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Geschichte & Gedenken

Q — Gegen Luther, Papst und Fürsten — Alles gehört Allen!

In der Repub­lik wird dieses Jahr “500 Jahre Luther” gefeiert. Allerd­ings find­en sich Luthers Fun­da­men­tal­is­mus und die Bru­tal­ität der Luther­schen Äußerun­gen, sein Juden- und Frauen­hass und seine wahn­hafte Apoka­lyp­tik nicht so recht im Mar­ket­ingkonzept von Weltof­fen­heit, Tol­er­anz und Fried­fer­tigkeit wieder, welch­es zu diesem his­torischen Ereig­nis ermit­telt wer­den soll.
Aus diesem Grund haben wir zum 31. Okto­ber, der dieses Jahr zum bun­desweit­en Feiertag zu Ehren Luthers gemacht wurde, mit Denis Mos­chi­to, Ruth Marie Kröger, Michael Kelle und Jörg Pohl ein ein hochkarätiges Schaus­piel­erensem­ble nach Pots­dam in den Spar­ta­cus ein­ge­laden. Sie zeigen die szenis­che Lesung “Q”, die uns die Zeit des Renais­sance-Human­is­mus und der Ref­or­ma­tion aus ein­er – beson­ders im „Luther­jahr“ – ungewöhn­lichen Per­spek­tive erleben lässt.
Insze­niert wurde das Stück von Thomas Eber­mann und Berthold Brun­ner. Wer die let­zten Stücke von Thomas Eber­mann im Spar­ta­cus erleben durfte, “Der Fir­men­hym­nen­han­del” und “Der Eindi­men­sion­ale Men­sch”, wird wis­sen, dass er es vortr­e­f­flich ver­ste­ht einen Stoff zu insze­nieren, welch­er die Fin­ger in die Wun­der der Gegen­wart legt.
1517 – 1555: Fast vierzig Jahre ist er, der so oft seinen Namen zu wech­seln gezwun­gen ist, dabei. Keine fromme oder unfromme Ket­zerei lässt er aus. Keinen Auf­s­tand gegen die klerikale und fürstliche Macht ver­passt er. Als Ver­trauter Thomas Müntzers wird dessen Cre­do — «alles gehört allen» — auch zu seinem. Die Nieder­lage im Bauernkrieg (1525) lässt ihn als einen der weni­gen Über­leben­den zurück. Bei den Wiedertäufern trägt er die Ver­ant­wor­tung zur Vertei­di­gung der Stadt Mün­ster, aus der das neue Jerusalem wer­den soll. Er feiert mit, bei den aus­ge­lasse­nen Fes­ten der Siege; er wird Zeuge der Ver­wand­lung rev­o­lu­tionär­er Ambi­tio­nen in religiösen Wahn, beim Umschlag von Befreiung in Ter­ror. Er wan­dert durch das «Europa der gescheit­erten Auf­stände», durch ver­lorene Schlacht­en und Nieder­la­gen, die Verzwei­flung erzeu­gen und Res­ig­na­tion nahelegen.
Wo immer er involviert ist, ist auch ein Zweit­er zuge­gen. Unerkan­nt und zunächst nur als eine vage Ahnung. Der Spi­on der Kurie und Agent der Inqui­si­tion, der seine Briefe mit «Q» unterze­ich­net, der dem Kar­di­nal (und späterem Papst) Gian­petro Carafa nicht nur über die pap­st­feindlichen Machen­schaften berichtet, son­dern auch ein­wirkt, vielle­icht sog­ar anwe­send ist, vielle­icht sog­ar alle Rebel­lion ins Unglück lenkt? Diesem Phan­tom zu begeg­nen, von Angesicht zu Angesicht, um die Opfer zu rächen, wird zur fix­en Idee des Aufrührers …
Kri­mi und High Noon am Ende des Mittelalters!
Bear­beit­et von Thomas Eber­mann und Berthold Brunner.
Ensem­ble: u.a. Denis Mos­chi­to, Ruth Marie Kröger, Michael Kelle,Jörg Pohl
Das Werk des linken Kollek­tivs Luther Blis­sett, das sich heute Wu Ming nen­nt, war in Ital­ien «die lit­er­arische Sen­sa­tion der Sai­son» (Süd­deutsche Zeitung). Es ver­mit­tle «eine Ahnung vom epochalen Dra­ma jen­er Zeit» (FAZ). Das Anliegen der Autoren ist, «eine Art von Gegengeschichte zu erzählen, eine sub­ver­sive Prax­is des Geschicht­en­erzäh­lens zu vol­lziehen.» (Literaturkritik.de)
Der in achtzehn Sprachen über­set­zte Roman ist von Assozi­a­tion A wieder aufgelegt worden.
Ein Beitrag der Rosa-Lux­em­burg-Stiftung zu 500 Jahre Ref­or­ma­tion. Die Auf­führung im Spar­ta­cus wird zusät­zlich unter­stützt vom AStA der Uni Potsdam.
Einen kurzen Ein­blick und einige Hin­ter­grund­in­fos zu dem Stück direkt durch Schaus­piel­er und Regis­seur bekom­men Sie hier: https://youtu.be/VLHW9Idb8hI
Fotos der Auf­führung die gerne benutzt wer­den dürfen:
https://www.flickr.com/photos/rosalux/34849100712/in/album-72157681590596592
Ort: Spar­ta­cus Pots­dam / frei­Land Pots­dam / Friedrich-Engels-Straße 22,
14473 Potsdam
Ter­min: 31.10.2017 || 19:30 Türen / 20:30 Uhr Beginn
Ein­tritt: VVK 7,70 € (ermäßigt) / 11,- € || Abend­kasse: 8,-€ (ermäßigt) /
13,- €
VVK unter: https://www.tixforgigs.com/site/Pages/Shop/ShowEvent.aspx?ID=22243

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Antifaschismus Geschichte & Gedenken

Emil Wendland ist unvergessen

INFORIOT — Zum 25. Mal jährt sich der Mord an Emil Wend­land in Neu­rup­pin. Am 01. Juli soll zum 25. Todestag eine Gedenkdemon­stra­tion in Neu­rup­pin stattfinden.

„Nie­mand ist ver­ges­sen“. Gedenken an Emil Wendland in Neuruppin.
„Nie­mand ist ver­ges­sen“. Gedenken an Emil Wend­land in Neuruppin.

Emil Wend­land ist eines der 187 Todes­opfer rechter Gewalt in der Bun­desre­pub­lik nach 1990. Emil Wend­land war obdach­los. Seine Peiniger haben ihn mit dem Vor­satz „Pen­ner klatschen“ zu wollen im Neu­rup­pin­er Rosen­garten erstochen. Seit mehreren Jahren ver­suchen Neon­azis den Mord an Emil Wend­land zu ent­poli­tisieren und dies als eine Ver­ro­hung­stat darzustellen.
 
Infori­ot hat mit den Initiator_innen des Emil Wend­land – Gedenkens über ihr Vorhaben gesprochen.
IR: Zunächst ein Mal würde es uns und unsere Leser_innen inter­essieren, wer ihr seid. Kön­nt ihr uns einen kleinen Überblick zu eur­er Gruppe geben?
Wir sind ein Teil des JWP Mit­ten­Drin. Das Mit­ten­Drin ist ein linksalter­na­tiv­er Jugend­club, der nun mehr seit 23 Jahren in Neu­rup­pin existiert. Durch eine Haus­be­set­zung 1993 durch Jugendliche, die sich einen solchen Freiraum wie wir ihn jet­zt haben, wün­scht­en, wurde das Pro­jekt ins Leben gerufen. Die zen­trale Arbeit des Vere­ins ist let­z­tendlich einen Freiraum zu schaf­fen, zu erhal­ten und zu erweit­ern, der frei von Sex­is­mus, Ras­sis­mus, Chau­vin­is­mus und Frem­den­feindlichkeit ist – so zusagen einen Raum für Alle zu bieten, um sich dort zu tre­f­fen, ihre Zeit zu ver­brin­gen und sich selb­st und ihr soziales Zen­trum zu organisieren.
IR: Was hat euch dazu bewegt zu der Kam­pagne aufzu­rufen und wie ist der Stand eur­er Arbeit?
Seit 2012 gibt es nun bere­its dieses Gedenken. Damals set­zten sich Men­schen mit den Todes­opfern rechter Gewalt auseinan­der und stießen dort auf den 1992 ermorde­ten Emil Wend­land. Der 20. Todestag wurde dann zum Anlass genom­men, das Gedenken zu organ­isieren. Anfänglich gin­gen wir damals mit ein­er ganz klaren Forderung in die Kam­pagne und trat­en an die Stadt Neu­rup­pin her­an und forderten die Umbe­nen­nung ein­er Straße nach Emil Wend­land. Let­ztlich wurde sich nach ewigem Hin und Her und hitzi­gen Debat­ten auf eine Gedenk­tafel geeinigt, die nun heute an dem Platz ste­ht an dem er ermordet wurde. Vor 5 Jahren starteten wir das Gedenken eben­falls mit ein­er Demon­stra­tion durch Neu­rup­pin. Im Vor­feld gab es viele Infor­ma­tionsver­anstal­tun­gen in ver­schiede­nen Läden der Stadt zur The­matik. In den let­zten Jahren fand dann ein regelmäßiges Gedenken an seinem Todestag statt, in Form ein­er kleineren Kundge­bung mit jew­eils 50 Men­schen. Anlässlich des 25. Todestages woll­ten wir das The­ma „Opfer rechter Gewalt“ wieder mal mehr in den öffentlichen Focus der Stadt rück­en, die Men­schen die zu uns kom­men über die The­matik aufk­lären und allen Opfern gedenken, um zu ver­hin­dern, dass nie­mand vergessen wird.
IR: Wie sah das Gedenken an Emil Wend­land in Neu­rup­pin zuvor aus?
Vor unserem Gedenken 2012 fand kein Gedenken an Emil Wend­land statt.
IR: Habt ihr im Rah­men eur­er Kam­pagne weit­ere Recherchen zu Emil Wend­lands Leben unter­nom­men? Falls ja, wie gestal­teten sich diese und hat­tet ihr Schwierigkeit­en an Infor­ma­tio­nen zu kommen?
Zu Beginn des Gedenkens recher­chierten wir in den Archiv­en der lokalen Zeitun­gen nach Mel­dun­gen, die seinen Tod aber auch sein Leben betrafen. Viel war jedoch dort nicht zu find­en. Es gab um den 1. Juli 1992 nur kurze Mel­dun­gen zu seinem Tod. Auch über sein Leben war nur wenig her­auszufind­en. Wir schal­teten Anzeigen, um Per­so­n­en aus­find­ig zu machen, die in irgen­dein­er Art und Weise ihn als Men­schen beleucht­en kon­nten. Es fan­den sich jedoch nur Einzelper­so­n­en, die nur wenig über Wend­land erzählen kon­nten. Let­ztlich fan­den wir in den Urteilsverkün­dun­gen, die notwendi­gen Infor­ma­tion zu seinem Tod.
IR: Im Rah­men des Gedenkens soll nicht nur am 01. Juli eine Demon­stra­tion in Neu­rup­pin stat­tfind­en. Was ist von eur­er Seite aus alles geplant?
Die Kam­pagne ist ja jet­zt schon bald vor­bei. In den let­zten 2 Monat­en organ­isierten wir jedoch ver­schiede­nen Infor­ma­tionsver­anstal­tun­gen, die jedoch alle möglichen The­menge­bi­ete abgrif­f­en. So fand eine Ver­anstal­tung mit LGBTIQ Geflüchteten statt, die über ihr Leben in ihren Län­dern und nach der Flucht in Deutsch­land erzählten. Weit­er­hin besuchte uns Bernd Langer und erzählte von seinem neuen Buch „Kun­st & Kampf“. Eine weit­ere Ver­anstal­tung zum The­ma „Opfer rechter Gewalt“ ist noch geplant und außer­dem hängt seit dem 24. Juni die Ausstel­lung „Todes­opfer rechter Gewalt“ der Opfer­per­spek­tive im Alten Gym­na­si­um in Neu­rup­pin. Im Vor­feld der Demo ist noch eine Podi­ums­diskus­sion geplant, die sich mit der Frage beschäfti­gen soll, wie ein Gedenken an die Opfer gestal­tet wer­den kann, region­süber­greifend und Hand in Hand mit anderen Gedenkinitiativen.
IR: Seit mehreren Jahren ver­suchen Neon­azis um die Freien Kräfte Neu­rup­pin das Gedenken zu Emil Wend­land zu ent­poli­tisieren und den Fall als eine Ver­ro­hung­stat darzustellen. Wie wertet ihr diesen Vorstoß und ist dieses Jahr mit ähn­lichen Störak­tio­nen der Neon­azis zu rechnen?
Uns macht­en deren Aktio­nen in Bezug auf Wend­lands Tod völ­lig fas­sungs­los. So eine Dreistigkeit zu besitzen und die Umstände so zu ver­drehen und als Tat sub­kul­tureller Per­spek­tivlosigkeit hinzustellen, macht uns wütend. Schw­er zu sagen, wie man so etwas werten soll. Let­ztlich ist es nur ein weit­er­er Verzug von ihrer faschis­tis­chen Ide­olo­gie abzu­lenken und sich als bürg­er­nah darzustellen, die dama­li­gen Gegeben­heit­en der 90er Jahre klein zu reden und sich in die Öffentlichkeit zu rück­en. Ihre Kundge­bun­gen kön­nen jeden­falls nicht als Erfolg anerkan­nt wer­den. Fast jedes Jahr gab es gegen ihre Ver­anstal­tun­gen mehrere Störak­tio­nen. Wir wis­sen nicht, ob es in diesem Jahr wieder zu Aktio­nen der Nazis kom­men wird – bish­er hal­ten sie sich jeden­falls verdeckt. In der Pla­nung der Demon­stra­tion berück­sichtigten wir die let­zten Jahre natür­lich und ver­suchen ihnen den Raum auf dem Schulplatz durch die Route zu nehmen. Fly­er­ak­tio­nen, wie in den let­zten Jahren fan­den bish­er noch nicht statt. Generell sind die Freien Kräfte bis auf kleinere Aktio­nen in diesem Jahr sehr inak­tiv, sowieso richt­en sie ihren Fokus kaum noch auf Neu­rup­pin, da die meis­ten ihrer organ­isierten Demon­stra­tion block­iert wer­den und sie in Neu­rup­pin keinen Fuß fassen konnten.
IR: Lange Zeit galt Emil Wend­land als eines der Fälle, die durch die Bun­desregierung offiziell nicht als Opfer rechter Gewalt gal­ten. Nach­dem eine Studie des Moses-Mendelssohn-Zen­trums der Uni­ver­sität Pots­dam den Fall unter­sucht hat und ihn als poli­tisch eingeschätzte, zog dann das Bran­den­burg­er Innen­min­is­teri­um nach. Nun gilt Emil Wend­land als „anerkan­nt“. Wie bew­ertet ihr die Studie und was hat sich mit der Anerken­nung des Falls für eure Gedenkar­beit geändert?
Wir sind froh das Wend­land nun anerkan­nt ist und find­en es auch äußerst wichtig, dass er nun zu den offiziellen Opfern rechter Gewalt zählt. Let­ztlich soll es jedoch in unser­er Arbeit nicht nur darum geht. Es gibt noch viel zu viele Fälle, die bis heute ungek­lärt sind und wie wir denken, viel zu viele Men­schen, die von Faschist_innen ermordet wur­den und bis heute nicht anerkan­nt sind. Das machte die Ausstel­lung der Opfer­per­spek­tive nun auch nochmal deut­lich. Was jedoch eine Anerken­nung nicht ver­hin­dern kann, ist, dass solche Tat­en weit­er­hin geschehen wer­den, ger­ade weil sich die Lage immer weit­er zus­pitzt und es nur eine Frage der Zeit ist, bis wieder Men­schen durch Faschist_innen ster­ben wer­den. Deshalb ist es wichtig, unser Gedenken fort zuführen und nicht nur auf Emil Wend­land zu richt­en son­dern auf alle Opfer. Wir wün­schen uns eine Zusam­me­nar­beit mit allen anderen Gedenk­ini­tia­tiv­en, so dass die Opfer nicht in Vergessen­heit ger­at­en und dieses The­ma regelmäßig in der Öffentlichkeit steht.
Vie­len Dank für das Interview!
Antifaschis­tis­che Demon­stra­tion in Gedenken an Emil Wendland:
01.06.2017 | 12:00 | Bhf. Neuruppin-West
Alle Infor­ma­tio­nen zur Kam­pagne: hier.
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(Anti)militarismus Antifaschismus Geschichte & Gedenken

Befreiung fortsetzen” in Cottbus

Aktionswochen zum Tag der Befreiung in Cot­tbus am 22. April unter dem Mot­to “Befreiung fortsetzen”.
Am 22. April endete für die Stadt Cot­tbus der Zweite Weltkrieg. Die Mehrheit der 11.000 zurück­ge­bliebe­nen Men­schen waren Zwangsarbeiter*innen. Die Eroberung durch die Rote Armee bedeutete für sie und alle anderen Unter­drück­ten, Ver­fol­gten und Gefan­genen die lang ersehnte Befreiung vom Faschis­mus. Wir wollen diesen Tag zum Anlass nehmen, der Opfer des Nation­al­sozial­is­mus zu gedenken und das Ende der NS-Herrschaft zu feiern.
Ras­sis­tis­che und völkische Ide­olo­gien bekom­men wieder Aufwind. Die Welt rückt nach rechts. Autoritäre Bestre­bun­gen, Krisen und Kriege gefährden unser friedlich­es Zusammenleben.
Damit die Geschichte sich nicht wieder­holt, wollen wir sol­i­darische Net­zw­erke schaf­fen und neue Per­spek­tiv­en entwick­eln. Wie es weit­er geht, liegt auch in unseren Händen.
In den zwei Wochen vom 22. April bis 08. Mai 2017 wird es ver­schiedene Ver­anstal­tun­gen geben. Los geht es mit ein­er Gedenkver­anstal­tung und einem Park­fest am 22. April. Alle weit­eren Ver­anstal­tun­gen find­et ihr weit­er unten.
Seid dabei und lasst uns die Befreiung fortsetzen!

Ver­anstal­tungsüber­sicht — Aktionswochen vom 22.04.–08.05.2017
Sam­stag 22.04., Gedenken und Parkfest
13–17 Uhr, Puschk­in­park Cottbus
Am 22. April 1945 endete für Cot­tbus der Zweite Weltkrieg. Die Mehrheit der 11.000 zurück­ge­bliebe­nen Men­schen waren Zwangsarbeiter*innen. Die Eroberung von Cot­tbus durch die Rote Armee bedeutete für sie und alle anderen Unter­drück­ten, Ver­fol­gten und Gefan­genen die lang ersehnte Befreiung. Um den Opfern zu gedenken, find­et um 13 Uhr eine Kundge­bung am Denkmal für die Opfer des Nation­al­sozial­is­mus statt. Den­noch war dieser Tag auch ein Tag zum feiern. Deshalb wird es im Anschluss ein kleines Fest am Fam­i­lien­haus geben. Dort wird der Nach­mit­tag mit Musik — und Rede­beiträ­gen sowie Stän­den und Ange­boten ver­schieden­er Vere­ine und Ini­tia­tiv­en gestal­tet. Für Essen und Getränke ist gesorgt.
Sam­stag 22.04.,Film: „Der Kuaför aus der Keupstraße“
19 Uhr, OBENKINO (Straße der Jugend 16, 03046 Cottbus) 
BRD 2015, 92 Min., Sprache: Deutsch/Türkisch
Der Film erzählt die Geschichte des Nagel­bombe­nan­schlags vor einem türkischen Frisör­sa­lon in der Köl­ner Keup­straße am 9. Juni 2004. Er konzen­tri­ert sich dabei auf die Fol­gen für die Opfer und ihre Ange­höri­gen, gegen die als Hauptverdächtige jahre­lang ermit­telt wurde. Der Film rekon­stru­iert die Ermit­tlun­gen der Polizei anhand der Ver­hör­pro­tokolle und es wird deut­lich, dass als Täter für die Polizei vor allem die Opfer in Frage kamen. Ein aus­län­der­feindlich­es Motiv wurde weitest­ge­hend ausgeblendet.
Erst Jahre später wurde der Anschlag dem soge­nan­nten Nation­al­sozial­is­tis­chen Unter­grund (NSU) zugeordnet.
Auf ein­drück­liche Weise zeigt DER KUAFÖR AUS DER KEUPSTRASSE wie tief­greifend der Bombe­nan­schlag, aber auch die Verdäch­ti­gun­gen danach, das Leben im Köl­ner Stadt­teil Mül­heim erschüt­tert haben. So wie in Köln wur­den auch in den anderen Städten, in denen der NSU gemordet hat, zumeist die Ange­höri­gen und ihr Umfeld verdächtigt. Der Film eröffnet die Diskus­sion über die Frage ein­er struk­turellen Frem­den­feindlichkeit in
Deutsch­land auf eine neue Art, näm­lich aus der Per­spek­tive der Betroffenen.
Mon­tag 24.04., KüfA (Küche für Alle) und Diskussionsrunde
17 Uhr, Haus­pro­jekt Zelle79 (Parzel­len­str. 79, 03046 Cottbus) 
Viele von euch ken­nen das The­ma: vor deinen Augen wird ver­bal gehet­zt und du wirst in eine
Diskus­sion ver­strickt. Du kannst gar nicht fassen, was da gelabert wird, aber dir fall­en ein­fach keine Argu­mente mehr ein. Lasst uns gemein­sam dazu aus­tauschen und Fra­gen klären, wie: Was waren unsere Erfahrun­gen in Diskus­sio­nen mit Men­schen mit rechter Ein­stel­lung? Wie kom­men wir in so ein­er Diskus­sion weiter?
Natür­lich gibt es wie jeden Mon­tag ab 19 Uhr ein warmes veg­anes Aben­dessen. Für Getränke wird eben­falls gesorgt sein.
Dien­stag 25.04., Lesung: „Stolper­steine — vom Leben und Ster­ben Cot­tbuser Juden“
18.30 Uhr, Pic­co­lo The­ater (Erich Käst­ner Platz, 03046 Cottbus)
Gelbe Mess­ing­plat­ten unter­brechen das Pflaster Cot­tbuser Straßen und stop­pen unsere Schritte. Es sind Stolper­steine, kleine Mah­n­male für jüdis­che Bürg­er unser­er Stadt, die dem nation­al­sozial­is­tis­chen Rassen­wahn zwis­chen 1933 und 1945 zum Opfer gefall­en sind. Män­ner und Frauen, Kinder und Alte – ihren Mördern kon­nten sie nicht entkom­men. Ihrer Würde beraubt, um ihr Ver­mö­gen gebracht, aus ihren Häusern und Woh­nun­gen ver­trieben, endete ihr sozialer Abstieg schließlich in der Vernichtung.
Eri­ka Pchalek ist den Lebens­geschicht­en nachge­gan­gen. Sie liest aus ihrem Buch kleine Biografien, die von der Unge­heuer­lichkeit des Massen­mordes zeu­gen. Ver­hungert im Ghet­to, gestor­ben im Gefäng­nis, ins Gas getrieben – Mil­lio­nen haben diese Schick­sale erlei­den müssen. Unter ihnen waren Cot­tbuser Bürg­er, häu­fig hoch ange­se­hen, bis der Rassen­wahn regierte.
Die Autorin möchte auch mit ihrem Pub­likum ins Gespräch kom­men. Die Ver­anstal­tung find­et im Rah­men der Aktionswoche „Befreiung fort­set­zen!“ in Koop­er­a­tion zwis­chen Regia-Ver­lag und Rosa-Lux­em­burg-Stiftung Bran­den­burg, Region­al­büro Cot­tbus statt.
Mittwoch, 26.04., Vor­trag: „NSU – Wie klärt Bran­den­burg auf?#2“
19 Uhr, Haus­pro­jekt Zelle79 (Parzel­len­straße 79, 03046 Cottbus) 
Für uns haben (mil­i­tante) Nazis und ras­sis­tis­che Behör­den wenig mit Befreiung zu tun. Deshalb haben wir uns schon 2016 mit der Ter­ror­gruppe Nation­al­sozial­is­tis­ch­er Unter­grund (NSU) beschäftigt. Die Lesung zum Buch „Gen­er­a­tion Hoy­er­swer­da“ und das The­ater­stück „A wie Aufk­lärung“ haben viele Ungereimtheit­en im NSU-Kom­plex offen­bart. Auch das Land Bran­den­burg ist Teil dieser Ungereimtheit­en, will aber gle­ichzeit­ig mit einem 2016
einge­set­zten NSU-Unter­suchungsauss­chuss zur Erhel­lung des Kom­plex­es beitragen.Deshalb wollen wir den Blick schär­fen und schauen: Wie ist es um die Aufk­lärung der NSU- Morde im Land Bran­den­burg bestellt? Gemein­sam mit der Organ­i­sa­tion NSU-Watch Bran­den­burg und einem Mitar­beit­er des Moses Mendelssohn Zen­trums in Potsdam,
möcht­en wir her­aus­find­en, auf welchem Ermit­tlungs­stand der im ver­gan­genen Jahr einge­set­zte NSU-Unter­suchungsauss­chuss des Bran­den­burg­er Land­tag ist. Wie bew­ertet NSU-Watch das Geschehen und welche Fra­gen gilt es evtl. noch zu klären? Die in Pots­dam von 2001 bis 2002 aktive Nationale Bewe­gung, deren Aufdeck­ung mut­maßlich durch den Ver­fas­sungss­chutz behin­dert wurde, wird in diesem Zusam­men­hang ein The­ma des Vor­trages sein.
Don­ner­stag 27.04., Vor­trag „Kap­i­tal­is­mus auf der Ziel­ger­aden? Postkap­i­tal­is­tis­che Per­spek­tiv­en“ mit Raul Zelik
19 Uhr, Muggefug (Papitzer Straße 4, 03046 Cottbus)
Zum ersten Mal in der Geschichte der Men­schheit leben wir in einem echt­en Welt­sys­tem: dem Kap­i­tal­is­mus. Er ist dabei, sich zu Tode zu siegen. Der Ausstieg aus der heißlaufend­en Mas­chine Kap­i­tal­is­mus stellt eine gewaltige Her­aus­forderung dar. Auf der Suche nach gesellschaftlichen Alter­na­tiv­en kom­men wir um die Frage nach dem Gemeineigen­tum nicht herum, meint der Autor Raul Zelik. Das beson­dere an seinen Analy­sen ist, dass er dabei nicht nur beste­hende Ver­hält­nisse kri­tisiert, son­dern auch darauf ver­weist, wo es bere­its keime ein­er zukün­fti­gen – besseren – Gesellschaft geben kann: in Genossen­schaften, selb­st organ­isierten Läden, in den sozialen Bewe­gun­gen, in bei Bewe­gun­gen wie Podemos oder Syriza in Spanien und Griechenland.
Eine Sys­temwende wird nicht ein­fach, doch Zelik macht auch Mut: Schwierig „war der Weg von Aufk­lärung und Emanzi­pa­tion schon immer. In der Ver­gan­gen­heit war er geprägt von Irrtümern, schreck­lichen eige­nen Ver­brechen und bluti­gen Nieder­la­gen. Wie viele Men­schen, die aufrichtig und, ohne einen eige­nen Vorteil zu ver­fol­gen, für bessere gesellschaftliche Ver­hält­nisse ein­trat­en, mussten dafür mit ihrem Leben bezahlen? Ihnen ver­danken wir das, was es heute an — ungenü­gen­den — sozialen und demokratis­chen Recht­en gibt. An sie soll­ten wir denken, wenn wir begreifen, dass der Kap­i­tal­is­mus nicht für die Ewigkeit geschaf­fen ist und in viel­er Hin­sicht heute seine Gren­zen erre­icht. Die Geschichte der Sol­i­dar­ität, der sozialen Befreiung, der Sorge umeinan­der und der Demokratisierung aller Lebens­bere­iche begin­nt nicht erst heute. Sie reicht Jahrhun­derte zurück und war, trotz allen Scheit­erns, nicht folgenlos.“
Die Ver­anstal­tung der Rosa-Lux­em­burg-Stiftung Bran­den­burg, Region­al­büro Cot­tbus, beste­ht aus einem ein­lei­t­en­den Vor­trag und danach ist der Aus­tausch von Ideen erwünscht.
Fre­itag 28.04., Crit­i­cal Mass — Fahrraddemo
16 Uhr, Start: Stadthal­len­vor­platz Cottbus
Auch im April wird es wie gewohnt, am let­zten Fre­itag im Monat, eine Crit­i­cal Mass geben.
Zusam­men mit net­ten Men­schen und Musik wird sich gemein­sam mit dem Fahrrad für den
Umweltschutz einge­set­zt. End­punkt der Fahrrad­de­mo ist das Haus­pro­jekt Zelle79 (Parzel­len­str. 79, Cot­tbus). Hier wartet veg­ane Lasagne auf euch.
Mon­tag 01.05., Inter­na­tionaler Kampf­tag der Arbeiter*innen
An diesem Tag gib es genug Ange­bote, nicht nur in Cot­tbus. Informiert euch und find­et für euch die passende Veranstaltung.
Don­ner­stag 04.05., Vor­trag und Gespräch: „Aktu­al­ität“ bei Wal­ter Ben­jamin und das Zurechtfind­en in der „Katas­tro­phe als Nor­malzu­s­tand“ mit Dr. Gerd-Rüdi­ger Hoff­mann (Philosoph)
19 Uhr, qua­si­Mono (Erich-Wein­ert-Str. 2, 03046 Cottbus)
Es find­en sich im umfan­gre­ichen Werk von Wal­ter Ben­jamin (1892 — 1940) Zitate, die sofort einen aktuellen Bezug zur Beschrei­bung und Kri­tik heutiger rechter Bewe­gun­gen her­stellen. In einem von der Rosa-Lux­em­burg-Stiftung in Cot­tbus ver­anstal­teten Vor­trag mit anschließen­der Diskus­sion wird nachge­fragt, ob die Aktu­al­ität Ben­jamins wirk­lich so direkt herzustellen ist.
Erstens ist es ganz im Sinne Ben­jamins, eben nicht bloß mit passenden Zitat­en oder das ein­fache Rückbesin­nen auf ver­gan­gene gute Gedanken auf heute „auf­blitzende Gefahren“ zu reagieren – und lediglich das Ver­mit­tlungs­man­age­ment oder auch das Erschei­n­ungs­bild auf Web­seit­en, Plakat­en sowie im Wahlkampf zu erneuern.
Zweit­ens schließlich geht es dann auch um die Frage, inwiefern die Antworten Ben­jamins noch heute aktuell sind. Ein Ver­di­enst des kri­tis­chen Denkens bei Ben­jamin dürfte sein, dass er angesichts der faschis­tis­chen Gefahr einen Per­spek­tiven­wech­sel auf den „Aus­nah­mezu­s­tand“ oder eine immer mal aufgerufene „Katas­tro­phe“ der Gesellschaft ermöglicht und diese als Nor­malzu­s­tand der kap­i­tal­is­tis­chen Gesellschaft beschreibt.
Alter­na­tiv­en im Denken und Han­deln müssen das bedenken, um eine genaue Zus­tands­beschrei­bung zu ermöglichen und die Logik von Fortschritt genau dieser beste­hen­den Gesellschaft zu verlassen.
Fre­itag 05.05., Film: „Das Schick­sal der Kinder von Aleppo“ 
18 Uhr, Kreis­geschäftsstelle „Die Linke“ (Straße der Jugend 114, 03046 Cottbus) 
Zum Film: Sara wurde in Alep­po geboren und ver­brachte die ersten fünf Jahre ihres Lebens dort. Ein Reporter begleit­ete sie und ihre Fam­i­lie im Kriegsall­t­ag in der syrischen Stadt Alep­po, ihre Flucht nach und Ankun­ft in Deutsch­land. Nach dem Film find­et eine Diskus­sion mit syrischen Geflüchteten statt.
Sam­stag 06.05., Fahrt zur Gedenkstätte Sachsenhausen 
8:30 Uhr, Cot­tbuser Hauptbahnhof
Sowie die Stadt Cot­tbus wurde auch das Konzen­tra­tionslager Sach­sen­hausen am 22. April 1945 durch sow­jetis­che und pol­nis­che Sol­dat­en befreit.
Bei Oranien­burg wurde 1936 das KZ errichtet. Zwis­chen 1936 und 1945 waren in Sach­sen­hausen mehr als 200 000 Men­schen inhaftiert. Vor Kriegs­be­ginn wur­den v.a. Juden und poli­tis­che Geg­n­er aus Berlin und dem Berlin­er Umland dort gefan­gen gehal­ten und mis­shan­delt. Die Gefan­genen arbeit­eten für die Fir­men Heinkel, Siemens und AEG. Auch für die Reichshaupt­stadt Ger­ma­nia wurde dort Mate­r­i­al durch Zwangsar­beit gewon­nen. Es fan­den Exper­i­mente an den Inhaftierten statt. Der Stan­dort nimmt eine Son­der­rolle ein, da er als Mod­ell- und Schu­lungslager für die SS diente. 1938 wurde diese Rolle unter­strichen, als die Zen­tralver­wal­tung der KZ nach Oranien­burg ver­legt wurde.
Es wird eine Führung durch die Gedenkstätte geben.
Diese Exkur­sion soll uns allen verdeut­lichen, wozu Faschis­mus führen kann. .
Son­ntag 07.05., Brunch „Wer nicht bruncht hat verloren“
10 Uhr, Haus­pro­jekt Zelle79 (Parzel­len­str. 79, 03046 Cottbus)
Zum Abschluss der Ver­anstal­tungswochen wollen wir alle bei einem entspan­nten Früh­lings­brunch zusam­men sitzen. Lasst uns über unsere Erleb­nisse und Gedanken der let­zten Wochen reden oder ein­fach nur leck­er in „befre­it­er“ Gesellschaft essen. Gerne kön­nt ihr etwas veg­anes zu Essen mit­brin­gen. Bei Son­nen­schein und Vogelge­sang find­et der Brunch draußen statt.
Mon­tag 08.05., BefreiungsKü­fA (Küche für Alle) und Film
19 Uhr, Haus­pro­jekt Zelle79 (Parzel­len­str. 79, 03046 Cottbus)
Hey Hey, heute gibt es veg­a­nen Dön­er –> Vöner!
Auch cool: Jede_r kann sich seine_n Vön­er sel­ber zusammenstellen.
Im Anschluss zeigen wir den Film “ID with­out col­ors”. Es ist ein Doku­men­tarfilm über Racial Pro­fil­ing sowie diskri­m­inieren­des und ras­sis­tis­ches Vorge­hen der Polizei in Deutsch­land. Der Film wurde pro­duziert von der Koop­er­a­tive für Opfer von Polizeigewalt.

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Antifaschismus Geschichte & Gedenken Law & Order

Zum Gedenken an die Opfer des Nationalsozialismus in Potsdam

Am 27.1.2017 ver­sam­melten sich ca. 120 Antifaschist_innen am Mah­n­mal für die Opfer des Faschis­mus am Platz der Ein­heit in Pots­dam und gedacht­en gemein­sam an die Befreiung von Auschwitz vor 72 Jahren und die Ver­brechen Nazideutschlands.
Der Vere­ini­gung der Ver­fol­gten des Naziregimes, Bund der Antifaschistin­nen und Antifaschis­ten Pots­dam hielt dabei einen Rede­beitrag, der an die Entste­hung des KZ’s aber auch die Entwick­lung und Zus­pitzung des Anti­semitismus im dama­li­gen Deutsch­land erin­nerte und die Zuhörer_innen auf­forderte solche Zustände niemals wieder zuzulassen.
Darauf­fol­gend ver­lass ein Mit­glied des Rollerder­by-Teams Pots­dam einen sehr per­sön­lichen Rede­beitrag, der vor allem Frauen in den Konzen­tra­tionslagern und ganz beson­ders zwei Widerstandkämpfer_innen aus Auschwitz gewid­met war, die mit ihrer Arbeit bei einem Auf­s­tand dazu beitru­gen ein Kre­ma­to­ri­um zu spren­gen und damit zumin­d­est das Mor­den zu verlangsamen.
Nach einem kurzen Gedicht und ein­er Schweigeminute zogen die Teil­nehmende dann zum Sow­jet­fried­hof am Bass­in­platz um nach einem kurzen Musik­stück, den dort begrabenen Soldat_innen der Roten Armee zu gedenken und an ihren his­torischen Sieg über Nazideutsch­land zu erin­nern. Auch wurde in ein­er Rede der Emanzi­pa­torischen Antifa Pots­dam deut­lich gemacht, dass Erin­nern und Gedenken ger­ade in Zeit­en eines wach­senden Neo­faschis­mus und Recht­spop­ulis­mus immer auch den alltäglichen Kampf und die Auseinan­der­set­zung beinhaltet.
Im Anschluss daran fand im KuZe noch einen Infor­ma­tionsver­anstal­tung des Rollerder­by-Teams Pots­dam mit der His­torik­erin Susanne Willems statt, die für die Anwe­senden die Geschichte des Konzen­tra­tionslagers Auschwitz beein­druck­end und detail­re­ich nachzeichnete.
Judith Block von der EAP sagte vor allem im Hin­blick auf die große Beteiligung:
“Antifaschis­tis­che Gedenkkul­tur ist in Pots­dam ein wichtiger Teil für unser Selb­stver­ständ­nis und das Gedenken an die Ver­brechen des NS bleiben uns Mah­nung und Verpflich­tung. Wir wer­den dafür ein­treten und kämpfen, dass sich dies niemals wieder­holen kann. Egal ob Nazi­parteien wie NPD, der dritte Weg, freie Kam­er­ad­schaften oder die Faschis­ten von der AfD. Wir wer­den auch 2017 entschlosse­nen Wider­stand leisten!

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Antifaschismus Geschichte & Gedenken

AfD-Königer machte gegen das Holocaust-Mahnmal mobil

INFORIOT Die Rede von Björn Höcke [1] in dieser Woche in Dres­den, in der er das Berlin­er Holo­caust-Mah­n­mal als “Denkmal der Schande” beze­ich­nete, ist nicht der erste Vor­fall dieser Art. Mit der Erin­nerung an nation­al­sozial­is­tis­che Ver­brechen haben so manche, die heute für die AfD Poli­tik machen, so ihre Prob­leme. Ein­er von ihnen ist Stef­fen Königer, der seit den Wahlen 2014 als Abge­ord­neter für die AfD im Land­tag sitzt. Der ehe­ma­lige Junge-Frei­heit-Autor hat ein parteipoli­tis­ches Vor­leben. Unter anderem war er 1999 Mit­glied der recht­spop­ulis­tis­chen Partei Bund Freier Bürg­er (BfB). Im gle­ichen Jahr trat er als Direk­tkan­di­dat für diese Partei bei den Land­tagswahlen an.
Offen­bar war er auch auf der Straße aktiv. Der Bund freier Bürg­er machte — wie zahlre­iche Neon­azis und extrem Rechte, darunter der inzwis­chen wegen Holo­caustleug­nung vielfach verurteilte Neon­azi Horst Mahler — gegen die dop­pelte Staats­bürg­er­schaft und das damals in der Pla­nungsphase befind­liche Denkmal für die ermorde­ten Juden Europas mobil.

öniger demonstriert 1999 in Berlin gegen das Holocaust-Mahnmal. Quelle: apabiz
Stef­fen Königer demon­stri­ert 1999 in Berlin gegen das Holo­caust-Mah­n­mal. Quelle: apabiz

Fotos zeigen Königer, wie er am 19. Juni 1999 vor der Neuen Wache Unter den Lin­den in Berlin bei ein­er BfB-Demon­stra­tion gegen das Mah­n­mal auf­marschiert. Mit von der Par­tie sind auch die Berlin­er Neon­az­i­funk­tionäre René Bethage und Andreas Storr. Es wer­den Schilder hochge­hal­ten mit den Parolen “Damals SA heute Antifa” und “Holo­caust-Denkmal NEIN!!!”.
Die Agi­ta­tion gegen das Holo­caust-Mah­n­mal war ein geschicht­spoli­tis­ch­er Schw­er­punkt von Königers BfB. Auf einem Flug­blatt wurde polemisch gefragt: “Deutsche, wollt ihr ewig zahlen?”. Ein ange­blich­er “Mach­tanspruch jüdis­ch­er US-Organ­i­sa­tio­nen” wurde in der Schrift beklagt.
Auch wenn die Tätigkeit­en von Königer gegen ein Holo­caustge­denken in Berlin einein­halb Jahrzehnte zurück­liegen — das Bild, welche geschicht­spoli­tis­chen Hin­ter­gründe in der AfD zu find­en sind, verdichtet sich durch diese Episode. Von Königers Bran­den­burg­er Frak­tion­skol­le­gen Andreas Kalb­itz sind eben­falls harsche Zitate bekan­nt. In der extrem recht­en Zeitschrift „Fritz“ schrieb Kalb­itz 2003 über einen „Bewußt­sein­seth­nozid in den Köpfen der bun­desre­pub­likanis­chen Jugend“. Die Erin­nerung an Nazi-Ver­brechen sei eine „Ver­ständ­nisim­plan­ta­tion von 12 Jahren als 99% deutsch­er Geschichte“.
Die Neonaziaktivisten René Bethage und Andreas Storr vor der Neuen Wache in Berlin. Quelle: apabiz.
Die Neon­azi­ak­tivis­ten René Bethage und Andreas Storr vor der Neuen Wache in Berlin. Quelle: apabiz.

AfD-Frak­tion­schef Alexan­der Gauland vertei­digt aktuell die Rede Höck­es zum Mah­n­mal. Gegenüber der DPA sagte er: „Björn Höcke hat in kein­er Weise Kri­tik an der Erin­nerung an den Holo­caust geübt.“ Wenn Höcke darauf hin­weise, dass die Leis­tun­gen der deutschen Geschichte im öffentlichen Diskurs oft­mals „unter der Erin­nerung an diese zwölf Jahre“ ver­schwän­den, sei dies für ihn nachvollziehbar.
Gauland zeigte schon im ver­gan­genen Jahr erstaunlich offen, wie er selb­st die nation­al­sozial­is­tis­chen Ver­brechen einord­net; wen oder was er als die eigentlichen Opfer des Nation­al­sozial­is­mus ansieht. Im Inter­view mit der Wochen­zeitung Die Zeit im April 2016 befand er, dass “Auschwitz, auch als Sym­bol, viel in uns zer­stört hat”. Der Redak­teur fragt zurück: “Waren es nicht wir, die da etwas zer­stört haben?”. Gauland: “Richtig, eber es ist dabei viel mehr kaputtge­gan­gen (…) Der Nation­al­stolz (…) ist doch bei uns enorm hin­ter­fragt.” Das deutsche Nation­al­be­wusst­sein ist für Gauland nicht eine lei­t­ende Idee des indus­triellen Juden­mordes. Son­dern das Nation­al­be­wusstein sei dadurch beschädigt wor­den, die Deutschen erscheinen als die eigentlichen Opfer der Nazis: “Hitler hat den Deutschen das Rück­grat gebrochen”.
[1] Eine aus­führliche Analyse der NS-Rhetorik von Höcke find­et sich im Text von Andreas Kem­per im AIB 113 (4.2016)
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200 Menschen gedenken und feiern den 8. Mai in Bernau

An die Befreiung vom Nation­al­sozial­is­mus und das Ende des Zweit­en Weltkriegs in Europa gedacht­en etwa 200 Men­schen am Son­ntagabend in Bernau. Der 8. Mai ist fes­ter Bestandteil antifaschis­tis­ch­er Gedenkkul­tur und wurde, wie auch in den Vor­jahren durch das Bernauer Net­zw­erk für Weltof­fen­heit organisiert.
8. Mai in Bernau - Sowjetisches EhrenmalWir als Bernauer Antifaschist_innen erin­nern am 8. Mai an die Opfer der schreck­lichen Tat­en der Nation­al­sozial­is­ten. Der Tag ist eben­so ein Anlass den Frauen und Män­nern der Roten Armee und der alli­ierten Stre­it­macht für die Zer­schla­gung Nazi-Deutsch­lands zu danken und die Befreiung vom deutschen Faschis­mus zu feiern.
Das Gedenken teilete sich in drei Sta­tion: Die erste Kundge­bung begann am Denkmal für die Gefall­en der Roten Armee mit Rede­beiträ­gen des Bürg­er­meis­ters André Stahl (Die Linke) sowie einem Vertreter der rus­sis­chen Botschaft. In der Eröff­nung von Thomas Sohn (Die Linke) wurde deut­lich, dass es nicht an diesem Tag nicht nur um das Erin­nern an die Ver­gan­gen­heit geht, son­dern auch um die heutige poli­tis­che Sit­u­a­tion. Hass und Gewalt gegen Geflüchtete sind dieser Tage mehr denn je präsent. Die Bun­desre­pub­lik Deutsch­land, als eine der größten Waf­fen­ex­porte der Welt, sei mitver­ant­wortlich für die vie­len Mil­lio­nen Men­schen, die auf der Flucht vor Hunger, Gewalt und Ter­ror sind.
8. Mai in Bernau - Blumen
An der zweit­en Sta­tion, dem Deser­teur­denkmal auf der gegenüber­liegen­den Straßen­seite, erin­nerten Mit­glieder der evan­ge­lis­chen Gemeinde an jene Kriegs­di­en­stver­weiger­er, die gefoltert und ermordet wur­den. Sie forderten „Nie wieder Faschis­mus, Nie wieder Krieg!“. Auch an dieser Sta­tion war die aktuelle Politk ein The­ma: Am Rande wur­den Unter­schriften gegen Waf­fen­han­del gesammelt.
Festessen zum Tag der Befreiung
 
Zum Abschluss feierten die Anwe­senden, bei strahlen­dem Son­nen­schein, auf dem Mark­t­platz. Der Jugendtr­e­ff DOSTO lud zum Festessen ein — denn der 8.Mai ist nicht nur ein Tag des Gedenkens, son­dern auch des Feierns.

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Antifaschismus Geschichte & Gedenken

22. April: Befreiung fortsetzen

Am 22. April 1945 endete für die Stadt Cot­tbus der Zweite Weltkrieg. Für ca. 5.000 Zwangsarbeiter*innen und Gefan­gene bedeutete dies Befreiung. Für die 10.000 Zivilist*innen in Cot­tbus bedeutete dies das Ende des Nation­al­sozial­is­mus. Die Rote Armee nahm die Stadt Cot­tbus nach gerin­gen Kampfhand­lun­gen ein. Damit ist dieser Tag ein­er der wichtig­sten in der Cot­tbuser Stadtgeschichte.
Das wollen wir zum Anlass nehmen, allen Opfern des Nation­al­sozial­is­mus zu gedenken. Wir laden euch am 22. April zur Infover­anstal­tung „Cot­tbus befre­it?!“ ab 19.00 Uhr ins Qua­si­MONO ein. Dabei wird es vor allem um Cot­tbus im III. Reich, die Sor­ben und den Begriff der „Befreiung“ gehen. Außer­dem wollen wir uns zusam­men mit allen Inter­essierten am 23. April auf eine inter­ak­tive Spuren­suche begeben. Unter dem Mot­to „Täter – Opfer – Wider­stand“ tre­f­fen wir uns um 14 Uhr auf dem Alt­markt. Der Rundgang wird nicht nur zu his­torisch rel­e­van­ten Orten führen, son­dern auch Stellen aus­find­ig machen, wo heute ras­sis­tis­che Gewalt stat­tfind­et, wo sich Neon­azis organ­isieren und wo sich Wider­stand regt.
Wir wollen mit unseren Ver­anstal­tun­gen aber nicht nur mah­nen und gedenken, son­dern auch die Befreiung vom Nation­al­sozial­is­mus feiern. Der Zusam­men­bruch des Naziregimes heißt für uns, dass wir freier leben kön­nen. Doch was bedeutet eigentlich befre­it? Die Nazis wur­den gewählt und kon­nten durch den Schul­ter­schluss mit den kon­ser­v­a­tiv­en Kräften an die Macht gelan­gen. Die Deutschen waren nicht manip­uliert und ver­führt wor­den. Große Teile der Bevölkerung haben durch Mit­tun, Wegschauen und Nicht-Ein­greifen die Grauen der Naz­izeit verur­sacht. Nicht diese Men­schen wur­den von ihrer Regierung befre­it, son­dern Konzen­tra­tionslager, Zwangsarbeiter*innen und Gefangene.
Auch heute ist die deutsche Gesellschaft nicht frei von Ras­sis­mus. Men­schen in der ganzen Bun­desre­pub­lik zün­den Unterkün­fte für Asyl­suchende an. Bei den let­zten Land­tagswahlen kon­nten die Rechtpopulist*innen der AfD einen erneuten Stim­men­zuwachs erzie­len. Im Jahr 2015 kam es laut Opfer­per­spek­tive e.V. allein in Cot­tbus zu 28 ras­sis­tis­chen Über­grif­f­en, die Dunkelz­if­fer wird deut­lich höher sein. Dabei beklagt der Vere­in vor allem, dass sich nicht-weiße Men­schen nir­gend­wo in der Stadt sich­er fühlen kön­nen, da die Über­griffe flächen­deck­end stattfinden.
Daher lautet unser Auf­trag: Wir müssen die Befreiung fort­set­zen! Mit Block­aden gegen Neon­azi­aufmärsche, mit der Unter­stützung von Geflüchteten, mit dem Engage­ment gegen Sex­is­mus, Homo­pho­bie und andere Diskri­m­inierungs­for­men. Seid auch ihr dabei. Informiert euch und bringt euch ein!
22.April: Infover­anstal­tung „Cot­tbus befre­it?!“, 19.00 Uhr, QuasiMONO
23.April: Inter­ak­tive Spuren­suche, 14.00 Uhr, Altmarkt

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Antifaschismus Geschichte & Gedenken Law & Order

Auswertung der Kampagene „fighting for 20 years“

Am 07. Novem­ber ver­gan­gen Jahres starteten wir unsere Kam­pagne zum 20. Todestag des alter­na­tiv­en Jugendlichen Sven Beuter in Bran­den­burg an der Hav­el. Das Datum war bewusst gewählt, denn am 07. Novem­ber 1992 ermorde­ten am Kolpin­see bei Lehnin drei Neon­azis den woh­nungslosen Rolf Schulze. Seit dem Jahr 2012 organ­isieren antifaschis­tis­che Grup­pen aus Bran­den­burg an der Hav­el und der Kreisver­band der Partei DIE.LINKE gemein­sam Gedenkver­anstal­tun­gen. Seit ver­gan­genem Novem­ber ist viel passiert: Wir organ­isierten zahlre­iche Abend­ver­anstal­tun­gen, darunter Vorträge, Filmabende und Podi­ums­diskus­sio­nen, wur­den zu etlichen Infor­ma­tionsver­anstal­tun­gen im Land Bran­den­burg, Berlin und Ham­burg ein­ge­laden und sind auf viel pos­i­tives Feed­back gestoßen. Im Fol­gen­den wollen wir primär auf die Demon­stra­tion am 20. Feb­ru­ar einge­hen, denn zu vie­len anderen Ver­anstal­tun­gen und The­men haben wir uns auf dem Blog geäußert und kön­nen dort nach wie vor nachge­le­sen werdeni.
–Antifa in der Krise?–
Wir haben uns in einem unser­er Texte sehr aus­giebig mit dem Ver­hält­nis von Dorf- zu Stad­tan­tifa auseinan­derge­set­zt. Seit der Pub­lika­tion kurz vor Wei­h­nacht­en im ver­gan­genen Jahr ist viel passiert. Andere Grup­pen oder Per­so­n­en haben sich eben­falls zur The­matik geäußert. Es gab eine große Welle der Sol­i­dar­ität von Grup­pen aus Berlin und Pots­dam, die uns nicht nur zu Infover­anstal­tun­gen und Podi­ums­diskus­sio­nen ein­ge­laden haben, son­dern auch Hil­fe bei der Durch­führung der Demon­stra­tion anboten. In diesem Rah­men möcht­en wir uns noch ein­mal bei allen uns unter­stützen­den Grup­pen bedanken.
Nicht nur, dass die Sol­i­dar­ität zwis­chen Stadt und Dorf in den ver­gan­gen Wochen deut­lich spür­bar gewor­den ist, son­dern auch andere Dorf-Grup­pen haben begonnen eigene Ver­anstal­tun­gen zu organ­isieren. So gab es unter anderem in Oranien­burg eine kraftvolle anti­ras­sis­tis­che Demon­stra­tion und auch in Neu­rup­pin wird für eine anti­ras­sis­tis­che Demon­stra­tion am 12. März gewor­ben. Wir hof­fen, dass das Engage­ment der Dorf- und Stadt­grup­pen kein kurzweiliges ist, son­dern sich neue Syn­ergien ergeben. Denn nur gemein­sam kön­nen wir in den Kle­in­städten und Dör­fern eine neue antifaschis­tis­che Bewe­gung ini­ti­ieren, die den Rassist_innen und Neon­azis vor Ort den momen­tan noch nahrhaften Boden entzieht. Gle­ichzeit­ig eröffnet eine starke Dor­fan­tifa neue Möglichkeit­en und Per­spek­tiv­en für antifaschis­tis­che Grup­pen in den Städten.
Bran­den­burg an der Hav­el gehört zu den Bran­den­bur­gis­chen Städten, die momen­tan nur sehr wenig durch ras­sis­tis­che oder neon­azis­tis­che Grup­pierun­gen fre­quen­tiert wer­den, aus diesem Grund wer­den wir ver­mehrt andere Grup­pen unter­stützen, so zum Beispiel unsere Freund_innen in Rathenow. Dort wollen Per­so­n­en des Bürg­er­bünd­nis Deutsch­land einen ras­sis­tis­chen Großauf­marsch mit 1.000 Teil­nehmenden durch­führen. Dieses Treiben wollen wir nicht unwider­sprochen hinzunehmen!
–Antifaschis­tis­che Demonstration–
Die Demon­stra­tion startete plan­mäßig nach vier Rede­beiträ­gen. Die erste Zwis­chenkundge­bung fand auf dem Neustädtis­chen Markt statt. Von dort ging es nicht wie geplant zum let­zten Wohnort von Sven Beuter in die Müh­len­torstraße son­dern direkt in die Havel­straße, dem Ort, an dem der bru­tale Angriff 20 Jahre zuvor stat­tfand. An der im Jahr 2007 ver­legten Gedenkplat­te in der Havel­straße angekom­men, the­ma­tisierten ver­schiedene Beiträge den Tod Sven Beuters, aber auch die Ermor­dung zahlre­ich­er ander­er Men­schen aus ras­sis­tis­chen, sozial­dar­win­is­tis­chen und neon­azis­tis­chen Motiv­en. Im Anschluss wur­den jew­eils ein Gebinde der Antifa Jugend Bran­den­burg und der Partei DIE.LINKE niedergelegt, das Zweite vom Vor­sitzen­den des Kreisver­ban­des Bran­den­burg an der Hav­el gemein­sam mit Nor­bert Müller MdB (DIE.LINKE). Im Anschluss stell­ten alte Weggefährt_innen von Sven Beuter einige Flaschen Bier am Gedenkstein hin, um so auf ihre Art an den jun­gen Mann zu erin­nern, war er doch auf dem Weg zum Bier holen, ange­grif­f­en wor­den. Im Anschluss set­zte sich der Demon­stra­tionszug wieder Rich­tung Haupt­bahn­hof in Bewe­gung. Dort wurde die Ver­anstal­tung nach ein­er kurzen Abschlusskundge­bung aufgelöst und für been­det erk­lärt. Fes­t­nah­men, Per­son­alien­fest­stel­lun­gen oder ähn­lich­es waren während des gesamten Ver­laufs nicht zu beobachten.
Die Entschei­dung, die Route abzukürzen hat­te zum Ziel, reise­freudi­gen Antifaschist_innen die Möglichkeit zu geben, im Anschluss an unsere Demon­stra­tion nach Frankfurt/Oder zu fahren und die Men­schen von dort bei den Protesten gegen einen ras­sis­tis­chen Auf­marsch zu unter­stützen. Aus diesem Grund war es wichtig, spätestens um um kurz vor 14 Uhr wieder am Haupt­bahn­hof zu sein. Bei dem Auf­marsch in der Oder­stadt nahm unter anderem auch der Totschläger Sascha L. mit sein­er Fre­undin teil.
–Die Stadt–
Was wurde nicht seit Beginn des Jahres 2016 unter­nom­men um unsere Demon­stra­tion in ein schlecht­es Licht zu rück­en. Lokalpolitiker_innen der SPD, der CDU und der AfD beschwörten Hor­rorszenar­ien von 500 Autonomen her­auf, die die Stadt in Schutt und Asche zer­legen wür­den. Hier­bei tat sich beson­ders der SPD-Poli­tik­er und ehe­ma­lige Polize­ichef Nor­bert Langer­wisch her­vor. So schwadronierte er unter anderem, dass er den seit Jahren andauern­den Ver­such, Sven Beuter zu einem Helden zu stil­isieren ablehneii. Wir stellen hier­mit nochmal in aller Deut­lichkeit dar: Es ging uns und den anderen Organisator_innen der ver­gan­gen Gedenkver­anstal­tun­gen nie darum, Sven Beuter zu einem Helden zu machen, son­dern es ging immer darum, die Hin­ter­gründe seines Todes klar zu benen­nen. Dieser wird jedoch häu­fig ger­ade von den Men­schen aus­ge­blendet, die behaupten, er würde von uns zu einem Helden stil­isiert werden.
Wir find­en es sehr bedauer­lich, dass die Diskri­m­inierung und Ablehnung die Sven Beuter vor seinem Tod erfahren hat, sich heute weit­er fort­set­zt. Beson­ders beschä­mend ist hier­bei die Aus­sage von Wal­ter Paaschen, CDU, dass er unter keinen Umstän­den ein­er „wie auch immer geart­eteten zusät­zlichen Beuter-Ehrung“iii zus­tim­men wird. Paaschen gehört somit auch zu den Men­schen, die nicht ver­ste­hen, dass es in Zeit­en, in denen der Totschläger Beuters wieder in der Stadt wohnt und regelmäßig an neon­azis­tis­chen und ras­sis­tis­chen Kundge­bun­gen und Aufmärschen teil­nimmt, sowie Geflüchtete in der Havel­stadt belei­digt, bedro­ht und ange­grif­f­en wer­den, es einen Bran­dan­schlag auf eine noch nicht bewohnte Geflüchteten­no­tun­terkun­ft gab, genau diesen Rassist_innen und Neon­azis der Rück­en gestärkt. Wir lehnen dieses klas­sis­tis­che Welt­bild klar ab, in dem Men­schen nur auf­grund ihrer Lebensweise, ihrer Klam­ot­ten oder anderen Dinge, die ange­blich von der Norm abwe­ichen, dif­famiert und zu Opfern gemacht wer­den ab.
Die AfD, die seit der Kom­mu­nal­wahl im Jahr 2014 mit drei Abge­ord­neten in der SVV sitzt und ein Bürg­er­büro in der Alt­stadt unter­hält, tat sich durch beson­deres Unken­nt­nis der Gedenken der ver­gan­gen Jahre und reißerische Het­ze her­vor. Hinzu kommt die Stig­ma­tisierung alter­na­tiv­en Lebensweisen durch den AfD-Poli­tik­er Klaus Riedels­dorf, wenn er schreibt, dass Sven Beuter als Punk „sich­er kein ver­di­en­stvoller Bürg­er der Stadt war“iv. Des Weit­eren behauptet er, es würde im Rah­men des Gedenkens immer wieder zu „gewalt­täti­gen, link­sex­trem­istis­chen Ausschreitungen“v kom­men. Wir leug­nen nicht, dass es im Jahre 1997 zu Auss­chre­itun­gen kam, hier gilt es jedoch die Ursachen klar zu benen­nen: Neon­azis provozierten am Rande der Gedenkde­mo und erhiel­ten von den Cops keine Platzver­weise und nur wenige Tage zuvor, am 08. Feb­ru­ar 1997, wurde der Punk Frank Böttch­er im nahegele­ge­nen Magde­burg bru­tal von Neon­azis ermordet. Sei­ther gab es, von link­er Seite, keine Auss­chre­itun­gen oder ähn­lich­es. Gle­ichzeit­ig ver­schweigen Wal­ter Paaschen, Klaus Riedels­dorf und Nor­bert Langer­wis­che jedoch die wieder­holten Pro­voka­tio­nen durch Neon­azis am Rande der Gedenkkundge­bun­gen. So ver­sucht­en 1998 vier Neon­azis mit einem Gewehr auf die Gedenk­enden zu schießen, dies wurde jedoch von den Cops unter­bun­den­vi, 2012 sprayten Neon­azis den Slo­gan „AFN zerschlagen“vii im Umfeld der Gedenkplat­te und beobachteten die Gedenkver­anstal­tungvi­ii und im Jahr 2015 provozierte der Totschläger mit vier weit­eren Neon­azis die Gedenkendenix.
Man muss jedoch Nor­bert Langer­wisch und Klaus Riedels­dorf zu geste­hen, dass sie sich selb­st von dem Geschehen rund um die Demo ein Bild macht­en. Im Gegen­satz zu Nor­bert Langer­wisch, beobachtete Riedels­dorf die Ver­anstal­tung aus der Ferne und suchte, nach dem er erkan­nt wurde, das Weite.
Zusam­men­fassend lässt sich sagen, dass die Erwartun­gen der Lokalpolitiker_innen nicht erfüllt wur­den und die Demon­stra­tion friedlich und kraftvoll durch die Havel­stadt zogen. Selb­st dem SKBx und der MAZxi viel es schw­er, neg­a­tiv über die Ver­anstal­tung zu bericht­en und so mussten einige „Ver­mummte“ her­hal­ten um die Demon­stra­tion als gefährlich zu diskreditieren.
–Die Cops–
Es war für uns von Beginn an sehr schw­er einzuschätzen, wie sich die Cops am 20. Feb­ru­ar ver­hal­ten wer­den, denn ger­ade die Entwick­lun­gen in Pots­dam, wo jeden Mittwoch 1.000 Polizeibe­di­en­stete, Wasser­w­er­fer und Räum­fahrzeuge das Stadt­bild prä­gen, sprach für eine erhöhte Präsenz während unser­er Demon­stra­tion. Als wir jedoch gegen 10.30 Uhr am Ver­samm­lung­sort ein­trafen, waren weit und bre­it keine Polizist_innen zu sehen, erst 15 Minuten später trafen nach und nach sechs Hal­b­grup­penkraft­wa­gen und cir­ca fünf Streifen­wa­gen ein. Während der kom­plet­ten Ver­anstal­tung beschränk­ten sich die Bedi­en­steten auf das Regeln des Verkehrs. Wir sind natür­lich froh, dass es keine Fes­t­nah­men von und Anzeigen gegen die Demon­stri­eren­den gab. Gle­ichzeit­ig sind wir etwas trau­rig, denn wir es wäre eine Ehre für die Antifa Jugend Bran­den­burg gewe­sen, wenn es wenig­stens ein Wasser­w­er­fer, auch wenn es nur ein altes Mod­ell aus Berlin gewe­sen wäre, in die Havel­stadt geschafft hätte.
–Aus­blick–
Wir wer­den uns nicht auf der erfol­gre­ichen Demon­stra­tion aus­ruhen, auch, wenn sie unsere Erwartung weit übertrof­fen hat, son­dern weit­er aktiv sein. Momen­tan ist es in der Havel­stadt rel­a­tiv ruhig, sodass wir die Zeit die und die Kapaz­itäten haben, Struk­turen in anderen Städten, momen­tan beson­ders in Rathenow, zu unter­stützen. Gle­ichzeit­ig war der Rede­beitrag der Antifaschist_innen aus Burg für uns ein klares Sig­nal, den antifaschis­tis­chen Selb­stschutz weit­er auszubauen, um auf Angriffe durch Neon­azis und Rassist_innen reagieren zu können.
Wie schon geschrieben wer­den wir unsere Freund_innen im Land Bran­den­burg in Zukun­ft stärk­er unterstützen:
‑05. März, Rathenow, Rassist_innenaufmarsch entgegentreten
‑09. März, Pots­dam, Rassist_innenaufmarsch entgegentreten
‑12. März, Neu­rup­pin, Anti­ras­sis­tis­che Demonstration
‑17. April, Bran­den­burg an der Hav­el, GAY-Pride
Antifa Jugend Brandenburg
i. http://fightingfor20years.blogsport.de
ii. MAZ, 20. Jan­u­ar 2016.
iii. MAZ, 16. Jan­u­ar 2016.
iv. SVV-Newslet­ter der AfD, 27. Jan­u­ar 2016.
v. SVV-Newslet­ter der AfD, 27. Jan­u­ar 2016.
vi. MAZ, 16. Feb­ru­ar 1998.
vii. AFN – Antifaschis­tis­chen Net­zw­erk Brandenburg-Premnitz-Rathenow.
viii. http://afn.blogsport.de/2012/02/16/gedenkkundgebung-in-brandenburg-an-der-havel/.
ix. https://www.flickr.com/photos/presseservice_rathenow/16407117008/in/album-72157650926221092/.
x. SKB, 22. Jan­u­ar 2016.
xi. MAZ, 22. Jan­u­ar 2016.

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Antifaschismus Geschichte & Gedenken

Cottbus: 1500 protestieren gegen 40 Nazis

1500 Men­schen gegen die NPD auf der Straße / Bis zu 800 Men­schen auf Demo und Kundge­bung von Cot­tbus Naz­ifrei! / Noch weniger Neon­azis als im Vorjahr
Das Bünd­nis Cot­tbus Naz­ifrei! bedankt sich bei allen Unterstützer*innen, die es ermöglicht haben, die Neon­azis wieder aus der Stadt zu protestieren. Ins­ge­samt nah­men mehr als 1500 Men­schen an den Protesten unter dem Mot­to „Cot­tbus für Alle“ teil. Wie schon im let­zten Jahr haben die Neon­azis wieder nur eine Kundge­bung angemeldet. Zu dieser fan­den sich lediglich 40 Per­so­n­en ein und damit nochmals weniger als im Vor­jahr. In Hör- und Sichtweite erteil­ten bis zu 800 Men­schen auf der Kundge­bung von Cot­tbus Naz­ifrei! den Neon­azis eine klare Abfuhr.
cb-aufmacher
Die Protest­strate­gie von Cot­tbus Naz­ifrei! hat sich in den let­zten Jahren als Erfolg für die Stadt erwiesen. Seit 2010 ist die Anzahl der Teil­nehmenden an den „Gedenkver­anstal­tun­gen“ der NPD von damals mehr als 300 auf unter 40 zurück­ge­gan­gen. Damit tendiert die poli­tis­che Bedeu­tung dieser Ver­anstal­tung bun­desweit gegen null. Der Ver­such der NPD durch Opfermythen neue Anhänger*innen zu gewin­nen, ist damit gescheitert.
„Wir waren erfol­gre­ich! Die Neon­azis sind bis auf ihr let­ztes Aufge­bot zusam­mengeschrumpft und bleiben am 15. Feb­ru­ar ohne Außen­wirkung.“, so Jakob Lupus vom Sprecher*innenrat von Cot­tbus Naz­ifrei!. Unter dem Mot­to „Cot­tbus für Alle“ zogen am Mon­tagabend bis zu 1500 Men­schen durch Cot­tbus bis zum Staat­sthe­ater. Anschließend beteiligten sich um die 800 von ihnen an ein­er Shut­tle-Demon­stra­tion zur Kundge­bung von Cot­tbus Naz­ifrei! in Hör- und Sichtweite der Neonazi-Kundgebung.
„Es ist wichtig, der Geschichtsverkürzung und den Opfermythen der NPD ent­ge­gen zu hal­ten, dass der 2. Weltkrieg von deutschem Boden aus­ging. Auch in Cot­tbus gab es Ver­brechen, und Kriegs­ma­te­r­i­al wurde pro­duziert. Die ver­heerend­sten Schä­den auf dem Bahn­hof­s­gelände wur­den durch einen explodieren­den Muni­tion­szug angerichtet.“, so Lupus weiter.
In Zukun­ft wollen wir den 22. April 1945, als Tag der Cot­tbuser Befreiung vom Faschis­mus, in den Mit­telpunkt der städtis­chen Gedenkpoli­tik stellen. Anhand dieses Tages kön­nen Täter*innen, Opfer und Wider­stand während der NS-Zeit klar benan­nt wer­den. Wir weisen aber auch darauf hin, dass diese Befreiung noch längst nicht abgeschlossen ist. Ele­mente des Faschis­mus, wie Nation­al­is­mus, Anti­semitismus und Ras­sis­mus erstarken europaweit und sind in Deutsch­land mit dem Auf­stieg der
AfD und PEGIDA beson­ders spürbar.
Der 22. April 1945 hat uns gezeigt, dass wir dem Faschis­mus nicht ohn­mächtig gegenüber ste­hen. Dieser Tag hat uns die Chance für eine friedliche Zukun­ft eröffnet. Es liegt heute an uns eine Zukun­ft ohne Krieg und Faschis­mus zu gestalten.
Weit­ere Fotos des Tages

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Antifaschismus Geschichte & Gedenken

Website ‘Todesopfer rechter Gewalt in Brandenburg’ vollständig überarbeitet

Uns ist es wichtig, an die Todes­opfer rechter Gewalt zu erin­nern und sie nicht zu vergessen. Sie alle waren Men­schen mit Träu­men und Zie­len, waren Fre­unde, Brüder oder Fam­i­lien­väter, die plöt­zlich aus dem Leben geris­sen wur­den, weil die Täter men­schen­ver­ach­t­ende Ein­stel­lun­gen verin­ner­licht hat­ten“, betont Judith Porath von der Opferperspektive.
Am 15. Feb­ru­ar 1996 wurde Sven Beuter, ein schmächtiger Punk, in Bran­den­burg an der Hav­el von dem stäm­mi­gen recht­en Skin­head Sascha L. zu Tode geprügelt. Behör­den hat­ten die Tat zunächst als rival­isierende Jugendge­walt ver­harm­lost, heute erin­nert ein Gedenkstein am Angriff­sort an Sven Beuther.
Die Web­site www.todesopfer-rechter-gewalt-in-brandenburg.de stellt ein­dringlich die Schick­sale von Sven Beuter und ander­er Todes­opfer dar und informiert über die Tathergänge und die Ergeb­nisse der Gerichtsver­fahren. Lokale Gedenk­ini­tia­tiv­en und Bran­den­burg­er Gedenko­rte wer­den vorgestellt, eben­so wer­den umfan­gre­iche Hin­ter­grund­in­for­ma­tio­nen zu der poli­tis­chen Debat­te über die fehlende staatliche Anerken­nung viel­er Todes­opfer rechter Gewalt geliefert. Hin­weise auf Pub­lika­tio­nen und Down­loads von Broschüren sowie Bilder und Filme ergänzen das Inter­ne­tange­bot. Die Web­site ist für die Nutzung mit mobilem Endgeräten optimiert.
In die Über­ar­beitung der Web­site und die Neube­w­er­tung einzel­ner Todes­fälle flossen neue Infor­ma­tio­nen ein, die erst im Rah­men der Studie des Moses-Mendelssohn Zen­trum der Uni­ver­sität Pots­dam „Todes­opfer recht­sex­tremer und ras­sis­tis­ch­er Gewalt in Bran­den­burg (1990–2008)“ 2015 öffentlich bekan­nt wurden.
Der neue Webauftritt ist Son­ntag, 14. Feb­ru­ar 2016 ab 16 Uhr online.

Inforiot