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Geschichte & Gedenken

Wie die SPSG lernte die Bombe zu lieben“

Beim Ein­treten in die Ausstel­lung „Pots­damer Kon­ferenz 1945 – Die Neuord­nung der Welt“ sind wir zunächst erle­ichtert. Gestal­ter­isch erin­nert im Inneren des Schloss­es Cecilien­hof wenig an den Tota­laus­fall des Ausstel­lungsplakates, das die ver­meintlichen vier Pro­tag­o­nis­ten der Ausstel­lung zeigt – Tru­man, Churchill, Stal­in und die Atom­bombe. Zum 75. Jahrestag „eines der bedeu­tend­sten his­torischen Ereignisse des 20. Jahrhun­derts“ ver­spricht die  Stiftung Preußis­che Schlöss­er und Gärten Besucher_innen sehr viel: „am authen­tis­chen Ort“ würde man sie auf eine „mul­ti­me­di­ale Zeitreise schick­en“; mul­ti­per­spek­tivisch seien die Ereignisse dargestellt, und vor allem „sach­lich und ideologiefrei“. 
Eine Zeitreise ins Jahr 1945? Was soll da schon schief gehen… Dass die Kurator_innen sich beson­dere Mühe gegeben haben, das Ver­sprechen der Ide­olo­giefrei­heit umzuset­zen, wird in der Ausstel­lung sehr schnell deut­lich – auf die Darstel­lung ide­ol­o­gis­ch­er und poli­tis­ch­er Moti­va­tio­nen haben sie weitest­ge­hend verzichtet. So wird die Vorgeschichte der Kon­ferenz – Faschis­mus, Shoah, Kriegsver­brechen – zu Beginn des Rundgangs zunächst mit ein paar groß­for­mati­gen Bildern angedeutet. Zu sehen sind Trüm­mer­land­schaften, ein Über­leben­der in KZ-Häftlingsklei­dung, ein weinen­des Kind und Men­schen, die anscheinend schon 1945 den Tag der Befreiung feiern und einen Sol­dat­en hochleben lassen. Erk­lärun­gen dazu gibt es keine, außer, dass diese Bilder vom Ende des „grauenhafte[n], vernichtende[n] Krieges“ stammen. 
Über die Ursachen des Krieges wer­den wir erst im vierten Raum informiert: der Audio­gu­ide erzählt uns, dass der Beginn des Zweit­en Weltkrieges in Europa zwar auf den 1. Sep­tem­ber 1939 „datiert“ würde, „tat­säch­lich hat der Krieg bere­its zwei Jahre früher [in Japan] begonnen“. Unter dem Vor­wand ein­er inter­na­tionalen Per­spek­tive wird der Aspekt der Kriegss­chuld zu ein­er bloßen Datierungs­frage. Kriegsver­brechen und Ver­brechen gegen die Men­schlichkeit wer­den hüb­sch ver­packt als Pik­togramme auf einem großen Zeit­strahl dargestellt. Es wird darauf ver­traut, dass die Besucher_innen schon irgend­wie wüssten, wie das mit diesem Krieg war. Na, ihr wisst schon, Hitler und so, müssen wir das wirk­lich nochmal sagen? 
In den Räu­men, in denen die Kon­ferenz einst stat­tfand, wer­den wir über die Ver­hand­lun­gen informiert. Das Span­nend­ste daran ist aber, wie so oft, das, was nicht gezeigt wird: Nazis. Großzügig umschif­f­en die Ausstel­lung­s­texte bere­its in ihrer Wort­wahl die Ver­ant­wor­tung der deutschen Bevölkerung. Deutsche trifft man in der Ausstel­lung vor allem als Opfer von Zer­störung, Verge­wal­ti­gung und Vertrei­bung. An dieser Stelle erleben wir das erste Mal die angekündigte Mul­ti­per­spek­tiv­ität: auch aus pol­nis­ch­er Per­spek­tive wird die „Umsied­lungspoli­tik“ geschildert. Unter dem Topos des Heimatver­lustes sind Deutsche und Polen hier vere­int. Während wir aus­führlich die Geschichte ein­er deutschen Fam­i­lie nachempfind­en kön­nen, deren Vater „heimwehkrank“ in der Fremde stirbt, sind die Schick­sale von 10 Mil­lio­nen dis­placed per­sons hinge­gen nur eine Rand­no­tiz wert. 
Nach ein­er kurzen Ver­schnauf­pause, bei der Besucher_innen auf den Stühlen der „großen Drei“ Platz nehmen und sich mith­il­fe von aug­ment­ed real­i­ty für ein Foto zwis­chen Churchill und Stal­in set­zen kön­nen, geht es zum End­spurt der Ausstel­lung. Es ist nur noch ein schwarz­er Kor­ri­dor bis wir das Ende der Ausstel­lung erre­ichen. Das Licht am Ende des Tun­nels ist schon zu sehen und der Flucht­punkt der Ausstel­lung klar erkennbar – die Grün­dung der Vere­in­ten Natio­nen. Die meis­ten Besucher_innen um uns herum durch­schre­it­en schnell die let­zten Sta­tio­nen dor­thin, denn während den Opfern von Vertrei­bung ein großer Raum gewid­met ist, wer­den die Grenzziehun­gen und Kon­flik­te im Nahen Osten, die Irankrise, der Krieg im Paz­i­fik und der chi­ne­sis­che Bürg­erkrieg auf knapp 15 Metern abge­han­delt. Ohne historisches Vor­wis­sen sind die Zitate an den Wän­den kaum ver­ständlich und die Enge bedrück­end. Einen Zwis­chen­stopp leg­en die meis­ten Besucher_innen aber dann doch noch ein: durch eine aufwendi­ge Medi­enin­stal­la­tion ist der Abwurf der Atom­bombe zu beobacht­en. Mit san­fter Musik unter­malt fliegt die Kam­era über Hiroshi­ma. Langsam segelt die Bombe durch die Wolken, danach: Krachen, Blitze, Zuck­en und am Ende Stille. Im Zehn-Minu­ten­takt kön­nen die Besucher_innen so „Ver­nich­tung und Leid“ nach­fühlen. Ahja. Aber auch hier: keine Täter, nur Opfer. An den schwarzen Wän­den ste­hen sich so die Zitate eines japanis­chen Jun­gens, der den Bombe­nan­griff über­lebte und über die Ver­bren­nun­gen sein­er Haut berichtet, und das des Co-Piloten des Bomben­fliegers gegenüber – „Oh my god, what have we done!“ Es hätte also nicht mehr die Skulp­tur „Der Frieden“ gebraucht, um die Mes­sage der Ausstel­lung zu ver­ste­hen: Krieg ist ganz doll doof, egal von wem er ange­fan­gen wurde. 
Die SPSG bedi­ent sich damit erin­nerungspoli­tisch eines min­destens weichge­spül­ten, wenn nicht augen­wis­cherischen Narrativs. 
Ein weit­er­er blind­er Fleck der Ausstel­lung ist pro­to­typ­isch für da Wirken der SPSG:  Die Rolle der preußis­chen Herrscher­fam­i­lie beim Auf­stieg des Faschis­mus bleibt vol­lkom­men uner­wäh­nt, genau­so wie die aus der Pots­damer Kon­ferenz resul­tierende Auflö­sung Preußens. Stattdessen ver­ab­schiedet uns der Audio­gu­ide mit der Auf­forderung, doch auch noch die anderen Schlöss­er, beispiel­sweise die bemerkenswerte, frühk­las­sizis­tis­che Ausstel­lung im nahegele­ge­nen Mar­mor­palais, anzuschauen. Na dann… 
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Antifaschismus Parlamentarismus

Marcel Donsch aus Panketal droht kein Parteiausschluss mehr

Was genau dieser Ver­gle­ich bein­hal­tet und wie die Partei ihn begrün­det, ist offen. Trotz mehrfach­er Anfrage blieb der Lan­desvor­stand der AfD zu dem The­ma bis­lang stumm. Don­sch teilte lediglich mit, es habe eine Aussprache stattge­fun­den, die von bei­den Seit­en gle­icher­maßen gesucht wor­den sei.

Ein­geleit­et wurde das Parteiord­nungsver­fahren im Dezem­ber 2018. Don­sch, der seit 2012 im Barn­im lebt und als Straßen­bah­n­fahrer bei der BVG arbeit­et, wurde vom Lan­desvor­stand eine Nähe zu Recht­sex­tremen unter­stellt. Sog­ar von einem Parteiauss­chluss war die Rede.

Im Raum standen mehrere Vor­würfe. Unter anderem ging es um eine Demon­stra­tion der AfD im Jahr 2018 in Bernau, die Don­sch organ­isiert hat­te, und auf der AfD und NPD gemein­sam aufge­treten sein sollen. Außer­dem soll Don­sch in einem Chat die ver­botene SA-Parole “Alles für Deutsch­land” benutzt haben.

Don­sch weist die Vor­würfe zurück. Auf allen Kundge­bun­gen der AfD Barn­im, die er angemeldet habe, auch die 2018 in Bernau, seien zu keinem Zeit­punkt Vertreter der AfD und NPD gemein­sam als Red­ner aufge­treten. Es habe keine gemein­sam angemelde­ten oder organ­isierten Ver­anstal­tun­gen gegeben. Dass sich unter den Ver­samm­lung­steil­nehmern Mit­glieder oder Sym­pa­thisan­ten der NPD oder ander­er Parteien wie zum Beispiel der CDU befun­den haben kön­nten, könne er natür­lich nicht auss­chließen, so Donsch.

Zu dem anderen Vor­wurf teilt er mit: “In ein­er nicht-öffentlichen, inter­nen What­sApp-Nachricht schloss ich eine von mir ver­fasste Nachricht mit den Worten ‚Alles für Deutsch­land‘.” Den Inhalt dieser Aus­sage, sich mit aller Kraft für das Land einzuset­zen, finde er richtig. Don­sch betont, er habe nicht gewusst, dass “Alles für Deutsch­land” der Wahlspruch der Sturmabteilung im Drit­ten Reich war. Das habe er erst nach “inten­siv­er Google-Recherche” her­aus­ge­fun­den. “Mit mein­er Aus­sage wollte ich keineswegs wil­lentlich nation­al­sozial­is­tis­ches Vok­ab­u­lar ver­wen­den”, schreibt Donsch.

Er ver­weist zudem auf den AfD-Mann Ulrich Oehme aus Sach­sen, der den Spruch im Bun­destagswahlkampf auf Plakate druck­en ließ. “Er war so wie ich über­rascht, dass der Ver­fas­sungss­chutz diesen Spruch als ver­boten und extrem­istisch führt.” Laut Don­sch han­dele es sich um eine “gängige, an sich banale Aus­sage, die man in der AfD immer noch häu­fig hört”. Er ver­wende diesen Spruch aber nicht mehr.

Abspaltung auf Kreisebene

Don­sch gilt inner­halb der Partei als umstrit­ten. Als die Kreistags­frak­tion im Sep­tem­ber 2019 in zwei Teile zer­fiel, war er eine treibende Kraft. Auf der einen Seite stand plöt­zlich der Vor­sitzende Klaus-Peter Kulack mit fünf Mit­gliedern und auf der anderen die “AfD – Der Flügel” mit drei Mit­gliedern und Don­sch als Spitze. Später nan­nte man sich in “AfD – Die Kon­ser­v­a­tiv­en” um. Den­noch sym­pa­thisiert Don­sch offen mit dem vom Ver­fas­sungss­chutz als recht­sex­trem eingestuften und inzwis­chen aufgelösten AfD-“Flügel”.  Auf ein­er Demo im März in Bernau sagte er: “Der Flügel ste­ht nicht für Ras­sis­mus, er ste­ht dafür, dass in der AfD ein freier  Gedanke­naus­tausch besteht.”

Erst in den let­zten Wochen ist es ruhiger um Don­sch  gewor­den. Er fällt ver­stärkt mit Beschlussvor­la­gen auf. Ende Juni wün­schte er zudem allen Schülern in einem Post auf der Web­seite der Barn­imer AfD “erhol­same Sommerferien”.

Möglicher­weise passiert das nicht grund­los. Immer­hin gilt Don­sch als ambi­tion­iert.  Schon 2019 ver­suchte er, in den Land­tag einzuziehen – ohne Erfolg. Fol­gt 2023 ein neuer Anlauf? Aus­geschlossen scheint das nicht, auch wenn Don­sch fürs erste abwinkt. 2023 sei noch weit weg, betont er. Momen­tan liege sein Augen­merk auf dem Land­kreis Barnim.

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(Anti-)Rassismus Flucht & Migration

Bündnis „Wann wenn nicht jetzt“ trifft „Kiezkantine“

Das Ver­wal­tungs­gericht Frank­furt / Oder stellt fest: Men­schen mit Fluchter­fahrung müssen in Einzelz­im­mern unterge­bracht wer­den! Die Unter­bringung in Zwangs­ge­mein­schaften in Mehrbettz­im­mern ist nicht im Ein­klang mit der Coro­na-Umgangsverord­nung des Lan­des.“ schreibt das Aktions­bünd­nis für Sol­i­dar­ität und Men­schlichkeit „Offenes MOL“ in ein­er Pressemit­teilung von Anfang Juli.

Das Bünd­nis kämpft gegen die Unter­bringung von Migrant*innen und Geflüchteten in Sam­melun­terkün­ften in der Region – und darüber hin­aus. 2019 war es bere­its Teil ein­er größeren Aktion­srei­he gegen Ras­sis­mus, mit einem Fest der Vielfalt in Müncheberg. Unter dem Mot­to „Wann wenn nicht jet­zt: Sam­melun­terkün­fte auflösen!“ wird nun erneut zu bun­tem Protest und Begeg­nung aufgerufen. Neben Müncheberg sind unter anderem Grim­ma, Zwick­au und Neu­rup­pin dem Aufruf gefolgt.

Kiezkan­tine am 18. Juli am Thäl­manns, Müncheberg

Die Kiezkan­tine bringt geflüchtete Men­schen aus Sam­melun­terkün­ften und ihre Nachbar*innen zusam­men. Nach ein­er Covid-19-bed­ingten Pause wird nun wieder gekocht. Am 18. Juli ab 18 Uhr vor dem Café Thäl­manns in Müncheberg. Mit inter­na­tionalen Köstlichkeit­en, Musik, Film und viel Raum zum Aus­tausch zu den Forderun­gen des „Offe­nen MOL“, ihrer Unterstützer*innen und Freund*innen und den Gedanken und Anliegen der Nachbar*innen. Alle Inter­essierten sind her­zlich ein­ge­laden. Die Ver­anstal­tung findet
unter freiem Him­mel und unter Ein­hal­tung der Hygien­ebe­din­gun­gen statt.

Ort: Thäl­manns, Thäl­mannstr. 75, 15374 Müncheberg (Mark)
Zeit: 18. Juli ab 18 Uhr

Web­seite: www.offenesmol.net
Kontakt:offenes_mol@riseup.net
Der Aufruf in unter­schiedlichen Sprachen: https://www.facebook.com/events/2689085984705608/
Jed­er Men­sch, der in ein­er Zwangs­ge­mein­schaft in ein­er Gemein­schaf­tun­terkun­ft lebt, hat
einen Anspruch auf Einzelun­ter­bringung – und Bran­den­burg hat Platz.
Aktions­bünd­nis Offenes Märkisch-Oderland
https://www.offenesmol.net/

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(Anti-)Rassismus Bildung & Kultur

Jetzt Bildungsteilhabe von Geflüchteten sichern!

Geflüchtete Kinder und Jugendliche seien von den Beschränkun­gen während der Coro­n­akrise beson­ders hart getrof­fen wor­den, erk­lärten der Bun­des­fachver­band unbe­gleit­ete min­der­jährige Flüchtlinge (BumF) e.V., die Gew­erkschaft Erziehung und Wis­senschaft (GEW), die Lan­des­flüchtlingsräte und PRO ASYL am Fre­itag in Berlin. Mit Blick auf die schrit­tweise Wieder­auf­nahme des Regelun­ter­richts an Schulen fordern die Organ­i­sa­tio­nen von den Lan­desregierun­gen sofor­tige Maß­nah­men zur Unter­stützung von geflüchteten Schüler*innen, um ihre Bil­dung­steil­habe zu gewährleis­ten. Sie warn­ten davor, dass sich die ohne­hin beste­hen­den Bil­dung­sun­gerechtigkeit­en im Zuge der Coro­na-Pan­demie ver­schärften. Struk­turellen Benachteili­gun­gen müsse drin­gend ent­ge­gen­wirkt werden.

Den Kindern und Jugendlichen in Sam­melun­terkün­ften fehlten wesentliche Grund­vo­raus­set­zun­gen, um am dig­i­tal­en Fer­nun­ter­richt teilzunehmen und es gäbe keine ver­lässlichen Unter­stützungsstruk­turen, sagte GEW-Vor­sitzende Marlis Tepe. So etwa sei in den Unterkün­ften für Geflüchtete in der Regel kein WLAN im Wohn­bere­ich ver­füg­bar, Lap­tops oder Com­put­er und Druck­er seien sel­ten vorhan­den, Inter­netkontin­gente auf Handys nach weni­gen Tagen ver­braucht. Zudem lebten Fam­i­lien häu­fig auf eng­stem Raum, was Kindern und Jugendlichen das Ler­nen grund­sät­zlich erschwere. Angesichts pan­demiebe­d­ingt ver­schlossen­er Gemein­schafts­bere­iche existierten meist kein­er­lei Rück­zugsmöglichkeit­en mehr. Ehre­namtliche Unter­stützungsange­bote, wie z.B. zur Hausauf­gaben­hil­fe, wur­den stark eingeschränkt und Eltern seien wegen fehlen­der Deutsch-Ken­nt­nisse über­fordert, ihre Kinder beim Ler­nen zu unterstützen.

Auch unbe­gleit­ete Min­der­jährige und junge alle­in­ste­hende Volljährige in Jugend­hil­feein­rich­tun­gen lit­ten auf­grund der Coro­na-Beschränkun­gen ver­stärkt unter man­gel­nder Betreu­ung und Unter­stützung durch Ehre­namtliche. Ihnen fehlten in beson­derem Maße die sozialen Kon­tak­te außer­halb der Ein­rich­tun­gen – mit entsprechend neg­a­tiv­en Auswirkun­gen auf Lern­mo­ti­va­tion und ‑erfolge.

Vor diesem Hin­ter­grund mah­n­ten Lan­des­flüchtlingsräte, PRO ASYL, BumF e.V. und GEW die ver­ant­wortlichen Akteure in den Län­dern, schnell zu han­deln. Es gelte, sowohl die dig­i­tale Infra­struk­tur in den Unterkün­ften auszubauen als auch geeignete Lern­räume sowie mul­ti­pro­fes­sionelle Unter­stützungsange­bote zur Verbesserung der Bil­dung­steil­habe zu schaf­fen. „Bil­dung darf nicht warten“ – erin­nerte GEW-Vor­sitzende Tepe in diesem Zusam­men­hang. Es dürfe keine weit­ere Zeit ver­loren wer­den, um geflüchteten Schüler*innen den Anschluss im neuen Schul­jahr zu ermöglichen. Daher müssten in den Som­mer­fe­rien nicht nur eine adäquate tech­nis­che Ausstat­tung zur Ver­fü­gung gestellt und Vorkehrun­gen für einen eventuellen erneuten Lock­down getrof­fen wer­den. Eben­so wichtig seien zusät­zliche, außer­schulis­che Förder- und Ler­nange­bote, welche das dig­i­tale Ler­nen in Willkom­mens- oder Vor­bere­itungsklassen sowie den Über­gang in Regelk­lassen erleichtern.

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(Anti-)Rassismus Flucht & Migration Law & Order

Gericht stellt Anspruch auf Wohnraum mit alleiniger Nutzung von Küche und Bad außerhalb von Sammelunterkünften fest

Mit Beschluss vom 03. Juli 2020 verpflichtet das Ver­wal­tungs­gericht Pots­dam den Land­kreis Ober­hav­el die „Antrag­stel­lerin außer­halb ein­er Gemein­schaft­sun­terkun­ft in der Weise unterzubrin­gen, dass ihr min­destens ein Wohn­raum sowie eine Küche oder Kochgele­gen­heit und ein Bad zur alleini­gen Nutzung zur Ver­fü­gung ste­hen […].“ Die Antrag­stel­lerin hat­te ein indi­vidu­ell erhöht­es Risiko für einen schw­eren Krankheitsver­lauf im Falle ein­er Infek­tion mit Covid-19 nach­weisen kön­nen. Die Unter­bringung in der Sam­melun­terkun­ft in Hen­nigs­dorf birgt für sie daher eine erhe­bliche gesund­heitliche Gefährdung .

Das Ver­wal­tungs­gericht Frank­furt Oder hat in der ver­gan­genen Woche bere­its einen generellen Anspruch auf Einzelun­ter­bringung in Gemein­schaft­sun­terkün­ften fest­gestellt. Laut Beschluss des Gerichts stellt die Unter­bringung in Mehrbettz­im­mern durch eine mögliche Infizierung mit dem Coro­n­avirus für Betrof­fene ein Gesund­heit­srisiko dar.
Im Falle der Risikopa­ti­entin aus Hen­nigs­dorf geht das Gericht davon aus, „dass die Antrag­stel­lerin zwar in ihrem Einzelz­im­mer ein erhöht­es Infek­tion­srisiko durch Ein­hal­tung der Hygiene- und Ver­hal­tensregeln ver­mei­den kann. Dies gilt jedoch nicht für die Nutzung des San­itär­bere­ichs, der Küche und der Flure, welche die Antrag­stel­lerin benutzen muss, um von ihrem Zim­mer aus den San­itär­bere­ich oder die Küche zu erre­ichen oder die Gemein­schaft­sun­terkun­ft zu ver­lassen sowie den jew­eili­gen Weg zurück.“

Bere­its seit Aus­bruch der Coro­na-Pan­demie fordern zahlre­iche Organ­i­sa­tio­nen die Entzer­rung der Wohn­si­t­u­a­tion in den Sam­melun­terkün­ften, da ein aus­re­ichen­der Schutz vor dem Coro­n­avirus dort nicht gewährleis­tet wer­den kann1.
In etlichen Sam­melun­terkün­ften Bran­den­burgs ist es bere­its zu Infek­tio­nen mit Covid-19 gekom­men. Das bedeutet für die Betrof­fe­nen sehr lang­wierige und schw­er auszuhal­tende Quar­an­täne­maß­nah­men. Der Flüchtlingsrat Bran­den­burg fordert weit­er­hin die Auflö­sung der Zwangs­ge­mein­schaften in Mehrbettz­im­mern und Sam­melun­terkün­ften, um die akuten Infek­tion­srisiken zu beenden.

(Zitate aus dem Beschluss des Ver­wal­tungs­gerichts Pots­dam im Ver­fahren VG 8 L 444/20.A vom 03. Juli 2020)

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Arbeit & Soziales Law & Order Sonstiges Verschwörungsideologie

Die Krise des Kapitals in Zeiten der Pandemie

Die Ein­schränkun­gen des alltäglichen Lebens, der Ökonomie, let­ztlich aller zwis­chen­men­schlichen Beziehun­gen hat ein bish­er ein­ma­liges und ungekan­ntes Aus­maß angenom­men. Bed­ingt durch die Bedro­hung durch das neue Virus SARS-CoV­‑2 hat es einen glob­alen Shut­down gegeben, eine nahezu kom­plette Stil­l­le­gung aller Gesellschaften. In unter­schiedlichem nationalen Aus­maß star­ben hun­dert­tausende Men­schen. Die Fernse­hauf­nah­men aus Nordi­tal­ien, die zeigten, wie Mil­itär­laster Ver­stor­bene abtrans­portieren mussten, ste­hen bis heute sinnbildlich für die Gefahren dieser weltweit­en Pan­demie mit mit­tler­weile über fünf Mil­lio­nen diag­nos­tizierten Erkrank­ten (WHO, Stand: 24.05.2020, 02:00 CEST).Jede Gesellschaft würde unter diesen Bedin­gun­gen lei­den, doch gibt es spez­i­fis­che Fol­gen, die nur in waren­pro­duzieren­den Gesellschaften oder, anders gesagt, im Kap­i­tal­is­mus auftreten.

Diese gilt es hier näher zu beleucht­en und von den nicht-kap­i­tal­is­tis­chen Gesellschaften zu unter­schei­den. In kap­i­tal­is­tis­chen Gesellschaften pro­duzieren voneinan­der unab­hängige Privatproduzenten*innen für den Markt, während sie die bei ihnen beschäftigten Arbeiter*innen aus­beuten. Alle Waren, die sie pro­duzieren, müssen sich im Aus­tausch mit Geld erst als gesellschaftlich notwendig erweisen. Erst wenn sie wirk­lich verkauft wer­den, gilt die Arbeit, die ihre Her­stel­lung erforderte, als wertvoll. Das heißt: erst nach­dem die Dinge hergestellt wur­den, stellt sich her­aus, ob es für sie ein gesellschaftlich­es Bedürf­nis gibt- genauer gesagt- ein zahlungs­fähiges gesellschaftlich­es Bedürf­nis. Die Tren­nung eines Großteils der Men­schheit (Arbeiter*innen) von ihren Pro­duk­tion­s­mit­teln und der Besitz ebendieser von weni­gen (Kapitalist*innen) bedeutet für Erstere ihre Arbeit­skraft an Let­ztere zu verkaufen. Arbeiter*innen bekom­men aber nicht alle Arbeit  bezahlt, son­dern nur den Teil, den sie benöti­gen, um sich selb­st zu repro­duzieren (Leben­shal­tungskosten, Essen, Wohnen usw.). Dieser vari­iert zu jed­er Zeit und Gesellschaft. Pro­duziert wird über­haupt nur, wenn für Kapitalist*innen Aus­beu­tung möglich ist und sie sich einen Prof­it aneignen können.

Wenn dieses Sys­tem, dass schon in „nor­malen“ Zeit­en mit vie­len Ungerechtigkeit­en, Umweltzer­störung, Krieg und Elend ver­bun­den ist, nun in die Krise kommt, nimmt auch diese eine spez­i­fis­che Form an. Kön­nen oder dür­fen keine Waren pro­duziert und verkauft oder Dien­ste nicht ange­boten wer­den, wird die Pro­duk­tion eingestellt. Dies hat den Arbeit­splatzver­lust von Mil­lio­nen Men­schen zur Folge, die zu den vie­len Unbeschäftigten hinzukom­men, kein Geld mehr ver­di­enen und somit ihr täglich­es Über­leben nicht länger gewährleis­ten kön­nen. Auch wenn es in vie­len west­lichen Gesellschaften erkämpfte Sozial­sys­teme gibt, ste­hen diese längst nicht  allen zur Ver­fü­gun­gen und sind in den meis­ten Län­dern der Erde nicht vorhan­den. Klar, auch mit der Krise gibt es für alle genü­gend Essen, Woh­nun­gen, Autos usw., doch die Ver­fü­gungsmöglichkeit­en darüber wer­den für viele schla­gar­tig verklein­ert bzw. ver­schwinden. Dies ist spez­i­fisch für den Kap­i­tal­is­mus. In ein­er bedürfnisori­en­tierten Pro­duk­tion­sweise wür­den ein­fach alle weit­er ernährt und u.a. mit Wohn­raum und Nahrungsmit­teln ver­sorgt wer­den. Eine möglicher­weise entste­hende Knap­pheit (z.B. bei Desin­fek­tion­s­mit­teln, Masken, Klopa­pi­er, usw.) würde nicht bedeuten, ein­fach den Meistzahlen­den alles auszuhändi­gen, son­dern es den jew­eils Betrof­fe­nen zur Ver­fü­gung zu stellen.Da alle Län­der heute mit ihren Wirtschaft­sräu­men in ein­er Konkur­renz  zueinan­der ste­hen, schaf­fen sie Gren­zen gegeneinan­der oder wirtschaftliche Bin­nen­räume wie die EU. Doch auch dann gibt es EU-Außen­gren­zen. Men­schen, die ver­suchen auf­grund vielfältiger Gründe wie Krieg, Umweltzer­störung, schlechter Sozialver­hält­nisse oder Lebens­be­din­gun­gen, etc. aus einem Land in ein anderes zu fliehen, wer­den davon abge­hal­ten, wegges­per­rt oder in Lager ver­frachtet. Ger­ade in Zeit­en ein­er glob­alen Pan­demie zieht dies entsprechend hohe Infek­tion­srat­en nach sich, egal ob in Elend­slagern wie Moria oder dem Geflüchteten­heim nebe­nan. Viele Men­schen in enge Räum­lichkeit­en zu stopfen, ent­behrt spätestens jet­zt jeglich­er Ver­nun­ft. Doch nicht nur Geflüchtete sind von diesem Unsinn betrof­fen. So sind u.a. auch Arbeiter*innen, die sich in einem Schlacht­be­trieb bzw. den dazuge­höri­gen Wohn­heimen mit Coro­na infiziert haben, von dieser Fahrläs­sigkeit betroffen.

In manchem Kranken­haus scheint das Prof­it­streben und nicht ein unaus­ge­feil­ter Pan­demieplan für hohe Ansteck­ungsrat­en unter Patient*innen und Mitarbeiter*innen ver­ant­wortlich zu sein. Auch in ein­er nichtkap­i­tal­is­tis­chen Gesellschaft würde gear­beit­et wer­den, jedoch nicht unter sor­glos­er Gefährdung der Mitar­bei­t­en­den. Unter kap­i­tal­is­tis­chen Bedin­gun­gen, lässt sich all­ge­mein fes­thal­ten, spitzt sich auch eine Krise wie eine Pan­demie noch weit­er zu. Nicht die Abstand­sregeln oder die fehlende Kita-Betreu­ung wer­den auf Dauer den Aus­gang der Krise bes­tim­men. Fraglich bleibt eher wie lange noch ein Schutz von Risiko­grup­pen gegen ein Weg­brechen ökonomis­ch­er Poten­zen aufrecht erhal­ten wer­den kann. Schon kom­men vor allem Neolib­erale mit  ganz unter­schiedlichen Parteibüch­ern um die Ecke und stellen  wirtschaft­spoli­tis­che Erwä­gun­gen vor die Gesund­heit viel­er Mil­lio­nen Men­schen. Und dies obwohl nicht ein­mal gek­lärt ist, welche Spät­fol­gen Coro­na-Infek­tio­nen nach sich ziehen.

Und das dicke Ende kommt erst nach der Krise, da wer­den dann nach bekan­nter Manier die Unternehmer*innen durch mehr Aus­beu­tung, weniger Bezahlung oder Ent­las­sun­gen ihrer Angestell­ten ver­suchen ihre Ver­luste wieder auszu­gle­ichen. Weit­er­hin wird der Staat genau da den Rot­s­tift anset­zen, wo es am nötig­sten ist. Der Staat wird ‑wie gewohnt- in der Jugend­hil­fe sparen, bei sozialen und kul­turellen Ein­rich­tun­gen das Bud­get kürzen und am Ende wer­den von der Krise, die Men­schen am meis­tens getrof­fen sein, welche es schon davor waren.

Auch die sich im Augen­blick ins Astronomis­che ver­schulden­den Staat­en wer­den dann ten­den­ziell für die weniger Vergüteten die Steuern erhöhen. Die Maß­nah­men gegen die Pademie müssen im Auge behal­ten wer­den. Die bish­er in Deutsch­land zweifel­los erfol­gre­iche Bekämp­fung der Pan­demie muss per­ma­nent neu in Frage gestellt und disku­tiert wer­den. Die Aus­set­zung und Beschnei­dung der Bewe­gungs- und Ver­samm­lungs­frei­heit darf nicht zum Selb­stzweck wer­den, unter Wahrung von Abstands- und Hygien­eregeln muss öffentliche Mei­n­ungsäußerung unbe­d­ingt erlaubt sein. Nicht wenige Regierun­gen wer­den die Pan­demie auch nutzen, um oppo­si­tionelle Grup­pen zu krim­i­nal­isieren. Autoritäre Maß­nah­men, die im Zusam­men­hang mit der Pan­demie ver­hängt wer­den, wer­den wahrschein­lich auch danach noch beste­hen. Dem kön­nen wir nur mit Sol­i­dar­ität und Entschlossen­heit begeg­nen. Nicht Repres­sion und Überwachung sind geeignete Maß­nah­men zur Pan­demiebekämp­fung. In ein­er befre­it­en Gesellschaft würde nach den Bedürfnis­sen der Men­schen pro­duziert und Ver­hält­nisse geschaf­fen, in denen Men­schen Abstand­sregelun­gen ein­hal­ten kön­nen und deren Bedürfnis­be­friedi­gung pri­or­itär ist. Der Kap­i­tal­is­mus ist nicht das Ende der Geschichte, auch ger­ade das zeigt diese Krise!

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Antifaschismus Verschwörungsideologie

Wer nur einen Hammer hat, dem kommt alles wie ein Nagel vor

In Pots­dam, aber auch in vie­len anderen deutschen Städten, demon­stri­eren und medi­tieren seit eini­gen Wochen eine krude Mis­chung aus Esoteriker*innen, Nazis und Verschwörungsmytholog*innen. Was ober­fläch­lich als eine Kri­tik der Anti-Coro­na-Maß­nah­men erscheint, ent­pup­pt sich bei näher­er Betra­ch­tung als eine verzweifelte Suche nach der Erk­lärung der Welt.

Dass ich erkenne, was die Welt im Inner­sten zusammenhält
Aus dem Ver­such Antworten auf eine ungerechte, gewaltvolle und eine die Men­schen zurich­t­ende Real­ität zu geben, wird dabei schnell eine Aneinan­der­rei­hung von wahlweise All­ge­mein­plätzen, Ver­mu­tun­gen, Sug­ges­tivfra­gen, wis­senschaftlichem Halb­wis­sen und verkürzter Wieder­gabe von Inhal­ten aus unser­iösen Youtube-Videos. Berechtigte Kri­tik an einem her­abgewirtschafteten und zusam­menges­parten Gesund­heitssys­tem sowie zunehmenden Waf­fen­ex­porten paaren sich hier mit aller­lei hanebüch­en­em Unsinn.

An diesen The­sen soll die Welt genesen
Frisch und frei von der Leber weg wer­den die unter­schiedlich­sten The­sen geäußert – allerd­ings in ein­er Form, in der den Zuhörer*innen sug­gerieren wer­den soll, das Geäußerte müsse auf jeden Fall stim­men und es sei Zeit dage­gen aufzubegehren. So präsen­tierte auch in Pots­dam die Ver­anstal­terin eine end­los lange „Was wäre wenn?“- Fra­gen­rei­he. Was wäre, wenn es wirk­lich eine Weltver­schwörung, Zwangsimp­fun­gen oder Chem­trails geben würde?Von anderen Teilnehmer*innen und auf anderen Ver­anstal­tun­gen kom­men noch jede Menge andere sich zum Teil offen wider­sprechende Ver­mu­tun­gen hinzu:Das Virus gäbe es nicht, das Virus gäbe es, sei aber nur eine Grippe oder ein Schnupfen, die Todeszahlen seien gefälscht, die Men­schen wür­den nur mit aber nicht an Coro­na ster­ben, alle soll­ten zwangs­geimpft und gechipt wer­den, die Mund‑u. Nasen­schütze seien Maulkörbe um die Men­schen ruhig zu stellen, durch die Abstand­sregeln soll­ten alle bewusst sozial isoliert wer­den, usw. Die Belege für solchen Unsinn kom­men vor allem von Inter­net­seit­en und YouTube-Kanälen soge­nan­nter „Alter­na­tivme­di­en“. Beson­ders oft zitiert wer­den dabei Ken Jeb­sen, Oliv­er Janich und Heiko Schrang. Jede noch so krude Aus­sage find­et in den Weit­en des Inter­nets ihre Bestätigung.

Der fehlende Zusammenhang
Der Zusam­men­hang von Natur, Gesellschaft und Denk­for­men, aber auch die Erforschung und Bew­er­tung eines Pan­demiegeschehens, zeich­nen sich durch eine gewisse, dem Gegen­stand ein­gen­tüm­liche Kom­plex­ität aus. Diese kann nicht mal eben im Vor­beige­hen oder durch eine hand­voll Youtube-Videos ver­standen wer­den. Mith­il­fe von Abstrak­tion (Abse­hung) und Verk­nap­pung der für die Erk­lärung unbe­d­ingt notwendi­gen Zusam­men­hänge wird eine Ersatzver­mit­tlung kon­stru­iert. Anstatt das Ver­hält­nis von Struk­tur und Hand­lung in der kap­i­tal­is­tis­chen Gesellschaft nachzu­vol­lziehen, um zu ver­ste­hen, wie jede*r Einzelne ein gesellschaftlich­es Sys­tem durch sein bewusstes und unbe­wusstes Han­deln repro­duziert, wird einzel­nen Men­schen oder „Ver­schwör­ergrup­pen“ zuge­s­tanden die Welt zu regieren oder zu manip­ulieren. Auch wenn es Kapitalist*innen geben mag, die ver­suchen Ein­fluss auf die Poli­tik zu nehmen, die Umwelt zu zer­stören oder ihre Arbeiter*innen über das „nor­male“ Maß hin­aus auszubeuten, erk­lärt dies nicht den Zusam­men­hang gesellschaftlich­er Repro­duk­tion oder mit anderen Worten: den zum Him­mel schreien­den Nor­malzu­s­tand. Niemals kön­nte in ein­er durch die kap­i­tal­is­tis­che Konkur­renz gekennze­ich­nete Welt ein Men­sch oder eine kleine Gruppe alles kon­trol­lieren. Selb­st konkur­ri­erende Staat­en sollen auf ein­mal Teil eines gemein­samen satanis­chen Planes sein, ihre Inter­es­sen­ge­gen­sätze wie durch Zauber­hand aufge­hoben. Und im Him­mel ist Jahrmarkt.Diese Vorstel­lun­gen resul­tieren in Forderun­gen die Übeltäter*innen min­destens einzus­per­ren oder wahlweise umzubringen.

Gesun­der Menschenverstand
Natur- oder Gesellschaftswis­senschaften wer­den als Stan­dard der Pan­demie- oder Wel­terk­lärung als erledigt ange­se­hen abgeschrieben und abgelehnt. Richt­en soll es der „gesunde Men­schen­ver­stand“, das „Bauchge­fühl“ oder wahlweise die „innere Stimme“. Diese kön­nten eher Auskun­ft geben über richtig und falsch, wahr und unwahr. Doch gibt es nahezu keinen Zusam­men­hang oder Gegen­stand der so ein­fach zugänglich wäre. Wesen und Erschei­n­ung fall­en nahezu immer auseinan­der. In der Geschichte der Men­schheit war es mit­nicht­en der All­t­agsver­stand, der ein Ver­ständ­nis kom­plex­er Zusam­men­hänge ermöglichte. Ganz im Gegen­teil, bedurfte es zur Klärung etlich­er Fra­gen der Wis­senschaft. Die Erken­nt­nisse des All­t­agsver­standes lassen sich im Hin­blick auf seine Geschichte gut bebildern: Die Erde ist eine Scheibe, die Sonne dreht sich um die Erde, die Pest wird durch Aus­dün­stun­gen über­tra­gen, Blitze sind Gottesstrafe, usw. Das soll nicht bestre­it­en, dass auch Wis­senschaft Abhängigkeit­en aufweist, ger­ade in Hin­blick auf Gesellschaft­s­the­o­rien. Nur kann für eine Erken­nt­nis kom­plex­er Zusam­men­hänge nicht auf sie verzichtet werden.

Wir sind das Volk
Eine Losung, die selb­ster­nan­nte Wahrheitsfinder*innen mit PEGIDA und Mon­tags­mah­nwachen vere­int ist ein offen­siv gebrülltes „Wir sind das Volk“. Es ist der Ver­such Homogen­ität und Gemein­samkeit gegen Dif­ferenz und Wider­sprüche gel­tend zu machen. Eine Gesellschaft, die sich tren­nt durch ein Auseinan­der­fall­en in Arm und Reich, durch die Zurich­tun­gen des Patri­archi­ats, durch Ras­sis­mus und andere Zumu­tun­gen soll durch diese heimel­nde Parole zusam­menge­führt wer­den. „Wir“ wer­den hier „ver­arscht, bel­o­gen und bet­ro­gen“. Wer in Deutsch­land das „Wir“ ist, wird nicht näher erläutert. Sich­er nicht damit gemeint sind die Leute, die in Zeit­en der Krise durch eine Dop­pel­be­las­tung von Beruf und Kinder­be­treu­ung lei­den, in Geflüchteten­heimen oder Schlachthäusern ein­er erhöhtem Ansteck­ungs­ge­fahr aus­ge­set­zt sind oder die Men­schen, die durch ein Ver­let­zen der Abstan­dregelun­gen poten­ziellen Gesund­heits­ge­fährdun­gen unterliegen.

Medi­enkri­tik? Fehlanzeige!
Wie nahezu alle Arbeit­spro­duk­te wer­den auch Medi­enerzeug­nisse im Kap­i­tal­is­mus zur Ware. Nicht allein Ser­iösität, valide Quellen oder eine prag­ma­tis­che Auf­machung entschei­den über Erfolg oder Mis­ser­folg eines Medi­enun­ternehmens. Wie alle anderen Unternehmen auch ste­hen sie in Konkur­renz zueinan­der, ver­suchen durch reißerische Schlagzeilen, Exk­lu­sivgeschicht­en u.ä. Verkauf­szahlen zu erhöhen oder Wer­beanzeigen zu gener­ieren. Auch Konz­erne, Parteien oder andere Inter­es­sen­grup­pen ver­suchen Ein­fluss zu nehmen auf die Berichter­stat­tung und bisweilen gelingt ihnen das auch. Doch als Kri­tik daran diese nun wahlweise flach als „Main­streamme­di­en“ oder faschis­tisch kon­notiert als „Lügen­presse“ darzustellen und sich stattdessen ver­meintlichen „Alter­na­tivme­di­en“ zuzuwen­den geht offen­sichtlich am Prob­lem vor­bei. Spätestens nach­dem die AfD andere Parteien als „Alt­parteien“ abkanzelte, um dann selb­st in Spenden­skan­dale ver­wick­elt zu wer­den und den eige­nen Ange­höri­gen Ämter zuzuschieben, müsste all­ge­mein bekan­nt sein, dass neue Namen nicht die Funk­tion­sweise ein­er Insti­tu­tion verän­dern. Genau­so wie die großen Medi­en, müssen auch Janich, Schrang, Jeb­sen und Co. ihr Geschwurbel an die Leute brin­gen. Eine Welt ohne Ver­schwörung, Zwangsimp­fung und per­man­tentes Regierungsver­sagen wäre für sie der schnell­ste Weg in die Insolvenz.

Alles rel­a­tiv!
Ein weit­eres Merk­mal der Demon­stri­eren­den ist die Rel­a­tivierung. Egal ob Gle­ich­set­zung des nation­al­sozial­is­tis­chen Massen­mor­dens mit der Impflicht, der die Abstand­sregeln durch­set­zen­den Polizei mit der Stasi oder der Ver­gle­ich des eige­nen Rumgeschwurbels mit dem antifaschis­tis­chen Wider­stand gegen die Nazis 1933. Kein Ver­gle­ich hinkt zu sehr, um ihn nicht zu benutzen. Es ist egal, dass Men­schen geschützt und auch nie­mand wegen sein­er Mei­n­ung abge­haftet wird, ja sog­ar jeglich­er Unsinn übers Inter­net Ver­bre­itung find­et. Neben der völ­li­gen Unken­nt­nis his­torisch­er Ereignisse und Epochen zeugt dieses Denken vor allem von voll­ständi­ger Selbstüberhöhung.

Cui Bono – Wes Brot ich ess, des Lied ich sing
Die beliebteste Frage verkürzter oder ober­fläch­lich­er Gesellschaft­skri­tik bleibt „Cui bono?“ oder „Wem nützt es?“Diese vere­in­fachende Frage führt bei den Hygien­edemos auf der einen Seite zu mas­siv­en Ver­drehun­gen. Wie lässt sich im Sinne eines Nutzenkalküls erk­lären, dass Staat­en ihre kom­plet­ten wirtschaftlichen Poten­zen schrot­ten und somit nahezu alle gesellschftlichen Grup­pen, wenn auch in unter­schiedlichem Aus­maß, schädigen?Dies mit dem Nutzen für die Phar­malob­by zu erk­lären ent­behrt jeglich­er Grund­lage. Als ob konkur­ri­erende Unternehmen oder der Staat sich das ein­fach gefall­en lassen wür­den. Außer­dem steckt in der Frage immer schon die Antwort drin. Wenn ich nach dem „Wem“ frage, bleibt nur eine Per­son oder Gruppe als Anwort übrig. Nur lassen sich Krieg, Umweltzer­störung, Aus­beu­tung und Pan­demie eben nicht monokausal mit dem Nutzen für Einzelne erk­lären. Da geht es um einen Gesamtzusam­men­hang von Natur und Gesellschaft oder um eine spez­i­fis­che his­torische Aus­for­mung diese Zusam­men­hanges. Wenn sich bes­timmte Ereignisse im Han­deln der Men­schen wieder­holen, wer­den diese durch beste­hende Struk­turen begün­stigt und nicht durch eine kleine Gruppe betrügerisch her­beige­führt. Wenn es so sein sollte, warum wer­den diese Ver­schwörun­gen aus­gerech­net von Men­schen aufgedeckt, die wed­er über Verbindun­gen ins Zen­trum des Staates, noch über son­stige Qual­i­fizierun­gen zur Aufk­lärung ver­fü­gen? Wir fra­gen ja nur…

Alles öko oder was?
Ein weit­er­er Erzählstrang auf den Kundge­bun­gen ist die Ökothese. Die Natur sei aus dem Gle­ichgewicht gekom­men, es müsste mehr Essen selb­st ange­baut wer­den und über­haupt müsse nur gesund gegessen wer­den und ein paar Glob­u­li hin­ter­hergekippt wer­den um die eigene Gesund­heit zu erhal­ten. Dass die Steigerung der Lebenser­wartung eng zusam­men­hängt mit mod­ern­er Medi­zin und anderen tech­nis­chen und gesellschaftlichen Errun­gen­schaften und sozialen Kämpfen, wird dabei nach bekan­ntem Muster aus­ge­blendet. Die Entwick­lung der gesellschaftlichen Arbeit als Ver­mit­tlung zwis­chen Natur und Gesellschaft lässt sich eben nicht ein­seit­ig kri­tisieren. Seit es die Men­schheit gibt, hat sie sich selb­st und ihre Umwelt verän­dert. Durch ihr Han­deln z.B. Abholzung, Viehzucht, Jagd, Städte­bau usw. haben Men­schen Ein­fluss auf die Natur genom­men. Eine Natur im Gle­ichgewicht kann es nur ohne Men­schen geben (was auch immer Gle­ichgewicht für eine sich ständig verän­dernde Natur bedeutet). Richtig ist hinge­gen die Form des Zusam­men­hangs zu kri­tisieren und zu verän­dern. Die kap­i­tal­is­tis­che Reich­tum­spro­duk­tion degradiert die Natur zu einem Mit­tel der Prof­itwirtschaft, genau­so wie den Men­schen auch. Der beste­hende Wider­spruch des momen­ta­nen Stof­fwech­sels zwis­chen Men­sch und Natur kann eben nicht nach ein­er Seite hin aufgelöst wer­den. Passiert dies auf­seit­en der Natur müssen die Men­schen weichen, passiert dies auf der Seite der kap­i­tal­is­tis­chen Gesellschaft geht dieser irgend­wann die Grund­lage men­schlichen Lebens flöten. Es gab zwis­chen bei­den Seit­en nie ein Gle­ichgewicht, nur eine Bewegungsform.Abzuschaffen ist die kap­i­tal­is­tis­che Produktionsweise!

Was tun?
In Pan­demiezeit­en sind diese Aufzüge und Zusam­menkün­fte beson­ders gefährlich. Nicht nur wer­den sämtliche Abstands- und Hygien­eregeln außer Acht gelassen und so eine erneute Ver­bre­itung des Virus begün­stigt. Auch diskred­i­tieren sie notwendi­ge Anliegen, wie z.B. verbesserte Arbeits­be­din­gun­gen und Bezahlun­gen für Pfle­gende und andere Kranken­haus­mi­tar­bei­t­ende, eine ständi­ge Über­prü­fung der Infek­tion­ss­chutz-Maß­nah­men, die Ermöglichung von Hygiene- und Abstand­sregeln auch für refugees durch die Evakuierung aus den Lagern und eine dezen­trale Unter­bringung und schließlich den Protest gegen die ungerechte Verteilung der Krisen­las­ten. Wer Nazis auf Demos duldet, sich anti­semi­tis­chen und irra­tionalen Wel­terk­lärun­gen öffnet und bewusst andere gefährdet, muss mit Gegen­wind rech­nen! Eine Kri­tik an den beste­hen­den Ver­hält­nis­sen muss tiefer gehen als das para­noide Gefrage nach Ver­schwörung und Ver­ant­wor­tung. Es bleibt eben kompliziert.

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Flucht & Migration Law & Order

Menschen mit Fluchterfahrung in Einzelzimmern unterbringen!

Die Unter­bringung des Antrag­stellers in einem gemein­samen Zim­mer mit zwei weit­eren Per­so­n­en wider­spricht jedoch den Vor­gaben der SARS-CoV-2-UmgV, da der gemäß § 2 Abs. 1 Satz 1 SARS-CoV-2-UmgV grund­sät­zlich einzuhal­tende Min­destab­stand von 1,5 Metern in diesen Ver­hält­nis­sen nicht gewahrt wer­den kann.

Mit der Woh­nungs­gewährung in ein­er Gemein­schaft­sun­terkun­ft entste­ht jedoch auch eine Für­sorgepflicht des Antrags­geg­n­ers [der Land­kreis MOL] gegenüber dem Antrag­steller; … Ent­ge­gen der Auf­fas­sung des Antrags­geg­n­ers kön­nen der Antrag­steller und die weit­eren Bewohn­er des Zim­mers auch nicht als gemein­samer Haushalt ange­se­hen wer­den, für den gemäß § 1 Abs. 2 Satz 2 Nr. 1 SARS-CoV-2-UmgV die Abstand­sregelung nicht gilt.

Das Gericht hat während des Ort­ster­mins am 27. Mai 2020 im Ver­fahren VG 4 L 238/20 die Wohn­ver­hält­nisse des Antrag­stellers in der Gemein­schaft­sun­terkun­ft in Augen­schein genom­men. … Das Zim­mer des Antrag­stellers wird außer von ihm auch von zwei weit­eren Per­so­n­en bewohnt.“

DieWohn­ver­hält­nisse des Antrag­stellers ste­hen deshalb nach Auf­fas­sung der Gerichts nicht in Ein­klang mit der der aktuellen bran­den­bur­gis­chen SARS-CoV-2-Umgangsverord­nung (SARS-CoV-2-UmgV) vom 12. Juni 2020. (Zitate aus dem Beschluss des Ver­wal­tungs­gerichts Frank­furt / Oder im Ver­fahren VG 4 L 240/20 vom 30.06.2020)

Das Aktions­bünd­nis Offenes Märkisch-Oder­land freut sich über diesen Erfolg in diesem von uns begleit­eten Gerichtsver­fahren. Viele weit­ere wer­den fol­gen, wenn der Land­kreis nicht unverzüglich mit der Umset­zung des Beschlusses begin­nt und die Zwangs­ge­mein­schaften in Mehrbettz­im­mern auflöst, um die akuten Infek­tion­srisiken zu been­den. In anderen Land­kreisen führt die Untätigkeit der Behör­den bere­its zu monate­lan­gen Quar­an­tä­nen viel­er Bewohn­er und Bewohner­in­nen von Gemeinschaftsunterkünften.

Der Sozialdez­er­nent des Land­kreis­es hat­te zugesichert, bis Ende Mai einen Kri­te­rienkat­a­log für den Auszug aus Gemein­schaft­sun­terkün­ften in Woh­nun­gen zu erar­beit­en. Jet­zt ist klar, dass es drin­gen­der denn je eines Konzepts bedarf, das die men­sche­nun­würdi­ge Unter­bringung geflüchteter Men­schen in Gemein­schaft­sunter-kün­ften im Land­kreis MOL beendet.

Jed­er Men­sch, der in ein­er Zwangs­ge­mein­schaft in einem Mehrbettz­im­mer in ein­erGe­mein­schaft­sun­terkun­ft wohnt, hat den Anspruch auf Unter­bringung in einem Einzelz­im­mer, wenn er*sie den Min­destab­stand von 1,5 Metern nicht ein­hal­ten kann.

An alle Bewohn­er und Bewohner­in­nen! Stellt sofort Anträge auf Einzelun­ter­bringung in Eurem Heim. Wenn die Euch nicht sofort ein Einzelz­im­mer geben, stellt direkt einen Antrag bei der Aus­län­der­be­hörde. Wenn die Euch in weit ent­fer­nte Unterkün­fte im Oder­bruch ver­legen will, kön­nen wir das ver­hin­dern. Denn dann wird Klage erhoben und ein Eilantrag auf Anord­nung der auf­schieben­den Wirkung beim Ver­wal­tungs­gericht gestellt!

Wir unter­stützen gerne dabei!

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(Anti-)Rassismus Antifaschismus

Menschlichkeit kennt keine Alternative!

Nie wieder Krieg! Nie wieder Faschis­mus!“ war der Schwur viel­er Men­schen vor 75 Jahren nach dem Zweit­en Weltkrieg. Daran erin­nerten wir uns am 8. Mai, dem Tag der Befreiung. 

Berthold Brecht warnte: „So was hätt ein­mal fast die Welt regiert!
Die Völk­er wur­den sein­er Herr, jedoch
Dass kein­er uns zu früh da triumphiert -

Der Schoß ist frucht­bar noch, aus dem das kroch!“

Es ist wieder nötig,

  • Demokratie und Men­schen­rechte (für ALLE Men­schen), Frei­heit und Sol­i­dar­ität, Weltof­fen­heit und Zusam­men­halt zu beto­nen und zu feiern
  • uns von denen zu dis­tanzieren, die Hass und Het­ze, pop­ulis­tis­che Geschichts- und Ver­schwörungslü­gen ver­bre­it­en, die offen Anti­semitismus und Ras­sis­mus, Ver­ach­tung von Frauen, Zuge­wan­derten, Ander­s­denk­enden, Homo­sex­uellen und Min­der­heit­en propagieren. 

Seid dabei:

  • sol­i­darisch ver­bun­den – wenn auch mit dem gebote­nen Pan­demie-Abstand, mit Kind und Kegel, mit Ver­wandten, Fre­un­den und Bekannten.
  • Bringt bitte Pick­nick für euch selb­st und möglichst bequeme Stüh­le mit.

Neben Pick­nick und Gesprächen wollen wir den Platz bunt und sol­i­darisch gestal­ten. Musik, Rede­beiträge und Kreatives, wie Trans­par­ente bemalen und Schilder basteln ist alles möglich. Spon­tane Künstler*innen sind auch sehr willkommen.

Her­zliche Ein­ladung vom Net­zw­erk für Weltof­fen­heit Bernau, denn Demokratie ist auch mit ABSTAND die beste Lösung. (bitte hal­tet euch an die Abstand­sregeln von 1,50m) 

Wer mag, kann auch schon dafür werben:
„App“-Aktion: Die Coro­na-Pan­demie ver­schlechterte die wirtschaftliche Lage etlich­er Men­schen und Vere­ini­gun­gen, andere sind finanziell kaum oder nicht betrof­fen. Während der Kundge­bung am 4.7. möcht­en wir prak­tis­che Sol­i­dar­ität üben. „App“ ste­ht für „Aus­gle­ichen – prak­tisch, pri­vat“ und funk­tion­iert so: Wer genü­gend oder viel Geld hat, steckt bei der Kundge­bung etwas oder viel Geld in die App-Kiste; wer zu wenig Geld hat und Sol­i­dar­ität benötigt, steckt einen kleinen Zettel mit Namen und IBAN in die Kiste. Im Anschluss spenden wir vom gesam­melten Geld eine Hälfte an drei Vere­ini­gun­gen, die geflüchtete Men­schen unter­stützen: die Ini­tia­tive Barn­im für alle, an Women in exile e.V., an Pro Asyl e.V., und 50 % teilen wir auf diejeni­gen auf, die hier Sol­i­dar­ität benöti­gen. Wir über­weisen dies dann direkt (und ver­sprechen Diskre­tion und Daten­schutz, ver­nicht­en nach der Über­weisung die Zettel mit Namen und IBAN). 

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Antifaschismus Geschichte & Gedenken

Niemand ist Vergessen“


Für Mittwoch, den 01. Juli 2020, riefen das Soziale Zen­trum JWP „Mit­ten­Drin“ und die linksju­gend [´sol­id] Neu­rup­pin zum gemein­samen Gedenken an Emil Wend­land auf. An diesem Tag jährte sich der Mord an dem damals woh­nungslosen Lehrer Emil Wend­land zum 28. Mal, dieser wurde am 01. Juli 1992 von örtlichen Neon­azis erst mis­shan­delt und im Anschluss ermordet.[1]

Opfer rechter Gewalt

Bran­den­burg ist eines der Bun­deslän­der, in denen seit der Wiedervere­ini­gung die meis­ten Todes­opfer rechter Gewalt zu bekla­gen sind. Die Opfer­per­spek­tive verze­ich­net 22 Todes­opfer rechter, ras­sis­tis­ch­er und sozial­dar­win­is­tis­ch­er Gewalt, die seit den 1990 Jahren durch Neon­azis ums Leben gekom­men sind – bei sechs weit­eren gebe es eben­falls Indizien für ein recht­es Tat­mo­tiv und sie wer­den als Ver­dachts­fälle erfasst. Klar ist, dass es sich dabei um keine Einzelfälle han­delt, son­dern vielmehr um eine Kon­ti­nu­ität rechter Gewalt, die in Bran­den­burg, aber auch in ganz Deutsch­land eine lange trau­rige Geschichte und Gegen­wart hat. Solche Tat­en dür­fen nicht in Vergessen­heit ger­at­en und es bedarf eines würdi­gen Erinnerns.

Durch die Kun­stak­tion eines soge­nan­nten „Die-In“ woll­ten wir dies verdeut­lichen. So nutzten wir den Schulplatz dafür mit weißer Krei­de Umrisse zu malen, welche sym­bol­isch für die 22 Opfer von rechter Gewalt in Bran­den­burg ste­hen und hin­ter­ließen diese mit deren Biografien und Bilder. Außer­dem ging es uns darum, Aufmerk­samkeit für die Opfer zu schaf­fen, denn viel zu häu­fig geht es vor allem um die Täter*innen und den Ver­such Erk­lärungsan­sätze für die Tat­en zu find­en und zu wenig liegt der Fokus auf den Betrof­fe­nen, deren Leben­sre­al­ität oder auch dem Umfeld bzw. deren Hinterbliebenen.

Sicht­barkeit

Ursprünglich trat unsere Kam­pagne „Nie­mand ist Vergessen“ 2012 mit dem Ziel an, eine Straße in Neu­rup­pin nach Emil Wend­land umzube­nen­nen. Nach ver­schiede­nen Diskus­sio­nen wurde damals klar, dass dies wohl nicht real­isiert wer­den könne und es wurde sich auf eine Gedenk­tafel im Neu­rup­pin­er Rosen­garten geeinigt, um zumin­d­est einen Ort der Erin­nerung an Emil Wend­land zu schaffen.

In diesem Jahr grif­f­en wir diese Forderung erneut auf und benan­nten zumin­d­est sym­bol­isch die Post­straße in Emil-Wend­land-Straße um. Unsere Forderung bleibt beste­hen, wir wollen das die näch­ste Straße, welche in Neu­rup­pin entste­ht, den Namen „Emil-Wend­land-Straße“ trägt, um das Gedenken an die Opfer rechter Gewalt zumin­d­est sym­bol­isch sicht­bar­er zu machen.

Gedenken im Neu­rup­pin­er Rosengarten

Ab 18 Uhr fand dann das tra­di­tionelle Gedenken im Neu­rup­pin­er Rosen­garten statt, an dem ca. 60 Per­so­n­en teil­nah­men. Neben den Rede­beiträ­gen des Sozialen Zen­trums JWP „Mit­ten­Drin“ und der linksju­gend [´sol­id] Neu­rup­pin, hiel­ten auch der Vor­sitzende der Stadtverord­neten­ver­samm­lung Gerd Kli­er (Die LINKE) und der Bürg­er­meis­ter Jens-Peter Golde (parteiun­ab­hängig) einen Rede­beitrag. In bei­den Beiträ­gen wurde nochmal her­vorge­hoben wie wichtig eine kon­tinuier­liche Gedenkar­beit an die Opfer rechter Gewalt auch in Neu­rup­pin ist und es nie zu ein­er Poli­tik des Vergessens kom­men darf.

Im Anschluss an die Rede­beiträge und dem Nieder­legen der Kränze wurde zum Abschluss Emil Wend­land noch mit ein­er Schweigeminute gedacht.

In diesem Sinne:

Kein Vergeben! Kein Vergessen!
Im Gedenken an Emil Wend­land und alle anderen Opfer rechter Gewalt!

 

Soziales Zen­trum JWP „Mit­ten­Drin“ und linksju­gend [´sol­id] Neuruppin

Bilder: @Presseservice Rathenow: hier

 

[1] https://www.todesopfer-rechter-gewalt-in-brandenburg.de/victims-emil-wendland.php

 

Inforiot