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Für einen Paradigmenwechsel in der Flüchtlingspolitik

Für einen Par­a­dig­men­wech­sel in der Flüchtlingspoli­tik: Keine selek­tive Solidarität

Gemein­sam mit Bun­de­saußen­min­is­terin Annale­na Baer­bock, Bran­den­burgs Innen­min­is­ter Michael Stüb­gen und Olaf Jansen, Leit­er der Zen­tralen Aus­län­der­be­hörde, hat der Flüchtlingsrat Bran­den­burg heute die Erstauf­nah­meein­rich­tung in Eisen­hüt­ten­stadt besucht. 

Wir begrüßen, dass aus der Ukraine fliehende Men­schen großzügig aufgenom­men und ver­sorgt wer­den. Gle­ichzeit­ig kri­tisieren wir die aktuelle Ungle­ich­be­hand­lung ver­schieden­er Grup­pen von Geflüchteten. Die aktuelle Sit­u­a­tion muss jet­zt Anstoß sein für einen Par­a­dig­men­wech­sel in der Flüchtlingspoli­tik.

Wir fordern:

1) Verbesserung von Auf­nah­mebe­din­gun­gen für alle Geflüchteten

Das deutsche Asyl­sys­tem ste­ht seit langem für Abschreck­ung, Iso­la­tion und Ent­mündi­gung. Die Mehrheit der­jeni­gen, die jet­zt aus der Ukraine fliehen, erhal­ten hier tem­porären Schutz. Damit bleibt ihnen ein lang­wieriges Asylver­fahren samt seinen Gän­gelun­gen erspart. Die aktuelle Sit­u­a­tion zeigt, dass vieles möglich ist, wenn es poli­tisch gewollt ist. Die Auf­nah­mebe­din­gun­gen müssen nun für alle Schutz­suchen­den verbessert werden: 

Wir fordern die Abschaf­fung des sog. Asyl­be­wer­ber­leis­tungs­ge­setzes, die freie Wahl des Wohnorts und dezen­trale Unter­bringung, eine Ende von Beschäf­ti­gungsver­boten und einen umge­hen­den Aus­bau von Beratungsange­boten und psy­chosozialer Ver­sorgung. Land und Land­kreise müssen sich jet­zt ver­mehrt um dezen­trale Unter­bringung bemühen, um gesellschaftliche Teil­habe für alle Geflüchteten von Beginn an zu ermöglichen”, so Mustafa Hussien vom Flüchtlingsrat Brandenburg. 

2) Aufen­thaltssicherung für alle Men­schen, die aus der Ukraine fliehen

Der Aufen­thalt von allen Men­schen, die aus der Ukraine fliehen, muss auch nach dem 23. Mai 2022 gesichert sein, etwa durch Erteilung des vorüberge­hen­den Schutzes nach § 24. Für inter­na­tionale Studierende muss min­destens die Über­gangszeit verlängert wer­den, damit diese aus­re­ichend Zeit haben, sich neu zu ori­en­tieren und ggf. um die Fort­set­zung ihres Studi­ums in Deutsch­land oder in einem anderen Staat der Europäis­chen Union zu bemühen.

Darüber hin­aus sollte das Bran­den­burg­er Innen­min­is­teri­um sich­er­stellen, dass die poli­tisch getrof­fe­nen Entschei­dun­gen von den lokalen Aus­län­der­be­hör­den auch tat­säch­lich umge­set­zt wer­den. Uns erre­ichen Berichte über Diskri­m­inierungen von Per­so­n­en, die zwar nach gel­tenden Regeln einen Anspruch auf „tem­porären Schutz” hät­ten, aber als Drittstaat­sange­hörige den­noch zum Stellen von Asy­lanträ­gen oder sog­ar zur Aus­reise aufge­fordert wer­den.

3) Schutz­suchende aus anderen Län­dern evakuieren

Wir haben Außen­min­is­terin Annale­na Baer­bock aufge­fordert, sich gegenüber der pol­nis­chen Regierung für die Freilas­sung von in geschlosse­nen Ein­rich­tun­gen inhaftierten Geflüchteten einzuset­zen und push­backs an der pol­nisch-belarus­sis­chen Gren­ze scharf zu verurteilen. Die weni­gen Geflüchteten aus dem Gren­zge­bi­et soll­ten in der EU aufgenom­men wer­den. Die Evakuierung von Schutz­suchen­den aus anderen Län­dern wie beispiel­sweise Afghanistan und Libyen muss eben­falls drin­gend ver­stärkt bzw. begonnen wer­den.

Es ist gut, dass ukrainis­chen Geflüchteten mit den neuen EU-Regelun­gen viele der Zumu­tun­gen des deutschen Asyl­sys­tems erspart bleiben. Gle­ichzeit­ig kom­men auch sie hier in einem Auf­nahmesys­tem an, dass seit Jahren Geflüchtete ent­mündigt und kon­trol­liert. Erle­ichterte Auf­nah­mebe­din­gun­gen, auch über die Ukraine hin­aus, wären ein wichtiges Sig­nal gegen die ras­sis­tis­che Ungle­ich­be­hand­lung ver­schieden­er Grup­pen von Geflüchteten”, so Mara Hasen­jür­gen vom Flüchtlingsrat Brandenburg. 

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Abschiebezentrum am Flughafen BER verhindern!

Am Don­ner­stag wird der Bran­den­burg­er Land­tag über den geplanten Bau des neuen Abschiebezen­trum am Flughafen BER disku­tieren. Das Bünd­nis “Abschiebezen­trum BER ver­hin­dern” hat dazu aufgerufen, sich vor dem Gebäude an ein­er Kundge­bung zu beteili­gen, die einen sofor­ti­gen Stopp des Abschiebezen­trums fordert. Denn es war das bran­den­bur­gis­che Innen­min­is­teri­um, das den Plan des Abschiebezen­trums ini­ti­iert hat. Laut Alex­is Mar­tel, dem Pressesprecher*in des Bünd­niss­es, soll­ten die Politiker*innen nicht mit Schweigen über ihre Pläne rech­nen: “Schließt euch uns am Don­ner­stag an und macht deut­lich, dass wir nicht taten­los zuse­hen wer­den, während sie weit­ere Abschiebun­gen und größere Knäste planen!”

Im August 2021 kündigte das Bran­den­bur­gis­che Innen­min­is­teri­um an, in Schöne­feld ein so genan­ntes „Ein- und Aus­reisezen­trum am Flughafen BER“ zu bauen. Auf ein­er Fläche von 4 Hek­tar sollen Gebäude für Ankun­ft, Tran­sit, Gewahrsam und Rück­führun­gen entste­hen. Am Flughafen BER gibt es bere­its einen Abschiebege­wahrsam, in dem Men­schen vor ihrer Abschiebung bis zu 48 Stun­den fest­ge­set­zt wer­den kön­nen: Der „Aus­reisege­wahrsam Schöne­feld“. Durch das neue Abschiebezen­trum wür­den die Haftka­paz­itäten mas­siv erweit­ert – von 20 auf 120 Plätze. Das Zen­trum soll auf dem Gelände nördlich des jet­zi­gen Aus­reisege­wahrsams in der Willy-Brandt-Straße 15 gebaut werden.

Let­zten Monat, am 9. Feb­ru­ar, fand eine erste Demon­stra­tion gegen das Abschiebezen­trum statt, bei der rund 400 Men­schen vor dem Rathaus Schöne­feld standen und forderten, dass die Lokalpolitiker*innen die Bau­pläne nicht genehmi­gen. Alex­is Mar­tel fügt hinzu, dass viele weit­ere Protes­tak­tio­nen fol­gen wer­den: “Wir machen diese Kam­pagne so lange wie notwendig! Die steigende Zahl der Sam­me­lab­schiebun­gen am Flughafen BER sowie die Pla­nung des neuen Abschiebek­nastes machen Bran­den­burg zu einem wach­senden Hotspot dieser ras­sis­tis­chen und neokolo­nialen Gewalt. Wir rufen alle auf, sich uns anzuschließen und die Pläne der Politiker*innen zu durchkreuzen!”

Das neue Abschiebege­fäng­nis soll mehrere Bere­iche haben: einen Aus­reisege­wahrsam bein­hal­ten, in dem Men­schen für max­i­mal zehn Tage vor ihrer Abschiebung inhaftiert wer­den kön­nen (§ 62b Aufen­thG), wie es ihn schon jet­zt in Schöne­feld gibt. Außer­dem wird es ein Tran­sit­ge­bäude geben, in dem min­destens zwei weit­ere For­men der Inhaftierung stat­tfind­en wer­den: Erstens wer­den Men­schen, die bei ihrer Ankun­ft am Flughafen BER einen Asy­lantrag stellen, in einem unfairen Asyl-Schnel­lver­fahren ohne Zugang zu unab­hängiger Rechts­ber­atung oder Unter­stützung fest­ge­hal­ten (§ 18a Abs. 1 AsylG). Durch dieses Flughafen-Asylver­fahren kön­nen ganze Fam­i­lien – inklu­sive Kinder – wochen­lang legal inhaftiert wer­den. Zweit­ens kön­nen Men­schen bei der Ein­reise mit dem Flugzeug im Tran­sit­ge­bäude inhaftiert wer­den, noch bevor sie deutsches Ter­ri­to­ri­um betreten und ihr Recht auf Asyl gel­tend machen kön­nen (§ 15 Abs. 6 AufenthG).

Mit dem Bau des Flughafens BER wurde der alte Schöne­felder Flughafen zum BER Ter­mi­nal 5 und wird seit­dem haupt­säch­lich für Sam­me­lab­schiebun­gen per Char­ter­flug genutzt. Derzeit wird davon aus­ge­gan­gen, dass ein*e private*r Investor*in mit dem Bau des Abschiebezen­trums beauf­tragt und das Gebäude erst nach Fer­tig­stel­lung an das Land Bran­den­burg ver­mi­etet wird. Auf diese Weise wird ver­mieden, das Par­la­ment um die Bere­it­stel­lung von Haushaltsmit­teln zu bitten.

Lasst uns diese Pläne jet­zt in die Tonne klop­pen!” sagt Alex­is Mar­tel. “Erhebt eure Stimme und stoppt dieses Abschiebezen­trum! Näch­ster Halt: Land­tag Bran­den­burg am Don­ner­stag, 24.3. um 15:00 Uhr.”

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Solidarität kennt keine Nationalität!

Flüchtlingsräte und PRO ASYL fordern Abschaffung des AsylbLG, freie Wohnortwahl und dezentrale Unterbringung für alle Geflüchteten

Bei ihrer gemein­samen Kon­ferenz haben die Lan­des­flüchtlingsräte und PRO ASYL sich inten­siv mit den aktuellen Bedin­gun­gen geflüchteter Men­schen in Deutsch­land auseinan­derge­set­zt. Ins­beson­dere der bru­tale Angriff­skrieg Rus­s­lands auf die Ukraine zwingt mehrere Mil­lio­nen Men­schen zur Flucht.

Wir begrüßen, dass Men­schen, die aus der Ukraine fliehen, jet­zt visums­frei in Deutsch­land ein­reisen dür­fen und hier großzügig aufgenom­men wer­den. Mit dem „vorüberge­hen­den Schutz” nach §24 erhal­ten sie unkom­pliziert ein Bleiberecht, kön­nen ihren Wohnort frei wählen und unter­liegen keinem Arbeitsver­bot. Dies wäre unter den Bedin­gun­gen des Asyl­sys­tems, das auf Kon­trolle und Abschreck­ung basiert, nicht möglich gewesen.

Aktuell sieht man den poli­tis­chen Willen, Auf­nah­mebe­din­gun­gen für Geflüchtete zu verbessern. Das sollte nun für alle Schutz­suchen­den gel­ten: „Das diskri­m­inierende Asyl­be­wer­ber­leis­tungs­ge­setz, die Zuweisung in Kom­munen gegen den Wun­sch der Betrof­fe­nen und die langfristige Unter­bringung in Lagern sind nie­man­dem zuzu­muten. Solche Gän­gelun­gen müssen endlich für alle Geflüchteten abgeschafft wer­den!”, erk­lärt Mara Hasen­jür­gen vom Flüchtlingsrat Brandenburg.

Die Unter­bringung in Masse­nun­terkün­ften darf nur vorüberge­hend sein. Län­der und Land­kreise müssen sich jet­zt ver­mehrt um dezen­trale Unter­bringung bemühen, um gesellschaftliche Teil­habe für alle Geflüchteten von Beginn an zu ermöglichen.

Flüchtlingsräte und PRO ASYL ste­hen an der Seite divers­er migrantis­ch­er Selb­stor­gan­i­sa­tio­nen, die die ungle­iche Behand­lung Schutz­suchen­der scharf kri­tisieren. Racial Pro­fil­ing durch die Polizei, die Medi­en­berichter­stat­tung und die gel­tende Rechts- und Verord­nungslage zeigen die ras­sis­tis­che Unter­schei­dung auf, die Men­schen auf der Flucht erfahren müssen. Zen­tral ist jet­zt, dass die Bun­desregierung ihre Spiel­räume in der Umset­zung des EU-Rats­beschlusses nutzt. Alle Meschen, die aus der Ukraine fliehen, müssen die Aufen­thalt­ser­laub­nis nach §24 Aufen­thalts­ge­setz erhal­ten, auch wenn sie nicht expliz­it in der EU-Richtlin­ie 2001/55/EG genan­nt sind.

Selek­tive Sol­i­dar­ität ist keine. Es spielt keine Rolle, welche Nation­al­ität oder Haut­farbe Men­schen haben, die hier Schutz suchen. Wir sind verpflichtet, allen Schutz­suchen­den unsere volle Unter­stützung zukom­men zu lassen. Ob Men­schen vor Bomben oder Hunger fliehen, darf keinen Ein­fluss auf unsere Auf­nah­me­bere­itschaft haben”, stellt Dave Schmidtke vom Säch­sis­chen Flüchtlingsrat klar.

Selb­stor­gan­isierte Kämpfe von Migrant*innen, beson­ders seit dem lan­gen Som­mer der Migra­tion 2015/16, aber auch die unzäh­li­gen Vere­ine und Organ­i­sa­tio­nen, die Geflüchtete seit Jahren unter­stützen, haben die ele­mentare Arbeit geleis­tet, auf der aktuelle For­men der Sol­i­dar­ität auf­bauen kön­nen. Trotz der Katas­tro­phe in der Ukraine darf die Not der Men­schen in Län­dern wie Libyen, Belarus, Jemen, Syrien, Äthiopi­en, Nige­ria oder Afghanistan nicht vergessen werden.

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Für Frieden und Gerechtigkeit!

Women in Exile & Friends Demonstration in Rathenow

Wir kämpfen für den Frieden“ am 8.3. 2022 von 12 – 15h auf dem Platz der Freiheit, 14712 Rathenow

Angesichts des Krieges in der Ukraine sprechen die europäis­chen Län­der von human­itären Aktio­nen und auf der anderen Seite spal­ten sie die Men­schen und sortieren sie dann in kleine Kästchen. Es ist ent­muti­gend und erschüt­ternd, in den sozialen Medi­en zu sehen, wie Flüchtlin­gen die Ein­reise in Züge und sichere Län­der ver­weigert wird, nur, weil sie eine andere Haut­farbe haben.

Madeleine Mawam­ba: „Wir wer­den mit dieser Spal­tung der Men­schen nicht mit­machen. Women in Exile und andere wer­den ihre Sol­i­dar­ität mit allen Kriegs­flüchtlin­gen zeigen. Wir demon­stri­eren am Inter­na­tionalen Frauen­tag in Rathenow, weil unsere Schwarzen Schwest­ern von struk­turellem Ras­sis­mus im Rathenow­er Standesamt bezüglich der Geburt­surkun­den berichtet haben. Frauen mit Kindern von deutschen und afrikanis­chen Vätern müssen lange darum kämpfen, eine zu bekom­men. Wir fordern das Standesamt auf, seinen Ras­sis­mus aufzuar­beit­en und die Geburt­surkun­den für diese Kinder auszustellen!

Women in Exile & Friends demon­stri­ert gegen das Lager­sys­tem im Land­kreis Havel­land und ander­swo. Frauen und Kinder wer­den von dem ras­sis­tis­chen Sys­tem der Europäis­chen Union im Stich gelassen, in kaput­ten Heimen isoliert und immer wieder trau­ma­tisiert. Täglich erleben Flüchtlings­frauen per­sön­lichen Ras­sis­mus und Sex­is­mus auf der Straße und struk­turellen Ras­sis­mus in Ämtern, Standesämtern, Rathäusern, Schulen, auf dem Wohnungsmarkt.

Deshalb fordern wir Teil­habe, repro­duk­tive Gerechtigkeit, sichere Lebens­be­din­gun­gen und die Achtung der Frauenrechte.

Wir sind sol­i­darisch mit den Flüchtlin­gen aus der Ukraine und verurteilen den Ras­sis­mus, den Flüchtlinge of Colour auf der Flucht aus der Ukraine erleben. Für alle Flüchtlinge fordern wir faire Ver­fahren, die die Men­schen­würde achten!

Madeleine Mawam­ba: „Das Mot­to der Demos ist „Wir kämpfen für den Frieden“. Es gibt keinen Frieden ohne Gerechtigkeit! Und Gerechtigkeit gibt es in diesem Land nicht! Also lasst uns gemein­sam für den Frieden kämpfen. Wir sind geflüchtete und nicht geflüchtete Fre­unde, wir sind Schwarze Frauen, Frauen of Col­or und Weiße, wir sind Les­ben, Inter*, Trans*, nicht-binäre Men­schen. Wir nehmen den Inter­na­tionalen Frauen­tag zum Anlass, gemein­sam auf die Straße zu gehen und für unsere Rechte gegen alle Arten von Diskri­m­inierung und Gewalt zu kämpfen.

Gemein­sam mit sol­i­darischen Grup­pen und Einzelper­so­n­en ste­hen wir für die Kräfte des heil­samen Wan­dels. Und auch wenn es reak­tionäre, harte Zeit­en sind: Gemein­sam wer­den wir den Lauf der Geschichte verän­dern! Und einen neuen inklu­siv­en und inter­sek­tionalen Fem­i­nis­mus leben, der eine Ära ein­läutet, die allen staatlichen Gewal­ten ein Ende set­zt. Wir sehen soziale Gerechtigkeit und Frieden kom­men, wenn diese auf basis­demokratis­ch­er Selb­stor­gan­i­sa­tion und radikaler Demokratie – auch im wirtschaftlichen Bere­ich – beruhen! Wir unter­stützen dies, indem wir geflüchtete Frauen* befähi­gen, ihre Rechte zu ver­ste­hen und ihre Inter­essen zu vertei­di­gen. Als Frauen haben wir kein Land und wir wollen auch kein Land, denn unser Zuhause ist die ganze Welt.

Keine Lager für Frauen und Kinder! Schafft alle Lager ab!

Für das RECHT ZU KOMMEN, RECHT ZU GEHEN, RECHT ZU BLEIBEN!!!!

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(Anti-)Rassismus Flucht & Migration

#Don’tForgetAfghanistan am 26.2.22

#Don’t­For­getAfghanistan am 26.2.22:
Kein Krieg — nirgendwo!
Flüch­t­ende aufnehmen — überall!

Heute vor einem halb Jahr been­dete die deutsche Bun­desregierung die  Evakuierungs­flüge aus Afghanistan. Hun­derte, wenn nicht tausende  Men­schen wurde ein Leben in Sicher­heit ver­wehrt (1). Die Sank­tio­nen  stoppten nicht die Tal­iban, son­dern stürzen große Teile des Lan­des in  eine schlimme Hunger­snot und Armut (2). Inzwis­chen haben  Politiker*innen aus Europa und USA sog­ar mit Vertreter*innen der  Tal­iban gesprochen, unter ihren mut­maßliche Terrorist*innen. Für viele  sieht es so aus, als kön­nten die USA und Europa das Gewal­tregime  anerken­nen (3).

Diese Woche begann ein neuer Krieg in der Ukraine. Neben Per­so­n­en der  Zivilge­sellschaft sprachen auch Politiker*innen von CDU/CSU, SPD, FDP  und den Grü­nen auf den Kundge­bun­gen der let­zten Tage von den Gefahren,  die durch Waf­fen und Krieg aus­ge­hen. Sie mah­n­ten an, dass Krieg kein  Mit­tel der Poli­tik sein darf. Auch riefen sie dazu auf, Flüch­t­ende  schnell aufzunehmen.
Als SEEBRÜCKE Pots­dam unter­stützen wir diese Forderungen.

Doch statt nur auf das Kriegstreiben Ander­er zu zeigen, richtet sich  unser Blick auch auf die Außen- und Flüchtlingspoli­tik der eige­nen  Regierung.
Viele dieser Politiker*innen gehören zu Parteien, die seit Jahren eine  Poli­tik der Mil­i­tarisierung und Abschot­tung mit prägen:
Die CDU/CSU, FDP, Die Grü­nen und die SPD bewil­ligten als  Regierungsparteien Jahr für Jahr Rüs­tung­sex­porte. So wur­den auch  kriegstreibende Län­der wie Kolumbi­en, Alge­rien, Sau­di-Ara­bi­en, Ägypten  und Mexiko in der Aufrüs­tung unter­stützt. Unter der let­zten Regierung  von CDU und SPD wurde wieder ein Reko­rd­w­ert erre­icht (4). Auch die  eigene Aufrüs­tung wurde vor­angetrieben. Die Aus­gaben für das Mil­itär  wuch­sen beständig von 2010 noch 34,9 Mrd. Euro auf heute 53 Mrd. Euro  (2021) (5)
Auch Mil­itärein­sätze sind für diese Parteien keines­falls ein Tabu. Sie  haben die Bun­deswehr für Krieg­sein­sätze in den Koso­vo und nach  Afghanistan (2001 bis 2014) geschickt, auch um Inter­essen der  deutschen Wirtschaft zu schützen (6). Durch diese Kriege lit­ten  zehn­tausende unbeteiligter Zivilist*innen durch Zer­störung ihrer  Häuser, Schulen, Fam­i­lien und ein­er sicheren Heimat.
Zugle­ich sind diese Parteien auch für die mil­i­tarisierte  Abschot­tungspoli­tik der EU ver­ant­wortlich. Die Aufrüs­tung der  EU-“Grenzschutz-Agentur” Fron­tex und die Beendi­gung der zivilen  EU-Seenotret­tung haben sie mit umge­set­zt (7). Für die Zen­trale der  Abschiebe-Behörde Bun­de­spolizei wird momen­tan in Pots­dam ein großer  Neubau errichtet, um noch mehr Per­son­al einzustellen.

Wir find­en: Jet­zt ist ein guter Zeit­punkt, diese Poli­tik erneut zu  hinterfragen!
Wir treten für eine radikale Wende der Poli­tik ein, die Fluchtur­sachen  ver­mei­det und bekämpft.

Wenn im Ukrainekrieg eine friedliche Außen­poli­tik und die Auf­nahme von  Flüch­t­en­den angemah­nt wird, rufen wir deswe­gen dop­pelt so laut:
Ein Ende den Rüs­tung­sex­porten und Kriegseinsätzen!
Wir sol­i­darisieren uns mit allen Men­schen, die sich im Krieg in der  Ukraine, sowie in allen Kriegs- und Krisen­re­gio­nen in der Welt, in  Lebens­ge­fahr befind­en, sowie mit allen Men­schen auf der Flucht.
Sofor­tige und kom­pro­miss­lose Auf­nahme schutzbedürftiger Menschen!

#Don’t For­get Afghanistan:
‑ein bun­desweites Auf­nah­me­pro­gramm für gefährdete Afghan*innen!
‑ein eigenes Lan­desauf­nah­me­pro­gramm in Brandenburg!
‑die Wieder­eröff­nung der Menschenrechtsliste!
‑ein schneller & unbürokratis­ch­er Familiennachzug!
‑keine formelle Anerken­nung der Taliban!

Quellen:
(1) https://seebruecke.org/aktuelles/kampagnen/dont-forget-afghanistan
(2)https://www.tagesschau.de/ausland/asien/afghanistan-un-bericht-101.html
(3)https://www.tagesschau.de/ausland/europa/taliban-afghanistan-gespraeche-103.html
(4)  https://www.tagesschau.de/wirtschaft/unternehmen/ruestungsexporte-deutschland-rekord-ruestungsexportgesetz-101.html
(5)  https://www.iwd.de/artikel/deutschland-bleibt-hinter-ziel-der-nato-zurueck-504087/
(6) https://taz.de/Kritik-an-Afghanistan-Aeusserung/!5141889/
(7)  https://www.labournet.de/politik/eu-politik/eu-sicherheit/neue-frontex-verordnung-aufruestung-der-festung-europa/

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Familie aus Eberswalde mit Kind abgeschoben

Familie aus Eberswalde mit Kind im Rollstuhl wurde nach Russland abgeschoben — Proteste gegen Abschiebungen gehen weiter

Am let­zten Mon­tag ver­sam­melten sich 30 Men­schen vor der Eber­swalder Aus­län­der­be­hörde um gegen eine gefürchtete Abschiebung ein­er Eber­swalder Fam­i­lie nach Tschetsche­nien zu protestieren. Frau Miza­e­va, die Mut­ter von 4 Kindern, hat­te die “Ini­tia­tive Barn­im für alle” um Hil­fe gebeten. Gegen eine mögliche Abschiebung hat­ten sich auch einige Lehrer*innen aus der Märkischen Schule in Eber­swalde gewen­det. An dieser Schule ler­nen 2 autis­tis­che Kinder von Frau Miza­e­va. Ein Unter­stützer durfte sie nicht zu ihrem Ter­min in die Aus­län­der­be­hörde begleit­en. Dieses wurde von der Polizei mit Ver­weis auf Coro­na-Schutz­maß­nah­men unter­sagt. Doch statt ein­er Abschiebung bekam Frau Miza­e­va nun eine Ver­längerung ihrer Dul­dung um 3 Monate. Sie bedank­te sich her­zlich bei den Men­schen vor der Aus­län­der­be­hörde. Ihre Anwältin wird nun weit­er ver­suchen Aktenein­sicht zu bekommen.

Wie die “Ini­tia­tive Barn­im für alle” erst heute erfahren hat, wurde bere­its am 16.02. eine Fam­i­lie mit zwei Kindern aus Eber­swalde nach Rus­s­land abgeschoben. Die Tochter der Fam­i­lie ist auf einen Roll­stuhl angewiesen. Die tschetschenis­che Fam­i­lie wurde um 18 Uhr von 20 Polizist*innen abge­holt. Sie durften wed­er ihre Handys mit­nehmen noch wurde ihnen Zeit gegeben ein paar Sachen einzu­pack­en. In Hand­schellen wurde die Fam­i­lie nach Berlin-Schöne­feld gebracht, von dort ging es weit­er­hin in Hand­schellen zum Flughafen Han­nover und dann am Mor­gen des 17.02. startete das Flugzeug nach Moskau. Trotz ein­er Voll­macht ver­weigert die Eber­swalder Woh­nungs­ge­sellschaft (WHG) Freund*innen der Fam­i­lie das Betreten der Woh­nung, so dass die per­sön­lichen Sachen der Fam­i­lie nicht nach Rus­s­land geschickt wer­den können.

Die unmen­schliche Abschiebe­poli­tik der Barn­imer Aus­län­der­be­hörde wird ein zen­trales The­ma unser­er Kundge­bung am 1. März sein”, so Fiona Kisoso von der “Ini­tia­tive Barn­im für alle”. Auch einige Eber­swalder Fam­i­lien, denen eben­falls die Abschiebung nach Tschetsche­nien dro­ht, haben ihre Teil­nahme angekündigt. Die abgeschobene Fam­i­lie wird sich per Handy an der Kundge­bung beteili­gen. Die Kundge­bung begin­nt um 12:00 Uhr direkt vor der Aus­län­der­be­hörde in Eber­swalde (Pfeilstr./ Goethestr.).

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Abschiebezentrum am Flughafen BER verhindern!

Mit dem Bau soll noch in diesem Jahr begonnen wer­den, die Fer­tig­stel­lung ist für das Jahr 2025 geplant. Eine erste Demon­stra­tion find­et am Mittwoch, den 9. Feb­ru­ar in Schöne­feld statt. Die Route geht von der S‑Bahn Sta­tion Schöne­feld (16:45 Uhr) bis zur End­kundge­bung am Rathaus Schöne­feld um 17:45 Uhr (Hans-Grade-Allee 11). Die Gegner*innen des Abschiebezen­trums möcht­en den Druck auf die Kommunalpolitiker*innen erhöhen, die zur gle­ichen Zeit eine Sitzung in der Schöne­felder Gemein­de­v­ertre­tung abhal­ten. Denn der Beschluss der Bau­pläne ste­ht noch aus.

Im August 2021 kündigte das Bran­den­bur­gis­che Innen­min­is­teri­um an, in Schöne­feld ein so genan­ntes „Ein- und Aus­reisezen­trum am Flughafen BER” zu bauen. Auf ein­er Fläche von 4 Hek­tar sollen Gebäude für Ankun­ft, Tran­sit, Gewahrsam und Rück­führun­gen entste­hen. Am Flughafen BER gibt es bere­its eine Ein­rich­tung, in der Men­schen vor ihrer Abschiebung bis zu 48 Stun­den fest­ge­set­zt wer­den kön­nen: Der „Aus­reisege­wahrsam Schöne­feld”. Das neue Abschiebezen­trum würde die Haftka­paz­itäten mas­siv erweit­ern. Das Zen­trum soll auf dem Gelände nördlich des jet­zi­gen usreisege­wahrsams gebaut werden.

Laut Alex­is Mar­tel, Press­esprecherin des Bünd­niss­es „Abschiebezen­trum BER ver­hin­dern”, „ist jede Form von Abschiebung und Inhaftierung ein gewaltvoller und zutief­st ras­sis­tis­ch­er Akt, den die Regieren­den ver­suchen zu nor­mal­isieren, zu beschöni­gen oder unsicht­bar zu machen. Durch den Zwang zur Erlan­gung von Visa und Aufen­thalt­stiteln, durch exk­lu­sive Asylver­fahren und die Ein­weisung von Migrant*innen in Lager und Abschiebe­haftein­rich­tun­gen wird Schwarzen Men­schen und Peo­ple of Col­or sys­tem­a­tisch ein selb­st­bes­timmtes Leben und die freie Wahl ihres Aufen­thalt­sortes ver­weigert. Deshalb wer­den wir uns gegen dieses neue Abschiebezen­trum und gegen jede Inhaftierung oder Abschiebung von Men­schen wehren”.

Das neue Abschiebege­fäng­nis wird, wie bere­its jet­zt, einen Ort für Aus­reisege­wahrsam bein­hal­ten, in dem Men­schen für max­i­mal zehn Tage vor ihrer Abschiebung inhaftiert wer­den kön­nen (§ 62b Aufen­thG). Außer­dem wird es ein Tran­sit­ge­bäude geben, in dem min­destens zwei weit­ere For­men der Inhaftierung stat­tfind­en wer­den: Erstens wer­den Men­schen, die bei ihrer Ankun­ft am Flughafen BER einen Asy­lantrag stellen, in einem unfairen Asyl-Schnel­lver­fahren mit erschw­ertem Zugang zu unab­hängiger Rechts­ber­atung oder Unter­stützung vor Ort fest­ge­hal­ten (§ 18a Abs. 1 AsylG). Durch dieses Flughafen-Asylver­fahren kön­nen ganze Fam­i­lien – inklu­sive Kinder – wochen­lang legal inhaftiert wer­den. Zweit­ens kön­nen Men­schen bei der Ein­reise mit dem Flugzeug im Tran­sit­ge­bäude inhaftiert wer­den, noch bevor sie deutsches Ter­ri­to­ri­um betreten und ihr Recht auf Asyl gel­tend machen kön­nen (§ 15 Abs. 6 AufenthG).

Der bish­erige Pla­nung­sprozess war in hohem Maße intrans­par­ent und undemokratisch: Der Bran­den­burg­er Land­tag wurde bei der Pla­nung des Pro­jek­ts umgan­gen. Derzeit wird davon aus­ge­gan­gen, dass ein*e private*r Investor*in mit dem Bau des Zen­trums beauf­tragt und das Gebäude erst nach Fer­tig­stel­lung an das Land Bran­den­burg ver­mi­etet wer­den soll. Auf diese Weise wird ver­mieden, das Par­la­ment um die Bere­it­stel­lung von Haushaltsmit­teln zu bitten.

Mit dem Bau des Flughafens BER wurde der alte Schöne­felder Flughafen zum BER Ter­mi­nal 5 und wird seit­dem haupt­säch­lich für Massen­ab­schiebun­gen per Char­ter­flüge genutzt. Alex­is Mar­tel kom­men­tiert: „Der Name Schöne­feld wird schon jet­zt sehr stark mit Abschiebun­gen assozi­iert. Fast jede Woche starten vom Schöne­felder Flughafen Char­ter­flüge zur Durch­führung von Massen­ab­schiebun­gen. Ein neues Abschiebezen­trum wäre der let­zte Tropfen, der Schöne­feld bun­desweit als Abschiebestadt bekan­nt macht”.

Für das Bünd­nis „Abschiebezen­trum BER ver­hin­dern” ist klar: „Wir wer­den ein Abschiebezen­trum am Flughafen BER nicht akzep­tieren und so lange dage­gen demon­stri­eren, bis die Pläne gestoppt werden!” 

Unterze­ich­nende Organisationen:

Abol­ish Frontex
Balkanbrücke
bor­der­line europe
Cul­ture of deportation
Flüchtlingsrat Brandenburg
Flüchtlingsrat Berlin
Justizwatch
Migrantifa
NoMoreMorias
No Bor­der Assembly
No Nation Truck
Per­spek­tive Selbstverwaltung
Schlafplatzorga
See­brücke Berlin
See­brücke Potsdam
Sea Watch
We will come united
Wir Packen’s An
Women in Exile
Alarmphone

Weit­ere Informationen:

Flüchtlingsrat Bran­den­burg (17.09.2021): „Flüchtlingsrat Bran­den­burg kri­tisiert geplantes Vorzeige-Abschiebe-Zen­trum am
BER”: https://www.fluechtlingsrat-brandenburg.de/fluechtlingsrat-brandenburg-kritisiert-geplantes-vorzeige-abschiebe-zentrum-am-ber/
Bun­desmin­is­teri­um des Innern und für Heimat (26.10.2021): „Ein- und Aus­reisezen­trum am Flughafen BER. Bund und Land machen den Weg
frei.” https://www.bmi.bund.de/SharedDocs/pressemitteilungen/DE/2021/10/ber-ein-ausreisezentrum.html
No Bor­der Assem­bly (2022): „Abschiebezen­trum BER ver­hin­dern. Demo und Kundge­bung am 9. Feb­ru­ar in Schöne­feld”: https://noborderassembly.blackblogs.org/de/abschiebezentrum-ber-verhindern/
Land­tag Bran­den­burg (18.10.2021): „Antwort der Lan­desregierung auf die Kleine Anfrage Nr. 1561”: https://www.parlamentsdokumentation.brandenburg.de/starweb/LBB/ELVIS/parladoku/w7/drs/ab_4300/4377.pdf

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(Anti-)Rassismus Flucht & Migration

Behördliche Unmenschlichkeit zu Weihnachten

Kurz vor Wei­h­nacht­en, am 20. Dezem­ber, gab es in der Eber­swalder Flämingstraße im Bran­den­bur­gis­chen Vier­tel einen 4‑stündigen Großein­satz von Polizei und Aus­län­der­be­hörde. Ziel war die Abschiebung eines jun­gen Mannes und ein­er Fam­i­lie nach Rus­s­land. Alle Betrof­fe­nen waren vor der Bedro­hung durch die bru­tale Dik­tatur in der rus­sis­chen Teil­re­pub­lik Tschetsche­nien geflo­hen. Am Ende des Ein­satzes wurde ein junger 20jähriger abgeschoben, seine Mut­ter bleibt allein zurück. Die Abschiebung der Fam­i­lie musste zwar abge­brochen wer­den, aber die Betrof­fe­nen ste­hen unter Schock. Die Angst vor weit­eren Abschiebun­gen ist groß, auch unter den vie­len anderen geflüchteten Tschetsch­enen, die in Eber­swalde leben.

Wir haben mit eini­gen der Betrof­fe­nen gesprochen und möcht­en der offiziellen Darstel­lung die der betrof­fe­nen Fam­i­lien gegenüber­stellen“, erk­lärt Thomas Janosch­ka vom Barn­imer Bürger*innenasyl. „Der Ein­satz war organ­isiert, als gälte es bewaffnete Schw­erver­brech­er oder Ter­ror­is­ten festzunehmen. Die Betrof­fe­nen woll­ten aber nichts anderes, als hier in Sicher­heit leben. Abschiebun­gen sind unmen­schlich — wir fordern dage­gen ein Bleiberecht für alle!“

Wie uns Frau Kukie­va berichtete, kamen Polizis­ten mit Maschi­nengewehren bewaffnet in die Woh­nung ihrer Fam­i­lie und blieben dort für die Dauer des Ein­satzes. Aus Verzwei­flung wollte Frau Kukie­va ein Mess­er gegen sich selb­st ver­wen­den um sich zu ver­let­zen, aber die Polizei hat sich kurzzeit­ig selb­st bedro­ht gefühlt. Inzwis­chen hat die Polizei ein Ermit­tlungsver­fahren wegen “Nöti­gung” gegen sie ein­geleit­et. Glück­licher­weise war der 16-jährige Sohn der Fam­i­lie nicht zu Hause, ver­mut­lich wurde auch deshalb die Abschiebung der Fam­i­lie abgebrochen.

Die Fam­i­lie, die schon seit 9 Jahren in Deutsch­land lebt, hat­te nicht mit ein­er Abschiebung gerech­net. Laut Gesetz muss diese angekündigt wer­den, wenn die Betrof­fe­nen schon mehr als ein Jahr lang geduldet wer­den. Dabei wird den Betrof­fe­nen nicht der genaue Ter­min mit­geteilt, aber die Absicht in näch­ster Zeit abzuschieben. Weil die Aus­län­der­be­hörde die Abschiebung nicht wie vorgeschrieben angekündigt hat­te, hat die Anwältin der Fam­i­lie eine Einst­weilige Ver­fü­gung bei Gericht beantragt. Zunächst hat die Barn­imer Aus­län­der­be­hörde dem Gericht mündlich zuge­sagt, in den näch­sten vier Wochen keine Abschiebev­er­suche zu unternehmen. Außer­dem ist ein Antrag auf Bleiberecht wegen guter Inte­gra­tion für den 16jährigen Sohn anhängig.

Für den Vater der Fam­i­lie, Her­rn Tse­cho­ev, hat­te die Fam­i­lie der Aus­län­der­be­hörde ein mehr­seit­iges ärztlich­es Gutacht­en vorgelegt. Wegen ein­er Kreb­serkrankung ist er nicht reise­fähig. Eine Mitar­bei­t­erin der Aus­län­der­be­hörde soll bei Vor­lage des Attestes gesagt haben: „Selb­st wenn sie daliegen wie ein Tot­er, ist mir das egal und sie wer­den abgeschoben werden.“

Frau Kukie­va wird immer noch schlecht, wenn sie an die Anspan­nung dieses Polizeiein­satzes denkt. Auf die Frage: „Wie fühlt es sich an, so lange schon mit ein­er ‚Dul­dung‘ zu leben?“ sagt sie: „Wir sind immer im Stress. Wir haben immer Angst, dass eine Abschiebung kom­men kön­nte. Wir haben keine Chance, eine Arbeit zu find­en, weil die Dul­dung nur 3 Monate gilt. Wir kön­nen fast nie entspannen.“

Bei dem sel­ben Polizeiein­satz wurde ein 20-jähriger aus dem­sel­ben Haus tat­säch­lich nach Rus­s­land abgeschoben. Seine Mut­ter, Frau Osmae­va, arbeit­et als Erzieherin und hat seit Okto­ber eine Aufen­thalt­ser­laub­nis. Ihr Sohn hat­te im Som­mer die Schule abgeschlossen und hat­te ger­ade viele Bewer­bun­gen für einen Aus­bil­dungsplatz geschrieben. Außer­dem hat­te er für Anfang Jan­u­ar einen OP-Ter­min, den er nun nicht mehr wahrnehmen kann.
„Für mich ist das ein großer Schock.“, sagt Frau Osmae­va „Ich war seit 2013 mit meinem Sohn in Deutsch­land. Ich war immer allein­erziehend. Im Herb­st habe ich den Aufen­thalt­sti­tel bekom­men und nicht geah­nt, dass mein Sohn trotz­dem abgeschoben wer­den kann, weil er volljährig ist.“ Jet­zt sei er in Moskau und es sei unklar, ob er jemals wieder her kom­men könne. „In Rus­s­land hat er nur gelebt bis er 12 Jahre alt war. Er hat 8 Jahre in Deutsch­land gelebt — er ist hier viel bess­er inte­gri­ert als in Russland.“

Wir fordern die sofor­tige Erlaub­nis der Rück­kehr des abgeschobe­nen 20jährigen”, so Thomas Janosch­ka vom Barn­imer Bürger*innenasyl, “und wir wer­den uns weit­er­hin dafür ein­set­zen, dass es keine weit­eren Abschiebun­gen aus dem Barn­im gibt.”

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(Anti-)Rassismus Flucht & Migration

Stoppt das Sterben!

Stoppt das Ster­ben! Für das Recht zu kom­men, zu gehen und zu bleiben! Wir fordern die sofor­tige Evakuierung der Men­schen an der pol­nisch-belarus­sichen Grenze!

Anlässlich des “Inter­na­tionalen Tages der Migrant:innen” und in  Anlehnung an die Kam­pagne #Grue­nes­Licht­Fuer­Auf­nahme rufen die  Ini­tia­tiv­en “Women in Exile”, “Pots­dam Kon­voi” und die “See­brücke  Pots­dam” am Sam­stag, den 18.12.2021 um 15 Uhr am Luisen­platz Pots­dam  zu ein­er Demon­stra­tion auf.

An der EU-Außen­gren­ze zwis­chen Polen und Belarus wer­den Migrant:innen  seit Wochen gezielt, unter unerträglichen Bed­i­n­un­gen, fest­ge­hal­ten.  Men­schen­rechtsver­let­zun­gen sind an der Tage­sor­d­nung. Ille­gale  Push-Backs wur­den durch pol­nis­che Gerichte legal­isiert und wer­den an  der Gren­ze mit aller Härte durchge­set­zt. Bere­its 15 Men­schen sind an  der pol­nisch-belarus­sis­chen Gren­ze gestor­ben, die Dunkelz­if­fer dürfte  deut­lich höher liegen.
Am 6. Dezem­ber meldete das pol­nis­che NGO-Bünd­nis Gru­pa Grani­ca den Tod  ein­er 38-jähri­gen schwan­geren Mut­ter von fünf Kindern. Sie starb  dem­nach an den Fol­gen von Unterküh­lung, nach­dem die Fam­i­lie sieben  Tage in den Wäldern des Gren­zge­bi­ets ver­brin­gen musste. [1]

Sowohl in Belarus als auch in Polen wer­den Men­schen­rechte bewusst  aus­ge­he­belt. Anstatt sich entsch­ieden gegen die began­genen  Men­schen­rechtsver­let­zun­gen Polens und die Prax­is der ille­galen  Push­backs zu äußern, schlägt die EU-Komis­sion eine mas­sive  Ver­schär­fung des Asyl­rechts in den Gren­zs­taat­en zu Belarus vor. [2]  Das wer­den wir nicht dulden!
Die neu gebildete deutsche Bun­desregierung muss Stel­lung beziehen und  sich für eine men­schen­würdi­ge Auflö­sung der Sit­u­a­tion an der  pol­nisch-belarus­sis­chen Gren­ze ein­set­zen. Sie muss dafür sor­gen, dass  die aushar­ren­den Men­schen an der Gren­ze von Hil­f­skräften erre­icht und  in Sicher­heit gebracht wer­den kön­nen. All diese Men­schen haben das  Recht auf Flucht, legale Fluchtwege und auf ein Ver­fahren zur Auf­nahme  in Europa. Wir fordern die neue Innen­min­is­terin Nan­cy Faeser dazu auf,  See­hofers Poli­tik der Abschot­tung zu been­den und die Auf­nah­me­pro­gramme  der Län­der und Kom­munen nicht weit­er zu blockieren.
Auch unsere Lokalpolitiker:innen hier in Pots­dam müssen darauf  drän­gen, Men­schen von der Gren­ze hier vor Ort SOFORT aufzunehmen!

Am 18.12.2021 wer­den wir die Forderun­gen nach Bewe­gungs­frei­heit für  Alle und die Forderun­gen zur Abschaf­fung des ras­sis­tis­chen  EU-Gren­zregimes auf die Straße bringen!

Desweit­eren unter­stützen wir die Kam­pagne der über­re­gionalen See­brücke  #Grue­nes­Licht­Fuer­Auf­nahme! Aktuell lassen sol­i­darische Anwohner:innen  im pol­nis­chen Gren­zge­bi­et grüne Lichter leucht­en, um schutz­suchen­den  Men­schen ihre Unter­stützung zu zeigen. Diese grü­nen Lichter der  Sol­i­dar­ität sollen auch hier in Pots­dam leucht­en. Über­all wollen wir  zeigen: Wir haben Platz! Auf­nahme jet­zt! Für das Recht zu kom­men, zu  gehen und zu bleiben!

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(Anti-)Rassismus Flucht & Migration

Abschieben, ausgrenzen, verwahren

Eine 21-jährige Schü­lerin wird aus ihrer Fam­i­lie und ihrer erfol­gre­ichen Schul­lauf­bahn geris­sen, ein Eltern­paar mit seinen Kindern mit­ten in der Nacht zur Abschiebung abge­holt, geflüchtete Men­schen wer­den trotz nachgewiesen­er Ansteck­ungs­ge­fahr in Sam­melun­terkün­ften unterge­bracht und völk­er­rechtswidrige Zurück­weisun­gen an den europäis­chen Außen­gren­ze von der Lan­desregierung nicht klar kri­tisiert: Der Flüchtlingsrat Bran­den­burg beobachtet in seinem Bun­des­land immer wieder mas­sive Ver­let­zun­gen von Grund- und Men­schen­recht­en. Dies obwohl sich das Land Bran­den­burg in sein­er Ver­fas­sung aus­drück­lich zu den men­schen­rechtlichen Grund­sätzen beken­nt, wie sie heute vor dreiund­fün­fzig Jahren am 10. Dezem­ber 1948 in der All­ge­meinen Char­ta der Men­schen­rechte ver­ab­schiedet wur­den und an die im Rah­men des Inter­na­tionalen Tages der Men­schen­rechte alljährlich erin­nert wird.

Der Flüchtlingsrat nimmt den diesjähri­gen Men­schen­recht­stag zum Anlass, drei kri­tis­che Schlaglichter auf aktuelle Bere­iche von Grund- und Men­schen­rechtsver­let­zun­gen in Bran­den­burg zu werfen:

Zen­tral­isierte Unter­bringung macht krank

Mit Beginn der Covid-19-Pan­demie wur­den Erstauf­nah­meein­rich­tun­gen und Gemein­schaft­sun­terkün­fte zu noch gefährlicheren Orten für ihre Bewohner­in­nen und Bewohn­er. Obwohl mit ein­er dezen­tral­isierten Unter­bringung in Woh­nun­gen die vielfälti­gen Prob­leme – nicht nur beim Gesund­heitss­chutz – gar nicht erst entste­hen wür­den, wer­den die meis­ten geflüchteten Men­schen in Bran­den­burg ohne Not auch weit­er­hin zen­tral­isiert unterge­bracht. Mit dem eng­stirni­gen Fes­thal­ten an dieser Form der Unter­bringung wer­den wissentlich Gesund­heits­ge­fährdun­gen in Kauf genom­men und für Geflüchtete ein Infek­tion­ss­chutz zweit­er Klasse geschaffen.

Seit Pan­demiebe­ginn mah­nen Zivilge­sellschaft und Wis­senschaft: Das Leben in Masse­nun­terkün­ften erhöht nach­weis­lich das Risiko, sich mit dem Coro­n­avirus zu infizieren. Ohne die Möglichkeit ihre Kon­tak­te zu reduzieren teilen sich die Men­schen dort Küchen und Bäder und häu­fig auch die Schlafräume mit etlichen Nach­barin­nen und Nach­barn, obwohl Gerichte schon im ver­gan­genen Jahr entsch­ieden haben, dass unter den beengten Wohnbe­din­gun­gen Infek­tion­ss­chutz­maß­nah­men nicht ein­halt­bar sind. „Es fehlt am poli­tis­chen Willen, die notwendi­gen Maß­nah­men entschlossen umzuset­zen: Es braucht Woh­nun­gen statt Sam­melun­terkün­fte”, kon­sta­tiert Mara Hasen­jür­gen vom Flüchtlingsrat Brandenburg.

Abschiebun­gen ohne jede Rück­sicht auf Humanität

Allein in den let­zten Novem­berta­gen war der bran­den­bur­gis­che Flüchtlingsrat mit drei Abschiebun­gen befasst, an denen sich auch das Land Bran­den­burg beteiligt hat. Ins­ge­samt 23 Men­schen wur­den hier­bei nach Ghana, Ser­bi­en sowie in die Rus­sis­che Föder­a­tion abgeschoben. „Abschiebun­gen sind Aus­druck ein­er durch und durch inhu­ma­nen Asylpoli­tik und grund­sät­zlich abzulehnen, aber was sich hier hin­ter einzel­nen Abschiebun­gen an haarsträuben­den Geschicht­en ver­birgt, schlägt wieder ein­mal jedem Fass den men­schen­rechtlichen Boden aus”, kri­tisiert Vin­cent da Sil­va vom Flüchtlingsrat.

Da ist beispiel­sweise die Geschichte ein­er 21-jähri­gen Schü­lerin, die seit fünf Jahren in Deutsch­land lebt, in zweiein­halb Jahren Abitur machen und danach studieren wollte. Ihre Zukun­ft­spläne wur­den jäh zer­stört, als Beamte sie in ihrem Zuhause im Land­kreis Dahme-Spree aufge­sucht haben. Inner­halb weniger Minuten musste sie sich von ihrer gesamten Fam­i­lie ver­ab­schieden und fand sich kurze Zeit später mit 100 Euro Handgeld alleine in Moskau wieder, von wo aus sie sich bis in die tschetschenis­che Haupt­stadt Gros­ny durch­schla­gen musste.
Es ist auch die Geschichte ein­er siebenköp­fi­gen Fam­i­lie mit Kindern zwis­chen 3 und 16 Jahren, die nachts um 3 Uhr in Tel­tow aus dem Schlaf geris­sen wurde und unmit­tel­bar von Schöne­feld aus nach Ser­bi­en abgeschoben wurde.
Und es ist die Geschichte von Yunus G.: Ein Men­sch, der die let­zten fast 8 Jahre in Deutsch­land gelebt hat und trotz mas­siv­er gesund­heitlich­er Prob­leme, die ihn fast die Hälfte der Zeit zu sta­tionären Kranken­hausaufen­thal­ten zwan­gen, immer wieder ver­sucht hat, sich ein Leben auf eigen­ständi­gen Füßen aufzubauen. Soweit es seine schwere Erkrankung erlaubte, war Herr G. beim Arbeit­er-Samarit­er-Bund ehre­namtlich engagiert. Seine mit viel Kraft und Durch­hal­tewil­le aufge­baute Lebensper­spek­tive wurde brüsk zer­stört, als er vor rund zwei Wochen unver­mit­telt in die Rus­sis­che Föder­a­tion abgeschoben wurde.

In jed­er dieser Geschichte zeigt sich in frap­pieren­der Deut­lichkeit, wie wenig Bran­den­burg men­schrechtlich ver­briefte Grun­drechte in der konkreten Prax­is achtet. Statt den vie­len Men­schen, die nicht hier geboren, aber längst hier angekom­men sind, zu sig­nal­isieren, dass sie sich auf eine großzügige und humane Ausle­gung der Bleiberecht­sregelun­gen und damit eine Lebensper­spek­tive in Sicher­heit ver­lassen kön­nen, wer­den drastis­che Exem­pel statuiert.

Gren­zen abgeschot­tet – bis zur let­zten, tödlichen Konsequenz

Seit Wochen demon­stri­ert die Europäis­che Union in großer Geschlossen­heit an ihrer Außen­gren­ze zum benach­barten Belarus die prak­tis­che Umset­zung eines Wertesys­tems, das Gren­zschutz unverblümt über den Schutz von notlei­den­den Men­schen stellt. Eine (buch­stäbliche) Geschlossen­heit, die bere­its mehr als ein Dutzend Men­schen irgend­wo unter­wegs auf der der neuen Fluchtroute von Belarus über Polen nach Deutsch­land mit ihrem Leben bezahlen musste. Ein­er dieser Men­schen ver­starb kurz nach­dem er auf bran­den­bur­gis­chem Boden angekom­men war.

Wie weit auch Bran­den­burg bere­it ist, hier seine men­schen­rechtliche Grun­dori­en­tierung über Bord zu wer­fen, spiegelt sich nicht zulet­zt in der Hal­tung der Lan­desregierung gegenüber dieser poli­tis­chen und human­itären Tragödie wider: Wenn Bran­den­burgs Innen­min­is­ter Polens Han­deln bezüglich der Men­schen, die an der pol­nisch-belarus­sis­chen Gren­ze um ihr nack­tes Über­leben kämpfen, als „grund­sät­zlich richtig” beze­ich­net, wer­den ganz offen­siv ein­er her­metis­chen Abriegelung der EU-Außen­gren­ze das Wort gere­det und völk­er­rechtswidrige Push Backs legit­imiert. „Statt sich in aller Deut­lichkeit gegen die mas­siv­en Men­schen­rechtsver­let­zun­gen auszus­prechen, die derzeit im Gren­zge­bi­et zwis­chen Polen und Belarus oder im Geflüchteten­lager im nur 50 Kilo­me­ter von Frank­furt (Oder) ent­fer­n­ten pol­nis­chen Wędrzyn stat­tfind­en, wird blind die europäis­che Abschot­tung vertei­digt und let­ztlich das grundle­gende Men­schen­recht auf Asyl mit Füßen getreten”, kom­men­tiert Vin­cent da Sil­va die düstere Lage.

Pressekon­takt:
Flüchtlingsrat Brandenburg
info@fluechtlingsrat-brandenburg.de
Vin­cent da Sil­va: 0151–42027426

Flüchtlingsrat Bran­den­burg | Rudolf-Bre­itscheid-Str. 164 | 14482 Potsdam
Tel.: 0331/ 71 64 99 | Fax: 0331/ 88 71 54 60

Tele­fonis­che Sprech­stunde: Mon­tag 13–16 Uhr, Dien­stag und Don­ner­stag 10–13 Uhr

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