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Prozess gegen Garnisonkirchengegner eingestellt

Fast fünf Jahre nach dem Baus­tart der Förder­ru­ine Gar­nisonkirche wird uns nun der Prozess gemacht. Irgend­wann nach der 5. Ver­schiebung des Prozess­es habe ich aufge­hört zu zählen, wie oft das Gericht mir einen Brief nach Hause schick­te, um mal wieder anzukündi­gen, dass der Prozess ver­schoben wer­den müsse. In den schw­er­sten Lock­down-Zeit­en waren ein bis zwei Aus­fälle ver­ständlich, jedoch entwick­elte sich das Absagen des Prozess­es zum Sys­tem und die Gründe wur­den immer lächer­lich­er. Der beste Grund für eine Ver­schiebung war – wörtlich zitiert – „Dien­stliche Gründe“ – ohne Angabe weit­er­er Erk­lärun­gen. Würde ich – als Betrof­fen­er – ein­fach mal aus „dien­stlichen Grün­den“ die Teil­nahme an einem Gericht­sprozess abblasen, ohne weit­ere Belege einzure­ichen, dro­ht­en mir sofort Bußgelder. Für das Per­son­al des Amts­gerichts dro­hen dage­gen keine Kon­se­quen­zen. Stattdessen wurde mit jedem neuen Brief die ellen­lange Zeug*innen-Liste mit 16 Per­so­n­en ange­heftet und an den zwei ange­set­zten Prozessta­gen fest­ge­hal­ten. Es ist schon etwas ver­wirrend: Auf der einen Seite mit großen Tam­tam und Zeug*innen-Liste dick auf­tra­gen und so tun, als ob es hier um einen wichti­gen Prozess gehen würde und auf der anderen Seite dieses ständi­ge Absagen und Ver­schieben. Ich muss zugeben, es nervt, fast fünf Jahre so hinge­hal­ten zu wer­den, während die Kosten für den Anwalt nicht geringer wer­den. Auch wenn es unter dem Strich einen gewis­sen Unter­hal­tungs­fak­tor bringt. Das ist so ähn­lich wie bei den Durch­sagen der Deutschen Bahn. Ver­spä­tun­gen sind äußerst nervig, aber es ist auch ein biss­chen witzig, wenn mal wieder die alte liebe „Gleis­störung“ in der Ausre­den-Lot­terie gewon­nen hat.

Große Ankündi­gun­gen mit viel Tam­tam, etliche Male des Ver­schiebens, Raushauen von Steuergeldern ohne Sinn – das ken­nen wir auch bei dem gescheit­erten Gar­nisonkirchen­pro­jekt, um das es hier eigentlich gehen sollte. Wir erin­nern uns: 2005 wurde der Grund­stein für den Baus­tart gelegt. Danach passierte erst mal nichts. Auf­fäl­lig war, dass mit jed­er Bekan­nt­gabe ein­er großen öffentlichen Förderung ein Baus­tart verkündigt wurde, der dann nicht kam und wieder um Jahre ver­schoben wurde. Erst mit der Mil­lio­nen-Förderung der Bun­desregierung kon­nte der Baus­tart im Jahr 2017 vol­l­zo­gen wer­den. Im Nach­hinein bew­ertet der Bun­desrech­nung­shof die Förderung durch den Bun­de­shaushalt als nicht zuläs­sig: Ein Pro­jekt darf gemäß Bun­de­shaushalt­sor­d­nung nicht gefördert wer­den, wenn die Gesamt­fi­nanzierung nicht nachgewiesen wer­den kann. Eine Gesamt­fi­nanzierung war in weit­er Ferne und nie greif­bar. Seit der Grund­stein­le­gung ist es der Gar­nisonkirchen­s­tiftung nie gelun­gen, sub­stanziell Spenden einzunehmen. Statt ehrlich zum Scheit­ern der Spenden­samm­lung zu ste­hen und das Pro­jekt einzu­stampfen, griff die Stiftung zu einem Trick und labelte den 1. Bauab­schnitt, den heute sicht­baren Turm­s­tumpf, zu einem ver­meintlich für sich ste­hen­des Gesamt­pro­jekt um. Nach Außen hat die Gar­nisonkirchen­s­tiftung weit­er­hin kom­mu­niziert, dass sie das Pro­jekt erst umge­set­zt sehen, wenn die gesamte Kirche ste­ht. Ein Turm­s­tumpf war für die Stiftung somit nie eine Option, nur Mit­tel zum Zweck, den Nach­weis ein­er Gesamt­fi­nanzierung zu simulieren. Im Übri­gen ging noch nicht mal diese Rech­nung auf, so dass der Bund auch schon für den 1. Bauab­schnitt, den Turm­s­tumpf, viele Mil­lio­nen nach­schießen musste. Man hat bewusst in Kauf genom­men, dass der öffentliche Finanzge­ber – ent­ge­gen sein­er eige­nen Reg­u­lar­ien – bis zum Ende kom­plett alles bezahlt, damit keine Bau­ru­ine entsteht.
Das alles kön­nen wir Betrug nennen.

Und dabei ist das nicht alles: Die Gar­nisonkirchen­s­tiftung und die Förderge­sellschaft für den Wieder­auf­bau ste­hen auch noch im Ver­dacht, in einem Mio.-schweren Kor­rup­tions­fall ver­wick­elt zu sein. Die finanzielle Förderung von mehr als 2 Mio. Euro durch das Land Bran­den­burg im Jahr 2010/11 ist unter zwielichti­gen Umstän­den zus­tande gekom­men ist: Gabriele Förder-Hoff, die dama­lige Refer­at­slei­t­erin und Beauf­tragte des Haushalts im Min­is­teri­um für Wis­senschaft Forschung und Kul­tur des Lan­des Bran­den­burg war mut­maßlich damals mitver­ant­wortlich für die Freiga­be dieser För­der­mit­tel an die Gar­nisonkirche. Jedoch war Frau Förder-Hoff zu dieser Zeit gle­ichzeit­ig im Vor­stand der Förderge­sellschaft für den Wieder­auf­bau der Pots­damer Gar­nisonkirche und dort zuständig für die Finanzen! Die dama­lige Förderung war höchst umstrit­ten, da die Lan­desmit­tel nor­maler­weise für Gedenkstät­ten bere­it­ste­hen soll­ten. Frau Förder-Hoff und ihre Förderge­sellschaft für den Wieder­auf­bau haben sich­er über diesen Coup gefreut. Wenn das nicht Kor­rup­tion ist!

Für mich war die Ankündi­gung des dama­li­gen Staatsmin­is­ters der Bun­desregierung für Kul­tur und Medi­en, Bernd Neu­mann, wohl gemerkt kurz vor Auf­gabe seines Amtes, dem Gar­nisonkirchen­pro­jekt 12,4 Mio. Euro zu ver­schaf­fen, der entschei­dende Impuls, in den aktiv­en Wider­stand gegen die Gar­nisonkirchenkopie zu gehen. Zugegeben, es gibt wichtigere Dinge, als reiche Leute davon abzuhal­ten, mit Steuergeldern ihre sinnlosen Pup­pen­häuser zu bauen. Das dama­lige Mio.-Versprechen war jedoch ein großer Durch­bruch für das Pro­jekt. Wir in Pots­dam mussten nun wirk­lich befürcht­en, dass hier ein städte­baulich dom­i­nan­ter Sym­bol­bau auf Mio.-Kosten der Öffentlichkeit entste­ht. Ins­ge­samt kalkulierte man mit über 100 Mio. Euro für den Gesamt­bau. Jahre­lang ver­sprach die Stiftung, dass ihr Pri­vatvergnü­gen zu 100% durch Spenden finanziert wird. Das war ein­deutig eine bewusste Täuschung, um poli­tisch die entschei­dende Zus­tim­mung zu bekom­men, auf die immer wieder ver­wiesen wird, um sich Kri­tik vom Hals zu hal­ten. Denn bere­its Ende 2004 hätte den Beteiligten klar sein müssen, dass die Spenden­fi­nanzierung eine Illu­sion ist. Nach inten­siv­en Beratun­gen lehnte es der dama­lige Vor­standssprech­er der Com­merzbank, Klaus Peter Müller, gegenüber Wolf­gang Huber, Matthias Platzeck und Jörg Schön­bohm ab, als Stifter­bank zu fungieren, da „die Aus­sicht­en auf ein hohes Spende­naufkom­men derzeit neg­a­tiv zu beurteilen sind. Auch die immer noch beachtliche Bere­itschaft der deutschen Bevölkerung, Spende­naufrufe zu fol­gen, zeigt deut­lich, dass soziale Pro­jek­te und Katas­tro­phen-Hil­fe absolute Pri­or­ität genießen.“ Diese real­is­tis­che Ein­schätzung bewahrheite sich in den fol­gende Jahren, ohne dass die Ini­tia­toren daraus die nöti­gen Kon­se­quen­zen zogen.

Die betrügerischen Tricks bei der Simulierung ein­er Gesamt­fi­nanzierung, um an öffentliche Gelder zu kom­men, und die bewusste Spenden­lüge, um poli­tis­che Zus­tim­mung zu erlan­gen, sind nur zwei Beispiele davon, dass die evan­ge­lis­che Kirchen­s­tiftung und ihre Pro­tag­o­nis­ten wie, Wolf­gang Huber, Wieland Eschen­burg, Mar­tin Vogel, Peter Leine­mann, Cor­nelia Radeke-Engst christliche Werte offen­sichtlich mis­sacht­en. Das ein­fache Gebot „Du sollst nicht lügen“ ste­ht im klaren Kon­trast zu dem, was wir bish­er bei dem Baupro­jekt erleben durften.
Für mich gipfelte die Mis­sach­tung von christlichen Werten in der Insze­nierung eines Gottes­di­en­stes am 11.09.2016, als ZDF-Gottes­di­enst, um eine Werbeshow für den Wieder­auf­bau der Gar­nisonkirche zu ver­anstal­ten. Das war für mich das Zeichen, dass die Gar­nisonkirchen­s­tiftung samt ihrer Pfar­rerin Cor­nelia Radeke-Engst keine Scheu haben, christliche Rit­uale zu miss­brauchen, um ein städte­baulich­es Pro­jekt im Gewand des 18. Jahrhun­derts zu promoten.
Dass dieser Miss­brauch beson­ders mir auf­stößt, liegt in mein­er christlichen Erziehung begrün­det. Ich bin in ein­er christlichen Fam­i­lie mit gläu­bi­gen Eltern aufgewach­sen. Christliche Werte stell­ten meinen Kom­pass dar. Was ich früher gel­ernt und heutzu­tage auch immer noch verin­ner­licht habe, sind Ehrlichkeit, Näch­sten­liebe, Gerechtigkeit und Genügsamkeit – all diese Werte ste­hen im krassen Gegen­satz zu dem Treiben des Gar­nisonkirchen­pro­jek­tes. Die Bibel ist voll mit Geschicht­en, in denen der Hochmut – wie sie die Gar­nisonkirchen­s­tiftung an den Tag legt — gegeißelt wird – ange­fan­gen vom Turm­bau zu Babel bis zum Phar­isäer, der auf arme Leute her­ab­schaut und sich an sein­er ver­meintlichen Reli­giosität ergötzt.

Ich war jedoch nicht der einzige, der über diese Skru­pel­losigkeit der Gar­nisonkirchen­s­tiftung, christliche Fun­da­mente zu instru­men­tal­isieren, geschockt war. Für den Architek­ten Philipp Oswalt war der ZDF-Gottes­di­enst der Anlass, aus der Evan­ge­lis­chen Kirche mit­tels eines öffentlichen Briefes an die EKD auszutreten. Er schrieb „Beim Gottes­di­enst ging es – abge­se­hen von rit­u­al­isierten Redewen­dun­gen – ohne­hin nicht um Frieden und Ver­söh­nung, son­dern darum, vor dem Fernseh­pub­likum für den Wieder­auf­bau zu wer­ben. Und dabei knüpfte man an die Tra­di­tion der Gar­nison­skirche als Staats- und Mil­itärkirche an. Neben den zwei Geistlichen sprachen in dem 45 minüti­gen Gottes­di­enst zwei Poli­tik­er und ein Bun­deswehrof­fizier in Ziv­il.“ Weit­er schreibt er: „Die Idee von Frieden und Ver­söh­nung wird nicht nur instru­men­tal­isiert, sie wird auch kon­terkari­ert. Denn man nimmt mit dem Vorhaben bewusst in Kauf, in Stadt und Kirche Unfrieden zu stiften.“

Dass sie für die Bewer­bung eines städte­baulichen Pro­jek­tes nicht nur ihre eige­nen Gottes­di­en­ste miss­brauchen, son­dern auch Begriffe wie Ver­söh­nung gezielt zur Immu­nisierung gegen Kri­tik nutzen, zeigt ihre Unver­froren­heit, nicht nur christliche, son­dern auch demokratis­che Werte zu hin­tertreiben. Denn während ein großer Teil der Pots­damer Bevölkerung in unzäh­li­gen Bürg­er­haushaltsab­stim­mungen und schließlich im erfol­gre­ichen Bürg­er­begehren gegen die Gar­nisonkirche ihren Wider­stand gegen dieses Pro­jekt immer wieder zum Aus­druck brachte, blockt die Gar­nisonkirchen­s­tiftung jegliche Kri­tik an dem Nach­bau der orig­i­nalen Fas­sade und Sil­hou­ette ab, mit dem Hin­weis, dass sie Ver­söh­nung und damit gute Arbeit betreiben und die Kri­tik der Gegner*innen damit ins Leere laufen würde. Diese Arro­ganz und anti-basis­demokratis­che Igno­ranz spürte ich beson­ders als Haup­tko­or­di­na­tor und Ver­trauensper­son für das Bürg­er­begehren zur Auflö­sung der Gar­nisonkirche im Jahr 2014 am eige­nen Leib. An der Stiftung und der Evan­ge­lis­chen Kirche perlte das Bürg­er­begehren ab, dabei haben 14.285 Potsdamer*innen gültig unter­schrieben – weit mehr als die CDU oder die Grü­nen Stim­men bei Pots­damer Kom­mu­nal­wahlen bekom­men. Ihre propagierte Ver­söh­nung gilt offen­sichtlich nicht den Men­schen. Demokratie ist für die Gar­nisonkirchen­s­tiftung nur insoweit wichtig, solange die Insti­tu­tio­nen Steuergelder für ihre Luxu­skirche organ­isieren. Ich möchte ein weit­eres Beispiel von vie­len auf­führen, das zeigt, wie sehr die Demokratiev­er­ach­tung seit­ens der Gar­nisonkirchen­s­tiftung aus­geprägt ist. Am 23.06.2018, am 50. Jahrestag der Spren­gung der GK-Ruine ver­anstal­tete die Gar­nisonkirchen­s­tiftung eine Ver­anstal­tung in der Nagelkreuzkapelle. Hier­für meldete sie auf öffentlichen Grund u.a. im Bere­ich der Wern­er-See­len­binder-Straße eine Ver­anstal­tung an und sper­rte diesen Bere­ich mit Flat­ter­band ab – obwohl die Ver­anstal­tung gän­zlich im Gebäude der Nagelkreuzkapelle stat­tfand – somit war die Ver­anstal­tungsan­mel­dung für den Bere­ich draußen ein Trick, um mit­tels ein­er Art Ban­n­meile die Gegner*innen des Wieder­auf­baus weiträu­mig auf Dis­tanz zu hal­ten. Dabei wollte lediglich eine Hand­voll Per­so­n­en von der Bürg­erini­tia­tive vor dem Ein­gang der Ver­anstal­tung – jedoch auf öffentlichem Grund – Fly­er an die Veranstaltungsteilnehmer*innen verteilen. Als sich die BI-Mit­glieder nicht von diesen Ein­schüchterungsver­suchen beein­druck­en ließen, rief Peter Leine­mann, Geschäfts­führer der Stiftung, sog­ar die Polizei, die mit rund 20 Beamt*innen, anrück­te. Die Polizei wies jedoch Peter Leine­mann zurecht, dass er hier miss­bräuch­lich Haus­recht für einen öffentlichen Grund anwen­dete und kein Recht hat, andere Per­so­n­en von öffentlichem Grund wegzuschick­en. Man kön­nte meinen, dass die Gar­nisonkirchen­s­tiftung an ihrem selb­ster­nan­nten Ver­söh­nung­sort demokratis­che Prinzip­i­en respek­tieren und sich mit der Kri­tik auseinan­der­set­zen sollte statt diese zu verbannen.

Diese Wider­sprüche und Ver­logen­heit kön­nten ja noch ver­schmerzbar sein, wenn die Evan­ge­lis­che Kirche ein kleines Pro­jekt betreiben würde und damit irrel­e­vant für die Stad­ten­twick­lung in Pots­dam wäre. Aber lei­der ist das nicht der Fall. Das Gar­nisonkirchen­pro­jekt ist ein städte­baulich höchst fol­gen­re­ich­es Pro­jekt. Es ste­ht viel auf dem Spiel: Die weit­ere Ver­schwen­dung von öffentlichem Geld, die Ver­nich­tung von bish­er gün­sti­gen Räu­men für Kun­st und Kul­tur im Rechen­zen­trum, der von Mitteschön geforderte Abriss eines Teils des Studieren­den­wohn­heims zur Errich­tung eines his­torischen Stadt­platzes neben der Gar­nisonkirche und das Risiko der Gar­nisonkirchenkopie, zu einem Sym­bol­ort für die neue Rechte und zu ein­er geschicht­spoli­tis­chen Pro­pa­gan­dashow der Bun­deswehr zu werden.

Und es ist auch keine gute demokratis­che Prax­is, basis­demokratis­che Voten wie das Bürg­er­begehren zu überge­hen, wenn es sich um den Bau des höch­sten Gebäudes Pots­dams han­delt. Nicht jede*r in Pots­dam ist – wie Mitteschön und die Gar­nisonkirchen­s­tiftung– in ästhetis­ch­er Hin­sicht im 18. Jahrhun­dert steck­en geblieben.

Der Umgang mit dem Ort der ehe­ma­li­gen Gar­nisonkirche ist mit­nicht­en ein pri­vates Baupro­jekt. Dass es hier um ein Städte­baupro­jekt han­delt, ist auch der evan­ge­lis­chen Kirche klar: Das zeigt sich u.a. bei der Nagelkreuzkapelle. Diese besitzt noch nicht ein­mal eine Per­son­al­ge­meinde. Das heißt, sie hat keinen eige­nen Gemeinde-Stadt­teil zuge­ord­net wie es nor­maler­weise für Gemein­den der Fall ist. Es gibt schließlich keinen Bedarf an weit­eren Räum­lichkeit­en – ganz zu schweigen von ein­er 100 Mio. Euro-Kirche – bei den Gemein­den und Kirchen­mit­gliedern in Potsdam.

Umso wichtiger ist es für uns als Öffentlichkeit, unser Recht auf Mitbes­tim­mung bei dem fol­gen­re­ichen Städte­baupro­jekt einzu­fordern. Wenn die Gar­nisonkirchen­s­tiftung der Mei­n­ung ist, die Form von Gottes­di­en­sten zu miss­brauchen, um sich Protest vom Halse zu hal­ten, ist das in erster Lin­ie ihr Prob­lem. Mir geht es auss­chließlich um die Mitbes­tim­mung an diesem Ort und nicht um die per­sön­liche Ausübung des Glaubens.
Ich werde daher weit­er­hin von meinem Ver­samm­lungsrecht Gebrauch machen, um gegen diese gottes­läster­liche Bude – wie der The­ologe und ZEIT-Jour­nal­ist Christoph Dieck­mann die Gar­nisonkirche nen­nt – auf die Straße zu gehen.

Denn auch noch jet­zt gibt es viele Möglichkeit­en für die Evan­ge­lis­che Kirche reinen Tisch zu machen und das Pro­jekt so zu trans­formieren, dass es tat­säch­lich ein Ort wird, an dem Geschichte angemessen erin­nert wer­den kann, ohne Inter­essenkon­flik­te mit der Bun­deswehr (die u.a. die geplante Dauer­ausstel­lung finanzieren soll…) und preußis­che Militarismus-Romantik.

Dafür ist es drin­gend notwendig, dass sich die Evan­ge­lis­che Kirche endlich ver­ant­wortlich zeigt und aus dem Pro­jekt geord­net aussteigt:
• Sofor­tiger Stopp aller Pla­nungs- und Bau­maß­nah­men an Turm und Kirchenschiff!
• Sofor­tige Ein­stel­lung jed­wed­er öffentlich­er Finanzierung!
• Kein Abriss des Rechenzentrums!
• Protest entkriminalisieren!
• Kon­ver­sion und Teil­rück­bau der Bausub­stanz zu einem öffentlichen Ort und Mah­n­mal der kri­tis­chen Auseinan­der­set­zung mit der Geschichte und des Wiederaufbauvorhabens!
• Echte Mitbes­tim­mung durch die Pots­damer Stadt­ge­sellschaft beim Umgang mit dem Ort statt von ein­er kirch­lichen Stiftung, Mitteschön und Bun­deswehr dik­tierte Geschichtsklitterung!
• Auflö­sung der Stiftung Gar­nisonkirche! Per­son­elle und rechtliche Kon­se­quen­zen für die Ver­ant­wortlichen der SGP!

In diesem Sinne kön­nen Sie, Frau Rich­terin, den Anfang machen, und diesen unwürdi­gen Prozess ein Ende bere­it­en und die Ankla­gen fall­en lassen.
Vie­len Dank!

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(Anti-)Rassismus Flucht & Migration

Gibt Brandenburg eine Chance?

Der Flüchtlingsrat begrüßt, dass in der morgi­gen Sitzung des Innenauss­chuss­es das The­ma Bleiberecht disku­tiert wird. Denn aufen­thalt­srechtliche Verbesserun­gen sind drin­gend notwendig: Viele Geflüchtete, die zum Teil schon seit Jahren in Bran­den­burg sind, leben in ständi­ger Angst vor der Abschiebung. So auch eine allein­erziehende Mut­ter mit ihrem 15-jähri­gen Sohn Ali (Name geän­dert), die vor fast vier Jahren aus der Türkei nach Bran­den­burg geflo­hen sind. Ali besucht seit über drei Jahren erfol­gre­ich die Schule, ist außer­schulisch im Sportvere­in inte­gri­ert, seine Mut­ter ver­di­ent den Leben­sun­ter­halt selb­st­ständig. Ali fühlt sich wohl, aber es bleibt die zer­mür­bende Unsicher­heit vor ein­er möglichen Abschiebung. Dabei hat die Regierungskoali­tion im Bund mit dem „Chan­cen-Aufen­thalt­srecht“ konkrete bun­desrechtliche Verbesserun­gen angekündigt, die Men­schen wie Ali und seine Mut­ter zu einem dauer­haften Aufen­thalt ver­helfen kön­nten und der jahre­lang andauern­den Ungewis­sheit ein Ende bere­it­en wür­den. Doch die Umset­zung lässt auf sich warten.

Die Innen­min­is­te­rien der Bun­deslän­der kön­nen mit ein­er soge­nan­nten Vor­griff­s­regelung jedoch schon jet­zt dafür sor­gen, dass jene, die von den baldigen Neuregelun­gen prof­i­tieren wür­den, nicht mehr abgeschoben wer­den. In Rhein­land-Pfalz, Meck­len­burg-Vor­pom­mern, Schleswig-Hol­stein, Bre­men, Thürin­gen und Nieder­sach­sen gibt es bere­its solche Regelun­gen. „Wir freuen uns, dass sich nun auch in Bran­den­burg etwas bewegt“, so Hen­rike Koch vom Flüchtlingsrat Bran­den­burg mit Blick auf die Innenausschuss-Sitzung.

Mit ein­er Vor­griff­s­regelung zum Chan­cen-Aufen­thalt kön­nte die Lan­desregierung schon jet­zt Geflüchteten, die seit langem in Bran­den­burg leben, arbeit­en und hier angekom­men sind, die dauernde Angst vor ein­er Abschiebung nehmen. Wir soll­ten ihnen endlich die Chance auf eine Zukun­ft gewähren. Andere CDU-geführte Län­der machen vor, dass es geht!”

Hin­ter­grund:

Im Koali­tionsver­trag sieht die Bun­desregierung vor, die Voraufen­thalt­szeit­en in den soge­nan­nten Bleiberecht­sregelun­gen (§§25a und 25b Aufen­thalts­ge­setz) zu verkürzen sowie die Alters­gren­ze für Jugendliche von 21 auf 27 Jahre zu erhöhen, sodass ins­ge­samt mehr Geduldete von diesen Regelun­gen prof­i­tieren kön­nen. Im Rah­men des Chan­cen-Aufen­thalts ist außer­dem geplant, Geflüchteten, die seit fünf Jahren in Deutsch­land leben, einen ein­jähri­gen Aufen­thalt auf Probe zu gewähren, während­dessen sie andere Voraus­set­zun­gen für einen Aufen­thalt­sti­tel wie Leben­sun­ter­haltssicherung und Iden­tität­sklärung nach­holen kön­nen. Solange diese Regelun­gen bun­desrechtlich nicht umge­set­zt sind, leben viele Men­schen wie auch Ali und seine Mut­ter in ständi­ger Angst vor ein­er Abschiebung. Die genan­nten Bun­deslän­der ver­hin­dern das schon jet­zt. Das CDU-geführte Schleswig-Hol­stein teilte seinen Aus­län­der­be­hör­den beispiel­sweise mit, dass keine Ein­wände beste­hen, wenn schon jet­zt Aufen­thalt­ser­laub­nisse an die entsprechende Per­so­n­en­gruppe erteilt wür­den. Ähn­lich regelt es auch die Ampel-Regierung von Rhein­land Pfalz. In Nieder­sach­sen soll Per­so­n­en, die mit hoher Wahrschein­lichkeit in den Anwen­dungs­bere­ich der kün­fti­gen bun­des­ge­set­zlichen Regelun­gen fall­en wer­den, bere­its jet­zt eine so genan­nte Ermessens­dul­dung erteilt wer­den. So sind sie vor Abschiebun­gen geschützt.

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(Anti)militarismus Antifaschismus Geschichte & Gedenken Law & Order

Förderruine Garnisonkirche stoppen!

(Vorvorabend-)Demo “Gar­nisonkirche stop­pen”: Dien­stag, 7. Juni
17 Uhr Start Am Grü­nen Git­ter 1, Frieden­skirche / Sitz des Ev. Kirchenkreis­es Potsdam
18 Uhr Abschlusskundge­bung bei Gar­nisonkirchen­baustelle / Rechenzentrum

Prozess­be­gleitung “Sol­i­darisch mit den angeklagten Gar­nisonkirchengeg­n­ern”: 9. Juni und 14. Juni in der Hege­lallee 8, im Amts­gericht Pots­dam. 9 Uhr ist Prozess­be­ginn, am besten kommt ihr schon um 8:30 Uhr, damit wir alle gemein­sam reinkommen.

Am 29.10.2017 protestierten zahlre­iche Garnisonkirchen-Gegner*innen gegen die Baus­tarts­feier der Gar­nisonkirchenkopie. Drei von ihnen wer­den – fast fünf Jahre später – wegen ver­meintlich­er „Störung der Reli­gion­sausübung“ angeklagt. Der Protest bei dem Baus­tart eines der umstrit­ten­sten Bau­vorhaben in Deutsch­land ist nichts Über­raschen­des. Über­raschend kann es jedoch sein, wie die Führung der Evan­ge­lis­chen Kirche damit umge­ht. Maßge­blich angestoßen durch den Strafantrag des Kom­mu­nika­tionsvor­stands der Stiftung Gar­nisonkirche (SGP), Wieland Eschen­burg, wird der Protest krim­i­nal­isiert. Die Führung der Evan­ge­lis­chen Kirche schaut dabei ver­ant­wor­tungs­los zu. Dabei sind es diesel­ben Kirchen­leute wie Ange­li­ka Zädow, Super­in­ten­dentin des Kirchenkreis­es Pots­dam, die verzweifelt den Begriff der„Versöhnung“ bemühen, wenn es darum geht, für den Bau der Gar­nisonkirchenkopie zu werben.

Die Ver­ant­wor­tungslosigkeit der Leitung der Evan­ge­lis­chen Kirche hat Tra­di­tion. Die Führung der Evan­ge­lis­chen Kirche, sowohl in Pots­dam, auf Lan­desebene als auch auf Bun­de­sebene hat entschei­dend dazu beige­tra­gen, dass wir uns mit ein­er Förder­ru­ine mit­ten in der Stadt herum­schla­gen müssen.

Die Kirchen­leute haben das Bürg­er­begehren zur Auflö­sung der Gar­nisonkirchen­s­tiftung und die Vielzahl der Bürg­er­haushaltsab­stim­mungen gegen eine öffentliche Finanzierung ignori­ert. Eben­so stießen die vie­len War­nun­gen über die des­o­late Finanzsi­t­u­a­tion des Pro­jek­tes bei den Ver­ant­wortlichen auf taube Ohren.

Dass es zu dem jet­zi­gen Demokratie- und Finanzde­saster über­haupt gekom­men ist, hat die Evan­ge­lis­che Kirche maßge­blich mit zu ver­ant­worten. Sie war es, die sich dem Ansin­nen des recht­sradikalen Sol­dat­en Max Klaar annahm, und Anfang der 2000er in das Baupro­jekt mit orig­i­naler Mil­itärkirchenop­tik ein­stieg. Die Evan­ge­lis­che Kirche hat mit ihrem heuch­lerischen Ver­söh­nungskonzept und mit ihrer jahre­lan­gen Lüge der 100%igen pri­vat­en Spenden­fi­nanzierung dem reak­tionären Wieder­auf­baupro­jekt erst poli­tisch zur Durch­set­zung verholfen.

Spätestens mit dem ver­nich­t­en­den Gutacht­en über die Finanzsi­t­u­a­tion der Gar­nisonkirchen­s­tiftung durch den Bun­desrech­nung­shof im Feb­ru­ar sollte zu erwarten sein, dass die Führung der Evan­ge­lis­chen Kirche nun alles daran set­zt, für die bere­its ent­stande­nen gesellschaftlichen und finanziellen Schä­den Ver­ant­wor­tung zu übernehmen.

Auch jet­zt ist es noch möglich, reinen Tisch zu machen und das Pro­jekt so zu trans­formieren, dass es tat­säch­lich ein Ort wird, an dem Geschichte angemessen erin­nert wer­den kann, ohne Inter­essenkon­flik­te mit der Bun­deswehr (die u.a. die geplante Dauer­ausstel­lung finanzieren soll…) und preußis­che Militarismus-Romantik.

Dafür ist es drin­gend notwendig, dass sich die Evan­ge­lis­che Kirche endlich ver­ant­wortlich zeigt und aus dem Pro­jekt geord­net aussteigt:
— Sofor­tiger Stopp aller Pla­nungs- und Bau­maß­nah­men an Turm und Kirchenschiff!
— Sofor­tige Ein­stel­lung jed­wed­er öffentlich­er Finanzierung!
— Kein Abriss des Rechenzentrums!
— Protest entkriminalisieren!
— Kon­ver­sion und Teil­rück­bau der Bausub­stanz zu einem öffentlichen Ort und Mah­n­mal der kri­tis­chen Auseinan­der­set­zung mit der Geschichte und des Wiederaufbauvorhabens!
— Echte Mitbes­tim­mung durch die Pots­damer Stadt­ge­sellschaft beim Umgang mit dem Ort statt von ein­er kirch­lichen Stiftung, Mitteschön und Bun­deswehr dik­tierte Geschichtsklitterung!
— Auflö­sung der Stiftung Gar­nisonkirche! Per­son­elle und rechtliche Kon­se­quen­zen für die Ver­ant­wortlichen der SGP

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(Anti)militarismus jüdisches Leben & Antisemitismus Verschwörungsideologie

Corona-Proteste und Gegenproteste in Potsdam

Seit dem Dezem­ber 2021 kam es in zahlre­ichen bun­des­deutschen (und damit auch ost­deutschen) Städten (wie Pots­dam) erneut zu Protesten gegen die soge­nan­nte „Coro­na-Poli­tik“ des Bun­des und der jew­eili­gen Lan­desregierun­gen. An vie­len Orten nah­men rechte und recht­sex­treme Akteure an den Aktio­nen und Demon­stra­tio­nen der Pan­demie-Leugn­er_in­nen teil oder ver­sucht­en ander­weit­ig Ein­fluss auf diese aus zu üben. Teile der tra­di­tionellen Friedens­be­we­gung, der Alter­na­tivbe­we­gun­gen“ oder der Anthro­poso­phie sind durch ihre eigene völkische Tra­di­tion und der Kon­ti­nu­ität des Unwil­lens der Abgren­zung von Nation­al­sozial­is­mus und rechter-völkisch­er Bewe­gung, offen für alte und neue For­men recht­sex­tremer Poli­tik. Der recht­sof­fene Charak­ter der Proteste macht sich unter Anderem dadurch bemerk­bar, dass selb­st, wenn keine organ­isierten Neon­azis oder Teile der „neuen Recht­en“ die Proteste koor­dinieren, die Ver­harm­lo­sung des his­torischen Nation­al­sozial­is­mus oder die Geschicht­srel­a­tivierung antifaschis­tis­chen Wider­stands im Nation­al­sozial­is­mus eben­so zum Hauptbe­standteil der Protes­tar­tiku­la­tion gehörten, wie die Ver­harm­lo­sung real­er (gegen­wär­tiger) Unter­drück­ungs- und Herrschaftsver­hält­nisse. Dem­nach führten die Maß­nah­men im Zusam­men­hang mit dem Virus sofort entwed­er „in die Konzen­tra­tionslager“ oder in „ein Aparthei­dssys­tem“. Das benutzen des „Juden­sterns“ als eigene Opfer-Inze­nierung war/ ist in diesem Zusam­men­hang nicht nur der geschmack­los­es­te Aus­druck von Teilen der Protest­be­we­gung, son­dern ein­deutig der Ver­such Geschichte zu ver­drehen. Eine fundierte Kri­tik an Maß­nah­men im Kon­text mit der Pan­demie war meist nicht sicht­bar präsent.

Den ganzen Text gibt es fer­tig­broch.

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Wohnen & Stadt

Offener Brief: Für mehr gemeinschaftliches Wohnen in Cottbus

Der offene Brief unter der Über­schrift „Für mehr gemein­schaftlich­es Wohnen in Cot­tbus“ wurde am Dien­stag, 26. April 2022 an den Ober­bürg­er­meis­ter und die stel­lvertre­tende Bürg­er­meis­terin der Stadt übergeben.

Offener Brief

Die Cot­tbusser Stad­ten­twick­lung ist auf eine inno­v­a­tive Zukun­ft aus­gelegt. Im Bere­ich Wohnen ist davon wenig zu merken, kri­tisieren Wohnge­mein­schaften, Haus­pro­jek­te und Bau­grup­pen, die in einem offe­nen Brief an die Stadt mehr Platz für gemein­schaftlich­es Wohnen in Cot­tbus fordern.

Der offene Brief unter der Über­schrift „Für mehr gemein­schaftlich­es Wohnen in Cot­tbus“ wurde am Dien­stag, 26. April 2022 an den Ober­bürg­er­meis­ter, Hol­ger Kelch (CDU), und die stel­lvertre­tende Bürg­er­meis­terin und Lei­t­erin des Geschäfts­bere­ich­es Stad­ten­twick­lung und Bauen, Mari­et­ta Tzschoppe, übergeben.
Anlass zu der Ini­tia­tive sind die online ein­se­hbaren Neubaupro­jek­te von GWC und eG Wohnen, die zeigen, dass aktuell Woh­nun­gen mit nur zwei bis vier Zim­mern neu geschaf­fen wer­den. Beson­ders häu­fig haben diese neuen Woh­nun­gen offene Grun­drisse und sind daher nicht gut für Wohnge­mein­schaften geeignet. Es ist also Woh­nungs­bau für Kern­fam­i­lien, Paare und Sin­gles. Dabei sei der Platz für Wohnge­mein­schaften schon jet­zt eng in der Stadt, kri­tisiert Lau­ra Doyé aus dem Haus­pro­jekt K29 in Schmell­witz: „Studierende wer­den in Cot­tbus vor­wiegend einzeln in zweck­ge­bun­de­nen Wohn­heimen unterge­bracht, was nach Ende des Studi­ums eher zum Wegzug als zum Bleiben ver­leit­et. Gle­ichzeit­ig wur­den eini­gen leg­endären WGs die Mietverträge gekündigt und die Stadt zeigt wenig Inter­esse, uns bei dem Auf­bau eines dauer­haften Wohn­pro­jek­tes zu unter­stützen. Hinzu kom­men die hor­rende gestiege­nen Miet- und Immo­bilien­preise, die das Entste­hen neuer WGs und Wohn­pro­jek­te deut­lich erschweren“.

Unter­stützung find­et die Ini­tia­tive vor­wiegend durch Wohnge­mein­schaften und stu­den­tis­che Wohn­pro­jek­te, aber auch z.B. durch das Mehrgen­er­a­tio­nen­haus Marie-Noack und durch die Bau­gruppe Hoch5.

Dass die Ini­tia­tive von einem bre­it­en gesellschaftlichen Spek­trum getra­gen wird, zeigt deut­lich, dass sich immer mehr Men­schen Wohn­mod­elle wün­schen, die mehr Leben­squal­ität auf begren­zter und bezahlbar­er Wohn­fläche bieten. Die Gründe dafür sind vielfältig und gehen weit über Zweck­ge­mein­schaften und Aus­bil­dungszeit­en hin­aus. Es brauche deshalb neue Konzepte des Zusam­men­lebens, neue Woh­nungsty­polo­gien und auch eine andere Pla­nungskul­tur, fordern die Autor:innen des offe­nen Briefes.

Die Ini­tia­tive zu dem offe­nen Brief ent­stand im Rah­men des europaweit­en Hous­ing Action Days im März, an dem zivilge­sellschaftliche Grup­pen ihre Per­spek­tiv­en auf woh­nungspoli­tis­che Fra­gen ver­han­deln. In Deutsch­land ist der bun­desweite Zusam­men­schluss von Mieter:innen-Initiativen und Recht auf Stadt-Grup­pen seit 2019 aktiv. Die wichtig­ste Forderung des Aktions­bünd­niss­es ist, dass Wohnen ein Grun­drecht ist und durch Mieten keine Gewinne erwirtschaftet werden.

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(Anti)militarismus Antifaschismus Geschichte & Gedenken

Nie wieder Krieg! // Gedenkveranstaltung zu 77. Jahre Befreiung vom Faschismus

Vor knapp acht Jahrzehn­ten kon­nten die Alli­ierten Kräfte die Welt vom deutschen Faschis­mus befreien. Mit der bedin­gungslosen Kapit­u­la­tion der Wehrma­cht am 8. Mai 1945 ende­ten sys­tem­a­tis­ch­er Massen­mord in den Konzen­tra­tionslagern und an der Front.

Am 8. Mai 2022 wollen wir deshalb um 11 Uhr am VdN-Denkmal in Tem­plin (Bahn­hof­str. Höhe 26/27)
der Befreiung vom Naziregime und des Endes des zweit­en Weltkriegs würdig gedenken.

Ger­ade jet­zt ist es wichtig sich der eige­nen Ver­gan­gen­heit zu erin­nern, anstatt Mil­liar­den in Mord­maschi­nen zu investieren. Wir set­zen ein Zeichen gegen Krieg und Kriegsver­brechen, gegen Gewalt, Hass und Ver­fol­gung! Frieden schaf­fen wir nur durch kon­se­quenten Anti-Mil­i­taris­mus und die Beendi­gung sozialer Ungle­ich­heit und Diskriminierung!

Auch wenn die Nazis besiegt wur­den, war das nicht das Ende der Faschis­ten. Ein Großteil kon­nte sich reha­bil­i­tieren und ihre men­schen­ver­ach­t­ende Ide­olo­gie weit­ergeben. Ihre heuti­gen Blüten sind in kon­stant anhal­ten­dem Anti­semitismus und Ras­sis­mus, recht­sradikalen Parteien in den Par­la­menten und recht­sex­tremem Ter­ror von NSU bis Hanau wiederzufinden.

Die Vere­ini­gung der Ver­fol­gten des Naziregimes – Bund der Antifaschistin­nen und Antifaschis­ten (VVN-BdA) Uck­er­mark-Barn­im ruft dazu auf endlich aus der Ver­gan­gen­heit zu ler­nen und das Mor­den auf der Straße und in allen Kriegsre­gio­nen zu stoppen.

„Geschichte ist nicht die Vergangenheit,
sie ist die Gegenwart.
Wir tra­gen unsere Geschichte mit uns.
Wir sind unsere Geschichte.“

‑James Baldwin 

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Antifaschismus

Solidarität mit den Genoss*innen in Kolumbien 2022

»Sol­i­dar­ität mit link­er Basis­ar­beit in Kolumbien…«

Die poli­tis­che Sit­u­a­tion in Kolumbi­en ver­schlechterte sich in den ver­gan­genen Jahren weit­er. Knapp sechs Jahre, nach­dem die linke Gueril­la FARC-EP einen Friedensver­trag mit der kolumbian­is­chen Regierung unterze­ich­net und ihre Waf­fen abgegeben hat, wird der Frieden­sprozess weit­er block­iert. Der ultra­rechte kolumbian­is­che Präsi­dent Iván Duque hebelte in den ver­gan­genen Jahren schrit­tweise viele Vere­in­barun­gen der Friedensverträge von Havan­na aus. Morde an Aktivist:innen, demo­bil­isierten Ex-Guerillerxs und pro­gres­siv­en Politiker:innen sind nach wie vor an der Tage­sor­d­nung. Ein Teil der demo­bil­isierten Guerillerxs nahm den bewaffneten Kampf wieder auf. Andere ver­suchen über Partei- oder Bewe­gungspoli­tik die Friedensverträge von Havan­na zu retten.

Die Coro­na-Pan­demie seit 2020 stieß die arbei­t­ende Klasse hinab in exis­ten­tielle Not und Hunger. Den­noch kon­nte Sie mit mas­siv­en Mobil­isierun­gen in den ver­gan­genen zwei Jahren mehrere neolib­erale Geset­zesvorhaben der Regierung kip­pen. Im Jahr 2022 ste­ht Kolumbi­en vor Präsi­dentschaftswahlen am 29. Mai. Mit dem Pacto Históri­co verbinden weite Teile der kolumbian­is­chen Linken die Hoff­nung auf eine Ret­tung der Friedensverträge und ein Ende der neolib­eralen Aggres­sion gegen die werk­tätige Klasse.

Wie stellen sich diese Entwick­lun­gen aus der Per­spek­tive von linken Basisaktivist:innen vor Ort dar? RASH Bogotá entspringt ursprünglich der linken und antifaschis­tis­chen Skin­head­kul­tur der 90er Jahre in der Haupt­stadt. Heute umfasst die poli­tis­che Arbeit der Aktivist:innen aber nicht nur sämtliche wider­ständi­ge Sub­kul­turen der Haupt­stadt von Punk bis HipHop oder Ultra-Szene, son­dern auch poli­tis­che Arbeit an der Basis. So sind die Aktivist:innen in der Friedens­be­we­gung, in sozialen Zen­tren, in linken Medi­enkollek­tiv­en, in der fem­i­nis­tis­chen Bewe­gung und auch im Präsi­dentschaftswahlkampf für den Pacto Históri­co aktiv.

Wie ste­ht es aus Ihrer Sicht um den Frieden­sprozess und welche Rolle kön­nen die sozialen Bewe­gun­gen spie­len? Vor welchen sozialen und ökol­o­gis­chen Prob­le­men ste­ht Kolumbi­en? Wie kön­nen inter­na­tion­al sol­i­darische Net­zw­erke aufge­baut wer­den, um Sol­i­dar­ität zu üben? Was heißt kon­trakul­turelle Kul­tur­poli­tik? Was sind die Poten­tiale und Gren­zen des Pacto Histórico?

Die Genoss*innen wollen mit ihrer Vor­tragsreise nicht nur einen Ein­blick ins poli­tis­che Geschehen Kolumbi­ens geben. Sie sind auch daran inter­essiert, sich mit deutschen Genoss:innen, die für eine sozial­is­tis­che und gegenkul­turelle Poli­tik ste­hen, in den poli­tis­chen Aus­tausch zu kommen.

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Antifaschismus Law & Order

Gegen Polizeigewalt — Jeder Faustschlag ein Verbrechen!

Am Fre­itag, den 06. Mai 2022, um 15 Uhr vor der Polizei­wache in der Hen­ning-von-Tresck­ow-Straße 09–13.

Am 2. Mai wurde in Mannheim ein Mann von der Polizei zu Tode geprügelt. Faustschläge ins Gesicht scheinen das Ein­maleins zu sein in der Polizeiaus­bil­dung. In diesem Fall war es das Todesurteil für einen Mann, der – den Polizist:innen vor Ort bekan­nt – psy­chis­che Prob­leme hat­te. Die bru­tale Fes­t­nahme machte ihn bewusst­los, dann ver­starb er kurze Zeit später im Kranken­haus. Dass der Mann zudem eine Migra­tions­geschichte hat, muss erwäh­nt wer­den. Die vie­len recht­sex­tremen und ras­sis­tis­chen Umtriebe in der Polizei äußern sich nicht sel­ten in Polizeige­walt auf der Straße.

Wir wollen uns nicht an Polizeige­walt gewöh­nen. Das haben wir schon lange genug getan. Wir wollen keine Entschuldigung. Wir wollen kein Faseln von Einzelfällen, unglück­lichen Umstän­den. Außer­dem akzep­tieren wir keinen Ver­weis auf ver­meintliche “Gegen­wehr” ein­er Per­son gegen eine Vielzahl von Polizist:innen! Nicht in Mannheim und nir­gend­wo! Uns ist klar: Kommt die Polizei, wer­den die Prob­leme größer. Trifft die Polizei auf psy­chisch kranke Men­schen, mün­det das nicht sel­ten in Mord durch die Polizei. Die Polizei bedeutet keine Sicher­heit, vor allem nicht für peo­ple of col­or oder nicht-deutsch gele­sene Men­schen. Die Polizei löst keine Prob­leme. Die Polizei ist Teil des Prob­lems. Und jede:r einzelne Polizist:in ver­größert das Problem.

Und dabei ist dieses Prob­lem noch viel zynis­ch­er: Die Polizei kostet einen Haufen Geld. Geld, was an den Stellen des sozialen Aus­gle­ichs fehlt, der wirk­lich einen Beitrag zur Lösung von Prob­le­men leis­ten kön­nte. Während tausende Polizist:innen in den bran­den­bur­gis­chen Behör­den Kleinkrim­inelle und Dro­gen­de­lik­te ver­fol­gen oder für bru­tale Fes­t­nah­men trainiert wer­den, sind bspw. ger­ade mal eine Hand­voll Streetworker:innen für Pots­dam zuständig.

Aber das Prob­lem Polizei hat eben­so Sys­tem. Wenn ras­sis­tis­che Geset­ze und die kap­i­tal­is­tis­che Aus­beu­tung die Ungle­ich­heit wach­sen lassen, greift die Poli­tik zur Polizei. Armuts­bekämp­fung bedeutet dann nicht, Men­schen ein men­schen­würdi­ges Leben zu ermöglichen und gegen den kap­i­tal­is­tis­chen Wahn vorzuge­hen. Armuts­bekämp­fung mit­tels der Polizei bedeutet viel mehr Eskala­tion und der reale Kampf gegen Men­schen. Die Polizist:innen nehmen als abges­tumpfte, bru­tale und bezahlte Gewalttäter:innen das Lei­den ihrer Opfer in Kauf — bis zum Tod, wie der schock­ierende Fall in Mannheim wie­der­mal zeigt.

#polizeiprob­lem
#deutsch­land­hatein­polizeiprob­lem
#defundthe­p­o­lice
#polizeiab­schaf­fen

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Antifaschismus Law & Order

Proteste für die Freilassung der Deutschen Journalistin

In Pots­dam soll vor dem Bürger*innenbüro der Außen­min­is­terin Annale­na Baer­bock eine Kundge­bung abge­hal­ten wer­den. Hier­bei soll auch ein Offen­er Brief mit über 400 Unter­schriften über­re­icht werden.

Die bei­den freis­chaf­fend­en Journalist*innen wur­den am 20. April im Nordi­rak von Sicher­heit­skräften ver­haftet und befind­en sich, laut Angaben der Deutschen Botschaft, seit dem im Haup­tquarti­er des irakischen Geheim­di­en­stes in Bagdad.

Die Zustände in irakischen Gefäng­nis­sen sind erschreck­end, kein Men­sch sollte auch nur einen Tag zu Unrecht in ihnen ver­brin­gen müssen”, sagte RSF-Geschäfts­führer Chris­t­ian Mihr. „Mit der Fes­t­nahme dieser bei­den engagierten jun­gen Medi­en­schaf­fend­en zeigen die irakischen Behör­den, dass wed­er über die Sit­u­a­tion der jesidis­chen Min­der­heit im Sind­schar noch über die Aktio­nen der türkischen Stre­itkräfte in dieser Region etwas nach außen drin­gen soll. Wir fordern Bun­de­saußen­min­is­teri­um Annale­na Baer­bock dazu auf, sich für Mar­lene Förster und Matej Kavčič einzusetzen.”

Der Irak ste­ht auf der Ran­gliste der Presse­frei­heit von Reporter ohne Gren­zen auf Platz 163, hin­ter Län­dern, wie der Türkei oder Russland.Sofort nach Bekan­ntwer­den der Fes­t­nahme haben sich Freund*innen und Ange­hörige zusam­menge­tan und auf ver­schiede­nen Wegen ver­sucht Öffentlichkeit für den Fall herzustellen und Kon­takt zu den Inhaftierten zu erwirken. Erst am 28. April schaffte es die Vertre­tung der deutschen Botschaft im Irak ein erstes und bish­er einziges per­sön­lich­es Gespräch mit Mar­lene Förster zu erwirken.

Lydia Förster, die Mut­ter von Mar­lene dazu: “Ich hoffe so sehr, dass Mar­lene und Ihr Kol­lege bald freige­lassen wer­den. Ich denke jede Minute an sie. Heute am Tag der Presse­frei­heit ist es wichtig auf Mar­lenes und Mate­js Schick­sal aufmerk­sam zu machen und auch an all die anderen inhaftierten Journalist*innen, z.B. in der Türkei zu erin­nern. Ich danke allen, die sich für meine Tochter und Matej in den let­zten zwei Wochen einge­set­zt haben. Ich bin sehr gerührt über die große Welle der Sol­i­dar­ität und hoffe dass meine Tochter und ihr Kol­lege wis­sen, dass sich soviele für sie ein­set­zen, das wird ihnen noch mehr Kraft geben. Ich rufe Euch auf, weit­er für eine bre­ite Öffentlichkeit zu sor­gen und die Freilas­sung von Mar­lene und Matej zu fordern.”

Ich kenne Mar­lene. Wo sie hinkommt, tritt sie in Beziehung zu den Men­schen, die sie trifft. Sie hat Freund*innen in der ganzen Welt und diese Beziehun­gen sind lebendig. Wenn das Ziel der Inhaftierung war, die Aufmerk­samkeit der inter­na­tionalen Öffentlichkeit auf die Geschehnisse vor Ort zu schmälern, dann haben sie das Gegen­teil erre­icht.”, so Yan­nick Theiß aus Darm­stadt und Teil der Ini­tia­tive ‘Free Mar­lene And Matej‘

Am Son­ntagabend startete die irakische Armee einen umfassenden Angriff auf die Autonomiev­er­wal­tung und die Sicher­heitsstruk­turen in Şen­gal, die nach dem Genozid im Jahre 2014 durch den IS aufge­baut wur­den. „Diesen erneuten Angriff verurteilen wir und wir wer­den nicht wegschauen.”, schließt Yan­nick Theiß.

Orte und Zeit­en der Kundgebungen:

• Berlin | 14 Uhr | vor dem Auswär­ti­gen Amt (Werder­sch­er Markt 1, 11013 Berlin)
• Frank­furt | 10 Uhr | vor dem irakischen Gen­er­alkon­sulat (Wes­t­end­straße 12, 60325 Frank­furt am Main)
• Mar­burg | 17 Uhr | am Cine­plex (Biegen­straße 1a, 35037 Marburg)
• Pots­dam | 15 Uhr | vorm Bürger*innenbüro von Annale­na Baer­bock (Jäger­straße 18, 14467) 

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Antifaschismus Arbeit & Soziales Bildung & Kultur Klima & Umwelt

Solidarisch durch die Krisen

Wir laden alle Südbrandenburger:innen her­zlich dazu ein, sich an der 1. Mai – Demon­stra­tion für eine gerechte und soziale Gesellschaft und klim­agerechte Zukun­ft zu beteili­gen. Die derzeit­i­gen Krisen ver­schär­fen die soziale Sit­u­a­tion viel­er Men­schen und stellen Gesellschaften vor große Her­aus­forderun­gen, wie der Krieg in Europa, aber auch der Pflegenot­stand in Deutsch­land zeigen. Diese Krisen dür­fen nicht auf dem Rück­en der Bevölkerung aus­ge­tra­gen wer­den. Dafür set­zen wir uns ein.”, so Anne Bro­da, Sprecherin von #unteil­bar-Süd­bran­den­burg.

Der Demon­stra­tionszug startet am Son­ntag um 11 Uhr am Schiller­platz und führt über eine kurze Route durch die Innen­stadt zum sel­ben zurück. Auf der Demon­stra­tion wird es einen Kli­ma-Block geben. Dazu sagt Rebek­ka Schwarzbach von der Umwelt­gruppe Cot­tbus: „Auch wir protestieren am 1. Mai, um ein Zeichen der Sol­i­dar­ität zu set­zen gegen die immer weit­er voran­schre­i­t­ende Kli­makatas­tro­phe, die ger­ade hier in der Lausitz durch den Kohleab­bau ange­heizt wird. Die Kli­makatas­tro­phe ist nicht nur eine der häu­fig­sten Fluchtur­sachen, son­dern zer­stört auch die Lebens­grund­la­gen zukün­ftiger Generationen.“

Der Deutsche Gew­erkschafts­bund (DGB), der die 1. Mai Demon­stra­tion mitor­gan­isiert, betont die Wichtigkeit gew­erkschaftlich­er Arbeit für die Arbeitnehmer:innen in Krisen­si­t­u­a­tion: “Die Coro­na-Krise und jet­zt noch der Ukraine-Krieg, stellen unsere Wirtschaft vor ungeah­nte Her­aus­forderun­gen. Dank unser­er inten­siv­en, gew­erkschaftlichen Krisen­poli­tik kon­nten wir Beschäf­ti­gungsver­luste und Arbeit­slosigkeit ger­ing hal­ten. Aber nicht nur das: Wir haben erre­icht, dass der Min­dest­lohn noch in diesem Jahr auf 12 Euro erhöht wird. Das nutzt Mil­lio­nen Men­schen im Land, die wir damit vor „Armut trotz Arbeit“ schützen. In der Zukun­ft kommt mit der Trans­for­ma­tion der Wirtschaft noch eine weit­ere Baustelle dazu.”, sagt Mar­co Bedrich, Region­s­geschäfts­führer des DGB Südbrandenburg/Lausitz.

Im Anschluss an die Demo find­et im Schiller­park ein Maitr­e­f­fen statt, bei dem u.a. der Cot­tbuser Kneipen­chor auftritt und der Aus­tausch und die Ver­net­zung der Akteur:innen im Mit­telpunkt stehen. 

Inforiot