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(Anti-)Rassismus Antifaschismus jüdisches Leben & Antisemitismus Law & Order Verschwörungsideologie

Rechte, rassistische und antisemitische Gewalt 2021

Das Hin­ter­grund­pa­pi­er zu den Zahlen kann hier nachge­le­sen wer­den: www.opferperspektive.de/aktuelles/statistik-2021

Leichter Anstieg rechter Gewalt­tat­en — Mehr Angriffe auf poli­tis­che Gegner:innen

Der in den let­zten Jahren zu verze­ich­nende stetige Rück­gang rechter Gewalt­tat­en, set­zte sich im Jahr 2021 nicht fort. Mit ins­ge­samt 150 Gewalt­de­lik­ten (2020: 137) stieg die Zahl zum ersten Mal seit 2018 wieder leicht an. Zu den reg­istri­erten Vor­fällen zählt in diesem Jahr auch ein recht­es Tötungs­de­likt mit vier Todesopfern.

Ras­sis­mus weit­er­hin Haupt­mo­tiv – Anteil der Angriffe auf poli­tis­che Gegner:innen angestiegen

Auss­chlaggebend für den erneuten Anstieg der Gewalt­straftat­en dürfte die im Jahr 2021 inten­sivierte rechte Mobil­isierung gegen die Infek­tion­ss­chutz­maß­nah­men sein. Im Ver­gle­ich zum Vor­jahr ließ sich eine the­ma­tis­che Ver­schiebung der Tat­mo­ti­va­tio­nen beobacht­en, die poli­tis­che Gegner:innen stärk­er in den Fokus von Angrif­f­en rück­te. In diesem Kon­text ist auch ein neues Teil­feld rechter Gewalt ent­standen. So reg­istri­erte die Opfer­per­spek­tive 12 Gewalt­tat­en im Zusam­men­hang mit der recht­en Mobil­isierung gegen die Coro­na-Bes­tim­mungen (2020: 4). Auch der Anteil der Angriffe auf poli­tis­che Gegner:innen ist mit 23 Vor­fällen im Ver­gle­ich zum Vor­jahr (2020: 9) sig­nifikant gestiegen.

Die zunehmenden Gewalt­bere­itschaft und Radikalisierung inner­halb der Pan­demieleugn­er-Bewe­gung beobacht­en wir mit großer Sorge.“ so Anne Brüg­mann, Pro­jek­tko­or­di­na­torin der Opfer­per­spek­tive. „Daher stellt es aus unser­er Sicht auch ein schw­eres Ver­säum­nis der Bran­den­burg­er Lan­desregierung dar, das rechte Tötungs­de­likt in Sen­zig mit vier Todes­opfern nicht aus­re­ichend und deut­lich genug verurteilt zu haben.“ so Mar­tin Vese­ly, Berater der Opferperspektive.

Der Anteil ras­sis­tis­ch­er Gewalt­tat­en sank auf 65,3 Prozent (2020: 76,6%). Trotz dieses Rück­ganges bleibt Ras­sis­mus jedoch das Haupt­mo­tiv bei den reg­istri­erten Tat­en. Von den Angrif­f­en direkt betrof­fen waren im ver­gan­genen Jahr ins­ge­samt 202 Per­so­n­en (2020: 196).

Regionale Ver­schiebung der Angriff­ss­chw­er­punk­te in die südlichen Landkreise

Die regionale Verteilung rechter Angriffe im Jahr 2021 hat sich im Ver­gle­ich zum Vor­jahr ver­schoben. So liegen die Land­kreise mit den meis­ten reg­istri­erten recht­en Angrif­f­en 2021 in Süd­bran­den­burg, während es im Vor­jahr Land­kreise in Nord­bran­den­burg waren. Wie schon in den Jahren zuvor hat­ten die größten Städte Pots­dam mit 18 (2020: 15) und Cot­tbus mit 16 Gewalt­de­lik­ten (2020: 13) jew­eils die meis­ten Angriffe zu verze­ich­nen. Die Land­kreise mit einem starken Zuwachs rechter Gewalt­tat­en waren Dahme-Spree­wald mit 16 (2020: 5) und Tel­tow-Fläming mit 11 Angrif­f­en (2020: 6).

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Klima & Umwelt

FFF Cottbus zum Globalen Klimastreik am 25.03.

Am 25. März streikt Fri­days for Future weltweit für Klim­agerechtigkeit. Die Bewe­gung kämpft für ein kon­se­quentes Ein­hal­ten der 1,5‑Grad-Grenze und damit für die Bewahrung ein­er lebenswerten Zukun­ft der heuti­gen, wie auch kün­fti­gen Gen­er­a­tio­nen. Auch in Cot­tbus ist eine Ver­anstal­tung angemeldet. Die Laufde­mo wird um 15 Uhr am Schiller­park starten und durch die Innen­stadt führen. Alle Men­schen wer­den her­zlich zur Teil­nahme eingeladen.

Unter dem inter­na­tionalen Mot­to #Peo­pleNot­Prof­it, also #Men­schenÜber­Prof­ite, geht Fri­days for Future mit der Forderung auf die Straße, Men­schen und ihre Lebens­grund­la­gen endlich über die finanziellen Inter­essen von Weni­gen zu stellen. “Ger­ade jet­zt muss die Ampel-Koali­tion han­deln, um den Kampf gegen die Kli­makrise und den Stopp von Kohle‑, Öl- und Gas­nutzung sozial­gerecht und schnell umzuset­zen. Inner­halb Deutsch­lands und weltweit. Denn eine schnelle Abkop­plung ist ger­ade jet­zt wichtig, importiert die Bun­desre­pub­lik doch zu großen Teilen rus­sis­ches Gas und finanziert damit Putins Ukraine-Krieg”, kom­men­tiert Johan­na von der Orts­gruppe Cottbus.

Der neueste Bericht des Weltk­li­marats stellt fest, dass sich das Fen­ster zum Erre­ichen des 1,5 Grad Ziels, sprich kli­ma­tis­che Bedin­gun­gen für eine lebenswerte Zukun­ft, rapi­de schließt und wir stattdessen auf eine durch­schnit­tliche Erwär­mung von 3 Grad Cel­sius zurasen. Jet­zt ist der Zeit­punkt für weitre­ichende Klimamaßnahmen!

Das, was die Ampel-Regierung bere­its untern­immt, #ReichtHalt­Nicht, um der Gefahr der Kli­makrise gerecht zu wer­den. Bei ihren selb­st geset­zten Zie­len bleibt die Ampel bis jet­zt hin­ter ihren Möglichkeit­en zurück.
Zum Beispiel, dass die Bun­desregierung die Ein­stu­fung von Atom- und Gaskraft als nach­haltig in der EU-Tax­onomie nicht ver­hin­dert hat, ist ein schw­er­er Schlag für die Energiewende.“, kom­men­tiert Adri­an von FfF Cottbus.

Die Eskala­tion des Ukrainekriegs und die damit ver­bun­de­nen wirtschaftlichen Fol­gen haben erneut die Abhängigkeit Deutsch­lands von fos­siler Energie gezeigt.“, erk­lärt Malle aus der Cot­tbuser Gruppe. „Und sie hat gezeigt, dass die Bun­desregierung zu radikalen Maß­nah­men im Angesicht von Krisen fähig ist, wenn sie es will. Der­ar­tige Radikalität nicht in der Klimapoli­tik zum Schutz der glob­alen Lebens­grund­la­gen anzuwen­den, hal­ten wir für fahrläs­sig und zynisch vor dem Hin­ter­grund der sich weit­er zus­pitzen­den Kli­makrise. Mit großer Sorge sehen wir außer­dem die Gefahr, dass dieser Krieg als Vor­wand genom­men wird, Laufzeit­en von Braunkohlekraftwerken wieder zu ver­längern, anstatt mit kli­ma­neu­tralen und gün­sti­gen erneuer­baren Energien dauer­hafte Energiesicher­heit in Deutsch­land zu schaffen.”

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(Anti-)Rassismus Flucht & Migration Law & Order

Abschiebezentrum am Flughafen BER verhindern!

Am Don­ner­stag wird der Bran­den­burg­er Land­tag über den geplanten Bau des neuen Abschiebezen­trum am Flughafen BER disku­tieren. Das Bünd­nis “Abschiebezen­trum BER ver­hin­dern” hat dazu aufgerufen, sich vor dem Gebäude an ein­er Kundge­bung zu beteili­gen, die einen sofor­ti­gen Stopp des Abschiebezen­trums fordert. Denn es war das bran­den­bur­gis­che Innen­min­is­teri­um, das den Plan des Abschiebezen­trums ini­ti­iert hat. Laut Alex­is Mar­tel, dem Pressesprecher*in des Bünd­niss­es, soll­ten die Politiker*innen nicht mit Schweigen über ihre Pläne rech­nen: “Schließt euch uns am Don­ner­stag an und macht deut­lich, dass wir nicht taten­los zuse­hen wer­den, während sie weit­ere Abschiebun­gen und größere Knäste planen!”

Im August 2021 kündigte das Bran­den­bur­gis­che Innen­min­is­teri­um an, in Schöne­feld ein so genan­ntes „Ein- und Aus­reisezen­trum am Flughafen BER“ zu bauen. Auf ein­er Fläche von 4 Hek­tar sollen Gebäude für Ankun­ft, Tran­sit, Gewahrsam und Rück­führun­gen entste­hen. Am Flughafen BER gibt es bere­its einen Abschiebege­wahrsam, in dem Men­schen vor ihrer Abschiebung bis zu 48 Stun­den fest­ge­set­zt wer­den kön­nen: Der „Aus­reisege­wahrsam Schöne­feld“. Durch das neue Abschiebezen­trum wür­den die Haftka­paz­itäten mas­siv erweit­ert – von 20 auf 120 Plätze. Das Zen­trum soll auf dem Gelände nördlich des jet­zi­gen Aus­reisege­wahrsams in der Willy-Brandt-Straße 15 gebaut werden.

Let­zten Monat, am 9. Feb­ru­ar, fand eine erste Demon­stra­tion gegen das Abschiebezen­trum statt, bei der rund 400 Men­schen vor dem Rathaus Schöne­feld standen und forderten, dass die Lokalpolitiker*innen die Bau­pläne nicht genehmi­gen. Alex­is Mar­tel fügt hinzu, dass viele weit­ere Protes­tak­tio­nen fol­gen wer­den: “Wir machen diese Kam­pagne so lange wie notwendig! Die steigende Zahl der Sam­me­lab­schiebun­gen am Flughafen BER sowie die Pla­nung des neuen Abschiebek­nastes machen Bran­den­burg zu einem wach­senden Hotspot dieser ras­sis­tis­chen und neokolo­nialen Gewalt. Wir rufen alle auf, sich uns anzuschließen und die Pläne der Politiker*innen zu durchkreuzen!”

Das neue Abschiebege­fäng­nis soll mehrere Bere­iche haben: einen Aus­reisege­wahrsam bein­hal­ten, in dem Men­schen für max­i­mal zehn Tage vor ihrer Abschiebung inhaftiert wer­den kön­nen (§ 62b Aufen­thG), wie es ihn schon jet­zt in Schöne­feld gibt. Außer­dem wird es ein Tran­sit­ge­bäude geben, in dem min­destens zwei weit­ere For­men der Inhaftierung stat­tfind­en wer­den: Erstens wer­den Men­schen, die bei ihrer Ankun­ft am Flughafen BER einen Asy­lantrag stellen, in einem unfairen Asyl-Schnel­lver­fahren ohne Zugang zu unab­hängiger Rechts­ber­atung oder Unter­stützung fest­ge­hal­ten (§ 18a Abs. 1 AsylG). Durch dieses Flughafen-Asylver­fahren kön­nen ganze Fam­i­lien – inklu­sive Kinder – wochen­lang legal inhaftiert wer­den. Zweit­ens kön­nen Men­schen bei der Ein­reise mit dem Flugzeug im Tran­sit­ge­bäude inhaftiert wer­den, noch bevor sie deutsches Ter­ri­to­ri­um betreten und ihr Recht auf Asyl gel­tend machen kön­nen (§ 15 Abs. 6 AufenthG).

Mit dem Bau des Flughafens BER wurde der alte Schöne­felder Flughafen zum BER Ter­mi­nal 5 und wird seit­dem haupt­säch­lich für Sam­me­lab­schiebun­gen per Char­ter­flug genutzt. Derzeit wird davon aus­ge­gan­gen, dass ein*e private*r Investor*in mit dem Bau des Abschiebezen­trums beauf­tragt und das Gebäude erst nach Fer­tig­stel­lung an das Land Bran­den­burg ver­mi­etet wird. Auf diese Weise wird ver­mieden, das Par­la­ment um die Bere­it­stel­lung von Haushaltsmit­teln zu bitten.

Lasst uns diese Pläne jet­zt in die Tonne klop­pen!” sagt Alex­is Mar­tel. “Erhebt eure Stimme und stoppt dieses Abschiebezen­trum! Näch­ster Halt: Land­tag Bran­den­burg am Don­ner­stag, 24.3. um 15:00 Uhr.”

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(Anti-)Rassismus

Behörden bieten institutionellen Rassismus

Für die Geflüchteten im Havel­land gibt es keine Integration!!
Die Behör­den bieten insti­tu­tionellen Ras­sis­mus statt Geburtsurkunden.

Sehr geehrter Lan­drat Lewandowski,

seit Jahren ist ihr Land­kreis dafür bekan­nt, die Beurkun­dung von Geburten geflüchteter Frauen zu ver­weigern. Ganz beson­ders bet­rifft das schwarze Frauen. Wir haben genug Frauen gese­hen, die unmit­tel­bar vor der Geburt über­stürzt die S‑Bahn nehmen, um in Berlin zu gebären. Herr Lan­drat, Sie haben es „geschafft” durch ihre Behör­den, das Leben von geflüchteten Frauen im Havel­land lahmzulegen.

-> Ohne Geburt­surkunde gibt es für die Müt­ter keine Möglichkeit, ihr Recht auf eine Aufen­thalt­ser­laub­nis zu erlangen.
-> Ohne Geburt­surkunde wird den Kindern der Zugang zur Kita erschw­ert oder gän­zlich versagt.
-> Ohne Kita­platz müssen die Müt­ter ihre Kinder selb­st rund um die Uhr betreuen.
-> Ohne Zeit für Spra­chunter­richt und das fehlende Ange­bot an Deutschunter­richt, ist es nicht­möglich, Deutsch zu lernen.
-> Ohne Deutsch zu kön­nen, ist die Job­suche chancenlos.
-> Ohne Job gibt es keine Möglichkeit, eine eigene Woh­nung zu bezahlen.
Ergeb­nis: Iso­la­tion in den Heimen ohne Zukun­ftsper­spek­tiv­en und Chan­cen der Integration

Das Leben eines jeden Kindes begin­nt mit der Geburt­surkunde! Außer im Havel­land. Nicht alleKinder bekom­men eine Geburt­surkunde. Und warum ist das so?

Ras­sis­mus im Standesamt
Vater­schaft wird angezweifelt­Das Standesamt im Havel­land zweifelt Vater­schaften an. Geflüchtete Frauen wer­den in diesem Amt behan­delt, als ob sie Betrügerin­nen oder Krim­inellewären. Sachbearbeiter:innen nutzen alle ihnen zur Ver­fü­gung ste­hen­den Mit­tel, um die Erstel­lung von Geburt­surkun­den zu boykot­tieren. Oft­mals über fünf bis sechs Jahre. Das ist insti­tu­tioneller Ras­sis­mus und ver­hin­dert die Inte­gra­tionge flüchteter Frauen und Kinder.
Wir fordern Vaterschaftsanerkennung. 

Ungek­lärte Iden­tität: Das Standesamt ver­weigert Geburtsnachweise.
Wenn ein Eltern­teil deutsch ist, muss dies mit einem Geburt­sreg­is­ter­auszug des Standesamtes nachgewiesen wer­den. Doch im Havel­land wer­den Geburten unzure­ichend reg­istri­ert. Der Name des deutschen Vaters wird absichtlich nicht genan­nt und daher kön­nen die Frauen keine­nAnspruch auf einen Aufen­thalt­sti­tel erheben. Wir fordern, dass die Kinder vor Schlechter­stel­lung geschützt sind.

Ras­sis­mus in der Ausländerbehörde
Wenn die Kinder nach Jahren eine Geburt­surkunde erhal­ten, geht die Schikane und der Ras­sis­mus seit­ens der Aus­län­der­be­hörde weiter.

Echtheit der Pässe wird angezweifelt
Obwohl die Frauen mit in Deutsch­land aus­gestell­ten Pässen ihren Aufen­thalt­sti­tel beantra­gen, wird im Havel­land dessen Echtheit angezweifelt. Weit­er­hin gibt es ein mas­sives Prob­lem mit der Bear­beitungszeit: Die Aus­län­der­be­hörde verzögert die Prü­fung der Doku­mente über Jahre hinaus!

Herr Lan­drat haben Sie ihre Behörde unter Kontrolle?

Aus­län­der­be­hörde mis­straut Vater
Die Aus­län­der­be­hörde zweifelt die Vater­schaft an und fordert eine DNA-Analyse, wenn das Standesamt es nicht schon getan hat. Das ist eine Krim­i­nal­isierung der Asyl­suchen­den. Wir fordern Vaterschaftsanerkennung. 

Fol­gen: Behör­den ver­weigern Inte­gra­tion von Schutzsuchenden
Diskri­m­inierung von Kindern.

Wegen der fehlen­den Geburt­surkun­den, wird den Kindern ihre Bil­dung verwehrt:
Viele Kinder, die hier geboren sind, sehen anderen Kindern zu, wie sie täglich in die Kita gehen und bleiben hin­ter den Zäunen des Heims zurück. Kein Kinder­garten -> Keine Sprache -> Keine Chan­cen­gle­ich­heit -> Keine Zukun­ft. Wir fordern die Ein­hal­tung der UN Kinder­rechte: Bil­dung für alle Kinder!

Kita-Zugang in Nauen
In Nauen fra­gen geflüchtete Frauen verge­blich nach einem Kita­platz. Warum wer­den sieabgewiesen? Etwa weil sie Asyl­suchende sind? Das ist kein Grund. Es sind doch Kita­plätze frei!

Spra­chunter­richt
Wir sehen im Havel­land keinen Willen, geflüchtete Fam­i­lien zu inte­gri­eren. Ein einfacher,kostenloser Zugang zu Spra­chunter­richt wird nicht ermöglicht. Viele Frauen leben in den Unterkün­ften über 4,5,6 Jahre, ohne einen Tag Spra­chunter­richt bekom­men zu haben.

Lan­drat Lewandows­ki, dafür gibt es keine Entschuldigung!
Egal welchen Sta­tus die Frau hat, sie sollte Spra­chunter­richt nehmen können.
Bieten Sie doch Mut­ter-Kind Spra­chunter­richt an!

Wenn Sie Men­schen durch die Ver­weigerung von Inte­gra­tionsstruk­turen an den Rand der Gesellschaft drän­gen, schadet das nicht nur dem Havel­land, son­dern der gesamten Gesellschaft.

Stop­pen Sie diese Marginalisierung*!

Kein Deutsch -> Keine Sprache -> Keine Arbeit -> Keine Woh­nung -> Keine Teilhabe
Woh­nun­gen statt Sammelunterkünfte.

Herr Lewandows­ki, wann haben Sie das let­zte mal die Sam­melun­terkun­ft in Nauen besucht? Dort krabbeln die Kak­er­lak­en über­all rum, sie beißen und gefährden die Gesund­heit der Bewohner:innen. Das ist beschä­mend für Deutschland.
Die Unter­bringung in Sam­melun­terkün­ften ist inte­gra­tions­feindlich und macht Men­schen krank.

Daher fordern wir, dass alle Men­schen – auch geflüchtete Bürger:innen in Havel­land – die Möglichkeit haben, in eine Woh­nung zu ziehen, mit Nach­barschaft und sozialer Infra­struk­tur. Wir haben ein Recht auf ein men­schen­würdi­ges Leben!

Faz­it
Wir ken­nen unsere Men­schen­rechte. Wir wis­sen, wie Men­schen in ein­er demokratis­chen Gesellschaft behan­delt wer­den soll­ten. Wir wollen in ein­er Gesellschaft leben, die allen Men­schen die gle­ichen Möglichkeit­en gibt. Wir sind keine Bittsteller:innen. Wir stellen dar, wie ihre Behör­den diese Grund­sätze der Chan­cen­gle­ich­heit und Demokratie verletzen.

Sehr geehrter Lan­drat, Sie kön­nen das ändern. Weisen Sie ihre Behör­den an, Geflüchtete wie Men­schen zu behan­deln. Wir ken­nen das Lan­desrecht, darum wis­sen wir, dass Sie mehr Mit­tel zur Ver­fü­gung haben!

Die Angestell­ten der genan­nten Behör­den erfreuen sich an ihrer Macht­po­si­tion und diskri­m­inieren und unter­drück­en Geflüchtete. Sie wer­den von den Behör­den am unter­sten Rand der Gesellschaft gehalten.

Herr Lewandowk­si reichen Sie den geflüchteten Men­schen ihre Hand, indem Sie den Kindern Geburt­surkun­den und Kita­plätze, den Müt­tern Spra­chunter­richt und Woh­nun­gen geben. 

Wal­ten Sie Kraft ihres Amtes.

Mit fre­undlichen Grüßen
Im Namen aller geflüchteten Men­schen im Havelland
Refugees Emancipation
Seebrücke
Pangea Projekt
Cos­mopoli­tan Youth
Women in exile

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Antifaschismus Geschichte & Gedenken

Kundgebung zum Gedenken an Sven Beuter

Vor 26 Jahren, am 20. Feb­ru­ar 1996 erlag der Punk Sven Beuter seinen schw­eren Ver­let­zun­gen. Fünf Tage zuvor wurde er vom Neon­azi Sascha L. bru­tal zusam­mengeschla­gen. In Gedenken an Sven Beuter und gegen die weit­ere Ver­bre­itung faschis­tis­chen, anti­semi­tis­chen und recht­sex­tremen Gedankengutes ruft die “Ini­tia­tive zum Gedenken an Sven Beuter” alle Inter­essierten zur Teil­nahme an ein­er Kundge­bung am 20. Feb­ru­ar um 17 Uhr an der Gedenkplat­te vor der Havel­straße 13, dem Ort, an dem Zeug*innen die Tat beobachteten und ein­grif­f­en, auf.

Solche Tat­en gehören lei­der noch immer nicht der Ver­gan­gen­heit an. Die grausamen Anschläge in Halle und Hanau sowie der skru­pel­lose Mord an Wal­ter Lübcke sind nur einige trau­rige Beispiele, welche Kon­se­quen­zen rechte Ide­olo­gien haben kön­nen. Dem muss sich die Zivilge­sellschaft immer wieder und entschlossen ent­ge­gen­stellen. Es ist nach wie vor wichtig, an die Opfer solch­er grausamen Tat­en zu erin­nern, ihnen zu gedenken und zu mah­nen. Mit der in jedem Jahr stat­tfind­en­den Gedenkkundge­bung möcht­en wir auch einen Beitrag leis­ten, den Mord an Sven Beuter im städtis­chen Bewusst­sein wach zu halten.

Mehr Infor­ma­tio­nen zu Sven Beuter, zur Tat und zum Gerichtsver­fahren gegen Sascha L. find­en Sie auf der Seite der Opfer­per­spek­tive unter https://todesopfer-rechter-gewalt-in-brandenburg.de/sven-beuter/.

Lassen Sie uns gemein­sam Sven Beuter gedenken und gle­ichzeit­ig ein klares Zeichen gegen rechte Men­schen­feindlichkeit setzen.

Nie­mand ist vergessen. Nichts ist vergeben.

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Geschichte & Gedenken

Konstituierung des Geschichtsprojekts freiLand

Am 7. Und 8. Feb­ru­ar 1945 durch­querte der Todes­marsch aus­ge­hend vom ehe­ma­li­gen KZ Außen­lager Lieberose/Jamlitz Pots­dam. Die beina­he 2000 Häftlinge wur­den von SS-Ange­höri­gen und anderen Trup­pen über Goy­atz, Teupitz und Zossen sowie Lud­wigs­felde schließlich nach Drewitz getrieben. Nach­dem es dort zu Erschießun­gen von „Marschun­fähi­gen“ gekom­men war, führte der Weg der Gefan­genen weit­er über Pots­dam nach Falkensee, um schließlich zum KZ Stamm­lager Sach­sen­hausen zu gelan­gen. Auch wenn sich der genaue Weg der Häftlinge nicht mehr nachvol­lziehen lässt, so führte der Todes­marsch sichtlich durch das Blick­feld der Pots­damer Stadtbevölkerung.

Bere­its vor den Todesmärschen waren nation­al­sozial­is­tis­che Ver­brechen der Deutschen und so auch der Pots­damer Bevölkerung unüberse­hbar, mehr noch sie par­tizip­ierte an ihnen. Als präg­nan­teste Beispiel gilt die NS-Zwangsar­beit. So ver­weist die His­torik­erin Almuth Püschel darauf, dass allein im Jahre 1944 rund 18.000 Zwangsarbeiter:innen in beina­he allen Pots­damer Betrieben schuften mussten. Den­noch sind Erin­nerun­gen im kollek­tiv­en Gedächt­nis der Potsdamer:innen an das nation­al­sozial­is­tis­chen Massen­ver­brechen kaum und ein zen­traler Erin­nerung­sort oder rit­u­al­isiertes Gedenken nicht vorhanden.

Seit dem let­zten Jahr hat sich im soziokul­turellen Zen­trum frei­Land eine Gruppe kon­sti­tu­iert, die sich nicht nur mit dem authen­tis­chen Ort und der dort aus­geübten Zwangsar­beit im ARA­DO-Rüs­tungs­be­trieb während der Zeit des Nation­al­sozial­is­mus auseinan­der­set­zt, son­dern darüber hin­aus einen zen­tralen Erin­nerung­sort schaf­fen will. Seit dem zwanzig­sten Jahrhun­dert war das Gelände in und um das frei­Land herum ein indus­triell genutzter Ort. In der Zeit des Nation­al­sozial­is­mus befand sich hier die Hauptver­wal­tung der ARA­DO-Flugzeug­w­erke GmbH und eine Pro­duk­tion­sstätte des Konz­erns. Auch hier mussten tausende Men­schen aus ver­schiede­nen Län­dern Zwangsar­beit für den ARA­DO-Rüs­tungs­be­trieb leis­ten, die werk­seige­nen Lager für Zwangsarbeiter:innen gehörten mit zu den größten in der Stadt Pots­dam und befan­den sich in unmit­tel­bar­er Nähe. Ein Großteil der Zwangsarbeiter:innen kam aus der Sow­je­tu­nion, ins­beson­dere der Ukraine sowie aus den Niederlanden.

Das Geschicht­spro­jekt zur Zwangsar­beit bei ARADO im frei­Land will an die vor­ange­gan­genen Ini­tia­tiv­en und Arbeit­en anknüpfen und einen erleb­baren Erin­nerung­sort schaf­fen. Dazu Hannes Richter: „Die His­to­rie des Ortes, seine zen­trale Lage, die vor­ange­gan­genen Bemühun­gen ver­schieden­ster Ini­tia­tiv­en und vor allem der bevorste­hende Jahrestag der Ein­wei­hung des Mah­n­mals für die Zwangsarbeiter:innen im Drit­ten Reich auf dem frei­Land-Gelände motivieren uns für die Schaf­fung eines Gedenko­rtes zum The­ma Zwangsar­beit und ARADO.“ Im Frei­Land erin­nert seit dem 08. Mai 2013 ein Mah­n­mal an die Mil­lio­nen Men­schen, welche in der Zeit des Nation­al­sozial­is­mus nach Deutsch­land ver­schleppt und zur Arbeit gezwun­gen wurden.

Für die weit­er­führende Auseinan­der­set­zung und erin­nerungspoli­tis­che Arbeit zur Errich­tung eines Gedenko­rtes sucht das Geschicht­spro­jekt nun Erin­nerun­gen, Doku­mente und Mate­ri­alien über diese Zeit. Von großem Inter­esse sind laut Hannes Richter vor allem Fotos, Doku­mente, Filme, andere Mate­ri­alien oder auch famil­iäre Berichte und Erleb­nisse im Kon­text der NS-Zwangsar­beit bei ARADO. „Vielle­icht find­et sich ja etwas in den Fam­i­lien­al­ben, auf dem Dachbo­den, im Keller oder in den Schränken“, so Hannes Richter. Alle Doku­mente und Mate­ri­alien, die wir erhal­ten, geben uns sicher­lich Auf­schluss über die dama­lige Zeit und wer­den sen­si­bel behan­delt und nur in Rück­sprache mit den Besitzer:innen verwendet. 

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Flucht & Migration Law & Order

Abschiebezentrum am Flughafen BER verhindern!

Mit dem Bau soll noch in diesem Jahr begonnen wer­den, die Fer­tig­stel­lung ist für das Jahr 2025 geplant. Eine erste Demon­stra­tion find­et am Mittwoch, den 9. Feb­ru­ar in Schöne­feld statt. Die Route geht von der S‑Bahn Sta­tion Schöne­feld (16:45 Uhr) bis zur End­kundge­bung am Rathaus Schöne­feld um 17:45 Uhr (Hans-Grade-Allee 11). Die Gegner*innen des Abschiebezen­trums möcht­en den Druck auf die Kommunalpolitiker*innen erhöhen, die zur gle­ichen Zeit eine Sitzung in der Schöne­felder Gemein­de­v­ertre­tung abhal­ten. Denn der Beschluss der Bau­pläne ste­ht noch aus.

Im August 2021 kündigte das Bran­den­bur­gis­che Innen­min­is­teri­um an, in Schöne­feld ein so genan­ntes „Ein- und Aus­reisezen­trum am Flughafen BER” zu bauen. Auf ein­er Fläche von 4 Hek­tar sollen Gebäude für Ankun­ft, Tran­sit, Gewahrsam und Rück­führun­gen entste­hen. Am Flughafen BER gibt es bere­its eine Ein­rich­tung, in der Men­schen vor ihrer Abschiebung bis zu 48 Stun­den fest­ge­set­zt wer­den kön­nen: Der „Aus­reisege­wahrsam Schöne­feld”. Das neue Abschiebezen­trum würde die Haftka­paz­itäten mas­siv erweit­ern. Das Zen­trum soll auf dem Gelände nördlich des jet­zi­gen usreisege­wahrsams gebaut werden.

Laut Alex­is Mar­tel, Press­esprecherin des Bünd­niss­es „Abschiebezen­trum BER ver­hin­dern”, „ist jede Form von Abschiebung und Inhaftierung ein gewaltvoller und zutief­st ras­sis­tis­ch­er Akt, den die Regieren­den ver­suchen zu nor­mal­isieren, zu beschöni­gen oder unsicht­bar zu machen. Durch den Zwang zur Erlan­gung von Visa und Aufen­thalt­stiteln, durch exk­lu­sive Asylver­fahren und die Ein­weisung von Migrant*innen in Lager und Abschiebe­haftein­rich­tun­gen wird Schwarzen Men­schen und Peo­ple of Col­or sys­tem­a­tisch ein selb­st­bes­timmtes Leben und die freie Wahl ihres Aufen­thalt­sortes ver­weigert. Deshalb wer­den wir uns gegen dieses neue Abschiebezen­trum und gegen jede Inhaftierung oder Abschiebung von Men­schen wehren”.

Das neue Abschiebege­fäng­nis wird, wie bere­its jet­zt, einen Ort für Aus­reisege­wahrsam bein­hal­ten, in dem Men­schen für max­i­mal zehn Tage vor ihrer Abschiebung inhaftiert wer­den kön­nen (§ 62b Aufen­thG). Außer­dem wird es ein Tran­sit­ge­bäude geben, in dem min­destens zwei weit­ere For­men der Inhaftierung stat­tfind­en wer­den: Erstens wer­den Men­schen, die bei ihrer Ankun­ft am Flughafen BER einen Asy­lantrag stellen, in einem unfairen Asyl-Schnel­lver­fahren mit erschw­ertem Zugang zu unab­hängiger Rechts­ber­atung oder Unter­stützung vor Ort fest­ge­hal­ten (§ 18a Abs. 1 AsylG). Durch dieses Flughafen-Asylver­fahren kön­nen ganze Fam­i­lien – inklu­sive Kinder – wochen­lang legal inhaftiert wer­den. Zweit­ens kön­nen Men­schen bei der Ein­reise mit dem Flugzeug im Tran­sit­ge­bäude inhaftiert wer­den, noch bevor sie deutsches Ter­ri­to­ri­um betreten und ihr Recht auf Asyl gel­tend machen kön­nen (§ 15 Abs. 6 AufenthG).

Der bish­erige Pla­nung­sprozess war in hohem Maße intrans­par­ent und undemokratisch: Der Bran­den­burg­er Land­tag wurde bei der Pla­nung des Pro­jek­ts umgan­gen. Derzeit wird davon aus­ge­gan­gen, dass ein*e private*r Investor*in mit dem Bau des Zen­trums beauf­tragt und das Gebäude erst nach Fer­tig­stel­lung an das Land Bran­den­burg ver­mi­etet wer­den soll. Auf diese Weise wird ver­mieden, das Par­la­ment um die Bere­it­stel­lung von Haushaltsmit­teln zu bitten.

Mit dem Bau des Flughafens BER wurde der alte Schöne­felder Flughafen zum BER Ter­mi­nal 5 und wird seit­dem haupt­säch­lich für Massen­ab­schiebun­gen per Char­ter­flüge genutzt. Alex­is Mar­tel kom­men­tiert: „Der Name Schöne­feld wird schon jet­zt sehr stark mit Abschiebun­gen assozi­iert. Fast jede Woche starten vom Schöne­felder Flughafen Char­ter­flüge zur Durch­führung von Massen­ab­schiebun­gen. Ein neues Abschiebezen­trum wäre der let­zte Tropfen, der Schöne­feld bun­desweit als Abschiebestadt bekan­nt macht”.

Für das Bünd­nis „Abschiebezen­trum BER ver­hin­dern” ist klar: „Wir wer­den ein Abschiebezen­trum am Flughafen BER nicht akzep­tieren und so lange dage­gen demon­stri­eren, bis die Pläne gestoppt werden!” 

Unterze­ich­nende Organisationen:

Abol­ish Frontex
Balkanbrücke
bor­der­line europe
Cul­ture of deportation
Flüchtlingsrat Brandenburg
Flüchtlingsrat Berlin
Justizwatch
Migrantifa
NoMoreMorias
No Bor­der Assembly
No Nation Truck
Per­spek­tive Selbstverwaltung
Schlafplatzorga
See­brücke Berlin
See­brücke Potsdam
Sea Watch
We will come united
Wir Packen’s An
Women in Exile
Alarmphone

Weit­ere Informationen:

Flüchtlingsrat Bran­den­burg (17.09.2021): „Flüchtlingsrat Bran­den­burg kri­tisiert geplantes Vorzeige-Abschiebe-Zen­trum am
BER”: https://www.fluechtlingsrat-brandenburg.de/fluechtlingsrat-brandenburg-kritisiert-geplantes-vorzeige-abschiebe-zentrum-am-ber/
Bun­desmin­is­teri­um des Innern und für Heimat (26.10.2021): „Ein- und Aus­reisezen­trum am Flughafen BER. Bund und Land machen den Weg
frei.” https://www.bmi.bund.de/SharedDocs/pressemitteilungen/DE/2021/10/ber-ein-ausreisezentrum.html
No Bor­der Assem­bly (2022): „Abschiebezen­trum BER ver­hin­dern. Demo und Kundge­bung am 9. Feb­ru­ar in Schöne­feld”: https://noborderassembly.blackblogs.org/de/abschiebezentrum-ber-verhindern/
Land­tag Bran­den­burg (18.10.2021): „Antwort der Lan­desregierung auf die Kleine Anfrage Nr. 1561”: https://www.parlamentsdokumentation.brandenburg.de/starweb/LBB/ELVIS/parladoku/w7/drs/ab_4300/4377.pdf

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Antifaschismus Law & Order Verschwörungsideologie

Nazis als Bannerträger

Immer wieder Ost­deutsch­land: Ende Dezem­ber ver­gan­genen Jahres eskalierten Anti-Coro­na-Demos in Magde­burg und Bautzen, wie schon zuvor über Monate im säch­sis­chen Zwönitz. Auch die Angriffe auf Polizei und Pres­sev­ertreter nehmen an Umfang und Inten­sität zu. Nach ein­er Phase der Beruhi­gung im ver­gan­genen Som­mer sind die Anti-Coro­na-Proteste seit dem Spätherb­st wieder aufge­flammt. Im Zen­trum der medi­alen Aufmerk­samkeit ste­hen Sach­sen, Thürin­gen, Bran­den­burg und Sachsen-Anhalt.

Tat­säch­lich gibt es seit 2014, seit dem Beginn von Pegi­da, immer wieder Mobil­isierun­gen eines autoritär eingestell­ten poli­tis­chen Milieus speziell in Ost­deutsch­land. Zu den Ursachen gehört ein starkes Anti-Estab­lish­ment-Ressen­ti­ment, dem unter­schiedliche, aus­tauschbare ide­ol­o­gis­che Untertöne beigemis­cht sind. Mal geht es um Flüchtlinge und den Islam, mal um die Ukraine und Putin. Jet­zt, im Kon­text von Coro­na, erleben wir einen enor­men Auf­schwung an Aufzü­gen, zu denen im Wesentlichen die gle­ichen Leute mobil­isieren wie bere­its 2013 oder 2015 zu Beginn der »großen Flucht«. Auch wenn die Demon­stran­ten natür­lich nicht kom­plett iden­tisch sind, gibt es eine große Schnittmenge.

DER AUTOR
David Begrich, geboren 1972 in Erfurt, ist Mitar­beit­er der Arbeitsstelle Recht­sex­trem­is­mus bei Miteinan­der e. V. in Magde­burg. Der Beitrag erschien zuerst in der poli­tis­chen Monat­szeitschrift »Blät­ter für deutsche und inter­na­tionale Poli­tik« 2/2022. www.blaetter.de
Ganz anders ist die Lage im West­en. Dort bele­gen Unter­suchun­gen, dass jet­zt, anders als 2015, eher Leute demon­stri­eren, die früher dur­chaus in linksalter­na­tiv­en Milieus zu Hause waren. Bere­its zu Beginn der »Querdenken«-Proteste fan­den sich dort Argu­men­ta­tion­s­mo­tive der Eso­terik, der Anthro­poso­phie und der soge­nan­nten alter­na­tiv­en Medi­zin. Ihr gemein­samer Nen­ner lautet, das Virus könne gän­zlich ohne phar­mazeutis­che Mit­tel mit Hil­fe der kör­pereige­nen Immunreak­tion abgewehrt werden.1

Dieses Milieu spielt in Ost­deutsch­land keine tra­gende Rolle. Es existiert nur in Spurenele­menten, in weni­gen Städten. Dafür wer­den ganz andere Kon­ti­nu­itäten sicht­bar: Jene, die in den frühen 1990er Jahren recht­sradikal sozial­isiert wur­den, sind fast alle wieder da. Allerorten sind auf den Demos die früheren Führungsleute der recht­sex­tremen Szene zu sehen. Sie sind heute Mitte vierzig, Anfang fün­fzig — und merken, dass ihre Zeit gekom­men ist. Das Momen­tum ist auf ihrer Seite, ähn­lich wie in den 90er Jahren. Das liegt nicht zulet­zt daran, dass ihrem Agieren noch immer keine Gren­zen geset­zt werden.

Patien­ten wichtiger als Spritzen
Impf­pflicht im Gesund­heits­bere­ich: Sach­sen öffnet eine Hin­tertür / Bun­desweite Debat­te um Umsetzung
Eine entschei­dende Rolle spie­len dabei die »Freien Sach­sen« — ein Zusam­men­schluss recht­sex­tremer Grup­pen in Sach­sen mit ein­er Ausstrahlung bis weit in angren­zende Bun­deslän­der. Kopf der »Freie Sach­sen« ist der Chem­nitzer Recht­san­walt Mar­tin Kohlmann. Er sitzt für die recht­sex­treme Frak­tion »Pro Chem­nitz« im Stadt­par­la­ment und spielte bere­its bei den radikalen Auss­chre­itun­gen 2018 in Chem­nitz eine Schlüsselrolle.

In dem von »Freie Sach­sen« betriebe­nen Telegram-Kanal wird der säch­sis­che Min­is­ter­präsi­dent Michael Kretschmer als »Pumuck­el« tit­uliert, die Polizei als »Kretschmer Milizen« beze­ich­net. Kohlmanns Rhetorik erge­ht sich in Gewal­tal­le­gorien, juris­tisch zwar nicht angreif­bar, aber mit deut­lich­er Botschaft an seine Anhänger­schaft. So verkün­dete er im ver­gan­genen Dezem­ber via Telegram einen »Wei­h­nachts­frieden« mit der säch­sis­chen Regierung und Polizei, um wenig später eine »Wei­h­nacht­sof­fen­sive« des Protests zu verkün­den. Diesen Tri­umphal­is­mus als bloßes Maul­helden­tum abzu­tun, greift viel zu kurz. Die Rhetorik der »Freie Sach­sen« bedi­ent sich ganz bewusst der Sprach­bilder des Bürg­erkriegs und des Vigilantismus.2

Eine Polizei im Rückwärtsgang
Inner­halb des Protests spielt die AfD die Rolle eines poli­tis­chen Mul­ti­p­lika­tors. Sie trägt die The­sen der Coro­naleugn­er und Impfgeg­n­er in die Par­la­mente und agiert so als deren par­la­men­tarisch­er Arm. In Cot­tbus betätigt sich der lokale AfD-Chef, Jean Pas­cal Hohm, als Organ­isator der Proteste, an denen auch Neon­azis und gewalt­bere­ite Hooli­gans teilnehmen.

Und auch in Magde­burg haben recht­sex­treme Hooli­gans eine unangemeldete Demo von mehr als 3000 Leuten ange­führt. Während also Per­so­n­en mit expliziter Gewal­ter­fahrung die ersten Rei­hen der Demon­stra­tio­nen bilden, fil­men rechte Youtu­ber das Geschehen und brin­gen anschließend die Videos in sozialen Net­zw­erken in Umlauf. Dass jede dieser Aktio­nen gefilmt und anschließend ins Netz gestellt wird, erzeugt einen immensen Mul­ti­p­lika­tion­sef­fekt, nach dem Mot­to: »Was in Ort X geht, machen wir bei uns in Y auch!«

Auf diese Weise testen die Recht­en aus, wie weit sie gehen kön­nen. Und das ist fataler­weise sehr weit. Denn ihnen ste­ht — zumin­d­est in den ver­gan­genen Monat­en — eine Polizei gegenüber, die im Rück­wärts­gang agiert. Mehrfach wieder­holte sich das Geschehen vom Novem­ber 2020 in Leipzig, als recht­sex­treme Hooli­gans die Polizei ein­fach zur Seite drück­ten. Inzwis­chen gibt es end­los viele Videoschnipsel im Netz, die zeigen, dass die Polizei in der Regel nachgibt — eine ermuti­gende Botschaft an diese Szene.

Dabei spielt jen­seits der neuen sozialen Medi­en das Hören­sagen noch immer eine wichtige Rolle. Wenn tagsüber ein­er zu seinem Kol­le­gen sagt, »ich hab gehört, heute Abend soll auf dem Dom­platz was los sein. Lass uns da mal hinge­hen«, kann das schnell dazu führen, dass der Platz sich füllt — und zwar, das ist das Beson­dere, mit höchst diversen Teil­nehmern aus der mit­tleren und älteren Gen­er­a­tion bis hin zu Fam­i­lien mit Kindern. Das allein führt aber noch nicht dazu, dass diese Leute auch »Wider­stand« rufend durch die Straßen ziehen. Dazu braucht es pro­test­er­fahrene Akteure, die wis­sen, wie man eine solche Demon­stra­tion anmeldet — oder eben auch nicht und trotz­dem zusam­menkommt. Organ­isatoren, die Flug­blät­ter, Mega­fone, pro­fes­sionelle Trans­par­ente mit­brin­gen, die über poli­tis­ches Bewusst­sein und Ziel­stre­bigkeit ver­fü­gen und die auch wis­sen, wie man eine Polizeikette bei­seiteschiebt. Diese Leute kom­men speziell in Ost­deutsch­land aus der recht­sex­tremen Szene, aber sie senden bewusst in die bre­it­ere Bewe­gung aus.

Wenn man die recht­en Telegram-Kanäle durchge­ht, sieht man nicht nur einen enor­men Radikalisierung­sprozess — in ein­er Telegram-Gruppe wurde dezi­diert die Ermor­dung Michael Kretschmers geplant -, son­dern, dass die Teil­nehmer sich gegen­seit­ig auf ein­er poli­tisch-emo­tionalen Ebene unter­stützen. Das schafft eine Atmo­sphäre der poli­tis­chen Selb­st­wirk­samkeit, ein Gefühl, gemein­sam etwas bewe­gen zu kön­nen. Wenn dieses Gefühl nicht mehr aktiviert wer­den kann, wird weit­er eskaliert — etwa dadurch, dass die ver­meintlich Ver­ant­wortlichen für die gegen­wär­tige Sit­u­a­tion konkret und per­sön­lich in ihrem Leben­sum­feld aufge­spürt und ange­gan­gen wer­den. Beleg dafür sind die Aufzüge vor den Pri­vathäusern der Min­is­ter­präsi­dentin von Meck­len­burg-Vor­pom­mern, Manuela Schwe­sig, und der säch­sis­chen Sozialmin­is­terin Petra Köpping.

Die Stufe der Bedro­hung im pri­vat­en Umfeld ist nicht erst seit den Coro­na-Protesten erre­icht. Viele Bürg­er­meis­ter, Kom­mu­nalpoli­tik­er und Land­tagsab­ge­ord­nete wer­den seit langem bedro­ht und konkret in ihrem pri­vat­en Umfeld ange­grif­f­en. Aber natür­lich erzeugt es weit mehr öffentliche Empörung, wenn das ein­er Min­is­terin geschieht und nicht nur einem Ortsbürgermeister.

Poli­tis­che Reak­tio­nen ohne Plan
Fataler­weise hat die Polizei große Schwierigkeit­en, Leute einzuord­nen, die nicht ihrem klas­sis­chen Feind­bil­draster entsprechen. Polizeiführer sind es gewohnt, nach Delin­quenz Auss­chau zu hal­ten, also nach Extrem­is­ten und Straftätern. Die Sach­lage ist klar, wenn irgend­wo Müll­ton­nen auf die Straße geschoben und angezün­det wer­den. Wenn aber wie bei den derzeit­i­gen Protesten »nur« in erster Rei­he die Hooli­gans laufen, aber in der Mitte die Vierzigjähri­gen in bürg­er­lich­er Klei­dung und dahin­ter die Müt­ter mit Kinder­wa­gen und min­der­jähri­gen Kindern, dann lässt man die Demon­stran­ten trotz Ver­bots oft ein­fach laufen. Dass im bürg­er­lichen Habi­tus auftre­tende Demon­stran­ten sich eskala­tiv ver­hal­ten und zur Gewalt neigen, scheint in der öffentlichen Debat­te unbegriffen.

Ein weit­er­er Grund dafür: In Stil und Inhalt bedi­enen sich die Demon­stri­eren­den mitunter bei der links-alter­na­tiv­en Bewe­gung. Die Organ­isatoren der Proteste sind inzwis­chen dazu überge­gan­gen, ihre Ver­samm­lun­gen nicht mehr anzumelden, son­dern als »Spazier­gang« zu apos­tro­phieren, um auf diese Weise das Ver­samm­lungsrecht zu unter­laufen. Diese poli­tis­che Mimikry-Übung dient auch dem Zweck, Men­schen für die Proteste zu mobil­isieren, die sich selb­st gar nicht als poli­tisch begreifen. Der Begriff »Spazier­gang« knüpft dabei bewusst an die Protest­geschichte bei­der deutsch­er Staat­en an, von ’68 über die Ökolo­giebe­we­gung in West (zu Baustellen von Atom­kraftwerken) und Ost (ent­lang ver­schmutzter Flüsse) bis hin zu ’89.

Wie schon bei Pegi­da ist die rhetorische Bezug­nahme auf den Herb­st 1989 in der DDR all­ge­gen­wär­tig. Die viel beschworene »Coro­na-Dik­tatur« werde bin­nen kurzem in sich zusam­men­brechen, schallt es aus den Rei­hen der Demon­stri­eren­den, wenn man jet­zt Druck auf­baue. Zudem gibt es bei den Aufmärschen den per­ma­nen­ten Appell an die Polizei, sich auf die Seite der Demon­stri­eren­den zu stellen — »solange dafür noch Zeit ist«. Das ist die gle­iche Rhetorik, wie wir sie 1989 erlebt haben. Allerd­ings mit kon­trär­er Bedeu­tung: Denn hin­ter dem »solange dafür noch Zeit ist« steckt im Grunde eine Dro­hung. Ihr Sub­text: Wenn wir an die Macht kom­men, werdet ihr zur Rechen­schaft gezogen.

Doch trotz dieser Dro­hung hält sich die Polizei in erstaunlich­er Weise zurück. Angesichts der Tat­sache, dass die Ver­samm­lun­gen nicht angemeldet sind, die Teil­nehmenden bewusst gegen die Coro­na-Maß­nah­men ver­stoßen und recht­sex­treme Grup­pen wieder­holt gewalt­tätig die Polizei angreifen, ist dies erklärungsbedürftig.

Grund­sät­zlich entschei­det die Polizei vor Ort eigen­ständig im Rah­men der poli­tis­chen Maß­gaben. Für die Ein­satzs­trate­gie ist sowohl die Lageein­schätzung der örtlichen Polizeiführung als auch die poli­tis­che Richtlin­ie der jew­eili­gen Innen­min­is­te­rien maßgebend. Dabei ist offenkundig, dass die polizeiliche Ein­satz­tak­tik gegenüber den Coro­na-Protesten hin­ter ihren oper­a­tiv­en Hand­lungsmöglichkeit­en zurück­bleibt und damit die Demon­stri­eren­den regel­recht ermutigt.

Stattdessen käme es darauf an, diesen Leuten deut­lich zu machen, wo die Gren­zen der Mei­n­ungs­frei­heit ver­laufen. Um nicht missver­standen zu wer­den: Dafür braucht es wed­er Wasser­w­er­fer noch Schlagstöcke oder Pfef­fer­spray. Im Gegen­teil: Sta­tionäre Kundge­bun­gen und pan­demiekon­forme Demon­stra­tio­nen sind polizeilich durch­set­zbar. Für jene, die als Gewalt­täter bekan­nt sind, sollte die Polizei eine präven­tive Ansprache prüfen, nach dem Mot­to: Wir haben Sie im Blick.

Solche, eigentlich übliche Vorge­hensweisen find­en in Sach­sen und Sach­sen-Anhalt derzeit schlichtweg zu sel­ten und zu spät statt. Die eigentliche Ursache liegt in der poli­tis­chen Führung, denn sie entschei­det über die Grundlin­ie des polizeilichen Han­delns. Gegen die Coro­na-Poli­tik demon­stri­eren aber schließlich poten­zielle Wäh­lerin­nen und Wäh­ler, die ihrer­seits Mul­ti­p­lika­toren sind. Deshalb herrscht in den Innen­min­is­te­rien Zurück­hal­tung. Reich­lich spät kam Ver­fas­sungss­chutzchef Thomas Halden­wang im Jan­u­ar mit der Erken­nt­nis um die Ecke, dass bei den Protesten neue, demokratiege­fährdende Allianzen zu Tage treten.

Inzwis­chen ist unter den Demon­stri­eren­den der Schritt zu man­i­fester Gewalt nicht mehr weit, wie die unzäh­li­gen Telegram-Ein­träge beweisen. Es existiert eine extrem selb­st­be­wusste, gewalt­bere­ite Szene, die sich in hal­böf­fentlichen Kom­mu­nika­tion­sstruk­turen verabre­det. In der Fan­tasie dieser Leute kommt Gewalt also zweifel­los vor. Dass sich Akteure find­en, die diese Fan­tasie in die Tat umset­zen, ist zu befürcht­en. Bere­its jet­zt gibt es Angriffe auf Impfzentren.

Die Schwierigkeit für Poli­tik und Polizei beste­ht darin, die Maul­helden von denen zu unter­schei­den, die wirk­lich zur Gewalt greifen, um etwa ein Zeichen gegen eine all­ge­meine Impf­pflicht zu set­zen. Wer bere­it ist, ein Impfzen­trum anzu­greifen oder den säch­sis­chen Min­is­ter­präsi­den­ten zu ermor­den, den ver­mutete die Polizei bish­er eher im Kon­spir­a­tiv­en, nicht in Foren sozialer Medien.

Wenn Protestierende die Demon­stra­tio­nen nicht mehr als Mit­tel der poli­tis­chen Selb­st­wirk­samkeit erleben, beste­ht dur­chaus die Gefahr, dass sie nach neuen, radikaleren und gewalt­tätigeren Aus­drucks­for­men suchen. Der BKA-Präsi­dent Hol­ger Münch fürchtet daher auch Anschläge auf Per­so­n­en des öffentlichen Lebens, die für die Coro­na-Maß­nah­men stehen.

So akut die Gefahr dieser Angriffe derzeit ist, dür­fen wir eines nicht vergessen: Auch im Osten geht bei weit­em nicht die Mehrheit der Leute auf die Straße. So demon­stri­erten auch in Hochzeit­en in ganz Sach­sen-Anhalt nie mehr als rund acht- bis zehn­tausend Men­schen pro Woche. Zum Ver­gle­ich: Zu den Fußball­spie­len des 1. FC Magde­burg pil­gern zu anderen Zeit­en im Durch­schnitt jede Woche 20 000 Zuschauer.

Kurzum: Diese recht­en Mobil­isierun­gen leben auch davon, dass jede Demo repro­duziert wird, als sei sie eine Massen­ver­anstal­tung — von den Extrem­is­ten selb­st, aber zum Teil auch anschließend von den Medi­en. Dabei sind bei den meis­ten Märschen nur zwis­chen 80 und 350 Teil­nehmer dabei. Die extreme Rechte ver­ste­ht es meis­ter­haft, zu behaupten, sie repräsen­tiere die Mehrheit. Schließlich hat sie die ver­gan­genen bald zehn Jahre, von Pegi­da bis Coro­na, auch in Sachen Selb­stver­mark­tung per­fekt genutzt. In dieser Hin­sicht muss die lib­erale Zivilge­sellschaft zumin­d­est Augen­höhe erre­ichen, um endlich klarzu­machen: Die Mehrheit stellen noch immer und beileibe nicht die Rechten.

1 Oliv­er Nachtwey, Robert Schäfer und Nadine Frei: Poli­tis­che Sozi­olo­gie der Coro­na-Proteste, Basel 2020. Nachtwey u. a. weisen darauf hin, dass ein Großteil der von der Studie befragten Per­so­n­en bei zurück­liegen­den Wahlen eine Präferenz für Grüne und Linke aufwies. Dies spiegele die Tat­sache, dass die Impfskep­sis in post­ma­te­ri­al­is­tis­chen, sich selb­st lebensweltlich links/grün ver­ste­hen­den Milieus ver­ankert sei.

2 Die Frak­tion der Linkspartei im säch­sis­chen Land­tag fordert daher zu Recht ein Ver­bot der »Freien Sachsen«.

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(Anti-)Rassismus Flucht & Migration

Behördliche Unmenschlichkeit zu Weihnachten

Kurz vor Wei­h­nacht­en, am 20. Dezem­ber, gab es in der Eber­swalder Flämingstraße im Bran­den­bur­gis­chen Vier­tel einen 4‑stündigen Großein­satz von Polizei und Aus­län­der­be­hörde. Ziel war die Abschiebung eines jun­gen Mannes und ein­er Fam­i­lie nach Rus­s­land. Alle Betrof­fe­nen waren vor der Bedro­hung durch die bru­tale Dik­tatur in der rus­sis­chen Teil­re­pub­lik Tschetsche­nien geflo­hen. Am Ende des Ein­satzes wurde ein junger 20jähriger abgeschoben, seine Mut­ter bleibt allein zurück. Die Abschiebung der Fam­i­lie musste zwar abge­brochen wer­den, aber die Betrof­fe­nen ste­hen unter Schock. Die Angst vor weit­eren Abschiebun­gen ist groß, auch unter den vie­len anderen geflüchteten Tschetsch­enen, die in Eber­swalde leben.

Wir haben mit eini­gen der Betrof­fe­nen gesprochen und möcht­en der offiziellen Darstel­lung die der betrof­fe­nen Fam­i­lien gegenüber­stellen“, erk­lärt Thomas Janosch­ka vom Barn­imer Bürger*innenasyl. „Der Ein­satz war organ­isiert, als gälte es bewaffnete Schw­erver­brech­er oder Ter­ror­is­ten festzunehmen. Die Betrof­fe­nen woll­ten aber nichts anderes, als hier in Sicher­heit leben. Abschiebun­gen sind unmen­schlich — wir fordern dage­gen ein Bleiberecht für alle!“

Wie uns Frau Kukie­va berichtete, kamen Polizis­ten mit Maschi­nengewehren bewaffnet in die Woh­nung ihrer Fam­i­lie und blieben dort für die Dauer des Ein­satzes. Aus Verzwei­flung wollte Frau Kukie­va ein Mess­er gegen sich selb­st ver­wen­den um sich zu ver­let­zen, aber die Polizei hat sich kurzzeit­ig selb­st bedro­ht gefühlt. Inzwis­chen hat die Polizei ein Ermit­tlungsver­fahren wegen “Nöti­gung” gegen sie ein­geleit­et. Glück­licher­weise war der 16-jährige Sohn der Fam­i­lie nicht zu Hause, ver­mut­lich wurde auch deshalb die Abschiebung der Fam­i­lie abgebrochen.

Die Fam­i­lie, die schon seit 9 Jahren in Deutsch­land lebt, hat­te nicht mit ein­er Abschiebung gerech­net. Laut Gesetz muss diese angekündigt wer­den, wenn die Betrof­fe­nen schon mehr als ein Jahr lang geduldet wer­den. Dabei wird den Betrof­fe­nen nicht der genaue Ter­min mit­geteilt, aber die Absicht in näch­ster Zeit abzuschieben. Weil die Aus­län­der­be­hörde die Abschiebung nicht wie vorgeschrieben angekündigt hat­te, hat die Anwältin der Fam­i­lie eine Einst­weilige Ver­fü­gung bei Gericht beantragt. Zunächst hat die Barn­imer Aus­län­der­be­hörde dem Gericht mündlich zuge­sagt, in den näch­sten vier Wochen keine Abschiebev­er­suche zu unternehmen. Außer­dem ist ein Antrag auf Bleiberecht wegen guter Inte­gra­tion für den 16jährigen Sohn anhängig.

Für den Vater der Fam­i­lie, Her­rn Tse­cho­ev, hat­te die Fam­i­lie der Aus­län­der­be­hörde ein mehr­seit­iges ärztlich­es Gutacht­en vorgelegt. Wegen ein­er Kreb­serkrankung ist er nicht reise­fähig. Eine Mitar­bei­t­erin der Aus­län­der­be­hörde soll bei Vor­lage des Attestes gesagt haben: „Selb­st wenn sie daliegen wie ein Tot­er, ist mir das egal und sie wer­den abgeschoben werden.“

Frau Kukie­va wird immer noch schlecht, wenn sie an die Anspan­nung dieses Polizeiein­satzes denkt. Auf die Frage: „Wie fühlt es sich an, so lange schon mit ein­er ‚Dul­dung‘ zu leben?“ sagt sie: „Wir sind immer im Stress. Wir haben immer Angst, dass eine Abschiebung kom­men kön­nte. Wir haben keine Chance, eine Arbeit zu find­en, weil die Dul­dung nur 3 Monate gilt. Wir kön­nen fast nie entspannen.“

Bei dem sel­ben Polizeiein­satz wurde ein 20-jähriger aus dem­sel­ben Haus tat­säch­lich nach Rus­s­land abgeschoben. Seine Mut­ter, Frau Osmae­va, arbeit­et als Erzieherin und hat seit Okto­ber eine Aufen­thalt­ser­laub­nis. Ihr Sohn hat­te im Som­mer die Schule abgeschlossen und hat­te ger­ade viele Bewer­bun­gen für einen Aus­bil­dungsplatz geschrieben. Außer­dem hat­te er für Anfang Jan­u­ar einen OP-Ter­min, den er nun nicht mehr wahrnehmen kann.
„Für mich ist das ein großer Schock.“, sagt Frau Osmae­va „Ich war seit 2013 mit meinem Sohn in Deutsch­land. Ich war immer allein­erziehend. Im Herb­st habe ich den Aufen­thalt­sti­tel bekom­men und nicht geah­nt, dass mein Sohn trotz­dem abgeschoben wer­den kann, weil er volljährig ist.“ Jet­zt sei er in Moskau und es sei unklar, ob er jemals wieder her kom­men könne. „In Rus­s­land hat er nur gelebt bis er 12 Jahre alt war. Er hat 8 Jahre in Deutsch­land gelebt — er ist hier viel bess­er inte­gri­ert als in Russland.“

Wir fordern die sofor­tige Erlaub­nis der Rück­kehr des abgeschobe­nen 20jährigen”, so Thomas Janosch­ka vom Barn­imer Bürger*innenasyl, “und wir wer­den uns weit­er­hin dafür ein­set­zen, dass es keine weit­eren Abschiebun­gen aus dem Barn­im gibt.”

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Brandenburg – Auf- und Ausbau rechter Strukturen

 Der III.Weg versucht Coronaproteste für sich zu nutzen (Quelle: Presseservice Rathenow)
Der III.Weg ver­sucht Coro­n­aproteste für sich zu nutzen (Quelle: Press­eser­vice Rathenow)

Neben der lei­der im Ver­gle­ich zum Vor­jahr nur in geringem Maße zurück­ge­gan­genen und damit auf einem hohen Niveau verbleiben­den Zahl ras­sis­tis­ch­er, anti­semi­tis­ch­er und rechter Angriffe, waren im Jahr 2021 vor allem Mobil­isierun­gen gegen Men­schen, die migri­ert oder geflo­hen sind, sowie rund um das The­men­feld der Schutz­maß­nah­men gegen die Ver­bre­itung des COVID19-Virus Haupt­betä­ti­gungs­feld von recht­en und ras­sis­tis­chen Einzelper­so­n­en und Organisierungen.
Die Akteurs­land­schaft in Bewe­gung: AfD bleibt stark, Neon­azis bauen Struk­turen aus

Bei der diesjähri­gen Bun­destagswahl erzielte die AfD 18,3 Prozent, 1,1 Prozent weniger als bei den Bun­destagswahlen 2017. Damit schnitt sie in Bran­den­burg weit über dem Bun­des­durch­schnitt ab und ver­schlechterte sich weniger als auf Bun­de­sebene. Sie bleibt knapp hin­ter der CDU drittstärk­ste Partei. Ins­beson­dere in Süd- und Ost­bran­den­burg erzielte sie hohe Ergeb­nisse. In Süd­bran­den­burg stützt sie sich weit­er­hin auf das Milieu, das seit 2015 die ras­sis­tis­chen Proteste gegen die Auf­nahme und Unter­bringung von Asyl­suchen­den trug.

Nach­dem die AfD jahre­lang das rechte Spek­trum parteipoli­tisch zum größten Teil allein abdeck­te, begann sich 2021 die Sit­u­a­tion zu verän­dern. Das Milieu aktivis­tis­ch­er Neon­azis begann wieder ver­stärkt eigene Struk­turen aufzubauen beziehungsweise zu reaktivieren.

Die NPD, die in den let­zten Jahren in Bran­den­burg keine öffentlich wahrnehm­bare Rolle spielte, bemüht sich in Cot­tbus, Königs-Wuster­hausen und Frankfurt/Oder um den Auf­bau lokaler Struk­turen. In Frankfurt/Oder organ­isierte sie in diesem Zusam­men­hang im Früh­jahr eine Kam­pagne gegen einen wegen sex­uellen Miss­brauchs von Kindern verurteil­ten Mann, mit dem Ziel diesen aus der Stadt zu vertreiben. Es gelang ihr, in diesem Zusam­men­hang mehrere Ver­samm­lun­gen durchzuführen, die z.T. durch eine gewalt­bere­ite Teil­nehmer­schaft geprägt waren.

Im Gegen­satz zur NPD ver­fügte der III. Weg in den let­zten Jahren punk­tuell über kon­tinuier­lich aktive Struk­turen in Bran­den­burg. Diese baut er aktuell weit­er aus, wobei er sich u.a. auf ehe­ma­lige Mit­glieder von NPD und Kam­er­ad­schaften stützt. Seit diesem Jahr ver­fügt die Partei auch in der Prig­nitz über aktive Mit­glieder. Grund­lage ihrer poli­tis­chen Tätigkeit ist dabei weit­er­hin vor allem ein vig­i­lan­tis­tis­ch­er Ansatz, den sie in Bran­den­burg in kleinem Rah­men schon in den let­zten Jahren prak­tiziert hat­te. Durch Patrouil­lengänge ver­sucht die Partei sich lokal als Ord­nungs­fak­tor darzustellen und das staatliche Gewalt­monopol auszuhöhlen. Dabei set­zt sie vor allem auf ras­sis­tis­che Mobil­isierun­gen. So patrouil­lierten Aktive des III. Wegs in der nord­bran­den­bur­gis­chen Kle­in­stadt Kyritz, in der es zuvor einige Gewaltvor­fälle unter Beteili­gung tschetschenis­ch­er Jugendlich­er gab.

Auch die im Kreis Märkisch-Oder­land (MOL) aktive Divi­sion MOL steigerte in diesem Jahr ihre Aktiv­itäten. Dabei han­delt es sich um eine Gruppe jugendlich­er Neon­azis im Alter von 15 bis 20 Jahren, deren maßge­bliche Akteur:innen Kinder bekan­nter recht­sradikaler Aktive in der Region sind. Nach­dem sie erst­mals Anfang 2020 mit dem Verkleben von Stick­ern und recht­en Sprühereien auffie­len, nah­men sie in diesem Jahr an mehreren recht­en Aufmärschen in Berlin, Leipzig und Dres­den teil. Dabei fie­len sie auch mit gewalt­täti­gen Aktio­nen auf. Anfang 2021 zer­störten sie den Gedenko­rt für Phan Văn Toản, der 1997 in Fred­er­s­dorf bei Berlin ermordet wor­den war. Sie entwen­de­ten eines der Gedenk-Trans­par­ente und posierten in Hooli­gan-Manier mit dem umge­dreht­en Trans­par­ent. Im Dezem­ber 2021 grif­f­en Mit­glieder der „Divi­sion MOL“ auf ein­er Quer­denker-Demon­stra­tion in Berlin Journalist:innen an.
Vor­bere­itung auf den Tag X: Waf­fen­lager und Schießübungen

Über das Jahr verteilt gab es immer wieder Mel­dun­gen zu aufgedeck­ten Waf­fen­lagern in Bran­den­burg, so etwa in der Prig­nitz und in Märkisch Oder­land. Im August wurde vor dem Landgericht Neu­rup­pin ein Sol­dat aus Hen­nigs­dorf wegen ille­galen Waf­fenbe­sitzes verurteilt, der größere Men­gen an Waf­fen und Muni­tion gehort­et und sich mit anderen zu Schießübun­gen getrof­fen hat­te. Bei der Durch­suchung sein­er Woh­nung war auch eine Hitler­büste gefun­den wor­den. Er selb­st behauptete von sich, auf dem Boden des Grundge­set­zes zu ste­hen und lediglich his­torisch inter­essiert zu sein. Inwiefern die „Waf­fen­lei­den­schaft“ des Mannes einen poli­tis­chen Hin­ter­grund hat, wurde in dem Prozess jedoch nicht gek­lärt. Anfang Dezem­ber fand eine Großrazz­ia in Cot­tbus und Forst sowie bei Bautzen in Sach­sen in mehreren Woh­nun­gen von Mit­gliedern beziehungsweise aus dem Umfeld der neon­azis­tis­chen Vere­ini­gung „Brigade 8“ statt. Dabei fand man u.a. Waf­fen, Elek­troschock­er, einen Teleskop­schlag­stock und Dro­gen. Auch über Razz­ien und Prozesse hin­aus gibt es immer wieder Hin­weise von Anwohner:innen, dass in Bran­den­burgs Wäldern Men­schen mit Schuss­waf­fen und Spreng­mit­teln exper­i­men­tieren – in Einzelfällen bericht­en sie auch, dass es sich dabei um Neon­azis handelt.

Mobil­isierun­gen: Ras­sis­mus und Corona-Leugnung

Die ab Sep­tem­ber 2021 stärk­er wer­dende Diskus­sion über den Umgang mit dem Ver­such von Men­schen aus dem Nahen Osten und Afghanistan, über die Gren­ze zwis­chen Belarus und Polen in die EU einzureisen, wurde von ver­schiede­nen recht­en Akteur:innen in Bran­den­burg für Mobil­isierungsver­suche genutzt.

Die AfD ver­anstal­tete zu dem The­ma zwei Kundge­bun­gen in Frankfurt/Oder und äußerte sich wieder­holt medi­al dazu. Der III. Weg rief am drit­ten Okto­ber­woch­enende zu Patrouillen an der Gren­ze auf. Dabei ori­en­tierte er sich offen­sichtlich am Vor­bild rechter Milizen, die eini­gen Län­dern Osteu­ropas in Gren­znähe Jagd auf Migrant:innen machen. Die Aktion wurde polizeilich unter­bun­den. Dabei wur­den mehr als 50 Rechte aus Bran­den­burg, Sach­sen, Meck­len­burg-Vor­pom­mern, Berlin und Bay­ern fest­gestellt, die zum Teil mit Pfef­fer­spray, Schlagstöck­en und Stich­waf­fen bewaffnet waren.

Im Wider­stand gegen die Infek­tion­ss­chutz­maß­nah­men während der Coro­na-Pan­demie formierte sich auch in Bran­den­burg ein zum Teil gewalt­bere­ites (beziehungsweise gewalt­tätiges) Milieu. Mit der Zus­pitzung der pan­demis­chen Lage im Herb­st und der daraus resul­tieren­den Ver­schär­fun­gen der Maß­nah­men nah­men auch auch die Aktio­nen dieses Milieues stark zu. In vie­len Städten häuften sich ins­beson­dere gegen Jahre­sende die Demon­stra­tio­nen, soge­nan­nte „Spaziergänge“ und auch mar­tialisch anmu­tende Fack­elmärsche, wie etwa in Oranien­burg, Falkensee, Rathenow, Bernau und Pots­dam. Im Dezem­ber fan­den der­ar­tige Aufmärsche in vie­len bran­den­bur­gis­chen Städten wöchentlich statt.

Auch wenn die Szene het­ero­gen zusam­menge­set­zt ist – unter den Teil­nehmenden an den Protesten befind­en sich etwa auch auch „linke“ Esoteriker:innen – bes­tim­men Neon­azis und Reichsbürger:innen doch zunehmend den Charak­ter der Demonstrationen.

Die AfD war auch im zweit­en Pan­demie-Jahr ein­er der zen­tralen Akteure bei der Mobil­isierung gegen die Infek­tion­ss­chutz­maß­nah­men, um sich diese poli­tisch zu Nutzen zu machen und um die Demon­stri­eren­den zu wer­ben. Neben der Beteili­gung an zahlre­ichen Demon­stra­tio­nen, rief die AfD auch selb­st immer wieder zu Protesten gegen die Coro­na-Aufla­gen auf. Anfang Dezem­ber etwa zu ein­er mehrtägi­gen Mah­nwache gegen die Coro­na-Maß­nah­men vor dem Land­tag in Pots­dam. Im Früh­jahr hat­te die AfD in Bezug auf das geplante Infek­tion­ss­chutzge­setz Ver­gle­iche zur Machter­grei­fung Hitlers im Jahr 1933 gezo­gen und von der Errich­tung eines total­itären Staates gesprochen. Ein Bedro­hungsszenario, das sich in radikalen Coro­na-Leugn­er und soge­nan­nten Quer­denker-Grup­pen großer Beliebtheit erfreut und dort den Ein­druck erweckt, man befinde sich als Teil ein­er Wider­stands­be­we­gung bere­its in ein­er Art Bürg­erkrieg. Auf diese Weise wird in solchen Grup­pen dann auch Gewalt als Mit­tel gegen diese ver­meintliche Bedro­hung legit­imiert und zur Notwehr stilisiert.

Das The­ma Coro­na wird dabei mit klas­sisch recht­en The­men ver­mengt. Beson­ders deut­lich wurde das bei den von der AfD und der recht­en Grup­pierung „Zukun­ft Heimat“ ver­anstal­teten Aufmärschen in Cot­tbus, die von recht­en Hooli­gans ange­führt wur­den, u.a. mit einem Ban­ner, auf dem zu lesen war „Kon­trol­liert eure Gren­zen, nicht euer Volk“. Auch ander­norts mis­chen sich unter Aus­sagen zur Pan­demiepoli­tik immer wieder geflüchteten­feindliche Parolen. In Witt­stock (Ost­pring­niz-Rup­pin) gelang es dem III. Weg etwa 300 Teil­nehmende zu einem Fack­el­marsch gegen die Coro­na-Maß­nah­men zu mobilisieren.

Bei ein­er Demon­stra­tion in Treuen­bri­et­zen (Pots­dam-Mit­tel­mark) wurde der Recht­sex­trem­ist Maik Eminger gesichtet, ehe­ma­liges Mit­glied der Partei „Der III. Weg“ und Brud­er des verurteil­ten NSU-Unter­stützers André Eminger.

An mehreren Orten entlud sich der Wider­stand gegen die Infek­tion­ss­chutz­maß­nah­men dann auch gewalt­sam. So gab es neben mehreren Angrif­f­en auf Mitar­bei­t­ende im Einzel­han­del, die etwa auf die Maskenpflicht hingewiesen hat­ten, Ende Novem­ber einen But­ter­säure­an­schlag auf zwei Testzen­tren in Bran­den­burg an der Hav­el, bei dem glück­licher­weise nie­mand ver­let­zt wurde. Eben­falls Ende Novem­ber bedro­hte ein Mann in der Notauf­nahme eines Kranken­haus­es in Pots­dam einen Mitar­beit­er mit einem Mess­er, nach­dem er auf die Coronaregeln hingewiesen wurde.

Bei einem Anfang Dezem­ber verübten Ver­brechen ist die Rolle, die die Mobil­isierung gegen die Coro­na-Schutz­maß­nah­men für dessen Bege­hung spielte, noch genauer zu unter­suchen. In Königs Wuster­hausen erschoss ein Mann seine Frau und die gemein­samen drei Töchter. Durch die zuständi­ge Staat­san­waltschaft Cot­tbus wurde öffentlich bekan­nt gemacht, dass es einen Abschieds­brief gebe. In diesem werde als Motiv der Tat benan­nt, dass die Frau bei ihrem Arbeit­ge­ber einen gefälscht­en Impf­nach­weis vorgelegt habe, was aufge­flo­gen sei. Den gefälscht­en Impf­nach­weis hat­te der Mann besorgt. Aus diesem Grund hät­ten die Eltern eine Inhaftierung und den Entzug ihrer Kinder befürchtet. Diese im Abschieds­brief for­mulierte Begrün­dung lässt befürcht­en, dass die Tathand­lung von poli­tis­chen Ver­schwörungsmythen gelenkt war. Mit­tler­weile wurde auch bekan­nt, dass sich das Paar in regionalen Quer­denkerkreisen bewegt haben soll.

Bemerkenswert ist, dass der recht­en Mobil­isierung gegen die Coro­na-Schutz­maß­nah­men von Seit­en der Zivilge­sellschaft, die in den let­zten 20 Jahren die Proteste gegen Nazi­aufmärsche und ras­sis­tis­che Mobil­isierun­gen trug und den Hand­lungsspiel­raum recht­sradikaler Akteure in Bran­den­burg effek­tiv begren­zen kon­nte, nur vere­inzelt etwas ent­ge­genge­set­zt wird. Auch hier­durch ver­stärkt sich der fälschliche und fatale Ein­druck, man habe es mit ein­er wach­senden Massen­be­we­gung zu tun und nicht mit ein­er lauter wer­den­den und sich radikalisieren­den Min­der­heit. Es ist zu befürcht­en, dass sich daraus sub­stantielle poli­tis­che Machtver­schiebun­gen im Land ergeben können.
Gedenken an Opfer rechter Gewalt

Zu Beginn dieses Jahres fand zum ersten Mal ein öffentlich­es Gedenken für Phan Văn Toản statt, der am 31. Jan­u­ar 1997 am S‑Bahnhof Fred­er­s­dorf im Land­kreis Märkisch Oder­land von zwei Neon­azis zusam­mengeschla­gen wurde und drei Monate später im Alter von 42 Jahren an den Fol­gen des Anriffs ver­starb. Organ­isiert wurde die Mah­nwache von der Beratungsstelle für Opfer rechter Gewalt Märkisch-Oder­land und VVN-BdA Märkisch-Oder­land. Das Gedenken soll von nun an jährlich stat­tfind­en und die Organisator:innen set­zen sich dafür ein, dass am S‑Bahnhof Fred­er­s­dorf eine Gedenk­tafel dauer­haft an Phan Văn Toản erinnert.

Zum 25. Jahrestag des Angriffs auf Noël Mar­tin in Mahlow im Land­kreis Tel­tow-Fläming fand in Blanken­felde-Mahlow im Juni eine Aktionswoche gegen Ras­sis­mus statt, an der sich neben vie­len anderen Mitwirk­enden auch die Opfer­per­spek­tive beteiligte. Am 16. Juni 1996 hat­ten Neon­azis in Mahlow einen ras­sis­tis­chen Anschlag auf Noël Mar­tin und seine Kol­le­gen Arthur B. und Mikel R. verübt. Mar­tin über­lebte nur knapp und war seit­dem quer­schnitts­gelähmt. Er lebte mit mas­siv­en kör­per­lichen Ein­schränkun­gen – und ver­starb infolge dieser am 14. Juli 2020 im Alter von 60 Jahren.

In diesem Jahr jährte sich auch der Angriff auf den Punk Sven Beuter zum 25. Mal. Eine Gruppe Aktivist:innen, die schon die ver­gan­genen Gedenkver­anstal­tun­gen organ­isiert hat­te, grün­de­ten zu diesem Anlass die „Ini­tia­tive zum Gedenken an Sven Beuter“ und organ­isierten rund um den Jahrestag ver­schiedene Ver­anstal­tun­gen und eine Demon­stra­tion. Einige der geplanten Ver­anstal­tun­gen kon­nten auf­grund der Pan­demielage allerd­ings nicht stat­tfind­en. Der damals 23-jährige Sven Beuter wurde am 15. Feb­ru­ar 1996 in Bran­den­burg an der Hav­el von einem Neon­azi zusam­mengeschla­gen und erlag fünf Tage später seinen Verletzungen.

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