Nach einigen Wochen Pause setzte die extrem rechte Vereinigung „Bürgerbündnis Havelland“ am Dienstagabend ihre Versammlungsreihe auf dem Märkischen Platz in Rathenow fort. Die stationäre Kundgebung stand unter dem Motto: „Merkel muss weg“. Sie sollte offenbar an ähnliche Veranstaltungen in Hamburg, Mainz und Berlin anknüpfen, die seit kurzem regelmäßig stattfinden.
Neue Sympathisierende konnte das „Bürgerbündnis“ dabei jedoch nicht akquirieren. Die insgesamt 27 Teilnehmenden stammten aus Rathenow, Premnitz, Beetzsee, Brandenburg an der Havel sowie Berlin und sind seit Monaten, einige seit Jahren, im PEGIDA-Milieu aktiv.
Auch die Reden der vier Vortragenden hatten den üblichen Charakter. Beleidigende und extrem rechte Äußerungen, mehrere Redende sprachen von „Umvolkung“ und äußerten sich rassistisch, eine weitere Person deutete u.a. den „Hitlergruß“ an, gingen einher mit der Ankündigung künftig mehr in der Kommunalpolitik mitmischen zu wollen. Dazu kündigte der Vereinsvorsitzende und ehemalige Bürgermeisterkandidat Christian Kaiser die Bildung einer Wählergemeinschaft anlässlich der im kommenden Jahr stattfindenden Kommunalwahlen an. Genaueres nannte er aber nicht. In seinem Redebeitrag skandierte er jedoch heute die NPD Parole „Sozial geht nur National“.
Darüber hinaus besuchten Kaiser und weitere Mitglieder des Bürgerbündnisses bereits am vergangenen Mittwoch einen Stammtisch der AfD im Rathenower Restaurant „Harlekin“.
Eine ursprünglich für denselben Tag im Internet angekündigte Versammlung unter dem Motto: „Merkel muss weg“ fiel jedoch ohne Angabe von Gründen aus. Die Veranstaltung sollte vor dem „Harlekin“, auf dem Märkischen Platz stattfinden.
Trotz der momentan geringen Anziehungskraft der Versammlungen des „Bürgerbündnisses“ soll dieses Veranstaltungskonzept offenbar auch in den nächsten Wochen fortgesetzt werden. Diesbezüglich kündigte Kaiser u.a. an nun im Zwei-Wochen-Rhythmus jeweils Montags Kundgebungen in Rathenow abhalten zu wollen. Die Polizei solle sich schon einmal auf weitere Überstunden einstellen, so der Chef des Bürgerbündnisses.
Fotos: https://www.flickr.com/photos/presseservice_rathenow/albums/72157694770730604
Kategorie: Antifaschismus
In der Nacht zum 28. März 2018 gedachten Antifaschist*innen in Frankfurt (Oder) dem Punk Enrico Schreiber, der vor fünzehn Jahren von Neonazis in seiner Wohnung ausgeraubt und getötet wurde. An diversen Plätzen wurden Kerzen und Flyer angebracht:
Wir wollen nicht vergessen — Mord durch Neonazis in Frankfurt (Oder)
Heute vor 15 Jahren wurde Enrico “Punki” Schreiber von drei stadtbekannten Neonazis ermordet. Sie waren zuvor in die Wohnung seines Freundes eingebrochen, wo sie ihn überraschten. Danach haben sie ihn gefoltert, beraubt, verletzt und dann sterbend zurückgelassen. Zwar wurden die Täter zu jahrelangen Haftstrafen verurteilt, ihr menschenverachtendes Weltbild soll allerdings bei der Tat keine Rolle gespielt haben. Folgerichtig wurde der Mord staatlicherseits nicht als Verbrechen durch Neonazis eingestuft. Antirassistische Initiativen und Unterstützer*innen der Betroffene von Neonazigewalt beurteilen den Fall anders, für sie stellt die rechtsradikale Weltsicht der Angreifer eine entscheidende Voraussetzung für die schreckliche Tat dar. Tatsächlich wird die offizielle Einstufung als Raubmord dadurch unglaubwürdig, dass die Täter einen Menschen stundenlang verprügelten und folterten, den sie als “Punker” und “Asozialen” betrachteten.
Immer wieder kommt es zu Angriffen auf Menschen durch Neonazis, die von diesen als unproduktiv, faul und nutzlos angesehen werden. Obdachlose, Punks und Alkoholkranke werden von Faschisten als minderwertig angesehen und ausgegrenzt, angegriffen und sogar ermordet. Die Vorstellung, der Wert eines menschlichen Lebens würde sich an dessen Arbeitsleistung definieren, ist allerdings bis wein in den Mainstream hinein verbreitet. Neonazistische Angriffe stehen in diesem Sinne nicht gegen dominierende gesellschaftliche Trends, sondern befinden sich eher im Fahrwasser der kapitalistischen Leistungsgesellschaft. Zumindest zum Teil können sich Neofaschisten so als Vollstrecker des Mehrheitswillens fühlen, wenn sie vermeintlich “unproduktive” oder “leistungsschwache” Menschen angreifen. Einem solchen Denken gilt es sich entschlossen entgegenzustellen, egal ob Menschen verbal abgewertet oder körperlich angegriffen werden.
In Frankfurts jüngster Geschichte ist rechten und neonazistisches Denken und Handeln leider eine Konstante. Anfang der Neunziger Jahre sind die ersten polnischen Reisebusse aus einer rassistischen Gruppe heraus mit Steinen beworfen worden. Neonazis verabredeten sich, um gewalttätige Angriffe auf Menschen aus Polen durchzuführen. Punks, Obdachlose und Antifaschist*innen gehörten zum Feindbild der Neonazis und wurden regelmäßig brutal angegriffen. Dem Mord an Punki folgte ein Jahr darauf ein Angriff von acht Neonazis auf einen Asylbewerber, den dieser nur mit Glück überlebte, nachdem er tagelang im Koma gelegen hatte. Im Spätsommer 2004 entführten Neofaschisten einen alkoholkranken Menschen, folterten und vergewaltigten ihn stundenlang in einer Wohnung in Neuberesienchen. Diese Angriffe schockierten die städtische Öffentlichkeit und führten zu großen und entschlossen antifaschistischen Demonstrationen. An der Dauerpräsenz neonazistischer Symbolik im Stadtbild und der latenten Gefahr rechter Angriffe konnten auch sie allerdings nicht viel ändern.
In den folgenden Jahren gab es vielfältige Neonaziaktionen. Im Umfeld des Frankfurter Fußballvereins bildete sich eine große und angriffslustige rechte Hooliganszene. Diese wurde von neonazistischen Aktivisten aus dem Umfeld der freien Kameradschaftsbewegungen zu politisieren versucht. Immer wieder kam es zu gewalttätigen Übergriffen durch Leute aus dem Umfeld, besonders gehäuft im Rahmen von Fußballwelt- und Europameisterschaften, bei denen vielfach nicht-deutsche Fans attackiert worden sind.
In der jüngsten Vergangenheit machte die rassistische Gruppe “Frankfurt (Oder) wehrt sich” Stimmung gegen ein Klima von Solidarität und Willkommenskultur. Den von dieser Gruppe organisierten Aufmärschen stellten sich immer wieder Menschen entgegen, die damit sowohl symbolisch, als auch praktisch die Stadt nicht rassistischen und neonazistischen Akteuren überlassen haben. Auch wenn eine starke und gewalttätige Neonaziszene in Frankfurt seit der Wende zum Stadtbild gehört, es gab auch immer eine Tradition des Widerstandes gegen solche rassistischen und menschenverachtende Werte und Taten. So ist es aktiven Antifaschist*innen und ihrem Engagement zu verdanken, dass die Situation nicht noch schlimmer ist. Von Seiten der Stadt und vieler Menschen wird das Problem allerdings bis heute kaum ausreichend ernst genommen und oftmals leider auch verharmlost. Dabei spielen die Imagegründe eine Rolle: Nichts soll unternommen werden, was dem Wirtschaftsstandort schaden und eventuelle Investoren abschrecken könnte. Passt es doch, sind Amtsträger*innen und Autoritäten oft schnell dabei, die Probleme mit Rassismus und Nazigewalt kleinzureden und zu verharmlosen. Auch das Morde als “unpolitisch” klassifiziert werden, ist Teil einer solchen Strategie der Verharmlosung und Verblendung.
Auch wenn nach zahlreichen erfolgreichen antifaschistischen Gegenmobilisierungen derzeit keine rechten Aufmärsche stattfinden, werden regelmäßig Leute aus rassistischen und sozialdarwinistischen Motiven beleidigt und angegriffen. Für uns steht fest, dass wir nicht wegschauen oder schweigen wollen, wenn Freund*innen und Mitmenschen von Neonazis erniedrigt und angegriffen werden. Geflüchtete und Menschen, die Hilfe brauchen, anzugreifen, ist feige und manifestiert ein politisch-wirtschaftliches System, für das Kapitalverwertung die oberste Maxime ist. Diese an Kapitalinteressen orientierte Politik führt zu globaler sozialer Ungerechtigkeit, Leitungszwang und Armut. Daran trägt kein Flüchtling und kein Obdachloser Schuld, sondern das politische und wirtschaftliche System. Deutlicher sozialpolitischer Ausdruck dieser Agenda was die Durchführung der Hartz‑4 genannten Arbeitsmarktreform, die die Schaffung eines riesigen Niedriglohnsektor ermöglichten, von dem die deutsche Wirtschaft bis heute sehr profitiert. Die menschlichen Folgen für die Gesellschaft, etwa die massenhafte Zunahme von Armut und sozialer Ausgrenzung, werden heute kaum noch im politischen Mainstream diskutiert. Wer nach unten tritt und andere ausgrenzt, beteiligt sich damit am Erhalt des Bestehenden.
Wir stellen uns gegen Ausbeutung, Ungerechtigkeit und Herrschaft produzierendes politisches und wirtschaftliches System und stehen dafür ein, in einer positiven Weise Perspektiven für ein besseres Leben für alle Menschen zu erkunden. Solange Rassisten und Neonazis ihre menschenverachtende Propaganda auf die Straße tragen, werden wir uns Ihnen in den Weg stellen. Seid auch ihr dabei, mischt euch ein wenn ihr mitbekommt, dass Leute aus rassistischen, homophoben, sexistischen, antisemitischen und anderen Gründen angemacht oder angegriffen werden. Zeigt Empathie und solidarisiert euch mit den Betroffenen!
Für eine solidarische Gesellschaft und ein schönes Leben für alle!
Weitere Informationen zum Mord an Enrico “Punki” Schreiber:
www.opferpespektive.de / www.todesopfer-rechter-gewalt-in-brandenburg.de
Ein Zusammenschluss von Rassist*innen und Neonazis hat für Freitag den 13.04.2018 in Jüterbog eine Demonstration angekündigt. Seit einiger Zeit demonstrieren jene Rassist*innen unter dem Namen „Zukunft Heimat“ in Cottbus und anderen Städten der Lausitz. Immer wieder sind diese Aufmärsche das „Who’s Who“ der Neonaziszene. So bringen Neonazis gemeinsam mit sogenannten „besorgten Bürger*innen“ menschenverachtende Propaganda auf die Straße.
Doch das soll nicht unkommentiert bleiben!
Wenn der deutsche Mob anfängt von Heimat zu sprechen, ist es höchste Zeit auf die Straße zu gehen und ihnen entschlossen entgegenzutreten. Wenn Neonazis und ihre rassistischen Freunden*innen behaupten ihre Heimat „verteidigen“ zu müssen, dann folgen auch rassistische Übergriffe, Morde oder brennende Geflüchtetenheime. „Zukunft Heimat“ hat mit ihrer Kundgebung in Jüterbog bewusst eine deutsche Kleinstadt ausgesucht, um an die erfolgreichen Mobilisierungen von mehreren tausenden Menschen in Cottbus anzuschließen. Dies gilt es in Jüterbog zu verhindern, um danach auch Cottbus wieder nazifrei zu machen.
Warum auf die Straße gehen?
„Zukunft Heimat“ betreibt auf ihren Demonstrationen und Kundgebung rassistische Hetze. Sie hetzten gegen alles was „ihrer“ Heimat nicht entspricht. Alles was in ihren Augen schlecht für die Heimat ist wird diffamiert, beleidigt, bedroht und bei Bedarf auch körperlich angegangen. So haben beispielweise mehere Neonazis in der Silvesternacht eine Geflüchtetenunterkunft angegriffen und in Cottbus Pressevertreter*innen bedrängt und bedroht. „Zukunft Heimat“ versucht den deutschen Mob aufzustacheln und anzuheizen.
Jetzt ist es an uns, dem etwas entgegenzusetzen! Wir dürfen nicht zulassen, dass Neonazis – ganz egal wo – Fuß fassen. Raus aus der Komfortzone – rein ins brandenburgische Umland! Also kommt am 13.04. nach Jüterbog! Ganz gleich ob ihr mit dem Zug oder dem Auto kommt. Wir werden mit euch gemeinsam vom Bahnhof zur Kundgebung demonstrieren!
Roman von Manja Präkels (Verbrecher Verlag 2017)
…oder wie es sich in einer brandenburgischen Kleinstadt aufwachsen lässt, umgeben von der plötzlichen Perspektivlosigkeit nach dem Mauerfall und der zunehmenden Faschisierung der Freund*innen der Kindheit.
Mimis Freund Oliver, mit dem sie sich früher mit Schnapskirschen der Eltern betrank, wird Anfang der 1990er Jahre zum Anführer einer rechten Schlägergruppe. Von den Glatzen und Seitenscheitel tragenden Jungs als „Zecken“ beschimpft und bedroht, versuchen Mimi und ihre Freund*innen sich durchzuschlagen. Eine Menge Alkohol und gemeinsam verbrachte Nächte in den Jugendzimmern scheinen hier und da die Auseinandersetzung mit sich und den eigenen nächsten Schritten zu verdrängen. Und als ihr Freund „Krischi“ 1992 bei einem Discothekbesuch getötet wird, scheinen die einzigen Optionen der Wegzug nach Berlin zu sein oder den Kampf gegen die Neonazis weiter zu führen, der scheinbar nicht gewonnen werden kann.
Ungeschminkt und mit autobiografischen Anteilen schafft es Manja Präkels in ihrem Roman der Leser*innenschaft nahe zu bringen, was es bedeutet, in einer Kleinstadt mit „No-Go-Areas“ zu leben, Freund*innen durch Neonazigewalt zu verlieren und mit der ständigen Angst vor dem nächsten Angriff aus dem Haus zu gehen.
Gerade einer ursprünglich aus Westdeutschland kommenden Leser*innenschaft, wird durch das Buch das Entstehen des politischen Machtvakuums nach der Wende sowie das Besetzen dieses durch rechte Strukturen verdeutlicht. So nah die Geschichte und Charaktere einem als Person, die heute ebenfalls in einer brandenburgischen Kleinstadt lebt, im Laufe des Buches werden, leben wir dennoch in einer anderen Zeit. Antifaschistische und zivilgesellschaftliche Gruppen organisieren sich und gehen auf die Straße, um gegen RassistInnen und NationalistInnen zu demonstrieren.
Das Buch von Manja Präkels ergänzt bereits existierende wissenschaftliche Artikel, Interviews und Tagungsbände, zur Aufarbeitung der Faschisierung in den 90er Jahren in Ostdeutschland, um eine emotionale Ebene. Staat und Polizei haben über Jahre weggeschaut und die sich radikalisierende rechte Szene als randalierende Jugendliche abgetan. So laufen auch heute noch ungestraft neonazistische TäterInnen von damals herum. Das Buch schafft es, die Betroffenen der Gewalt in den Fokus zu rücken und ihre Geschichte sichtbar zu machen.
Wie auch in dem Fall von „Krischi“. Bei „Krischi“ handelt es sich um Ingo Ludwig, dem das Buch gewidmet ist und dessen Tod Präkels als Zeugin in dem Roman beschreibt. Ingo Ludwig ist eines der vielen Todesopfer rechter Gewalt, die keine Erwähnung finden in der offziellen Zählung der Bundesregierung zu Opfern rechter Gewalt nach 1990. Als das Moses Mendelssohn Zentrum Potsdam im Auftrag des Brandenburger Innenministeriums von 2013 bis 2015 rund zwei Dutzend Verdachtsfälle rechter Gewalt mit Todesfolge näher untersuchte, zählte der Fall von Ingo Ludwig nicht dazu. So sei eine Untersuchung nicht mehr möglich gewesen, weil die Ermittlungsakten aufgrund der gesetzlichen Bestimmungen zwischenzeitlich vernichtet worden waren. Für das Landesamt für Verfassungsschutz (LfV) war laut einer Bundestagsanfrage von 1994 der Tod von Ludwig auf einen Treppensturz zurückzuführen. Noch bizarrer wird die Geschichte, als der LfV behauptete, Neonazis wären Ludwig zur Hilfe geeilt und hätten ihn erst dann verprügelt, als er sie beschimpfte. In der Wochenzeitung Jungle World übt Manja Präkels an der Darstellung des LfV scharfe Kritik: „Wenn man die drei flachen Stufen der Dorfkneipe vor Augen hat und die Pogromstimmung jener Jahre in den Knochen, zerfällt die Geschichte von der hilfsbereiten Horde Skins.” (https://jungle.world/artikel/2013/45/48759.html)
Während Präkels ein authentisches Bild der Ereignisse in der Retropespektive zeichnet, eckt sie bewusst an die aktuelle Literatur an, die eher ein beschönigendes Bild der, durch die Vergangenheit gezeichneten, Gegenwart in Ostdeutschland zeichnen will. Mit dem Buch und der darauf folgenden Berichterstattung löste Präkels einen regelrechten Autor*innenstreit zwischen ihr und Moritz von Uslar aus. Von Uslar brachte 2010 den Reportage-Roman „Deutschboden“ heraus, der später verfilmt wurde. In dem Roman begibt sich von Uslar nach Zehdenick, und versucht literarisch einen Einblick in eine abgehängte ostdeursche Provinzstadt zu geben und porträtiert jene Personen heute, die Präkels in in den 1990er Jahren das Leben schwer gemacht haben. In einem ausführlichen Spiegel-Artikel wirft Präkels von Uslar verklärende Kumpelhaftigkeit vor, mit denen er die gewalttätigen Neonazis von damals als geläuterte Männer darstellt, die heute einfach nur zu „kernige Prolls“ geworden sind. http://www.spiegel.de/spiegel/moritz-von-uslars-roman-deutschboden-und-die-wirklichkeit-a-1182454.html
Was in „Als ich mit Hitler Schnapskirschen aß“ deutlich wird: Dies ist nur eine von vielen Geschichten aus einer oft ungehörten Perspektive. Lasst uns ihnen Gehör verschaffen, die Geschichte verarbeiten und daraus lernen.
Am Donnerstag, den 10. Mai ab 20:00 Uhr liest Manja Präkels in der Schreinerstraße 47 beim Brandenburg-Abend in Berlin aus ihrem Buch „Als ich mit Hitler Schnapskirschen aß“ vor.
Eine weitere Veranstaltung findet außerdem am 22. Mai ab 19:30 in Eberswalde im Café des Bürgerbildungszentrums Amadeu Antonio, Puschkinstraße 13 statt.
Kommt nach Potsdam zur größten Massenversöhnung aller Zeiten — der Stadt, in der Täter auch mal ihren Opfern verzeihen!
Das große Festival der politischen Beliebigkeit: Inspiriert vom Garnisonkirchen-Versöhnungsallerlei laden wir alle Menschen guten Willens ein, sich endgültig zu versöhnen — mit was und wem auch immer. Ob Ladendiebstahl, Ehebruch oder Völkermord: Genug geschmollt, Versöhnung kann so einfach sein!
Wir versprechen dramatische Erinnerungsfotos vor historischen Kulissen. Kommt nach Potsdam: Es ist soweit!
Euer Komitee für preußische Leichtigkeit https://www.facebook.com/KPLPotsdam/
Titel: Größte Massenversöhnung aller Zeiten
Wann: 14. April 2018, 10 — 22 Uhr
Wo: Alter Markt, Potsdam
Für den heutigen Sonntag hatten Neonazis aus dem Brandenburger Nordwesten eine Kundgebung vor dem Justizzentrum angemeldet. Ihr Plan war es, sich einen linken Kampf- und Gedenktag anzueignen. In dieser Form ein Novum. Rund 40 Neonazis forderten hier unter anderem Freiheit für die Holocaustleugnerin Ursula Haverbeck. Weitere Beiträge gab es zu dem §130 (Volkverhetzungsparagraphen) und dem Neonazi Horst Mahler.
Bei dem Anmelder handelt es sich offenbar um Nick Zschirnt von den ‚Freie Kräfte Neuruppin‘, der auch schon bei Pogida in Potsdam mitgelaufen ist. Auf der Kundgebung gesprochen haben der Anwalt der rechtsterroristischen ‚Gruppe Freital‘ Martin Kohlmann sowie Zschirnt selbst. Zur musikalischen Untermalung wurden Lieder von der Rechtsrockband Die Lunikoff Verschwörung gespielt. Der einschlägig bekannte Neonazi und rechte Gewaltäter Dave Trick erklärte nach einer knappen Stunde die Versammlung für beendet.
Für uns ein Tag zum Kämpfen und Erinnern, für die Nazis ein Tag mit einem lächerlichen Versuch in Potsdam ein Zeichen zu setzen. So demonstrierten auf einer linken Veranstaltung rund 700 Personen gegen Nazis und Knäste. Bei einer Veranstaltung von Potsdam bekennt Farbe waren weitere 150 Nazigegner*innen. Einige Kandidat*innen für die Oberbürgermeister*innenwahl im Herbst nutzten die Gelegenheit, um sich in Szene zu setzen. Am Rande der Veranstaltungen kam es zu überflüssigen Verhaftungen von 6 linken Aktivist*innen.
Die Abreise der Nazis war eine Farce. So mussten 37 von ihnen mit Polizeigeleit durch den Park Sanssouci zum Bahnhof Sanssouci gebracht werden. Hierbei kam es zu brutalen Übergriffen seitens der Polizei. Da wurden auch schon mal Fahrradfahrer_innen zu Boden gerissen. Hier stellt sich uns die große Frage, wie es sein kann, dass die Stiftung Preußische Schlösser und Gärten Berlin-Brandenburg es nicht für nötig gehalten hat, einzugreifen und von ihrem Hausrecht Gebrauch zu machen. Hier muss eine Aufklärung der Stiftung folgen, warum sie Neonazis auf dem Gelände dulden!
Für die Zukunft merken wir uns: wenn wir früher aufstehen, kann auch eine Anreise zur Farce werden. Ein riesiges Polizeiaufgebot von 450 Beamt_innen, einem Hubschrauber, 2 Wasserwerfern (bei minus 3 °C) und eine Hundestaffel wurden für nötig erachtet. Nur so konnte offenbar ein Spaziergang der Faschos durch den Park gewährleistet werden.
Der Tag der politischen Gefangenen* bleibt unser! Nieder mit den Knästen! Für eine befreite Gesellschaft!
#potsdambleibtstabil #antifaheißtfrühaufstehen #dankeantifa
Der 18.3. ist unser Tag!
An diesem Wochenende wollen Nazis in Potsdam eine Solidaritätskundgebung für einen wegen antisemitischer Beleidigungen verurteilten Neonazi durchführen. Das Datum, das sie sich dafür ausgesucht haben, ist der 18. März, der Tag der politischen Gefangenen. Dies ist nur ein weiterer, wenn auch besonders dummer Versuch von (Neo-)faschistInnen, sich Daten und Symbole linker Bewegungen anzueignen.
1923 erklärte die Internationale Rote Hilfe (IRH) den 18. März zum „Internationalen Tag der Hilfe für die politischen Gefangenen“. Das Datum wurde in Erinnerung an den Beginn der Pariser Commune am 18. März 1871 gewählt. Die Pariser Commune war ein Signal des Aufbruchs und der Hoffnung für die Linke weltweit. Entstanden während des Deutsch-Französischen Krieges verkörperte sie einen Gegenentwurf zu Nationalismus und Chauvinismus. In der Erinnerungskultur der ArbeiterInnenbewegung stand dieses Datum für das Gedenken einerseits an einen der ersten politischen Erfolge der revolutionären ArbeiterInnenbewegung und andererseits an die Opfer, die die Niederschlagung der Revolution in Paris kostete. 25.000 Menschen fielen dem konterrevolutionären Terror unmittelbar zum Opfer, weitere 3000 starben in den Knästen und 13700 wurden zu meist lebenslänglichen Haftstrafen verurteilt. Nach der Niederschlagung der revolutionären Kämpfe Anfang der 1920er Jahre saßen weltweit wieder viele RevolutionärInnen im Knast, mussten untertauchen und wurden verfolgt. Um die Kämpfe gegen diese Verfolgung zu bündeln führte die IRH den Tag der politischen Gefangenen ein. Er war ein Symbol einer internationalen solidarischen Emanzipationsbewegung, die sich auch dem aufkommenden Faschismus entgegenstellte. In den Reihen der Roten Hilfe Deutschlands (RHD) engagierten sich viele Linke mit einem jüdischen Hintergrund, viele jüdische JuristInnen und Intellektuelle unterstützen die RHD.
Seit den 1990er Jahren begeht die Rote Hilfe als linke strömungsübergreifende Solidaritätsorganisation den 18. März wieder als Tag der politischen Gefangenen. An diesem Tag erinnern wir an Menschen, die wegen ihres Eintretens für eine Welt ohne Krieg, Ausbeutung und Rassismus in den Knästen sitzen. Wir stellen uns damit in die Tradition internationaler Kämpfe um Emanzipation.
Das Vorhaben der Nazis steht diesen Traditionen und damit der Idee des „Tages der politischen Gefangenen“ diametral entgegen. Als Rote Hilfe Potsdam rufen wir deshalb dazu auf, am 18. März die Nazikundgebung vor dem Landgericht Potsdam zu verhindern.
Solidaritätskundgebung für verurteilte Neonazi-Funktionäre geplant / Kasernen in Elstal als Kulisse für Mobilisierungsvideos / Freie Kräfte spielen Hauptrolle / Gefangenenunterstützung bei Neonazis Dauerthema / Versuch der Besetzung von linken und antirassistischen Aktionstagen / Gegenproteste angekündigt
Am kommenden Sonntag beabsichtigen Neonazis in Potsdam eine Kundgebung abzuhalten. Für diese geplante Veranstaltung wird derzeit in den sozialen Medien u.a. mit Videoclips und Aktionsfotos geworben. Tatsächlich liegt, laut Informationen von PNN und MAZ, eine Versammlungsanmeldung bei der Polizei vor. Demnach beabsichtigt eine nicht näher genannte Privatperson eine Kundgebung vor dem Justizzentrum in der Jägerallee durchzuführen. Hintergrund der Versammlung soll der „Tag der politischen Gefangenen“ sein. Gegen die Kundgebung wurden bereits zwei Protestveranstaltungen angemeldet.
Solidaritätskundgebung für verurteilte Neonazi-Funktionäre

Wer sich hinter den Organisierenden der Neonazi-Kundgebung am kommenden Sonntag verbirgt ist jedoch derzeit noch nicht abschließend geklärt. Die Veranstaltenden selber halten sich auf ihren Mobilisierungsseiten jedenfalls eher bedeckt. Sie fordern dort u.a. allerdings die Freilassung von verurteilten Führungsfiguren aus dem neonazistischen Milieu, darunter der Holocaustleugnerin Ursula Haverbeck und des Antisemiten Sascha Krolzig (DIE RECHTE). Beide wurden unlängst wieder wegen Volksverhetzung verurteilt. Haverbeck hatte am 30. Januar 2016 in einer Berliner Gaststätte wiederholt den Holocaust geleugnet, Krolzig den Vorsitzenden der jüdischen Gemeinde Herford/Detmold in einem Online Bericht 2016 als „frechen Judenfunktionär“ bezeichnet.

Beide besitzen auch über neonazistische Parteigrenzen hinaus eine gewisse Popularität im Milieu, so dass beispielsweise der kürzliche Rücktritt des gesamten Brandenburger Landesvorstandes von DIE RECHTE sowie dessen Empfehlung an alle 36 Mitglieder des Landesverbandes bis Ende Januar 2018 die Partei zu verlassen nicht unbedingt eine Rolle spielt.
Andere Brandenburger Neonazistrukturen kümmern sich offenbar um die Bewerbung der geplanten Veranstaltung in Potsdam.
Kasernen in Elstal als Kulisse für Mobilisierungsvideos

Als Ausdrucksmittel dienen offenbar in der Region gefertigte Aktionsfotos und Videoclips. Ein Großteil der auf der entsprechenden Socialmedia-Seite zum „Tag der politischen Gefangenen“ veröffentlichten Aufnahmen entstanden beispielsweise in den leer stehenden Löwen-Adler-Kasernen in Wustermark OT Elstal (Landkreis Havelland).

Auf den Fotos und Videos sind mehrere vermummte Personen erkennbar die wahlweise Parolen an Wände schreiben, Luftballons steigen lassen oder Fahnen und Banner zeigen. Auf einem Spruchband wurde u.a. einmal mehr die Freilassung von Ursula Haverbeck gefordert. Weiterhin sind auf den Aufnahmen die Brandenburgische Landesflagge, eine schwarz-weiß-rote Reichsfahne sowie eine schwarze Fahne von „Freien Kräften“ deutlich erkennbar.

Die ehemaligen Militäreinrichtungen in Elstal wurden in den 1930er Jahren ursprünglich für das Heer des NS Staates errichtet. Unter anderem waren dort Infanterieverbände der Wehrmacht stationiert. Nach dem Zweiten Weltkrieg wurden dort zunächst Geflüchtete untergebracht. 1947 bis 1992 war das Gelände Teil einer großen Garnison der sowjetischen Armee.
Seit dem Abzug des Militärs stehen die Kasernen leer. Sie sind heute in einem verwahrlosten Zustand und relativ leicht begehbar.
Freie Kräfte spielen Hauptrolle

An Hand der bisher veröffentlichten Mobilisierungsaufrufe zum geplanten „Tag der politischen Gefangenen“ , insbesondere dem Videomaterial aus Elstal, scheinen vor allem so genannte „Freie Kräfte“ aus Westbrandenburg eine federführende Rolle in der Organisierung der Versammlung zu spielen.
Insbesondere die „Freien Kräfte Prignitz“ und die „Freien Kräfte Neuruppin – Osthavelland“ (FKN) treten darüber hinaus bei der Bewerbung der Kundgebung auf ihren Socialmedia-Seiten in den Vordergrund. Einzelne bekannte Akteure dieser Gruppierungen sind zu dem, trotz Verschleierung der Gesichter, auf Mobilisierungsaufnahmen, die auf der Socialmedia-Seite „Tag der politischen Gefangenen“ erstveröffentlicht wurden, erkennbar.
Aktivisten der FKN traten in der jüngsten Vergangenheit auch gemeinsam mit Potsdamer Neonazis unter dem Label „Asylhuette in Potsdam? Kannste knicken!“ in Erscheinung. Mehrfach wurden Banner dieser Aktionsgemeinschaft beispielsweise bei Aufzügen des Potsdamer PEGIDA-Ablegers POGIDA im Frühjahr 2016 gezeigt.
Gefangenenunterstützung bei Neonazis Dauerthema

Es ist übrigens auch nicht das erste mal das Neonazis aus Westbrandenburg Solidaritätskundgebungen für verurteilte und/oder inhaftierte Gesinnungsgenossen organisieren.
Am 5. Juli 2014 veranstaltete eine „Alternative Jugend Havelland“ eine Kundgebung mit 25 Teilnehmenden, der Großteil bekannte Sympathisierende der „Freien Kräfte Neuruppin – Osthavelland“, in Brandenburg an der Havel. Dabei wurde sich u.a. mit dem in einer örtlichen JVA inhaftierten Holocaustleugner Horst Mahler solidarisiert.
Am 25. Oktober 2014 veranstaltete die neonazistische „Gefangenenhilfe“ unter dem Motto: „Solidarität gegen staatliche Repressionen – Gemeinsam gegen Isolation“ eine Versammlung in Brandenburg an der Havel. Unter den 80 Teilnehmenden waren vor allem Parteifunktionäre von NPD und JN, vom III. Weg sowie bekannte Akteure „Freier Kräfte“ aus Westbrandenburg.
Am 24. Oktober 2015 versammelten sich 80 Neonazis unter dem Motto: „Die Gedanken sind frei…“ zu einer Kundgebung vor dem Amtsgericht in Neuruppin (Landkreis Ostprignitz-Ruppin). In einem Redebeitrag erinnerte u.a. ein führender Kopf der „Freien Kräfte Neuruppin-Osthavelland“ an die Inhaftierten Holocaustleugnenden Ursula Haverbeck, Horst Mahler und Ernst Zündel.
Versuch der Besetzung von linken und antirassistischen Aktionstagen
Bemerkenswert ist jedoch, dass Neonazis ihre Gefangenenhilfe erstmals am 18. März zu propagieren und damit offenbar einmal mehr versuchen einen Aktionstag der radikalen Linken für die Verbreitung neonazistischer Ideologie zu besetzen.
Der 18. März wurde nämlich ursprünglich 1923 unter dem Motto: „Internationaler Tag der Hilfe für die politischen Gefangenen“ von der „Internationalen Roten Hilfe“ ins Leben gerufen und 1996 als „Tag der politischen Gefangenen“ von der Roten Hilfe eV wiederbelebt.
Das Datum soll an den Aufstand der Pariser Kommune im Jahr 1871, deren Zerschlagung sowie an die anschließende Verurteilung von mehreren tausend Kommunarden zu meist lebenslanger Haft erinnern.
Des Weiteren finden im Zeitraum vom 12. zum 25. März 2018 die „internationalen Wochen gegen Rassismus“ statt. In Potsdam wird es in diesem Rahmen u.a. Workshopangebote und Lesungen geben. Hintergrund dieser Veranstaltungen ist der „Internationale Tag für die Beseitigung rassistischer Diskriminierung“ (21. März).
Gegenproteste angekündigt
Indes rief das zivilgesellschaftliche Aktionsbündnis „Potsdam bekennt Farbe“ im Socialmedia zu Protesten gegen die neonazistische Versammlung auf. „Wenn neonationalsozialistische Kräfte in unserer Stadt Geschichtsrevisionismus betreiben, müssen sie selbstverständlich mit entschiedenem Widerspruch rechnen“, so das Bündnis im Socialmedia.
Ab 14:00 Uhr ist beispielsweise eine Kundgebung unter dem Motto: „Für eine menschenfreundliche Gesellschaft ohne Hass“ in der südlichen Jägerallee, in der Nähe der Neonaziversammlung, geplant.
Eine weitere Demonstration gegen die Neonazis wurde von einer Politikerin der Partei DIE.LINKE angemeldet und soll außerdem ab 13.00 Uhr am Platz der Einheit starten. Endpunkt dieser Versammlung wird das nördliche Ende der Jägerallee, ebenfalls in Nähe zur Neonaziversammlung, sein.
Fotomaterial auf Flickr: HIER
Nach der Demonstration „Frauen* gemeinsam gegen Rassismus und Ungerechtigkeit“ am Samstag
10.03.2018 in der Cottbuser Innenstadt wurde der Bus des Projekts „OTTO“ von Chance e.V.
vermutlich durch Rechte mutwillig zerstört. Der Sachschaden beläuft sich auf mehrere Tausend
Euro. Daher rufen die Vereine Chance e.V., die Opferperspektive e.V. und Women in Exile &
friends dringend dazu auf für die Reparatur zu spenden.
Aufgrund eines leichten technischen Defekts blieb der Bus zunächst nach dem Ende der Demonstration am Samstag auf dem Parkplatz am Oberkirchplatz in Cottbus stehen. Bereits in der Nacht zu Sonntag wurde dort durch Unbekannte der Auspuff mit Bauschaum ausgesprüht. Der Bus war dadurch nicht mehr fahrtauglich. In der Nacht zu Montag wurden dann, von vermutlich mehreren Tätern, zwölf Scheiben eingeschlagen. Da der Bus sehr klar der solidarischen Demonstration am Samstag zugerechnet wurde, kann von einem gezielten Vorgehen von rechten Tätern ausgegangen werden. Der Bus wurde als Symbol und stellvertretend für Alle angegriffen, die an dem Tag in Cottbus für eine solidarische Gesellschaft und gegen Rassismus auf die Straße gegangen sind.
Der Bus wird aktuell für das Kultur- und Begegnungsprojekt „OTTO – der Bus“ des Vereins Chance e.V. in der Region Märkisch-Oderland gebraucht und steht diesem aufgrund der Beschädigungen derzeit nicht mehr zur Verfügung. Das Projekt wird von der Robert-Bosch-Stiftung finanziert und gehörte zu den Gewinnerprojekten im Programm „Neuland“, welches sich für eine demokratische Entwicklung des ländlichen Raums stark macht.
Der Verein Chance e.V. will unbedingt das Projekt weiter führen und bittet daher um finanzielle Unterstützung für die Reparatur des Busses.
Spenden bitte auf folgendes Konto:
Opferperspektive e.V.
Bank für Sozialwirtschaft
IBAN: DE34100205000003813100
BIC: BFSWDE33BE
Betreff: Bus-Schaden Cottbus (bitte unbedingt angeben!)
Der Verein Opferperspektive e.V. hat 2017 im Land Brandenburg 171 rechte Angriffe registriert. Dies stellt einen Rückgang gegenüber den Vorjahren (2016: 221, 2015: 203) dar. Die Zahl der rechten Gewalttaten liegt immer noch deutlich über dem Niveau des Zeitraums von 2002 bis 2014. Die Summe der gezählten Körperverletzungsdelikte (148) ist die zweithöchste Zahl, die jemals im Rahmen des Monitorings durch die Beratungsstelle erfasst wurde.
Das häufigste Tatmotiv war 2017 Rassismus: 84 Prozent aller Taten lag diese Motivation zu Grunde. Dies ist ein erneuter Anstieg gegenüber 2016 (79 Prozent). In der Mehrzahl dieser Fälle waren Geflüchtete von den Attacken betroffen. Hierzu erklärt Judith Porath, Geschäftsführerin der Opferperspektive: „Die rassistische Gewaltwelle, die vor allem geflüchtete Menschen betrifft, muss endlich gestoppt werden. Eine Gesellschaft, in der sich Alteingesessene und Neuangekommene auf Augenhöhe begegnen können, ist nicht möglich, solange die Orte fehlen, an denen sich Geflüchtete angstfrei bewegen können.“
Neben den 143 durch die Opferperspektive registrierten rassistischen Gewalttaten (2016: 175) wurden 25 (2016: 24) Angriffe durch Rechte auf politische Gegner_innen verübt. Zwei Übergriffe auf nicht-rechte und alternative Personen (2016: 14) wurden erfasst, außerdem ein Angriff aus einer sozialdarwinistischen Motivation heraus. Mehrheitlich handelte es sich bei den der Beratungsstelle bekannt gewordenen Gewalttaten um Körperverletzungsdelikte, davon 79 einfache und 69 gefährliche Körperverletzungen (2016: 85/101). In Brandenburg wurden 2017 zwei rechtsmotivierte Brandstiftungen, in Templin und Kremmen, verübt (2016: 9). Der Molotowcocktail-Anschlag von Kremmen wird durch die Opferperspektive als versuchtes Tötungsdelikt gewertet. Des weiteren wurden eine versuchte schwere Körperverletzung, 13 Fälle von Nötigung und Bedrohung (2016: 13), 3 massive Sachbeschädigungen (2016: 6), ein rechtsmotivierter Raub und ein Fall von Landfriedensbruch statistisch erfasst. In zwei Fällen versuchten rassistisch motivierte Täter mittels Kraftfahrzeugen, Personen zu verletzen.
Von den Angriffen waren 2017 264 Personen direkt betroffen (2016: 335) und 161 Personen indirekt (2016: 196), z.B. als Zeug_innen oder Angehörige. Von einem großen Dunkelfeld ist nach Ansicht der Opferperspektive auszugehen. Deutlich zugenommen hat die Zahl der betroffenen Kinder (vollendetes 13. Lebensjahr oder jünger). Die Opferperspektive erlangte Kenntnis von 35 Kindern, die 2017 Opfer rechter Gewalttäter wurden – eine deutliche Zunahme gegenüber 2016 (22) und 2015 (26).
Der schon 2016 erkennbare Trend der regionalen Ausdifferenzierung bezüglich rechter Gewalttaten hat sich auch 2017 fortgesetzt und weiter verstärkt. Die kreisfreie Stadt Cottbus ist mit 32 rechtsmotivierten Angriffen erneut der Ort mit den meisten registrierten Angriffen. Dies stellt die zweithöchste Zahl rechter Übergriffe dar, die durch die Opferperspektive jemals in einem Landkreis bzw. einer kreisfreien Stadt registriert wurde (Höchstzahl 41, ebenfalls Cottbus, 2016). Gleichzeitig gibt es in anderen Regionen teils erhebliche Rückgänge: In Spree-Neiße (von 27 Angriffen auf 8 Angriffe), Frankfurt (Oder) (von 16 Angriffen auf 5 Angriffe), in Märkisch-Oderland (von 13 Angriffen auf 2 Angriffe) und im Havelland (von 11 Angriffen auf 2 Angriffe) zeigt sich diese Entwicklung besonders deutlich. Dem entgegen stehen Steigerungen der Angriffszahlen in Teltow-Fläming (14, 2016:11), Oberhavel (12, 2016:11), Barnim (11, 2016: 5) und der Prignitz (8, 2016: 5). Neben Cottbus bleibt der Landkreis Ostprignitz-Ruppin mit 16 rechten Gewaltdelikten (2016: 21) ein Schwerpunkt rechter Gewalt in Brandenburg.
In Cottbus hat sich in der Stadt eine gewalttätige Stimmung, vor allem gegenüber Geflüchteten, verfestigt. Mit den Demonstrationen des rassistischen Vereins „Zukunft Heimat“ ist eine Mobilisierungsplattform entstanden, die unterschiedlichste Strömungen des lokalen, regionalen und überregionalen rechten Spektrums vereint und vernetzt. „Rassistische Gewalt wird durch die aktuelle Straßenmobilisierung legitimiert, indem sie als „Notwehr“ gegen einen angeblichen, durch Zuwanderung bedingten „Volksaustausch“ umgedeutet wird“, erläutert Judith Porath. Auch die örtliche rechte Hooliganszene besucht die Demonstrationen in Cottbus. So kommt es im Umfeld dieser Veranstaltungen wiederholt zu Übergriffen auf politische Gegner_innen aus diesem Personenkreis. Die Opferperspektive sieht die Gefahr, dass Cottbus zum Vorbild für rassistische Kampagnen in weiteren Kommunen im Land Brandenburg wird.
Anbei Sie das Hintergrundpapier der Opferperspektive zur Veröffentlichung der Jahresstatistik 2017 mit ausführlichen Analysen sowie die grafische Aufarbeitung der Statistik. Die Grafiken sind unter Nennung der Quelle (Peer Neumann/ Opferperspektive) frei verwendbar.