Die Anastasia-Bewegung
Dieser Artikel erschien zuerst im AIB 119 | 2.2018
Auch wenn er lange auf sich warten ließ, der Sommer ist da! Mit ihm auch eine Reihe von esoterischen Terminen, die es sich lohnt zu verpassen, deren Hintergründe jedoch aufhorchen lassen. Wenn auf einem Festival neben Öko-Workshops „arisches Wissen weitergegeben“ wird und zu der deutschen Nationalhymne krude Strophen gedichtet werden, die von Blendung, fremden Mächten und Erwachen handeln, kann es sein, dass man sich auf einem Anastasia-Festival befindet. Mit entsprechendem Programm warb die Anastasia-Bewegung im letzten Jahr für das Festival inThüringen, an dem nach eigenen Angaben rund 550 Personen teilnahmen. Anfang September 2018 soll ein weiteres Festival mit dem Namen „Wiedergeburt“ stattfinden. Zudem organisieren AnhängerInnen der Szene bundesweit Treffen, Vorträge und Siedlerstammtische.
Die Anastasia-Buchreihe als Quelle der Bewegung
Die Anastasia-Bewegung beruht auf der Buchreihe „Die klingenden Zedern Russlands” von Wladimir Megre. Auf einer Geschäftsreise in die russische Taiga traf der 1950 in Russland geborene Megre 1994 angeblich eine Frau namens Anastasia, die einsam in der Wildnis lebt. Über seine Begegnung mit ihr berichtet Megre in insgesamt 10 Bänden, die in den Jahren 1996 bis 2010 auf russisch erschienen sind und mittlerweile auch auf deutsch vorliegen. Laut infoSekta, der schweizerischen Fachstelle für Sektenfragen, ist die Anastasia-Strömung eine „esoterische Bewegung mit einer stark nationalistischen, verschwörungstheoretischen und rechtsesoterischen Ausrichtung“.
Die Grundidee ist simpel: Jede Familie (bestehend aus Mann, Frau und Kindern) soll einen Hektar Land, den sogenannten Familienlandsitz, bewirtschaften und darauf ihr Haus bauen. Wenn alle Menschen diese Idee verfolgen würden, wären angeblich die Probleme dieser Welt gelöst und die Erde ein Paradies. Doch zwischen diesen fantastisch anmutenden Elementen finden sich auch immer wieder antisemitische, rassistische und sexistische Aussagen. Megre zeichnet eine stark vereinfachte Welt, in der böse Mächte und die Technokratisierung schuld an allem Übel sind.
Im ersten Band der Anastasia-Reihe „Tochter der Taiga” wird ausführlich von der Begegnung Megres mit Anastasia berichtet. Neben Ausführungen über ihre Wunderkräfte, die Bedeutung eines eigenen Gartens und von selbstgezogenem Gemüse, finden sich auch zahlreiche Andeutungen über dunkle Mächte, gepaart mit einem ausgeprägten Sexismus: „Zum Beispiel ist es mir unbegreiflich, wie die dunklen Kräfte es schaffen, die Frauen dermaßen zu verdummen, dass sie ahnungslos die Männer mit ihren Reizen anziehen und ihnen somit die richtige Wahl unmöglich machen, die Wahl der Seele.”[1] Während dem Mann die schöpferische Rolle zugeschrieben wird, gesteht Megre der Frau nur die passive Rolle der Muse zu.
In den weiteren Bänden geht es um die Bedeutung von Bäumen und Steinen, um Pädagogik, „die Schöpfung“ und das Wesen der Menschen. Im dritten Band „Raum der Liebe“ wird das Konzept der Schetinin-Schule vorgestellt. Inspiriert von der Anastasia-Lektüre, entwickelte der Lehrer Michail Petrowitsch Schetinin das Konzept, indem davon ausgegangen wird, dass Kinder allwissend sind und nur noch den Zugang zu ihrem Wissen finden müssen. Dann sei die sonst 11-jährige Schulausbildung auch in nur einem Jahr schaffbar. Zusätzlich zu dem Druck, den dieses Grundverständnis auf jedes einzelne Kind ausübt, kommt ein starker Militarismus und Nationalismus in der Ausbildung. Im europäischen Kontext wurde das Prinzip der Lais-‚Schulen‘ (in Wirklichkeit handelt es sich um Lerngruppen, da es keine Schul-Zulassung gibt) entwickelt, dass der Schetinin-Schule ähnelt, aber auch einige Unterschiede aufweist. Der Begriff ‚Lais‘ soll aus dem Gotischen stammen und übersetzt „ich weiß“ heißen.[2]
Vor allem im sechsten Band „Das Wissen der Ahnen” finden sich vermehrt antisemitische und rassistische Aussagen. So seien angeblich alle Jüd*innen von einem dunklen Oberpriester „programmiert“ worden und seitdem willenlose „Roboter“. Dies sei die Erklärung für all das Leid, dass den Jüd*innen in den letzten Jahrtausenden wiederfahren ist: „Da das schon mehr als ein Jahrtausend geschieht, kann man den Schluss ziehen, dass das jüdische Volk vor den Menschen Schulden hat. Aber worin besteht die Schuld? Die Historiker, die alten wie die neuen, sprechen davon, dass sie Verschwörungen gegen die Macht anzettelten. Sie versuchten alle zu betrügen, vom jungen bis zum alten. […] Das bestätigt die Tatsache, dass viele Juden wohlhabend sind und sogar auf die Regierung Einfluss nehmen können.“[3]
Die AnhängerInnen von Megre nutzen die Bücher als Informationsquelle und befolgen die dort gegebenen Anweisungen zum Aufbau von Familienlandsitzen. Wie ernst die Bewegung zu nehmen ist, zeigt auch die Unterstützung durch die russische Regierung: Mehrere Lokalregierungen haben kostenlos Land für die Gründung von Familienlandsitzen zur Verfügung gestellt.
Die Anastasia-Bewegung
In der Familienlandsitz-Bewegung treffen sich Ökos, „Weltverbesserer“, VerschwörungstheoretikerInnen und RassistInnen. Das verdeutlicht nicht zuletzt ein Beispiel aus Brandenburg.
„Solide arisch leben. […] fest verwurzelt – wie die deutsche Eiche. Deswegen, Männer: Baut ein Heim, legt einen Garten an, zeugt einen Sohn und pflanzt eine Eiche.“ — O‑Töne aus einem Video von Frank Willy Ludwig aus dem Juni 2017[4]. Ludwig ist Anastasia-Anhänger, lebt auf seinem Familienlandsitz in Liepe (Brandenburg)[5] und ist Betreiber der Internetseite „Urahnenerbe Germania“. Dort verknüpft Ludwig den Appell, „Familienlandsitze“ nach Anastasia aufzubauen mit Rasseideologien und antisemitischen Verschwörungstheorien.
Frank Willy Ludwig; Quelle: Urahnerbe Germania, 10.05.2018
Er stellt die Schuld Deutschlands am Holocaust in Frage, die die „vorläufigen Sieger […] uns reindrücken“, spricht von einer „Dämonkratie“, in der wir leben, einem „Weltjudentum“ und ersetzt die letzte Silbe von Wörtern wie Revolution und Zivilisation mit „-zion“.[6]
Kleingärtner werden laut Megre die Welt retten, und so erzählt auch Ludwig von sich als Gärtner und Weltretter.
Ähnlich krude und realitätsfern beschäftigt sich Thomas Patock, der 2016 wegen Holocaustleugnung und Volksverhetzung verurteilt wurde[7], mit den Anastasia-Romanen[8]. In reichsideologischer Manier möchte Patock, selbsternannter König von Wedenland, „den Aufbau von Familienlandsitzsiedlungen innerhalb des Deutschen Reiches sowie allen weiteren Königreichen im Staatenbund der Königreiche Wedenland [fördern]“[9]. Auf seiner Webseite heiltheke.de verkauft er Produkte, die aus Holz, Öl oder den Nüssen der Zedern bestehen.
Neben den oben genannten Akteuren spielen Gruppen, die bereits Land für ihre Familienlandsitz-Siedlung gekauft haben und sie nun aufbauen, eine große Rolle. Einerseits sind sie Vorzeigeobjekte in Reportagen und Fernsehsendungen, andererseits dienen bereits gegründete Siedlungen als Szenetreffpunkte. Mittlerweile existieren in Deutschland 12 Familienlandsitze, weitere sind in Planung.
Ein Beispiel ist das Goldene Grabow, eine Familienlandsitz-Siedlung in Brandenburg, auf der 18 Menschen auf bisher 23°ha leben. Dort fand 2015 nicht nur ein Anastasia-Festival statt, sondern laut einem Bericht des „Blick nach rechts“ auch das Sommerlager des rechtslastigen „Sturmvogel – Deutscher Jugendbund“[10]. Die Gruppe der SiedlerInnen lädt regelmäßig zu „volkssportlichen Wettkämpfen“, Festspielen und esoterischen Männer- und Schwesternkreisen ein. Zu den tabak- und alkoholfreien Events im Anastasia-Vorzeigeprojekt sind auch DorfbewohnerInnen herzlich eingeladen.
[1]Megre 2017: „Tochter der Taiga“, S. 66. 13. Taschenbuch-Auflage, Govinda-Verlag
[2]http://www.infosekta.ch/media/pdf/Anastasia-Bewegung_10112016_.pdf
[3]Megre 2016: „Das Wissen der Ahnen“, S.174. 7. Auflage, Verlag “Die Silberschnur”
[4]https://www.youtube.com/watch?v=CgFqrxCfFI0, letzter Aufruf 13.05.2018
[5]http://www.familienlandsitz.com/raum%20der%20liebe.htm
[6]https://www.youtube.com/watch?v=CgFqrxCfFI0, 14:50, letzter Aufruf 13.05.2018
[7]http://api.ning.com/files/V5Rxz5Og90O8SXY*4Q8*DUrOp9WUZrC2MS8XnHmsV7Kqp0T3nDucBs3sxYqjxiNugRi*kT0EbX5Rrrpkajsq4w9QTP8Sy0U6/WarumriskierenSiedasGefngnis.pdf
[8]http://static.woz.ch/1643/was-ist-die-anastasia-bewegung/990–000-jahre-mit-gott-im-paradies
[9]http://www.heiltheke.de/html/Heiltheke/index.php?XTCsid=b05813a33485a0a29d6d679c21ed20e1
[10]https://www.bnr.de/artikel/hintergrund/unter-dem-banner-des-sturmvogels
Autor: Rachel
Fotos: Private Zusendung
Ein aufmerksamer Bürger bemerkte gegen 9.45 Uhr eine beschrifte weiße Stofffläche an einem Geländer der Bahnhaltestelle Nauen. Auf dem Banner forderten Unbekannte die „Freiheit“ für die rechtskräftig verurteilte Holocaustleugnerin Ursula Haverbeck. Der Bürger entfernte geistesgegenwärtig die Stofffläche mit dem Slogan und übergab diese, nach eigenen bekunden, der Polizei.
Einer weiteren Person soll das Banner ebenfalls aufgefallen sein. Diese sprach außerdem von ähnlichen Propagandamitteln in der Innenstadt und an Schulen. Eine erste Erkundung konnte weitere Aktivitäten der unbekannten Haverbeck-Sympathisierenden jedoch nicht bestätigen.
Es ist allerdings nicht das erste mal, dass sich in der Region mit der inhaftierten Holocaustleugnerin solidarisiert wird. Erst im März forderten Neonazis im Rahmen einer unangemeldeten Versammlung auf einem Kasernengelände in Wustermark OT Elstal die Freilassung von Haverbeck.
In Dortmund (Nordrhein-Westfalen) beabsichtigen Neonazis im Laufe des heutigen Tages zudem mehrere Mahnwachen für die u.a. wegen Volksverhetzung Verurteilte durchzuführen.
Haverbeck gilt als Symbolfigur des bundesweit aktiven neonazistischen Milieus.
„Kein schöner Land – Todesopfer rechter Gewalt in Brandenburg“
Ausstellung zu Brandenburger Todesopfern wird eröffnet
Der Verein Opferperspektive präsentiert am 23. Juni 2018 seine neue Ausstellung „Kein schöner Land – Todesopfer rechter Gewalt in Brandenburg“. Sie wird erstmals bei den Feierlichkeiten zum 20-jährigen Bestehen des Handlungskonzeptes „Tolerantes Brandenburg“ am morgigen Samstag in der Alten Chemiefabrik in Cottbus gezeigt.
Im Bundesland Brandenburg sind die meisten Todesopfer rechter Gewalt seit der Wiedervereinigung zu beklagen. Auf insgesamt 26 Tafeln erinnert die Opferperspektive an 22 Menschen, die plötzlich aus ihrem Leben gerissen wurden. Sie mussten sterben, weil die Täter menschenverachtende Einstellungen verinnerlichten und den Wert eines Menschen an seiner Hautfarbe, seiner Herkunft, seines sozialen Status, seiner körperlichen oder seiner psychischen Beeinträchtigung bemaßen.
„Diese Ausstellung sehen wir als eine Form der Dokumentation der Taten und des Gedenkens an ihre Opfer. Wir rücken die Menschen, die Familienväter, Lebensgefährten, Söhne und gute Freunde waren, in den Mittelpunkt“, beschreibt Geschäftsführerin Judith Porath das Anliegen der Ausstellung. „Häufig fehlt es an Informationen über diese Menschen. Wir wollen und können mit dieser Dokumentation keinen Anspruch auf Vollständigkeit erheben, sondern gerade auch darauf hinweisen, dass viele von ihnen vor Ort vergessen wurden.“, so Porath weiter.
„Kein schöner Land – Todesopfer rechter Gewalt in Brandenburg“ thematisiert darüber hinaus das Gedenken und die langen Debatten um Anerkennung als politisch motivierte Verbrechen. Das Land Brandenburg hat als Erstes die Todesopfer rechter Gewalt neu überprüft und bewertet.
Die Wanderausstellung kann ab 1. August über den Verein Opferperspektive ausgeliehen werden.
Am 10. Juli 1934 wurde der Schriftsteller Erich Mühsam im Konzentrationslager in Oranienburg von SS-Wachmännern ermordet. Aus diesen Anlass veranstalten wir eine Gedenkdemonstration durch Oranienburg um Mühsam zu gedenken und um sein Vermächtnis als Antifaschist, Anarchist und Freigeist am Leben zu erhalten. Heute, 84 Jahre später haben wir wieder eine Rechtspopulistische Partei im Bundestag und Rassismus, Antisemitismus, Nationalismus finden wieder nahrhaften Boden und ebnen den Weg für jene menschenverachtende Ideologie die Mühsam zu bekämpfen versuchte. Wir wollen es ihm gleichtun und den Kampf weiterführen gegen all jene die versuchen Hass, Zwietracht und Verachtung zu sähen — Es ist noch nicht vorbei
In Oranienburg und Umgebung brodelt es wieder! Oranienburg besitzt seit Jahren eine starke, organisierte Neonaziszene, die Rückendeckung hat durch die lokale NPD-Struktur. In Oberhavel hat die NPD 6 Mandate inne und ist damit kommunal am stärksten vertreten in Brandenburg. Letztes Jahr war in mehreren Orten in Oberhavel zu Drachenbootrennen das Team Projekt Habula-Furor Teutonicus angetreten zu Deutsch Germanische Wut. Die meisten Mitglieder des Teams sind Mitglieder der NPD oder der JN (Junge Nationaldemokraten), einer von ihnen ist Robert Wollinski Stadtverordneter für die NPD in Velten. Der Name für das Team scheint nicht zufällig gewählt, es war auch das Motto eines Rechtsrockonzert der “Märkischen Skinheads 88” MS88. Bei den MS88 handelt es sich um ein Label das bundesweit Rechts Rock-Konzerte organisiert mit Bands die Verbindungen zu den verbotenen “Blood&Honour”-Strukturen und zum NSU-Umfeld haben, Wollinksi stellt in diesem Label eine Schlüsselfigur dar. Mit diesem Team wird der Versuch unternommen öffentliche Veranstaltungen zu unterwandern und sich selbst einen bürgerlichen Anstrich zu geben und familienfreundlich aufzutreten. Am 31. März wurde in Hennigsdorf eine 29-jährige Frau rassistisch und sexistisch beleidigt und angegriffen zu 6 waren die Angreifer und warfen ihr auf der Flucht Flaschen hinterher. Da dieser Angriff für Frau nicht schon schlimm genug ist wurden ihre Schilderungen im Facebook-Forum “Hennigsdorf verbindet ” geleugnet und von den Admins gelöscht, weil sie die Schilderungen für “Fake-News” hielten.
“Zweck meiner Kunst ist der gleiche, dem mein Leben gilt: Kampf! Revolution! Gleichheit! Freiheit!” Und genau nach diesem Zweck richten wir uns vor allem in Zeiten wo Rechte Theorien und Denken wieder in den Parlamenten sitzen dürfen. In Oberhavel war die AFD bei der Zweitstimme die 2. stärkste Kraft hinter der CDU, deshalb rufen wir auf am 7. Juli nach Oranienburg zu kommen um das Vermächtnis Erich Mühsams wieder zu erwecken und es in die Köpfe zutragen damit neonazistische Strukturen als diese gesehen und bekämpft werden können, sodass eine antifaschistische Widerstandskultur etabliert werden kann.
Gedenkdemo: 7. Juli, 14:00 Bahnhof Oranienburg
Veranstaltung: 30. Juni, 14:00 Bürgerzentrum Oranienburg: Albert-Buchmann-Straße 17
Gedenkveranstaltung am 29. Juni 2018, 17 Uhr, Bahnhof Bad Belzig
Der Verein Belziger Forum e.V. ruft zum Gedenken an dem Mosambikaner Antonio Manuel Diogo auf. Treffpunkt ist der 29. Juni 2018 um 17 Uhr am Bad Belziger Bahnhof.
Wer war Manuel Diogo?
Antonio Manuel Diogo wurde in Mosambik geboren. Als einer von gut 20.000 Mosambikanern war Diogo als sogenannter Vertragsarbeiter, zusammen mit seinem Freund Ibraimo Alberto, in die DDR gekommen. Der Traum: eine Ausbildung machen und die Familie in Mosambik unterstützen. Am 16. Juni 1981 landen Alberto und Diogo auf dem Flughafen Berlin Schönefeld. Dort trennen sich erstmal die Wege der beiden. Manuel Diogo arbeitet fortan in Coswig bei Dessau in einem Sägewerk.
Der 30. Juni 1986
In der Nacht vom 30. Juni 1986 wird eine Leiche auf der Bahnstrecke zwischen Belzig und Borne gefunden. Die einzelnen Körperteile waren über Kilometer verteilt. Die Transportpolizei vermerkt: „Höhe Bahnhof Borne wurde männliche Leiche aufgefunden. Kopf und Beine abgefahren. Es handelt sich um eine Person mit dunkler Hautfarbe“. Es ist Antonio Manuel Diogo. Dieser hatte in Berlin seinen Freund Ibraimo Alberto besucht und war auf dem Heimweg nach Coswig. Sie hatten das Wochenende zusammen verbracht, mit Freunden Fußball gespielt und bis in die Morgenstunden getanzt. Alberto begleitete seinen Freund Diogo noch zum Berliner Ostbahnhof. Laut Recherchen des MDR begegnete Manuel Diogo im Zug auf dem Weg in Richtung Dessau einer Gruppe Neonazis. Diese schlugen auf Diogo ein, fesselten ihr Opfer an den Beinen und ließen ihn langsam aus dem fahrenden Zug auf die Gleise runter. Die Polizei konnte die Täter festnehmen. Die Öffentlichkeit erfährt damals nichts von dem grausamen Verbrechen. Bei toten Ausländern schaltete sich in der DDR das Ministerium für Staatssicherheit in die Untersuchungen ein und vermerkte, Diogo habe „den Zug während der Fahrt verlassen und wurde überfahren. Hinweise auf eine Straftat liegen nicht vor”. Der Leichnam wird nach Mosambik überführt mit dem Vermerk, den Sarg nicht zu öffnen. Der Familie erzählt man, Diogo sei bei einem Unfall gestorben. Die Angehörigen von Manuel Diogo erfuhren jahrzehntelang nichts über die wahren Umstände. Informationen zu den Tätern und den Strafen liegen auch uns aktuell nicht vor.
Kritik aus Mosambik
“Wir selbst haben die Ermittlungsergebnisse der DDR-Seite in Frage gestellt und waren überzeugt davon, dass es sich anders zutrug, als sie uns erzählt haben”, berichtet Pedro Taimo, damals im Arbeitsministerium von Mosambik für die Vertragsarbeiter in der DDR zuständig, dem MDR. Weiter fordert António Muchanga, der Sprecher der größten mosambikanischen Oppositionsbewegung Renamo, gegenüber dem MDR: “Ich bin überzeugt, dass die Todesfälle unserer Landsleute noch nicht vollständig aufgeklärt wurden und da wir nicht wissen, ob die Schuldigen bestraft worden sind, appelliere ich an die deutschen Behörden und an die Bundesregierung, diese Fälle aufzuklären und uns über die Ergebnisse der Ermittlungen zu informieren.”
Aufklärung und Gedenken
Der Verein Belziger Forum e.V. sieht die Aufklärung und das Gedenken an Opfer rassistischer Gewalt seit vielen Jahren als eine zentrale Aufgabe an. Hier sei an die zahlreichen Aktionen zum Fall Belaid Baylal erinnert. Klares Ziel unserer Arbeit in den nächsten Jahren wird sein, Informationen zu Antonio Manuel Diogo zusammenzutragen und eine passende Form des Gedenkens zu entwickeln. Darüber hinaus teilen wir die berechtigte Kritik aus Diogos Heimat Mosambik. Fälle wie der Mord an Antonio Manuel Diogo müssen vollständig aufgeklärt und die Schuldigen bestraft werden. https://www.facebook.com/events/177499126269883/
Anlässlich des Internationalen Kindertages wenden sich Landesflüchtlingsräte, Jugendliche ohne Grenzen, der Bundesfachverband unbegleitete minderjährige Flüchtlinge und PRO ASYL gegen die Errichtung sogenannter AnKER-Einrichtungen. Studien von Verbänden und Organisationen und die Erfahrungen aus der Arbeits- und Beratungspraxis der Flüchtlingsräte zeichnen bundesweit ein klares Bild: Die Unterbringung von Kindern in großen Sammelunterkünften gefährden das Wohl der dort lebenden Kinder und verletzen elementare Rechte von Minderjährigen.
Die Aufnahme von Kinderrechten in das Grundgesetz, wie es CDU/CSU und SPD in ihrem Koalitionsvertrag festgeschrieben haben, ist zu begrüßen. Überzeugen kann der Ansatz allerdings nur, wenn dieser auch diskriminierungsfrei für alle Kinder gilt — unabhängig von Herkunft und Aufenthaltsstatus.
Bereits jetzt ist der Alltag der Kinder und Jugendlichen in Erstaufnahmeeinrichtungen und Transitzentren, die als Vorbild der AnKER-Zentren dienen sollen, jedoch oft geprägt von beengten Wohnverha?ltnissen, fehlender Privatsphäre, dem Ausschluss von der Regelschule, unzureichender gesundheitlicher Versorgung sowie vom Nichtstun, vom Warten und dem Miterleben von Gewalt. Abschiebungen, die zum Teil mitten in der Nacht durchgeführt werden, sorgen für eine Situation der Schutzlosigkeit und Angst. Sachleistungsversorgung, fehlende Therapieangebote und mangelnde Hygiene in überlasteten Sanitärbereichen verschärfen vielerorts die Situation.
In der Brandenburger Erstaufnahme hat das Innenministerium den Weg für ein mögliches AnKER-Zentrum bereits strukturell geebnet. Isolation und gesellschaftliche Ausgrenzung prägen schon jetzt das Aufwachsen von Minderjährigen in den Unterkünften der hiesigen Erstaufnahmeeinrichtung: Für Kinder und Jugendliche gilt medizinische Notversorgung, immer wieder wird der Auszug von Minderjährigen mit z.T. schweren körperlichen und psychischenErkrankungen trotz medizinischer Gutachten nicht gestattet. Kinder verbleiben immer wieder weit über die maximal zulässigen sechs Monate hinaus in der Erstaufnahmeeinrichtung. Schulpflichtige Kinder werden – obwohl die Gesetzeslage im Bundesland einen Regelschulzugang ab dem dritten Monat vorsieht – weiterhin in Lagerschulen auf dem Gelände der Erstaufnahmeeinrichtung unterrichtet, deren Stundeninhalte und ‑umfang weit hinter dem Curriculum von Regelschulen zurückstehen. Auch die Angst vor Abschiebungen ist dauerhaft für sie präsent: Die Abschiebezahlen aus der Erstaufnahme von Kindern und Jugendlichen im Alter zwischen 0 und 20 Jahren stiegen von 6 Abschiebungen im Jahr 2014 auf 94 Abschiebungen im Jahr 2017.
Innen- und Heimatminister Horst Seehofer plant die Isolation und Diskriminierung von geflüchteten Kindern und Jugendlichen durch das Sondersystem der AnKER-Zentren weiter voranzutreiben.
In den AnKER-Einrichtungen sollen die Aufnahme, die Alterseinschätzung von unbegleiteten Minderjährigen, Asylverfahren und die Abschiebung nach Ablehnung eines Asylantrages gebündelt werden. Für unbegleitete minderjährige Flüchtlinge droht damit eine Unterbringung in Einrichtungen für und mit (fremden) Erwachsenen bis zu ihrer Inobhutnahme durch die Jugendämter. Dies widerspricht dem Minderjährigenschutz sowie dem Primat der Kinder- und Jugendhilfe und ist mit geltendem Recht nicht zu vereinbaren. Darüber hinaus sollen unbegleitete Minderjährige, deren Minderjährigkeit nicht anerkannt wird, und begleitete Kinder und Jugendliche bis zu 18 Monaten oder länger in den AnKER-Einrichtungen verbleiben müssen. (Schutz)Standards, die in Einrichtungen der Kinder- und Jugendhilfe gelten, werden nicht berücksichtigt.
„/Der Aufenthalt in der Erstaufnahme macht Kinder krank. Viele von ihnen haben ihre Kindheit in Lagern verbracht – in der Türkei, im Sudan, in Libyen, in Griechenland, im Libanon. Sie hoffen auf Schule, ein Zuhause und Sicherheit. Was sie dann aber in Deutschland erwartet, sind neue Lager mit Stacheldraht“,/ berichtet Jibran Khalil, Mitglied der Initiative Jugendliche ohne Grenzen, der eigene Erfahrungen im Erstaufnahmelager in Eisenhüttenstadt (Brandenburg) gemacht hat.
„/Die geplanten AnKER-Zentren, die die Kasernierung von Kindern und ihre Diskriminierung durch Sondergesetzgebung auf die Spitze treiben, sind das Zeichen einer absoluten Verrohung der Politik/“, so Khalil weiter.
Die Landesflüchtlingsräte, der Bundesfachverband unbegleitete minderjährige Flüchtlinge, Jugendliche ohne Grenzen und PRO ASYL fordern die Rechte von Kindern und Jugendlichen sowie ihr Wohl in allen flüchtlingspolitischen Erwägungen diskriminierungsfrei zu gewährleisten und die dezentrale Unterbringung von Geflüchteten in Wohnungen zu forcieren.
Die Organisationen fordern daher alle Bundesländer auf, sich nicht am Pilot-Projekt der AnKER-Zentren zu beteiligen.
Presseanfragen: Lotta Schwedler, Flüchtlingsrat Brandenburg: 0176 21 42 5057
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Flüchtlingsrat Brandenburg Geschäftsstelle Rudolf-Breitscheid-Straße 164 14482 Potsdam Tel.: 0331 — 716499 www.fluechtlingsrat-brandenburg.de
1. Mai Feier in Cottbus
Das Solidaritätsnetzwerk Cottbus lädt in den Sandowkahn zur gemeinsamen 1. Mai Feier ein. Um 11 Uhr beginnt dort ein Programm aus musikalischen Beiträgen, Kinderangeboten und Diskussionen über die Zukunft der Stadt Cottbus und der Lausitz. Der Eintritt ist frei; Essen und Trinken werden gegen Spende abgegeben.
“Der 1. Mai ist für uns mehr als ein gesetzlicher Feiertag. Es ist ein Tag der Solidarität, an dem wir zusammen kommen, um eine gemeinsame Vision für unsere Stadt zu entwickeln. Es ist auch ein Tag, an dem wir anfangen können, aus dieser Vision Wirklichkeit zu machen.”, heißt es in der Einladung.
Michael Grautz, Pressesprecher der Veranstalter erklärt: “Es war uns wichtig, den 1. Mai wieder ein Stück weit zu dem zu machen, was er einmal war: Ein Tag für die Arbeiterinnen und Arbeiter – auch im politischen Sinne.”
Laut seinem Selbstverständnis versteht sich das Solidaritätsnetzwerks als basisdemokratischer Zusammenschluss von Menschen in verschiedenen Lebenslagen zur gemeinsamen Verteidigung und Durchsetzung ihrer Interessen und Rechte.
Kontakt:
cottbus@soli-net.de
015217568831
Termine im Mai 2018 im KuZe
Samstag, 05.05., 19 Uhr: Gewerkschaftliche Beratung
Beschreibung: Einblick in die praktische Tätigkeit einer gewerkschaftlichen Beratung. Es werden Fallbeispiele und häufige Arbeitsschwerpunkte vorgestellt. Hürden und Probleme, die in diesem Arbeitsfeld einer Gewerkschaftlichen Beratung auftreten können, werden gemeinsam diskutiert. Präsentiert von der Freien Arbeiter*innen-Union (FAU).
Eintritt frei!
Montag, 07.05., 20 Uhr: Improtheater Potsdam — Improvisierter Krimi
Beschreibung: Unser Krimiformat hat alles was euer Krimi-Herz begehrt: Spannung, Emotionen und geladene Dramatik! Diese Kriminalgeschichte wird nicht nur live auf der Bühne vor euren Augen entstehen, sondern auch noch mit eurer Hilfe! Denn ihr bestimmt Täter*in und das Mordopfer! Zwei Stunden Zeit, ein Glas Rotwein, eine Menge mörderischer Gedanken- ihr sind mittendrin statt nur dabei, wenn ihr mitfiebert, ob unser*e Kommissar*in alle Motive richtig zusammensetzt. Taucht mit uns in dieses besondere Erlebnis ein und geht mit uns auf Verbrecherjagd.
Eintritt 3–5€
Donnerstag, 10.05., 20 Uhr: N:ke
Beschreibung: Wenn N:ke <https://www.facebook.com/nikesongs/>anfängt zu singen kommt vieles zusammen: Pure Emotion, starke Authentizität, ganz viel Sympathie und die Liebe zur Musik. Die gebürtige Hamburgerin ist nur kurze Zeit nach ihrer sechs-monatigen Kreativ-Reise nach Rom und ihrer ersten Record-Release Tour für ihre erste EP „Feuerwerk“, wieder mit ihrer Band unterwegs. Die Songs, eine einzigartige Mischung aus Deutsch-Pop, Chanson und Soul, spiegeln den Alltag der 24-Jährigen wider und sind dabei so vielseitig und ausdrucksstark wie die Sängerin selbst: mal traurig-süß, mal sprudelnd fröhlich. Live wird N:ke unterstützt von David Lübke am Schlagzeug und Martin Schwarz am E‑Bass, während sie sich singend am Klavier begleitet. Bei Bedarf wird N:ke durch ihren Chor verstärkt, der den Arrangements eine Extraportion Gospelsound verleiht. Gemeinsam erschaffen sie auf der Bühne eine ganz eigene, intime Atmosphäre, die den Hörer auf eine musikalische Reise durch die Höhen und Tiefen des menschlichen Seins nimmt. www.nikesingt.jimdo.com
https://www.facebook.com/nikesongs
http://www.instagram.com/nikesingt
Eintritt frei!
Freitag, 11.05., 20 Uhr: Impropedia
Beschreibung: Die Herausforderung ist komplex: 3 absolute Spezialfragen, gestellt von einem Experten aus Potsdam sollen von ImprospielernInnen beantwortet werden. Was zum Scheitern verurteilt scheint, wird durch die Gunst des Publikums möglich. In vergnüglicher Szenenfolge ringen die Improvisateure um Punkte, mit denen sie sich die Lösungen erkaufen können. Egal wie, am Ende gewinnt das Publikum — einen bunten Theaterabend, spannendes Wissen und einen Einblick in die Potsdamer Expertenwelt dazu. Showmaster Thomas Jäkel führt bereits seit Juni 2013 an jedem 2. Freitag im Monat durch Impropedia. Eine Show voller improvisierter Szenen und Geschichten inspiriert von den Erzählungen und Ausführungen einer/s Expert/in.
Eintritt frei!
Dienstag, 15.05., 20 Uhr: History Slam
Beschreibung: Der FSR-Geschichte der Uni Potsdam lädt ein zum History-Slam! In unserem inzwischen vierten History-Slam wollen wir uns dieses Jahr mit der Thematik der Digitalisierung der Geschichte sowie generell der Zukunft von Geschichte und Geschichtswissenschaft beschäftigen. Wenn Du dir jetzt denkst, dass Du dazu auch etwas zu sagen hast, dann beteilige Dich gerne mit einem eigenen Text und melde Dich unter fsr-geschi@uni-potsdam.de an! Wir freuen uns auf Dich!
Der Eintritt beträgt für Studierende 1€, der Normalpreis liegt bei 3€.
Samstag, 19.05., 20 Uhr: Die Liedermacher-Liga | Jakob Heymann
Beschreibung: Die Regeln? Ganz einfach. Das Publikum bestimmt ein Thema, alle Teilnehmer haben einen Monat Zeit um ein Lied zu diesem Thema zu schreiben.
Eintritt 4€
Freitag, 25.05., 20 Uhr: PNG #OOO2: Rieden/steyn (Pdm) & Lakeview Cemetery (Pdm) & Sad Ed + Sax (B) & Wormhead (SB)
Beschreibung: Potsdam/Noise/Geballer — kurz .png — will euch regelmäßig alle drei Monate die verschiedensten Spielarten von Noise, Ambient und Drone, hin zu Experimentellem und Sound-Performances im Kuze präsentieren. Nach dem #png <https://www.facebook.com/hashtag/png>ist vor dem #png…
After having a great opening of PotsdamNoiseGeballer #0001, #0002 take place at the 25th of may. This time it goes from HarshNoise, to experimental soundart including 5 dozens squeaking toys and a saxophone, all the way to experimental-fieldrecording-loop-feedback-soundscapes. // Wormhead (harshnoise / SB) // Oh Boi No Boi (squeaky-experimental / B) // Lakeview Cemetery (hnw / Pdm) // Rieden/Steyn (experimental / Pdm) So don’t miss this great evening and come around!
# doors: 19:30
# start: 20:00
https://www.facebook.com/wormheadharshnoise/ https://soundcloud.com/lakeview1
https://soundcloud.com/user-455156713/riedenstein
Eintritt frei!
Alle Veranstaltungen finden statt im:
Studentisches Kulturzentrum Potsdam [KuZe]
Hermann-Elflein-Str. 10 14467 Potsdam
www.kuze-potsdam.de
Roman von Manja Präkels (Verbrecher Verlag 2017)
…oder wie es sich in einer brandenburgischen Kleinstadt aufwachsen lässt, umgeben von der plötzlichen Perspektivlosigkeit nach dem Mauerfall und der zunehmenden Faschisierung der Freund*innen der Kindheit.
Mimis Freund Oliver, mit dem sie sich früher mit Schnapskirschen der Eltern betrank, wird Anfang der 1990er Jahre zum Anführer einer rechten Schlägergruppe. Von den Glatzen und Seitenscheitel tragenden Jungs als „Zecken“ beschimpft und bedroht, versuchen Mimi und ihre Freund*innen sich durchzuschlagen. Eine Menge Alkohol und gemeinsam verbrachte Nächte in den Jugendzimmern scheinen hier und da die Auseinandersetzung mit sich und den eigenen nächsten Schritten zu verdrängen. Und als ihr Freund „Krischi“ 1992 bei einem Discothekbesuch getötet wird, scheinen die einzigen Optionen der Wegzug nach Berlin zu sein oder den Kampf gegen die Neonazis weiter zu führen, der scheinbar nicht gewonnen werden kann.
Ungeschminkt und mit autobiografischen Anteilen schafft es Manja Präkels in ihrem Roman der Leser*innenschaft nahe zu bringen, was es bedeutet, in einer Kleinstadt mit „No-Go-Areas“ zu leben, Freund*innen durch Neonazigewalt zu verlieren und mit der ständigen Angst vor dem nächsten Angriff aus dem Haus zu gehen.
Gerade einer ursprünglich aus Westdeutschland kommenden Leser*innenschaft, wird durch das Buch das Entstehen des politischen Machtvakuums nach der Wende sowie das Besetzen dieses durch rechte Strukturen verdeutlicht. So nah die Geschichte und Charaktere einem als Person, die heute ebenfalls in einer brandenburgischen Kleinstadt lebt, im Laufe des Buches werden, leben wir dennoch in einer anderen Zeit. Antifaschistische und zivilgesellschaftliche Gruppen organisieren sich und gehen auf die Straße, um gegen RassistInnen und NationalistInnen zu demonstrieren.
Das Buch von Manja Präkels ergänzt bereits existierende wissenschaftliche Artikel, Interviews und Tagungsbände, zur Aufarbeitung der Faschisierung in den 90er Jahren in Ostdeutschland, um eine emotionale Ebene. Staat und Polizei haben über Jahre weggeschaut und die sich radikalisierende rechte Szene als randalierende Jugendliche abgetan. So laufen auch heute noch ungestraft neonazistische TäterInnen von damals herum. Das Buch schafft es, die Betroffenen der Gewalt in den Fokus zu rücken und ihre Geschichte sichtbar zu machen.
Wie auch in dem Fall von „Krischi“. Bei „Krischi“ handelt es sich um Ingo Ludwig, dem das Buch gewidmet ist und dessen Tod Präkels als Zeugin in dem Roman beschreibt. Ingo Ludwig ist eines der vielen Todesopfer rechter Gewalt, die keine Erwähnung finden in der offziellen Zählung der Bundesregierung zu Opfern rechter Gewalt nach 1990. Als das Moses Mendelssohn Zentrum Potsdam im Auftrag des Brandenburger Innenministeriums von 2013 bis 2015 rund zwei Dutzend Verdachtsfälle rechter Gewalt mit Todesfolge näher untersuchte, zählte der Fall von Ingo Ludwig nicht dazu. So sei eine Untersuchung nicht mehr möglich gewesen, weil die Ermittlungsakten aufgrund der gesetzlichen Bestimmungen zwischenzeitlich vernichtet worden waren. Für das Landesamt für Verfassungsschutz (LfV) war laut einer Bundestagsanfrage von 1994 der Tod von Ludwig auf einen Treppensturz zurückzuführen. Noch bizarrer wird die Geschichte, als der LfV behauptete, Neonazis wären Ludwig zur Hilfe geeilt und hätten ihn erst dann verprügelt, als er sie beschimpfte. In der Wochenzeitung Jungle World übt Manja Präkels an der Darstellung des LfV scharfe Kritik: „Wenn man die drei flachen Stufen der Dorfkneipe vor Augen hat und die Pogromstimmung jener Jahre in den Knochen, zerfällt die Geschichte von der hilfsbereiten Horde Skins.” (https://jungle.world/artikel/2013/45/48759.html)
Während Präkels ein authentisches Bild der Ereignisse in der Retropespektive zeichnet, eckt sie bewusst an die aktuelle Literatur an, die eher ein beschönigendes Bild der, durch die Vergangenheit gezeichneten, Gegenwart in Ostdeutschland zeichnen will. Mit dem Buch und der darauf folgenden Berichterstattung löste Präkels einen regelrechten Autor*innenstreit zwischen ihr und Moritz von Uslar aus. Von Uslar brachte 2010 den Reportage-Roman „Deutschboden“ heraus, der später verfilmt wurde. In dem Roman begibt sich von Uslar nach Zehdenick, und versucht literarisch einen Einblick in eine abgehängte ostdeursche Provinzstadt zu geben und porträtiert jene Personen heute, die Präkels in in den 1990er Jahren das Leben schwer gemacht haben. In einem ausführlichen Spiegel-Artikel wirft Präkels von Uslar verklärende Kumpelhaftigkeit vor, mit denen er die gewalttätigen Neonazis von damals als geläuterte Männer darstellt, die heute einfach nur zu „kernige Prolls“ geworden sind. http://www.spiegel.de/spiegel/moritz-von-uslars-roman-deutschboden-und-die-wirklichkeit-a-1182454.html
Was in „Als ich mit Hitler Schnapskirschen aß“ deutlich wird: Dies ist nur eine von vielen Geschichten aus einer oft ungehörten Perspektive. Lasst uns ihnen Gehör verschaffen, die Geschichte verarbeiten und daraus lernen.
Am Donnerstag, den 10. Mai ab 20:00 Uhr liest Manja Präkels in der Schreinerstraße 47 beim Brandenburg-Abend in Berlin aus ihrem Buch „Als ich mit Hitler Schnapskirschen aß“ vor.
Eine weitere Veranstaltung findet außerdem am 22. Mai ab 19:30 in Eberswalde im Café des Bürgerbildungszentrums Amadeu Antonio, Puschkinstraße 13 statt.
… das verbietet “öffentliche Tanzveranstaltungen und Veranstaltungen in Räumen mit Schankbetrieb, […] am Karfreitag von 0 Uhr bis Karsamstag 4 Uhr” (FtG §6 Abs.1). Als Begründung dafür wird oft die Verletzung religiöser Gefühle oder Störung religiöser Riten genannt. Dabei ist sehr fraglich, inwieweit diese Begründung in einem Bundesland mit 20% Prozent gläubiger Gesellschaft greift. Selbst in München (Bayern) wird am kommenden Freitag eine offiziell genehmigte Veranstaltung unter dem Titel “Heidenspaß” stattfinden. Dieser Party voraus ging eine zehnjährige gerichtliche Auseinandersetzung.
Tanzen ist eine Form der Selbstentfaltung, Musik birgt Freiheit. Und die Freiheit — sowohl die, gemeinsam zu feiern, als auch jene, sich zu religiösen Feiertagen zusammenzufinden — endet dort, wo sie die des Gegenübers einschränkt. Dass Religion weitaus öfter Menschenrechte verletzt als Musik, zeigen historische Beispiele wie Kreuzzüge und Inquisition, aber auch aktuelle wie Homophobie, die Aufrechterhaltung des Patriarchats oder auch (ganz profan) Tanzverbote. Hier sprechen wir erst einmal nur vom Christentum, da Karfreitag der Anlass für das anstehende Tanzverbot in Brandenburg ist.
Im Gegensatz dazu ist das Spartacus ein Ort, an dem Menschen unterschiedlicher Hintergründe zusammenkommen und gemeinsam versuchen, eine alternative Kultur aufzubauen ohne Religion, ohne Diskriminierung und ohne Zwang. Dafür mit einem kritischen Blick für Ungerechtigkeit, mit Respekt und jeder Menge Freude am Tanzen!
Gegen diese Form der gelebten Utopie zeigt sich zu Anlässen wie Karfreitag die Allianz von Kirche und Staat. Gerade in einer Stadt wie Potsdam, wo nur 18% der Bevölkerung Christ*innen (rechnerisch 30600) sind, sollen über Hunderttausend Menschen deswegen schweigen. Zugleich werden 16.000 Menschen, die per Unterschrift ihren Widerstand gegen den Neuaufbau der Garnisonkirche erklären, komplett ignoriert. Wie gut, dass wir in einem säkularen Staat leben …
Doch in die Schnürsenkel unserer Tanzschuhe kriegt niemensch ‘nen Knoten! Das Spartacus lädt zum atheistischen Nicht-Tanz in gewohnt reflektierter Gesellschaft. Am Freitag fordert die “I will dance” aber Achtung Tanzverbot, zur Auseinandersetzung mit den Verhältnissen. Für alle, die sich auch ohne Gott ganz wohl fühlen
Hier einige Berichte aus dem letzten Jahr https://www.usatoday.com/story/news/world/2017/04/13/no-dancing-good-friday-german-party-goers-rebel/100427164/ https://www.rbb24.de/panorama/beitrag/2017/04/brandenburg-potsdam-karfreitag-streit-um-tanzverbot.html https://www.lr-online.de/nachrichten/brandenburg/es-gehoert-in-die-geschichtsbuecher_aid-2637297