Am 22. April 1945 endete für die Stadt Cottbus der Zweite Weltkrieg. Für ca. 5.000 Zwangsarbeiter*innen und Gefangene bedeutete dies Befreiung. Für die 10.000 Zivilist*innen in Cottbus bedeutete dies das Ende des Nationalsozialismus. Die Rote Armee nahm die Stadt Cottbus nach geringen Kampfhandlungen ein. Damit ist dieser Tag einer der wichtigsten in der Cottbuser Stadtgeschichte.
Das wollen wir zum Anlass nehmen, allen Opfern des Nationalsozialismus zu gedenken. Wir laden euch am 22. April zur Infoveranstaltung „Cottbus befreit?!“ ab 19.00 Uhr ins QuasiMONO ein. Dabei wird es vor allem um Cottbus im III. Reich, die Sorben und den Begriff der „Befreiung“ gehen. Außerdem wollen wir uns zusammen mit allen Interessierten am 23. April auf eine interaktive Spurensuche begeben. Unter dem Motto „Täter – Opfer – Widerstand“ treffen wir uns um 14 Uhr auf dem Altmarkt. Der Rundgang wird nicht nur zu historisch relevanten Orten führen, sondern auch Stellen ausfindig machen, wo heute rassistische Gewalt stattfindet, wo sich Neonazis organisieren und wo sich Widerstand regt.
Wir wollen mit unseren Veranstaltungen aber nicht nur mahnen und gedenken, sondern auch die Befreiung vom Nationalsozialismus feiern. Der Zusammenbruch des Naziregimes heißt für uns, dass wir freier leben können. Doch was bedeutet eigentlich befreit? Die Nazis wurden gewählt und konnten durch den Schulterschluss mit den konservativen Kräften an die Macht gelangen. Die Deutschen waren nicht manipuliert und verführt worden. Große Teile der Bevölkerung haben durch Mittun, Wegschauen und Nicht-Eingreifen die Grauen der Nazizeit verursacht. Nicht diese Menschen wurden von ihrer Regierung befreit, sondern Konzentrationslager, Zwangsarbeiter*innen und Gefangene.
Auch heute ist die deutsche Gesellschaft nicht frei von Rassismus. Menschen in der ganzen Bundesrepublik zünden Unterkünfte für Asylsuchende an. Bei den letzten Landtagswahlen konnten die Rechtpopulist*innen der AfD einen erneuten Stimmenzuwachs erzielen. Im Jahr 2015 kam es laut Opferperspektive e.V. allein in Cottbus zu 28 rassistischen Übergriffen, die Dunkelziffer wird deutlich höher sein. Dabei beklagt der Verein vor allem, dass sich nicht-weiße Menschen nirgendwo in der Stadt sicher fühlen können, da die Übergriffe flächendeckend stattfinden.
Daher lautet unser Auftrag: Wir müssen die Befreiung fortsetzen! Mit Blockaden gegen Neonaziaufmärsche, mit der Unterstützung von Geflüchteten, mit dem Engagement gegen Sexismus, Homophobie und andere Diskriminierungsformen. Seid auch ihr dabei. Informiert euch und bringt euch ein!
22.April: Infoveranstaltung „Cottbus befreit?!“, 19.00 Uhr, QuasiMONO
23.April: Interaktive Spurensuche, 14.00 Uhr, Altmarkt
Autor: Greg
Der Potsdamer Patrick Danz zählt zu den wichtigen Akteur_innen der lokalen Neonazi- und RechtsRock-Szene.
Sowohl in seiner Rolle als Sänger der Neonaziband Preussenstolz [1] als auch in Bezug auf seine sonstigen Aktivitäten in der Szene, hat er eine gut gefüllte Neonazi-Vita vorzuweisen.
Aktuell arbeitet er in einem „Netto“-Supermarkt am Stern, nahe einer Geflüchtetenunterkunft.
Feiern, Kontakte knüpfen, sich organisieren
In der Großraumdisko „Musicpark“ in Teltow war Patrick Danz ab 2007 immer wieder als Gast anzutreffen. An diesem Ort war es für Neonazis bis Mitte 2011 möglich, ungestört und im vertrauten Kreis zu feiern und sich zu vernetzen. Zahlreiche Neonazis aus Potsdam und der gesamten Region waren dort regelmäßig anzutreffen und präsentierten sich und ihre Gesinnung offen und selbstbewusst. (Neo)Nationalsozialistische Symbole und Schriftzüge auf T‑Shirts oder als Tattoos wurden im „Musicpark“ von allen Besucher_innen und den Betreiber_innen des Clubs akzeptiert.
Bei Patrick Danz zeugen seine zahlreichen Tattoos, wie das Portrait eines Wehrmachtsoldaten, die Abbildung eines Bombers der deutschen Wehrmacht und die Abbildung eines SS-Dolch mit dem Spruch „Meine Ehre heißt Treue“ [2], von (s)einer den Nationalsozialismus verharmlosenden und verherrlichenden Einstellung. Regelmäßig trägt er Kleidung neonazistischer Labels oder mit entsprechenden Aufdrucken.

Patrick Danz, Christian Helmstedt, Max Seidel und Mario Schober (v.l.n.r.) auf dem Weg nach Jena zum „Fest der Völker“ 2008
In den Jahren 2008 bis 2010 war Danz häufig auf Neonaziaufmärschen und anderen Szene-Events anzutreffen. Am 13. September 2008 nahm er beispielsweise am RechtsRock-Festival „Fest der Völker“ in Jena teil. Er reiste mit weiteren Potsdamer Neonazis, z.B. Mario Schober, Tim Borowski, Max Seidel und Christian Helmstedt, an.
Die Stimme von „Preussenstolz“
Seit Ende 2009 ist Patrick Danz als Sänger für die Neonaziband Preussenstolz aktiv.
Eines seiner ersten Konzerte spielte Danz am 02. Oktober 2010 zum sogenannten Preußentag der NPD-Brandenburg in Finowfurt. Bis 2013 wurde außerdem mindestens eines ihrer Konzert in Thüringen von der Polizei gestürmt und aufgelöst. [3]
Die Band macht nach eigenen Angaben seit dem Jahr 2007, „R.A.C. aus Potsdam“ [4]. Mit diesem Label versehen sie auch ihre Merchandise-Artikel. Ein Pullover aus dieser Kollektion ist ein beliebtes Kleidungsstück des „Preussenstolz“-Mitglieds und Schlagzeuger Daniel Hintze, Gründungsmitglied des NPD-Stadtverbandes Potsdam und seit 2008 ebenfalls Drummer bei der RechtsRock-Band „Aryan Brotherhood“.
Den Pullover stellte Hintze beispielsweise am 31. März 2012 auf einem Neonaziaufmarsch in Dortmund zur schau. Neben ihm und Danz war hier auch der Gitarrist der Band Marvin Hoffmann zu sehen. Die drei waren neben der Dortmunder Band Oidoxie für den Tag angekündigt und spielten am Ende der Demonstration von einem Laster aus ein Konzert. Sie „sorgte[n] für gute Unterhaltung“ wie daraufhin im, mittlerweile abgeschalteten, Neonazi-Forum Thiazi zu lesen war. [5] Ebenfalls 2012 veröffentlicht Preussenstolz die Single „Eines Tages Werdet Ihr Angeklagt“. Diese erschien bei Rebel Records in einer Auflage von 400 Stück auf Vinyl.
Runter von der Bühne und zurück auf die Straße
Seit 2013 haben die öffentlichen Auftritte von Preussenstolz abgenommen. Die Band ist seitdem nur noch mit einzelnen Liedern für neonazistische Musik-Sampler öffentlich in Erscheinung getreten. Sie steuerten beispielsweise exklusiv ein Lied für den Sampler „Club88 / 18 Jahre Kult“ bei. Auch andere Potsdamer Bands wie Aryan Brotherhood, Burn Down und Handstreich sind auf der CD vertreten.
Im Juli 2015 erschien bei Wewelsburg Records der Sampler „In Gedenken an Hammer Max“. Mit internationaler Beteiligung verschiedener den Hammerskins nahestehender Bands, darunter Preussenstolz, Definite Hate, Blutbanner, Deaths Head, Zurzir u.a., soll dieser an den bei einem Motorrad-Unfall verstorbenen bayerischen „Hammerskin“ Maximilian Reichel erinnern. [6]

Neonazistischer Aufmarsch am 17. Januar 2016 in Genthin – am Transparent rechts Patrick Danz
Dafür ist Danz wieder vermehrt auf Neonazi-Aufmärschen und rassistischen Demonstrationen anzutreffen. In den letzten Monaten nahm er unter anderem an einer rassistischen Demonstrationen in Rathenow, am 8. Dezember 2015, und an einem neonazistischen Aufmarsch im anhaltinischen Genthin, am 17. Januar 2016, teil. Mit dabei waren auch seine „Kameraden“ und Freunde der neonazistischen Kleinstpartei „Der III. Weg“ Tim Borowski, Martin Klahr und Phillip Hinzmann. Danz trug während der Demonstration das Banner von „Der III. Weg“. Diese zeichnete sich Anfang April verantwortlich für eine Postkartenaktionen, in der überregional missliebigen Politiker_innen und sozialen Initiativen „Gutscheine für eine Ausreise aus Deutschland“ zugestellt wurden. [7]

Gedenkaktion für Horst Wessel am 23. Februar 2016 in Rathenow auf der Demonstration des „Bürgerbündnis“ – Patrick Danz mit Holzkreuz ist mit dabei
Danz ist häufig Teilnehmer der rassistischen Aufmärsche in Rathenow. In diesem Rahmen führte er mit anderen Neonazis am 23. Februar 2016 eine Gedenkaktion für SA-Sturmführer Horst Wessel durch, der von Neonazis als Märtyrer verehrt wird.
Aktuell arbeitet Danz in der Filiale des „Netto Marken-Discount“ Supermarktes in der Flotowstraße 4 am Stern. Dafür qualifizierte er sich 2008, als er seine Ausbildung zum Einzelhandelskaufmann am OSZ 2 in Potsdam abschloss. Im Rahmen der Ausbildung arbeitete er in der Netto-Filiale in der Erich-Weinert-Straße 1a in Waldstadt. Bereits dort störte es augenscheinlich niemanden, dass ein Neonazi, der sich auch nach außen hin durch eindeutige Tattoos als solcher zu erkennen gibt, an der Kasse arbeitet. In seiner neuen Anstellung am Stern ist er nun sogar in höherer Position tätig.
Im Umfeld seiner Arbeitsstelle tauchte in der Vergangenheit wiederholt Neonazipropaganda auf. Da sich die Filiale direkt neben der Unterkunft für Geflüchtete in der Grotrianstraße befindet und viele Geflüchtete dort einkaufen gehen, betrifft sie die von ihm verbreitete rassistische Propaganda direkt.
Wir fordern die Betreiber_innen des Supermarktes auf, jegliches Arbeitsverhältnis mit Patrick Danz zu beenden und sich insbesondere am Standort Flotowstraße 4 einer antirassistischen Willkommenskultur gegenüber Geflüchteten anzuschließen. Mit Danz, als führendem Mitarbeiter, ist das nicht möglich.
[1] http://arpu.blogsport.eu/2011/02/26/neonazistisch-musikalisches-treiben-in-potsdam/
[2] http://de.wikipedia.org/wiki/Meine_Ehre_hei%C3%9Ft_Treue
[3] https://www.fsn-tv.de/zeige_vod.php?nr=5
[4] „Rock Against Communism“: In den späten 1970er Jahren wurde in England eine rechte Gruppierung mit dem Namen „Rock Against Communism“ gegründet. Diese wurde 1982 von Ian Stuart Donaldson, dem Sänger und Gründer der Neonaziband „Skrewdriver“, und Joseph Pearce reanimiert. „Rock Against Communism“, unter dessen Banner Skrewdriver in den folgenden Jahren mehrere Konzerte gab“, entwickelte sich zu einem festen Begriff in der neonazistischen Szene. Damals eher als Name für eine Kampagne, steht er heute oft auch für einen Musikstil, der sich in der Tradition des RechtsRock der 1980er Jahre sieht. RAC als eine der Ursprungsformen des RechtsRock findet auch heute noch großen Anklang in der Neonaziszene, da er trotz „Modernisierung“ der Neonaziszene hinsichtlich der Differenzierung rechtsextremer Jugendkultur(en) und der dazugehörenden Lebenswelt für Beständigkeit und Tradition zu stehen scheint und somit immer wieder die „guten alten Zeiten“ herbei konstruieren kann. Auch „Preussenstolz“, bezeichnet die von ihr gemachte Musik, in einem Interview mit dem neonazistischen Radioprojekt „OPF Radio“, als „klassische[n] R.A.C.“
[5] http://forum.thiazi.net/showthread.php?s=6f7f6c4921117168b7e6a29321399728&t=203836&page=2
[6] https://www.aida-archiv.de/index.php/chronik/3802–27-juli-2013-ech
[7] http://www.tagesspiegel.de/politik/rechtsextreme-partei-der-iii-weg-neonazis-fordern-politiker-und-journalisten-auf-deutschland-zu-verlassen/13405158.html und http://www.maz-online.de/Brandenburg/Rechtsextreme-schicken-Post-an-Volksfeinde
Am 07. November vergangen Jahres starteten wir unsere Kampagne zum 20. Todestag des alternativen Jugendlichen Sven Beuter in Brandenburg an der Havel. Das Datum war bewusst gewählt, denn am 07. November 1992 ermordeten am Kolpinsee bei Lehnin drei Neonazis den wohnungslosen Rolf Schulze. Seit dem Jahr 2012 organisieren antifaschistische Gruppen aus Brandenburg an der Havel und der Kreisverband der Partei DIE.LINKE gemeinsam Gedenkveranstaltungen. Seit vergangenem November ist viel passiert: Wir organisierten zahlreiche Abendveranstaltungen, darunter Vorträge, Filmabende und Podiumsdiskussionen, wurden zu etlichen Informationsveranstaltungen im Land Brandenburg, Berlin und Hamburg eingeladen und sind auf viel positives Feedback gestoßen. Im Folgenden wollen wir primär auf die Demonstration am 20. Februar eingehen, denn zu vielen anderen Veranstaltungen und Themen haben wir uns auf dem Blog geäußert und können dort nach wie vor nachgelesen werdeni.
–Antifa in der Krise?–
Wir haben uns in einem unserer Texte sehr ausgiebig mit dem Verhältnis von Dorf- zu Stadtantifa auseinandergesetzt. Seit der Publikation kurz vor Weihnachten im vergangenen Jahr ist viel passiert. Andere Gruppen oder Personen haben sich ebenfalls zur Thematik geäußert. Es gab eine große Welle der Solidarität von Gruppen aus Berlin und Potsdam, die uns nicht nur zu Infoveranstaltungen und Podiumsdiskussionen eingeladen haben, sondern auch Hilfe bei der Durchführung der Demonstration anboten. In diesem Rahmen möchten wir uns noch einmal bei allen uns unterstützenden Gruppen bedanken.
Nicht nur, dass die Solidarität zwischen Stadt und Dorf in den vergangen Wochen deutlich spürbar geworden ist, sondern auch andere Dorf-Gruppen haben begonnen eigene Veranstaltungen zu organisieren. So gab es unter anderem in Oranienburg eine kraftvolle antirassistische Demonstration und auch in Neuruppin wird für eine antirassistische Demonstration am 12. März geworben. Wir hoffen, dass das Engagement der Dorf- und Stadtgruppen kein kurzweiliges ist, sondern sich neue Synergien ergeben. Denn nur gemeinsam können wir in den Kleinstädten und Dörfern eine neue antifaschistische Bewegung initiieren, die den Rassist_innen und Neonazis vor Ort den momentan noch nahrhaften Boden entzieht. Gleichzeitig eröffnet eine starke Dorfantifa neue Möglichkeiten und Perspektiven für antifaschistische Gruppen in den Städten.
Brandenburg an der Havel gehört zu den Brandenburgischen Städten, die momentan nur sehr wenig durch rassistische oder neonazistische Gruppierungen frequentiert werden, aus diesem Grund werden wir vermehrt andere Gruppen unterstützen, so zum Beispiel unsere Freund_innen in Rathenow. Dort wollen Personen des Bürgerbündnis Deutschland einen rassistischen Großaufmarsch mit 1.000 Teilnehmenden durchführen. Dieses Treiben wollen wir nicht unwidersprochen hinzunehmen!
–Antifaschistische Demonstration–
Die Demonstration startete planmäßig nach vier Redebeiträgen. Die erste Zwischenkundgebung fand auf dem Neustädtischen Markt statt. Von dort ging es nicht wie geplant zum letzten Wohnort von Sven Beuter in die Mühlentorstraße sondern direkt in die Havelstraße, dem Ort, an dem der brutale Angriff 20 Jahre zuvor stattfand. An der im Jahr 2007 verlegten Gedenkplatte in der Havelstraße angekommen, thematisierten verschiedene Beiträge den Tod Sven Beuters, aber auch die Ermordung zahlreicher anderer Menschen aus rassistischen, sozialdarwinistischen und neonazistischen Motiven. Im Anschluss wurden jeweils ein Gebinde der Antifa Jugend Brandenburg und der Partei DIE.LINKE niedergelegt, das Zweite vom Vorsitzenden des Kreisverbandes Brandenburg an der Havel gemeinsam mit Norbert Müller MdB (DIE.LINKE). Im Anschluss stellten alte Weggefährt_innen von Sven Beuter einige Flaschen Bier am Gedenkstein hin, um so auf ihre Art an den jungen Mann zu erinnern, war er doch auf dem Weg zum Bier holen, angegriffen worden. Im Anschluss setzte sich der Demonstrationszug wieder Richtung Hauptbahnhof in Bewegung. Dort wurde die Veranstaltung nach einer kurzen Abschlusskundgebung aufgelöst und für beendet erklärt. Festnahmen, Personalienfeststellungen oder ähnliches waren während des gesamten Verlaufs nicht zu beobachten.
Die Entscheidung, die Route abzukürzen hatte zum Ziel, reisefreudigen Antifaschist_innen die Möglichkeit zu geben, im Anschluss an unsere Demonstration nach Frankfurt/Oder zu fahren und die Menschen von dort bei den Protesten gegen einen rassistischen Aufmarsch zu unterstützen. Aus diesem Grund war es wichtig, spätestens um um kurz vor 14 Uhr wieder am Hauptbahnhof zu sein. Bei dem Aufmarsch in der Oderstadt nahm unter anderem auch der Totschläger Sascha L. mit seiner Freundin teil.
–Die Stadt–
Was wurde nicht seit Beginn des Jahres 2016 unternommen um unsere Demonstration in ein schlechtes Licht zu rücken. Lokalpolitiker_innen der SPD, der CDU und der AfD beschwörten Horrorszenarien von 500 Autonomen herauf, die die Stadt in Schutt und Asche zerlegen würden. Hierbei tat sich besonders der SPD-Politiker und ehemalige Polizeichef Norbert Langerwisch hervor. So schwadronierte er unter anderem, dass er den seit Jahren andauernden Versuch, Sven Beuter zu einem Helden zu stilisieren ablehneii. Wir stellen hiermit nochmal in aller Deutlichkeit dar: Es ging uns und den anderen Organisator_innen der vergangen Gedenkveranstaltungen nie darum, Sven Beuter zu einem Helden zu machen, sondern es ging immer darum, die Hintergründe seines Todes klar zu benennen. Dieser wird jedoch häufig gerade von den Menschen ausgeblendet, die behaupten, er würde von uns zu einem Helden stilisiert werden.
Wir finden es sehr bedauerlich, dass die Diskriminierung und Ablehnung die Sven Beuter vor seinem Tod erfahren hat, sich heute weiter fortsetzt. Besonders beschämend ist hierbei die Aussage von Walter Paaschen, CDU, dass er unter keinen Umständen einer „wie auch immer gearteteten zusätzlichen Beuter-Ehrung“iii zustimmen wird. Paaschen gehört somit auch zu den Menschen, die nicht verstehen, dass es in Zeiten, in denen der Totschläger Beuters wieder in der Stadt wohnt und regelmäßig an neonazistischen und rassistischen Kundgebungen und Aufmärschen teilnimmt, sowie Geflüchtete in der Havelstadt beleidigt, bedroht und angegriffen werden, es einen Brandanschlag auf eine noch nicht bewohnte Geflüchtetennotunterkunft gab, genau diesen Rassist_innen und Neonazis der Rücken gestärkt. Wir lehnen dieses klassistische Weltbild klar ab, in dem Menschen nur aufgrund ihrer Lebensweise, ihrer Klamotten oder anderen Dinge, die angeblich von der Norm abweichen, diffamiert und zu Opfern gemacht werden ab.
Die AfD, die seit der Kommunalwahl im Jahr 2014 mit drei Abgeordneten in der SVV sitzt und ein Bürgerbüro in der Altstadt unterhält, tat sich durch besonderes Unkenntnis der Gedenken der vergangen Jahre und reißerische Hetze hervor. Hinzu kommt die Stigmatisierung alternativen Lebensweisen durch den AfD-Politiker Klaus Riedelsdorf, wenn er schreibt, dass Sven Beuter als Punk „sicher kein verdienstvoller Bürger der Stadt war“iv. Des Weiteren behauptet er, es würde im Rahmen des Gedenkens immer wieder zu „gewalttätigen, linksextremistischen Ausschreitungen“v kommen. Wir leugnen nicht, dass es im Jahre 1997 zu Ausschreitungen kam, hier gilt es jedoch die Ursachen klar zu benennen: Neonazis provozierten am Rande der Gedenkdemo und erhielten von den Cops keine Platzverweise und nur wenige Tage zuvor, am 08. Februar 1997, wurde der Punk Frank Böttcher im nahegelegenen Magdeburg brutal von Neonazis ermordet. Seither gab es, von linker Seite, keine Ausschreitungen oder ähnliches. Gleichzeitig verschweigen Walter Paaschen, Klaus Riedelsdorf und Norbert Langerwische jedoch die wiederholten Provokationen durch Neonazis am Rande der Gedenkkundgebungen. So versuchten 1998 vier Neonazis mit einem Gewehr auf die Gedenkenden zu schießen, dies wurde jedoch von den Cops unterbundenvi, 2012 sprayten Neonazis den Slogan „AFN zerschlagen“vii im Umfeld der Gedenkplatte und beobachteten die Gedenkveranstaltungviii und im Jahr 2015 provozierte der Totschläger mit vier weiteren Neonazis die Gedenkendenix.
Man muss jedoch Norbert Langerwisch und Klaus Riedelsdorf zu gestehen, dass sie sich selbst von dem Geschehen rund um die Demo ein Bild machten. Im Gegensatz zu Norbert Langerwisch, beobachtete Riedelsdorf die Veranstaltung aus der Ferne und suchte, nach dem er erkannt wurde, das Weite.
Zusammenfassend lässt sich sagen, dass die Erwartungen der Lokalpolitiker_innen nicht erfüllt wurden und die Demonstration friedlich und kraftvoll durch die Havelstadt zogen. Selbst dem SKBx und der MAZxi viel es schwer, negativ über die Veranstaltung zu berichten und so mussten einige „Vermummte“ herhalten um die Demonstration als gefährlich zu diskreditieren.
–Die Cops–
Es war für uns von Beginn an sehr schwer einzuschätzen, wie sich die Cops am 20. Februar verhalten werden, denn gerade die Entwicklungen in Potsdam, wo jeden Mittwoch 1.000 Polizeibedienstete, Wasserwerfer und Räumfahrzeuge das Stadtbild prägen, sprach für eine erhöhte Präsenz während unserer Demonstration. Als wir jedoch gegen 10.30 Uhr am Versammlungsort eintrafen, waren weit und breit keine Polizist_innen zu sehen, erst 15 Minuten später trafen nach und nach sechs Halbgruppenkraftwagen und circa fünf Streifenwagen ein. Während der kompletten Veranstaltung beschränkten sich die Bediensteten auf das Regeln des Verkehrs. Wir sind natürlich froh, dass es keine Festnahmen von und Anzeigen gegen die Demonstrierenden gab. Gleichzeitig sind wir etwas traurig, denn wir es wäre eine Ehre für die Antifa Jugend Brandenburg gewesen, wenn es wenigstens ein Wasserwerfer, auch wenn es nur ein altes Modell aus Berlin gewesen wäre, in die Havelstadt geschafft hätte.
–Ausblick–
Wir werden uns nicht auf der erfolgreichen Demonstration ausruhen, auch, wenn sie unsere Erwartung weit übertroffen hat, sondern weiter aktiv sein. Momentan ist es in der Havelstadt relativ ruhig, sodass wir die Zeit die und die Kapazitäten haben, Strukturen in anderen Städten, momentan besonders in Rathenow, zu unterstützen. Gleichzeitig war der Redebeitrag der Antifaschist_innen aus Burg für uns ein klares Signal, den antifaschistischen Selbstschutz weiter auszubauen, um auf Angriffe durch Neonazis und Rassist_innen reagieren zu können.
Wie schon geschrieben werden wir unsere Freund_innen im Land Brandenburg in Zukunft stärker unterstützen:
‑05. März, Rathenow, Rassist_innenaufmarsch entgegentreten
‑09. März, Potsdam, Rassist_innenaufmarsch entgegentreten
‑12. März, Neuruppin, Antirassistische Demonstration
‑17. April, Brandenburg an der Havel, GAY-Pride
Antifa Jugend Brandenburg
i. http://fightingfor20years.blogsport.de
ii. MAZ, 20. Januar 2016.
iii. MAZ, 16. Januar 2016.
iv. SVV-Newsletter der AfD, 27. Januar 2016.
v. SVV-Newsletter der AfD, 27. Januar 2016.
vi. MAZ, 16. Februar 1998.
vii. AFN – Antifaschistischen Netzwerk Brandenburg-Premnitz-Rathenow.
viii. http://afn.blogsport.de/2012/02/16/gedenkkundgebung-in-brandenburg-an-der-havel/.
ix. https://www.flickr.com/photos/presseservice_rathenow/16407117008/in/album-72157650926221092/.
x. SKB, 22. Januar 2016.
xi. MAZ, 22. Januar 2016.
Am 20. Februar 2016 war es mal wieder soweit. Zum bereits siebten Mal organisierten Neonazis um die Gruppierung „Frankfurt/Oder wehrt sich“ eine Versammlung in der Grenzstadt. Knapp 120 Rassist*innen fanden sich dazu am Marktplatz in der Innenstadt ein, um im Anschluss durch die Stadt zu marschieren.1 Neben altbekannten Gesichtern beteiligten sich erstmals polnische Nationalist*innen an einem flüchtlingsfeindlichen Aufmarsch in Frankfurt (Oder). Ein äußerst seltenes Ereignis. Ideologisch lehnt der größte Teil der bundesdeutschen Neonaziszene polnische Nationalist*innen auf ihren Veranstaltungen ab. Im sächsischen Görlitz gibt es aber bereits seit vergangenem Jahr eine Kooperation.2 Doch nicht nur auf der Straße organisiert sich die rassistische Bewegung. Parallel zur rechten Mobilisierung bundesweit und den Ereignissen in Clausnitz3 wird auf der Facebook-Seite „Frankfurt/Oder wehrt sich“ offen über Gewalt gegen Geflüchteten phantasiert.4
Nichts geht ohne den „III. Weg“ – NPD bleibt zu Hause
Ähnlich wie im vergangenen Jahr beteiligten sich am jüngsten Aufmarsch etablierte Brandenburger Neonazi-Strukturen und zahlreiche Bewohner*innen Frankfurts und des Umlandes. Federführend an der Durchführung der Demonstration war wie schon 2015 die Neonazipartei „Der III. Weg“, der insgesamt zwei der Redner*innen stellte.5 Darunter unter anderem der inzwischen in Eisenhüttenstadt lebende Pascal Stolle. Der ehemalige NPD-Kandidat machte im Mai 2014 von sich reden, als er bei einer NPD-Veranstaltung in Bad Belzig auf einen Journalisten einschlug.6 Wie gewohnt trat auch der in Brieskow-Finkenheerd wohnende Neonazi Björn Brusak7 in Erscheinung. Diesmal jedoch erstmals in Begleitung seines Vaters Dirk Brusak, der auch einer der Redner auf der Veranstaltung war. Die Versammlung leiteten, wie so oft in der Vergangenheit, das mittlerweile aus Frankfurt (Oder) verzogene Ehepaar Franziska und Peer Koss8. Offensichtlich wurde für den Aufmarsch auch in der jüngeren Altersklasse geworben und so folgten dem Aufruf zahlreiche Jugendliche, die unter anderem sogar Ordner*innenfunktionen übernahmen.9 Auch Personen aus dem Umfeld der ehemaligen FCV-Hooligans10 fanden sich wieder auf dem rassistischen Aufmarsch ein. Überraschenderweise fanden keine Anhänger*innen der NPD den Weg nach Frankfurt. Ein Grund dafür könnte die erstmalige Beteiligung polnischer Nationalist*innen aus dem benachbarten S?ubice sein.
Neonazistische Gewalttäter: Sascha Lücke (mitte, roter Pullover) der 1996 in Brandenburg an der Havel Sven Beuter ermordete und Pascal Stolle (am Transparent in grün), der zuletzt 2014 am Rande einer NPD-Feier einen Journalisten angriff und vorher ebenfalls wegen ähnlicher Taten in Haft saß am 20. Februar 2016 auf einer Neonazidemonstration hinter dem Banner des “III. Weg” in Frankfurt (Oder).(Quelle: pressedienst frankfurt (oder)) Neonazistische Gewalttäter: Sascha Lücke (mitte, roter Pullover) der 1996 in Brandenburg an der Havel Sven Beuter ermordete und Pascal Stolle (am Transparent in grün), der zuletzt 2014 am Rande einer NPD-Feier einen Journalisten angriff und vorher ebenfalls wegen ähnlicher Taten in Haft saß am 20. Februar 2016 auf einer Neonazidemonstration hinter dem Banner des “III. Weg” in Frankfurt (Oder).(Quelle: pressedienst frankfurt (oder))Grenzenloser Rassismus und alte Polenfeindlichkeit
Die unerwartete Allianz deutscher und polnischer Rassist*innen formierte sich einige Tage vor dem Aufmarsch. Erst erschien ein polnischer Aufruf zur Demonstration auf der Seite von „Frankfurt/Oder wehrt sich“11, wenig später die Zusage zu kommen durch Micha? Czerwi?ski12, der zum Umfeld der Gruppierung um die Facebookgruppe „Narodowe S?ubiceubice“13 (Nationales S?ubiceubice) gerechnet werden kann. Die Macher*innen des Onlineprofils von „Nationales S?ubiceubice“ sind wahrscheinlich eng mit dem Hooliganspektrum verbandelt. Dafür spricht, dass auf der Seite eine nationalistische Versammlung zum Gedenktag des „Verstoßene Soldaten“14 beworben wurde, die von der Hooligangruppierung um den örtlichen Fußballverein „Polonia S?ubice“ organisiert wurde.15 So beteiligten sich insgesamt 13 Personen, welche zum Teil in der Fussball-Hooliganszene übliche Bekleidung trugen und daher wahrscheinlich auch diesem Milieu zugeordnet werden können, an dem Aufmarsch.
Ungewöhnliche Allianz: Polnische Hooligans hinter der Deutschlandfahne. (Quelle: pressedienst frankfurt (oder)) Ungewöhnliche Allianz: Polnische Hooligans hinter der Deutschlandfahne. (Quelle: pressedienst frankfurt (oder))Aus dem Personenkreis um die ehemaligen FCV-Hooligans tummelten sich Andy Köbke,16 Paul Pfeiffer und Kevin Pierenz auf der Demonstration. Die Kontakte zwischen den Frankfurter Hooligans und denen aus der polnischen Nachbarstadt scheinen gut zu sein. Gute Kontakte zwischen gewalttätigen Fußballfans dies und jenseits der Oder gibt es schon lange. In Erinnerung gerufen seien die verabredeten schweren Auseinandersetzungen auf der Grenzbrücke zwischen deutschen und polnischen Hooligans während der Fußball-EM 2008.17 Das spricht, wie dem Uneingeweihten vielleicht unverständlich, für eine gute Beziehung und ist kein Ausdruck von Feindschaft, ist es doch in der Szene üblich sich zum Kräftemessen zu verabreden.
Hängen etwas hinterher: Andy Köbke (1. v. r.), Kevin Pierenz (2. v. r.), Paul Pfeiffer (3. v. r.) sowie ein weiterer mutmaßlicher ehe. FCV-Hool laufen der Neonazidemonstraion am 20. Februar hinterher. Hängen etwas hinterher: Andy Köbke (1. v. r.), Kevin Pierenz (2. v. r.), Paul Pfeiffer (3. v. r.) sowie ein weiterer mutmaßlicher ehe. FCV-Hool laufen der Neonazidemonstration am 20. Februar hinterher.Erstaunlich ist jedoch, dass der offensichtliche ideologische Widerspruch zwischen den revanchistischen Haltungen der Facebookgruppe „Frankfurt/Oder wehrt sich“ und den ultranationalistischen Tönen der Gruppe „Nationales S?ubiceubice“ einer Zusammenarbeit offenbar nicht im Wege steht. Als Mitte 2014 Peer und Franziska Koss die erste Facebookgruppe nach den NPD-Vorbildern „Nein zum Heim“18 in Frankfurt (Oder) ins Leben riefen, zierte anfangs den Header der Seite eine Karte des nationalsozialistischen deutschen Reiches in den Grenzen von 1941, Ostpreußen und Schlesien miteingeschlossen.19 Die Beiträge auf der Facebookseite von „Nationales S?ubiceubice“ verraten viel über die ultranationalistischen Einstellungen der Gruppe und deren momentanen 204 Sympathisant*innen20. Neben zahlreichen nationalistischen Posts werden auch hier flüchtlingsfeindliche Töne angeschlagen. Ob diese ungewöhnliche Allianz weiter Bestand hat wird sich zeigen, jedoch sind beide Gruppierungen vorübergehend geeint in ihrem grenzenlosen Rassismus. Die antifaschistische recherchegruppe frankfurt (oder) wird sich dem Thema weiter annehmen und in naher Zukunft ausführlicher über die S?ubiceubicer Bewegung berichten.
Dass Björn Brusak, eine der zentralen Figuren der rassistischen Mobilisierung in der Region, sich über die Kooperation mit den polnischen Nationalist*innen freut, ist wiederum leicht vorstellbar. Steht die Europäische Aktion21, für die er in Brandenburg federführend aktiv ist22, doch für ein „Europa der Vaterländer“23. Erst kürzlich hatte Brusak in seiner Rede bei einer Demonstration von „Frankfurt/Oder wehrt sich“ am 01. November 2015 gefordert, sich ein Vorbild an der rassistischen Stimmung in Polen und der repressiven Flüchtlingspolitik der ungarischen Regierung zu nehmen.24 Die Europäische Aktion sucht im Sinne ihres revisionistischen Programms Kontakte zu nationalistischen Gruppierungen, wie denen in Schlesien. Eine Delegation, zu der auch Björn Brusak und sein Vater gehörten, beteiligte sich im Juli 2015, wie schon im Vorjahr25, am „Marsz Autonomii ?l?ska“ („Marsch für die Autonomie Schlesiens“) in Katowice.26 Dies passt zwar vollkommen in die Ideologie des Ethnopluralismus27 dürfte aber bei polnischen Nationalist*innen wohl kaum auf Gegenliebe stoßen. Die Angst vor einer Abspaltung Schlesiens von Polen passt nicht in ihr Konzept eines starken Polens. Der erhebliche deutsche kulturelle Einfluss in der Region dürfte diese noch verstärken. So ist es dann auch folgerichtig, wenn auf der Facebookseite vom „Nationalen S?ubiceubice“ an den territorialen Ansprüchen kein Zweifel gelassen wird. Auf einer Karte, die auf der besagten Seite veröffentlicht wurde, wird klar gemacht, dass die polnischen Westgebiete, also auch Schlesien, zu Polen gehören.28
Drei Varianten die sich Widersprechen: Polnische und deutsche Großmachtsansprüche, deren Anhänger*innen sich auf einer Demonstration tummeln. (Quelle: facebook) Drei Varianten die sich Widersprechen: Polnische und deutsche Großmachtansprüche, deren Anhänger*innen sich auf einer Demonstration tummeln. (Quelle: facebook)Noch weiter geht ein anderes Konzept, auf das ein auf der Seite der polnischen Nationalist*innen veröffentlichtes Plakat abhebt. Es ist angelehnt an ein älteres Plakat, das im Zuge der Debatte um die deutschen Revisionsvorstellungen der im Versailler Vertrag geregelten Grenzen entstand.29 Mit den Worten „Wir sind hier nicht erst seit gestern – Wir reichen bis weit in den Westen“30 wird eine Landkarte umrahmt, die nicht nur zeigt, dass die deutsch-slawische Grenze „einst“31 bei Lübeck verlief, sondern auch, dass eine weitere Westexpansion in der Zukunft32 angestrebt wird.33
„Der III. Weg“ scheint noch unentschlossen, wie er mit den neuen Verbündeten umgehen soll. In einem Bericht auf der Internetseite der Partei werden die polnischen Teilnehmenden mit keinem Wort erwähnt.34
Wahrscheinlich sorgte die Teilnahme polnischer Nationaliste*innen bei den Anhänger*innen des NPD-Kreisverbandes Oderland35 im Vorfeld für großen Unmut und scheint eine Erklärung dafür zu sein, warum sie erstmals nicht nach Frankfurt (Oder) reisten. Lange war auf der Internetpräsenz des NPD-Ortsbereichs Frankfurt (Oder) lediglich ein Bild zu sehen, das, von der westlichen Oderseite aufgenommen, das östliche Ufer zeigte. Mit dem Slogan „Hier und dort ist Deutschland“ machten die Urheber*innen keinen Hehl aus ihrem revisionistischen Gedankengut. Noch 2012 organisierten die Neonazis um Klaus Beier36 und Manuela Kokott zwei Demonstrationsversuche in der Grenzstadt, um gegen „Grenzkriminalität“ zu wettern und die Wiedereinführung von Grenzkontrollen zu fordern.37 Von der so lieb gewonnenen Polenfeindlichkeit38 konnte man sich dann wohl doch nicht so leicht trennen.
Was geschieht, sollten die Ultrarechten dies und jenseits der Oder die offensichtlichen Widersprüche in ihren Ideologien entdecken, bleibt abzuwarten. Wir sind ihnen mit dieser Handreichung gerne behilflich.
Das jugendliche Gesicht einer erfolgreichen rassistischen Mobilisierung
Dass die flüchtlingsfeindlichen Aufmärsche auch jungen Frankfurter Rassist*innen zusagen, ist nichts Neues. So ist es auf den ersten Blick keine Überraschung, dass sich seit dem ersten Aufmarsch im Januar 2015 zahlreiche rechte Jugendliche an den diversen Veranstaltungen beteiligten.
Nicht aufgepasst in der Schule: Auffallend viele junge Rassist*innen beteiligten sich am Neonaziaufmarsch am 20. Februar in Frankfurt (Oder). (Quelle: pressedienst frankfurt (oder)) Nicht aufgepasst in der Schule: Auffallend viele junge Rassist*innen beteiligten sich am Neonaziaufmarsch am 20. Februar in Frankfurt (Oder). (Quelle: pressedienst frankfurt (oder))Jedoch waren nochmal deutlich mehr junge Menschen am vergangenen Samstag auf der Strasse. Zu denen, die regelmäßig auf den Frankfurter Aufmärschen Gesicht zeigen gehören u.a. Dennis Kunert, Tim Freimuth, Cedric Jannowitz, David Gerstenberger, Justin Kleiner, Luisa Lippkowski, Alexandra Kluge, Dominik Holtz, Dennis Knoell und Romano Gosda. Der harte Kern um „Frankfurt/Oder wehrt sich“ scheint bemüht um die Einbindung des rechtsgerichteten Nachwuchses. So ist auch zu erklären, dass ihnen die Ordner*innefunktion übertragen wurde.39 Romano Gosda aber will mehr: „Nächstes mal sind wir kein ordner sondern an der front gemeinsam“40[sic!].
Nachwuchs bei den Neonazis: Sie treten gemeinsam im Outfit der sogenannten “Autonomen Nationalisten” auf. (Quelle: facebook)Es ist zu hoffen, dass es bei der Ankündigung bleibt. Neben der Teilnahme an den rassistischen Aufmärschen scheinen die Jugendlichen sich in einer klassischen neonazistischen Lebenswelt eingerichtet zu haben. Die Begeisterung für die als kriminelle Vereinigung eingestufte Band „Landser“41, sowie das Tragen szenetypischer Kleidung wie „Thor Steinar“42 sind Indiz für ihre fortschreitende Radikalisierung im neonazistischen Milieu. Im Stadtbild fallen einige von ihnen durch martialisches Auftreten und Pöbeleien auf. Oft frequentierte Orte sind der Platz vor dem Kaufland in der Innenstadt und der Bahnhof.
Gewaltphantasien werden konkreter
Die Facebookgruppe „Frankfurt/Oder wehrt sich“ erfreut sich weiterhin großer Beliebtheit. Nahezu 3.50043 Nutzer*innen „liken“ die Gruppe. An der inhaltlichen Ausrichtung der Posts und Kommentare hat sich wenig geändert. So werden Beiträge bürgerlich-konservativer Medien und der Lokalpresse, Artikel verschwörungsideologischer Blogs wie „Epoch Times“44 und Aufrufe zu flüchtlingsfeindlichen Veranstaltungen im Land Brandenburg, Berlin und Mecklenburg- Vorpommern geteilt45. Die Gruppe bietet eine Plattform für alle jene, die sich über vermeintliche Kriminalität von Geflüchteten46 empören und sich selbst als Opfer einer angeblichen „Meinungsdiktatur des Establishments“ inszenieren.

Gewaltphantasien in den Kommentarspalten. Die Bedrohung durch Neonazis nimmt auch in Frankfurt (Oder) immer weiter zu. (Quelle: facebook) Gewaltphantasien in den Kommentarspalten. Die Bedrohung durch Neonazis nimmt auch in Frankfurt (Oder) immer weiter zu. (Quelle: facebook)Eine Trennlinie zwischen organisierten Neonazis und rassistischem Kleinbürgertum ist nicht zu erkennen. Die Angst vor der Moderne und die Ablehnung alles „nicht-Deutschen“ ist Ausdruck des autoritären, nationalchauvinistischen und patriarchalen Charakters der „besorgten Bürger*innen“. Konkret werden in den Kommentarspalten Überlegungen angestellt, wie der Zuzug von Geflüchteten nach Frankfurt (Oder) verhindert werden kann. Als im November vergangenen Jahres die ersten Menschen in die Unterkunft am Karl-Ritter Platz einziehen mussten, erschien am nächsten Tag ein Foto des Gebäudes auf der Seite.47 Anlass genug, für den Mob dazu aufzurufen, „runter auf die Straße“48 zu gehen und „TATEn sprechen“49[sic!] zu lassen, Gewaltphantasien miteingeschlossen. So kommentierte beispielsweise der Nutzer Benjamin Thunert alias „Thuni Benji“: „Granate hätte es aber bis rüber geschafft“50 [sic!].
Auch wenn die Anzahl der Teilnehmenden an den rassistischen Aufmärschen in Frankfurt (Oder) im landesweiten Vergleich auf einem eher niedrigen Niveau stagniert, nimmt die Bereitschaft zur Gewaltanwendung offensichtlich weiterhin zu. Auch die fortschreitende Radikalisierung rechts- und gewaltaffiner Jugendlicher stellt eine Triebfeder für gemeinschaftliche Aktionen gegen Geflüchtete dar. Was aus dem neuen Bündnis zwischen Rassist*innen zu beiden Seiten der Oder wird, bleibt abzuwarten. Ob es zu einer dauerhaften Spaltung zwischen denen, die gegenüber den neuen Verbündeten aufgeschlossen sind, und denen, die sie ablehnen, kommt, ist noch schwer einzuschätzen. Die antifaschistische recherchegruppe frankfurt (oder) wird in Zukunft weiter von der rassistischen Mobilisierung berichten und Ross und Reiter benennen.
Quellen
1 An dieser Stelle sei nochmal auf die von uns veröffentlichte Übersicht aller Teilnehmenden des rassistischen Aufmarsches vom 20. Februar 2016 in Frankfurt (Oder) hingewiesen. Wer Informationen jeglicher Art zu den abgebildeten Personen hat, kann sich vertrauensvoll an uns wenden. Vgl. hierzu antifaschistische recherchegruppe frankfurt (oder): „Die antifaschistische recherchegruppe bittet um Mithilfe!“, 02.03.2016, https://recherchegruppeffo.noblogs.org/post/2016/03/02/die-antifaschistische-recherchegruppe-bittet-um-mithilfe/ .
2 Vgl. Antifa Goerlitz: “[03.10.2015 / Görlitz] Rechtspopulistische Demonstration geplant”, 14.09.2015, http://afagoerlitz.blogsport.de/2015/09/14/03–10-2015-goerlitz-rechtspopulistische-demonstration-geplant/ und Antifa Goerlitz: “27.02.2016 – neofaschistische Demo in Zgorzelec / Görlitz”, 05.03.2016, http://afagoerlitz.blogsport.de/2016/03/05/27–02-2016-neofaschistische-demo-in-zgorzelec-goerlitz/ .
3 Vgl. Alternative Dresden News: „Clausnitz – Willkommenskultur auf Sächsisch“, 21.02.2016, https://www.addn.me/nazis/clausnitz-willkommenskultur-auf-saechsisch/ sowie Christoph Titz: „Busattacke in Clausnitz: Ein Dorf wundert sich“, Spiegel Online, 21.02.2016, http://www.spiegel.de/politik/deutschland/clausnitz-und-die-attacke-auf-fluechtlinge-jetzt-will-es-keiner-gewesen-sein-a-1078492.html und Yotube, gbs Koblenz: „Clausnitz: Polizei Sachsen kuscht vor fremdenfeindlichem Mob“, 19.02.2016, https://www.youtube.com/watch?v=nq1UF8qT4ik .
4 Vgl. hier und im Folgenden „Frankfurt/Oder wehrt sich“, https://www.facebook.com/FrankfurtOder-wehrt-sich-693079740809110 .
5 Allgemein zum „III. Weg” vgl. Johannes Hartl: „Stützpunkt Ost”, jungle world, 26.03.2015, http://jungle-world.com/artikel/2015/13/51689.html und Johannes Hartl/Inforiot.de/Haskala.de/AIB: „’Der III. Weg“ – Ein Produkt der Krise des ‘Nationalen Widerstandes’?”, in: antifaschistisches Infoblatt (AIB) Nr. 108 / 3.2015, S.16–19. Online zu finden unter: https://www.antifainfoblatt.de/artikel/%E2%80%9Eder-iii-weg%E2%80%9C .
6 Vgl. Alexander Fröhlich: „NPD-Kandidat attackierte Fotografen“, Potsdamer Neuste Nachrichten (PNN), 25.05.2014, http://www.pnn.de/brandenburg-berlin/859105/ hierzu und allgemein zur Person Pascal Stolle vgl. des Weiteren Presseservice Rathenow: „Bad Belzig NPD-Stadtrat wechselt zum „Dritten Weg“ – Neonazistische Kleinpartei will nach Brandenburg expandieren“, 04.03.2015, https://presseservicern.wordpress.com/2015/03/04/bad-belzig-npd-stadtrat-wechselt-zum-dritten-weg-neonazistische-kleinpartei-will-nach-brandenburg-expandieren/ .
7 Zur Person Björn Brusak vgl. antifaschistische recherchegruppe frankfurt (oder): „Björn Brusak – kein „besorgter Anwohner“ sondern ein Rassist“, 04.09.2015, https://recherchegruppeffo.noblogs.org/post/2015/09/04/bjoern-brusak-kein-besorgter-anwohner-sondern-ein-rassist/ .
8 Zur Person Peer Koss vgl. beispielsweise antifaschistische recherchegruppe frankfurt (oder): „’Unser Rückschlag wird kommen’ – Analyse einer rassistisch aufgeladenen Debatte um Kriminalität und Geflüchtete“, in: „recherche output #7“, 2014. Online zu finden unter: https://recherchegruppeffo.noblogs.org/post/2014/10/30/unser–rueckschlag-wird-kommen-analyse-einer-rassistisch-aufgeladenen-debatte-um-kriminalitaet-und-gefluechtete/.
9 Vgl. „Dennis Kunert“, Beitrag von „Romano Gosda“ vom 21.02.2016 um 18:50, https://www.facebook.com/photo.php?fbid=196410274051422&set=a.146363329056117.1073741829.100010473523872&type=3 (https://www.facebook.com/photo.php?fbid=196410274051422&set=a.146363329056117.1073741829.100010473523872&type=3) und hier.
10 Zu der Gruppierung der „FCV-Hooligans“ vgl. antifaschistische recherchegruppe frankfurt (oder): „Freunde, die niemand haben will.“, in: „recherche output #1“, 2006. Online zu finden unter: https://recherchegruppeffo.noblogs.org/post/2006/10/01/freunde-die-niemand-haben-will/ . Vgl. darüber hinaus antifaschistische recherchegruppe frankfurt (oder): „Rechte Frankfurter Ultras aktiv wie nie“, in: „recherche output #3“, 2007. Online zu finden unter: https://recherchegruppeffo.noblogs.org/post/2007/10/02/rechte-frankfurter-ultras-aktiv-wie-nie/ sowie zahlreiche Artikel zum Thema unter https://recherchegruppeffo.noblogs.org/ .
11 Vgl. „Frankfurt/Oder wehrt sich“, Beitrag von „Frankfurt/Oder wehrt sich“ vom 19.02.2016 um 19:47, https://www.facebook.com/events/223637334641636/?active_tab=posts und hier.
12 Vgl. „Frankfurt/Oder wehrt sich“, Beitrag von „Micha? Czerwi?ski“ vom 19.02.2016 um 21:16, https://www.facebook.com/events/223637334641636/?active_tab=posts und hier.
13 Vgl. hier und im Folgenden „Narodowe S?ubiceubice“. https://www.facebook.com/NarodoweSlubice .
14 Als „Verstoßene Soldaten“ werden Kämpfer der antikommunistischen Untergrundorganisationen bezeichnet, die sich von 1944 bis 1963 gegen das pro-sowjetische Regime auflehnten.
15 Vgl. „Narodowe S?ubiceubice“, Beitrag von „Narodowe S?ubiceubice“ vom 27.02.2016 um 14:41, https://www.facebook.com/NarodoweSlubice/photos/a.1685280288350646.1073741828.1684192021792806/1690450234500318/?type=3 und hier.
16 Zur Person Andy Köbke vgl. antifaschistische recherchegruppe frankfurt (oder): „#1 | Andy Köbke – Eine klassische Frankfurter Neonazikarriere“, 24.02.2015, https://recherchegruppeffo.noblogs.org/post/2016/02/24/nr-1-andy-koebke-eine-klassische-frankfurter-neonazikarriere/ .
17 Vgl. „Polnische und deutsche Hooligans randalieren auf der Oderbrücke“, der Tagesspiegel, 10.06.2008, http://www.tagesspiegel.de/sport/em-polnische-und-deutsche-hooligans-randalieren-auf-der-oderbruecke/1252578.html .
18 Diese Seiten täuschen ebenfalls eine bürgerliche Mitte vor, aus der sie agieren, sind aber NPD gesteuert. So treten z.B. NPD – Mitglieder als „besorgte Mütter“ auf und hetzen unter anderem Deckmantel, wie z.B. Maria Fank in Hellersdorf. Schwerpunkt bei bei den „Nein zum Heim“ – Kampagnen ist der vermeintliche „Asylmissbrauch“.
19 Vgl. “Peer Koss” Beitrag von „Peer Koss“ vom 23.12.2014 um 16:13, der Beitrag wurde mitlerweile abgeändert, https://www.facebook.com/peer.koss/posts/746726575403270 ist aber hier in der ursprünglichen Version einzusehen, sowie antifaschistische recherchegruppe frankfurt (oder): „Der Aufstand der Ekelhaften“, 06.02.2015, https://recherchegruppeffo.noblogs.org/post/2015/02/06/der-aufstand-der-ekelhaften/ .
20 Redaktionsende war der 03.03.2016.
21 Allgemein zur „Europäischen Aktion” vgl. Brandenburgische Landeszentrale für politische Bildung: http://www.politische-bildung-brandenburg.de/node/9448 sowie Philipp Dahm: „Bernhard Schaub vernetzt Europas Rechtsextreme”, 20minuten, 22.11.2011, http://www.20min.ch/schweiz/news/story/31599863 und Hans Stutz/Arthur Sajdowski: „’Europäische Aktion’ – Eine internationalistische Neonazi-Avantgarde?“, in: antifaschistisches Infoblatt (AIB) Nr. 108 / 3.2015, S.24–25. Online zu finden unter: https://www.antifainfoblatt.de/artikel/%E2%80%9Eeurop%C3%A4ische-aktion%E2%80%9C .
22 Vgl. antifaschistische recherchegruppe frankfurt (oder): „Björn Brusak – kein „besorgter Anwohner“ sondern ein Rassist“, … a.a.O.
23 Es soll, geht es nach den Anhänger*innen der Ideologie des Ethnopluralismus’, ein “Europa der Vaterländer” entstehen. Dieser Begriff lässt sich auf den französischen Staatspräsidenten Charles de Gaulle zurückführen. Er wollte in seiner Europapolitik die nationale Souveränität Frankreich unangetastet wissen und sperrte sich gegen supranationale Tendenzen in der europäischen Integration. Zum Begriff „Europa der Vaterländer“ vgl. V. Conze: „Europa der Vaterländer“, in: Martin Große Hüttmann/Hans-Georg Wehling (Hg.): Das Europalexikon, 2., aktual. Aufl. Bonn 2013, zitiert nach: Bundeszentrale für politische Bildung, abgerufen unter http://www.bpb.de/nachschlagen/lexika/176853/europa-der-vaterlaender , Beachte außerdem die Ausführungen zum Ethnopluralismus in Fußnote 27.
24 Es liegt der antifaschistischen recherchegruppe frankfurt (oder) ein Videomitschnitt (01:55 bis 02:24 Min.) vor.
25 Vgl. Freies Schlesien: „Marsch in Kattowitz 12.07.14“, 18.07.2015, zu sehen auf: https://www.youtube.com/watch?v=LQvr-xu-6Cs . Die Personengruppe um die Mitglieder der Europäischen Aktion u. a. Björn und Dirk Brusak ist beispielsweise ab Minute 12:55 gut zu sehen.
26 Vgl. Europäische Aktion: „Auf nach Osten – Bericht eines Mitstreiters des Stützpunktes Brandenburg“, 29.07.2015, http://www.europaeische-aktion.org/Artikel/de/Auf-nach-Osten—Bericht-eines-Mitstreiters-des-Stuetzpunktes-Brandenburg_352.html. Zur „Ruch Autonomii ?l?skska“ (RAS) („Autonomie Bewegung Schlesiens“) vgl. Barbara Bönnemann: „Oberschlesische Selbstfindung“, der Tagesspiegel, 13.07.2012, http://www.tagesspiegel.de/politik/oberschlesische-selbstfindung/6872648.html und Florian Kellermann: „’Wir wollen eine tief gehende Dezentralisierung’ – Die schlesische Autonomie-Bewegung in Polen“, Deutschlandfunk, 31.01.2011, http://www.deutschlandfunk.de/wir-wollen-eine-tief-gehende-dezentralisierung.795.de.html?dram:article_id=119215 .
27 Der Ethnopluralismus (“ethnos” = griech. Volk und “pluralis” = lat. Mehrzahl) ist ein Theoriekonzept der sogenannten “Neuen Rechten”. In ihm werden Gruppen von Menschen konstruiert, die eine homogen kulturelle Identität besitzen. Diese werden dann als “Volk” bezeichnet. Der Ethnopluralismus referiert auf ein Verständnis des Begriffs “Volk” als eine organische biologische natürliche Geneinschaft. Somit steht er in der Tradition der nationalsozialistischen “Volksgemeinschaft”. Um die kulturelle Homogenität der eigenen Gruppe zu bewahren, verteufeln die Anhänger*innen Migration und setzen sich für eine Separierung der einzelnen Gemeinschaften in die ihnen zugedachten “angestammten Lebensräume” ein. Betrachtet man diese Vorstellungen, wird schnell klar, dass das Konzept keine Vielfalt anstrebt, sondern vielmehr Homogenität. Gero Fischer schreibt: “Ethnopluralismus führt konsequent gedacht zur Apartheid als neuer Weltordnung” (Fischer, Ethnopluralismus, S.243; zu den weiteren bibliografischen Angaben siehe das Ende dieser Fußnote). Die vermeidliche Überlegenheit Europas bzw. des “Abendlandes” ist dem Konzept immanent. Zum Konzept des Ethnopluralismuses vgl. Gero Fischer: „Ethnopluralismus, Multikulturalismus und interkulturelle Erziehung“, in: Reinalter/Petri/Kaufmann (Hrsg): „Das Weltbild des Rechtsextremismus“, Wien 1998, S.243–259.
28 Vgl. „Narodowe S?ubiceubice“, Beitrag von „Narodowe S?ubiceubice“ vom 27.02.2016 um 19:49, https://www.facebook.com/NarodoweSlubice/photos/a.1685280288350646.1073741828.1684192021792806/1691060621105946/?type=3 und hier.
29 Das entsprechende Plakat können Sie hier einsehen.
30 Originaltext „Nie jeste?my tu od wczoraj – Si?ga?y?my daleko na zachód“, Übersetzung aus dem Polnischen durch die Autor*innen.
31 Auf der Karte mit „ongis“, polnisch für „einst“, gekennzeichnet. Gemeint sind die slawischen Gebiete um das Jahr 1000. Eine entsprechende Karte können Sie hier einsehen. Vgl. „Putzgers ‘Historischer Schul-Atlas’, 1905 zitiert nach: http://www.maproom.org/00/01/present.php?m=0031 .
32 Auf der Karte mit „jutro“, polnisch für „morgen“, gekennzeichnet.
33 Vgl. „Narodowe S?ubiceubice“, Beitrag von „Narodowe S?ubiceubice“ vom 10.02.2016 um 20:27, https://www.facebook.com/NarodoweSlubice/photos/a.1685280288350646.1073741828.1684192021792806/1685833811628627/?type=3 und hier.
34 Vgl. Der III. Weg: „’Stoppt den Asylwahn’ – Demonstration in Frankfurt (Oder)“, 27.02.2016, http://www.der-dritte-weg.info/index.php/menue/1/thema/69/id/6205/akat/1/infotext/Stoppt_den_Asylwahn_Demonstration_in_Frankfurt_Oder/Politik_Gesellschaft_und_Wirtschaft.html .
35 Allgemein zum NPD-Kreisverband Oderland vgl. antifaschistische recherchegruppe frankfurt (oder): „Der NPD-Kreisverband Oderland im Spagat zwischen Bürgernähe und Radikalität“, in: „recherche output #6 (aktualisierte)“, 2014. Online zu finden unter: https://recherchegruppeffo.noblogs.org/post/2014/09/09/der-npd-kreisverband-oderland-im-spagat-zwischen-buergernaehe-und-radikalitaet-sommer-2014/ .
36 Zur Person Klaus Beier vgl. antifaschistische recherchegruppe frankfurt (oder): „Wer war nochmal Klaus Beier?“, in: „recherche output #6 (aktualisierte)“, 2014. Online zu finden unter: https://recherchegruppeffo.noblogs.org/post/2014/09/09/wer-war-nochmal-klaus-beier-2014/ .
37 Vgl. antifaschistische recherchegruppe frankfurt (oder): „Das war wohl nichts“, in: „recherche output #5“, 2012. Online zu finden unter: https://recherchegruppeffo.noblogs.org/post/2012/05/10/das-war-wohl-nichts/ sowie antifaschistische recherchegruppe frankfurt (oder): „Das Kleeblatt ist verdorrt“, 20.11.2012, https://recherchegruppeffo.noblogs.org/post/2012/11/20/das-kleeblatt-ist-verdorrt/ .
38 Zur Tradition der Polenfeindlichkeit in der Region vgl. Michael Lausberg: „Antipolnischer Rassismus in Ostdeutschland“, 06.07.2015, http://www.migazin.de/2015/07/06/antipolnischer-rassismus-in-ostdeutschland/#footnote_4_83256 .
39 Vgl. „Dennis Kunert“, Beitrag von „Romano Gosda“ vom 21.02.2016 um 18:50, … a.a.O und hier.
40 Ebd.
41 Allgemein zur Band „Landser“ vgl. antifaschistisches Infoblatt (AIB): „Ausgerockt. Neun Jahre Begleitmusik zu Mord und Totschlag“, 06.11.2001, https://www.antifainfoblatt.de/artikel/ausgerockt-neun-jahre-begleitmusik-zu-mord-und-totschlag sowie antifaschistisches Infoblatt (AIB): „Profis, Geld und Subkultur“, 17.12.2003, https://www.antifainfoblatt.de/artikel/profis-geld-und-subkultur und antifaschistisches Infoblatt (AIB): „Das Landser Urteil und seine Folgen“, 10.03.2004, https://www.antifainfoblatt.de/artikel/das-landser-urteil-und-seine-folgen .
42 Allgemein zur neonazistischen Bekleidungsmarke „Thor Steinar“ vgl Recherchegruppe „Investigate Thor Steinar“:„Investigate Thor Steinar – Die kritische Auseinandersetzung mit einer umstrittenen Marke (zweite erweiterte Auflage)“, 2008 und http://investigatethorsteinar.blogsport.de/ .
43 Redaktionsende war der 03.03.2016.
44 Vgl. http://www.epochtimes.de/ .
45 Vgl. beispielsweise für Brandenburg die rassistischen Kundgebungen der NPD in Storkow und Heinersdorf „Frankfurt/Oder wehrt sich“, Beitrag von „Frankfurt/Oder wehrt sich“ vom 28.12.2015 um 19:20, https://www.facebook.com/693079740809110/photos/a.693501324100285.1073741828.693079740809110/888176704632745/ außerdem hier sowie für Berlin beispielsweise eine rassistische Demonstration in Hellersdorf „Frankfurt/Oder wehrt sich“, Beitrag von „Frankfurt/Oder wehrt sich“ vom 15.02.2016 um 17:10, https://www.facebook.com/permalink.php?story_fbid=913763985407350&id=693079740809110 (https://www.facebook.com/permalink.php?story_fbid=913763985407350&id=693079740809110) sowie hier und für Mecklenburg Vorpommern beispielsweise eine Kundgebung der AfD in Neubrandenburg „Frankfurt/Oder wehrt sich“, Beitrag von „Frankfurt/Oder wehrt sich“ vom 28.01.2016 um 17:02, https://www.facebook.com/permalink.php?story_fbid=904078529709229&id=693079740809110 (https://www.facebook.com/permalink.php?story_fbid=904078529709229&id=693079740809110) und hier. Diese Aufzählung könnte noch fortgesetzt werden.
46 Vgl. antifaschistische recherchegruppe frankfurt (oder): „’Unser Rückschlag wird kommen’ – Analyse einer rassistisch aufgeladenen Debatte um Kriminalität und Geflüchtete“, … a.a.O.
47 Vgl. „Frankfurt/Oder wehrt sich“, Beitrag von „Frankfurt/Oder wehrt sich“ vom 13.11.2015 um 17:20, https://www.facebook.com/693079740809110/photos/a.693501324100285.1073741828.693079740809110/866746160109133 und hier.
48 „Frankfurt/Oder wehrt sich“, Beitrag von „Paul Neumann“ vom 17.11.2015 um 17:27, https://www.facebook.com/693079740809110/photos/a.693501324100285.1073741828.693079740809110/866746160109133 und hier.
49 Ebd.
50 „Frankfurt/Oder wehrt sich“, Beitrag von „Benjamin Thunert“ alias „Thuni Benji“ vom 13.11.2015 um 18:42, https://www.facebook.com/693079740809110/photos/a.693501324100285.1073741828.693079740809110/866746160109133 und hier.
Der Verein Opferperspektive e.V. zählt für das Jahr 2015 in Brandenburg 203 rechte Angriffe und muss damit das höchste Angriffsniveau seit 15 Jahren vermelden. Im Vergleich zum Vorjahr stiegen die rechten Gewalttaten damit um 120 % an.
Vor allem rassistisch motivierte Angriffe – insbesondere gegen Geflüchtete –nahmen weiter besorgniserregend zu und machten 67 % aller Taten aus. Vor diesem Hintergrund fordert die Opferperspektive klare Positionen gegen Rassismus und wirkungsvolle Maßnahmen zum Schutz von Geflüchteten.
„Die Anzahl und Intensität rechter und rassistischer Taten haben ein Ausmaß angenommen, das uns an die 1990er erinnert. Die Situation für Geflüchtete und Migrant_innen muss in Brandenburg als gefährlich bezeichnet werden. Für viele ist es Alltag, bedroht, beleidigt und angegriffen zu werden. Wir befürchten im Angesicht der sich weiterhin verschärfenden rassistischen Hetze, dass diese bedrohliche Welle rechter Gewalt auch in absehbarer Zeit nicht abebben wird“, fasst Ingmar Pech von der Gewaltopferberatung die Brisanz der Lage zusammen.
Nach Kenntnis der Beratungsstelle richtete sich die rechte Gewalt gegen mindestens 706 Personen (415 direkt und 291 indirekt Betroffene). 138 Gewalttaten waren rassistisch motiviert, 36 Taten wurden aus Hass gegen politische Gegner_innen verübt, 9 richteten sich gegen nicht-rechte Personen, je 4 waren sozialdarwinistisch bzw. antisemitisch motiviert. Zwei Mal wurden Menschen aufgrund ihrer sexuellen Orientierung angriffen und einmal ein Menschen mit Behinderung. Körperverletzungen machten zwei Drittel aller Taten aus, davon 61 einfache und 76 gefährliche, und es wurden 30 Bedrohungen, 19 Sachbeschädigungen und 10 Brandstiftungen verübt. Weiterhin geht die Opferperspektive von einem hohen Dunkelfeld aus, vor allem bei Angriffen gegen Geflüchtete.
Die meisten rechten Angriffe fanden in Cottbus (28) und im Landkreis Spree-Neiße (29) statt, gefolgt von den Landkreisen Oberhavel (17), Uckermark (16) und Ostprignitz-Ruppin (16). Insbesondere in Cottbus korrespondierte der Anstieg rechter Gewalt im letzten Quartal des Jahres eindeutig mit der zeitgleichen Zunahme von rassistischen Protesten – so wurden allein am 23. Oktober im Anschluss an einen rassistischen Aufmarsch sieben Angriffe verübt.
Die Hemmschwelle zur Gewalt ist deutlich gesunken und Täter_innen greifen oft spontan und bei Gelegenheit an. Besorgniserregend ist nach Sicht der Opferperspektive die gestiegene Brutalität der Angriffe wie zum Beispiel in Finsterwalde, wo Geflüchtete in der Nähe der GU aus einem Auto heraus beschossen wurden, sowie die Zunahme von Brand- und Sprengstoffanschlägen und von planvolleren Anschlägen wie der Brandanschlag auf eine zukünftige Unterkunft für Geflüchtete in Nauen oder die massive Pefferspray-Attacke auf Geflüchtete in der GU in Massow. Außerdem rückten verstärkt Menschen, die Geflüchtete unterstützen, sowie Journalist_innen und Politiker_innen in den Fokus der Täter_innen.
Diegesellschaftliche Resonanz für rassistische Positionen und für die Mobilisierung gegen Geflüchtete hat sich spürbar vergrößert und stellt nach Einschätzung der Opferperspektive den Nährboden für die eskalierende rechte Gewalt dar. Doch auch Politiker_innen der demokratischen Parteien tragen zu der Verschärfung des rassistischen Klimas bei, wenn sie Geflüchtete und ihre Fluchtgründe delegitimieren und den Zuzug von Schutzsuchenden als Krise inszenieren. Rassistisch eingestellte Durchschnittsbürger_innen fühlen sich dadurch in ihrer Menschenverachtung bestärkt und setzen so ihren Rassismus auch in Gewalt um.
„Die rassistische Hetze hat in den sozialen Medien und bei den Kundgebungen ein beängstigendes Aggressionspotenzial angenommen. Die massive Zunahme der Angriffe verweist auf eine gefährliche Normalisierung rechter Gewalt. Dringend braucht es konkrete und vor allem wirkungsvolle Interventionen auf allen Ebenen, um diese Entwicklung zu stoppen. Wir erwarten daher von den politisch Verantwortlichen in Brandenburg, dass sie der rassistischen Stimmung mit allen Mitteln entgegenwirken und klare solidarische Signale für die Aufnahme, den Schutz und die Integration von geflüchteten Menschen setzen“, streicht Ingmar Pech von der Opferperspektive die Notwendigkeit von Gegenmaßnahmen hervor.
Wir haben uns schweren Herzens entschieden, die Arbeit der Geflüchtetenberatung des Utopia e.V. vorübergehend einzustellen. Wir können unter den momentanen Bedingungen keine Beratung, die unseren Ansprüchen genügt, realisieren. Wir haben diese Arbeit über ein Jahrzehnt ehrenamtlich und unter hohen persönlichem Aufwand gemacht und uns teilweise bewusst entschieden, in prekären finanziellen Verhältnissen zu leben, um die Zeit für die Beratung aufbringen zu können. Persönliche Umstände führen nun dazu, dass die Ressourcen der Mitarbeiter*innen so knapp sind, dass eine zeitnahe und qualitativ hochwertige Beratung, die die Klient*innen zu Recht erwarten, nicht mehr möglich ist.
Wir sehen es als eine Voraussetzung, um die Arbeit wieder aufnehmen zu können, dass es mindestens eine hauptamtliche Personalstelle gibt. Es braucht eine mit finanziellen und zeitlichen Ressourcen ausgestattete Geflüchtetenberatung, um die Arbeit angemessen fortzuführen sowie das ehrenamtliche Engagement weiterer Mitarbeiter*innen zu koordinieren. Der Verein ist daher um eine Förderung bemüht.
Die Geflüchtetenberatung prägte über Jahre die Arbeit des Vereins. Die unabhängige und kostenlose Begleitung und Beratung Asylsuchender während des Asylverfahrens, im Alltag und bei Fällen von Diskriminierung war bei den Klient*innen gut etabliert. Durch die Einstellung der ehrenamtlichen Beratungsarbeit wird die psychosoziale Versorgung der Stadt weiter verschlechtert. Umso schwerer fällt der Abschied auf Zeit. Die Klient*innen werden in Zukunft an andere Beratungsstellen verwiesen.
INFORIOT — Verschiedenste Veranstaltungen fanden am vergangenem Wochenende in Brandenburg statt. Rechte Versammlungen in Leegebruch, Glöwen, Brück, Bad Belzig und Frankfurt/Oder bekamen deutlichen Gegenwind. Knapp 250 Antifaschist_innen nahmen an einer Gedenkdemonstration für Sven Beuter, der vor 20 Jahren von dem Neonazi Sascha Lücke totgeschlagen wurde, in Brandenburg an der Havel teil. In Lübben (Dahme-Spreewald) marschierten rund 350 RassistInnen und Neonazis für die “Zukunft für ihre Heimat”.
Brandenburg an der Havel — Kraftvolle Antifademo erinnert an Opfer Rechter Gewalt

Am heutigen Samstag den 20.02.2016 versammelten sich rund 250 Antifast*innen unter dem Motto “fighting for 20 years” in Brandenburg an der Havel, um dem vor 20 Jahren durch den Neonazi Sascha Lücke ermordeten Sven Beuter zu gedenken. Die aus Berlin, Brandenburg, Sachsen und Sachsen-Anhalt angereisten Teilnehmenden zogen vom Bahnhof der Stadt über den zentralen Marktplatz in das Stadtzentrum. In Redebeiträgen wurde der “Totschlag”, so das damalige juristische Urteil, in Beziehungen zu anderen Tötungsdelikten durch Neonazis gesetzt. Als Beispiele seien hier die angesprochenen Morde an Dieter Eich (Mai 2000) in Berlin-Buch oder Emil Wendland (Juli 1992) in Neuruppin genannt.

Von dort aus zog die Demonstration weiter zu Havelstraße 13, wo es eine Gedenkplatte für den an diesem Ort tödlich misshandelten Sven Beuter gibt. Dort wurden in Erinnerung an den Punk Kränze, Kerzen und zwei Flaschen Bier abgelegt, sowie eine Schweigeminute gehalten. Die Opferperspektive Brandenburg erinnerte dort in einem Redebeitrag daran, dass neonazistische Gewalt nicht nur tödliche Folgen hat, sondern darüber hinaus viele Menschen nach Übergriffen durch die erlittenen Verletzungen ein eingeschränktes und pflegebedürftiges Leben führen.

Abschließend zog die Demonstration zurück zum Bahnhof der Stadt um den anwesenden Antifaschist*innen eine fahrt nach Frankfurt (Oder) zu ermöglichen und das Gedenken mit aktuellen Kämpfen gegen neonazistische Strukturen zu verbinden. Aus diesem Grund wurde spontan auch auf einen geplanter Abstecher zum ehemaligen Wohnhaus von Sven Beuter verzichtet.
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Lübben — Zum dritten Mal fordern extreme Rechte aller Couleur eine Zukunft für ihre Heimat
In Lübben hingegen demonstrierte die Initiative “Zukunft Heimat”. “Für unsere Kinder, für uns, für unsere Heimat” sollte protestiert werden — tatsächlich ging es um die Hetze gegen Flüchtlinge. Am Marktplatz der Spreewaldstadt versammelten sich rund 350 Personen. Damit lag die Teilnehmer_innenzahl deutlich unter jener der letzten Auflagen, als im Januar rund 700 und im Dezember 2015 500 Personen in Lübben zusammen kamen. Zuvor, Ende Oktober, hatte “Zukunft Heimat” im nahen Lübbenau sogar 900 Personen mobilisiert und im Januar erneut 700.

Am jetzigen Samstag sprachen unter anderem Jörg Sobolewski von der Berliner Rechtsaußen-Burschenschaft Gothia, AfDler Jens-Birger Lange und Christoph Berndt von “Zukunft Heimat”. Nico Tews vom Rathenower “Bürgerbündnis Deutschland” warb für einen anstehenden Aufmarsch seiner Gruppe am 5. März in Rathenow. Zu Wort kam auch ein Vertreter des “Bürgerforum Südbrandenburg”, dass sich kürzlich im Zuge einer Serie rassistischer Kundgebungen in Bad Liebenwerda gegründet hat. Fast alle Redner betonten, dass die hier Versammelten lediglich “patriotisch” seien und ganz sicher nicht rassistisch. Währenddessen wehte die schwarz-weiß-rote Reichsfahne über dem Marktplatz. Die Reden wurden lediglich von einem etwa 20-minutigen “Spaziergang” durch die Stadt unterbrochen. Mehrere Redner griffen die Bezichtigung als Nazis und “Braune” durch Politiker_innen und Journalist_innen auf und bemühten sich diese ad absurdum zu führen. Lange, AfD Kreisvorsitzender im Landkreis Dahme-Spree, sah “die Braunen” eher bei den Rot-Grünen Parteien. Er selbst sei weder rechts, noch links, sondern gradlinig. Die verbale Negation half jedoch nichts, erneut befanden sich Neonazis unter den Demonstrationsteilnehmern. Die mögliche Zusammenarbeit der sich betont “bürgerlich” gebenden Initiative “Zukunft Heimat” mit Neonazis ist seit geraumer Zeit Thema verschiedener Medienberichte gewesen.1

Am Rande der Versammlung protestierten rund 20 Menschen. In der direkt benachbarten Paul-Gerhardt-Kirche fand zudem eine “Friedensandacht” statt, bei der Stellung gegen “Zukunft Heimat” bezogen wurde.2
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Frankfurt (Oder) — Deutsche und Polnische Neonazis gemeinsam gegen Geflüchtete

In Frankfurt (Oder) demonstrierten etwa 100 Neonazis gegen den sogenannten “Asylwahn”. Die Gruppierung “Frankfurt/Oder wehrt sich” rief erneut zur Demonstration in die Oderstadt auf. Bereits im vergangenen Jahr veranstalteten die RassistInnen um das Neonazipaar Peer und Franziska Koss hier Demonstrationen. Insgesamt sechs Mal gingen sie auf die Straße mit jeweils abnehmender TeilnehmerInnenzahl.
Wie bei nahezu allen Demonstrationen der Frankfurter war erneut die neonazistische Partei “Der III. Weg” maßgeblich an der Organisation, wie auch in Personenstärke beteiligt. Pascal Stolle, der inzwischen in Eisenhüttenstadt leben soll, war sodann auch der erste Redner an dem Tag auf dem Marktplatz. Björn Brusak, bekannter extrem rechter Liedermacher und Dauerredner auf den neonazistischen Veranstaltungen in Ostbrandenburg, leitete die Demonstration insgesamt. Nach dem Auftakt marschierten die Nazis, wohl aufgrund einer kurzfristigen Routenänderung, über den

Brunnenplatz zur Karl-Marx-Strasse, wo sie dann auf ihrer etwa 2km langen Route einmal quer durch die Innenstadt zogen. Mit “Wir sind das Volk” und “Wir sagen nein zum Asylantenheim” hetzten sie in gewohnter Weise gegen Geflüchtete. Als Novum kann die wohl erstmalige Beteiligung polnischer Neonazis an einem deutschen Neonaziaufmarsch gesehen werden. “Frankfurt/Oder wehrt sich” hatte bereits im Vorfeld die polnische Bevölkerung dazu aufgerufen ebenfalls gegen “Überfremdung” und “Geflüchtete” auf die Strasse zu gehen. Diesem Ruf folgten etwa 20 Neonazis aus der Nachbarstadt Slubice. Das es wie dort, wie auch im restlichen Teil Polens, vor allem aufgrund der strikten Ablehnung von Geflüchteten kaum Asylbewerber_innen gibt, ist da nebensächlich. Besonders kurios wirkte dann die mitgebrachte polnische Fahne zwischen den Deutschland- und Brandenburgfahnen. Noch dazu, dass diese falsch herum getragen wurde.

An den Gegenprotesten, die erneut vom Bündnis “Kein Ort für Nazis in Frankfurt (Oder)” in Zusammenarbeit mit der Stadt und anderen Initiativen organisiert wurden, beteiligten sich insgesamt etwa 200 Menschen. Auf der zentralen Kundgebung direkt vor dem Rathaus nur wenige Meter vom Auftaktort der Neonazidemonstration entfernt forderten u.a. der Oberbürgermeister Martin Wilke ein weltoffenes Frankfurt, welches Geflüchtete willkommen heißt und HetzerInnen die Stirn bietet.
Ein Großaufgebot der Polizei, u.a. mit Hunden und Hubschrauber vor Ort, verhinderte jegliche Blockadeversuche von Antifaschist_innen. Teilweise wirkten die Polizeikräfte jedoch auch unkoordiniert. So worden Antifaschist_innen nicht zu anderen Gegendemonstrant_innen durchgelassen und durch eine Polizeikette getrennt, obwohl die Nazis bereits ihre Versammlung beendet hatten und nicht mehr in unmittelbarer Nähe waren.
Weitere Bilder aus Frankfurt (Oder) hier und hier.
Am 29.01.2016 will der Brandenburger Pegidaableger „BraMM“ zum dritten Mal mit ihrer rassistischen Demonstration durch die südbrandenburgische Kleinstadt Senftenberg ziehen! Bei den letzten beiden Demos in Senftenberg versammelten sich mehrere hundert Menschen auf dem Marktplatz, neben den „besorgten Bürgern“ und den sogenannten „Reichsbürgern“ trafen sich dort auch mehrere autonome Nationalisten und Hools. Nachdem die Rassisten dort ihre Anfangskundgebung abhielten liefen sie durch die Senftenberger Innenstadt. Bei der ersten Demonstration gelang es mehreren Antifaschisten die Demoroute zu blockieren, dadurch musste der Aufmarsch zum Marktplatz umkehren. Bei der zweiten BraMM Demonstration in Senftenberg ging die Polizei mit äußerster Härte vor. Alle Menschen die die Polizei als vermeintliche Gegendemonstranten vermuteten, erhielten sofort einen Platzverweis für den gesamten Raum rund um den Markt. Desweiteren stürmte die Polizei das Gelände eines dort befindlichen Jugendclubs. Auf dem Parkplatz eines Supermarktes kam es zur gleichenZeit zu brutalen Übergriffen auf sich dort befindliche Gegendemonstranten. Die restlichen in der Stadt befindlichen Antifas wurden den restlichen Abend durch die gesamte Stadt gejagt und mit Repressalien überzogen. Die genaue Demoroute wird jedesmal geheimgehalten damit sich keine geplanten Blockaden errichten können.
Wir gehen davon aus das die Bullen am 29.10. wie beim letzten mal äußerst brutal vorgehen um den faschistischen Aufmarsch durchzusetzen. Aufgrund von fehlenden antifaschistischen Strukturen in den meisten Städten Südbrandenburgs sind wir auf Unterstützung von außerhalb angewiesen! Wir rufen euch alle auf am 29.01.2016 mit nach Senftenberg zukommen um den Nazis auch in den Kleinen Städten zu zeigen das sie hier nichts verloren haben! Bis jetzt gibt es keinen angemeldeten Gegenprotest! Haltet euch deshalb dezentral in dem Bereich um den Marktplatz auf um spontan den Aufmarsch zu stoppen oder kommt um 18:30 Uhr zum linksalternativen Jugendclub „JAM“, dieser befindet sich in der Nähe vom Senftenberger Bahnhof.
Am 29.01.2016 heißt es in Senftenberg BraMM/Pegida mit allen Mitteln zu stoppen! Es gibt kein ruhiges Hinterland – faschistische Strukturen aufdecken und vernichten!
AntifaCrewFinsterwalde
Die AfD Brandenburg hat für Freitag, den 22.Januar um 17.30 Uhr zu “Kundgebung für die Würde der Frau” aufgerufen. Unter einem scheinheiligen Deckmantel wird hier versucht “unsere Frauen” (gemeint sind natürlich nur weiße cis-Frauen) zu schützen. Wie von der AfD gewohnt, werden hierzu rassistische Motive erwendet und die “Frau” als passives Opfer instrumentalisiert.
Was aber wie immer “vergessen” wurde: Sexualisierte Gewalt und Sexismus sind nicht Probleme der “Anderen” (im aktuellen Diskurs der Migrant*innen) sondern Machtinstrumente des Patriarchats.
Wir stehen für einen kämpferischen, transnationalen Feminismus, der patriarchale Strukturen in Religion, Gesellschaft und Staat konsequent benennt, kritisiert und überwindet.
Dabei distanzieren wir uns klar von jenen, die jetzt Frauenrechte vorschieben, um rassistische Hetze voranzutreiben, Abschottung und Aufrüstung zu betreiben und weitere Asylrechtsverschärfungen zu fordern.
Also seid viele, kommt vorbei und werdet laut!
Frauen*Lesben*Trans*Inter*-Kundgebung: 22. Januar 2016, 17 Uhr, vor dem Brandenburger Landtag, Am Alten Markt 1*
*jeder Mensch, der sich mit den Inhalten dieses Flyers identifizieren kann, ist herzlichst willkommen!
Sexismus ist kein kulturelles Missverständnis. Gewalt gegen Frauen ist vor allem überall dort verbreitet, wo es ein konservatives Frauenbild gibt. Dieses wird (nicht nur) in religiösen Gesellschaften propagiert — und in der AfD. So fordert die AfD immer wieder das Drei-Kind-Modell und eine Verschärfung des Abrtreibungsverbots.
Das Patriarchat (verkürzt: die Vormachtstellung des Mannes gegenüber anderen Geschlechtern) findet sich in jeder Religion und in jeder staatlichen Struktur wieder. Darum muss eine Kritik an sexualisierter Gewalt und Sexismus auch deren ideologischen und materiellen Grundlagen in den Blick nehmen.
Sexuelle Übergriffe werden in Deutschland kaum und wenn dann nur mit einer Verzögerung von 2 bis 3 Jahren verfolgt. Es gibt offensichtlich keine Priorität und Interesse daran, Vorfälle schnell aufzuklären.
Betroffene von sexueller Gewalt werden selten ernst genommen und Vergewaltigung wird immer wieder verharmlost, da sich der betroffene Mensch “nicht genug gewehrt hat.”
Gewalt in der Ehe und gegen Frauen* ist in Teilen jeder Gesellschaft und Religion akzeptiert und fördert so die Unterdrückung der Frau*. Das betrifft sowohl die unterschiedlichen Strömungen des Islams, aber auch die des Christentums.
Grundlage einer jeden freien Gesellschaft sollte sein, dass jeder Mensch, unabhängig von Geschlechtsidentität, Sexualität, anerzogener Religion (?) und Lebensweise selbstbestimmt leben kann, egal wo. Hierfür ist es wichtig, dass jeder Mensch diese Grundwerte von klein auf lernt.
Mal ganz nebenbei: Der AfD scheinen einige pseudofeministische Ansätze gut in die Partei-Propaganda zu passen. Schließlich muss doch alles getan werden, damit “das Überleben des eigenen Volkes, der eigenen Nation sichergestellt wird.“ Und falls ihr es noch nicht wusstet: “Mann und Frau sind nicht gleich, auch wenn die Genderforschung das behauptet.“ (Frauke Petry)
Hennigsdorf: 2 Asylbewerberinnen mit Pistole bedroht!
Der rassistische Normalzustand spitzt sich seit der aufhetzenden Berichterstattung zur Kölner Sylvesternacht und den Anschlägen in Paris deutlich zu. Diese Erfahrungen machen viele aus unserer Gruppe täglich. In Hennigsdorf mussten zwei Bekannte und z.T. Mitbewohnerinnen von uns Todesangst erleiden. Als sie im Supermarkt einkaufen waren, hielt ihnen ein Mann eine Pistole an den Kopf und beschimpfte sie rassistisch. Beim Verlassen des Supermakrtes zeigte er den Hitlergruß. Die Angst sich allein von der abseits gelegenden Unterkunft in die Stadt zu bewegen ist steigt zunehmend.
Wir wollen das nicht hinnehmen! Am Freitag den 5.2. rufen wir um 16 Uhr zu einer Kundgebung am Postplatz in Hennigsdorf auf!
Infos zu weiteren Aktionen: corasol.blogsport.de/