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Dumpf gelaufen

Pren­zlau (ipr) Gestern wurde der 27-jährige arbeit­slose Tem­plin­er Ralf C. vor dem Amts­gericht Pren­zlau wegen ver­suchter Nöti­gung, ver­suchter Sachbeschädi­gung und ver­suchter Kör­per­ver­let­zung im Voll­rausch kostenpflichtig zu sechs Monat­en Haft verurteilt. Die Strafe wurde auf fünf Jahre zur Bewährung aus­ge­set­zt. Zusät­zlich muss Ralf C. 100 Stun­den soziale Arbeit leis­ten und sich in Sucht­ber­atung begeben.

Das Gericht sah es als erwiesen an, dass Ralf C. am Nach­mit­tag des 14. April 2009 den Redak­teur der “Tem­plin­er Zeitung” Horst S. auf einen Park­platz in der Nähe der Redak­tion­sräume vor sich her schub­ste und ver­sucht hat­te, ihn zu schla­gen und seinen Fotoap­pa­rat zu beschädigten. Da der Redak­teur auf sein Foto nicht verzicht­en wollte, zog sich das Ganze etwa 10 Minuten hin bis die Polizei ein­traf und Ralf C. einsammelte.

Vor Gericht bestätigten zwei Zeu­gen, dass bei dem Vor­fall Sätze wie “Willst du damit Leute anscheißen?”, “Tem­plin soll sauber bleiben.” und “Aus­län­der raus!” gefall­en sind. Bei­de Zeu­gen bestätigten auch, dass der Täter stark betrunk­en war, dass er schwank­te, dass er seine Schläge nicht koor­dinieren kon­nte und seine Worte lal­lend her­vor­brachte. Die gerichtsmedi­zinis­che Unter­suchung ergab einen Blutalko­hol­w­ert von 2,61 Promille.

Ralf C., der schon reich­lich Erfahrung mit Verurteilun­gen wegen Trunk­en­heit im Straßen­verkehr gesam­melt hat und dessen let­zter Haf­taufen­thalt am 10.10.2008 endete, zog es vor, sich an nichts zu erin­nern. Immer­hin kon­nte der Richter her­ausar­beit­en, dass Ralf C. im Laufe des Tattages etwa einen Kas­ten Bier getrunk­en hatte.

Der Angeklagte brachte es fer­tig, sich bei Horst S. zu entschuldigen. Eine Entschuldigung, die dieser auch annahm. Ein weit­er­er Plus­punkt in Fra­gen ein­er pos­i­tiv­en Sozial­prog­nose war der Hafen der Ehe, den der Angeklagte in der let­zten Woche glück­lich anges­teuert hat­te. Der Strafrichter wollte daraus nicht gle­ich wieder eine Fern­beziehung machen.

Der Richter fol­gt mit seinem Urteil dem Antrag der Staat­san­wältin. Ralf C. hat­te auf einen Vertei­di­ger verzichtet. Zwei Dinge gab es, die der Richter in sein­er Urteils­be­grün­dung her­vorhob. Ein­mal die latente Aus­län­der­feindlichkeit von Ralf C., und dass dieses Urteil eine let­zte Chance für ihn war. Jede weit­ere Ver­fehlung führe Ralf C. direkt wieder ins Gefängnis.

StGB § 323a Vollrausch

(1) Wer sich vorsät­zlich oder fahrläs­sig durch alko­holis­che Getränke oder andere berauschende Mit­tel in einen Rausch ver­set­zt, wird mit Frei­heitsstrafe bis zu fünf Jahren oder mit Geld­strafe bestraft, wenn er in diesem Zus­tand eine rechtswidrige Tat bege­ht und ihretwe­gen nicht bestraft wer­den kann, weil er infolge des Rausches schul­dun­fähig war oder weil dies nicht auszuschließen ist.

(2) Die Strafe darf nicht schw­er­er sein als die Strafe, die für die im Rausch began­gene Tat ange­dro­ht ist.

(3) Die Tat wird nur auf Antrag, mit Ermäch­ti­gung oder auf Strafver­lan­gen ver­fol­gt, wenn die Rauschtat nur auf Antrag, mit Ermäch­ti­gung oder auf Strafver­lan­gen ver­fol­gt wer­den könnte.

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Brandenburger Modell gegen neue Strategie der “netten Nazis”

Erar­do Raut­en­berg, Gen­er­al­staat­san­walt in Bran­den­burg, hat eine neue Strate­gie recht­sex­tremer Parteien beobachtet. Man stelle sich als “nette Nazis” da, die zu Unrecht von Behör­den ver­fol­gt wür­den, so Raut­en­berg im Deutsch­land­funk. „Dies zeigt die Strate­gie der NPD oder beziehungsweise aller recht­sex­tremer Parteien, die die Erfahrung gemacht haben, dass recht­sex­trem­istisch motivierte Gewalt­tat­en die Bevölkerung abschreck­en und nicht zu Wäh­ler­stim­men führen.“ Man ver­suche daher „ein­er­seits, die Ange­höri­gen gewalt­bere­it­er Grup­pierun­gen an die Parteien zu binden; ander­er­seits ver­fol­gt man aber — und zwar ins­beson­dere die NPD — die Strate­gie, sich gegenüber dem Wahlvolk als “nette Nazis” darzustellen, die hil­fs­bere­it sind und die von den Medi­en und von den Behör­den zu Unrecht ver­fol­gt wer­den“, erk­lärte Raut­en­berg. Diese Strate­gie gehe „eben zum Teil auf“.

Raut­en­berg betonte, Polizei und Jus­tiz räumten der recht­sex­tremen Gewalt in Bran­den­burg höch­ste Pri­or­ität ein. Inzwis­chen sei es auch so, dass von Polizei bis zu den Gericht­en hin schnell reagiert werde. Dies sei ein Grund für den Rück­gang recht­sex­tremer Gewalt. „Der zweite Baustein ist allerd­ings präven­tive Maß­nah­men des Innen­min­is­teri­ums ins­beson­dere gegen Kam­er­ad­schaften, wo sich der bran­den­bur­gis­che Innen­min­is­ter Schön­bohm sehr ver­di­ent gemacht hat.“

Zivilge­sellschaft aktiviert

Zudem, so Raut­en­berg, „und das ist für mich das Wichtig­ste — ist in Bran­den­burg die Zivilge­sellschaft mobil­isiert wor­den. Das war nicht immer so, aber 1997 hat man in Bran­den­burg ein Aktions­bünd­nis gegen Gewalt, Recht­sex­trem­is­mus und Frem­den­feindlichkeit gegrün­det und ein Jahr später das Hand­lungskonzept “tol­er­antes Bran­den­burg”. Ich denke, dass dieses Engage­ment von Bürg­ern gegen Recht­sex­trem­is­mus inzwis­chen Früchte trägt.“

Zu ähn­lichen Ergeb­nis­sen kam das Moses Mendelssohn Zen­trum bei ein­er Tagung. Nach einem Bericht der Pots­damer Neuesten Nachricht­en sei „die Demokratie wehrhafter gewor­den“. Dr. Gideon Botsch vom MMZ habe die extreme Rechte – namentlich die NPD – und ihre Strate­gien und Ziele genauer betra­chtet. In zwei zen­tralen Punk­ten kon­nte er dem­nach zumin­d­est vor­erst Ent­war­nung geben. Es habe keine Verdich­tung von lebensweltlichen nationalen Milieus – etwa soge­nan­nte „ nation­al befre­ite Zonen“ – stattge­fun­den. „Eine räum­liche Dom­i­nanz ist nicht einge­treten“, stellt er fest.

Kein Marsch in die Mitte

Auch habe die Partei nicht den Marsch in die Mitte der Gesellschaft ange­treten, vielmehr beobacht­en die Sozial­wis­senschaftler eine Entkop­pelung vom öffentlichen Leben. Nicht Handw­erk­er, Händler oder andere Vertreter der Bürg­er­schaft hät­ten let­ztlich zur Kom­mu­nal­wahl 2008 auf den Wahllis­ten der NPD ges­tanden, son­dern die üblichen Aktivis­ten, die durch ihr Äußeres und ihre State­ments klar dem recht­en Lager zuzuord­nen waren. „Das nationale Lager schraubt sich aus der Gesellschaft her­aus und genügt sich zunehmend selb­st“. Ein­er­seits also eine erfreuliche Entwick­lung: die extremen Rechte hat es nicht in die Mitte der Gesellschaft geschafft. Ander­er­seits sei aber das Entste­hen ein­er recht­sex­trem-völkischen Gegen­welt zu beobacht­en. Eine nicht unge­fährliche Entwick­lung. Als beson­ders heikel betra­cht­en die Forsch­er dabei, dass zunehmend Kinder in nationalen Jugend­camps rekru­tiert und indok­triniert wür­den. „Das sind die Wäh­ler in zehn Jahren“, warnte Botsch.

Das Abkop­peln der NPD aus der Gesellschaft sieht er laut PNN allerd­ings nicht als Scheit­ern. Die NPD ver­folge hinge­gen eine Wahlkampf­s­trate­gie, „die den Weg in die Mitte der Gesellschaft vor­erst gar nicht sucht.“ Vielmehr konzen­triere sich die Partei auf Wäh­ler­schicht­en, bei denen sie keine Konkur­renz fürcht­en muss: das abge­hängte Prekari­at. Die NPD bewerbe sich in Anlehnung an eine Parole der DDR-Oppo­si­tion als „Partei der Dage­bliebe­nen“, als heimatver­bun­dene Region­al­partei. Die Brisanz dieser Ansprache unter­stre­iche, dass Bran­den­burg mit­tler­weile in einen pros­perieren­den Speck­gür­tel um Berlin und struk­turschwache und teils sog­ar abge­hängte Regio­nen am Rand zer­falle. Das Wäh­lerver­hal­ten sei entsprechend: „Recht­sex­treme Ein­stel­lun­gen sind in Berlin am niedrig­sten, im Umland mod­er­at, und steigen zu den Randge­bi­eten hin an“, so Botsch dem Bericht zufolge.

War­nung vor der DVU

Dirk Wilk­ing vom Mobilen Beratung­steam Bran­den­burg ergänzte die Aus­führun­gen von Gideon Botsch. Er kon­nte bestäti­gen, dass die Ver­suche von Recht­sex­tremen in die ver­schiede­nen Milieus der Zivilge­sellschaft einzu­drin­gen vielfach gescheit­ert seien. Einig war er sich mit Botsch allerd­ings auch, dass die DVU sowohl in Sachen Pop­ulis­mus wie auch Entwick­lung zur Mil­i­tanz nicht unter­schätzt wer­den dürfe. Wilk­ing warnte dem­nach auch davor, dass die NPD ger­ade im ländlichen Raum aktiv sei, da sie dort kaum Konkur­renz im poli­tis­chen Diskurs zu erwarten habe. Eine Tagung­steil­nehmerin aus Guben wusste nach Angaben der PNN davon zu bericht­en, dass Jugendliche aus einem Prob­lemvier­tel des Ortes regelmäßig von Rechts­gerichteten zu Schießübun­gen mitgenom­men wür­den. Wilk­ing hält es für äußerst brisant, dass soziale Rand­m­i­lieus von der Poli­tik vergessen wür­den. „Dort sind Ange­bote nötig“, forderte er.

Dass genau darin ein Kern des Prob­lems liegt, deutete der Sozial­forsch­er Diet­mar Sturzbech­er von der Uni Pots­dam an. Regelmäßig unter­sucht er Ein­stel­lun­gen und Moti­va­tio­nen der Jugendlichen in Bran­den­burg. Eines sein­er Ergeb­nisse: Gewalt­bere­ite Jugendliche mit recht­sex­tremen Ein­stel­lun­gen kom­men häu­fig aus Fam­i­lien mit beson­ders hohem Zusam­men­halt, in denen allerd­ings auch geprügelt wurde. „Es scheint so, als wür­den diese Jugendlichen in den recht­en Grup­pen sowohl Zusam­men­halt als auch Gewalt­tätigkeit suchen“, sagte Sturzbech­er. Die Ergeb­nisse sein­er let­zten Quer­schnittsstudie lassen allerd­ings auch etwas Hoff­nung zu. Dem­nach lag der Höhep­unkt der Gewalt­bere­itschaft in der Mitte der 90er Jahre. 2005 war die Bere­itschaft von Jugendlichen, sich gegen Gewalt zu engagieren, merk­lich angestiegen. „Das ist eigentlich das beste Ergeb­nis, sagte Sturze­bech­er. Die Zahl der­jeni­gen, die gegen Gewalt etwas sagen wachse. „Und das ist ein Teil der Problemlösung.“

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Law & Order

Hinweise des EA Potsdam zur Freiräume-Demo am 6. Juni

Der EA wird am 06.06. ab 15.00 Uhr unter der Tele­fon­num­mer 0331 95 10 714 geschal­ten sein.

 

Es ist wichtig allen Teil­nehmerIn­nen die Funk­tion des EA im Vor­feld kurz zu erläutern, damit allen, die an diesem Tag möglicher­weise in Gewahrsam genom­men wer­den oder andere Repres­sions­for­men erfahren, geholfen wer­den kann.

 

Schreibt Euch die Num­mer auf den Arm!

Meldet dem EA Festnahmen!

Dazu ist es erforder­lich, dass Ihr den Namen der Festgenomme­nen erfragt und dem EA weit­ergebt. Ohne Namen kann eine AnwältIn nichts machen. Gut wäre auch das Geburts­da­tum. Wo, wann und warum wurde die Per­son festgenommen.

Wenn die Per­so­n­en wieder frei sind, müssen diese beim EA abgemeldet wer­den, damit wir keine Energie auf Leute ver­schwen­den müssen, die keine Hil­fe mehr brauchen!

Wenn Ihr in Gewahrsam genom­men werdet, ver­langt nach einem Tele­fonat mit Eur­er AnwältIn. Ruft dann den EA an und sagt Euren Namen, Geburts­da­tum und den Grund der Gewahrsam­nahme. Der EA küm­mert sich um eine AnwältIn. Wenn die Bullen Euch nicht mit dem EA sprechen lassen wollen, sollen diese das Tele­fonat führen.

 

Kein Alko­hol und keine Dro­gen auf Demos!

Keine Aus­sagen!

Keine Unter­schriften!

Gegen alles Wider­spruch ein­le­gen und pro­tokol­lieren lassen!

Schreibt Gedächt­nis­pro­tokolle! (da gehört nichts rein, was Ihr selb­st getan habt!)

 

 

Wir sind auch nach der Demo für alle von Repres­sio­nen Betrof­fe­nen ansprech­bar. So kön­nen koor­diniert AnwältIn­nen ver­mit­telt, die Geschehnisse aufgear­beit­et und jedem/jeder rechtlich­er Rat ver­mit­telt werden.

 

Mehr Infor­ma­tio­nen zur Demon­stra­tion am 6. Juni find­et ihr hier.

 

 

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(Anti-)Rassismus Antifaschismus Law & Order

NPD-WM-Planer Beier “traurig” über “Instrumentalisierung des Sports”

Der NPD-Funk­tionär Klaus Beier ist Ende April zu ein­er Bewährungsstrafe verurteilt wor­den. Grund: Er und zwei weit­ere NPD-Spitzen­funk­tionäre hat­ten zur Fußball-Welt­meis­ter­schaft 2006 einen ras­sis­tis­chen “WM-Plan­er” veröf­fentlicht — und damit den schwarzen Fußball­profi und Ex-Nation­al­spiel­er Patrick Owom­oyela diskri­m­iniert und belei­digt.  Owom­oyela, der als Neben­kläger auf­trat, hat­te aus­ge­sagt, die ras­sis­tis­chen Attack­en hät­ten ihn ver­let­zt und beschämt. Durch den “WM-Plan­er” der NPD sei er erst­mals per­sön­lich und direkt mit dem The­ma Ras­sis­mus kon­fron­tiert wor­den”, so Owom­oyela. “Das war eine Kam­pagne gegen mich und meine Haut­farbe. Das wollte ich nicht dulden.” Die NPD miss­brauchte den Fußball, um ihre völkische Ide­olo­gie zu propagieren.

Für Tol­er­anz” lässt Beier erschrecken

Nur etwa zwei Wochen nach diesem Urteil, am 09. Mai 2009, schrieb Beier einen offe­nen Brief an den Fußbal­lvere­in Ger­ma­nia Storkow. Darin heißt es, am 04. Juli 2009 gastiere der Fußball-Bun­desligist Energie Cot­tbus im Rah­men eines Fre­und­schaftsspiel in Storkow (Mark). Dies habe Beier erfreut.

Mit “Erschreck­en” habe der “Fußball­fre­und” Beier dann allerd­ings fest­stellen müssen, dass “dieser sportliche Ver­gle­ich im Jahr der 800-Jahr-Feier zwis­chen Ger­ma­nia Storkow und Energie Cot­tbus poli­tisch mißbraucht wer­den soll”. Der Vere­in will das Spiel unter das Mot­to „Mit Energie für Tol­er­anz“ stellen, um nach Angaben der Märkischen All­ge­meinen ein Zeichen gegen Recht­sex­trem­is­mus zu set­zen. “Wer damit gemeint ist, dürfte nach den über­durch­schnit­tlichen NPD-Ergeb­nis­sen bei der Kom­mu­nal­wahl 2008 im Bere­ich Storkow auf der Hand liegen”, fühlt sich Beier ange­sprochen. Nach dem offiziellen Ergeb­nis der Wahlen am 28. Sep­tem­ber 2008 im Land­kreis Oder-Spree hat­te die NPD in Storkow 7,3 Prozent, das sind 837 Stim­men, erreicht.

Instru­men­tal­isierung macht NPD “trau­rig”

Diese poli­tis­che Instru­men­tal­isierung ein­er Sportver­anstal­tung wird der NPD-Lan­desver­band nicht taten­los hin­nehmen”, schreibt der NPD-Funk­tionär weit­er. Denn: Es sei “trau­rig, daß ein Fre­und­schaftsspiel für poli­tis­che Zwecke instru­men­tal­isiert wer­den soll, um dann noch als Neben­ef­fekt angesichts des Mot­tos gegen „Recht­sex­trem­is­mus“ einen Zuschuß durch das Land Bran­den­burg zu erbet­teln.” Vielle­icht sollte die NPD in Bran­den­burg auch ein­mal über eine Spende für einen klam­men Fußbal­lvere­in nach­denken; in NRW hat­te die NPD im Som­mer 2007 die Sport­büch­sen aus und Spendier­ho­sen ange­zo­gen und über­wies der SG Wat­ten­scheid 09 sat­te elf Euro.

Was allerd­ings die ange­bliche “Bet­telei” von Ger­ma­nia Storkow ange­ht: Ein­er Partei wie der NPD, die ohne öffentliche Gelder längst pleite wäre, ste­ht es beson­ders schlecht zu Gesicht, solche Unter­stel­lun­gen her­auszuhauen. Dem NPD-Chef in Bran­den­burg ist‘s offen­bar egal, er dro­ht stattdessen:

Der NPD-Lan­desver­band wird der­ar­ti­gen demokratiefeindlichen Aktio­nen kün­ftig die rote Karte zeigen und dort Gesicht zeigen, wo man glaubt, nationale Men­schen dif­famieren zu kön­nen. Wer meint, Sportver­anstal­tun­gen poli­tisch mißbrauchen zu kön­nen, der muß eben damit rech­nen, daß Nation­aldemokrat­en dann vor Ort aufk­lärend wirken wer­den. Daher hat die Bran­den­burg­er NPD eine Demon­stra­tion für den 04. Juli 2009 in Storkow angemeldet. Da unsere deutschfre­undlichen Ver­anstal­tun­gen lei­der oft linkskrim­inelle Gewalt­täter auf den Plan rufen, ist zu befürcht­en, daß in Storkow an diesem Woch­enende nicht nur der Rasen „grün“ sein wird.”

Damit aber nie­mand behaupten kann, die NPD set­ze nur auf den “Kampf um die Straße”, um den Storkow­ern den Tag zu ver­miesen, erk­lärt sich Beier als Chef des NPD-Lan­desver­ban­des Bran­den­burg, der nicht ger­ade als auf­strebend gilt, doch noch zu Ver­hand­lun­gen bere­it und set­zt dem Vere­in ein Ultimatum (!):

Sollte sich der Vor­stand von Ger­ma­nia Storkow noch zeit­nah dazu entschließen kön­nen, ein dem sportlichen Anlaß angemessenes Mot­to zu wählen, dann ist der Lan­desvor­stand der Bran­den­burg­er Nation­aldemokrat­en gerne gesprächs­bere­it, damit das Fußballfest doch noch auf der rein sportlichen Ebene zele­bri­ert wer­den kann. Bitte nehmen Sie mit mir bis zum 31. Mai 2009 Kon­takt auf, damit die Fans von Energie und Ger­ma­nia einen har­monis­chen Tag in Storkow erleben können.”

Diese Frist ist nun abge­laufen, über eine Kon­tak­tauf­nahme zu Her­rn Beier ist indes nichts bekan­nt geworden.

Die Weißen kommen”

Die NPD in Bran­den­burg hat­te bere­its im Jahr 2006 öffentlich gegen eine Ver­anstal­tung gedro­ht, die ihr nicht passte. Dabei ging es um ein Anti-Ras­sis­mus-Sem­i­nar für schwarze Jugendliche. Hin­ter der NPD-Veröf­fentlichung unter dem Mot­to “Die Weißen kom­men!” stand eben­falls NPD-Bun­de­spress­esprech­er und Lan­deschef Beier. Dieser ließ der Ankündi­gung auch Tat­en fol­gen und rück­te zu später Stunde mit Kam­er­aden bei dem Sem­i­nar an. Die NPD Fürsten­walde hat­te zuvor im Inter­net angekündigt, das Anti-Ras­sis­mus-Sem­i­nar “aufmerk­sam begleit­en und besuchen” zu wollen.

Diese Veröf­fentlichung der NPD ver­an­lasste die Betreiber der in einem Wald gele­ge­nen Begeg­nungsstätte — in Absprache mit dem Land­kreis — einen pri­vat­en Sicher­heits­di­enst mit dem Schutz des Gebäudes zu beauf­tra­gen. Zusät­zlich sagte die Polizei zu, min­destens ein­mal stündlich Streife zu fahren, außer­dem beobachteten Beamte in ziv­il die Umgebung.

Deutschfeindlich­es Seminar”

Dass diese Vor­sichts­maß­nah­men ange­bracht waren, zeigte sich am ersten Abend des Sem­i­nars. Gegen 23.00 Uhr fuhren mehrere Pkw auf das Grund­stück der Bil­dungsstätte. Die unge­beteten Besuch­er waren NPD-Bun­de­spress­esprech­er Beier sowie min­destens zwei Begleit­er, laut Augen­zeu­gen sog­ar sechs weit­ere Per­so­n­en. Der Partei-Funk­tionär ver­langte vor Ort nach Infor­ma­tio­nen über die Kosten des Sem­i­nars und nach per­sön­lichen Dat­en der Teil­nehmer. Außer­dem wollte man das “Gespräch mit den Sem­i­nar-Teil­nehmern” suchen, so Beier auf Anfrage. Einen bedrohlichen Charak­ter kon­nte er in diesem Vorge­hen nicht erken­nen, schließlich habe man diesen Besuch zuvor im Inter­net angekündigt. Beier erk­lärte, dass das Sem­i­nar “deutschfeindlich” sei, weil Deutsche nur weiß sein könnten.

Schließlich nutzten die Betreiber der Begeg­nungsstätte ihr Haus­recht und forderten den NPD-Press­esprech­er sowie seine Kam­er­aden auf, das Grund­stück zu ver­lassen. Der Schutzbere­ich­sleit­er der Polizei in Fürsten­walde, Burghard Neu­mann, sagte zu dem Vor­fall, man habe die Veröf­fentlichung der NPD als eine bes­timmte Dro­hung werten müssen. Sie sei auch eine Auf­forderung an andere Per­so­n­en gewe­sen, das Sem­i­nar “zu besuchen” — also zu stören. Im aktuellen Fall in Storkow dürfte die Sache wohl ähn­lich liegen.

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Hallo Potsdam” — neues Zeitungsprojekt

Hal­lo Potsdam!

ist der Titel ein­er Zeitung, welche in den let­zten Monat­en von Dutzen­den Pots­damerin­nen und Pots­damern geschrieben, gestal­tet und erar­beit­et wurde. Wir haben die Debat­te über Jugend­kul­tur und Freiräume zum Anlass genom­men, um uns kri­tisch mit der Sit­u­a­tion in der Stadt zu beschäfti­gen, in der wir leben. 

 

Es ist, wie es ist!“

war die Aus­sage eines umfan­gre­ichen Inter­views mit dem Ober­bürg­er­meis­ter, Her­rn Jakobs. Das woll­ten wir gern nach­prüfen. Wie ist es in der Stadt, in den ver­schiede­nen Stadt­teilen? Warum ist Pots­dam zur teuer­sten Stadt der neuen Bun­deslän­der gewor­den, wie leben die Men­schen hier damit? Wir haben ver­sucht, die Struk­turen, Zwänge und Mech­a­nis­men her­auszufind­en, die Pots­dam so gemacht haben, wie es jet­zt ist: Mit ges­per­rten Ufer­we­gen, Parkkon­trollen und geschlosse­nen Jugend­klubs, aber auch mit span­nen­den Kul­tur­pro­jek­ten, alter­na­tiv­en Wohn­pro­jek­ten und sozialem Engage­ment. Wir haben ver­sucht, Freiräume, Moti­va­tion und Ideen zu beschreiben, die dafür sor­gen, dass es bis heute auch das andere Pots­dam gibt: Selb­st­bes­timmt, emanzi­pa­torisch und engagiert.

Natür­lich wollen wir mit der Zeitung vor allem der Aus­sage „Es ist, wie es ist!“ wider­sprechen! Pots­dam ist so, wie wir es wollen. Und wir wollen ein anderes Pots­dam! Kein preußis­ches Dis­ney­land, keine Gate- Com­mu­ni­ty, kein Investi­tion­sob­jekt für Neure­iche. Unser Pots­dam bietet genug Freiräume für die ver­schiedene Kul­turen, unser Pots­dam inte­gri­ert Migran­tInnen, unser Pots­dam lässt ver­schiedene Lebensen­twürfe zu, unser Pots­dam hat Mieto­ber­gren­zen, freie Fahrrad­wege, jede Menge Gemein­schaft­spro­jek­te und ist lebendig, far­ben­froh und offen.

Mit diesen Aus­sagen, ver­mit­telt in ganz unter­schiedlichen und kreativ­en redak­tionellen For­men mis­chen wir uns in die Diskus­sion um die weit­ere Entwick­lung der Stadt Pots­dam ein.

Ab dem 28. Mai 2009 kön­nen sich alle Men­schen dieser Stadt auf eine kosten­los verteilte Zeitung freuen, die für jede/n was bietet: Artikel zum Stad­tum­bau und zur Mieten­twick­lung, Kom­mentare, ein neues Wür­fel­spiel, ein etwas anderes Inte­view mit dem Ober­bürg­er­meis­ter, viele Bilder, die eine neue Sicht auf die Stadt bieten, Karika­turen und die Vorstel­lung der vie­len emanzi­pa­torischen Pro­jek­te dieser Stadt. Dafür haben wir die Zeitung in ein­er Auflage von 40.000 Exem­plaren gedruckt.

An der Diskus­sion, die wir damit anstoßen wollen, kann sich jed­er außer­dem auf fol­gen­der Inter­net­seite beteili­gen: www.hallo-potsdam.org

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(Anti-)Rassismus Law & Order

Sammelabschiebung von 100 Menschen geplant / Protest gegen Air Berlin

Berlin/Brandenburg — Am 8. Juni 2009 wird um 17.00 Uhr vom Flughafen Berlin-Schöne­feld aus eine Sam­me­lab­schiebung nach Viet­nam mit ein­er bei Air Berlin gechar­terten Mas­chine durchge­führt wer­den. An Bord wer­den sich ca. 100 viet­name­sis­che Flüchtlinge befind­en, die — von Bun­de­spolizis­ten begleit­et — abgeschoben wer­den. Darunter mind. 14 bran­den­bur­gis­che Flüchtlinge.

Die Flüchtlingsräte Berlin und Bran­den­burg rufen zu ein­er Kundge­bung gegen die Massen­ab­schiebung am 08. Juni 2009 von 15.00 bis 18.00 Uhr vor dem Ter­mi­nal A (Hauptein­gang) vor dem Flughafenge­bäude in Berlin-Schöne­feld auf. 

Kreative und laute Demon­stran­tInnen sind erwünscht.

Mit der Abschiebung wer­den die Hoff­nun­gen der Betrof­fe­nen auf einen Ort, der ihnen Zuflucht und soziale Per­spek­tive bietet, zunichte gemacht.

Wir lehnen Abschiebun­gen, die uner­wün­schte Ein­wan­derung ver­hin­dern soll, als restrik­tives Ele­ment der bun­des­deutschen und europäis­chen Migra­tionspoli­tik ab.

Die entwick­el­ten Staat­en tra­gen einen Teil der Ver­ant­wor­tung dafür, dass Men­schen — wie aus Viet­nam — über­haupt gezwun­gen wer­den, ihr Land zu ver­lassen, um sich ander­swo eine Exis­tenz aufzubauen.

Air Berlin will offen­bar im 30. Jahr ihres Beste­hens mit der “Depor­ta­tion class” ein neues “Geschäfts­feld” eröffnen.

Wir rufen dazu auf, an Air Berlin Protest­faxe oder Mails zu schick­en, damit die Flugge­sellschaft die Zusam­me­nar­beit mit den Behör­den bei der Durch­führung von Abschiebun­gen ein­stellt. (Fax: 030/ 3434 1509, abpresse@airberlin.com)

Schick­en Sie ein Protest­fax gegen die Massen­ab­schiebung von Viet­name­sen
an die Geschäft­sleitung von “Air Berlin” 

oder einen

offe­nen Brief der bei­den Flüchtlingsräte an die Geschäfts­führung Air Berlin.

Weit­ere Infor­ma­tionene zum The­ma auf den Seit­en des Flüchtlingsrates Berlin.

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Antifaschismus Law & Order

EA Potsdam sucht Betroffene

Sollte es vom 23.05.2009 in Luck­en­walde noch Betrof­fene von Repres­sion geben oder gegeben haben, welche noch poli­tis­che und/oder anwaltliche Unter­stützung benöti­gen, bitte melden unter: ea-potsdam@gmx.de

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(Anti-)Rassismus Antifaschismus Geschichte & Gedenken jüdisches Leben & Antisemitismus Law & Order

Am 23.05.: Gemeinsam gegen Nazis in Luckenwalde

Am 23.Mai, dem Tag des Grundge­set­zes, wollen Neon­azis aus dem mil­i­tan­ten
Spek­trum der freien Kam­er­ad­schaften eine Demon­stra­tion in Luck­en­walde,
wenige Kilo­me­ter südlich von Berlin durch­führen. Diese faschis­tis­che
Demon­stra­tion ist der vor­läu­fige Höhep­unkt ein­er beson­ders
aktion­sori­en­tierten mil­i­tan­ten Neon­aziszene in Tel­tow-Fläming. Nach­dem am
Anfang des Jahres die Freien Kräfte Tel­tow-Fläming mehrfach
Gedenkver­anstal­tun­gen zur Shoah in der bran­den­bur­gis­chen Kle­in­stadt Zossen
gestört haben und durch mehre Sprühereien auf sich aufmerk­sam gemacht
haben, wollen sie nun ihre men­schen­ver­ach­t­ende Ide­olo­gie nach Luck­en­walde
tra­gen. Unter dem Mot­to „60 Jahre Lüge sind genug! Schluss mit diesem
Volks­be­trug“ mobil­isieren die freien Kräfte bun­desweit. Der Aufruf, der
vom ange­blichen „Betrug am deutschen Volk“ schwadroniert, ent­larvt die
anti­semi­tis­che und geschicht­sre­vi­sion­is­tis­che Wah­n­welt der Neon­azis, und
belegt außer­dem die enge Zusam­me­nar­beit zwis­chen jun­gen Neon­azis und den
ein­schlägig bekan­nten Berlin­er Reichs­bürg­ern Rain­er Link und Gerd Wal­ter,
die sich eben­falls in Berlin­er Umland niederge­lassen haben. Angemeldet
wurde die Demon­stra­tion, die vom Bahn­hof Rich­tung Innen­stadt und wieder
zurück­ge­hen soll von dem bekan­nten Neon­azi und Mit­glied der Freien Kräfte
Den­nis Här­tel. Dieser geht derzeit von 300 Teil­nehmern aus, die in
Luck­en­walde ihr Unwe­sen treiben wollen.

Aus diesem Grund hat sich das spek­trenüber­greifende antifaschis­tis­che
Bünd­nis „Link­er Fläming Unit­ed“ gegrün­det, welch­es sich unter dem Mot­to:
„Gemein­sam gegen Nazis – Kein Ort für die Ver­drehung der Geschichte!“ den
Neon­azis an diesem Tag ent­ge­gen­stellen will.

Wir kön­nen Sie aufhal­ten! Lassen wir es nicht zu, dass sich Neon­azis im
Berlin­er Hin­ter­land bre­it machen! Lassen wir es nicht zu, dass die Freien
Kam­er­ad­schaften in Bran­den­burg in aller See­len­ruhe ihre
men­schen­ver­ach­t­ende Ide­olo­gie ver­bre­it­en kön­nen. Set­zten wir ihnen aktiv­en
und bre­it­en Wider­stand ent­ge­gen und putzen wir die Nazis auch von
Luck­en­walden­er Straßen.

Kommt deshalb alle am 23.Mai um 11 Uhr nach Luck­en­walde! Beteiligt euch
dort an unser­er großen Bünd­nis­de­mo und nutzt die dezen­tralen
Kundge­bung­sorte, um euren antifaschis­tis­chen Protest Aus­druck zu
ver­lei­hen!

Kein ruhiges Hin­ter­land für Faschis­ten!
Am 23.Mai Neon­azis kreativ und offen­siv entgegentreten!

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(Anti-)Rassismus jüdisches Leben & Antisemitismus Law & Order

Urteil im Mordprozess: Gericht bestätigt rechtsextremes Motiv

Neu­rup­pin — Am Dien­stag, den 5. Mai verkün­dete Gert Weg­n­er, Vor­sitzen­der Richter am Landgericht Neu­rup­pin, das Urteil im Tem­plin­er Mord­prozess. Die Kam­mer
sprach nach zwölf Ver­hand­lungsta­gen den Angeklagten Sven P. des Mordes
schuldig und verurteilte ihn zu ein­er Jugend­frei­heitsstrafe von zehn
Jahren. Der Mitangeklagte Chris­t­ian W. wurde der Bei­hil­fe zum Mord durch
Unter­lassen für schuldig befun­den und erhielt eine Gesamt­frei­heitsstrafe
von neun Jahren und drei Monaten.

Das Gericht sah es als erwiesen an, dass die bei­den jun­gen Män­ner den
55-jähri­gen Fam­i­lien­vater Bernd K. in der Nacht vom 21. zum 22. Juli
2008 bru­tal mis­shan­delt und zu Tode geprügelt hat­ten, weil sie ihn
auf­grund seines sozialen Sta­tus als Alko­ho­lik­er ver­achteten. Das »völ­lig
wehrlose« Opfer sei nicht zufäl­lig gewählt wor­den, so das Gericht;
vielmehr habe das »neon­azis­tis­che Men­schen­bild« der Täter eine wichtige
Rolle gespielt. Der Haupt­täter Sven P. habe zudem aus Mord­lust gehandelt.

Bis zum Schluss hat­te die Vertei­di­gung in Abrede gestellt, dass die
recht­sex­treme Ein­stel­lung der Täter Ursache für die bru­tale Tat gewe­sen
sein kön­nte. Die neon­azis­tis­che Überzeu­gung der Bei­den hat­ten sie
verniedlichend als »ver­queres Welt­bild« beze­ich­net. Wie die Kam­mer das
Motiv der Tat bew­erten würde, war während des Ver­fahrens nicht abse­hbar.
Zwis­chen­zeitlich hat­te der Vor­sitzende Richter geäußert, er könne kein
recht­sex­tremes Tat­mo­tiv erken­nen, son­dern gehe von ein­er »typ­is­chen Tat
im Trinker­m­i­lieu« aus.

Urteilsbegründung:

Mit der Urteils­be­grün­dung schloss sich das Gericht weit­ge­hend der
Argu­men­ta­tion von Staat­san­waltschaft und Neben­klage an: Bernd K. wurde
grausam mis­shan­delt und getötet, weil die Täter sich als Her­ren über
Leben und Tod auf­spiel­ten und sich anmaßten, sein Leben als
»min­der­w­er­tig« und »ver­acht­enswert« zu betra­cht­en. Dass Chris­t­ian W. in
den Monat­en vor der Tat ein kumpel­haftes Ver­hält­nis zum Opfer gehabt
hat­te, erscheint nur auf den ersten Blick wider­sprüch­lich. Solange er
sich durch den Kon­takt Vorteile erhoffte – Bernd K. schenk­te ihm unter
anderem ein Fahrrad und teilte Alko­hol mit ihm –, hat­te er nichts gegen
ihn einzuwen­den. Aber schon auf dem Weg zur Werk­statt, in der die Tat
verübt wurde, zeigte sich die tiefe Mis­sach­tung der Per­son des Bernd K.
Chris­t­ian W. war es, der ihn mit ein­er, so das Gericht, »erstaunlichen
Men­schen­ver­ach­tung« als »Pen­ner« und »alten Sack« beschimpfte, mit einem
Tier gle­ich­set­zte und vor sich her trieb.

Während der Mis­shand­lun­gen – über 30-mal soll Sven P. in das Gesicht des
Opfers getreten haben – sah Chris­t­ian W. keinen Grund, sich schützend
vor ihn zu stellen. Ob er sich selb­st in größerem Maße aktiv an der
Gewalt beteiligte, bleibt aus Sicht des Gerichts ungek­lärt. Zugegeben
hat­te er lediglich zwei Schläge und Tritte.

Für die Hin­terbliebe­nen war es erle­ichternd, dass der Prozess nach
vie­len Verzögerun­gen endlich zu Ende ging. Dass die Mor­dan­klage gegen
Chris­t­ian W. fall­en gelassen wurde, bleibt für die Fam­i­lie
unver­ständlich. Angesichts dessen, dass der Fall in den Medi­en und
teil­weise auch vor Gericht als »Schlägerei unter Saufkumpa­nen«
dargestellt wurde, ist die Bedeu­tung, die der neon­azis­tis­chen
Ein­stel­lung der Täter in der Urteils­be­grün­dung beigemessen wurde, von
großer Wichtigkeit.

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Notwehrfonds für Opfer rechter Gewalt gegründet

Pots­dam — Musa E. wurde verurteilt, weil er sich gegen einen ras­sis­tis­chen Angriff auf seine Fam­i­lie zur Wehr set­zte: Fünf Monate Haft auf Bewährung. Das Ver­fahren gegen die Angreifer wurde eingestellt. Die Opfer­per­spek­tive bit­tet um Spenden für die Beru­fungsver­hand­lung: 5.000 Euro für das Recht auf Notwehr.

Was wür­den Sie tun, wenn junge Män­ner gegen Ihre Woh­nungstür schla­gen und Ihre Fam­i­lie bedro­hen? Frau E. rief die Polizei, zwei Mal. Die kam aber erst eine halbe Stunde später. Rechte Jugendliche waren in das Haus einge­drun­gen, in dem die kur­dis­che Fam­i­lie wohnt, häm­merten an die Tür, brüll­ten »Scheiß-Aus­län­der« und »Wir fick­en Dich«. Ihr Ehe­mann, der Schweißer Musa E., jagte die Jugendlichen mit einem Tis­chbein die Treppe hin­unter, wobei ein Angreifer leichte Ver­let­zun­gen an Schul­ter und Unter­arm erlit­ten haben soll.

Wegen gefährlich­er Kör­per­ver­let­zung wurde der Fam­i­lien­vater zu fünf Monat­en Haft auf Bewährung verurteilt. Notwehr kon­nte das Amts­gericht Pots­dam nicht erken­nen, und von einem ras­sis­tis­chen Angriff könne keine Rede sein. Die Jugendlichen hät­ten lediglich »eine Sache klären« wollen.

Spendenkam­pagne

Der Vere­in Opfer­per­spek­tive will 5.000 Euro Spenden für Anwalts- und Gericht­skosten sam­meln, damit Musa E. das Urteil anfecht­en kann. Denn die Beiord­nung eines Pflichtvertei­di­gers wurde abgelehnt, obwohl dem Hartz IV-Empfänger eine erhe­bliche Strafe droht.

Wir bit­ten um Spenden unter dem Stich­wort »Notwehr«:

Spendenkon­to 3813100

Opfer­per­spek­tive

Bank für Sozialwirtschaft

Blz 10020500

Alle Hin­ter­grund­in­for­ma­tio­nen zu dem Fall und Mate­ri­alien für die Spendenkam­pagne hat die Opfer­per­spek­tive auf ein­er neuen Web­site veröf­fentlicht: www.notwehrfonds.de – Dort kann auch online gespendet werden.

Unter­stützung erhält der Aufruf unter anderen von der Inte­gra­tions­beauf­tragten der Stadt Pots­dam und der Aus­län­der­seel­sorg­erin der Evan­ge­lis­chen Kirche in der Lan­deshaupt­stadt. Auf www.notwehrfonds.de haben die ersten Spenderin­nen und Spender begrün­det, weshalb sie den Notwehr­fonds unterstützen:

Die Gen­er­al­su­per­in­ten­dentin der Evan­ge­lis­chen Kirche Heil­gard Asmus, Vor­sitzende des Aktions­bünd­niss­es gegen Gewalt, Recht­sex­trem­is­mus und Frem­den­feindlichkeit, schreibt, es sei »besorgnis­er­re­gend, dass aus­ländis­che Mit­bürg­er auch in ihrem Zuhause nicht vor Ras­sis­mus sich­er sein kön­nen.« Sie bit­tet alle Bürg­erin­nen und Bürg­er, die Kam­pagne zu unterstützen.

Der Pots­damer Diakonie-Geschäfts­führer Mar­cel Kankarow­itsch sieht in dem Urteil gegen Musa E. ein »fatales Sig­nal«, weil es so wirke, »als ob es kein Unrecht sei, Migranten zu bedro­hen.« Andrea Würdinger, die Vor­sitzende des Repub­likanis­chen Anwaltsvere­ins, will spenden, damit eine Kor­rek­tur des Urteils gegen Musa E. nicht daran scheit­ert, »dass er als Hartz IV-Empfänger keinen Anwalt bezahlen kann.«

Inforiot