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Antifaschismus

Extrem rechtes Bürgerbündnis will wieder aktiver werden

Nach eini­gen Wochen Pause set­zte die extrem rechte Vere­ini­gung „Bürg­er­bünd­nis Havel­land“ am Dien­stagabend ihre Ver­samm­lungsrei­he auf dem Märkischen Platz in Rathenow fort. Die sta­tionäre Kundge­bung stand unter dem Mot­to: „Merkel muss weg“. Sie sollte offen­bar an ähn­liche Ver­anstal­tun­gen in Ham­burg, Mainz und Berlin anknüpfen, die seit kurzem regelmäßig stattfinden.
Neue Sym­pa­thisierende kon­nte das „Bürg­er­bünd­nis“ dabei jedoch nicht akquiri­eren. Die ins­ge­samt 27 Teil­nehmenden stammten aus Rathenow, Prem­nitz, Beet­zsee, Bran­den­burg an der Hav­el sowie Berlin und sind seit Monat­en, einige seit Jahren, im PEGI­DA-Milieu aktiv.
Auch die Reden der vier Vor­tra­gen­den hat­ten den üblichen Charak­ter. Belei­di­gende und extrem rechte Äußerun­gen, mehrere Redende sprachen von „Umvolkung“ und äußerten sich ras­sis­tisch, eine weit­ere Per­son deutete u.a. den „Hit­ler­gruß“ an, gin­gen ein­her mit der Ankündi­gung kün­ftig mehr in der Kom­mu­nalpoli­tik mit­mis­chen zu wollen. Dazu kündigte der Vere­insvor­sitzende und ehe­ma­lige Bürg­er­meis­terkan­di­dat Chris­t­ian Kaiser die Bil­dung ein­er Wäh­lerge­mein­schaft anlässlich der im kom­menden Jahr stat­tfind­en­den Kom­mu­nal­wahlen an. Genaueres nan­nte er aber nicht. In seinem Rede­beitrag skandierte er jedoch heute die NPD Parole „Sozial geht nur National“.
Darüber hin­aus besucht­en Kaiser und weit­ere Mit­glieder des Bürg­er­bünd­niss­es bere­its am ver­gan­genen Mittwoch einen Stammtisch der AfD im Rathenow­er Restau­rant „Harlekin“.
Eine ursprünglich für densel­ben Tag im Inter­net angekündigte Ver­samm­lung unter dem Mot­to: „Merkel muss weg“ fiel jedoch ohne Angabe von Grün­den aus. Die Ver­anstal­tung sollte vor dem „Harlekin“, auf dem Märkischen Platz stattfinden.
Trotz der momen­tan gerin­gen Anziehungskraft der Ver­samm­lun­gen des „Bürg­er­bünd­niss­es“ soll dieses Ver­anstal­tungskonzept offen­bar auch in den näch­sten Wochen fort­ge­set­zt wer­den. Dies­bezüglich kündigte Kaiser u.a. an nun im Zwei-Wochen-Rhyth­mus jew­eils Mon­tags Kundge­bun­gen in Rathenow abhal­ten zu wollen. Die Polizei solle sich schon ein­mal auf weit­ere Über­stun­den ein­stellen, so der Chef des Bürgerbündnisses.
Fotos: https://www.flickr.com/photos/presseservice_rathenow/albums/72157694770730604

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Antifaschismus Geschichte & Gedenken

Gedenken an Erico Schreiber

In der Nacht zum 28. März 2018 gedacht­en Antifaschist*innen in Frank­furt (Oder) dem Punk Enri­co Schreiber, der vor fünzehn Jahren von Neon­azis in sein­er Woh­nung aus­ger­aubt und getötet wurde. An diversen Plätzen wur­den Kerzen und Fly­er angebracht: 

Wir wollen nicht vergessen — Mord durch Neon­azis in Frank­furt (Oder)
Heute vor 15 Jahren wurde Enri­co “Pun­ki” Schreiber von drei stadt­bekan­nten Neon­azis ermordet. Sie waren zuvor in die Woh­nung seines Fre­un­des einge­brochen, wo sie ihn über­rascht­en. Danach haben sie ihn gefoltert, beraubt, ver­let­zt und dann ster­bend zurück­ge­lassen. Zwar wur­den die Täter zu jahre­lan­gen Haft­strafen verurteilt, ihr men­schen­ver­ach­t­en­des Welt­bild soll allerd­ings bei der Tat keine Rolle gespielt haben. Fol­gerichtig wurde der Mord staatlich­er­seits nicht als Ver­brechen durch Neon­azis eingestuft. Anti­ras­sis­tis­che Ini­tia­tiv­en und Unterstützer*innen der Betrof­fene von Neon­azige­walt beurteilen den Fall anders, für sie stellt die recht­sradikale Welt­sicht der Angreifer eine entschei­dende Voraus­set­zung für die schreck­liche Tat dar. Tat­säch­lich wird die offizielle Ein­stu­fung als Raub­mord dadurch unglaub­würdig, dass die Täter einen Men­schen stun­den­lang ver­prügel­ten und folterten, den sie als “Punker” und “Asozialen” betrachteten.
Immer wieder kommt es zu Angrif­f­en auf Men­schen durch Neon­azis, die von diesen als unpro­duk­tiv, faul und nut­z­los ange­se­hen wer­den. Obdachlose, Punks und Alko­holkranke wer­den von Faschis­ten als min­der­w­er­tig ange­se­hen und aus­ge­gren­zt, ange­grif­f­en und sog­ar ermordet. Die Vorstel­lung, der Wert eines men­schlichen Lebens würde sich an dessen Arbeit­sleis­tung definieren, ist allerd­ings bis wein in den Main­stream hinein ver­bre­it­et. Neon­azis­tis­che Angriffe ste­hen in diesem Sinne nicht gegen dominierende gesellschaftliche Trends, son­dern befind­en sich eher im Fahrwass­er der kap­i­tal­is­tis­chen Leis­tungs­ge­sellschaft. Zumin­d­est zum Teil kön­nen sich Neo­faschis­ten so als Voll­streck­er des Mehrheitswil­lens fühlen, wenn sie ver­meintlich “unpro­duk­tive” oder “leis­tungss­chwache” Men­schen angreifen. Einem solchen Denken gilt es sich entschlossen ent­ge­gen­zustellen, egal ob Men­schen ver­bal abgew­ertet oder kör­per­lich ange­grif­f­en werden.
In Frank­furts jüng­ster Geschichte ist recht­en und neon­azis­tis­ches Denken und Han­deln lei­der eine Kon­stante. Anfang der Neun­ziger Jahre sind die ersten pol­nis­chen Reise­busse aus ein­er ras­sis­tis­chen Gruppe her­aus mit Steinen bewor­fen wor­den. Neon­azis verabre­de­ten sich, um gewalt­tätige Angriffe auf Men­schen aus Polen durchzuführen. Punks, Obdachlose und Antifaschist*innen gehörten zum Feind­bild der Neon­azis und wur­den regelmäßig bru­tal ange­grif­f­en. Dem Mord an Pun­ki fol­gte ein Jahr darauf ein Angriff von acht Neon­azis auf einen Asyl­be­wer­ber, den dieser nur mit Glück über­lebte, nach­dem er tage­lang im Koma gele­gen hat­te. Im Spät­som­mer 2004 ent­führten Neo­faschis­ten einen alko­holkranken Men­schen, folterten und verge­waltigten ihn stun­den­lang in ein­er Woh­nung in Neu­bere­sienchen. Diese Angriffe schock­ierten die städtis­che Öffentlichkeit und führten zu großen und entschlossen antifaschis­tis­chen Demon­stra­tio­nen. An der Dauer­präsenz neon­azis­tis­ch­er Sym­bo­l­ik im Stadt­bild und der laten­ten Gefahr rechter Angriffe kon­nten auch sie allerd­ings nicht viel ändern.
In den fol­gen­den Jahren gab es vielfältige Neon­azi­ak­tio­nen. Im Umfeld des Frank­furter Fußbal­lvere­ins bildete sich eine große und angriff­s­lustige rechte Hooli­gan­szene. Diese wurde von neon­azis­tis­chen Aktivis­ten aus dem Umfeld der freien Kam­er­ad­schafts­be­we­gun­gen zu poli­tisieren ver­sucht. Immer wieder kam es zu gewalt­täti­gen Über­grif­f­en durch Leute aus dem Umfeld, beson­ders gehäuft im Rah­men von Fußball­welt- und Europameis­ter­schaften, bei denen vielfach nicht-deutsche Fans attack­iert wor­den sind.
In der jüng­sten Ver­gan­gen­heit machte die ras­sis­tis­che Gruppe “Frank­furt (Oder) wehrt sich” Stim­mung gegen ein Kli­ma von Sol­i­dar­ität und Willkom­men­skul­tur. Den von dieser Gruppe organ­isierten Aufmärschen stell­ten sich immer wieder Men­schen ent­ge­gen, die damit sowohl sym­bol­isch, als auch prak­tisch die Stadt nicht ras­sis­tis­chen und neon­azis­tis­chen Akteuren über­lassen haben. Auch wenn eine starke und gewalt­tätige Neon­aziszene in Frank­furt seit der Wende zum Stadt­bild gehört, es gab auch immer eine Tra­di­tion des Wider­standes gegen solche ras­sis­tis­chen und men­schen­ver­ach­t­ende Werte und Tat­en. So ist es aktiv­en Antifaschist*innen und ihrem Engage­ment zu ver­danken, dass die Sit­u­a­tion nicht noch schlim­mer ist. Von Seit­en der Stadt und viel­er Men­schen wird das Prob­lem allerd­ings bis heute kaum aus­re­ichend ernst genom­men und oft­mals lei­der auch ver­harm­lost. Dabei spie­len die Image­gründe eine Rolle: Nichts soll unter­nom­men wer­den, was dem Wirtschafts­stan­dort schaden und eventuelle Inve­storen abschreck­en kön­nte. Passt es doch, sind Amtsträger*innen und Autoritäten oft schnell dabei, die Prob­leme mit Ras­sis­mus und Nazige­walt kleinzure­den und zu ver­harm­losen. Auch das Morde als “unpoli­tisch” klas­si­fiziert wer­den, ist Teil ein­er solchen Strate­gie der Ver­harm­lo­sung und Verblendung.
Auch wenn nach zahlre­ichen erfol­gre­ichen antifaschis­tis­chen Gegen­mo­bil­isierun­gen derzeit keine recht­en Aufmärsche stat­tfind­en, wer­den regelmäßig Leute aus ras­sis­tis­chen und sozial­dar­win­is­tis­chen Motiv­en belei­digt und ange­grif­f­en. Für uns ste­ht fest, dass wir nicht wegschauen oder schweigen wollen, wenn Freund*innen und Mit­men­schen von Neon­azis erniedrigt und ange­grif­f­en wer­den. Geflüchtete und Men­schen, die Hil­fe brauchen, anzu­greifen, ist feige und man­i­festiert ein poli­tisch-wirtschaftlich­es Sys­tem, für das Kap­i­talver­w­er­tung die ober­ste Maxime ist. Diese an Kap­i­tal­in­ter­essen ori­en­tierte Poli­tik führt zu glob­aler sozialer Ungerechtigkeit, Leitungszwang und Armut. Daran trägt kein Flüchtling und kein Obdachlos­er Schuld, son­dern das poli­tis­che und wirtschaftliche Sys­tem. Deut­lich­er sozialpoli­tis­ch­er Aus­druck dieser Agen­da was die Durch­führung der Hartz‑4 genan­nten Arbeits­mark­tre­form, die die Schaf­fung eines riesi­gen Niedriglohnsek­tor ermöglicht­en, von dem die deutsche Wirtschaft bis heute sehr prof­i­tiert. Die men­schlichen Fol­gen für die Gesellschaft, etwa die massen­hafte Zunahme von Armut und sozialer Aus­gren­zung, wer­den heute kaum noch im poli­tis­chen Main­stream disku­tiert. Wer nach unten tritt und andere aus­gren­zt, beteiligt sich damit am Erhalt des Bestehenden.
Wir stellen uns gegen Aus­beu­tung, Ungerechtigkeit und Herrschaft pro­duzieren­des poli­tis­ches und wirtschaftlich­es Sys­tem und ste­hen dafür ein, in ein­er pos­i­tiv­en Weise Per­spek­tiv­en für ein besseres Leben für alle Men­schen zu erkun­den. Solange Ras­sis­ten und Neon­azis ihre men­schen­ver­ach­t­ende Pro­pa­gan­da auf die Straße tra­gen, wer­den wir uns Ihnen in den Weg stellen. Seid auch ihr dabei, mis­cht euch ein wenn ihr mit­bekommt, dass Leute aus ras­sis­tis­chen, homo­phoben, sex­is­tis­chen, anti­semi­tis­chen und anderen Grün­den angemacht oder ange­grif­f­en wer­den. Zeigt Empathie und sol­i­darisiert euch mit den Betroffenen!
Für eine sol­i­darische Gesellschaft und ein schönes Leben für alle!
Weit­ere Infor­ma­tio­nen zum Mord an Enri­co “Pun­ki” Schreiber:
www.opferpespektive.de / www.todesopfer-rechter-gewalt-in-brandenburg.de

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(Anti-)Rassismus Antifaschismus

Gegen die Heimat – Das Spiel von Zukunft Heimat verderben

Ein Zusam­men­schluss von Rassist*innen und Neon­azis hat für Fre­itag den 13.04.2018 in Jüter­bog eine Demon­stra­tion angekündigt. Seit einiger Zeit demon­stri­eren jene Rassist*innen unter dem Namen „Zukun­ft Heimat“ in Cot­tbus und anderen Städten der Lausitz. Immer wieder sind diese Aufmärsche das „Who’s Who“ der Neon­aziszene. So brin­gen Neon­azis gemein­sam mit soge­nan­nten „besorgten Bürger*innen“ men­schen­ver­ach­t­ende Pro­pa­gan­da auf die Straße.
Doch das soll nicht unkom­men­tiert bleiben!
Wenn der deutsche Mob anfängt von Heimat zu sprechen, ist es höch­ste Zeit auf die Straße zu gehen und ihnen entschlossen ent­ge­gen­zutreten. Wenn Neon­azis und ihre ras­sis­tis­chen Freunden*innen behaupten ihre Heimat „vertei­di­gen“ zu müssen, dann fol­gen auch ras­sis­tis­che Über­griffe, Morde oder bren­nende Geflüchteten­heime. „Zukun­ft Heimat“ hat mit ihrer Kundge­bung in Jüter­bog bewusst eine deutsche Kle­in­stadt aus­ge­sucht, um an die erfol­gre­ichen Mobil­isierun­gen von mehreren tausenden Men­schen in Cot­tbus anzuschließen. Dies gilt es in Jüter­bog zu ver­hin­dern, um danach auch Cot­tbus wieder naz­ifrei zu machen.
Warum auf die Straße gehen?
„Zukun­ft Heimat“ betreibt auf ihren Demon­stra­tio­nen und Kundge­bung ras­sis­tis­che Het­ze. Sie het­zten gegen alles was „ihrer“ Heimat nicht entspricht. Alles was in ihren Augen schlecht für die Heimat ist wird dif­famiert, belei­digt, bedro­ht und bei Bedarf auch kör­per­lich ange­gan­gen. So haben beispiel­weise mehere Neon­azis in der Sil­vester­nacht eine Geflüchtete­nun­terkun­ft ange­grif­f­en und in Cot­tbus Pressevertreter*innen bedrängt und bedro­ht. „Zukun­ft Heimat“ ver­sucht den deutschen Mob aufzus­tacheln und anzuheizen.
Jet­zt ist es an uns, dem etwas ent­ge­gen­zuset­zen! Wir dür­fen nicht zulassen, dass Neon­azis – ganz egal wo – Fuß fassen. Raus aus der Kom­fort­zone – rein ins bran­den­bur­gis­che Umland! Also kommt am 13.04. nach Jüter­bog! Ganz gle­ich ob ihr mit dem Zug oder dem Auto kommt. Wir wer­den mit euch gemein­sam vom Bahn­hof zur Kundge­bung demonstrieren! 

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Antifaschismus Geschichte & Gedenken

Buch- und Veranstaltungstipp „Als ich mit Hitler Schnapskirschen aß”

Roman von Man­ja Präkels (Ver­brech­er Ver­lag 2017)
…oder wie es sich in ein­er bran­den­bur­gis­chen Kle­in­stadt aufwach­sen lässt, umgeben von der plöt­zlichen Per­spek­tivlosigkeit nach dem Mauer­fall und der zunehmenden Faschisierung der Freund*innen der Kindheit.
 
Mimis Fre­und Oliv­er, mit dem sie sich früher mit Schnap­skirschen der Eltern betrank, wird Anfang der 1990er Jahre zum Anführer ein­er recht­en Schläger­gruppe. Von den Glatzen und Seit­en­schei­t­el tra­gen­den Jungs als „Zeck­en“ beschimpft und bedro­ht, ver­suchen Mimi und ihre Freund*innen sich durchzuschla­gen. Eine Menge Alko­hol und gemein­sam ver­brachte Nächte in den Jugendz­im­mern scheinen hier und da die Auseinan­der­set­zung mit sich und den eige­nen näch­sten Schrit­ten zu ver­drän­gen. Und als ihr Fre­und „Krischi“ 1992 bei einem Dis­cothekbe­such getötet wird, scheinen die einzi­gen Optio­nen der Wegzug nach Berlin zu sein oder den Kampf gegen die Neon­azis weit­er zu führen, der schein­bar nicht gewon­nen wer­den kann.
 
Ungeschminkt und mit auto­bi­ografis­chen Anteilen schafft es Man­ja Präkels in ihrem Roman der Leser*innenschaft nahe zu brin­gen, was es bedeutet, in ein­er Kle­in­stadt mit „No-Go-Areas“ zu leben, Freund*innen durch Neon­azige­walt zu ver­lieren und mit der ständi­gen Angst vor dem näch­sten Angriff aus dem Haus zu gehen.
 
Ger­ade ein­er ursprünglich aus West­deutsch­land kom­menden Leser*innenschaft, wird durch das Buch das Entste­hen des poli­tis­chen Macht­vaku­ums nach der Wende sowie das Beset­zen dieses durch rechte Struk­turen verdeut­licht. So nah die Geschichte und Charak­tere einem als Per­son, die heute eben­falls in ein­er bran­den­bur­gis­chen Kle­in­stadt lebt, im Laufe des Buch­es wer­den, leben wir den­noch in ein­er anderen Zeit. Antifaschis­tis­che und zivilge­sellschaftliche Grup­pen organ­isieren sich und gehen auf die Straße, um gegen Ras­sistIn­nen und Nation­al­istIn­nen zu demonstrieren.
 
Das Buch von Man­ja Präkels ergänzt bere­its existierende wis­senschaftliche Artikel, Inter­views und Tagungs­bände, zur Aufar­beitung der Faschisierung in den 90er Jahren in Ost­deutsch­land, um eine emo­tionale Ebene. Staat und Polizei haben über Jahre weggeschaut und die sich radikalisierende rechte Szene als ran­dalierende Jugendliche abge­tan. So laufen auch heute noch unges­traft neon­azis­tis­che TäterIn­nen von damals herum. Das Buch schafft es, die Betrof­fe­nen der Gewalt in den Fokus zu rück­en und ihre Geschichte sicht­bar zu machen.
 
Wie auch in dem Fall von „Krischi“. Bei „Krischi“ han­delt es sich um Ingo Lud­wig, dem das Buch gewid­met ist und dessen Tod Präkels als Zeu­g­in in dem Roman beschreibt. Ingo Lud­wig ist eines der vie­len Todes­opfer rechter Gewalt, die keine Erwäh­nung find­en in der offziellen Zäh­lung der Bun­desregierung zu Opfern rechter Gewalt nach 1990. Als das Moses Mendelssohn Zen­trum Pots­dam im Auf­trag des Bran­den­burg­er Innen­min­is­teri­ums von 2013 bis 2015 rund zwei Dutzend Ver­dachts­fälle rechter Gewalt mit Todes­folge näher unter­suchte, zählte der Fall von Ingo Lud­wig nicht dazu. So sei eine Unter­suchung nicht mehr möglich gewe­sen, weil die Ermit­tlungsak­ten auf­grund der geset­zlichen Bes­tim­mungen  zwis­chen­zeitlich ver­nichtet wor­den waren. Für das Lan­desamt für Ver­fas­sungss­chutz (LfV) war laut ein­er Bun­destagsan­frage von 1994 der Tod von Lud­wig auf einen Trep­pen­sturz zurück­zuführen. Noch bizarrer wird die Geschichte, als der LfV behauptete, Neon­azis wären Lud­wig zur Hil­fe geeilt und hät­ten ihn erst dann ver­prügelt, als er sie beschimpfte. In der Wochen­zeitung Jun­gle World übt Man­ja Präkels an der Darstel­lung des LfV scharfe Kri­tik: „Wenn man die drei flachen Stufen der Dor­fkneipe vor Augen hat und die Pogrom­stim­mung jen­er Jahre in den Knochen, zer­fällt die Geschichte von der hil­fs­bere­it­en Horde Skins.”  (https://jungle.world/artikel/2013/45/48759.html)
 
Während Präkels ein authen­tis­ches Bild der Ereignisse in der Retrope­spek­tive zeich­net, eckt sie bewusst an die aktuelle Lit­er­atur an, die eher ein beschöni­gen­des Bild der, durch die Ver­gan­gen­heit geze­ich­neten, Gegen­wart in Ost­deutsch­land zeich­nen will. Mit dem Buch und der darauf fol­gen­den Berichter­stat­tung löste Präkels einen regel­recht­en Autor*innenstreit zwis­chen ihr und Moritz von Uslar aus. Von Uslar brachte 2010 den Reportage-Roman „Deutsch­bo­den“ her­aus, der später ver­filmt wurde. In dem Roman beg­ibt sich von Uslar nach Zehdenick, und ver­sucht lit­er­arisch einen Ein­blick in eine abge­hängte ost­deursche Prov­inzs­tadt zu geben und porträtiert jene Per­so­n­en heute, die Präkels in in den 1990er Jahren das Leben schw­er gemacht haben. In einem aus­führlichen Spiegel-Artikel wirft Präkels von Uslar verk­lärende Kumpel­haftigkeit vor, mit denen er die gewalt­täti­gen Neon­azis von damals als geläuterte Män­ner darstellt, die heute ein­fach nur zu „kernige Pro­lls“ gewor­den sind.  http://www.spiegel.de/spiegel/moritz-von-uslars-roman-deutschboden-und-die-wirklichkeit-a-1182454.html
 
Was in „Als ich mit Hitler Schnap­skirschen aß“ deut­lich wird: Dies ist nur eine von vie­len Geschicht­en aus ein­er oft unge­hörten Per­spek­tive. Lasst uns ihnen Gehör ver­schaf­fen, die Geschichte ver­ar­beit­en und daraus lernen.
 
Am Don­ner­stag, den 10. Mai ab 20:00 Uhr liest Man­ja Präkels in der Schrein­er­straße 47 beim Bran­den­burg-Abend in Berlin aus ihrem Buch „Als ich mit Hitler Schnap­skirschen aß“ vor.
Eine weit­ere Ver­anstal­tung find­et außer­dem am 22. Mai ab 19:30 in Eber­swalde im Café des Bürg­er­bil­dungszen­trums Amadeu Anto­nio, Puschkin­straße 13 statt.

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Antifaschismus Geschichte & Gedenken

Größte Massenversöhnung aller Zeiten

Kommt nach Pots­dam zur größten Massen­ver­söh­nung aller Zeit­en — der Stadt, in der Täter auch mal ihren Opfern verzeihen!
Das große Fes­ti­val der poli­tis­chen Beliebigkeit: Inspiri­ert vom Gar­nisonkirchen-Ver­söh­nungsaller­lei laden wir alle Men­schen guten Wil­lens ein, sich endgültig zu ver­söh­nen — mit was und wem auch immer. Ob Ladendieb­stahl, Ehe­bruch oder Völk­er­mord: Genug geschmollt, Ver­söh­nung kann so ein­fach sein!
Wir ver­sprechen drama­tis­che Erin­nerungs­fo­tos vor his­torischen Kulis­sen. Kommt nach Pots­dam: Es ist soweit!
Euer Komi­tee für preußis­che Leichtigkeit https://www.facebook.com/KPLPotsdam/
 
Titel: Größte Massen­ver­söh­nung aller Zeiten
Wann: 14. April 2018, 10 — 22 Uhr
Wo: Alter Markt, Potsdam

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Antifaschismus jüdisches Leben & Antisemitismus Law & Order

Tag der politischen Gefangenen in Potsdam

Für den heuti­gen Son­ntag hat­ten Neon­azis aus dem Bran­den­burg­er Nord­west­en eine Kundge­bung vor dem Jus­tizzen­trum angemeldet. Ihr Plan war es, sich einen linken Kampf- und Gedenk­tag anzueignen. In dieser Form ein Novum. Rund 40 Neon­azis forderten hier unter anderem Frei­heit für die Holo­caustleugner­in Ursu­la Haver­beck. Weit­ere Beiträge gab es zu dem §130 (Volkver­het­zungspara­graphen) und dem Neon­azi Horst Mahler.
Bei dem Anmelder han­delt es sich offen­bar um Nick Zschirnt von den ‚Freie Kräfte Neu­rup­pin‘, der auch schon bei Pogi­da in Pots­dam mit­ge­laufen ist. Auf der Kundge­bung gesprochen haben der Anwalt der recht­ster­ror­is­tis­chen ‚Gruppe Fre­ital‘ Mar­tin Kohlmann sowie Zschirnt selb­st. Zur musikalis­chen Unter­malung wur­den Lieder von der Recht­srock­band Die Lunikoff Ver­schwörung gespielt. Der ein­schlägig bekan­nte Neon­azi und rechte Gewaltäter Dave Trick erk­lärte nach ein­er knap­pen Stunde die Ver­samm­lung für beendet.
Für uns ein Tag zum Kämpfen und Erin­nern, für die Nazis ein Tag mit einem lächer­lichen Ver­such in Pots­dam ein Zeichen zu set­zen. So demon­stri­erten auf ein­er linken Ver­anstal­tung rund 700 Per­so­n­en gegen Nazis und Knäste. Bei ein­er Ver­anstal­tung von Pots­dam beken­nt Farbe waren weit­ere 150 Nazigegner*innen. Einige Kandidat*innen für die Oberbürgermeister*innenwahl im Herb­st nutzten die Gele­gen­heit, um sich in Szene zu set­zen. Am Rande der Ver­anstal­tun­gen kam es zu über­flüs­si­gen Ver­haf­tun­gen von 6 linken Aktivist*innen.
Die Abreise der Nazis war eine Farce. So mussten 37 von ihnen mit Polizeigeleit durch den Park Sanssouci zum Bahn­hof Sanssouci gebracht wer­den. Hier­bei kam es zu bru­tal­en Über­grif­f­en seit­ens der Polizei. Da wur­den auch schon mal Fahrradfahrer_innen zu Boden geris­sen. Hier stellt sich uns die große Frage, wie es sein kann, dass die Stiftung Preußis­che Schlöss­er und Gärten Berlin-Bran­den­burg es nicht für nötig gehal­ten hat, einzu­greifen und von ihrem Haus­recht Gebrauch zu machen. Hier muss eine Aufk­lärung der Stiftung fol­gen, warum sie Neon­azis auf dem Gelände dulden!
Für die Zukun­ft merken wir uns: wenn wir früher auf­ste­hen, kann auch eine Anreise zur Farce wer­den. Ein riesiges Polizeiaufge­bot von 450 Beamt_innen, einem Hub­schrauber, 2 Wasser­w­er­fern (bei minus 3 °C) und eine Hun­destaffel wur­den für nötig erachtet. Nur so kon­nte offen­bar ein Spazier­gang der Faschos durch den Park gewährleis­tet werden.
Der Tag der poli­tis­chen Gefan­genen* bleibt unser! Nieder mit den Knästen! Für eine befre­ite Gesellschaft!
#pots­dambleibt­sta­bil #antifa­heißt­frühauf­ste­hen #dankean­tifa

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Antifaschismus Law & Order

Der 18.3. ist unser Tag!

An diesem Woch­enende wollen Nazis in Pots­dam eine Sol­i­dar­ität­skundge­bung für einen wegen anti­semi­tis­ch­er Belei­di­gun­gen verurteil­ten Neon­azi durch­führen. Das Datum, das sie sich dafür aus­ge­sucht haben, ist der 18. März, der Tag der poli­tis­chen Gefan­genen. Dies ist nur ein weit­er­er, wenn auch beson­ders dum­mer Ver­such von (Neo-)faschistInnen, sich Dat­en und Sym­bole link­er Bewe­gun­gen anzueignen.
1923 erk­lärte die Inter­na­tionale Rote Hil­fe (IRH) den 18. März zum „Inter­na­tionalen Tag der Hil­fe für die poli­tis­chen Gefan­genen“. Das Datum wurde in Erin­nerung an den Beginn der Paris­er Com­mune am 18. März 1871 gewählt. Die Paris­er Com­mune war ein Sig­nal des Auf­bruchs und der Hoff­nung für die Linke weltweit. Ent­standen während des Deutsch-Franzö­sis­chen Krieges verkör­perte sie einen Gege­nen­twurf zu Nation­al­is­mus und Chau­vin­is­mus. In der Erin­nerungskul­tur der Arbei­t­erIn­nen­be­we­gung stand dieses Datum für das Gedenken ein­er­seits an einen der ersten poli­tis­chen Erfolge der rev­o­lu­tionären Arbei­t­erIn­nen­be­we­gung und ander­er­seits an die Opfer, die die Nieder­schla­gung der Rev­o­lu­tion in Paris kostete. 25.000 Men­schen fie­len dem kon­ter­rev­o­lu­tionären Ter­ror unmit­tel­bar zum Opfer, weit­ere 3000 star­ben in den Knästen und 13700 wur­den zu meist lebenslänglichen Haft­strafen verurteilt. Nach der Nieder­schla­gung der rev­o­lu­tionären Kämpfe Anfang der 1920er Jahre saßen weltweit wieder viele Rev­o­lu­tionärIn­nen im Knast, mussten unter­tauchen und wur­den ver­fol­gt. Um die Kämpfe gegen diese Ver­fol­gung zu bün­deln führte die IRH den Tag der poli­tis­chen Gefan­genen ein. Er war ein Sym­bol ein­er inter­na­tionalen sol­i­darischen Emanzi­pa­tions­be­we­gung, die sich auch dem aufk­om­menden Faschis­mus ent­ge­gen­stellte. In den Rei­hen der Roten Hil­fe Deutsch­lands (RHD) engagierten sich viele Linke mit einem jüdis­chen Hin­ter­grund, viele jüdis­che JuristIn­nen und Intellek­tuelle unter­stützen die RHD.
Seit den 1990er Jahren bege­ht die Rote Hil­fe als linke strö­mungsüber­greifende Sol­i­dar­ität­sor­gan­i­sa­tion den 18. März wieder als Tag der poli­tis­chen Gefan­genen. An diesem Tag erin­nern wir an Men­schen, die wegen ihres Ein­tretens für eine Welt ohne Krieg, Aus­beu­tung und Ras­sis­mus in den Knästen sitzen. Wir stellen uns damit in die Tra­di­tion inter­na­tionaler Kämpfe um Emanzipation.
Das Vorhaben der Nazis ste­ht diesen Tra­di­tio­nen und damit der Idee des „Tages der poli­tis­chen Gefan­genen“ diame­tral ent­ge­gen. Als Rote Hil­fe Pots­dam rufen wir deshalb dazu auf, am 18. März die Nazikundge­bung vor dem Landgericht Pots­dam zu verhindern.

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Antifaschismus jüdisches Leben & Antisemitismus

Neonaziaufmarsch zum 18. März

01_2018.03.13_14 Wustermark OT Elstal Loewen Adler Kaserne _ Kulisse fuer Neonazimobi PDM1803 (5)

Sol­i­dar­ität­skundge­bung für verurteilte Neon­azi-Funk­tionäre geplant / Kaser­nen in Elstal als Kulisse für Mobil­isierungsvideos / Freie Kräfte spie­len Haup­trol­le / Gefan­gene­nun­ter­stützung bei Neon­azis Dauerthe­ma / Ver­such der Beset­zung von linken und  anti­ras­sis­tis­chen Aktion­sta­gen /  Gegen­proteste angekündigt

Am kom­menden Son­ntag beab­sichti­gen Neon­azis in Pots­dam eine Kundge­bung abzuhal­ten. Für diese geplante Ver­anstal­tung wird derzeit in den sozialen Medi­en u.a. mit Video­clips und Aktions­fo­tos gewor­ben. Tat­säch­lich liegt, laut Infor­ma­tio­nen von PNN und MAZ, eine Ver­samm­lungsan­mel­dung bei der Polizei vor. Dem­nach beab­sichtigt eine nicht näher genan­nte Pri­vat­per­son eine Kundge­bung vor dem Jus­tizzen­trum in der Jäger­allee durchzuführen. Hin­ter­grund der Ver­samm­lung soll der „Tag der poli­tis­chen Gefan­genen“ sein. Gegen die Kundge­bung wur­den bere­its zwei Protestver­anstal­tun­gen angemeldet.

Sol­i­dar­ität­skundge­bung für verurteilte Neonazi-Funktionäre

02_2012.08.04 Bad Nenndorf Ursula Haverbeck spricht auf Neonaziaufmarsch
Kult­fig­ur des neon­azis­tis­chen Milieus: Holo­caustleugner­in Ursu­la Haver­beck. Hier während eines Neon­azi­auf­marsches am 4. August 2012 in Bad Nen­ndorf (Nieder­sach­sen)

Wer sich hin­ter den Organ­isieren­den der Neon­azi-Kundge­bung am kom­menden Son­ntag ver­birgt ist jedoch derzeit noch nicht abschließend gek­lärt. Die Ver­anstal­tenden sel­ber hal­ten sich auf ihren Mobil­isierungs­seit­en jeden­falls eher bedeckt. Sie fordern dort u.a. allerd­ings die Freilas­sung von verurteil­ten Führungs­fig­uren aus dem neon­azis­tis­chen Milieu, darunter der Holo­caustleugner­in Ursu­la Haver­beck und des Anti­semiten Sascha Krolzig (DIE RECHTE). Bei­de wur­den unlängst wieder wegen Volksver­het­zung verurteilt. Haver­beck hat­te am 30. Jan­u­ar 2016 in ein­er Berlin­er Gast­stätte wieder­holt den Holo­caust geleugnet, Krolzig den Vor­sitzen­den der jüdis­chen Gemeinde Herford/Detmold in einem Online Bericht 2016 als „frechen Juden­funk­tionär“ bezeichnet.

02_2017.03.18 Leipzig Sascha Krolzig sprucht bei Aufmarsch Die Rechte
Anti­semit Sascha Krolzig (DIE RECHTE) beze­ich­nete den Vor­sitzen­den der jüdis­chen Gemeinde Her­ford / Det­mold als „frechen Juden­funk­tionär“. Das Foto zeigt Krolzig während eines Neon­azi­auf­marsches am 18. März 2017 in Leipzig (Sach­sen).

Bei­de besitzen auch über neon­azis­tis­che Partei­gren­zen hin­aus eine gewisse Pop­u­lar­ität im Milieu, so dass beispiel­sweise der kür­zliche Rück­tritt des gesamten Bran­den­burg­er Lan­desvor­standes von DIE RECHTE sowie dessen Empfehlung an alle 36 Mit­glieder des Lan­desver­ban­des bis Ende Jan­u­ar 2018 die Partei zu ver­lassen nicht unbe­d­ingt eine Rolle spielt.

Andere Bran­den­burg­er Neon­azistruk­turen küm­mern sich offen­bar um die Bewer­bung der geplanten Ver­anstal­tung in Potsdam.

Kaser­nen in Elstal als Kulisse für Mobilisierungsvideos 

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Die Löwen-Adler-Kaser­nen in Elstal nutzten Neon­azis als Kulisse für Mobilisierungsaufnahmen.

Als Aus­drucksmit­tel dienen offen­bar in der Region gefer­tigte Aktions­fo­tos und Video­clips. Ein Großteil der auf der entsprechen­den Social­me­dia-Seite zum „Tag der poli­tis­chen Gefan­genen“ veröf­fentlicht­en Auf­nah­men ent­standen beispiel­sweise in den leer ste­hen­den Löwen-Adler-Kaser­nen in Wuster­mark OT Elstal (Land­kreis Havelland).

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Auch dieses Gebäude auf dem Kaser­nen­gelände diente als Kulisse

Auf den Fotos und Videos sind mehrere ver­mummte Per­so­n­en erkennbar die wahlweise Parolen an Wände schreiben, Luft­bal­lons steigen lassen oder Fah­nen und Ban­ner zeigen. Auf einem Spruch­band wurde u.a. ein­mal mehr die Freilas­sung von Ursu­la Haver­beck gefordert. Weit­er­hin sind auf den Auf­nah­men die Bran­den­bur­gis­che Lan­des­flagge, eine schwarz-weiß-rote Reichs­fahne sowie eine schwarze Fahne von „Freien Kräften“ deut­lich erkennbar.

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In einem Raum ein­er mehrstöck­i­gen Kaserne hin­ter­ließen die Neon­azis einen Aufruf für den 18. März

Die ehe­ma­li­gen Mil­itärein­rich­tun­gen in Elstal wur­den in den 1930er Jahren ursprünglich für das Heer des NS Staates errichtet. Unter anderem waren dort Infan­terie­ver­bände der Wehrma­cht sta­tion­iert. Nach dem Zweit­en Weltkrieg wur­den dort zunächst Geflüchtete unterge­bracht. 1947 bis 1992 war das Gelände Teil ein­er großen Gar­ni­son der sow­jetis­chen Armee.

Seit dem Abzug des Mil­itärs ste­hen die Kaser­nen leer. Sie sind heute in einem ver­wahrlosten Zus­tand und rel­a­tiv leicht begehbar.

Freie Kräfte spie­len Hauptrolle

2016.03.22 Potsdam POGIDA Marsch Aktionsgemeinschaft Asylhuette
Pots­damer Neon­azis und Sym­pa­thisierende der „Freien Kräfte Neu­rup­pin – Osthavel­land“ liefen im Früh­jahr 2016 als Aktion­s­ge­mein­schaft „Asyl­huette in Pots­dam? Kannste Knick­en!“ bei POGI­DA-Aufmärschen in Pots­dam mit.

An Hand der bish­er veröf­fentlicht­en Mobil­isierungsaufrufe zum geplanten „Tag der poli­tis­chen Gefan­genen“ , ins­beson­dere dem Video­ma­te­r­i­al aus Elstal, scheinen vor allem so genan­nte „Freie Kräfte“ aus West­bran­den­burg  eine fed­er­führende Rolle in der Organ­isierung der Ver­samm­lung zu spielen.

Ins­beson­dere die „Freien Kräfte Prig­nitz“ und die „Freien Kräfte Neu­rup­pin – Osthavel­land“ (FKN) treten darüber hin­aus bei der Bewer­bung der Kundge­bung auf ihren Social­me­dia-Seit­en in den Vorder­grund. Einzelne bekan­nte Akteure dieser Grup­pierun­gen sind zu dem, trotz Ver­schleierung der Gesichter, auf Mobil­isierungsauf­nah­men, die auf der Social­me­dia-Seite „Tag der poli­tis­chen Gefan­genen“ erstveröf­fentlicht wur­den, erkennbar.

Aktivis­ten der FKN trat­en in der jüng­sten Ver­gan­gen­heit auch gemein­sam mit Pots­damer Neon­azis unter dem Label „Asyl­huette in Pots­dam? Kannste knick­en!“ in Erschei­n­ung. Mehrfach wur­den Ban­ner dieser Aktion­s­ge­mein­schaft beispiel­sweise bei Aufzü­gen des Pots­damer PEGI­DA-Ablegers POGIDA im Früh­jahr 2016 gezeigt.

Gefan­gene­nun­ter­stützung bei Neon­azis Dauerthema

04_2015.10.24 Neuruppin Kundgebung von NPD und Freien Kraeften
Braune Gefan­genen­hil­fe: Neon­azikundge­bung am 24. Okto­ber 2015 vor dem Amts­gericht in Neuruppin.

Es ist übri­gens auch nicht das erste mal das Neon­azis aus West­bran­den­burg Sol­i­dar­ität­skundge­bun­gen für verurteilte und/oder inhaftierte Gesin­nungsgenossen organisieren.

Am 5. Juli 2014 ver­anstal­tete eine „Alter­na­tive Jugend Havel­land“ eine Kundge­bung mit 25 Teil­nehmenden, der Großteil bekan­nte Sym­pa­thisierende der „Freien Kräfte Neu­rup­pin – Osthavel­land“, in Bran­den­burg an der Hav­el. Dabei wurde sich u.a. mit dem in ein­er örtlichen JVA inhaftierten Holo­caustleugn­er Horst Mahler solidarisiert.

Am 25. Okto­ber 2014 ver­anstal­tete die neon­azis­tis­che „Gefan­genen­hil­fe“ unter dem Mot­to: „Sol­i­dar­ität gegen staatliche Repres­sio­nen – Gemein­sam gegen Iso­la­tion“ eine Ver­samm­lung in Bran­den­burg an der Hav­el. Unter den 80 Teil­nehmenden waren vor allem Partei­funk­tionäre von NPD und JN, vom III. Weg sowie bekan­nte Akteure „Freier Kräfte“ aus Westbrandenburg.

Am 24. Okto­ber 2015 ver­sam­melten sich 80 Neon­azis unter dem Mot­to: „Die Gedanken sind frei…“ zu ein­er Kundge­bung vor dem Amts­gericht in Neu­rup­pin (Land­kreis Ost­prig­nitz-Rup­pin). In einem Rede­beitrag erin­nerte u.a. ein führen­der Kopf der „Freien Kräfte Neu­rup­pin-Osthavel­land“ an die Inhaftierten Holo­caustleug­nen­den Ursu­la Haver­beck, Horst Mahler und Ernst Zündel.

Ver­such der Beset­zung von linken und anti­ras­sis­tis­chen Aktionstagen

Bemerkenswert ist jedoch, dass Neon­azis ihre Gefan­genen­hil­fe erst­mals am 18. März zu propagieren und damit offen­bar ein­mal mehr ver­suchen einen Aktion­stag der radikalen Linken für die Ver­bre­itung  neon­azis­tis­ch­er Ide­olo­gie zu besetzen.

Der 18. März wurde näm­lich ursprünglich 1923 unter dem Mot­to: „Inter­na­tionaler Tag der Hil­fe für die poli­tis­chen Gefan­genen“ von der „Inter­na­tionalen Roten Hil­fe“ ins Leben gerufen und 1996 als „Tag der poli­tis­chen Gefan­genen“ von der Roten Hil­fe eV wiederbelebt.

Das Datum soll an den Auf­s­tand der Paris­er Kom­mune im Jahr 1871, deren Zer­schla­gung sowie an die anschließende Verurteilung von mehreren tausend Kom­mu­nar­den zu meist lebenslanger Haft erinnern.

Des Weit­eren find­en im Zeitraum vom 12. zum 25. März 2018 die „inter­na­tionalen Wochen gegen Ras­sis­mus“ statt. In Pots­dam wird es in diesem Rah­men u.a. Work­shopange­bote und Lesun­gen geben. Hin­ter­grund dieser Ver­anstal­tun­gen ist der „Inter­na­tionale Tag für die Besei­t­i­gung ras­sis­tis­ch­er Diskri­m­inierung“ (21. März).

Gegen­proteste angekündigt 

Indes rief das zivilge­sellschaftliche Aktions­bünd­nis „Pots­dam beken­nt Farbe“ im Social­me­dia zu Protesten gegen die neon­azis­tis­che Ver­samm­lung auf. „Wenn neona­tion­al­sozial­is­tis­che Kräfte in unser­er Stadt Geschicht­sre­vi­sion­is­mus betreiben, müssen sie selb­stver­ständlich mit entsch­ieden­em Wider­spruch rech­nen“, so das Bünd­nis im Socialmedia.

Ab 14:00 Uhr ist beispiel­sweise eine Kundge­bung unter dem Mot­to: „Für eine men­schen­fre­undliche Gesellschaft ohne Hass“ in der südlichen Jäger­allee, in der Nähe der Neon­aziver­samm­lung, geplant.

Eine weit­ere Demon­stra­tion gegen die Neon­azis wurde von ein­er Poli­tik­erin der Partei DIE.LINKE angemeldet und soll außer­dem ab 13.00 Uhr am Platz der Ein­heit starten. End­punkt dieser Ver­samm­lung wird das nördliche Ende der Jäger­allee, eben­falls in Nähe zur Neon­aziver­samm­lung, sein.

Foto­ma­te­r­i­al auf Flickr: HIER

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Spendenaufruf: Bus nach antirassistischer Demo zerstört

Nach der Demon­stra­tion „Frauen* gemein­sam gegen Ras­sis­mus und Ungerechtigkeit“ am Samstag
10.03.2018 in der Cot­tbuser Innen­stadt wurde der Bus des Pro­jek­ts „OTTO“ von Chance e.V.
ver­mut­lich durch Rechte mutwillig zer­stört. Der Sach­schaden beläuft sich auf mehrere Tausend
Euro. Daher rufen die Vere­ine Chance e.V., die Opfer­per­spek­tive e.V. und Women in Exile &
friends drin­gend dazu auf für die Reparatur zu spenden.
Auf­grund eines leicht­en tech­nis­chen Defek­ts blieb der Bus zunächst nach dem Ende der Demon­stra­tion am Sam­stag auf dem Park­platz am Oberkirch­platz in Cot­tbus ste­hen. Bere­its in der Nacht zu Son­ntag wurde dort durch Unbekan­nte der Aus­puff mit Bauschaum aus­ge­sprüht. Der Bus war dadurch nicht mehr fahrtauglich. In der Nacht zu Mon­tag wur­den dann, von ver­mut­lich mehreren Tätern, zwölf Scheiben eingeschla­gen. Da der Bus sehr klar der sol­i­darischen Demon­stra­tion am Sam­stag zugerech­net wurde, kann von einem geziel­ten Vorge­hen von recht­en Tätern aus­ge­gan­gen wer­den. Der Bus wurde als Sym­bol und stel­lvertre­tend für Alle ange­grif­f­en, die an dem Tag in Cot­tbus für eine sol­i­darische Gesellschaft und gegen Ras­sis­mus auf die Straße gegan­gen sind.
Der Bus wird aktuell für das Kul­tur- und Begeg­nung­spro­jekt „OTTO – der Bus“ des Vere­ins Chance e.V. in der Region Märkisch-Oder­land gebraucht und ste­ht diesem auf­grund der Beschädi­gun­gen derzeit nicht mehr zur Ver­fü­gung. Das Pro­jekt wird von der Robert-Bosch-Stiftung finanziert und gehörte zu den Gewin­ner­pro­jek­ten im Pro­gramm „Neu­land“, welch­es sich für eine demokratis­che Entwick­lung des ländlichen Raums stark macht.
Der Vere­in Chance e.V. will unbe­d­ingt das Pro­jekt weit­er führen und bit­tet daher um finanzielle Unter­stützung für die Reparatur des Busses.
Spenden bitte auf fol­gen­des Konto:
Opfer­per­spek­tive e.V.
Bank für Sozialwirtschaft
IBAN: DE34100205000003813100
BIC: BFSWDE33BE
Betr­e­ff: Bus-Schaden Cot­tbus (bitte unbe­d­ingt angeben!)

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(Anti-)Rassismus Antifaschismus Sonstiges

Anzahl rechter Gewalttaten ungebrochen hoch

Der Vere­in Opfer­per­spek­tive e.V. hat 2017 im Land Bran­den­burg 171 rechte Angriffe reg­istri­ert. Dies stellt einen Rück­gang gegenüber den Vor­jahren (2016: 221, 2015: 203) dar. Die Zahl der recht­en Gewalt­tat­en liegt immer noch deut­lich über dem Niveau des Zeitraums von 2002 bis 2014. Die Summe der gezählten Kör­per­ver­let­zungs­de­lik­te (148) ist die zwei­thöch­ste Zahl, die jemals im Rah­men des Mon­i­tor­ings durch die Beratungsstelle erfasst wurde.
Das häu­fig­ste Tat­mo­tiv war 2017 Ras­sis­mus: 84 Prozent aller Tat­en lag diese Moti­va­tion zu Grunde. Dies ist ein erneuter Anstieg gegenüber 2016 (79 Prozent). In der Mehrzahl dieser Fälle waren Geflüchtete von den Attack­en betrof­fen. Hierzu erk­lärt Judith Porath, Geschäfts­führerin der Opfer­per­spek­tive: „Die ras­sis­tis­che Gewaltwelle, die vor allem geflüchtete Men­schen bet­rifft, muss endlich gestoppt wer­den. Eine Gesellschaft, in der sich Alteinge­sessene und Neuangekommene auf Augen­höhe begeg­nen kön­nen, ist nicht möglich, solange die Orte fehlen, an denen sich Geflüchtete angst­frei bewe­gen können.“
Neben den 143 durch die Opfer­per­spek­tive reg­istri­erten ras­sis­tis­chen Gewalt­tat­en (2016: 175) wur­den 25 (2016: 24) Angriffe durch Rechte auf poli­tis­che Gegner_innen verübt. Zwei Über­griffe auf nicht-rechte und alter­na­tive Per­so­n­en (2016: 14) wur­den erfasst, außer­dem ein Angriff aus ein­er sozial­dar­win­is­tis­chen Moti­va­tion her­aus. Mehrheitlich han­delte es sich bei den der Beratungsstelle bekan­nt gewor­de­nen Gewalt­tat­en um Kör­per­ver­let­zungs­de­lik­te, davon 79 ein­fache und 69 gefährliche Kör­per­ver­let­zun­gen (2016: 85/101). In Bran­den­burg wur­den 2017 zwei rechtsmo­tivierte Brand­s­tiftun­gen, in Tem­plin und Krem­men, verübt (2016: 9). Der Molo­tow­cock­tail-Anschlag von Krem­men wird durch die Opfer­per­spek­tive als ver­sucht­es Tötungs­de­likt gew­ertet. Des weit­eren wur­den eine ver­suchte schwere Kör­per­ver­let­zung, 13 Fälle von Nöti­gung und Bedro­hung (2016: 13), 3 mas­sive Sachbeschädi­gun­gen (2016: 6), ein rechtsmo­tiviert­er Raub und ein Fall von Land­friedens­bruch sta­tis­tisch erfasst. In zwei Fällen ver­sucht­en ras­sis­tisch motivierte Täter mit­tels Kraft­fahrzeu­gen, Per­so­n­en zu verletzen.
Von den Angrif­f­en waren 2017 264 Per­so­n­en direkt betrof­fen (2016: 335) und 161 Per­so­n­en indi­rekt (2016: 196), z.B. als Zeug_innen oder Ange­hörige. Von einem großen Dunkelfeld ist nach Ansicht der Opfer­per­spek­tive auszuge­hen. Deut­lich zugenom­men hat die Zahl der betrof­fe­nen Kinder (vol­len­detes 13. Leben­s­jahr oder jünger). Die Opfer­per­spek­tive erlangte Ken­nt­nis von 35 Kindern, die 2017 Opfer rechter Gewalt­täter wur­den – eine deut­liche Zunahme gegenüber 2016 (22) und 2015 (26).
Der schon 2016 erkennbare Trend der regionalen Aus­d­if­feren­zierung bezüglich rechter Gewalt­tat­en hat sich auch 2017 fort­ge­set­zt und weit­er ver­stärkt. Die kre­is­freie Stadt Cot­tbus ist mit 32 rechtsmo­tivierten Angrif­f­en erneut der Ort mit den meis­ten reg­istri­erten Angrif­f­en. Dies stellt die zwei­thöch­ste Zahl rechter Über­griffe dar, die durch die Opfer­per­spek­tive jemals in einem Land­kreis bzw. ein­er kre­is­freien Stadt reg­istri­ert wurde (Höch­stzahl 41, eben­falls Cot­tbus, 2016). Gle­ichzeit­ig gibt es in anderen Regio­nen teils erhe­bliche Rück­gänge: In Spree-Neiße (von 27 Angrif­f­en auf 8 Angriffe), Frank­furt (Oder) (von 16 Angrif­f­en auf 5 Angriffe), in Märkisch-Oder­land (von 13 Angrif­f­en auf 2 Angriffe) und im Havel­land (von 11 Angrif­f­en auf 2 Angriffe) zeigt sich diese Entwick­lung beson­ders deut­lich. Dem ent­ge­gen ste­hen Steigerun­gen der Angriff­szahlen in Tel­tow-Fläming (14, 2016:11), Ober­hav­el (12, 2016:11), Barn­im (11, 2016: 5) und der Prig­nitz (8, 2016: 5). Neben Cot­tbus bleibt der Land­kreis Ost­prig­nitz-Rup­pin mit 16 recht­en Gewalt­de­lik­ten (2016: 21) ein Schw­er­punkt rechter Gewalt in Brandenburg.
In Cot­tbus hat sich in der Stadt eine gewalt­tätige Stim­mung, vor allem gegenüber Geflüchteten, ver­fes­tigt. Mit den Demon­stra­tio­nen des ras­sis­tis­chen Vere­ins „Zukun­ft Heimat“ ist eine Mobil­isierungsplat­tform ent­standen, die unter­schiedlich­ste Strö­mungen des lokalen, regionalen und über­re­gionalen recht­en Spek­trums vere­int und ver­net­zt. „Ras­sis­tis­che Gewalt wird durch die aktuelle Straßen­mo­bil­isierung legit­imiert, indem sie als „Notwehr“ gegen einen ange­blichen, durch Zuwan­derung bed­ingten „Volk­saus­tausch“ umgedeutet wird“, erläutert Judith Porath. Auch die örtliche rechte Hooli­gan­szene besucht die Demon­stra­tio­nen in Cot­tbus. So kommt es im Umfeld dieser Ver­anstal­tun­gen wieder­holt zu Über­grif­f­en auf poli­tis­che Gegner_innen aus diesem Per­so­n­enkreis. Die Opfer­per­spek­tive sieht die Gefahr, dass Cot­tbus zum Vor­bild für ras­sis­tis­che Kam­pag­nen in weit­eren Kom­munen im Land Bran­den­burg wird.
Anbei Sie das Hin­ter­grund­pa­pi­er der Opfer­per­spek­tive zur Veröf­fentlichung der Jahressta­tis­tik 2017 mit aus­führlichen Analy­sen sowie die grafis­che Aufar­beitung der Sta­tis­tik. Die Grafiken sind unter Nen­nung der Quelle (Peer Neumann/ Opfer­per­spek­tive) frei verwendbar.

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