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Gedenkveranstaltungen zum Gedenken an die Novemberpogrome

In diesem Jahr gab es erst­ma­lig zwei Gedenkver­anstal­tun­gen, um an die Schreck­en der Novem­ber­pogrome zu erinnern.

Gedenken am ehe­ma­li­gen jüdis­chen Altenheim in Babelsberg

Bei ein­er Ver­anstal­tung am Vor­mit­tag wurde an einem authen­tis­chen Ort der Shoa, dem ehe­ma­li­gen jüdis­chen Altenheim in der Spitzweg­gasse 2a, gedacht. Von hier aus gin­gen 1943 die let­zten Trans­porte aus Pots­dam in die Ver­nich­tungslager. In den Rede­beiträ­gen wurde auf die Enteig­nun­gen in Neu-Babels­berg einge­gan­gen und welche Orte seit 1933 von NS-Verbänden
beset­zt und bewohnt wor­den sind. Anschließend wur­den von ca. 30 Men­schen am Gedenkstein Blu­men und Kränze niedergelegt, sowie mit ein­er Schweigeminute der Novem­ber­pogrome gedacht.

Gedenken am OdF Mahnmal

Um 19 Uhr trafen sich unge­fähr 200 Leute am Denkmal für die Opfer des Faschis­mus am Platz der Ein­heit. In mehreren Beiträ­gen wurde an die Geschehnisse der  Novem­ber­pogrome erin­nert und ein Gedicht von Hali­na Biren­baum ver­lesen. Ein Rede­beitrag von der Emanzi­pa­torischen Antifa Pots­dam kennze­ich­nete die lange Tra­di­tion von Anti­semitismus, auch vor 1933, in Deutsch­land und dass dieser bis heute tief in der Gesellschaft ver­ankert ist.
Dazu  sagt Lisa Redlich von der EAP „Gedenken ist nicht nur das
Erin­nern an  ein bes­timmes Ereigniss oder an eine bestimmte
Begeben­heit. Es ist auch  wichtig zu betra­cht­en wie es zu dem Ereig­nis gekom­men ist und dann daraus auch die Schlüsse auf das hier und heute zu ziehen“ Den Rede­beitrag find­en sie weit­er unten in der kom­plet­ten Länge.

Respekt- und würde­los­es Ver­hal­ten der Polizei Brandenburg 

Dass die Polizei Bran­den­burg jegliche Würde ver­loren hat, zeigte sich gestern mal wieder. Ein Gedenken von Opfer­ver­bän­den und
Antifaschisten*innen zu stören, in dem sie einen Verantwortlichen
wollen, ist ein Skan­dal und zeigt, dass sie jegliches
Geschichtsver­ständ­nis ver­mis­sen lassen. In Bran­den­burg müssen
Gedenkver­anstal­tun­gen nicht angemeldet wer­den, weshalb ihre Nach­frage wie eine Pro­voka­tion und Schikane wirkte.

Fotos unter: https://www.flickr.com/photos/presseservice_rathenow/49040300236/in/album-72157711714431958/

Rede­beitrag der EAP:

Heute ste­hen wir wieder hier am Mah­n­mal für die Opfer des Faschismus.
Jedes Jahr müssen wir erneut fest­stellen, wie wichtig eine aktive
Gedenkkul­tur ist und wie wichtig es ist aus dem Gedenken Rückschlüsse auf das hier und heute zu ziehen! Vor exakt einem Monat, dem 9.10.2019 kam es zu einem neon­azis­tis­chen Angriff auf eine Syn­a­goge in Halle.
Dabei star­ben zwei Men­schen. Der Angriff, der am jüdis­chen Feiertag Jom Kip­pur stat­tfand, zielte klar gegen Jüdin­nen und Juden.

Der 9.11. ist ein Datum von her­aus­ra­gen­der Bedeu­tung. Vor 81 Jahren wur­den Syn­a­gogen und Geschäfte jüdis­ch­er Men­schen zer­stört, Men­schen wur­den ver­haftet und ermordet. Auch hier direkt hin­ter uns wurde die Syn­a­goge geplün­dert und aus­ger­aubt. Keine 100 Meter weit­er links wurde das Geschäft von Abra­ham Kall­mannsohn in der Schw­ert­fegerstraße 1 geplün­dert und er wurde im KZ Sach­sen­hausen interniert. An diese Gräueltat­en zu erin­nern ist die Ver­ant­wor­tung der­er wir uns heute annehmen müssen. Erin­nern heißt nicht vergessen.

Der 9.11.1938 war Test­lauf und Start­punkt für die spätere sys­tem­a­tis­che Ver­nich­tung durch Massen­er­schießun­gen in Osteu­ropa und Ver­ga­sun­gen in den Konzen­tra­tionslagern. Nach dem 9.11.1938 war klar, dass gegen anti­semi­tis­che Het­ze und Gewalt­tat­en aus der deutschen Bevölkerung nicht  mit Wider­stand zu rech­nen war – ganz im Gegenteil!
Die Aneig­nung von und Auseinan­der­set­zung mit der Geschichte muss bis in unsere Gegen­wart hinein­re­ichen! Auch wenn Deutsch­land 1945 besiegt wurde, ist der Anti­semitismus in  großen Teilen der Gesellschaft verblieben und erneuert sich unen­twegt. Alleine im let­zten Jahr gab es 1.799 doku­men­tierte anti­semi­tis­che Angriffe. Das sind 5 anti­semi­tis­che Angriffe am Tag!

Dieser mod­erne Anti­semitismus hat eine lange Tra­di­tion in Deutsch­land. Schon Jahrzehnte bevor die Nationalsozialist*innen die Macht in die Hände gelegt beka­men. So kam es beispiel­sweise schon 1916, mit­ten im ersten Weltkrieg, zu soge­nan­nten „Juden­zäh­lun­gen“ in der Reich­swehr. Mit  dieser Zäh­lung sollte gek­lärt wer­den, ob Juden ihre soge­nan­nten „vater­ländis­chen“ Pflicht­en in aus­re­ichen­der Zahl erfüll­ten. Die Ergeb­nisse dieser staat­sof­fiziellen Unter­suchung wur­den nicht an die
große Glocke gehangen, denn von den 500.000 deutschen Juden diente 1/5 in der Reich­swehr. Die für „Kaiser und Vater­land“ kämpfend­en Juden erhofften sich durch ihren Kampfein­satz die volle Gle­ich­berech­ti­gung und  Anerken­nung der deutschen Gesellschaft zu erkämpfen. Aber noch nicht ein­mal unter Ein­satz ihres Lebens war ihnen dies möglich. Sie gal­ten weit­er­hin als Pro­jek­tions­fläche. Alle Auswüchse und Missstände des sich
etablieren­den Kap­i­tal­is­mus wur­den mit ihnen iden­ti­fiziert und somit per­son­al­isiert. Ein Umstand, der aus der kapitalistischen
Waren­pro­duk­tion und dem ihr notwendi­gen falschen All­t­ags­be­wusst­sein erwächst. Dabei war für die Anti­semiten uner­he­blich, was Juden in der Real­ität tat­en oder wer sie waren. Denn, wie Adorno so tre­f­fend for­mulierte: „Der Anti­semitismus ist das Gerücht über den Juden.“

Nach der Beendi­gung des ersten Weltkrieges durch die Kapit­u­la­tion des deutschen Reich­es nahm der Anti­semitismus fol­glich nicht ab. Im Gegen­teil, auch die Auf­stände und Massen­streiks der Jahre 1918 und 1919 wur­den nicht lediglich auf eine kriegsmüde, nach Brot und Frei­heit strebende Bevölkerung zurück­ge­führt, son­dern von Beginn an gal­ten die Urheber*innen als „jüdis­che Bolschewist*innen“. Und entsprechend hart wurde mit ihnen umgegangen.

Liebe Zuhörende, der 9. Novem­ber ist nicht nur der Tag an dem wir der Reich­s­pogrom­nacht mit ihren Schreck­en und grausamen Fol­gen gedenken. Wir gedenken auch der Tausenden Toten die von Freiko­rps ermordet wur­den. Diese Freiko­rps bestanden zumeist aus ehe­ma­li­gen Sol­dat­en, die sich nach der deutschen Nieder­lage zum Schutz eines reak­tionären Deutsch­lands zusam­men schlossen. Sie unter­standen dem dama­li­gen SPD-Vertei­di­gungsmin­is­ter Noske und han­del­ten auf seinen Befehl. So auch als sie in Berlin im März 1919 ein Mas­sak­er an linken Proletarier*innen anrichteten. Damals flo­gen erst­mals Flugzeuge Luftan­griffe und schmis­sen Brand­bomben auf Wohn­vier­tel. Maschi­nengewehre wur­den in
belebten Straßen einge­set­zt. Diese Gewalt über­traf in ihrer Stärke und Durch­schlagskraft die vorher einge­set­zte rev­o­lu­tionäre Gewalt um ein Hun­dert­fach­es. Wur­den während der Novem­ber­rev­o­lu­tion 1918 nur Wenige getötet, fie­len der ent­fes­sel­ten Gewalt der Freiko­rps allein im März 1919 in Berlin 1.200 Men­schen zum Opfer: größ­ten­teils Zivilist*innen. An  diesen Gewal­taus­brüchen waren auch Pots­damer Freiko­rps beteiligt. Zu nen­nen sind hier das Freiko­rps Pots­dam und das Freiko­rps Hülsen, beide
waren in Pots­dam sta­tion­iert. Das Pots­damer Freiko­rps Hülsen ging später  als Teil der 3. Infan­terie Divi­sion in der Wehrma­cht auf und war unter anderem am Über­fall auf Polen im Jahr 1939 beteiligt.

Es dürfte also nie­man­den der Anwe­senden ver­wun­dern, wenn sich die Ange­höri­gen und die Kom­mandieren­den der Pots­damer Freiko­rps oder ander­er Freiko­rps Ver­bände später den Nazis anschlossen oder sog­ar an deren Spitze stellten.

In der Zeit nach Beendi­gung des 1. Weltkrieges und vor der Machtüber­gabe  an die NSDAP fühlten sich auch schon ver­schiedene Täter (es waren und sind ja meist Män­ner) dazu berufen Morde und Mas­sak­er an ver­meintlichen oder realen Gegner*innen zu bege­hen. Damals wie heute han­delt es sich bei den Tätern ange­blich um Einzeltäter. Damals wie heute sind diese Men­schen einge­bun­den in ein poli­tis­ches Umfeld das geprägt ist von Unter­gangsäng­sten und Bedro­hungsszenar­ien. Damit wirre Ideen aber zu Tat­en wer­den, braucht es mehr: Es braucht eine indif­fer­ente oder sich sog­ar pos­i­tiv auf die Tat­en beziehende Bevölkerung und es braucht einen Staat, welch­er die anti­ju­dais­tis­che, die anti­semi­tis­che, die faschis­tis­che oder ras­sis­tis­che Bedro­hung kon­fton­ta­tion­s­los hinnimmt.
Hierzu braucht es weit­er­hin eine Gesellschaft in der die
gesellschaftlichen Beziehun­gen der Men­schen nicht bewusst geregelt sind, sich die Men­schen in freier Konkur­renz als Privateigentümer*innen gegenüber­ste­hen und men­schlich­es Han­deln  lediglich als per­sön­lich­es Fehlver­hal­ten aus­gelegt wird,begründet durch per­sön­liche Überzeu­gung oder Abstam­mung. Die gesellschaftlichen Ver­hält­nisse haben sich seit­dem nie grundle­gend geändert!

Angesichts des im Bran­den­burg­er Land­tag sitzen­den bayrischen Neon­azis Kalb­itz, der bis heute nicht ver­bote­nen rechts-ter­ror­is­tis­chen Organ­i­sa­tion Com­bat 18 oder der wei­thin bekan­nten Unter­stützung (neo)nazistischer Grup­pen durch Teile des deutschen Sicher­heit­sap­pa­rates muss klar sein, dass eine faschis­tis­che Gefahr mit­nicht­en geban­nt ist!

Fakt ist, dass auf die Reich­s­pogrom­nacht jahrzehn­te­lang hin gear­beit­et wurde und es ist wichtig sich nicht nur dieses Datum mit all seinen Schreck­en ins Gedächt­nis zu rufen, son­dern auch die unzäh­li­gen Grausamkeit­en, die den Weg dor­thin geeb­net haben und danach noch fol­gten. Denn nur so ist Ler­nen aus der Geschichte möglich. Nicht indem wir uns an, vom Fluss der Geschichte los­gelöste, sin­guläre Ereignisse erin­nern, son­dern indem wir die Geschichte als von Men­schen gemachte Real­ität anerken­nen, in der viele ver­schiedene Aspek­te zu dem führten dessen wir heute mah­nen wollen.

Gegen jeden Antisemitismus!

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Geschichte & Gedenken jüdisches Leben & Antisemitismus

Jüdische Friedhöfe: Eine Spurensuche

Jüdis­che Fried­höfe sind oft die einzi­gen Zeu­gen des regen jüdis­chen Lebens in Bran­den­burg vor sein­er Ver­nich­tung. In Anger­münde wurde der jüdis­che Fried­hof in der Pogrom­nacht 1938 fast völ­lig zer­stört. Heute erin­nert eine Gedenk­tafel an diesen Ort und an die Jüdis­che Gemeinde von Anger­münde, die hier ihre Toten beerdigte. Dieser Ort birgt die Geschicht­en der Men­schen und ihrer Lebenswirklichkeit.

Wie andere jüdis­che Fried­höfe in Bran­den­burg kann er aber auch darüber erzählen, wie in der DDR an das jüdis­che Leben und seine Ver­nich­tung erin­nert wurde und welche Bedeu­tung  jüdis­che Fried­höfe heute als Gedächt­nisorte haben.

Jüdis­che Fried­höfe gewähren aber nicht nur einen Blick in die Ver­gan­gen­heit. Aus­ge­hend von diesem Ort the­ma­tisiert Anke Geißler-Grün­berg auch den heuti­gen Umgang mit Ster­ben, Trauer und Tod im Judentum.

Anke Geißler-Grün­berg ist Pro­jek­tko­or­di­na­torin des Pro­jek­ts „Jüdis­che Fried­höfe in Bran­den­burg“ an der Uni­ver­sität Pots­dam. Ziel des Pro­jek­ts ist es, die jüdis­chen Fried­höfe des Lan­des umfassend zu dokumentieren.

Ver­anstal­tung­sort:
Ratssaal im Rathaus Angermünde
Markt 24
16278 Angermünde

Ver­anstal­tungs­da­tum:
Dien­stag, 29.10.2019
18.00 Uhr

Ein­tritt & Anmeldung:
Der Ein­tritt ist frei. Um eine Anmel­dung wird zu Pla­nungszweck­en gebeten.

Kon­takt:
Hein­rich-Böll-Stiftung Bran­den­burg e.V.
Tel.: 0331 20057816/-19
Pro­jek­t­team MIT:MENSCHEN
dorn@boell-brandenburg.de; jerke@boell-brandenburg.de
www.boell-brandenburg.de

Die Ver­anstal­tung find­et in Koop­er­a­tion mit dem Anger­mün­der Bürg­er­bünd­nis für eine gewalt­freie, tol­er­ante und weltof­fene Stadt statt.

Aus­geschlossen von der Ver­anstal­tung sind Per­so­n­en, die recht­sex­tremen Organ­i­sa­tio­nen ange­hören, der recht­sex­tremen Szene zuzuord­nen sind oder bere­its in der Ver­gan­gen­heit durch ras­sis­tis­che, nation­al­is­tis­che, anti­semi­tis­che oder son­stige men­schen­ver­ach­t­ende Äußerun­gen in Erschei­n­ung getreten sind. Die Ver­anstal­tenden behal­ten sich vor, von ihrem Haus­recht Gebrauch zu machen und diesen Per­so­n­en den Zutritt zur Ver­anstal­tung zu ver­wehren oder von dieser zu verweisen.

Die Ver­anstal­tung find­et im Rah­men des Pro­jek­tes „MIT:MENSCHEN – Migra­tion, Inte­gra­tion, Teil­habe“ der Hein­rich-Böll-Stiftung Bran­den­burg statt und wird aus Mit­teln des Asyl‑, Migra­tions- und Inte­gra­tions­fonds kofinanziert.

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Kundgebung gegen rechtsextremen Bedrohungen

Vor dem Hin­ter­grund des Anschlags in Halle, der zwei Men­schen das Leben kostete und bei dem min­destens neune weit­ere Per­so­n­en teils schw­er ver­let­zt wur­den, ruft das Bünd­nis „Kein Ort für Nazis in Frank­furt (Oder)“ zu ein­er Kundge­bung am Fre­itag den 11.10.2019 ab 18 Uhr auf dem oberen Brun­nen­platz in Frank­furt (Oder) auf.

Dazu erk­lärt Jan Augusty­ni­ak, Sprech­er des Bündnis:

Der Angriff auf die Syn­a­goge in Halle und weit­ere Men­schen im Umfeld macht uns betrof­fen, aber nicht sprach­los. Wir sind alle aufge­fordert Ver­ant­wor­tung zu übernehmen und uns der recht­sex­tremen Bedro­hung ent­ge­gen­zustellen. Anschläge mit ras­sis­tis­chen, anti­semi­tis­chen und recht­sex­tremen Hin­ter­grund sind nicht neu und die Gefahr weit­er­er Tat­en ist mit der raschen Fes­t­nahme des Verdächtigten nicht vor­bei. Der Anschlag ist ein Beleg dafür, dass hier aus Worten, die jeden Tag in Inter­net­foren, in Chat­grup­pen, an Stammtis­chen, in recht­en Szen­e­tr­e­ffs und poli­tis­chen Parteien geäußert und immer stärk­er in den öffentlichen Diskus­sion­sraum getra­gen wer­den, Tat­en gewor­den sind. Mit unser­er Kundge­bung erheben wir die andere Stimme und set­zen ein deut­lich­es Zeichen gegen Ras­sis­mus, Anti­semitismus und Recht­sex­trem­is­mus. Die Bedro­hung von rechts muss klar benan­nt und auf allen Ebe­nen kon­se­quent ent­ge­genge­treten werden.“

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Anastasia und ihre Fans – Vortrag zur Anastasia-Bewegung

Ide­olo­gie & Akteure ein­er recht­seso­ter­ischen Siedlungsbewegung

Mit einem Hek­tar Land als Kle­ingärt­ner die Welt zu ret­ten scheint für manch ökol­o­gisch Motivierte eine ver­heißende Nachricht. In ein­er Roman­rei­he des rus­sis­chen Autors Wladimir Megre wird genau diese roman­tisch verk­lärte Vorstel­lung propagiert. Megre erzählt von sein­er Begeg­nung mit ein­er im Wald leben­den Frau. Die blonde, blauäugige Anas­ta­sia kann mit Tieren reden und mit Hil­fe ihres „Strahls“ telepathis­che Kräfte ein­set­zen, um anderen Men­schen Gar­ten­tipps für ihre Zuc­chi­nis zukom­men zu lassen. Sie zeigt dem von der mod­er­nen Gesellschaft frus­tri­erten Pro­tag­o­nis­ten, die ver­meintlichen Prob­leme der Men­schheit und was diese zum glück­lich sein ändern müsse.

Doch bei den Anas­ta­sia Büch­ern han­delt es sich nicht um ein Märchen mit Hap­py End im Paradies, vielmehr ent­pup­pen sie sich schnell als Gruselgeschichte mit ein­er gehöri­gen Ladung wahn­haftem Anti­semistismus, Ver­schwörungs­denken und ras­sis­tisch-völkischen Welt­bild. Egal ob Geschlechter­rollen, Fam­i­lien­bild oder Kinder­erziehung – in Anastasia‘s Welt ist alles ein­er ver­meintlichen „Natür­lichkeit“ unter­ge­ord­net, welch­er sich das Indi­vidu­um zu unter­w­er­fen hat.

Diese inhaltliche Anschlussfähigkeit an ökol­o­gis­che, eso­ter­ische sowie extrem rechte Welt­bilder lässt sich auch prak­tisch seit eini­gen Jahren beobacht­en. Anas­ta­sia Anhän­gerIn­nen wer­den wegen ihrer Fähigkeit­en im Bere­ich „Natur­baut­en“ und biol­o­gis­ch­er Land­wirtschaft als Ref­er­entIn­nen und Exper­tIn­nen beispiel­sweise in Per­makul­tur- und andere Ökolo­giekreise ein­ge­laden, tauchen aber auch auf extrem recht­en Ver­anstal­tun­gen von AfD und Iden­titär­er Bewe­gung auf.

In dem Vor­trag wer­den Ide­olo­gie und Welt­bild, sowie AkteurIn­nen der Szene, Struk­turen und Verknüp­fun­gen der recht­seso­ter­ischen Strö­mung, die unter „Anas­ta­sia-Bewe­gung“ und „Fam­i­lien­land­sitz-Bewe­gung“ bere­its einige Aufmerk­samkeit in der Presse und Recht­sex­trem­is­mus­forschung auf sich gezo­gen hat, beleuchtet und dekonstruiert.

Der Arbeit­skreis Anas­ta­sia hat sich ein­er­seits aus dieser Aktu­al­ität und durch den erhöht­en Zuwachs von Anhän­gerIn­nen der Fam­i­lien­land­sitzbe­we­gung gegrün­det, um Infor­ma­tio­nen und Rechercheergeb­nisse über jene zusam­men zu tra­gen und durch Vorträge aufzuk­lären. Ander­er­seits lassen sich Kon­ti­nu­itäten und Ver­strick­un­gen von Ökolo­gie, Eso­terik und Nazis­mus, die sich bis vor dem Nation­al­sozial­is­mus zurück­ver­fol­gen lassen, mit der Anas­ta­sia Bewe­gung herstellen.

Diese Anknüp­fungspunk­te der nach Außen friedlich wirk­enden Ökos, die gezielt auf’s Land ziehen und Dör­fer besiedeln, ver­an­lassen uns zu ein­er genaueren Betra­ch­tung. Ihre anti­semi­tis­che, ras­sis­tis­che und homofeindliche, sowie antipro­gres­sive und anti­mod­erne Ide­olo­gie gilt es zu beleucht­en, zu dekon­stru­ieren und, wo auch immer sie siedeln, für unfrucht­bare Äck­er zu sorgen.

Mit einem Vor­trag dazu sind wir in Bran­den­burg und Berlin unterwegs.
Kon­takt unter anastasia.blackblogs.org

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Aktionstag gegen Antisemitismus und Rassismus

Heute ist Anne Frank Tag! Am 12. Juni 2019, dem Geburt­stag von Anne Frank, engagierten sich auch zahlre­iche Schulen gegen Ras­sis­mus — Schulen für Courage, für eine demokratis­che Gesellschaft ohne Anti­semitismus und Ras­sis­mus. Ins­ge­samt nehmen heute 250 Schulen und 40000 Schüler*innen an dem deutsch­landweit­en Aktion­stag teil.

Mit dabei war auch die AGUS/Gadat Beru­fliche Schulen aus Neu­rup­pin. Wir als JWP-Mit­ten­Drin e.V. unter­stützen diesen Aktion­stag und set­zten gemein­sam ein Zeichen gegen Antisemitismus und Ras­sis­mus. So gedacht­en wir an Zwei Zen­tralen Orten, dem Schulplatz, sowie am Boll­w­erk. An dem Gedenken nah­men rund 50 Per­so­n­en Teil.

Hier ein paar Bilder:

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Erinnerungskultur und Rechtspopulismus

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Fachstelle Antisemitismus gegründet

Zum 1. Mai 2019 wurde am Moses Mendelssohn Zen­trum für europäisch-jüdis­che Stu­di­en (MMZ) in Pots­dam die Fach­stelle Anti­semitismus gegrün­det. Mit dem Auf­bau und der Leitung der Fach­stelle wurde Peter Schüler aus Pots­dam beauftragt.Schüler ist Diplom­physik­er und Recht­san­walt und seit den frühen 1990er Jahren für Bünd­nis 90/Die Grü­nen lan­des- und kom­mu­nalpoli­tisch aktiv. Er gehörte zu den Ini­tia­toren des Pro­jek­tes ein­er neuen Syn­a­goge für die Stadt Pots­dam und engagiert sich u.a. als Anwalt für eth­no-kul­turelle und religiöse Minderheiten.

Die Fach­stelle Anti­semitismus wird in enger Zusam­me­nar­beit mit der Emil Julius Gum­bel Forschungsstelle Anti­semitismus und Recht­sex­trem­is­mus (EJGF) den Blick auf die Betrof­fe­nen­per­spek­tive richt­en und ihre Diskri­m­inierungser­fahrun­gen sicht­bar machen, sowie Rat­suchende aus der Zivilge­sellschaft, Poli­tik und Ver­wal­tung fach­lich beraten.

Zudem wird die Fach­stelle ein umfassendes Mon­i­tor­ing von anti­semi­tis­chen Vor­fällen nach den Qual­ität­skri­te­rien der vom MMZ wis­senschaftlich begleit­eten Recherche und Infor­ma­tion­sstelle Anti­semitismus – bun­desweite Koor­di­na­tion (RIASBK) vornehmen.

Anti­semitismus ist auch in Bran­den­burg ein gesellschaftlich­es Quer­schnittsprob­lem“, sagte Prof. Julius H. Schoeps, Direk­tor des MMZ. „Es geht uns darum, Erfahrun­gen von Betrof­fe­nen in allen For­men und Facetten sicht­bar zu machen – und die Aus­bre­itung von Anti­semitismus zu verhindern.“

Die Fach­stelle der Forderung des Anti­semitismus­beauf­tagten der Bun­desregierung, Dr. Felix Klein, nach einem bun­de­sein­heitlichen Sys­tem zur Mel­dung anti­semi­tis­ch­er Vor­fälle unter­halb der Straf­barkeits­gren­ze in Bran­den­burg umset­zen. Sie wird eng mit dem Beratungsnet­zw­erk Tol­er­antes Bran­den­burg und der Fach­stelle Islam zusam­me­nar­beit­en. Prof. Schoeps sieht darin einen Beitrag der Wis­senschaft, gesellschaft­spoli­tisch Ver­ant­wor­tung zu übernehmen. „Die Fach­stelle Anti­semitismus am MMZ einzuricht­en, entspricht unserem zivilge­sellschaftlichen Mandat.“

Die Fach­stelle strebt eine enge Koop­er­a­tion mit den Jüdis­chen Gemein­den und Ein­rich­tun­gen an. Außer­dem beab­sichtigt sie die Koop­er­a­tion und Ver­net­zung aller Akteure im Phänomen­bere­ich Anti­semitismus, den Aus­bau eines umfassenden Meldenet­zw­erkes von jüdis­chen und nicht-jüdis­chen Organ­i­sa­tio­nen und die Begleitung und Anre­gung inter­re­ligiös­er Prozesse im Land Brandenburg.

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8. Mai – Tag der Befreiung

Im Land Bran­den­burg gibt es eine Vielzahl an Erin­nerungsstät­ten, Gedenkstät­ten und Frieden­höfen, die an die Befreiung von Ortschaften und Konzen­tra­tions- bzw. Außen­lager erin­nern. Mit dem 8. Mai jährt sich der Tag der Befreiung vom Nation­al­sozial­is­mus zum 74. Mal. Ziel ist es, sowohl am 8. Mai selb­st, als auch an den authen­tis­chen Tagen der Befreiung von Orten, die Erin­nerung an began­gene Ver­brechen wachzuhal­ten, die Befreiung der Roten Armee zu würdi­gen sowie an Ver­fol­gte und Opfer zu erin­nern. In vie­len Orten gibt es dazu Gedenkver­anstal­tun­gen und Feierlichkeiten.

Im Osten war die Rote Armee in der Weich­sel-Oder-Oper­a­tion bere­its Mitte Feb­ru­ar 1945 auf ganz­er Länge bis zur Oder vorg­erückt. Die Stoßrich­tung war Berlin und dazu musste auf bran­den­bur­gis­ches Ter­ri­to­ri­um vorg­erückt wer­den. Mit dem Vor­rück­en der Roten Armee und als sich die Nieder­lage der Wehrma­cht abze­ich­nete, begann die SS-Führung mit der Pla­nung der Evakuierung bzw. Ermor­dung der Häftlinge. So trieb sie unter anderem in Lieberose Anfang Feb­ru­ar 1945 die gehfähi­gen Häftlinge in Eilmärschen über Pots­dam nach Sach­sen­hausen, wo die meis­ten ermordet wurden.

Am 16. April eröffnete die Rote Armee ihre Großof­fen­sive ent­lang der Oder­front mit dem Ziel Berlin. Erin­nert sei hier an die Schlacht um die Seelow­er Höhen und die dor­tige Gedenkstätte. In Frankfurt/Oder erhöht­en die sow­jetis­chen Trup­pen den Druck auf die Stadt ab dem 20. April, die dann am 23. April einrückten.

Die Räu­mung des KZ Sach­sen­hausen begann in den Mor­gen­stun­den des 21. April 1945. Mehr als 30.000 Häftlinge trieb die SS nach Nord­west­en. An diese Todesmärsche, auch aus dem Konzen­tra­tionslager Ravens­brück, erin­nern in vie­len Dör­fern und Ortschaften Gedenksteine und Gedenk­tafeln. Tausende star­ben hier­bei, ein beson­ders beein­druck­ender Ort der Erin­nerung ist die Gedenkstätte Below­er Wald. Am 22. April 1945 befre­it­en Ein­heit­en der sow­jetis­chen und pol­nis­chen Armee schließlich etwa 3.000 im Lager zurück­ge­bliebene Häftlinge in Sachsenhausen.

Ein weit­er­er markan­ter Ort, allerd­ings im Süden gele­gen, ist das KZ-Außen­lager Schlieben des KZ-Stamm­lagers Buchen­wald. Im April 1945, kurz vor der Eroberung durch Trup­pen der Roten Armee, ver­ließen zwei Häftlingstrans­porte das Lager in Rich­tung There­sien­stadt. Schlieben wurde am 21. April von der Roten Armee befre­it. Nur einen Tag später fol­gte Cot­tbus, dort zum Beispiel mit dem großen Zuchthaus.

Sow­jetis­che Trup­pen rück­ten am 27. April in Brandenburg/Havel ein und befre­it­en die Stadt. Einen Tag später wurde das Zuchthaus geräumt, da es zwis­chen die Fron­ten zu ger­at­en dro­hte. Mehr als 3.000 Inhaftierte macht­en sich auf den schwieri­gen Weg in ihre Heima­torte. Pots­dam fol­gte am sel­ben Tag. Die Rote Armee nahm die Stadt Pots­dam im Zuge der Einkesselung Berlins am 27. April ein. Der Stadt­teil Babels­berg wurde schon einige Tage vorher der Roten Armee fast kampf­los überlassen.

Auch in Luck­en­walde sehn­ten sich Inhaftierte nach der Befreiung. Das riesige Kriegs­ge­fan­genen­lager STALAG III A wurde 1945 als eines der let­zten Lager über­haupt von der Roten Armee befre­it. Im Konzen­tra­tionslager Ravens­brück fand die Rote Armee am 30. April 1945 rund 2.000 zurück­ge­lassene Kranke. Doch mit der Befreiung war das Leid für einen Großteil der Inhaftierten aus allen Lagern noch nicht vor­bei, denn die Bedin­gun­gen und Fol­gen ihrer Haft sorgten in den fol­gen­den Wochen, Monat­en und Jahren weit­er­hin für Todes­fälle und unbeschreib­liche Qualen.

Als ein­er der let­zten Orte wurde Bad Belzig am 3. Mai 1945 von der Roten Armee befre­it. In den let­zten Tagen des Zweit­en Weltkrieges soll­ten aus dem zum KZ Ravens­brück gehören­den Außen­lager Roeder­hof 600 gefan­gene Frauen nach Altengrabow evakuiert wer­den. So wie in Bad Belzig, gab es große KZ-Außen­lager und Zwangsar­beit in vie­len anderen Ortes des Lan­des, so beispiel­sweise in Falkensee, Klein­mach­now oder Schwarzhei­de, wo eben­falls Erin­nerungsini­tia­tiv­en beste­hen. Zum Schluss sei darauf ver­wiesen, dass es in vie­len Orten im Land Bran­den­burg sow­jetis­che Ehren­fried­höfe gibt, die ger­ade zum 8. Mai (nach Moskauer Zeit am 9. Mai), zum Gedenk­tag der Befreiung vom Nation­al­sozial­is­mus, eine Würdi­gung ver­di­ent haben.

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Rechtes Black Metal-Konzert soll in Lübbenau stattfinden.

Nach Konz­ertab­sagen in Berlin und München. Recht­sof­fenes Black Met­al-Konz­ert find­et in Lübbe­nau statt.

Derzeit befind­et sich die pol­nis­che Black Met­al-Band Mgła, zusam­men mit Deus Mortem und der kanadis­chen Band Revenge auf Deutsch­land-Tour. Diese ver­läuft nicht ganz rei­bungs­los, fie­len doch Mit­glieder der bei­den erst­ge­nan­nten Grup­pen in der Ver­gan­gen­heit immer wieder wegen anti­semi­tis­ch­er und neon­azis­tis­ch­er Äußerun­gen auf. In München und Berlin kam es deshalb bere­its zu Konz­ertab­sagen. Nun ver­suchen die Bands und Veranstalter*innen doch noch in der Region aufzutreten. Im Spree­wald scheinen sie fündig gewor­den zu sein.

Mar­tialis­che Ankündi­gung: Mit ihrer Tour woll­ten Mgła Europa erobern. Das klappt nicht so ganz.

Am kom­menden Dien­stag, den 7. Mai, soll das in Berlin abge­sagte Konz­ert im Kul­turhof Lübbe­nau nachge­holt wer­den. Zumin­d­est die umstrit­tene Band Deus Mortem scheint nicht mehr dabei zu sein.

Wie Asgaar­dian Events auf ihrer face­book-Seite hin­weisen behal­ten die Tick­ets für das abge­sagte Konz­ert in Berlin ihre Gültigkeit. Auch sollen ein Teil der zusät­zlichen Ein­nah­men dem Ver­anstal­ter Triple Six Con­certs zu gute kom­men, die durch die Absage in Berlin einen finanziellen Ver­lust erlit­ten haben, wie es weit­er zur Ankündi­gung des Konz­erts heißt.
Was sich jedoch nicht in der Ankündi­gung find­en lässt, ist die Auseinan­der­set­zung mit der Kri­tik von Antifaschis­tis­chen Grup­pen, die auf die extrem recht­en Äußerun­gen und Kon­tak­te der Bands hingeweisen haben und die schlußendlich zur Absage der Auftritte im Berlin­er Colum­bia The­ater und Back­stage in München führte.

Wie auf der Bühne ver­suchen die Mit­glieder von Mgła sich zu ver­ber­gen. Die Biografie von Mikołaj Żen­tara ist jedoch wohl bekannt.

Zu den Hin­ter­grün­den von Mgła

Die Vor­würfe, die gegen Mgła erhoben wer­den sind nicht unbe­grün­det. Wie die Nürn­berg­er Gruppe „das schweigen durch­brechen“ auf ihrer face­book-Seite schreiben, veröf­fentlicht die Band ihre Ton­träger regelmäßig auf dem finnis­chen Label North­ern Her­itage, auf dem eine Rei­he von bekan­nten NSBM-Bands eben­falls ihre CDs veröf­fentlichen. Auch der Inhab­er des Labels, Mikko Aspa, ist bekan­nt durch seine ras­sis­tis­chen und anti­semi­tis­chen Äußerun­gen.1
Die Mit­glieder der Band scheint dies nicht zu stören, ste­hen sie doch selb­st in Verbindung zu mehreren NSBM-Bands, wie Inter­nal War (früher Inter­nal-SS), denen sie bei der Pro­duk­tion ihrer Veröf­fentlichun­gen halfen und auf deren let­zten Album Axiom (2015) der Mgła-Sänger Mikołaj Żen­tara als Gast­musik­er beteiligt ist.2 Das ist nicht ver­wun­der­lich, spie­len doch bei Deus Mortem, die schein­bar nicht in Lübbe­nau dabei wer­den, mit Marek Lechows­ki und Pawel Pietrzak zwei (ehe­ma­lige) Mit­glieder von Inter­nal War/SS mit.
Belege für weit­ere Co-Pro­duk­tio­nen von Mgła lassen sich zu zahlre­ichen extrem recht­en Black Met­al-Bands find­en. Offe­nen Anti­semitismus äußerte Żen­tara selb­st, der als Sänger die zen­trale Fig­ur von Mgła darstellt, bere­its vor 20 Jahren, als er mit seinem dama­li­gen Band-Pro­jekt „Leichen­halle“ von „Juden­frei“ und „Jerusalem in Flames“ sang.3

Kündi­gung des Konz­erts im Kul­turhof Lübbe­nau als Ersatzver­anstal­tung für Berlin.

Kul­turhof Lübbe­nau. Vom alter­na­tiv­en Ver­anstal­tung­sort zur Heimat von Grauzonenbands?

Der offene Brief des Linkes Bünd­nis gegen Anti­semitismus München hat zur Absage des Auftritts im Club Back­stage geführt,4 die stattdessen ein Soli- und Bene­fizkonz­ert gegen Anti­semitismus am 1. Mai ver­anstal­teten. Auch in Berlin führte die Inter­ven­tion von Antifaschist*innen zur Konz­ertab­sage von Seit­en des Ver­anstal­tung­sortes. In Lübbe­nau scheint dies bis­lang noch nicht der Fall zu sein.
Das der Kul­turhof Lübbe­nau sich für so ein Konz­ert hergibt ver­wun­dert jedoch zunächst. Noch vor 10 Jahren fan­den dort regelmäßig antifaschis­tis­che Konz­erte und Infoabende statt. Im April 2008 berichtete die Lausitzer Rund­schau von ein­er Infover­anstal­tung im Kul­turhof, die über extrem rechte Musik und Sub­kul­tur im Land­kreis Ober­spree­wald-Lausitz aufk­lärte.5
Mit dem Weg­gang von alter­na­tiv­er Sub­kul­tur aus der Region scheint sich auch der Fokus des Kul­turhofs bei der Aus­rich­tung der Konz­erte ver­lagert zu haben. Bere­its in der Ver­gan­gen­heit haben dort Bands gespielt, denen Kon­tak­te zu Grau­zo­nen­bands nachge­sagt wurde. Das der Trägervere­in von den Ereignis­sen um die Band nichts mit­bekom­men haben soll, ist auszuschließen, sind sie doch nicht nur Ver­anstal­tung­sort, son­dern auch Koop­er­a­tionspart­ner von Asgaar­dian Events.

Keine Bühne für recht­sof­fene Bands
Eine Dis­tanzierung von extrem recht­en Kon­tak­ten und früheren Band­pro­jek­ten find­et von Seit­en der Bands Mgła und Deus Mortem bis­lang nicht statt. Stattdessen Schuldzurück­weisun­gen und Selb­st­stil­isierung als Opfer ein­er ver­meintlichen Rufmord-Kampgane.
Auch in anderen Städte, wo für die näch­sten Tage Konz­erte der Bands angekündigt sind, wie etwa in Nürn­berg, gibt es derzeit Protest von antifaschis­tis­chen Grup­pen mit der Forderung die Konz­erte abzusagen. Für anti­semi­tis­che und extrem rechte Bands darf es nir­gends eine Bühne geben. Auch nicht in Brandenburg.

1https://www.facebook.com/schweigendurchbrechen/posts/2557451424284204?__xts__%5B0%5D=68.ARDKhxE5aVf0RDsdUw770UrXV0_zi0H7Me5eZn4hnGCOKl8zRNGVbrvB7Nr4ZE8heHItyP8Ja2Zpz_cAM-zfEw1mt6udfqXt25xMZk_9d8zxbT8hmrSNVwr752UYc22aAit-DqhTwHK1Diq9rUXuydqHuH5X9YKFvP9kRGRUvxvwIWMw_UFKoittl4YHRobUgVYucFd2Dq4oAlSt1lHE7MH_wBvxvDQnS3Jl7kW_Iz8etm0dMdSOinpmy0OJmtWH9Gq6_4NuS6LlsDh3BIiFz92bV_j_JHeCzjzuiaE26OkgO6U8re1to-hYa7tlYQ0URBoWnVX0gdE5E1wamAtATR07YdaKlcvSGg&__tn__=K‑R

2Vgl. hier­für das Pro­fil von Żen­tara auf Met­al Archives unter „Guest/Sessions“, https://www.metal-archives.com/artists/M./10223.

3https://ascoven.blogspot.com/2013/07/leichenhalle-judenfrei-2000.html

4https://lbga-muenchen.org/2019/04/25/pm‑3–25‑4–19-linkes-buendnis-gegen-antisemitismus-muenchen-kritisiert-konzert-von-zwei-rechtsradikalen-bands-im-backstage-muenchen/

5https://www.lr-online.de/lausitz/luebben/klein-blond-und-voller-hass_aid-2920560

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Antifaschismus Geschichte & Gedenken jüdisches Leben & Antisemitismus Sonstiges

Todesmärsche sind Verbrechen im Sichtfeld der Bevölkerung

Rede­beitrag des VVN-BdA Potsdam

Danke für euer Kom­men und sol­i­darische sowie antifaschis­tis­che Grüße von der VVN-BdA Pots­dam. Wir haben uns hier in Pots­dam-Drewitz ver­sam­melt, um an den Todes­marsch der fast 2000 aus dem Konzen­tra­tionslager-Außen­lager Lieberose nach Nor­den in Rich­tung Sach­sen­hausen getriebe­nen Häftlinge zu erin­nern. In Lieberose fand Zwangsar­beit und Ver­nich­tung durch schwere Tätigkeit­en im Rah­men des dor­ti­gen SS-Trup­penübungsplatzes „Kur­mark“ statt. Bere­its Ende Jan­u­ar 1945 gab es den Befehl zur Auflö­sung und Besei­t­i­gung des Lagers und den Abtrans­port von rund 600 jun­gen und kranken Häftlin­gen mit dem Zug nach Sach­sen­hausen, wo sie in der Sta­tion Z ermordet wurden.

Am 02. Feb­ru­ar 1945 begann der Todes­marsch der knapp 2000 Häftlinge, die zurück­ge­bliebe­nen 1000 Men­schen, also kranke und marschun­fähige, erschossen die SS-Wach­mannschaften und ver­schar­rten sie anschließend in Gruben. Der Todes­marsch aus Lieberose führte über Goy­atz nach Teupitz und Zossen, weit­er nach Lud­wigs­felde und schließlich am 07. Feb­ru­ar nach Drewitz. Hier über­nachteten sie in ein­er Sche­une auf einem Gut­shof. Am 08. Feb­ru­ar zogen die Häftlinge weit­er durch Pots­dam, mit der Über­nach­tung in ein­er Rei­thalle ein­er Kaserne, bis es nach Falkensee und von wo es hier mit LKW oder S‑Bahn zum Zielort nach Sach­sen­hausen weiterging.

Damit zog dieser Todes­marsch nicht ein­fach nur durch die Stadt Pots­dam, son­dern durch einen Großteil des heuti­gen Land Bran­den­burgs und ver­di­ent deswe­gen unsere Erin­nerung und unser Gedenken. Doch er war nur ein­er von vie­len Todesmärschen, die seit Ende 1944 vor allem im Kernge­bi­et Deutsch­lands durchge­führt wur­den. Es waren nicht viele, die die Todesmärsche über­lebten. Groß war die Zahl der­er, die tot auf dem Weg zurück­blieben. Hunger, Entkräf­tung, Kälte und Frost und nicht zulet­zt die Qualen der sie beglei­t­en­den SS-Mannschaften und ander­er Trup­pen, aber auch Gehil­fen oder Zivil­bevölkerung, waren ihre Begleiter.

Auch hier in Drewitz gab es kurz vor dem Weit­er­marsch nach Pots­dam die Aus­sortierung von soge­nan­nten Marschun­fähi­gen. Die Häftlinge mussten auf Befehl in ein großes Grab steigen und darin niederknien. Es ist kaum vorstell­bar, welche Gefüh­le die Häftlinge in diesem Moment erlebten. Wer nicht mit marschieren kon­nte, den erschoss unter anderem der SS-Rot­ten­führer Erich Schemel.

Die Todesmärsche sind Ver­brechen, die direkt im Sicht­feld der Bevölkerung stat­tfan­den. Und wie es in der Ein­ladung zur heuti­gen Gedenkver­anstal­tung ste­ht, waren die zahlre­ichen Todesmärsche der lei­den­den Häftlinge, die sich durch Dör­fer, aber auch durch Städte wie Pots­dam quäl­ten, mal­trätiert von ihren Peinigern, aber auch geduldet von der Bevölkerung, unüberse­hbar und der let­zte Akt des nation­al­sozial­is­tis­chen Ter­ror­regimes und sein­er bru­tal­en, anti­semi­tis­chen und ras­sis­tis­chen Ideologie.

Und auf einen Punkt will ich noch kurz einge­hen. Lieberose war nicht auss­chließlich Stan­dort eines Außen­lagers des Konzen­tra­tionslagers in Sach­sen­hausen, son­dern in den let­zten Jahren der nation­al­sozial­is­tis­chen Herrschaft wurde daraus das größte Konzen­tra­tionslager im Gebi­et des Deutschen Reichs, das in die Ver­nich­tung der europäis­chen Juden einge­bun­den war. Während vom Herb­st 1943 bis zum Som­mer 1944 vor­wiegend poli­tis­che Häftlinge aus Deutsch­land, Frankre­ich, Nor­we­gen, Polen und der Sow­je­tu­nion aus den Konzen­tra­tionslagern Sach­sen­hausen und Groß-Rosen nach Lieberose gebracht wur­den, änderte sich die Sit­u­a­tion mit der Ankun­ft eines Trans­portes von ungarischen Juden im Juni 1944 aus Auschwitz. Der Anteil der jüdis­chen Häftlinge in Lieberose erhöhte sich auf bis zu 90% und damit wurde das Lager zu einem Teil der Shoa auf deutschem Boden, also ein Ver­nich­tungslager hier im Land Brandenburg.

Been­den möchte ich meinen Rede­beitrag mit dem Gedicht ein­er 16-jähri­gen Schü­lerin und ihren Erfahrun­gen nach dem Besuch des Konzen­tra­tionslagers Sach­sen­hausen, in dem sie die schein­bare Ahnungslosigkeit aller Beteiligten und Nicht-Beteiligten, sowie das Unfass­bare der Ver­nich­tung aber auch gle­ichzeit­ig die Wichtigkeit des heuti­gen Erin­nern und Gedenkens zum Aus­druck bringt:

Ein Baum wird gepflanzt

- die Trauerweide -

Kann nichts fühlen

nichts ver­ste­hen

Doch jedes Blatt

und jed­er Zweig

erzählt ihre Geschichte

Ein Baum wird gepflanzt

- die Trauerweide -

Hörte Schreie

sah die Qualen

Und heut

ver­sucht sie

uns zu zeigen

wie hil­f­los

alle waren

Inforiot