus des Wan­dels e.V. Stein­höfel-Hein­ers­dorf, Demokratis­ches Jugend­fo­rum e.V., Dr. med. Nora Waw­erek, Fachärztin für All­ge­mein­medi­zin, Lunow, Dipl.Med. Almut Berg, Fachärztin für All­ge­mein­medi­zin und Psy­chother­a­pie, Lunow, Dr. Ver­be­na Bothe

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Geschichte & Gedenken Sonstiges

75. Jahrestag Befreiung KZ Ravensbrück

Liebe Über­lebende, liebe Ange­hörige, liebe Freund_innen und Genoss_innen!
Dieses Jahr kön­nen wir uns nicht zu ein­er gemein­samen Gedenk­feier auf dem ehe­ma­li­gen Lagergelände tre­f­fen. Das macht uns trau­rig. Doch wir möcht­en euch aufrufen und ein­laden, an diesem Tag trotz­dem ein Zeichen zu setzen:
Wir haben einen Pod­cast (Radiosendung) für euch erstellt, den ihr ab dem 18. April von unser­er Web­site herun­ter­laden oder in eini­gen freien Radios hören kön­nt – mit Reden zur Befreiungs­feier, Musik, Gedicht­en, Zitat­en von Über­leben­den und einem Überblick zur Geschichte und Nachgeschichte des Lagers. Hört euch die Sendung an und sagt sie anderen weit­er! Ihr find­et sie hier: http://gedenkort-kz-uckermark.de/info/aktuelles.htm#

Wir haben Plakate gestal­tet und hof­fen, dass sie weite Ver­bre­itung find­en – und an vie­len Orten zu einem kurzen Innehal­ten, zum Nach­denken und zum Han­deln anre­gen. Druckt sie aus, hängt sie auf und schickt sie über eure Social Media-Kanäle: http://gedenkort-kz-uckermark.de/assets/downloads/2020_75Jahrestag_Plakate.pdf

Malt eigene Tran­spis und hängt sie an Balkone und Fen­ster! Wir freuen uns über Fotos von allen Gedenkze­ichen für unsere Web­site! Und schickt uns gerne auch welche, falls ihr am 18. April vielle­icht doch zum Gedenkstein auf dem ehe­ma­li­gen Lagergelände geht. Lasst uns auch in diesem Jahr zusam­men gedenken. An vie­len Orten, mit unter­schiedlichen Zeichen, und doch mit dem gle­ichen Ziel. Antifaschis­mus braucht starke Bünd­nisse. Eure Ini­tia­tive für einen Gedenko­rt ehem. KZ Uckermark
Am 19. April gedenken wir gemein­sam mit der Lagerge­mein­schaft Ravensbrück/Freundeskreis e.V. der Opfer des Frauen-KZ Ravens­brück (siehe auch Online-Ange­bot der Mahn- und Gedenkstätte unter: https://www.ravensbrueck-sbg.de/).

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Unfor­tu­nate­ly, we did not yet have time to trans­late this infor­ma­tion into oth­er lan­guages. How­ev­er, we try to pro­vide an Eng­lish trans­la­tion as soon as pos­si­ble. Thank you for your patience!
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Ini­tia­tive für einen Gedenko­rt ehe­ma­liges KZ Uck­er­mark e.V.
Lausitzer­str. 10
Auf­gang B
D‑10999 Berlin
E‑Mail: info@gedenkort-kz-uckermark.de
Web: www.gedenkort-kz-uckermark.de

Bankverbindung:
Ini­tia­tive Gedenko­rt KZ Uckermark
DE61 4306 0967 7924 5544 00
GLS-Bank

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Kein Gedenken an lesbische NS-Opfer in Ravensbrück

Vom 17. bis zum 19. April waren Ver­anstal­tun­gen zum 75. Jahrestag der Befreiung des Frauen-Konzen­tra­tionslagers Ravens­brück geplant, die im Zuge der Coro­na-Maß­nah­men nun abge­sagt wur­den. Dabei sollte nicht nur das Gedenken an les­bis­che NS-Opfer the­ma­tisiert wer­den, son­dern auch erneut die umstrit­tene „Gedenkkugel” niedergelegt werden.

Das offizielle Gedenken an les­bis­che Frauen ist längst über­fäl­lig!“, sagt Irmes Schwa­ger, die sich in der Ini­tia­tive Autonome fem­i­nis­tis­che Frauen und Les­ben aus Deutsch­land und Öster­re­ich engagiert. Die Ini­tia­tive legt den Fokus auf das Gedenken und Erin­nern an les­bis­che Frauen*, die von den Nation­al­sozial­is­ten inhaftiert und ermordet wur­den. In Koop­er­a­tion mit der franzö­sis­chen Gruppe Mémoires en chantier woll­ten sie zum 75. Jahrestag der Befreiung des Frauen-Konzen­tra­tionslagers Ravens­brück gemein­sam in einem Raum die bei­den Ausstel­lun­gen „Die Gedenkkugel: Chronik ein­er Sicht­barkeit – Die Ver­fol­gung les­bis­ch­er Frauen in der NS-Zeit und die Bedeu­tung des Gedenkens“ und „Con­stel­la­tions brisées“ präsen­tieren. Auf­grund der Auswirkun­gen des Coro­n­avirus wurde die Ver­anstal­tung in der Mahn- und Gedenkstätte abgesagt.

Kampf um die Anerken­nung les­bis­chen Gedenkens
Lebenswege nachze­ich­nen und sicht­bar machen: Diesen Ansatz ver­fol­gen die Aktivist*innen von Mémoires en chantier mit ihrem Pro­jekt „Con­stel­la­tions brisées“. Die Mul­ti­me­di­aausstel­lung soll mith­il­fe dig­i­taler Karten Auf­schluss über den Wider­stand, die Liebe und Fre­und­schaften unsicht­bar gewor­den­er, les­bis­ch­er Frauen aus ganz Europa geben. Anhand der Biografien der nach Ravens­brück deportierten KZ-Insassin­nen Mar­guerite Chab­iron, Suzanne Leclézio und Yvonne Zeigel, die franzö­sis­che Widerstandskämpfer*innen waren, sowie der bei­den deutschen Les­ben Elsa Con­rad und Hen­ny Scher­mann wollte die Gruppe ihre Arbeit in der Mahn- und Gedenkstätte vorstellen. Doch auch wenn die Ausstel­lungseröff­nung bis auf Weit­eres ver­schoben wurde, sind die Porträts von Chab­iron, Con­rad und Scher­mann bere­its online zugänglich. Unab­hängig davon, betont Suzette Robi­chon, eine Aktivistin der Gruppe: „Es bleibt für uns unglaublich wichtig, nach Ravens­brück zu kommen“.

Bild: Ina Rosenthal

Um eine offizielle Anerken­nung les­bis­chen Gedenkens kämpft die Ini­tia­tive Autonome fem­i­nis­tis­che Frauen und Les­ben aus Deutsch­land und Öster­re­ich. 2015 legte die Ini­tia­tive zum ersten Mal eine Gedenkkugel für die les­bis­chen Opfer des NS-Regimes auf dem Gelände des ehe­ma­li­gen KZ Ravens­brück nieder. Diese wurde aber von der Leitung wieder ent­fer­nt, weil der Vor­gang nicht offiziell genehmigt war. „Es wurde ver­sucht, etwas zum Schweigen zu brin­gen, was spricht!“, erin­nert sich Irmes Schwager.

Über die Art und Weise, wie les­bis­ch­er NS-Opfer gedacht wer­den soll, wird schon seit den 80er-Jahren gestrit­ten. Denn nach dem Strafrecht des NS-Staats wur­den allein Män­ner auf­grund homo­sex­ueller Hand­lun­gen krim­i­nal­isiert und dafür ins KZ gebracht. Eine ver­gle­ich­bare strafrechtliche Ver­fol­gung les­bis­ch­er Frauen gab es zumin­d­est in Deutsch­land nicht. Doch wie aus der lei­der immer noch sehr lück­en­haften Forschung zum The­ma her­vorge­ht, gal­ten Les­ben als „entartet“ oder „ver­rückt“. Sie wur­den aus anderen Grün­den denun­ziert, ver­fol­gt und ermordet. Auch standen in den Lagern les­bis­che Hand­lun­gen unter Strafe.

Den­noch stellt sich die Mahn- und Gedenkstätte Ravens­brück bis­lang quer, der Kugel einen fes­ten Platz zu geben. Auch der LSVD Bran­den­burg zog 2018 seinen Antrag auf Unter­stützung zurück. Am Jahrestag der Befreiung sollte deswe­gen die Kugel erneut in Ravens­brück niedergelegt wer­den. Die Absage bedeutet lei­der einen weit­eren Rückschlag für die Frauen* der Ini­tia­tive. Doch auch wenn unklar ist, was die Zukun­ft brin­gen wird und ob die Kugel jemals einen fes­ten Platz in der Gedenkstätte bekommt: die Aktivist*innen wer­den uner­müdlich für die Anerken­nung und Sicht­bar­ma­chung les­bis­chen Gedenkens kämpfen.

Inforiot