Inforiot — Die Brandenburger “Opferperspektive” hat eine Liste von extrem rechten Aktivitäten im vergangenen Jahr im ganzen Bundesland zusammengestellt und jetzt veröffentlicht. Das Dokument soll ein erster Ausgangspunkt für ein andauerndes Monitoring der rechten Umtriebe darstellen. Das Dokument steht hier als PDF-Datei zur Verfügung.
Begleitend zu diesem Dokument schreibt die Opferperspektive:
In dem hier zur Verfügung gestellten Dokument findet sich auf 45 Seiten mit über 500 Einträgen eine Chronologie rechter Aktivitäten im Land Brandenburg für das Jahr 2013. Die Opferperspektive hat sie erstmalig im Rahmen ihrer Recherchearbeit zusammengestellt und wird das Projekt fortsetzen. Es wurden bewusst alle rechten Aktivitäten aufgenommen, die uns bekannt geworden sind. Angefangen vom in den Schnee getretenen Hakenkreuz über Aufkleberaktionen, Nazikundgebungen bis hin zu rassistischen Pöbeleien und körperlichen Angriffen. So wird deutlich: Rechte Umtriebe sind in Brandenburg nach wie vor tagtägliche Realität. Neben lokalen Medien bezieht die Chronik Rechercheergebnisse unabhängiger lokaler Antifa- und Dokumentationsgruppen ein. Ebenfalls eingeflossen sind Polizeimeldungen und, sofern keine andere Quelle vorhanden ist, Veröffentlichungen des Verfassungsschutzes und Berichte auf Neonaziseiten. Auch wenn eine solche Chronologie niemals vollständig sein wird, bildet sie doch die ganze Bandbreite rechter Aktivitäten in vielen Regionen des Landes Brandenburg ab. Wir hoffen, dass sie lokalen Bündnissen und Einzelaktivist_innen Anregung für konkrete regionale Analysen und vor allem auch Aktionen vor Ort sein wird. Natürlich freuen wir uns ganz besonders, wenn weitere Initiativen zur Dokumentation rechter Ereignisse entstehen! Ergänzungen, Hinweise und Anregungen nehmen wir gern entgegen.
Download: Chronologie rechter Aktivitäten 2013
Kategorie: Sonstiges
Widerstand gegen die Eisenhüttenstädter Abschiebemaschinerie ist notwendig! Wir sind eine Gruppe von Refugees und solidarischen Menschen, die seit mehr als einem Jahr gegen den Abschiebeknast und die Isolation kämpfen. Wir kämpfen weiter für unser Recht zu Bleiben wo wir wollen, dahin zu gehen wo und wann wir wollen! Wir verlangen ein besseres Leben! Worin liegt die Notwendigkeit des Abschiebeknastes? Die Inhaftierten sind keine Täter_Innen und keine Verbrecher_Innen! Warum wird ihnen die Freiheit geraubt und kaum Möglichkeiten auf Rechtsschutz ermöglicht? Die Polizei und die Gerichte benutzen Gewalt gegen die Geflüchteten. Was haben sie getan, dass sie ständig kontrolliert und eingeschüchtert werden? Sie sind nur als Menschen gekommen und brauchen wie alle Menschen ihre Freiheit! Deshalb organisieren wir ein “Stop Deportation Camp”, um den Abschiebeknast zu schließen! Wir möchten der deutschen und europäischen Ausgrenzungspolitik, solidarische Perspektiven entgegensetzen. Wir möchten diesen Raum nutzen, um in Workshops, Diskussionen, Konzerten und vielen kreativen Aktionen aufzuklären, uns zu vernetzen, Perspektiven zu entwickeln und diese auch umzusetzen. Gemeinsam sind wir stark: Bringt euch ein! Organisiert Infoveranstaltungen! Seid kreativ!
Dem Camp wird eine fünftägige Radtour vom 21. bis 26.08. vorrausgehen, um in Lagern in Brandenburg zu mobilisieren. Zum Auftakt des Camps wird es eine antirassistische Demonstration in der Grenzstadt Frankfurt(Oder) geben.
Ob in Eisenhüttenstadt, Büren, Berlin-Grünau oder anderswo – Abschiebeknäste schließen!
http://www.stopdeportationcamp.org – mail@stopdeportationcamp.org
Blanker Hohn
Am 01. Juli 1992 wurde im Neuruppiner Rosengarten der 50-jährige Emil Wendland von einer Gruppe Neonazis ermordet. Die Täter wollten einen „Assi klatschen“. Nachdem Sie ihn brutal misshandelten, stach der 21-jährige Haupttäter 7 Mal auf den bereits Bewusstlosen ein und tötete ihn so.
In diesem Jahr ist der 22. Todestag von Emil Wendland. Es ist abermals an der Zeit, diesen Fall aufzuarbeiten und auch auf die Rahmenbedingungen einzugehen, damit sich solche Taten nicht wiederholen. Wir wollen Emil Wendlands Leben beleuchten und ihm so ein Stück seiner Menschlichkeit zurückgeben, das ihm die Täter genommen haben.
Diese Anmeldung einer solchen Kundgebung stellt für uns eine ganz klare Provokation dar. Da die Neuruppiner Freien Kräfte und NPD ihren Tag der deutschen Zukunft in Neuruppin ausrichten wollen, kann diese Kundgebung als Teil ihrer rassistischen Kampagne angesehen werden.
Sie ist nur ein Teil von vermehrt vorkommenden Kundgebungen, Angriffen und Aktionen in der Region.
Weder morgen, noch in der Zukunft werden wir solche Aktionen kommentarlos hinnehmen. Wir rufen alle zu unserer Kundgebung um 16 Uhr im Rosengarten auf, um dann um 17 Uhr den Nazis entschlossen entgegen zu treten.
NPD jetzt in 13 Kreistagen
INFORIOT Die neonazistische NPD hat bei den Kommunalwahlen am Sonntag rund 62.500 Stimmen errungen. Das entspricht 2,2 Prozent der Gesamtstimmen. Sie hat insgesamt 20 Mandate in 12 Landkreisen und der Kreisfreien Stadt Cottbus erlangt. Zuletzt hatte die NPD 16 Mandate in sieben Landkreisen und Cottbus inne, nachdem sie im Jahr 2008 rund 53.000 Stimmen (1,8 Prozent) erzielt hatte.
NPD-Ziel der Mandatsverdopplung knapp gescheitert
Wenn man Ortsbeiräte, Gemeindevertretungen und Stadtparlamente mitzählt, hat sich die Zahl der Kommunalmandate auf 48 erhöht — dies teilt die Partei in einer eigenen Wahlauswertung zumindest selbst mit. Zuvor waren es 27 gewesen. Ihr selbst gestecktes Ziel, die Mandate zu verdoppeln, wurde also knapp verfehlt.
In der Wahlnacht: NPD-Kandidat schlägt Pressefotografen
Noch in der Wahlnacht kam es zu einem Angriff durch einen NPD-Kandidaten: In Bad Belzig attackierte der Kreis- Stadtkandidat Pascal Stolle einen Pressefotografen. Auf Stolle wurde zuvor schon in Medienberichten aufmerksam gemacht: Neben etlichen anderen NPD-Kandidaten auch hat er eine schwerkriminelle Vergangenheit.
Auch der Wahlkampf war flankiert von Gewalt
Auch im Wahlkampf selbst, den die NPD mit massivem Plakateinsatz und zahlreichen Kundgebungen bestritt, war es zu Angriffen von Neonazis gekommen: Unter anderem in Frankfurt/Oder und in Neuruppin, wo nun gegen den am Sonntag ins Stadtparlament gewählten NPD-Kandidaten Dave Trick ermittelt wird.
Antritt in mehr Kreisen
Die NPD hatte mit 67 erheblich mehr KandidatInnen für die Kreistage aufgestellt als bei den letzten Wahlen. Insgesamt nominierte sie 115 KandidatInnen. In den Landkreisen, wo sie bereits 2008 angetreten war, hat sie dabei durchweg Stimmen verloren. Das beste Ergebnisse erzielte die NPD im Landkreis Spree-Neiße, wo sie auf 4,4 Prozent kam und künftig zwei Abgeordnete stellen kann.
Der relative Stimmzuwachs rührt daher, dass sie in mehreren Kreisen antrat, wo sie zuvor nicht präsent war: Barnim, Elbe-Elster, Märkisch-Oderland, Oberspreewald-Lausitz, Potsdam-Mittelmark und Teltow-Fläming. In Brandenburg/Havel, Frankfurt/Oder, Potsdam, Ostprignitz-Ruppin und der Prignitz war die NPD nicht zu den Kreiswahlen angetreten.
2008 traten NPD und die damals noch im Landtag vertretene neonazistische DVU auf gemeinsamen Listen an, die Ergebnisse der DVU fallen aus der Zählung raus. Auf Ticket der DVU erlangte der ehemalige Kreisvorsitzender der NPD Barnim Uckermark, Mike Sandow aus Biesental, ein Mandat im Kreistag Barnim und der SVV Biesenthal. Sandow trat später jedoch aus der Partei aus. Der Niedergang der DVU bescherte der NPD auch weitere Mandate: Bärbel Redlhammer-Raback aus Luckenwalde wechselte von DVU zu NPD, wodurch die NPD zwei weitere Kommunalmandate (Kreistag Teltow Fläming, SVV Luckenwalde) bekam
Bei Europawahlen: Landesweit 2,6 Prozent für die NPD
Bei der gleichzeitig zu den Kommunalwahlen stattfindenden Europawahl erzielte die NPD in Brandenburg rund 24.000 Stimmen, was 2,6 Prozent der Stimmen entspricht. Dies ist mehr als doppelt so hoch wie der Bundesdurchschnitt (1,0 Prozent).
Landtagseinzug scheint derzeit utopisch
Anbetracht von 2,2 Prozent bei den Kommunalwahlen und 2,6 Prozent bei den Europawahlen: Von ihrem Ziel, bei den Landtagswahlen im September eine Chance auf den Einzug ins Landesparlament zu haben, ist die NPD jedoch derzeit weit entfernt. Und das, obwohl die direkte Konkurrenz durch die DVU mittlerweile weggefallen ist. Vergessen werden darf in diesem Zusammenhang auch nicht, dass gegen die NPD derzeit ein Verbotsverfahren anhängig ist.
Neben der NPD: AfD erringt 39 Kreistagsmandate
Die “Alternative für Deutschland” (AfD) erzielte bei den Europawahlen in Brandenburg 8,5 Prozent der Stimmen – das entspricht rund 79.000 Stimmen. Bei den Kommunalwahlen lag der AfD-Anteil in Brandenburg bei 3,9 Prozent. Die AfD hat insgesamt 39 Kreistagsmandate errungen.
Kommunalwahlen_2014-_Ubersicht_der_NPD_KandidatInnen
Die „Garage“, eine Räumlichkeit, die wir seit 5 Jahren für Konzerte, Theaterveranstaltungen und Lesungen genutzt haben, wurde uns für den Oktober dieses Jahres gekündigt. Auch der Kontaktladen, der Raum, in welchem sich der Verein organisiert, Ideen entwickelt und Projekte verwirklicht, ist bedroht.
Daher fordern wir einen selbstverwalteten neuen Freiraum, um weiterhin als linker Akteur Teil der Frankfurter Zivilgesellschaft zu bleiben. Schon jetzt haben uns viele Solidaritätsbekundungen erreicht, u.a. des VVN-BdA Frankfurt (Oder), der Grünen-Kreisverbände LOS und Frankfurt (Oder) oder auch des Linken Netzwerks Viadrina.
In den kommenden Wochen wird der Utopia e.V. mit einer Kampagne auf die prekäre Situation aufmerksam machen und weiter um Unterstützung werben.
Weitere Informationen und Kontaktmöglichkeiten:
http://linkerfreiraumffo.blogsport.eu/
utopia-ffo@riseup.net
Ab Oktober dieses Jahres wird es die „Garage“ nicht mehr geben. Uns wurde gekündigt, da wir eine drastische Mieterhöhung sowie weitere Auflagen des Vermieters nicht mehr tragen können. Darüber hinaus ist der „Kontaktladen“, ein weiterer Teil unserer Vereinsräume, in dem wir uns organisieren und in dem die Beratungsarbeit für Geflüchtete und Betroffene rechter Gewalt stattfindet, durch eine Mieterhöhung akut bedroht. Damit erleben wir gerade die Kehrseite einer „Aufwertung“ von Stadtvierteln, die auch immer mit einer Verdrängung derjenigen einher geht, die diese nicht bezahlen können oder schlicht fehl am Platz scheinen.
Utopia e.V. – ein wichtiger zivilgesellschaftlicher Akteur in Frankfurt (Oder)
Utopia e.V. ist ein gemeinnütziger Verein und anerkannter Träger der freien Jugendhilfe. Seit Ende der 1990er Jahre engagieren wir uns in Frankfurt (Oder) in linker, antifaschistischer und emanzipatorischer Jugend-?, Kultur-?, Bildungs-? und Beratungsarbeit. Unser Antrieb dabei ist, die gesellschaftlichen Verhältnisse von Ausgrenzung und Ausbeutung aufzuzeigen und zu überwinden.
Wir haben in den vergangenen 15 Jahren vieles aus eigener Kraft auf die Beine gestellt: In der „Beratungsstelle für Opfer rechter Gewalt“ (BOrG) beraten und unterstützen wir Betroffene. Außerdem gibt es ein eigenes Beratungsangebot für Geflüchtete, denen wir z.B. in ihrem Asylverfahren, bei Behördengängen oder anderen Fragen und Problemen beratend zur Seite stehen. Mit dem Gaukelzirkus „Tokarina“ besteht ein Angebot für junge Menschen mit Interesse an Jonglage, Akrobatik und Clownerie.
Wir bieten in unseren Vereinsräumen „Kontaktladen“ und „Garage“ die Möglichkeit, selbstbestimmt Projekte zu verschiedensten Themen zu realisieren, sich mit Gleichgesinnten zu treffen und zu organisieren. Dabei handeln wir immer nach den Grundsätzen von Gleichheit, Freiheit und Gleichberechtigung.
Zudem haben sich viele Aktive dazu entschlossen auch gemeinsam zu leben und zu wohnen; ein Umstand, der vielen unserer Projekte zu Gute kommt. In unserer Arbeit sind wir mit verschiedenen zivilgesellschaftlichen Akteur_innen lokal und landesweit vernetzt.
Ohne Vereinsräume ist die Arbeitsgrundlage des Vereins massiv bedroht
Ohne die Arbeit von Utopia wäre es nicht gelungen, eine so breite Öffentlichkeit zu mobilisieren, die sich gemeinsam mit dem Bündnis „Kein Ort für Nazis in Frankfurt (Oder)“ zwei Neonazi-?Demonstrationen in der Stadt erfolgreich in den Weg gestellt hat. Bildungsprojekte, wie z.B. der „Zug der Erinnerung“, gehen auf das Engagement des Vereins zurück. Geflüchtete und Betroffene von rechter Gewalt verlieren eine wichtige Anlaufstelle. Mit dem Aus der „Garage“ bricht für viele, insbesondere junge Menschen ein Ort weg, der eine wichtige und bezahlbare Alternative in der lokalen Kulturlandschaft zwischen klassischem Kulturangebot, anderen zivilgesellschaftlichen Initiativen und kommerzieller Großraumdisko darstellt. Denn ein solcher Freiraum, an dem alternative Lebensentwürfe gelebt werden können und sollen, an dem menschenverachtendes Gedankengut nicht toleriert wird, existiert kein zweites Mal in Frankfurt (Oder).
Um unsere Arbeit fortzuführen, fordern wir einen selbstverwalteten Freiraum!
Wir werden weiterhin entschlossen für unsere Ideale und Ziele kämpfen: Für einen antifaschistischen Konsens in der Gesellschaft streiten, Rassismus und Menschenfeindlichkeit in jeder Form ächten, Teilhabe von Gleichgesinnten organisieren und alternative linke Lebensentwürfe stärken. Um diese selbstbestimmte, emanzipatorische und gleichberechtigte Arbeit weiterzuführen, brauchen wir einen nichtkommerziellen und sicheren Raum – einen linken Freiraum. Nur so können wir weiterhin als wichtiger Teil der Zivilgesellschaft aktiv sein und unsere Arbeit aufrechterhalten.
Denn Demokratie braucht Zivilgesellschaft und Frankfurt (Oder) braucht Utopia!
Weiter Infos dazu im Blog: „Für einen linken Freiraum*“
Speziell die Geschichte der Wohnungspolitik seit Beginn des Kapitalismus und vor allem zu Zeiten des Klassenkampfes in der 1. Hälfte des letzten Jahrhunderts zeigt, wie berechnend und treffsicher das Bürgertum das Instrument der Stadtplanung genutzt hat, um die Armut der damaligen Arbeiterschaft zu zementieren (Armut im Sinne von Ausschluss von Reichtum, was wir als willentlichen Prozess sehen). Mitte des 20. Jahrhunderts war der Klassenkampf verloren und die Arbeiter_innen in Siedlungen und Wohnungen untergebracht, die – mit wenigen bzw. vorübergehenden ausnahmen – dem Bürgertum gehörten – von dem es gerade in Potsdam als preußischer Beamtenstadt eine Menge gab.
Inzwischen ist über ein halbes Jahrhundert vergangen und mit den Gesellschaftssystemen haben sich auch die Funktionsweisen der Städte verändert. Mit der zunehmenden Globalisierung der Märkte im Neoliberalismus wurden auch die Städte zunehmend zu unternehmerisch geführten Standorten im Konkurrenzkampf um Investoren, finanzstarke Bewohnerinnen, Tourismusströme und Großevents. Damit einher geht der Ausbau der Stadtverwaltungen zu einer Art Betrieb und die Neubewertung städtischer Eigenbetriebe und Wohnungsbestände mit dem Trend zur Privatisierung und Auslagerung unrentabler Bereiche1.
Überall in den Städten arbeiten heute Immobilienverwertungskoalitionen aus Bauunternehmen, finanzierenden Banken, und Politiker_innen an Aufwertungsstrategien – wobei die „Aufwertung“ sich gerade in Potsdam hauptsächlich auf die Interessen der Unternehmen und der bürgerlichen Oberschicht bezieht, die in der Regel auch die Politiker_innen stellt. Beispielhaft stehen hier Diskussionen um das Stadtschloss, Hasso Plattners Kunsthalle, das „Palais Barberini“ , die Bezeichnung unsanierter und damit noch erschwinglicher Wohneinheiten als „Schandflecken“, die Wiederherstellung historischer Sichtachsen zuungunsten von Wohnraum, etc.pp.
Kehrseite dieser neoliberalen Stadtpolitik sind Ausschlüsse verschiedenster Art, die wir in Potsdam deutlich beobachten können. Es findet ein Austausch sozial niedrigerer Milieus durch sozial höhere statt vor allem in den Innenstadtbezirken. Dieser Prozess ist keine Randerscheinung sondern ein geplanter Regelfall. Die Frage nach Teilhabe an der Stadtgesellschaft stellt sich plötzlich nicht mehr nur für Unterschichtsmitglieder, (und sowieso für die von zunehmend restriktiver Einwanderungspolitik betroffenen Migrant_innen, deren dezentrale Unterbringung in Potsdam nach wie vor nicht umgesetzt wurde), sondern zunehmend auch für Angehörige der sogenannten Gesellschaftlichen Mitte.
Wir ordnen die heutige Situation auf dem (Potsdamer) Wohnungsmarkt also ein in eine systematische materielle Abhängigkeit der „normalen“/besitzlosen Bevölkerung von der besitzenden Schicht, die nicht nur über die Produktionsmittel des gesellschaftlichen Reichtums verfügt, sondern in den meisten Fällen auch über den Wohnraum.
Laut Armuts- und Reichtumsbericht 2013 verfügen die 50 Prozent Haushalte in der unteren Hälfte der Verteilung nur über gut ein Prozent des gesamten Nettovermögens, während die Vermögensstärksten zehn Prozent der Haushalte über die Hälfte des gesamten Nettovermögens auf sich vereinen. Der Vermögensanteil des obersten Dezils ist dabei im Zeitverlauf immer weiter angestiegen. Die sog. Drittelgesellschaft ist eine Lüge2. Der Traum der unteren und mittleren Bevölkerungsschichten vom eigenen Häuschen drückt ihre Sehnsucht aus, sich vom Profitstreben ihrer Vermieter_innen unabhängig zu machen.
Dass das Eigenheim auf Kredit aus dieser klemme nicht raus hilft, zeigt der Verlauf der aktuellen Weltwirtschaftskrise: Sie fing als Immobilienkrise in den USA an, wo Millionen haushalte Kredite aufgenommen hatten, um sich ein Eigenheim zu leisten. Die Mehrheit steht jetzt nicht nur ohne Haus, sondern noch hochverschuldet da. Als in Spanien die Immobilienkrise geplatzt ist, haben immerhin nur ¼ der Kreditnehmer ihr Haus wieder verloren, aber alle sind bei sinkenden löhnen und steigender Arbeitslosigkeit für Jahrzehnte an die Knebelverträge ihrer Banken gebunden. Bei uns ist es noch zu keinem solchen Clash gekommen, aber ein paar Betrachtungen zeigen, wie auch hier der Hase läuft:
Die Reallöhne sind in der BRD in den letzten 15 Jahren kontinuierlich gesunken. Gleichzeitig gab es einen verstärkten Angriff auf arbeitsrechtliche Standards der letzten Jahrzehnte. Die mittlere private Verschuldung nimmt immer weiter zu. In kaum einem Land der Eurozone nehmen die Verbraucher so hohe Kredite auf wie in Deutschland. Im Schnitt steht jeder Bundesbürger mit rund 2700 Euro in der Kreide. Da können fast nur noch die Zyprer und die Griechen mithalten.
Laut dem Deutschen Institut für Bankwirtschaft3 ist die private Verschuldung in Deutschland von 1994 – 2010 um über 50% gestiegen. Dem gegenüber steht die Mietpreisentwicklung. Laut Gesetzgebung ist eine Mieterhöhung von 20% alle 3 Jahre möglich. Bei Neuvermietung ist alles möglich und Bestandsmieter werden durch individuelle Angebote ruhiggestellt. Der Mietspiegel fungiert oft als Preistreiber und die Nebenkosten steigen ständig.
Die Folge ist der Austausch der Bewohnerschaft in der Innenstadt an den Rand und vom Rand in die Peripherie. Ein immer größerer Anteil des Einkommens geht für miete drauf (bis über 50%), die soziale und emotionale Unsicherheit wächst, nicht nur in Potsdam sondern in fast allen größeren Städten wird im Interesse privaten Profitstrebens massiv verdrängt.
Wir bezweifeln, dass es von Seiten des Staates, der Länder und Kommunen überhaupt ein reales Interesse an einer Lösung der Wohnungsfrage gibt.
Wir verurteilen diese Entwicklung und schließen mit einem Zitat von Kropotkin von 1892: “Es ist ein Bewusstwerdungsprozess, und deshalb wird man das Volk nicht länger glauben machen, das Besitzrecht an Wohngebäuden sei gerecht. Nicht der Eigentümer hat das Haus gebaut. Errichtet haben es hunderte von Arbeitern, und sie haben es auch dekoriert und tapeziert. Hunger hat sie auf die Bauplätze getrieben und die Not sie gezwungen, einen viel zu geringen Lohn zu akzeptieren. Der Profit, den der sog. Eigentümer aus seinem Haus zieht, verdankt sich wiederum aus dem Umstand, dass das Haus in einer gepflasterten Straße einer beleuchteten Stadt steht, die regelmäßige Verkehrsverbindungen zu anderen Städten unterhält und über Industrie‑, Handels‑, Wissenschafts- und Kunstetablissements verfügt. Dass Brücken, Haus und Architekturdenkmäler die Stadt zieren und sie den Einwohnern auf Dörfern unbekannten Komfort und Annehmlichkeiten in tausenderlei Gestalt bietet; das 20 oder 30 Generationen sie wohnlich, gesund und schön gemacht haben. Wer hätte da das Recht, auch nur die kleinste Parzelle des gemeinsamen Erbes irgendwem zu verkaufen?”
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1. Laut Wohnungsmarktbericht 2011 waren bereits damals von den 24.000 kommunalen Wohnungen 1999 über ¼ privatisiert
2. In der BRD verdient das untere Drittel über weniger als 1 % des Vermögens, das mittlere Drittel über knapp 20 % des Vermgens und das obere Drittel über ca. 80 % des Vermögens
3. http://www.deutsches-institut-bankwirtschaft.de/Gaedicke%20private%20Verschuldung.pdf http://www.rechtaufstadt-potsdam.de/2014/10504-potsdam-eine-stadt-fur-alle-oder-nur-fur-wenige.html
Die große Maibaustelle kommt!
Im April jährt sich der Kauf unseres Bahnhofs zum ersten Mal. Ein Jahr, in dem wir bereits Vieles geschafft haben – insbesondere aber Vorarbeiten für die eigentliche Sanierung des Gebäudes. Vom 28.04.2014 bis zum 19.05.2014 planen wir jetzt eine größere Baustelle, bei der z.B. ein Teil des Daches neu gedeckt werden soll. Unterstützt werden wir dabei von bis zu 50 freireisenden Wandergesell_Innen sowie hoffentlich von vielen Unterstützer_Innen des Projektes.
Wir haben jetzt eine Material- und Werkzeugliste angefertigt, die fortlaufend aktualisiert wird und hoffen, dass wir uns insbesondere Werkzeug kostengünstig bzw. kostenlos ausleihen können. Wir sind für jede Form der Unterstützung dankbar – ob nun tatkräftige Hand, Mundpropaganda, Werkzeug-Leihgabe, Geld- oder Sachspende – alles hilft unsere Vorstellung von einem sozialen Zentrum ein Stück weit greifbarer zu machen.
Materialliste und Werkzeugliste
Für den Aufbau selbstverwalteter, solidarischer Räume – hier und überall!
Eure MittenDrin-Bahnhofscrew
Potsdam/Leipzig — Am 8. Dezember sollte im Bruno-Plache-Stadion das letzte Spiel des SV Babelsberg 03 gegen den 1. FC Lok Leipzig vor der Winterpause stattfinden. Es sollte ein schöner Sonntag werden, ein Tag der Freude und des Zeichens für Respekt und Menschenverstand. Jedoch aus Angst vor Übergriffen durch Nazis wurde für Probstheida von den Sicherheitskräften der Ausnahmezustand ausgerufen und vom gastgebenden Verein in Zusammenarbeit mit dem Nordostdeutschen Fußball-Verband (NOFV) jede Äußerung gegen Diskriminierung in und rund um das Stadion verhindert. Die Spielabsage vom Freitag ändert nichts am skandalösen Verhalten der Behörden, des Verbandes und der Vereine. Im folgenden wollen wir, die Nordkurve Babelsberg, uns zu den Beschränkungen und den daraus resultierenden Konsequenzen äußern.
Die Nulldrei-Fans, die ihr Team am 8.12. in Leipzig unterstützen wollten, sollten ihre Tickets bereits im voraus kaufen. Ohne Rücksicht auf all jene, die außerhalb von Babelsberg und zum Teil weiter weg wohnen, waren die Tickets lediglich im Karl-Liebknecht-Stadion erhältlich. Gleichzeitig wurde die Gästekapazität begrenzt, was bedeutet, dass lächerliche 300 Karten für den Gästeanhang zur Verfügung gestellt wurden. Bei einer Gesamtkapazität des Gästeblocks von ohnehin nur 500 Plätzen, eine geradezu absurde Handlung. Am Sonntag sollte es eine Bannmeile um das Bruno-Plache-Stadion geben. Nur Menschen mit Tickets hätten diese „verbotene Zone“ betreten dürfen. Eine weitere Ausnahme wären Teilnehmer*innen der Demonstration „Blauweißbunt – Kein Fußball den Faschisten“ gewesen, die sich bis auf 800 Meter dem Stadion hätten nähern dürfen. Im Stadion selbst waren lediglich Fahnen, Banner, Schals und T‑Shirts erlaubt, welche die Vereinsfarben und Logos tragen. Antirassistische Positionierungen wurden als vermeintlich politische Äußerungen untersagt und sollten unterbunden werden. Diese Beschränkungen haben einzig und allein das Ziel, Zivilcourage und Engagement gegen Diskriminierung mit der verabscheuungswürdigen Verherrlichung rechtsradikaler Ideologie gleichzusetzen und offensiv zu verhindern.
Somit sollten wir, die engagierten Fans des SV Babelsberg 03, für das Verhalten einer nicht unbeträchtlichen Zahl von Lok Fans beim Hinspiel im Karl-Liebknecht-Stadion bestraft werden. Denn es waren die Gäste aus Leipzig, welche die Kassen stürmten, die Mörder vom Nationalsozialistischen Untergrund (NSU) in Gesängen huldigten, die Nordkurve angriffen, die den Platz stürmten und für eine Spielunterbrechung sorgten sowie unsägliche Gesänge wie „Wir sind Lokisten – Mörder und Faschisten“ skandierten.
Hinzu kommt, dass wir in unserem Engagement für Respekt und Menschenverstand allein gelassen werden. Der Verein SV Babelsberg 03 wurde vom NOFV unter Druck gesetzt und jede Äußerung zum antirassistischen Selbstverständnis des Vereins mit dem Verweis auf empfindliche Sanktionen verhindert. Der Verband möchte so jedes Engagement gegen Diskriminierung unter dem Dogma der vermeintlichen Neutralität des Sports aus dem Stadion verbannen. Außerhalb des Stadions beschränken die Sicherheitskräfte als vermeintliche Prävention gegen zu erwartende Übergriffe durch Nazis das Demonstrationsrecht statt eine engagierte Zivilgesellschaft zu unterstützen. Lok Leipzig, der NOFV und die Sicherheitsbehörden möchten durch diese repressiven Maßnahmen gewährleisten, dass das Stadion zum vermeintlich vorpolitischen Raum wird.
Die Legende vom vermeintlich unpolitischen Fußball einerseits und einer davon abgetrennten politischen Zivilgesellschaft auf der anderen Seite wird somit mit Reglementierung, Exklusion, Repression und Kontrolle erst erschaffen. Das Verhalten der Vereine, des Verbandes und der Sicherheitsbehörden bedeutet nichts anderes als das jedes Engagement gegen Diskriminierung aus dem Stadion verbannt werden soll. Vor allem bedeutet es aber, dass die Verantwortlichen vor den Nazis einknicken. Statt in und um das Stadion unmissverständlich Rassismus und Diskriminierung die Rote Karte zu zeigen, werden diejenigen ausgeschlossen, die sich genau dafür einsetzen. Statt Nazis ein weltoffenes, tolerantes und respektvolles Miteinander entgegenzusetzen, sollte aus Angst vor ihnen der Ausnahmezustand ausgerufen und eine Bannmeile errichtet werden. Die geplanten Maßnahmen rund um das Spiel zwischen dem 1. FC Lok Leipzig und dem SV Babelsberg 03 im Bruno-Plache-Stadion waren und bleiben ein Armutszeugnis für die Zivilgesellschaft und einen Fußball ohne Diskriminierungen.
Wir sind engagierte Fußballfans! Wir wollen laut, kreativ und bunt unser Team unterstützen. Wir zeigen immer und überall, dass Respekt und Menschenverstand auch ins Stadion gehören.
Wir werden laut und kreativ als Fußballfans und als engagierte Menschen gegen Diskriminierung und die Verherrlichung rechten Gedankenguts auch im Stadion Stellung beziehen. Wir verweigern uns der Simulation eines neutralen Sports. Rassismus, Antisemitismus, Antiziganismus, Homo- und Trans*phobie sowie Sexismus dürfen keine Chance haben – weder in unseren Kurven, noch außerhalb des Stadions!
Für eine bunte Kurve – Kein Fußball den Faschisten!
Wir erachten es, ebenso wie die „Freirauminitiative Frankfurt (Oder)“, als wichtig und notwendig, dass sich, in Zeiten von Mietsteigerung, Gentrifizierung und Wegplanung linker Kulturobjekte und Freiräume, derzeit vor allem sichtbar in deutschen Großstädten, diesem widersetzt wird. Das sind Entwicklungen, die zum Teil auch auf Frankfurt zukommen werden, bereits zugekommen sind oder gerade bittere Gegenwart sind. Die mittlerweile recht brach liegende Frankfurter Kulturlandschaft war in Zeiten der Wende und in den Jahren danach wesentlich geprägt von sozialen Projekten. Wir begrüßen es, dass nach 24 Jahren Häuserkampf und 8 Jahre nach erfolgreicher Besetzung und Räumung der „Villa Rosa“ der Kampf um linken Freiraum nach wie vor auch in unserer Stadt lebendig ist, denn es kann nicht genügend Raum zum politischen Austausch und zur freien Entfaltung geboten werden. Das Heranwachsen einer emanzipatorischen und progressiven Jugendkultur wird dadurch außerdem wesentlich unterstützt. Aufgrund vorgenannter Ausführungen ist die Forderung der „Freirauminitiative Frankfurt (Oder)“ nach einem sozialen Zentrum auch in unserem Interesse, denn diese haben auch in der kleinsten Stadt ihre Berechtigung und vor allem Notwendigkeit. In Anbetracht der hohen Anzahl der dem Verfall hingegeben Gebäude im Stadtbild stellt das unserer Ansicht nach eine weitaus sinnvollere Nutzungsalternative zu Abriss, gewerblicher Nutzung und Mietraumverlagerung dar. Zumal dies vor allem den Bereich im und um das Stadtzentrum weitaus abwechslungsreicher und bunter gestalten würde und eine Alternative für Menschen bieten könnte, die nicht mehr an konsumorientierter Feierkultur interessiert sind. Wir rufen mit unserer Solidaritätserklärung gleichzeitig sämtliche Parteien, Bündnisse, Initiativen und Vereine auf, es uns gleich zu tun und sich mit der “Freirauminitiative Frankfurt (Oder)” zu solidarisieren! Frankfurt (Oder), den 9.10.2013