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Antifaschismus Geschichte & Gedenken jüdisches Leben & Antisemitismus

Stadtwerke wollen keine Erinnerung an Reichspogromnacht

Am Fre­itag den 9. Novem­ber jähren sich die Novem­ber­pogrome der Nazis zum 80. Mal. Um diesem his­torischen Ereig­nis angemessen zu gedenken wurde ein Bünd­nis ver­schieden­er Grup­pen und Einzelper­so­n­en gegrün­det. Aber nicht nur das Gedenken an Ver­gan­ge­nes ist das Ziel des Bünd­niss­es, son­dern auch zu verdeut­lichen, dass diese Ver­gan­gen­heit bis heute nach­wirkt, auf unser alltäglich­es Leben Auswirkun­gen hat und keines­falls ein­fach abgeschlossen ist. Auch in Pots­dam kam es z.B. zu Ver­haf­tun­gen von Jüdin­nen und Juden, die Syn­a­goge wurde ver­wüstet und eben­so der jüdis­che Fried­hof. Die Opfer waren Potsdamer*innen und die Täter*innen eben­so. Diesen Fakt woll­ten wir den Büch­ern und Akten entreißen und auf der Straße sicht­bar machen. Nicht nur für die über 50 Per­so­n­en die alljährlich an der Gedenk­feier am Mah­n­mal für die Opfer des Faschis­mus teil­nehmen, son­dern für alle Potsdamer*innen. Deshalb planten wir, nach his­torisch­er Recherche in Archiv­en und Bib­lio­theken, Plakate aufzuhän­gen um Orte zu kennze­ich­nen die exem­plar­isch einen Ein­blick in die Ver­gan­gen­heit ermöglichen. Es soll­ten „Orte der Täter*innen“ und „Orte der Opfer“ gekennze­ich­net werden.

Nun stellen sich die Pots­damer Stadtwerke quer. Ihre Lat­er­nen seien nicht dafür da zusät­zliche Plakate oder Schilder anzubrin­gen. Schreiben sie und lassen regelmäßig Wahlplakate von der SPD bis zur AfD zu. Dieses geschichtsvergessene Ver­hal­ten find­en wir skandalös!

Dazu sagt Melyssa Diedrich von der EAP: „Es scheint in diesem stadteige­nen Unternehmen wed­er Anstand noch auch nur ein Fünkchen his­torischen Sachver­stand zu geben. Im näch­sten Jahr wer­den wir die Pots­damer Stadtwerke ver­stärkt in den Fokus nehmen. Und zwar nicht nur als ‚Ort der Täter*innen‘ son­dern als ein­er der Prof­i­teure der sys­tem­a­tis­chen Aus­beu­tung von Men­schen durch die Nazis“.

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(Anti)militarismus Geschichte & Gedenken

20 Jahre Deserteurdenkmal Bernau

Kriegs­di­en­stver­weigerung und Deser­tion heute, Geflüchtete berichten
Ver­anstal­tung am 12. Okto­ber 2018, 19:00 Uhr.
Seit 20 Jahren ste­ht direkt an der Bernauer Stadt­mauer ein Deserteurdenkmal:

Von User:Dabbelju – Eigenes Werk, CC BY-SA 3.0, https://commons.wikimedia.org/w/index.php?curid=853613

„Gewid­met allen Deser­teuren und Verweigerern,
deren Heimat die Mut­ter Erde ist,
die im Feind den Men­schen­brud­er erkennen,
die statt auf Gen­eräle auf den Befehl ihres Gewis­sens hören,
die nicht an Ide­olo­gien, son­dern am Leben hängen,
deren Angst klein­er als ihre Liebe ist.“

Am 12. Okto­ber um 19:00 Uhr möcht­en wir uns bei allen Deser­teuren und Ver­weiger­ern bedanken für ihren Mut und für ihren Beitrag für den Frieden. Wir wollen der Men­schen gedenken, die ermordet wur­den, weil sie sich dem Krieg ver­weigerten. Und wir wollen unsere Sol­i­dar­ität zeigen mit Men­schen, die sich auch heute noch mit Deser­tion und Ver­weigerung dem Krieg entziehen.
Anschließend (19:30 Uhr) laden wir zu einem Gesprächsabend in den Klub am Stein­tor (Berlin­er Str. 1) ein. Deser­teure aus Eritrea und Syrien, die im Barn­im leben, wer­den bericht­en über ihre Ver­weigerung und was es bedeutet als Geflüchtete in Deutsch­land zu leben.
Her­zliche Ein­ladung! Ini­tia­tivkreis Deser­teur­denkmal und Net­zw­erk für Weltof­fen­heit Bernau

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Antifaschismus Geschichte & Gedenken

Der Rudolf Heß-Marsch – Comeback eines Nazievents?

Erneut mobil­isieren Neon­azis bun­des- und europaweit nach Berlin-Span­dau um dem Hitler­stel­lvertreter Rudolf Heß in Berlin zu gedenken. Der Erfolg
der AfD und die damit ver­bun­de­nen schlecht­en Wahlergeb­nisse viel­er Nazi­parteien, machen Nazi­großevents wie im säch­sis­chen Ostritz zur
logis­chen Kon­se­quenz für NPD und Co: Für die eigene Finanzierung und den Schul­ter­schluss des mil­i­tan­ten Nazis­pek­trums. Der Auf­marsch in Spandau
ist Teil dieser Strate­gie und ste­ht in ein­er Lin­ie mit der­lei Nazi­großver­anstal­tun­gen. Diesem Spek­trum bleibt nur das offene
Propagieren und gewalt­tätige Ausüben ihrer NS-Ide­olo­gie, wenn es nicht an Bedeu­tung ver­lieren will. Dies birgt eine enorme Gefahr. Schon kurz
nach dem Heß-Auf­marsch 2017 wurde die Mobil­isierung in der Naziszene als Erfolg ver­bucht, da es den Veranstalter*innen gelun­gen war Parteien wie
Die Rechte, die NPD, den III. Weg und Kam­er­ad­schaften auf diesem Auf­marsch-Event zu einen. Mit der Wieder­bele­bung der Heß-Märsche droht
erneut ein neo­faschis­tis­ch­er Großauf­marsch zum jährlichen erin­nerungspoli­tis­chen Rit­u­al der NS-Szene zu wer­den. Dies müssen wir
ver­hin­dern – zusam­men und mit unter­schiedlichen Mitteln!
Mi. 01. August 2018: 19 Uhr, Horte, Peter-Göring-Str. 25, Strausberg
Do. 09. August 2018: 19 Uhr, La Datscha, Am Babels­berg­er park 15, Potsdam
Referent*innen:
Bünd­nis “NS-Ver­her­rlichung stoppen!”
http://nsverherrlichungstoppen.blogsport.eu/

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Antifaschismus Geschichte & Gedenken jüdisches Leben & Antisemitismus

Solidaritätsplakat für Holocaustleugnerin entfernt

Fotos: Pri­vate Zusendung
Ein aufmerk­samer Bürg­er bemerk­te gegen 9.45 Uhr eine beschrifte weiße Stoff­fläche an einem Gelän­der der Bahn­hal­testelle Nauen. Auf dem Ban­ner forderten Unbekan­nte die „Frei­heit“ für die recht­skräftig verurteilte Holo­caustleugner­in Ursu­la Haver­beck. Der Bürg­er ent­fer­nte geis­tes­ge­gen­wär­tig die Stoff­fläche mit dem Slo­gan und über­gab diese, nach eige­nen bekun­den, der Polizei.
Ein­er weit­eren Per­son soll das Ban­ner eben­falls aufge­fall­en sein. Diese sprach außer­dem von ähn­lichen Pro­pa­gan­damit­teln in der Innen­stadt und an Schulen. Eine erste Erkun­dung kon­nte weit­ere Aktiv­itäten der unbekan­nten Haver­beck-Sym­pa­thisieren­den jedoch nicht bestätigen.
Es ist allerd­ings nicht das erste mal, dass sich in der Region mit der inhaftierten Holo­caustleugner­in sol­i­darisiert wird. Erst im März forderten Neon­azis im Rah­men ein­er unangemelde­ten Ver­samm­lung auf einem Kaser­nen­gelände in Wuster­mark OT Elstal die Freilas­sung von Haverbeck.
In Dort­mund (Nor­drhein-West­falen) beab­sichti­gen Neon­azis im Laufe des heuti­gen Tages zudem mehrere Mah­nwachen für die u.a. wegen Volksver­het­zung Verurteilte durchzuführen.
Haver­beck gilt als Sym­bol­fig­ur des bun­desweit aktiv­en neon­azis­tis­chen Milieus.

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Antifaschismus Geschichte & Gedenken

Gedenken an Erich Mühsam

Erich-Mühsam
Am 10. Juli 1934 wurde der Schrift­steller Erich Müh­sam im Konzen­tra­tionslager in Oranien­burg von SS-Wach­män­nern ermordet. Aus diesen Anlass ver­anstal­ten wir eine Gedenkdemon­stra­tion durch Oranien­burg um Müh­sam zu gedenken und um sein Ver­mächt­nis als Antifaschist, Anar­chist und Freigeist am Leben zu erhal­ten. Heute, 84 Jahre später haben wir wieder eine Recht­spop­ulis­tis­che Partei im Bun­destag und Ras­sis­mus, Anti­semitismus, Nation­al­is­mus find­en wieder nahrhaften Boden und ebnen den Weg für jene men­schen­ver­ach­t­ende Ide­olo­gie die Müh­sam zu bekämpfen ver­suchte. Wir wollen es ihm gle­ich­tun und den Kampf weit­er­führen gegen all jene die ver­suchen Hass, Zwi­etra­cht und Ver­ach­tung zu sähen — Es ist noch nicht vorbei
 
In Oranien­burg und Umge­bung brodelt es wieder! Oranien­burg besitzt seit Jahren eine starke, organ­isierte Neon­aziszene, die Rück­endeck­ung hat durch die lokale NPD-Struk­tur. In Ober­hav­el hat die NPD 6 Man­date inne und ist damit kom­mu­nal am stärk­sten vertreten in Bran­den­burg. Let­ztes Jahr war in mehreren Orten in Ober­hav­el zu Drachen­bootren­nen das Team Pro­jekt Hab­u­la-Furor Teu­ton­i­cus ange­treten zu Deutsch Ger­man­is­che Wut. Die meis­ten Mit­glieder des Teams sind Mit­glieder der NPD oder der JN (Junge Nation­aldemokrat­en), ein­er von ihnen ist Robert Wollins­ki Stadtverord­neter für die NPD in Vel­ten. Der Name für das Team scheint nicht zufäl­lig gewählt, es war auch das Mot­to eines Recht­srock­onz­ert der “Märkischen Skin­heads 88” MS88. Bei den MS88 han­delt es sich um ein Label das bun­desweit Rechts Rock-Konz­erte organ­isiert mit Bands die Verbindun­gen zu den ver­bote­nen “Blood&Honour”-Strukturen und zum NSU-Umfeld haben, Wollinksi stellt in diesem Label eine Schlüs­selfig­ur dar. Mit diesem Team wird der Ver­such unter­nom­men öffentliche Ver­anstal­tun­gen zu unter­wan­dern und sich selb­st einen bürg­er­lichen Anstrich zu geben und fam­i­lien­fre­undlich aufzutreten. Am 31. März wurde in Hen­nigs­dorf eine 29-jährige Frau ras­sis­tisch und sex­is­tisch belei­digt und ange­grif­f­en zu 6 waren die Angreifer und war­fen ihr auf der Flucht Flaschen hin­ter­her. Da dieser Angriff für Frau nicht schon schlimm genug ist wur­den ihre Schilderun­gen im Face­book-Forum “Hen­nigs­dorf verbindet ” geleugnet und von den Admins gelöscht, weil sie die Schilderun­gen für “Fake-News” hielten.
 
“Zweck mein­er Kun­st ist der gle­iche, dem mein Leben gilt: Kampf! Rev­o­lu­tion! Gle­ich­heit! Frei­heit!” Und genau nach diesem Zweck richt­en wir uns vor allem in Zeit­en wo Rechte The­o­rien und Denken wieder in den Par­la­menten sitzen dür­fen. In Ober­hav­el war die AFD bei der Zweit­stimme die 2. stärk­ste Kraft hin­ter der CDU, deshalb rufen wir auf am 7. Juli nach Oranien­burg zu kom­men um das Ver­mächt­nis Erich Müh­sams wieder zu erweck­en und es in die Köpfe zutra­gen damit neon­azis­tis­che Struk­turen als diese gese­hen und bekämpft wer­den kön­nen, sodass eine antifaschis­tis­che Wider­stand­skul­tur etabliert wer­den kann.
 
Gedenkde­mo: 7. Juli, 14:00 Bahn­hof Oranienburg
Ver­anstal­tung: 30. Juni, 14:00 Bürg­erzen­trum Oranien­burg: Albert-Buch­mann-Straße 17

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(Anti-)Rassismus Antifaschismus Geschichte & Gedenken Law & Order

Remember Antonio Manuel Diogo!

Gedenkver­anstal­tung am 29. Juni 2018, 17 Uhr, Bahn­hof Bad Belzig
Der Vere­in Belziger Forum e.V. ruft zum Gedenken an dem Mosam­bikan­er Anto­nio Manuel Dio­go auf. Tre­ff­punkt ist der 29. Juni 2018 um 17 Uhr am Bad Belziger Bahnhof.
Wer war Manuel Diogo?
Anto­nio Manuel Dio­go wurde in Mosam­bik geboren. Als ein­er von gut 20.000 Mosam­bikan­ern war Dio­go als soge­nan­nter Ver­tragsar­beit­er, zusam­men mit seinem Fre­und Ibraimo Alber­to, in die DDR gekom­men. Der Traum: eine Aus­bil­dung machen und die Fam­i­lie in Mosam­bik unter­stützen. Am 16. Juni 1981 lan­den Alber­to und Dio­go auf dem Flughafen Berlin Schöne­feld. Dort tren­nen sich erst­mal die Wege der bei­den. Manuel Dio­go arbeit­et for­t­an in Coswig bei Dessau in einem Sägewerk.
 
Der 30. Juni 1986
In der Nacht vom 30. Juni 1986 wird eine Leiche auf der Bahn­strecke zwis­chen Belzig und Borne gefun­den. Die einzel­nen Kör­perteile waren über Kilo­me­ter verteilt. Die Trans­port­polizei ver­merkt: „Höhe Bahn­hof Borne wurde männliche Leiche aufge­fun­den. Kopf und Beine abge­fahren. Es han­delt sich um eine Per­son mit dun­kler Haut­farbe“. Es ist Anto­nio Manuel Dio­go. Dieser hat­te in Berlin seinen Fre­und Ibraimo Alber­to besucht und war auf dem Heimweg nach Coswig. Sie hat­ten das Woch­enende zusam­men ver­bracht, mit Fre­un­den Fußball gespielt und bis in die Mor­gen­stun­den getanzt. Alber­to begleit­ete seinen Fre­und Dio­go noch zum Berlin­er Ost­bahn­hof. Laut Recherchen des MDR begeg­nete Manuel Dio­go im Zug auf dem Weg in Rich­tung Dessau ein­er Gruppe Neon­azis. Diese schlu­gen auf Dio­go ein, fes­sel­ten ihr Opfer an den Beinen und ließen ihn langsam aus dem fahren­den Zug auf die Gleise runter. Die Polizei kon­nte die Täter fes­t­nehmen. Die Öffentlichkeit erfährt damals nichts von dem grausamen Ver­brechen. Bei toten Aus­län­dern schal­tete sich in der DDR das Min­is­teri­um für Staatssicher­heit in die Unter­suchun­gen ein und ver­merk­te, Dio­go habe „den Zug während der Fahrt ver­lassen und wurde über­fahren. Hin­weise auf eine Straftat liegen nicht vor”. Der Leich­nam wird nach Mosam­bik über­führt mit dem Ver­merk, den Sarg nicht zu öff­nen. Der Fam­i­lie erzählt man, Dio­go sei bei einem Unfall gestor­ben. Die Ange­höri­gen von Manuel Dio­go erfuhren jahrzehn­te­lang nichts über die wahren Umstände. Infor­ma­tio­nen zu den Tätern und den Strafen liegen auch uns aktuell nicht vor.
 
Kri­tik aus Mosambik
“Wir selb­st haben die Ermit­tlungsergeb­nisse der DDR-Seite in Frage gestellt und waren überzeugt davon, dass es sich anders zutrug, als sie uns erzählt haben”, berichtet Pedro Taimo, damals im Arbeitsmin­is­teri­um von Mosam­bik für die Ver­tragsar­beit­er in der DDR zuständig, dem MDR. Weit­er fordert António Muchanga, der Sprech­er der größten mosam­bikanis­chen Oppo­si­tions­be­we­gung Ren­amo, gegenüber dem MDR: “Ich bin überzeugt, dass die Todes­fälle unser­er Land­sleute noch nicht voll­ständig aufgek­lärt wur­den und da wir nicht wis­sen, ob die Schuldigen bestraft wor­den sind, appel­liere ich an die deutschen Behör­den und an die Bun­desregierung, diese Fälle aufzuk­lären und uns über die Ergeb­nisse der Ermit­tlun­gen zu informieren.”
 
Aufk­lärung und Gedenken
Der Vere­in Belziger Forum e.V. sieht die Aufk­lärung und das Gedenken an Opfer ras­sis­tis­ch­er Gewalt seit vie­len Jahren als eine zen­trale Auf­gabe an. Hier sei an die zahlre­ichen Aktio­nen zum Fall Belaid Bay­lal erin­nert. Klares Ziel unser­er Arbeit in den näch­sten Jahren wird sein, Infor­ma­tio­nen zu Anto­nio Manuel Dio­go zusam­men­zu­tra­gen und eine passende Form des Gedenkens zu entwick­eln. Darüber hin­aus teilen wir die berechtigte Kri­tik aus Dio­gos Heimat Mosam­bik. Fälle wie der Mord an Anto­nio Manuel Dio­go müssen voll­ständig aufgek­lärt und die Schuldigen bestraft wer­den. https://www.facebook.com/events/177499126269883/

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(Anti-)Rassismus Antifaschismus Geschichte & Gedenken jüdisches Leben & Antisemitismus Law & Order

Polnische Nationalist_innen provozieren erneut in Ravensbrück!

Auf­forderung an die Mahn- und Gedenkstätte Ravens­brück endlich zu handeln!
Seit den let­zten Jahren wer­den die Feier­lichkeit­en zum Gedenken an die Befreiung des Frauenkonzen­tra­tionslagers Ravens­brück immer mas­siv­er von pol­nis­chen Nationalist_innen gestört. So auch dieses Jahr am 22. April 2018. Nation­al­is­tis­che Sym­bole auf Arm­binden paramil­itärisch­er Klei­dung, Fah­nen und Ban­nern wer­den (nicht nur) von aggres­siv­en jun­gen Män­nern offen getra­gen. Wie berech­nend sie diese Sym­bo­l­ik ein­set­zen, zeigt unter anderem das punk­t­ge­naue Auf­tauchen ein­er Flagge der Nar­o­dowe Sily Zbro­jne (Nationale Stre­itkräfte, NSZ) zu Beginn des jüdis­chen Kad­disch-Gebets. Diese Organ­i­sa­tion ist für die Ermor­dung von Jüd_innen und Kommunist_innen sowie für ihre Kol­lab­o­ra­tion mit den Deutschen während und nach dem Zweit­en Weltkrieg bekannt.
Zwar beschwor die Gedenkstät­ten­lei­t­erin Insa Eschebach auch in ihrer diesjähri­gen Rede eine Europäisierung des Gedenkens. Doch statt den vielfälti­gen (National-)Fahnen früher­er Jahre, die die Herkun­ft der Häftlinge des Konzen­tra­tionslagers kennze­ich­neten, ste­ht sie jet­zt nur noch einem Meer von pol­nis­chen Fah­nen gegenüber. Schon in den Vor­jahren waren sowohl Mitarbeiter_innen der Mahn- und Gedenkstätte als auch Besucher_innen am Rand der Gedenkver­anstal­tung mas­siv bedro­ht, beschimpft und abfo­tografiert wor­den. In diesem Jahr ist die Sit­u­a­tion jedoch auf der Gedenkver­anstal­tung selb­st eskaliert: Mehrere pol­nis­che Nationalist_innen stell­ten sich demon­stra­tiv direkt vor das Ban­ner der Lagerge­mein­schaft Ravensbrück/Freundeskreis, um dieses sowie die dazuge­hören­den antifaschis­tis­chen Flaggen zu verdeck­en. Die Gruppe der Nationalist_innen wurde immer größer, ihr Auftreten war bedrohlich. So fotografierten sie ständig die Gesichter der­jeni­gen, die um das Ban­ner der Lage rge­meins chaft Ravensbrück/Freundeskreis standen. Als sie von Besucher_innen aufge­fordert wur­den, ihre nation­al­is­tis­chen Trans­par­ente wieder einzurollen und etwas weit­er wegzuge­hen, reagierten sie laut und aggres­siv und es kam fast zu Hand­grei­flichkeit­en. Das Auftreten der pol­nis­chen Nationalist_innen – nicht nur bei diesem Zwis­chen­fall – hat die Gedenk­feier so mas­siv gestört, dass für viele ein Gedenken nicht mehr möglich war.
Einige Mitarbeiter_innen der Mahn- und Gedenkstätte Ravens­brück ver­sucht­en spon­tan, in die anges­pan­nte Sit­u­a­tion einzu­greifen, um Schlim­meres zu ver­hin­dern. Ein Han­deln der Mahn- und Gedenkstätte von offizieller Seite blieb jedoch aus. Nach den Erfahrun­gen der let­zten Jahre hat­te die Mahn- und Gedenkstätte im Vor­jahr angekündigt, eine Strate­gie zum Umgang mit diesem immer mas­siv­eren Prob­lem entwick­eln zu wollen. Doch das ist anscheinend nicht passiert. Im Gegen­teil: Sog­ar der kleine Ver­merk auf der Ein­ladung im Vor­jahr, dass nation­al­is­tis­che Sym­bole auf der Gedenk­feier nicht erwün­scht seien, fehlte in diesem Jahr wieder.
Wir fordern die Mahn- und Gedenkstätte Ravens­brück auf:

  • ihre Besucher_innen (ins­beson­dere die Über­leben­den und deren Nachkom­men!) vor recht­en, nation­al­is­tis­chen Bedro­hun­gen zu schützen und eine Atmo­sphäre zu schaf­fen in der ein Gedenken möglich ist.
  • sich ein­deutig gegen Nation­al­is­mus sowie Anti­semitismus und Ras­sis­mus in all ihren Aus­prä­gun­gen zu positionieren.
  • endlich eine umfassende Strate­gie zu entwick­eln, um zukün­ftig Pro­voka­tio­nen von Nationalist_innen zu verhindern.
  • schon bei der Ein­ladung zur Gedenk­feier klar zu machen, dass nation­al­is­tis­che Sym­bole uner­wün­scht sind.
  • von ihrem Haus­recht Gebrauch zu machen und Nationalist_innen vom Gelände der Mahn- und Gedenkstätte zu ver­weisen, wenn sie ihre Pro­voka­tio­nen (durch entsprechende Sym­bole und ihr Ver­hal­ten) nicht einstellen.
  • ihre Ein­ladungspoli­tik so zu gestal­ten, dass kri­tis­che und fortschrit­tliche Stim­men mehr Gehör bekom­men und nicht Vertreter_innen ein­er reak­tionären, repres­siv­en, recht­en Poli­tik weit­er gestärkt werden.

Wir find­en es notwendig mit der Mahn- und Gedenkstätte Ravens­brück und anderen, die sich dort engagieren, daran zu arbeit­en, dass Nation­al­is­mus an diesem Ort und im Beson­deren bei den Gedenkver­anstal­tun­gen zukün­ftig keinen Platz mehr hat.
Einige Teil­nehmende aus der Ini­tia­tive für einen Gedenko­rt ehe­ma­liges KZ Uck­er­mark e.V. April 2018

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Antifaschismus Geschichte & Gedenken

Gedenken an Erico Schreiber

In der Nacht zum 28. März 2018 gedacht­en Antifaschist*innen in Frank­furt (Oder) dem Punk Enri­co Schreiber, der vor fünzehn Jahren von Neon­azis in sein­er Woh­nung aus­ger­aubt und getötet wurde. An diversen Plätzen wur­den Kerzen und Fly­er angebracht: 

Wir wollen nicht vergessen — Mord durch Neon­azis in Frank­furt (Oder)
Heute vor 15 Jahren wurde Enri­co “Pun­ki” Schreiber von drei stadt­bekan­nten Neon­azis ermordet. Sie waren zuvor in die Woh­nung seines Fre­un­des einge­brochen, wo sie ihn über­rascht­en. Danach haben sie ihn gefoltert, beraubt, ver­let­zt und dann ster­bend zurück­ge­lassen. Zwar wur­den die Täter zu jahre­lan­gen Haft­strafen verurteilt, ihr men­schen­ver­ach­t­en­des Welt­bild soll allerd­ings bei der Tat keine Rolle gespielt haben. Fol­gerichtig wurde der Mord staatlich­er­seits nicht als Ver­brechen durch Neon­azis eingestuft. Anti­ras­sis­tis­che Ini­tia­tiv­en und Unterstützer*innen der Betrof­fene von Neon­azige­walt beurteilen den Fall anders, für sie stellt die recht­sradikale Welt­sicht der Angreifer eine entschei­dende Voraus­set­zung für die schreck­liche Tat dar. Tat­säch­lich wird die offizielle Ein­stu­fung als Raub­mord dadurch unglaub­würdig, dass die Täter einen Men­schen stun­den­lang ver­prügel­ten und folterten, den sie als “Punker” und “Asozialen” betrachteten.
Immer wieder kommt es zu Angrif­f­en auf Men­schen durch Neon­azis, die von diesen als unpro­duk­tiv, faul und nut­z­los ange­se­hen wer­den. Obdachlose, Punks und Alko­holkranke wer­den von Faschis­ten als min­der­w­er­tig ange­se­hen und aus­ge­gren­zt, ange­grif­f­en und sog­ar ermordet. Die Vorstel­lung, der Wert eines men­schlichen Lebens würde sich an dessen Arbeit­sleis­tung definieren, ist allerd­ings bis wein in den Main­stream hinein ver­bre­it­et. Neon­azis­tis­che Angriffe ste­hen in diesem Sinne nicht gegen dominierende gesellschaftliche Trends, son­dern befind­en sich eher im Fahrwass­er der kap­i­tal­is­tis­chen Leis­tungs­ge­sellschaft. Zumin­d­est zum Teil kön­nen sich Neo­faschis­ten so als Voll­streck­er des Mehrheitswil­lens fühlen, wenn sie ver­meintlich “unpro­duk­tive” oder “leis­tungss­chwache” Men­schen angreifen. Einem solchen Denken gilt es sich entschlossen ent­ge­gen­zustellen, egal ob Men­schen ver­bal abgew­ertet oder kör­per­lich ange­grif­f­en werden.
In Frank­furts jüng­ster Geschichte ist recht­en und neon­azis­tis­ches Denken und Han­deln lei­der eine Kon­stante. Anfang der Neun­ziger Jahre sind die ersten pol­nis­chen Reise­busse aus ein­er ras­sis­tis­chen Gruppe her­aus mit Steinen bewor­fen wor­den. Neon­azis verabre­de­ten sich, um gewalt­tätige Angriffe auf Men­schen aus Polen durchzuführen. Punks, Obdachlose und Antifaschist*innen gehörten zum Feind­bild der Neon­azis und wur­den regelmäßig bru­tal ange­grif­f­en. Dem Mord an Pun­ki fol­gte ein Jahr darauf ein Angriff von acht Neon­azis auf einen Asyl­be­wer­ber, den dieser nur mit Glück über­lebte, nach­dem er tage­lang im Koma gele­gen hat­te. Im Spät­som­mer 2004 ent­führten Neo­faschis­ten einen alko­holkranken Men­schen, folterten und verge­waltigten ihn stun­den­lang in ein­er Woh­nung in Neu­bere­sienchen. Diese Angriffe schock­ierten die städtis­che Öffentlichkeit und führten zu großen und entschlossen antifaschis­tis­chen Demon­stra­tio­nen. An der Dauer­präsenz neon­azis­tis­ch­er Sym­bo­l­ik im Stadt­bild und der laten­ten Gefahr rechter Angriffe kon­nten auch sie allerd­ings nicht viel ändern.
In den fol­gen­den Jahren gab es vielfältige Neon­azi­ak­tio­nen. Im Umfeld des Frank­furter Fußbal­lvere­ins bildete sich eine große und angriff­s­lustige rechte Hooli­gan­szene. Diese wurde von neon­azis­tis­chen Aktivis­ten aus dem Umfeld der freien Kam­er­ad­schafts­be­we­gun­gen zu poli­tisieren ver­sucht. Immer wieder kam es zu gewalt­täti­gen Über­grif­f­en durch Leute aus dem Umfeld, beson­ders gehäuft im Rah­men von Fußball­welt- und Europameis­ter­schaften, bei denen vielfach nicht-deutsche Fans attack­iert wor­den sind.
In der jüng­sten Ver­gan­gen­heit machte die ras­sis­tis­che Gruppe “Frank­furt (Oder) wehrt sich” Stim­mung gegen ein Kli­ma von Sol­i­dar­ität und Willkom­men­skul­tur. Den von dieser Gruppe organ­isierten Aufmärschen stell­ten sich immer wieder Men­schen ent­ge­gen, die damit sowohl sym­bol­isch, als auch prak­tisch die Stadt nicht ras­sis­tis­chen und neon­azis­tis­chen Akteuren über­lassen haben. Auch wenn eine starke und gewalt­tätige Neon­aziszene in Frank­furt seit der Wende zum Stadt­bild gehört, es gab auch immer eine Tra­di­tion des Wider­standes gegen solche ras­sis­tis­chen und men­schen­ver­ach­t­ende Werte und Tat­en. So ist es aktiv­en Antifaschist*innen und ihrem Engage­ment zu ver­danken, dass die Sit­u­a­tion nicht noch schlim­mer ist. Von Seit­en der Stadt und viel­er Men­schen wird das Prob­lem allerd­ings bis heute kaum aus­re­ichend ernst genom­men und oft­mals lei­der auch ver­harm­lost. Dabei spie­len die Image­gründe eine Rolle: Nichts soll unter­nom­men wer­den, was dem Wirtschafts­stan­dort schaden und eventuelle Inve­storen abschreck­en kön­nte. Passt es doch, sind Amtsträger*innen und Autoritäten oft schnell dabei, die Prob­leme mit Ras­sis­mus und Nazige­walt kleinzure­den und zu ver­harm­losen. Auch das Morde als “unpoli­tisch” klas­si­fiziert wer­den, ist Teil ein­er solchen Strate­gie der Ver­harm­lo­sung und Verblendung.
Auch wenn nach zahlre­ichen erfol­gre­ichen antifaschis­tis­chen Gegen­mo­bil­isierun­gen derzeit keine recht­en Aufmärsche stat­tfind­en, wer­den regelmäßig Leute aus ras­sis­tis­chen und sozial­dar­win­is­tis­chen Motiv­en belei­digt und ange­grif­f­en. Für uns ste­ht fest, dass wir nicht wegschauen oder schweigen wollen, wenn Freund*innen und Mit­men­schen von Neon­azis erniedrigt und ange­grif­f­en wer­den. Geflüchtete und Men­schen, die Hil­fe brauchen, anzu­greifen, ist feige und man­i­festiert ein poli­tisch-wirtschaftlich­es Sys­tem, für das Kap­i­talver­w­er­tung die ober­ste Maxime ist. Diese an Kap­i­tal­in­ter­essen ori­en­tierte Poli­tik führt zu glob­aler sozialer Ungerechtigkeit, Leitungszwang und Armut. Daran trägt kein Flüchtling und kein Obdachlos­er Schuld, son­dern das poli­tis­che und wirtschaftliche Sys­tem. Deut­lich­er sozialpoli­tis­ch­er Aus­druck dieser Agen­da was die Durch­führung der Hartz‑4 genan­nten Arbeits­mark­tre­form, die die Schaf­fung eines riesi­gen Niedriglohnsek­tor ermöglicht­en, von dem die deutsche Wirtschaft bis heute sehr prof­i­tiert. Die men­schlichen Fol­gen für die Gesellschaft, etwa die massen­hafte Zunahme von Armut und sozialer Aus­gren­zung, wer­den heute kaum noch im poli­tis­chen Main­stream disku­tiert. Wer nach unten tritt und andere aus­gren­zt, beteiligt sich damit am Erhalt des Bestehenden.
Wir stellen uns gegen Aus­beu­tung, Ungerechtigkeit und Herrschaft pro­duzieren­des poli­tis­ches und wirtschaftlich­es Sys­tem und ste­hen dafür ein, in ein­er pos­i­tiv­en Weise Per­spek­tiv­en für ein besseres Leben für alle Men­schen zu erkun­den. Solange Ras­sis­ten und Neon­azis ihre men­schen­ver­ach­t­ende Pro­pa­gan­da auf die Straße tra­gen, wer­den wir uns Ihnen in den Weg stellen. Seid auch ihr dabei, mis­cht euch ein wenn ihr mit­bekommt, dass Leute aus ras­sis­tis­chen, homo­phoben, sex­is­tis­chen, anti­semi­tis­chen und anderen Grün­den angemacht oder ange­grif­f­en wer­den. Zeigt Empathie und sol­i­darisiert euch mit den Betroffenen!
Für eine sol­i­darische Gesellschaft und ein schönes Leben für alle!
Weit­ere Infor­ma­tio­nen zum Mord an Enri­co “Pun­ki” Schreiber:
www.opferpespektive.de / www.todesopfer-rechter-gewalt-in-brandenburg.de

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Antifaschismus Geschichte & Gedenken

Buch- und Veranstaltungstipp „Als ich mit Hitler Schnapskirschen aß”

Roman von Man­ja Präkels (Ver­brech­er Ver­lag 2017)
…oder wie es sich in ein­er bran­den­bur­gis­chen Kle­in­stadt aufwach­sen lässt, umgeben von der plöt­zlichen Per­spek­tivlosigkeit nach dem Mauer­fall und der zunehmenden Faschisierung der Freund*innen der Kindheit.
 
Mimis Fre­und Oliv­er, mit dem sie sich früher mit Schnap­skirschen der Eltern betrank, wird Anfang der 1990er Jahre zum Anführer ein­er recht­en Schläger­gruppe. Von den Glatzen und Seit­en­schei­t­el tra­gen­den Jungs als „Zeck­en“ beschimpft und bedro­ht, ver­suchen Mimi und ihre Freund*innen sich durchzuschla­gen. Eine Menge Alko­hol und gemein­sam ver­brachte Nächte in den Jugendz­im­mern scheinen hier und da die Auseinan­der­set­zung mit sich und den eige­nen näch­sten Schrit­ten zu ver­drän­gen. Und als ihr Fre­und „Krischi“ 1992 bei einem Dis­cothekbe­such getötet wird, scheinen die einzi­gen Optio­nen der Wegzug nach Berlin zu sein oder den Kampf gegen die Neon­azis weit­er zu führen, der schein­bar nicht gewon­nen wer­den kann.
 
Ungeschminkt und mit auto­bi­ografis­chen Anteilen schafft es Man­ja Präkels in ihrem Roman der Leser*innenschaft nahe zu brin­gen, was es bedeutet, in ein­er Kle­in­stadt mit „No-Go-Areas“ zu leben, Freund*innen durch Neon­azige­walt zu ver­lieren und mit der ständi­gen Angst vor dem näch­sten Angriff aus dem Haus zu gehen.
 
Ger­ade ein­er ursprünglich aus West­deutsch­land kom­menden Leser*innenschaft, wird durch das Buch das Entste­hen des poli­tis­chen Macht­vaku­ums nach der Wende sowie das Beset­zen dieses durch rechte Struk­turen verdeut­licht. So nah die Geschichte und Charak­tere einem als Per­son, die heute eben­falls in ein­er bran­den­bur­gis­chen Kle­in­stadt lebt, im Laufe des Buch­es wer­den, leben wir den­noch in ein­er anderen Zeit. Antifaschis­tis­che und zivilge­sellschaftliche Grup­pen organ­isieren sich und gehen auf die Straße, um gegen Ras­sistIn­nen und Nation­al­istIn­nen zu demonstrieren.
 
Das Buch von Man­ja Präkels ergänzt bere­its existierende wis­senschaftliche Artikel, Inter­views und Tagungs­bände, zur Aufar­beitung der Faschisierung in den 90er Jahren in Ost­deutsch­land, um eine emo­tionale Ebene. Staat und Polizei haben über Jahre weggeschaut und die sich radikalisierende rechte Szene als ran­dalierende Jugendliche abge­tan. So laufen auch heute noch unges­traft neon­azis­tis­che TäterIn­nen von damals herum. Das Buch schafft es, die Betrof­fe­nen der Gewalt in den Fokus zu rück­en und ihre Geschichte sicht­bar zu machen.
 
Wie auch in dem Fall von „Krischi“. Bei „Krischi“ han­delt es sich um Ingo Lud­wig, dem das Buch gewid­met ist und dessen Tod Präkels als Zeu­g­in in dem Roman beschreibt. Ingo Lud­wig ist eines der vie­len Todes­opfer rechter Gewalt, die keine Erwäh­nung find­en in der offziellen Zäh­lung der Bun­desregierung zu Opfern rechter Gewalt nach 1990. Als das Moses Mendelssohn Zen­trum Pots­dam im Auf­trag des Bran­den­burg­er Innen­min­is­teri­ums von 2013 bis 2015 rund zwei Dutzend Ver­dachts­fälle rechter Gewalt mit Todes­folge näher unter­suchte, zählte der Fall von Ingo Lud­wig nicht dazu. So sei eine Unter­suchung nicht mehr möglich gewe­sen, weil die Ermit­tlungsak­ten auf­grund der geset­zlichen Bes­tim­mungen  zwis­chen­zeitlich ver­nichtet wor­den waren. Für das Lan­desamt für Ver­fas­sungss­chutz (LfV) war laut ein­er Bun­destagsan­frage von 1994 der Tod von Lud­wig auf einen Trep­pen­sturz zurück­zuführen. Noch bizarrer wird die Geschichte, als der LfV behauptete, Neon­azis wären Lud­wig zur Hil­fe geeilt und hät­ten ihn erst dann ver­prügelt, als er sie beschimpfte. In der Wochen­zeitung Jun­gle World übt Man­ja Präkels an der Darstel­lung des LfV scharfe Kri­tik: „Wenn man die drei flachen Stufen der Dor­fkneipe vor Augen hat und die Pogrom­stim­mung jen­er Jahre in den Knochen, zer­fällt die Geschichte von der hil­fs­bere­it­en Horde Skins.”  (https://jungle.world/artikel/2013/45/48759.html)
 
Während Präkels ein authen­tis­ches Bild der Ereignisse in der Retrope­spek­tive zeich­net, eckt sie bewusst an die aktuelle Lit­er­atur an, die eher ein beschöni­gen­des Bild der, durch die Ver­gan­gen­heit geze­ich­neten, Gegen­wart in Ost­deutsch­land zeich­nen will. Mit dem Buch und der darauf fol­gen­den Berichter­stat­tung löste Präkels einen regel­recht­en Autor*innenstreit zwis­chen ihr und Moritz von Uslar aus. Von Uslar brachte 2010 den Reportage-Roman „Deutsch­bo­den“ her­aus, der später ver­filmt wurde. In dem Roman beg­ibt sich von Uslar nach Zehdenick, und ver­sucht lit­er­arisch einen Ein­blick in eine abge­hängte ost­deursche Prov­inzs­tadt zu geben und porträtiert jene Per­so­n­en heute, die Präkels in in den 1990er Jahren das Leben schw­er gemacht haben. In einem aus­führlichen Spiegel-Artikel wirft Präkels von Uslar verk­lärende Kumpel­haftigkeit vor, mit denen er die gewalt­täti­gen Neon­azis von damals als geläuterte Män­ner darstellt, die heute ein­fach nur zu „kernige Pro­lls“ gewor­den sind.  http://www.spiegel.de/spiegel/moritz-von-uslars-roman-deutschboden-und-die-wirklichkeit-a-1182454.html
 
Was in „Als ich mit Hitler Schnap­skirschen aß“ deut­lich wird: Dies ist nur eine von vie­len Geschicht­en aus ein­er oft unge­hörten Per­spek­tive. Lasst uns ihnen Gehör ver­schaf­fen, die Geschichte ver­ar­beit­en und daraus lernen.
 
Am Don­ner­stag, den 10. Mai ab 20:00 Uhr liest Man­ja Präkels in der Schrein­er­straße 47 beim Bran­den­burg-Abend in Berlin aus ihrem Buch „Als ich mit Hitler Schnap­skirschen aß“ vor.
Eine weit­ere Ver­anstal­tung find­et außer­dem am 22. Mai ab 19:30 in Eber­swalde im Café des Bürg­er­bil­dungszen­trums Amadeu Anto­nio, Puschkin­straße 13 statt.

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Antifaschismus Geschichte & Gedenken

Größte Massenversöhnung aller Zeiten

Kommt nach Pots­dam zur größten Massen­ver­söh­nung aller Zeit­en — der Stadt, in der Täter auch mal ihren Opfern verzeihen!
Das große Fes­ti­val der poli­tis­chen Beliebigkeit: Inspiri­ert vom Gar­nisonkirchen-Ver­söh­nungsaller­lei laden wir alle Men­schen guten Wil­lens ein, sich endgültig zu ver­söh­nen — mit was und wem auch immer. Ob Ladendieb­stahl, Ehe­bruch oder Völk­er­mord: Genug geschmollt, Ver­söh­nung kann so ein­fach sein!
Wir ver­sprechen drama­tis­che Erin­nerungs­fo­tos vor his­torischen Kulis­sen. Kommt nach Pots­dam: Es ist soweit!
Euer Komi­tee für preußis­che Leichtigkeit https://www.facebook.com/KPLPotsdam/
 
Titel: Größte Massen­ver­söh­nung aller Zeiten
Wann: 14. April 2018, 10 — 22 Uhr
Wo: Alter Markt, Potsdam

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