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Antifaschismus Law & Order

Cottbuser Justiz lässt Betroffene erneut im Stich

Cottbuser Justiz lässt Betroffene rechter und rassistischer Gewalt erneut im Stich

Der für gestern anber­aumte Ver­hand­lung­ster­min am Amts­gericht Cottbus
gegen Thomas Andy S., Neon­azi und Kampf­s­portler aus Sprem­berg, wurde
erneut ver­schoben. Thomas Andy S. wird vorge­wor­fen, bere­its im Dezember
2016 einen afghanis­chen Geflüchteten aus ras­sis­tis­chen Motiven
ange­grif­f­en und schw­er ver­let­zt zu haben. Der Geschädigte erlitt einen
Kiefer­bruch und lei­det bis heute an den Tatfolgen.

Wir sind in Gedanken bei dem Betrof­fe­nen der ras­sis­tis­chen Gewalttat
und wün­schen ihm viel Kraft. Sein Lei­densweg und der sein­er Angehörigen
ver­längert sich nun weit­er“, erk­lärt Mar­tin Vese­ly, Berater der
Opfer­per­spek­tive. „Lei­der ist dies kein Einzelfall. Betrof­fene rechter
und ras­sis­tis­ch­er Gewalt ver­lieren den Glauben an die deutsche Justiz,
wenn sie mit der Real­ität im Gerichts­bezirk Cot­tbus kon­fron­tiert werden.“

Der Betrof­fene hat­te gemein­sam mit einem Ver­wandten eine Diskothek in
Sprem­berg besucht. Thomas Andy S. arbeit­ete an diesem Tag als Türsteher
der Diskothek. Nach dem Ver­lassen der Örtlichkeit sollen die Betroffenen
von Thomas Andy S. und einem unbekan­nt gebliebe­nen Mit­täter mit dem Auto
ver­fol­gt und abgepasst wor­den sein. Die Män­ner stiegen aus und schlugen
auf ihr Opfer ein. Der Geschädigte ist sich sich­er, in den Angreifern
die Türste­her der zuvor besucht­en Diskothek wieder­erkan­nt zu haben.

Nun wurde der Ter­min zur Erstver­hand­lung am Amts­gericht bere­its zum
drit­ten Mal ver­schoben. Es ist unwahrschein­lich, dass es noch im Jahr
2020 zu ein­er erneuten Anset­zung des Ver­fahrens kommt.

Thomas Andy S. ist Teil der extrem recht­en Kampf­s­port­szene im Raum
Cot­tbus. Für die „Kampfge­mein­schaft Cot­tbus“ nahm er an neonazistischen
Kampf­s­portver­anstal­tun­gen wie dem „Kampf der Nibelun­gen“ und „Tiwaz –
der Kampf der freien Män­ner“ teil. Somit gilt er als Teil eben jenes
extrem recht­en Net­zw­erks, gegen das sich im ver­gan­genen Jahr eine
Groß-Razz­ia der Polizei richtete und bei dem gegen eine Vielzahl von
Tatverdächti­gen wegen Bil­dung ein­er krim­inellen Vere­ini­gung ermittelt
wird. Auch der im März diesen Jahres in Cot­tbus ermordete Mar­tin M.
gehörte zu densel­ben Kreisen.

Die Ermit­tlun­gen gegen das rechte Net­zw­erk in Cot­tbus führten
tat­säch­lich zu einem Rück­gang von Gewalt­tat­en aus der organisierten
recht­en Szene. Bere­its kurz nach der Razz­ia äußerte die Opferperspektive
die Befürch­tung, dass eventuell erzielte Erfolge bei fehlender
kon­se­quenter Strafver­fol­gung durch die Jus­tiz auf Sand gebaut sein
kön­nten. Der Anschlag auf das Pri­vatau­to der Grünen-Lokalpolitikerin
Bar­bara Dohmke am ver­gan­genen Woch­enende deutet aus Sicht der
Beratungsstelle darauf hin, dass diese Befürch­tung nun Real­ität wird.

Das Ver­sagen bei der gerichtlichen Aufar­beitung des rassistischen
Angriffs in Sprem­berg rei­ht sich ein in eine lange Liste verschleppter
Ver­fahren gegen rechte Gewalt­täter im Gerichts­bezirk Cot­tbus. „In
Cot­tbus herrscht de fac­to Straf­frei­heit für rechte Gewalt­täter. Der
Rechtsstaat ist im Raum Cot­tbus nicht in der Lage, Betrof­fene rechter
und ras­sis­tis­ch­er Gewalt zu schützen“, so Mar­tin Vese­ly. „Mit­tler­weile
stellen wir uns die Frage, ob es im Gerichts­bezirk Cot­tbus über­haupt ein
Inter­esse an der Ver­fol­gung extrem rechter Straftat­en gibt. Bei
Staat­san­waltschaft und Gericht scheint eine Kul­tur des Desinteresses
vorzuherrschen.“

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(Anti-)Rassismus

Erinnern heißt Verändern.

Am 19. August wird es sechs Monate her sein, dass in Hanau ein Ras­sist neun Men­schen erschoss, die nicht in sein Welt­bild passten. Am 25. August sind es drei Monate, seit George Floyd vor laufend­en Kam­eras auf der Straße getötet wurde. Die Atten­täter von Halle und Kas­sel ste­hen ger­ade vor Gericht. All diese Tat­en rei­hen sich ein in unzäh­lige ras­sis­tis­che Morde: Der Ras­sis­mus spal­tet unsere Gesellschaften seit Jahrhun­derten, mit tödlich­er Konsequenz.

Wir rufen gemeinsam zur Demonstration und Gedenken auf: In Potsdam am 22.8.2020, dem Samstag nach dem 19. August.

Die (Sicherheits-)Behörden in Deutsch­land ver­sagen allzu oft oder sind gar selb­st ver­strickt in ras­sis­tis­che Prak­tiken: Opfer wer­den alleine gelassen oder wer­den wie beim NSU-Ter­ror von der Polizei ins Visi­er genom­men. Auch Hin­terbliebene der Opfer von Hanau bericht­en heute wieder von der Igno­ranz, die ihnen von Behör­den ent­ge­genge­bracht wird.
Die Geschichte wieder­holt sich.

Täglich wer­den neue Aus­maße des NSU 2.0 aufgedeckt, in dem Polizis­ten ille­gal per­sön­liche Dat­en von unlieb­samen Men­schen abfra­gen und Drohmails ver­schickt wer­den. Der Innen­min­is­ter Horst See­hofer spielt aber lieber weit­er Blinde Kuh und weigert sich eine grundle­gende Unter­suchung zum Ras­sis­mus in den Sicher­heits­be­hör­den zuzulassen.

Aber dass Ras­sis­mus kein vere­inzeltes Phänomen ist, dass diese Gewalt­tat­en nicht von “Einzeltätern” verübt wer­den, muss die deutsche Gesellschaft endlich begreifen. Ras­sis­mus ist ein struk­turelles Prob­lem, welch­es Ungle­ich­heit durch alle Bere­iche unseres Lebens sät.

Rechter Ter­ror hat in Deutsch­land Kon­ti­nu­ität. Er trifft meist Men­schen, die die Täter als nicht-“biodeutsch” einord­nen. Seit der Wiedervere­ini­gung wur­den min­destens 82 Men­schen ermordet, weil sie den Tätern nicht weiß genug waren. Vor kurzem starb auch Noël Mar­tin, 24 Jahre nach­dem er von bran­den­bur­gis­chen Nazis gejagt wurde und den Rest seines Lebens quer­schnittgelähmt war.

Wir unter­stützen die Forderun­gen der Ini­tia­tive 19. Feb­ru­ar Hanau nach Gerechtigkeit, Aufk­lärung und Kon­se­quen­zen. Wir erk­lären uns sol­i­darisch mit der Forderung der Mut­ter von Fer­hat Unvar nach direk­ter Unter­stützung der Hin­terbliebe­nen und der Grün­dung ein­er Stiftung, die sich der Aufk­lärung gegen Ras­sis­mus verschreibt.

Die Auseinan­der­set­zung darf nicht aufhören. Die seit Monat­en anhal­tenden Proteste zeigen: Wir nehmen es nicht länger hin!

Erin­nern heißt Verändern.

In Gedenken an Fer­hat Unvar, Gökhan Gül­tekin, Hamza Kur­tović, Said Nesar Hashe­mi, Mer­cedes Kier­pacz, Sedat Gür­büz, Kalo­jan Velkov, Vili Viorel Păun, Fatih Saraçoğlu, George Floyd, Bre­on­na Tay­lor, Oury Jal­loh, Noël Mar­tin, Rita und alle anderen Betrof­fe­nen ras­sis­tis­ch­er Gewalt.

Route: Bran­den­burg­er Tor, Schopen­hauer­straße, Char­lot­ten­straße, Dor­tus­traße, Bre­ite Straße, Landtag

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Antifaschismus

KW ist nicht eure Alternative!

Die „Alter­na­tive für Deutsch­land“ eröffnet am 7. August 2020 ein neues Bürg­er­büro in Königs Wuster­hausen. Zuge­gen sein wer­den Den­nis Hohloch und Andreas Kalb­itz, Land­tagsab­ge­ord­nete und Mit­glieder der recht­sex­trem­istis­chen AfD im Land­kreis Dahme-Spree­wald. Zusam­men wollen sie von hier aus nun einen Hafen für ras­sis­tis­che, antifem­i­nis­tis­che, islam­o­phobe – schlicht regres­siv recht­sradikale Poli­tik schaf­fen. Diese Gefahr ist nicht zu unter­schätzen! Bere­its in den 90er Jahren ist es Rechtsextremist*innen gelun­gen eine neon­azis­tis­che Anlauf­stelle für Poli­tik von rechts-außen direkt in der Stadt­mitte Königs Wuster­hausens zu erricht­en. Die Resul­tate waren ver­heerend. Gewal­texzesse, Ver­fol­gun­gen, wüste Beschimp­fun­gen und ständi­ge Angst unter demokratisch denk­enden Politiker*innen, LGBTIQ* Per­so­n­en, Antifaschist*innen oder Men­schen mit Migra­tionsh­in­ter­grund blieben lange Alltag.

Direk­te Par­al­le­len sind klar auch zur heuti­gen Büroeröff­nung zu ziehen.

Andreas Kalb­itz, ein­er der Wegbereiter*innen des recht­sradikalen „Flügels“ inner­halb der AfD, tief ver­strickt in neon­azis­tis­che Struk­turen Bran­den­burgs, begin­nt unter dem Deck­man­tel der Neokon­ser­v­a­tiv­ität nun in Königs Wuster­hausen neuen Fuß zu fassen. Der kür­zliche Rauss­chmiss sein­er Per­son auf der AfD wird an diesem Umstand nicht ändern. Der Kreisver­band Dahme-Spree­wald bekan­nte sich zu dem alt­bekan­nten Recht­sex­trem­is­ten und stellte sich bei sein­er Vertei­di­gung vor der Partei­in­ter­nen Bun­dess­chied­skom­mis­sion vol­lends hin­ter ihn. Um die AfD im LDS scharen sich seit jeher Neon­azis aus dem Umfeld der „Freien Kräfte KW“, ein­er ehe­mals rege aktiv­en recht­sradikalen Lokalgruppierung.

Um dem ent­ge­gen­zutreten, bunt, laut, mit Lebens­freude und Vielfalt rufen wir alle demokratis­chen Kräfte, Per­so­n­en, Parteien und Bünd­nisse auf um zu zeigen „KW ist nicht eure Alter­na­tive!“. Wir wollen dem Recht­sex­trem­is­mus klar die Schranken weisen. Königs Wuster­hausen bleibt bunt! Unsere Sol­i­dar­ität miteinan­der wird sich in kein­er Weise von recht­sex­trem­istis­chen Kräften spal­ten lassen. Wir sind bunt. Wir sind laut. Wir sind mehr.

Sol­i­darische Grüße
Antifaschis­tis­ch­er Stammtisch Königs Wusterhausen

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Antifaschismus

8. August: Naziaufmarsch in Berlin und Umland?

Am kom­menden Sonnabend, den 8. August, haben Neon­azis um die Freien Kräfte und NPD/JN eine Kundge­bung zum sog. »Tag des poli­tis­chen Gefan­genen« in Hen­nigs­dorf angekündigt. Ursprünglich sollte die Ver­anstal­tung im März stat­tfind­en, wurde jedoch Coro­na-bed­ingt ver­schoben. Bere­its das Datum (8.8. = 88 = Heil Hitler) offen­bart einen klaren NS-Bezug, neben der inhaltlichen Bezug­nahme auf promi­nente Holocaust-Leugner*innen wie Ursu­la Haver­beck und den Kriegsver­brech­er Erich Priebke. Priebke wurde in Hen­nigs­dorf geboren und dient als Iden­ti­fika­tions­fig­ur der recht­en Szene.

Ursprünglich war die Nazikundge­bung in Hen­nigs­dorf für 13 Uhr angekündigt. Nun hat der Organ­i­sa­tion­skreis jedoch verkün­det die Nazis sollen sich zwis­chen »12.30 Uhr & 13 Uhr am Bahn­hof«“ tre­f­fen und von dort aus gäbe es »dann alles weit­ere«“.

Dafür, dass es sich bei der Ver­anstal­tung um eine angemeldete Stand­kundge­bung han­delt, riecht diese Ankündi­gung stark nach einem Vortr­e­ff­punkt für eine weit­ere Aktion. Ein Auf­marschver­such ist nicht wahrschein­lich, den­noch ist Wach­samkeit angesagt!

Mehrere Optio­nen sind möglich:

1. Sie ziehen zum Geburtshaus von Erich Priebke in Hen­nigs­dorf. Der Stan­dort ist nicht bekannt.

2. Sie führen eine Gedenkak­tion für Rudolf Heß durch. Auf Face­book postete die Orga­gruppe vor eini­gen Wochen ein Bild, wo sie ein Trans­par­ent malen mit der Auf­schrift »Ich bereue nichts«“, dem Schluss­wort des Hitler­stel­lvertreters Rudolf Heß im Nürn­berg­er Prozess. Auch Priebke hat­te bis zu seinen Tod keine Reue gezeigt. Später wurde das Bild von der Seite genom­men. Am 17. August beg­ing Heß Suizid. Dieses Datum nutzten Neon­azis in der Ver­gan­gen­heit um ihm in Berlin-Span­dau zu huldigen. Die Ter­min­liche Nähe zu Heß’s Todestag legt eine solche Gede­nak­tion für ihn nahe. Im Jahr 2018 trafen sie sich zum Teil im benach­barten Falkensee um gemein­sam zum Heß-Auf­marsch in Berlin-Span­dau anzureisen. Erin­nert sei hier auch an die Fakean­mel­dun­gen der Nazis im August 2018, die den Gegen­protest in die Irre leit­eten und den Nazis einen Heß-Gedenkmarsch im Berlin­er Stadtzen­trum ermöglichte.

Es ist darum nicht auszuschließen, dass Hen­nigs­dorf ein Sam­melort ist um von dort nach Berlin zu fahren und dort ungestört aufzu­marschieren. Die Fahrt von Hen­nigs­dorf nach Span­dau oder in die Berlin­er Innen­stadt dauert eine Halbe Stunde.

Die Neon­aziszene in Berlin/Brandenburg ver­buchte in den let­zten Jahren herbe Nieder­schläge. Die dur­chaus mobil­isierungsstarken „Nein zum Heim“ Proteste bracht­en nicht den erwün­scht­en Erfolg für die Bewe­gung. Von der ras­sis­tis­chen Stim­mung prof­i­tierte die AfD, klar als Nazidemos erkennbare Ver­anstal­tun­gen wer­den von bre­it­en Protesten begleit­et und erzie­len wed­er die pro­pa­gan­dis­tis­che Wirkung nach außen, noch stärken sie das Gemein­schafts­ge­fühl nach innen. Zahlre­iche Ver­anstal­tun­gen und Fes­ti­vals mussten wegen Coro­na aus­fall­en, dif­fuse Zusam­menset­zun­gen der Hygiene-Demon­stra­tio­nen bieten wenig Anschluss für extrem rechte Akteur*innen. Die Kundge­bung in Hen­nigs­dorf ist eine Möglichkeit radikal nach innen zu wirken um Selb­ster­mäch­ti­gung zu erlan­gen. Auch wenn in Hen­nigs­dorf nur mit 40 Nazis plus zu rech­nen ist, so ist dies kein Grund sie laufen zu lassen.

Auf­grund dieser Infor­ma­tion­slage und unser­er Erfahrun­gen, wer­den wir den Anreisepunkt am 8. August nach vorn ver­legen und rufen auch die Bran­den­burg­er Grup­pen dazu auf, bei ihrer Anreise nach Hen­nigs­dorf sich mit den Berlin­er Antifaschist*innen am Gesund­brun­nen zu sam­meln. Dies ermöglicht uns im Falle eines Auf­marschver­such­es eine größere Flex­i­bil­ität und bietet zudem mehr Sicher­heit für Nazigegner*innen bei der Anreise.

8. August 2020
Treffpunkt: 11.00 Uhr, S‑Bhf. Gesundbrunnen (Mc Donalds)
Abfahrt: 11.22 Uhr | Ankunft: 11.47 Uhr

Für den Tag gilt: Hal­tet Abstand zu einan­der, tragt den Mund-Nasen-Schutz, nehmt euch aus­re­ichend Wass­er und Son­nen­schutz mit und bleibt mobil!

Infos unter: www.inforiot.de/hennigsdorf

Antifa-Vor­bere­itungskreis gegen die Nazikundge­bung in Hennigsdorf

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Antifaschismus

Nie wieder Faschismus!

Sa. 8. August 2020

12.00 Uhr | S‑Bhf. Hennigsdorf

Anreise:

Berlin: 11.00 Uhr, S‑Bhf. Gesund­brun­nen (Mc Donalds)

Es kann sein dass es einen Auf­marsch oder eine andere spon­tane Aktion geben wird!!

Info Update #1:

https://inforiot.de/8‑august-naziaufmarsch-in-berlin-und-umland/

Aufrufende Gruppen:

VVN-BdA-Berlin, VVN-BdA-Bran­den­burg, North East Antifa [NEA], F_Antifa Bran­den­burg, Antifa Oranien­burg, Die LINKE BO Merk­ste Sel­ba, Offenes NIKA-Tre­f­fen Berlin, Antifaschist*innen aus Ober­hav­el, Emanzi­pa­torische Antifa Pots­dam [EAP]Antifa Jugend Bran­den­burg an der Hav­el, Antifaschis­tis­ches Kaf­feekränzchen (AKK), Jugend Antifa Süd­ber­lin, Rote Hil­fe Berlin, Pankow­er Aktivis­tis­che Orga, Emazi­pa­tive & Antifaschis­tis­che Gruppe Berlin [EAG], DKP Berlin, Grüne Jugend Bran­den­burg.

Wenn ihr den Aufruf unter­stützen wollt schreibt eine Mail an kon­takt (at) inforiot.de
Infos unter: inforiot.de und antifa-nordost.org


Nie Wieder Faschismus! Gegen NS-Verherrlichung und die Instrumentalisierung des »Tages des politischen Gefangenen!«

Für den 8. August mobil­isieren Neon­azis zu einem soge­nan­nten »Tag der Poli­tis­chen Gefan­genen« nach Hen­nigs­dorf. Die Kundge­bung, die vor allem von Freien Kräften aus der Region und der NPD-Jugend Junge Nation­aldemokrat­en (JN) getra­gen wird, hat in erster Lin­ie NS-Ver­her­rlichung zum Ziel. Hier­für instru­men­tal­isieren sie gezielt den »Tag des poli­tis­chen Gefan­genen«, der von der poli­tis­chen Linken als Sol­i­dar­ität­stag für linke Gefan­gene began­gen wird. Die gesamte Nazi­in­sze­nierung soll vor dem zen­tralen Hen­nigs­dor­fer Mah­n­mal für die Opfer des Faschis­mus abge­hal­ten wer­den, um deren Andenken zu entwei­hen. Wir wer­den diese Pro­voka­tion nicht zulassen und rufen darum für den 8. August zum aktiv­en Gegen­protest auf!

18. März – Tag des politischen Gefangenen

Der 18. März erin­nert an den Auf­s­tand der Paris­er Kom­mune vom 18. März bis zum 28. Mai des Jahres 1871, sowie an ihre Zer­schla­gung und die darauf fol­gende Repres­sion. Mehr als 30.000 Men­schen wur­den im Zuge der »bluti­gen Mai­woche« ermordet und über 40.000 Men­schen in franzö­sis­chen Gefäng­nis­sen inhaftiert. Der 18. März wird seit­dem als Tag der Paris­er Kom­mune beze­ich­net. 1923 erk­lärte ihn die Inter­na­tionale Rote Hil­fe zum »Inter­na­tionalen Tag der Hil­fe für die poli­tis­chen Gefan­genen«. Die Rote Hil­fe ist eine linke, strö­mungsüber­greifende Sol­i­dar­ität­sor­gan­i­sa­tion, die Men­schen finanziell und juris­tisch unter­stützt, die beispiel­sweise im Zuge von Streiks oder Protesten Repres­sion erfahren. Die Rote Hil­fe der 30er Jahre war eine Organ­i­sa­tion aus der Arbeiter*innenschaft für die Arbeiter*innenschaft und spielte eine wichtige Rolle im Wider­stand gegen die Nazis. Nach­dem viele der bekan­nten SPD und KPD-Mit­glieder durch die Gestapo ver­haftet wur­den, half die Rote Hil­fe den Fam­i­lien der Inhaftierten mit Geld und Lebens­mit­teln. Es waren ger­ade die Frauen in der Roten Hil­fe, die hier einen wichti­gen Teil dieser Arbeit leis­teten. Erst lange nach dem Ende des deutschen Faschis­mus wurde der 18. März in Deutsch­land im Jahre 1996 als Aktion­stag wiederbeleb

Verehrung lupenreiner Nazis

Um die Nähe zum 18. März herzustellen, sollte der von Neonazis organ­isierte nationale »Tag des poli­tis­chen Gefan­genen« wie in den let­zten zwei Jahren im März stat­tfind­en. Dass die rechte Pro­pa­gan­dashow nach dem Lock­down nun am 8.8. stat­tfind­en soll, ste­ht dieser Ver­anstal­tung sehr gut zu Gesicht. Der Zahlen­code 88 ste­ht unter Neon­azis für die Parole »Heil Hitler!« (88 = HH). Und nichts anderes als eine »Heil Hitler!«-Kundgebung ist es,was uns in Hen­nigs­dorf erwartet. Ein Blick auf die Flug­blät­ter mit denen für die Aktion gewor­ben wird, macht deut­lich, wohin die Reise inhaltlich an diesem Tag gehen wird. Gewor­ben wird mit den Gesichtern von Ursu­la Haver­beck, Erich Priebke und Julian Assange.

Die 92-jährige Haver­beck ist ein Urgestein der deutschen Naz­ibewe­gung. Sie war Mit­glied zahlre­ich­er Nazior­gan­i­sa­tio­nen vor und nach dem Ende des zweit­en Weltkrieges. Die Liste dieser Organ­i­sa­tio­nen ist min­destens genau so lang wie die Liste der Gericht­sprozesse, in denen sie sich wegen Volksver­het­zung ver­ant­worten musste. Nicht nur Haver­beck ist eine knall­harte Holo­caustleugner­in, sie ist auch aktives Mit­glied im »Vere­in zur Reha­bil­i­tierung der wegen Bestre­it­ens des Holo­caust Ver­fol­gten« (VRBHV). Mit Größen dieser Szene, wie Ernst Zün­del war und ist sie per Du. Seit 2018 sitzt sie in Biele­feld in Haft.

Bei Erich Priebke han­delt es sich um einen verurteil­ten Kriegsver­brech­er. Hen­nigs­dorf ist sein Geburt­sort, weshalb sein­er Per­son unter Nazis in der Region ein gesteigert­er Iden­ti­fika­tion­swert zukommt. 1998 war Priebke zu lebenslänglich­er Haft verurteilt wor­den, da er am 4. März 1944 in Rom die Hin­rich­tung von 335 Men­schenmas­ge­blich geleit­et hat­te. (1) Er beteuerte immer wieder nichts zu bereuen und gefiel sich in dieser Rolle, was ihm in der extremen Recht­en einen hohen Kult­sta­tus ver­lieh. Passend dazu haben die Neon­azis für ihre Kundge­bung ein Ban­ner vor­bere­it­et, welch­es die Losung »Ich bereue nichts« trägt. Hier­bei han­delt es sich um ein Zitat des Hitler­stel­lvertreters Rudolf Heß. Dieser war aktiv an der Juden­ver­nich­tung beteiligt und sagte während der Nürn­berg­er Kriegsver­brecher­prozesse: »Ich bin glück­lich zu wis­sen, daß ich meine Pflicht getan habe [] als Nation­al­sozial­ist, als treuer Gefol­gs­mann meines Führers. Ich bereue nichts.«  Warum aus­gerech­net auf zwei Nazis Bezug genom­men wird, die schon lange nicht mehr im Knast sitzen, ganz ein­fach weil sie schon seit Jahren tot sind, ist klar. Es geht darum ihnen als Mär­tyr­er zu huldigen und die von ihnen began­genen Tat­en zu verherrlichen!

Dass aus­gerech­net Wik­ileaks­grün­der Julian Assange in einer Rei­he mit diesen knall­harten Anti­semiten aufge­führt wird, ist ein offen­sichtlich­er und zugle­ich bil­liger Pro­pa­gan­da­trick. Die Abbil­dung von Assange soll der Ver­anstal­tung eine gesellschaftliche Anschlussfähigkeit und Legit­im­ität ver­lei­hen, die mit alten Nazi­knochen wie Haver­beck und Priebke nicht zu machen ist. Assange hat Staats­ge­heimnisse gelüftet, welche für die poli­tis­chen Eliten unan­genehm waren. Holocaustleugner*innen sollen durch diese Nebeneinan­der­stel­lung eben­falls zu Geheimnisträgern verk­lärt wer­den, die uns etwas wichtiges zu sagen hät­ten und die zu unrecht Sank­tio­nen erfahren. Nazis und und deren Freilas­sung sollen dadurch legit­imiert wer­den. Ein Brief den 2009 Char­lotte Knobloch (dama­lige Präsi­dentin des Zen­tral­rats der Juden) von Ursu­la Haver­beck erhielt, macht deut­lich, wiesich die Nazis das mit der Wahrheits­find­ung so vorstellen.: »Bere­it­en Sie sich auf den Tag der Wahrheit vor. Er ist nahe und nicht mehr aufzuhal­ten« und »Machen Sie so weit­er wie bish­er, dann kön­nte sich ein neues Pogrom ereignen, das entset­zlich würde.« 

Ein rechtes Vernetzungsevent

Das Spek­trum, welch­es den Nazis­puk in Hen­nigs­dorf am 8. August 2020 organ­isiert, ste­ht ihren Nazivor­bildern in nichts nach. So kam es gegen die Freien Kräfte Prig­nitz Anfang Juli 2020 zu ein­er Razz­ia, da diese dabei waren einen Anschlag auf eine Moschee in Wit­ten­berge vorzu­bere­it­en (2). Die Gruppe und ihr Dun­stkreis unter­stützen maßge­blich die Freien Kräfte Neuruppin/Osthavelland bei der Organ­i­sa­tion der Ver­anstal­tung. Weit­ere Akteure sind die NPD Ober­hav­el, die Erich Priebke im Feb­ru­ar 2013 sog­ar in seinem verord­netem Hausar­rest in Ital­ien besuchte (3) und die JN. Ger­ade weil die JN darum bemüht ist sich in Berlin und Bran­den­burg als gemein­same Struk­tur aufzustellen, ist die Kundge­bung für sie ein wichtiges Gemein­schaft­spro­jekt. Ger­ade in Oranien­burg, Hen­nigs­dorf, Vel­ten und Umland ist die NPD-Jugen­dor­gan­i­sa­tion derzeit beson­ders umtriebig. Nach­dem durch die Coro­na-Maß­nah­men viele neon­azis­tis­che Aufmärsche und Fes­ti­vals aus­fall­en mussten, kommt der Nazikundge­bung in Hen­nigs­dorf ein größeres Inter­esse aus der Berlin­er und Bran­den­burg­er Neon­aziszene zu, denen es seit Monat­en an einem gemein­samen, selb­st­bestärk­enden Event fehlt.

Antifaschistisches Gedenken und linke Geschichte verteidigen

Es ist nicht hin­nehm­bar, dass sich Anhänger des Nation­al­sozial­is­mus öffentlich auftreten. Es ist nicht hin­nehm­bar, dass sie mit schwarz-weiß-roten Fah­nen vor einem Mah­n­mal ver­sam­meln, welch­es an die ermorde­ten Zwangsarbeiter*innen erin­nert, die hier in den Außen­lagern der KZ‘s Sach­sen­hausen und Ravens­brück ermordet wur­den. Und es ist eben­falls nicht hin­nehm­bar, dass die Nazis den »Tag des poli­tis­chen Gefan­genen« für ihre Zwecke miss­brauchen. Die Geschichte der Paris­er Kom­mune bleibt durch den »Tag des poli­tis­chen Gefan­genen« am 18. März nicht lediglich als Erin­nerung an eine Nieder­lage im Gedächt­nis der glob­alen Linken haften, son­dern belebt die Geschichte eines basis­demokratis­chen Auf­bruchs. Der Auf­s­tand der Paris­er Kom­mune war ein Auf­s­tand der Armen gegen die Besitzen­den, ein Auf­s­tand für ein Leben in Würde und Gle­ich­berech­ti­gung. Die Recht­en ste­hen der Idee ein­er solchen Welt, ein­er freien Welt diame­tral entgegen.

Geht darum mit uns am 8. August in Hennigsdorf auf die Straße. Lasst uns lautstark und kreativ sein und dadurch den Nazis ihr selbstbestärkendes Event gehörig vermiesen!

Infos:

Ein zivilge­sellschaftlich­es Bünd­nis aus Hen­nigs­dorf hat ab 11.00 Uhr eine Gegenkundge­bung angemeldet. 

Die Nazis haben sich für 12.30 Uhr angekündigt.

 

Verweise:

01 | https://www.zeit.de/gesellschaft/zeitgeschehen/2013–10/priebke-nationalsozialismus-kriegsverbrechen-italien
02 | https://www.zeit.de/gesellschaft/zeitgeschehen/2020–07/freie-kraefte-prignitz-razzia-neonazi-organisation-rechtsextremismus-polizei
03 | httpx://www.facebook.com/npdoberhavel/photos/a.141722216017501/187567298099659

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Antifaschismus Parlamentarismus

Gauland – Sorgen und Selbstbild

Ent­ge­gen sein­er Insze­nierung als Ver­mit­tler zwis­chen den Strö­mungen in der »Alter­na­tive für Deutsch­land« hat ihr Ehren­vor­sitzen­der stets den völkischen »Flügel« und seine Akteur*innen pro­te­giert. Mit der Causa Kalb­itz hat er nun seine partei­in­terne Rolle verspielt.

Antifa Magazin der rechte rand

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

Der alte Mann und die junge Partei: Seit Beste­hen der »Alter­na­tive für Deutsch­land« (AfD) war Alexan­der Gauland partei­in­tern der gelassene Ver­mit­tler zwis­chen den Parteiströ­mungen – der »Grand­seigneur« des »gäri­gen Haufens« : Eine Selb­stin­sze­nierung und Selb­st­beze­ich­nung, die nicht bloß die Partei pflegte. Bei den anhal­tenden Stre­it­ereien und Rich­tungskämpfen scheint dem Bun­destags­frak­tionsvor­sitzen­den und Ehren­vor­sitzen­den der AfD nun aber nicht nur die Gelassen­heit abhan­den gekom­men zu sein. Er räumt vielmehr ein: »Ich kann die Partei nicht zusam­men­hal­ten, wenn sie sich auf diese Weise auseinan­der­di­vi­diert.« Am Woch­enende hat­te Gauland in der »Welt am Son­ntag« im Inter­view weit­er gesagt, er hoffe, aus dem Stre­it um und zwis­chen Andreas Kalb­itz und Jörg Meuthen werde nicht der »Zer­fall der Partei«. Das AfD-Grün­dungsmit­glied nach fast 40 Jahren CDU-Mit­glied­schaft befürchtet nun , dass die »Partei schwieri­gen Zeit­en ent­ge­genge­ht, und ich sehe im Moment kaum Möglichkeit­en, sie davor zu bewahren«. Eines sei aber für ihn gewiss, der 79-Jährige möchte nicht mehr als Bun­destags­frak­tionsvor­sitzen­der antreten, ob er für den Bun­destag 2021 erneut kan­di­dieren will, möchte er im Win­ter entschei­den. »Wenn ich das hier so sehe, bin ich eher skep­tisch«, meinte er . Mit den Inter­viewaus­sagen sorgte Gauland am Woch­enende für ein großes Medi­ene­cho – was sein­er Partei lange nicht mehr gelun­gen war. Im Echo klang das Selb­st­bild des Aus­gle­ichen­den oft mit an. Doch Gauland war nie ein Ver­mit­tler zwis­chen den ver­meintlich Mod­er­at­en und den offen Radikalen in der Partei. Er war ein Förder­er von Kalb­itz und ein Unter­stützer des inzwis­chen formell organ­isatorisch aufgelösten »Flügels«. Den Bun­desvor­sitzen­den Meuthen warnte er mehrfach, den bran­den­bur­gis­chen Land­tags­frak­tion­schef Kalb­itz nicht wegen sein­er recht­sex­tremen Vita aus der AfD zu drän­gen. Und prompt kri­tisierte er die Bestä­ti­gung des Rauswurfs von Kalb­itz vor ein­er Woche durch das Bun­dess­chieds­gericht der Partei. Er zweifelte die Unab­hängigkeit des Parteigerichts an und hob her­vor, er werde sich »einzig und allein nach den Entschei­dun­gen und Urteilen der ordentlichen Gerichts­barkeit richt­en«. Diese Ein­schätzung hat er mit Kalb­itz gemein. Mal wieder sind sie ein­er Mei­n­ung. Denn Kalb­itz kämpft beim Berlin­er Landgericht auf zivil­rechtlichem Weg um die Aufhe­bung der Annul­lierung. Der Kon­flikt hat längst die Bun­destags­frak­tion erre­icht, Macht und Glanz ihres Vor­sitzen­den sind gesunken. Im Inter­view erweckt Gauland den Ein­druck, er habe unen­twegt ver­sucht zu ver­mit­teln. Hat er aber nicht. In der Causa Kalb­itz stand er immer für Kalb­itz ein. Wenn er heute beklagt, er könne nicht mehr ver­mit­teln, liegt es daran, dass er es vorher auch nicht getan hat. Die Ver­ant­wor­tung für den harten Kon­flikt sieht er aber nur bei Meuthen und stiehlt sich damit aus jeglich­er Ver­ant­wor­tung. Mit Kalb­itz hat Gauland seine partei­in­terne Rolle ver­spielt, in der AfD wird er nun zum Ex-»Flügel« gezählt. Diese Posi­tion­ierung wäre es wert, von den Medi­en endlich bre­it wahrgenom­men zu wer­den – und eine Talkrun­denein­ladung weniger an den ver­meintlichen »Grand­seigneur« mit ange­blich kon­ser­v­a­tiv­en Ansicht­en auszusprechen.

Das »Gären des Haufens« ist jedoch nicht allein der Grund, dass die Umfragew­erte gesunken sind. Mehrere Fak­toren ließen sie aktuell auf bun­desweit acht Prozent sinken. Fast vergessen: Bere­its im Som­mer 2015 lag die AfD gar unter der Fünf-Prozent-Marke. Erst die Krise der Flüchtlingspoli­tik brachte wieder den Zus­pruch, den die CSU ver­stärk­te, da sie die Kri­tik von rechts an Bun­deskan­z­lerin Angela Merkel (CDU) mit befeuerte. Mit der jet­zt geschlosse­nen Union, die in ihrem Rah­men hart gegen die AfD auftritt, ver­liert die Partei Wähler*innen und find­et zurzeit auch kein eigenes Mobil­isierungs­the­ma, denn den bre­it­en Protest gegen die Pan­demiemaß­nah­men kon­nte sie bish­er nicht parteipoli­tisch ein­binden. Dass das Bun­de­samt für Ver­fas­sungss­chutz die seit Jahren durch Medi­en, Recht­sex­trem­is­mus­forschung und Zivilge­sellschaft bekan­nten Ver­net­zun­gen und Posi­tio­nen in der AfD wahrgenom­men hat, schreckt auch ab. Einen Gauland allerd­ings sich­er nicht . Er kön­nte auch ein­fach müde vom Poli­tik­be­trieb sein, falls er nicht mehr kan­di­diert. Seinen größten Erfolg hat er ohne­hin schon erre­icht, die Repub­lik hat er nach weit rechts getrieben, was er über fast vier Jahrzehnte mit der CDU nicht geschafft hatte.

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Flucht & Migration

Proteste gegen drohende Ketten-Quarantäne in Unterkunft

Seit einein­halb Wochen ste­hen 275 Men­schen in den bei­den Häusern der Sam­melun­terkun­ft in der Ruhls­dor­fer Straße in Stahns­dorf unter Quar­an­täne; nun wur­den weit­ere Infek­tio­nen unter den in Mehrbettz­im­mern unterge­bracht­en Bewohner*innen bekan­nt und die Quar­an­täne kurzfristig ver­längert. Bewohner*innen forderten gegenüber dem Flüchtlingsrat, die ausste­hen­den Testergeb­nisse zu erfahren, ver­langten eine Verbesserung der Lebens­mit­telver­sorgung und kri­tisierten die gemein­same Unter­bringung in Mehrbettz­im­mern, die es ihnen unmöglich macht, sich vor ein­er Infek­tion zu schützen. Sie fra­gen, warum das Per­son­al in der Unterkun­ft teil­weise keinen Mund-Nase-Schutz trägt, und warum das Per­son­al nicht, wie sie auch, unter Quar­an­täne steht.

Wenn Men­schen auch nach dem Bekan­ntwer­den erster Infek­tio­nen weit­er dicht an dicht miteinan­der leben, sich Zim­mer und Gemein­schafts­bere­iche teilen müssen, dann wer­den weit­ere Infek­tions­ket­ten, län­gere Quar­an­tänephasen und enorme Gesund­heit­srisiken für die Betrof­fe­nen bewusst in Kauf genom­men.“, so Mara Hasen­jür­gen vom Flüchtlingsrat Bran­den­burg. „Fehler, die in Hen­nigs­dorf gemacht wur­den, als sich ins­ge­samt rund 75 Bewohner*innen ansteck­ten und über 400 Geflüchtete bis zu sechs Wochen in Massen­quar­an­täne bleiben mussten, wer­den nun in Stahns­dorf wiederholt.“

Das Coro­n­avirus hat längst gezeigt: Soziale Ungle­ich­heit und struk­tureller Ras­sis­mus wer­den durch die Pan­demie nicht nur sicht­bar, son­dern ver­schärft. Geflüchtete Men­schen, die in Bran­den­burg in Masse­nun­terkün­ften leben müssen, sind deut­lich über­pro­por­tion­al gefährdet, sich mit dem Coro­na-Virus zu infizieren: Am 29. Juni waren bere­its 1,7% der geflüchteten Men­schen in Bran­den­burg­er Unterkün­ften infiziert, so die Lan­desregierung (Druck­sache 7/1680) – in der All­ge­mein­bevölkerung liegt dieser Wert laut RKI aktuell dage­gen bei 0,141% (COVID-19-Lage­berichtvom 29.07.2020 des RKI).

Das Krisen­man­age­ment in Pots­dam-Mit­tel­mark ste­ht im ekla­tan­ten Wider­spruch zu den Empfehlun­gen des Robert-Koch-Insti­tuts zum Man­age­ment von COVID-19-Erkrankun­gen in Gemein­schaft­sun­terkün­ften. Ins­beson­dere bei der trans­par­enten Infor­ma­tion und Ein­bindung der Bewohner*innen wur­den gravierende Fehler gemacht. Seit Bekan­ntwer­den der ersten Infek­tio­nen dauerte es fünf Tage, bis über­haupt mit der Tes­tung der übri­gen Bewohner*innen begonnen wurde, so die Pots­damer Neueste Nachricht­en. Eine Ein­teilung in kleine Quar­an­täne-Kohort­en fand nicht statt, von Einzelz­im­merun­ter­bringung ganz zu schweigen. Am Abend des Protests am 29.7.2020 war das Gesund­heit­samt weit­er­hin nicht in der Lage, Betrof­fene angemessen über die bere­its vor­liegen­den Pos­i­tiv-Tes­tun­gen zu informieren. Erst gestern wur­den dann einige Infizierte und Nicht-Infizierte getren­nt. Weit­ere 25 Tests ste­hen laut Medi­en­bericht­en noch aus, zudem seien noch nicht alle Testergeb­nisse zurück.

Mit ein­er respek­tvollen, frühzeit­i­gen, trans­par­enten und nicht zulet­zt mehrsprachi­gen Kom­mu­nika­tion mit Bewohner*innen (vom RKI ein­dringlich emp­fohlen) hätte das Ansteck­ungsrisiko für mehrere hun­dert Men­schen gesenkt; viele Kon­flik­te vor Ort hät­ten ver­mei­den wer­den kön­nen. Dass die Betrof­fe­nen Men­schen sich dage­gen wehren ist abso­lut nachvol­lziehbar. Dass lokale Ver­ant­wortliche protestierende Bewohner*innen stattdessen mit Begrif­f­en wie anstachel­nd und Aufrührer beschreiben, die medi­ale Beze­ich­nung des legit­i­men Protests als Revolte, ist dif­famierend und ein­seitung, die Lage und Grun­drechte der Protestieren­den wer­den hier völ­lig aus dem Blick­feld gelassen. Die zwis­chen­zeitlich vom Land­kreis angekündigte Sank­tion­ierung einiger Protestieren­der nach dem Infek­tion­ss­chutzge­setz durch Abson­derung in Eisen­hüt­ten­stadt ent­behrt jed­er rechtlichen Grund­lage und wurde inzwis­chen zurückgenommen. 

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(Anti-)Rassismus Antifaschismus

Neonazis blieben unter sich

In war­men Som­mertö­nen umwob das Abendlicht der langsam unterge­hen­den Sonne gestern das Rokokoschloss, die klas­sizis­tis­che Musikakademie und die gotisch anmu­tende Kirche rund um den Tri­an­gelplatz in Rheins­berg im Land­kreis Ost­prig­nitz-Rup­pin. Wo nor­maler­weise Touris­ten das his­torische Ensem­ble bestaunen oder die Idylle mit­ten im Rup­pin­er Wald- und Seenge­bi­et suchen, ver­sam­melten sich gestern Neon­azis. Unter dem Mot­to: „Abschiebe­haft statt Straßen­schlacht“ hielt der aus der Kreis­stadt Neu­rup­pin angereiste Ortsver­band der NPD gemein­sam mit weit­eren, vor allem aus Wittstock/Dosse, dem östlichen Havel­land sowie aus Meck­len­burg-Vor­pom­mern angereis­ten Sym­pa­thisieren­den eine Kundge­bung ab.

Schlägereien waren Anlass

Anlass des Neon­azi-Tre­f­fens waren Schlägereien in der ver­gan­genen Woche. Mehrere Män­ner­grup­pen hat­ten sich Don­ner­stag hand­feste Schlagabtäusche geliefert, Videos davon kur­sieren mit­tler­weile im Inter­net. Eine Gruppe deutsch­er Män­ner sei zu einem Wohnort von „Syr­ern“ gezo­gen, um dort „einzure­it­en“, wie es ein mut­maßlich­er Tat­beteiligter in ein­er Press­eser­vice Rathenow vor­liegen­den Sprach­nachricht erk­lärt. Grund seien im Vor­feld getätigte krim­inelle Hand­lun­gen der „Syr­er“ gewe­sen. Doch der Sturm auf das Quarti­er der „Syr­er“ endete für einige deutsche Angreifer offen­bar unrühm­lich – näm­lich im Polizeige­wahrsam. Anscheinend han­delte es sich bei den Ange­grif­f­e­nen auch gar nicht um Staats­bürg­er aus Syrien, son­dern um Bürg­er der Rus­sis­chen Föder­a­tion, genauer gesagt aus der Tschetschenis­chen Repub­lik. Diese mobil­isierten dann am Fol­ge­tag knapp 100 Land­sleute nach Rheins­berg. Eine weit­ere Eskala­tion des Kon­flik­tes wurde aber durch ein Großaufge­bot der Polizei und offen­bar auch durch tschetschenis­che Stre­itschlichter verhindert.

Ide­ol­o­gis­che Forderungen

Die NPD fürchtet den „Volk­stod“

Für die NPD Neu­rup­pin war der Stre­it den­noch ein willkommen­er Anlass. Sie nutzte den Kon­flikt gestern nun, um ihr Pro­gramm zu präsen­tieren. „Aus­län­der und Asy­lanten raus“ lautete ihre in dick­en Großbuch­staben ver­fasste Mes­sage, welche vor­sichtiger­weise noch mit den kleingeschriebe­nen Worten bzw Wort­teilen „krim­inelle“ und „Schein-“ ergänzt wurde. Die Parole sollte offen­bar anlass­be­zo­gen erscheinen, ist jedoch tat­säch­lich sig­nifikant für das völkische Pro­gramm der NPD, dass sich am Abstam­mung­sprinzip: „Deutsch­er ist nur der­jenige, welch­er deutschen Blutes ist“ ori­en­tiert. Die Partei fürchtet den „Volk­stod“ durch den Zuzug von Men­schen aus anderen Län­dern und hat ein Inter­esse Kon­flik­te zwis­chen ver­schiede­nen Nation­al­itäten zu schüren. Ste­fan Köster, NPD Lan­deschef von Meck­len­burg-Vor­pom­mern, nutzte seine Rede zum Beispiel um vor „Ras­sis­mus“ gegenüber „Weißen“ zu war­nen. Im Bran­den­burg­er All­t­ag ist jedoch genau das Gegen­teil zu betra­cht­en, vor allem rechte Über­griffe auf nicht­deutsche Staat­sange­hörige bewe­gen sich nach wie vor auf hohem Niveau.

Erfol­gre­ich­er Protest

Erfol­gre­ich­er Protest

Erfahrun­gen mit rechter Gewalt hat­ten auch einige Men­schen, welche sich gegenüber der NPD Kundge­bung posi­tion­ierten. Eine junge Frau erkan­nte beispiel­sweise unter den Neon­azis einen Mann, der sie vor einiger Zeit ver­prügelte. Davon ein­schüchtern ließ sie sich jedoch nicht und protestierte mit knapp 150 weit­eren Men­schen gegen die Kundge­bung der NPD. Für die kleine Stadt im äußer­sten Nor­den Bran­den­burgs war der Protest ein Erfolg. Denn in der Bran­den­burg­er Prov­inz wäre es nicht außergewöhn­lich, wenn weltof­fene Men­schen manch­mal die Min­der­heit bilden. Doch nicht so in Rheins­berg. Hier blieb der Wirkungs­grad der NPD auf ihr Kundge­bungs­gelände beschränkt. Nur ein paar wenige „alte weiße Män­ner“ bekun­de­ten am Rande ihre Übere­in­stim­mung mit den Forderun­gen der Partei. Jün­gere, weltof­fene Men­schen sam­melten sich hinge­gen beim Gegen­protest und zeigten durch bunte Schilder, Stoff­trans­par­ente und let­z­tendlich auch laute Musik, dass sie die Platzho­heit im Ort haben.

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Flucht & Migration Law & Order

Kein Mensch ist illegal

Ein Geflüchteter aus dem Sudan muss am 11. August beim Amts­gericht Bernau erscheinen. Vorge­wor­fen wird ihm sich “ille­gal” in Deutsch­land aufge­hal­ten zu haben. Der Geflüchtete wurde als Oppo­si­tioneller im Sudan erfol­gt. Als Stu­dent gelang es ihm ein Visum für eine Kon­ferenz in Deutsch­land zu erhal­ten. In einem Straf­be­fehl wird ihm nun vorge­wor­fen, dass er erst etwa 2 Wochen nach Ablauf des Visums Asyl beantragt hat. Er ver­ste­ht nicht warum er krim­i­nal­isiert wird: “Ich bin nach Deutsch­land gekom­men, um Schutz vor dem sudane­sis­chen Staat zu suchen, habe aber stattdessen eine Strafanzeige bekom­men. Woher sollte ich in der ersten Zeit in Deutsch­land die Geset­ze und Ver­fahren ken­nen? Ich brauchte Hil­fe bei der Suche nach Schutz, aber danach wurde es lei­der kompliziert.”

Die deutschen Behör­den gehen immer mas­siv­er gegen Geflüchtete vor. Statt den hier leben­den Men­schen das Ankom­men zu erle­ichtern, wer­den sie sog­ar zu Straftätern abgestem­pelt. Geflüchtete soll­ten nicht durch Abschiebung und Krim­i­nal­isierung bedro­ht werden.

Lassen wir den Betrof­fen nicht allein! Zeigen wir uns sol­i­darisch! Kommt zur Kundge­bung vor dem Amts­gericht! Demon­stri­eren wir gemein­sam gegen die Krim­i­nal­isierung von Geflüchteten!

Der Geflüchtete braucht Geld für Anwalts- und Gericht­skosten und auch das Bezahlen der möglichen Strafe ist ihm aus den Sozialleis­tun­gen die er bekommt nicht möglich. Die Ini­tia­tive “Barn­im für alle” sam­melt deswe­gen für diesen und ähn­liche Fälle Spenden.

Spendenkon­to Barn­im für alle
IBAN: DE 78 1705 2000 1110 0262 22
Sparkasse Barnim

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Antifaschismus Gender & Sexualität Geschichte & Gedenken

Digitale Aktionstage zum Gedenkort KZ Uckermark

Der Ort

Das weit­ge­hend unbekan­nte Jugend­konzen­tra­tionslager Uck­er­mark wurde 1942 ca. 90 km nördlich von Berlin in unmit­tel­bar­er Nähe des Frauenkonzen­tra­tionslagers Ravens­brück durch KZ-Gefan­gene aus Ravens­brück gebaut. Es war das einzige Jugend­konzen­tra­tionslager während der Zeit des Nation­al­sozial­is­mus, das gezielt
für die Inhaftierung von Mäd­chen und jun­gen Frauen ein­gerichtet wurde. In der Zeit zwis­chen 1942 und 1945 wur­den 1.200 Frauen und Mäd­chen im KZ Uck­er­mark interniert und mussten dort unter extrem schlecht­en Lebens­be­din­gun­gen Zwangsar­beit leis­ten. Viele der Mäd­chen und Frauen wur­den als ‚asozial‘ kat­e­gorisiert und in das KZ Uck­er­mark gebracht. Im Jan­u­ar 1945 wurde auf dem teil­geräumten Gelände ein Ver­nich­tung­sort für Häftlinge aus dem KZ Ravens­brück und anderen Konzen­tra­tionslagern errichtet. Bis April 1945 wur­den dort ca. 5.000 Men­schen ermordet.

Dieses Jahr…

…wird das Bau- und Begeg­nungscamp auf­grund der Coro­na-Pan­demie lei­der nicht wie geplant über einen län­geren Zeitraum stat­tfind­en kön­nen. Stattdessen wird es eine dig­i­tale Aktionswoche und einige Führun­gen vor Ort geben. Ein­ge­laden sind alle, die das Gelände ken­nen­ler­nen wollen und Inter­esse haben, sich mit der Geschichte des Ortes und antifaschis­tis­ch­er Erin­nerungspoli­tik zu beschäfti­gen. Der Gedenko­rt Uck­er­mark ist offen zugänglich. Seit diesem Jahr gibt es eine neue Ausstel­lung über die Geschichte des Ortes.

Organisatorisches
  • Uhrzeit­en und Tre­ff­punk­te wer­den auf unserem Blog bekan­nt gegeben
  • Die Führun­gen und Rundgänge sind offen für alle Geschlechter und kosten­los. Wir freuen uns aber über Spenden!
  • Für Teil­nahme an ein­er Führung bitte vorher anmelden unter bau-begeg­nungscamp [at] web.de
  • Alle Infos zur Anfahrt unter: gedenkort-kz-uckermark.de/info/kontakt.htm
  • Das Gelände ist nur bed­ingt bar­ri­erearm – wenn ihr weit­ere Infor­ma­tio­nen oder Unter­stützung bei der Anreise braucht, meldet euch gern bei uns!

3.–9. August 2020: Dig­i­tale Aktionswoche

In dieser Woche wer­den wir euch auf einem Blog Infor­ma­tio­nen, Videos, Audiobeiträge, Texte, Por­traits etc. zu der Geschichte des ehe­ma­li­gen KZ Uck­er­mark und der dort Inhaftierten und deren Ange­höri­gen zur Ver­fü­gung stellen. Wir wer­den ver­schiedene Beiträge posten, die einen täglich wech­sel­nden Schw­er­punkt haben, z.B.:

  • Vorstel­lung der Ini­tia­tive für einen Gedenko­rt ehe­ma­liges KZ Uck­er­mark e.V.
  • Offenes Gedenken
  • Die Ver­fol­gung von Per­so­n­en als soge­nan­nte ‚Asoziale‘ sowie ‚Berufsver­brecherin­nen und Berufsver­brech­er‘ im Nation­al­sozial­is­mus und der Kampf um die Anerken­nung dieser ver­fol­gten Per­so­n­en als NS-Opfergruppe
  • Klas­sis­mus

13.–15. August 2020: Ver­anstal­tun­gen vor Ort

  • 13. August: Führung auf dem Gelände der Mahn- und Gedenkstätte Ravens­brück (ange­fragt)
  • 14. August, 16–18 Uhr: Rundgang der Ini­tia­tive für einen Gedenko­rt ehe­ma­liges KZ Uck­er­mark e.V. über das Gelände
  • 15. August, 14–16 Uhr: Bauhis­torische Führung mit Bar­bara Schulz über das Gelände des ehe­ma­li­gen Jugend KZ und späteren Ver­nich­tung­sorts Uckermark

Da es wegen Hygien­ebes­tim­mungen eine max­i­male Teilnehmer*innenzahl gibt, bitte vorher anmelden unter: bau-begeg­nungscamp [at] web.de

Blog: gedenken.noblogs.org

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Inforiot