Weltweit bedroht das Coronavirus Menschen und die Gesundheitssysteme. Es werden weltweit Maßnahmen ergriffen, um die Schwächsten der Gesellschaft zu schützen und die Folgen der Eindämmungsmaßnahmen abzumildern. Wir sind solidarisch mit den Menschen, die zu den Risikogruppen gehören. Wir sind solidarisch mit den Beschäftigten, die im Krankenhaus jeden Tag um die Gesundheit aller Covid19-Patient*innen kämpfen. Wir sind solidarisch mit denjenigen, deren Existenz durch die Einschränkungen bedroht ist. Die sozialen und wirtschaftlichen Verwerfungen sind enorm – in Polen, in Deutschland, genauso wie in vielen anderen Ländern der Welt. Gerade deshalb braucht es Solidarität, die über unsere Grenzen hinausreicht!
Wir tragen Masken, denn sie schützt uns und unsere Mitmenschen. Wir halten Abstand, denn wir wollen helfen, das Virus einzudämmen. Die Mehrheit der Bürger*innen in Frankfurt (Oder) und Słubice und weltweit zeigen jeden Tag dieses solidarische Verhalten und unterstützen im Grundsatz die ergriffenen Eindämmungsmaßnahmen der Staaten.
Die Corona-Pandemie verlangt uns allen viel ab. Aber unsere Antwort sollte Solidarität lauten. Wir sagen Nein! zu Angstmacherei, Falschbehauptungen, Rücksichtslosigkeit und Verschwörungsmythen. Wir sagen Nein! zu Antisemitismus, der Verhöhnung der Opfer des Nationalsozialismus und zur Verharmlosung von Diktaturen, die sich mit Kritik an den Maßnahmenverbinden. Die Doppelstadt Frankfurt (Oder) — Słubice darf nicht als Kulisse missbraucht werden von Menschen, die die Maßnahmen kritisieren und gemeinsam mit Reichsbürger*innen und Rechtsextremist*innen auf unseren Straßen laufen.
Freiheit ist kein Recht auf Rücksichtslosigkeit gegenüber Menschen, die unsere Rücksicht und Solidarität brauchen.
Deshalb rufen wir unter dem Motto „Solidarität statt Rücksichtslosigkeit – Maskenball statt Corona-Leugner!“ zur Demonstration am Samstag den 28.11.2020 12:30 Bahnhof Frankfurt (Oder) auf.
Wir möchten sicher und solidarisch demonstrieren. Tragt Maske und haltet Abstand!
Am Dienstag den 27. Oktober 2020 wurde Horst Mahler aus der JVA Brandenburg an der Havel entlassen. Der Antisemit und Shoaleugner Horst Mahler war seit 2009 in der JVA Brandenburg an der Havel inhaftiert. Die Freilassung nehmen wir zum Anlass eine kleine Chronik mit einigen ausgewählten Ereignissen um Horst Mahler von 1998 bis heute zu veröffentlichen. Die Chronik spiegelt viele, gewiss aber nicht alle, Geschehnisse wieder. Daher erheben wir hier keinen Anspruch auf Vollständigkeit, wollen dennoch einen breiteren Überblick ermöglichen.
Horst Mahler oder mit vollständigen Namen Horst Werner Dieter Mahler wurde am 23. Januar 1936 in Haynau (Niederschlesien) geboren. Er war Mitglied der SPD und des Sozialistischen Deutschen Studentenbundes (SDS). Als Mitbegründer des Sozialistischen Anwaltskollektivs vertrat er viele Aktivist*Innen der Studentenbewegung, darunter auch spätere Mitglieder der „Rote Armee Fraktion“. Im Jahr 1970 wird Mahler Mitbegründer der RAF und im gleichen Jahr auch noch verhaftet und anschließend zu 14 Jahren Freiheitsstrafe u. a. wegen Bankraubs verurteilt. Horst Mahler ist seit Ende der 1990er Jahre im rechtsradikalen Milieu aktiv. So war er Mitglied der NPD und vertrat die Partei auch im Verbotsverfahren, welches 2003 scheiterte. Um die 2000er war Mahler einer der Köpfe des „Deutschen Kollegs“. Wegen verschiedener Delikte, darunter verfassungswidrige Betätigung, Shoaverleugnung, Mord- und Gewaltandrohungen sowie antisemitische und neonazistische Äußerungen wurde Mahler zu Geld- und Freiheitsstrafen verurteilt. Von Mai 2006 an befand sich Mahler mit einer Unterbrechung vom Juli 2015 bis Mai 2017 in Haft. Horst Mahler war aufgrund der Nähe zu seinem Wohnort in Kleinmachnow, seiner letzten Meldeadresse vor der Inhaftierung, in der JVA Brandenburg an der Havel inhaftiert. Mahler ist ein Antisemit, der auch unter Reichsbürger*Innen mit seinen Thesen und Behauptungen viel Ansehen genießt. Mahler trat mit dem „Deutschen Kolleg“ für die Errichtung eines „4. Reiches“ ein. Des Weiteren sieht er den Tag der bedingungslosen Kapitulation der Wehrmacht als den Tag des letzten in Deutschland gültigen Rechtsstands. Laut Mahler arbeiten die Juden „bewusst an der Zersetzung der Volksgeister und erstreben die Herrschaft über die Völker“. Deshalb seien, so Mahler, „auch die Protokolle der Weisen von Zion – auch wenn es sich dabei um eine Fälschung handelt – authentische Zeugnisse des jüdischen Geistes“.
1998: Im Jahr 1998 ist Mahler einer der Mitbegründer der deutschnationalen Bürgerbewegung „Für Unser Land“. Diese ruft alle Deutschen auf, sich ihr anzuschließen, „damit Deutschland deutsch bleibt.“ Er veranstaltete zusammen mit anderen Funktionär en des Bundes freier Bürger Montagsdemonstrationen unter anderem gegen das geplante Holocaust-Mahnmal in Berlin und in Frankfurt/Main. (Antifa Infoblatt 22. September 1999, Antifa Infoblatt 10. April 2003)
1999: Mahler tritt dem „Deutschen Kolleg“ bei. Das „Deutsche Kolleg“ entstand 1994 aus dem Lesekreis Berlin der „Jungen Freiheit“. Die „Junge Freiheit“ gilt als Publikation der sog. Neuen Rechten. Das „Deutsche Kolleg“ radikalisiert sich mit dem Beitritt Mahlers, der seitdem mehrfach mit antisemitischen Äußerungen auffällt. (MAZ 26.7.2003)
2000: Mahler publiziert im Oktober 2000 ein Pamphlet mit dem Titel „Ausrufung des Aufstandes der Anständigen“. In diesem fordert Mahler unter anderem das Verbot der jüdischen Gemeinden in Deutschland, die Ausweisung aller Asylbewerber, „aller arbeitslos gewordenen Ausländer“ und einige weitere Maßnahmen ähnlicher Art.
Am 12. August 2000 tritt Mahler in die NPD ein. In seiner Presseerklärung dazu heißt es, dass er das Grundgesetz für ein „Provisorium für die Übergangszeit bis zur Wiederherstellung der Handlungsfähigkeit des Deutschen Reiches“ hält.
Zusammen mit Franz Schönhuber veröffentlichte Mahler im Jahr 2000 das Buch „Schluß mit dem deutschen Selbsthaß“.
2001: Ab 2001 bis 2003 vertritt Mahler die NPD vor dem Bundesverfassungsgericht, als die Bundesregierung erfolglos versucht, ein Verbot der NPD zu erreichen. Seine Schriftsätze an das Gericht bestehen großenteils aus ideologischen Textpassagen unterschiedlicher Herkunft.
2002: Mit der Billigung Mahlers wird im September 2002 in der NPD Parteizentrale in Berlin-Köpenick ein Schriftstück an Journalist*Innen verteilt. In diesem wird der Hass gegen Juden als „untrügliches Zeichen eines intakten spirituellen Immunsystems“ bezeichnet. (MAZ 26.7.2003)
2003: Horst Mahler wird im Juli eine Behördenverfügung zugestellt, die ihn dazu verpflichtet, seinen Pass sowie Personalausweis umgehend auszuhändigen. Das ganze geschieht, weil Mahler eine Provokationsreise in das nationalsozialistische Vernichtungslager Auschwitz-Birkenau nach Polen plante. Nach Erkenntnissen mehrerer Verfassungsschutzbehörden hatte er mit Gesinnungsfreunden beabsichtigt, in der kommenden Woche in Auschwitz den Holocaust an sechs Millionen Juden öffentlich zu leugnen. Erst vor Tagen habe ein rechtsextremes Vorauskommando Gaskammern in Auschwitz vermessen sowie Film- und Fotoaufnahmen gemacht. Die Daten und Bilder sollten offenbar als Beleg für die Behauptung herhalten, dass die Nazi-Verbrechen ein weit geringeres Ausmaß hatten, als die Geschichtsforschung nachgewiesen hat. Im Mai waren Mahlers Pläne den Verfassungsschützern bekannt geworden — im Umkreis des neonazistischen Intellektuellen-Zirkels “Deutsches Kolleg”, in dem der 67-Jährige den Ton angibt. Vor zwei Wochen zuvor deutete sich zudem an, dass Medien die Provokationen öffentlichkeitswirksam verbreiten sollten. Details sind nicht bekannt. Das “Deutsche Kolleg” besteht aus 40 bis 50 Mitgliedern, die das Dritte Reich — besonders den Antisemitismus — verherrlichen. Unter Sicherheitsexperten gilt es als “intellektuelle Speerspitze des deutschen Rechtsextremismus”. (MAZ 26.7.2003)
Im Sommer 2003 zelebrieren Shoaleugner*Innen unter Führung von Horst Mahler den “Aufstand für die Wahrheit auf der Wartburg”. Auf mitgebrachten Plakaten waren Losungen wie “Den Holocaust gab es nicht” oder “Die Wahrheit siegt” zu lesen. (Mut gegen rechte Gewalt 19. Dezember 2008)
Mahler gründet im November 2003 den Verein zur Rehabilitierung der wegen Bestreitens des Holocaust Verfolgten, dem neben ihm selbst eine Reihe bekannter Holocaustleugner angehörten.
2004: Als Mitbegründer des rechtsradikalen „Deutschen Kollegs“ steht Mahler mit Reinhold Oberlercher und Uwe Meenen wegen Volksverhetzung im Februar 2004 vor dem Landgericht Berlin. Der Grund dafür ist das im Oktober 2000 publizierte Pamphlet „Ausrufung des Aufstandes der Anständigen“.
Mahler wird 2004 vom Amtsgericht Tiergarten am 8. April ein vorläufiges Berufsverbot erteilt, weil er während des Prozesses den Richtern, den Schöffen und dem Staatsanwalt die Todesstrafe nach dem Reichsstrafgesetzbuch angedroht hat und im Gericht antisemitische Äußerungen getätigt hat. Im Übrigen gingen ähnliche Todesdrohungen an die Abgeordneten des Deutschen Bundestages und zwei Rechtsanwälte der Partei Bündnis 90/Die Grünen. Wegen der im Prozess geäußerten antisemitischen Kommentaren erhob die Staatsanwaltschaft erneut Anklage. Das Landgericht ordnete in diesem Prozess auch die psychiatrische Begutachtung Mahlers durch einen Sachverständigen an. Schließlich wurde er zu einer Freiheitsstrafe von neun Monaten verurteilt.
Am 11. September fand in Kleinmachnow bei Potsdam eine Antifademo unter dem Motto “Wenn die Antifa 3x klingelt…Wir machen auch Hausbesuche!” gegen Horst Mahler statt, bei der gegen den dort lebenden Neonazi und Antisemiten protestiert wurde. Zuvor kursierten zwei Aufrufe aus dem neonazistischen Spektrum, in dem gegen die Antifaaktion mobil gemacht wurde. In Kleinmachnow selbst verteilten “Freunde von Horst Mahler” Flugblätter in Briefkästen, in dem zu einer Gegenkundgebung aufgerufen wurde. An der Demo beteiligten sich rund 130 Autonome Antifas. Neben der Polizei waren auch einige Neonazis anwesend. Ihre Hauptaufgabe sahen die versammelten Nazikameraden im Schutz des Hauses von Mahler sowie der Beobachtung unserer Antifa Aktion. Viele Anti-Antifa-Aktivisten aus Berlin und Brandenburg wurden gesichtet, und auch des Platzes verwiesen. Kurz vor Schluss der Demonstration kam es zu Rangeleien der Demonstration mit der Polizei, da sich die versammelten Polizeibeamten nicht in der Lage sahen die Neonazi zügig aus unserem Weg zu räumen. Anzeigen wurden nicht angenommen, Holocaustleugner konnte lauthals agieren wie sie wollten und die Neonazis konnten immer schön vermummt ihre Geländespiele vollführen. (Inforiot 10. September 2004, Inforiot 13. September 2004)
Das Fronttransparent der Antifademo in Kleinmachnow 2004, Quelle: Indymedia
2005: Im Juni 2005 tauchen in Berliner S‑Bahnen Flugzettel auf, in denen vom „Deutsche Kolleg“ um den Shoaleugner Horst Mahler zum Besuch des „ersten Bernauer Ausschwitz-Prozesses“ aufgerufen wurde auf. (Autonome Jugendantifa Bernau 30. Juni 2005)
Der Kleinmachnower SPD-Landtagsabgeordnete Jens Klocksin verlangt in einer Kleinen Anfrage an die Landesregierung die Bewertung der Aktivitäten des Netzwerkes “Die Reichsbürgerbewegung zur Befreiung Deutschlands”. Die Bewegung erstelle und verteile nach eigenen Angaben alle vier bis sechs Wochen Flugblätter, Aufkleber und Plakate mit rechtsextremem und ausländerfeindlichem Gedankengut. Sie betreibt rechtsextreme Hasspropaganda gegen Demokrat*Innen, Christ*Innen, Jüdinnen*Juden und Ausländ*Innen. Die Postwurfsendungen erreichen Haushalte in Berlin und Brandenburg, auch in der Region Teltow. Presserechtlich verantwortlich zeichnet der Rechtsextreme Horst Mahler aus Kleinmachnow. (PNN 2. Februar 2005)
2006: Horst Mahler wird im Januar 2006 für sechs Monate der Reisepass von den brandenburgischen Behörden entzogen. Dies geschieht um Mahlers Teilnahme an der Teheraner Holocaustleugner-Konferenz (11./12. Dezember 2006) zu verhindern. Das Innenministerium begründet dies damit, dass Mahler mit erneuten antisemitischen Äußerungen auf dieser Konferenz das Ansehen der BRD erheblich beschädigen könnte. (PNN 27. Februar 2006, Berliner Zeitung 27. Januar 2006)
2007: Mahler begrüßt bei einem Interview im September 2007 für die Zeitschrift „Vanity Fair“ den Reporter M. Friedman mit den Worten „Heil Hitler, Herr Friedman“ und im weiteren Gesprächsverlauf leugnet er die Shoa. (Focus Online 22. Juli 2008, Vanity Fair November 2007)
Am 23. November berichtet die Süddeutsche Zeitung, dass Mahler ein Einschreiben an den Bürgermeister von Ebersberg, seinem Wohnort, schickt. Im Schreiben leugnet er die Shoa und verherrlicht den Nationalsozialismus. (Süddeutsche Zeitung 23. November 2007)
2008: Der im November 2003 gegründete Verein Mahlers wird als verfassungsfeindlich verboten. Der „Verein zur Rehabilitierung der wegen Bestreitens des Holocaust Verfolgten“, dem neben ihm selbst eine Reihe bekannter Holocaustleugner angehörten ist damit Geschichte.
Mahler wird wegen Volksverhetzung und Beleidigung zu 10 Monaten Freiheitsstrafe ohne Bewährung vom Amtsgericht Erding verurteilt. Grund für die Verurteilung sind die Äußerungen im Interview mit M. Friedman im September 2007.
Am 22. Juli wird Mahler am Landgericht Cottbus zu 11 Monaten Freiheitsstrafe ohne Bewährung verurteilt. Am 15. November 2006 bei seinem Haftantritt zeigte Mahler nach Polizeiangaben den Hitlergruß und rief seinen ca. 35 AnhängerInnen „Heil“ zu.
2009: Mahler wird am Landgericht München II am 25. Februar 2009 zu sechs Jahren Freiheitsstrafe verurteilt. Er strebte diesen Prozess an um ihn für seine politischen Zwecke zu instrumentalisieren und so sagt Mahler am 12. Januar 2009 bei der Eröffnung zum Richter „Ich sitze hier, weil ich hier sitzen will.“ Kurz darauf leugnet er erneut die Shoa. Zuvor hat er Strafanzeige gegen sich selbst erstattet. (Süddeutsche.de 17. Mai 2010)
Am 11. März 2009 wird er vom Landgericht Potsdam zu zwei Jahren und zehn Monaten Freiheitsstrafe wegen Volksverhetzung in 15 Fällen verurteilt. Das Urteil wird unter Einbeziehung der Urteile vom 20. Januar 2005 vom Landgericht Hamburg und des vom 9. September 2002 vom Amtsgericht Mainz, bei denen er zu zwei Jahren und vier Monaten verurteilt worden war, gefällt. Mit der Verurteilung vom Landesgericht München II vom Februar 2009 ist Mahler insgesamt zu zwölf Jahren Freiheitsstrafe verurteilt worden.
Im Juli 2009 wird Mahler von der Anwaltskammer Berlin die Zulassung entzogen. (n‑tv 19. 08.2009)
2011: Am 26. März 2011 sind 200 bis 250 Neonazis vor der JVA Brandenburg an der Havel aufmarschiert um sich mit dem dort inhaftierten Shoaleugner Horst Mahler zu solidarisieren. Im Gegensatz zur Mobilisierung der Neonazis, die mit zwei Straßenbahnen, einem Reisebus und zahlreichen Pkws anreisten, blieb der antifaschistische Protest eher verhalten. Zu einer Gegenveranstaltung an der Straßenbahnhaltestelle „Asklepios Klinik“ versammelten sich nach umfangreichen Vorkontrollen inklusive Identitätsfeststellung gerade einmal 20 Menschen, die den Aufrufen des Antifaschistischen Netzwerkes [AFN], des VVN-BdA sowie der Gewerkschaften gefolgt waren. Die Stadt Brandenburg an der Havel oder die sagenumwobene „Zivilgesellschaft“ hatten hingegen nicht den Weg zur Gegenveranstaltung gefunden. Auch auf eine Alibiveranstaltung fern ab des Geschehens wurden in diesem Jahr komplett verzichtet. Der Aufmarsch der Neonazis war von dem ebenfalls wegen Leugnung der Shoa vorbestraften Kevin Käther sowie dem neonazistischen Anwalt Wolfram Narath initiiert worden und lockte auch internationale Protagonisten dieses Milieus, z.B. aus Frankreich, an. Daneben solidarisierten sich aber auch Angehörige so genannter „Freier Kräfte“ aus Berlin und Brandenburg mit der Veranstaltung und ihrer Forderung nach der Freilassung Mahlers aus der Strafhaft sowie der Abschaffung des § 130 (Volksverhetzung), StGB. Weiterhin vertreten waren auch lokale Größen der NPD, wie Michel Müller, der im Kreistag vom Havelland sitzt, und Maik Schneider, ehem. Abgeordneter im Kreistag Havelland sowie in der Stadtverordnetenversammlung Nauen. In Redebeiträgen, auf Bannern und Pappschildern wurde dabei Mahlers Verurteilung wegen Verleugnung der Shoa, für die er als Wiederholungstäter einmal mehr einsitzt, als „Gesinnungsjustiz“ deklariert, die angeblich das Grundrecht auf Meinungsfreiheit untergräbt. (Antifaschistisches Netzwerk Brandenburg – Premnitz – Rathenow 27. März 2011)
Ein Flyer/Aufkleber bei der Demonstration für Horst Mahler 2011 in Brandenburg an der Havel
Den 200 bis 250 Neonazis stellten sich gerade mal 20 Antifaschist*Innen entgegen, Quelle: AFN
2012: Von November 2012 bis März 2013 schreibt Mahler auf einem Computer im Gefängnis ein Werk unter dem Titel „Das Ende der Wanderschaft – Gedanken über Gilad Atzmon und die Judenheit“. Der mehr als 200 Seiten umfassende antisemitische Text in dem Mahler sich in seinen Thesen auf den jüdischen Israelkritiker Gilad Atzmon bezieht, wird beschlagnahmt und Mahlers Kontakte nach Außen strenger kontrolliert, nachdem Teile des Textes im Internet auf der Seite „Altermedia“ veröffentlicht wurde. (Berliner Zeitung 7. Juni 2017, Der Spiegel Nr. 30, 2013)
2014: Die Staatsanwaltschaft Cottbus erhebt im Mai 2014 Anklage wegen Volksverhetzung gegen Mahler aufgrund des Textes „Das Ende der Wanderschaft – Gedanken über Gilad Atzmon und die Judenheit“. (welt.de 22. August 2013)
Am 26. Oktober 2014 veranstaltete das Neonazi-Netzwerk „Gefangenenhilfe“ (GH) in Brandenburg an der Havel auf dem Neustädtischen Markt eine Kundgebung zu der um die 70 Neonazis kamen. Das Motto der Kundgebung, die von der NPD Havel-Nuthe angemeldet worden war, lautete „Solidarität gegen staatliche Repression“. Unter anderem war Maik Eminger, Zwillingsbruder des Mitangeklagten im NSU-Prozess, André Eminger, vor Ort. Die „GH“ war zum ersten Mal 2012 öffentlich mit ihrem ersten Eintrag auf ihrer Webseite im April 2012 aufgefallen. Sieben Monate zuvor war die „Hilfsorganisation für nationale politische Gefangene“ (HNG) verboten worden. Die „GH“ betonte immer wieder, dass sie nicht die Nachfolgeorganisation der „HNG“ sei, dennoch übernahm sie größtenteils deren Arbeit, baute aber ihre Strukturen anders auf um das staatliche Vorgehen gegen die neu gegründete „GH“ zu erschweren. So hatte die „GH“ ihren Sitz in Schweden, ließ sich dort ins schwedische Vereinsregister eintragen und eröffnete dort auch ihre Bankkonten. Das ganze wurde möglich durch den in Skandinavien lebenden Stephan G. Maik Eminger, der langjähriger Vorsitzender der „Jungen Nationaldemokraten“ (JN) Potsdam hielt die erste Rede, nach dieser folgte eine Rede vom Vorsitzenden der Brandenburger JN Pierre Dornbrach woraufhin ein Redebeitrag von einem Redner der Partei „Der dritten Weg“ folgte. Circa 100 Menschen stellten sich den Neonazis entgegen. Zu Gegenaktionen aufgerufen hatten die „Koordinierungsgruppe für Demokratie und Toleranz“ sowie die Linksjugend solid. (Die Zeit 26. Oktober 2014)
Eines der Transparente der Neonazis bei der Kundgebung 2014 auf dem Neustädtischen Markt, Quelle: Presseservice Rathenow
2015: Die Staatsanwaltschaft Potsdam gewährte Mahler aufgrund seines schlechten Gesundheitszustandes eine Haftunterbrechung im Juli 2015. Aufgrund einer schweren Infektion und deren Folgen muss ihm der linke Unterschenkel amputiert werden. Daraufhin entwickelt Mahler eine schwere Sepsis und befindet sich in einem akut lebensbedrohlichen Zustand und wird daher vom Gefängniskrankenhaus auf die Intensivstation den Städtischen Klinikums Brandenburg an der Havel verlegt. Im August 2015 verbesserte sich der Gesundheitszustand soweit, dass er eine Rehabilitation plante. Die Strafvollstreckungskammer des Landgerichts Potsdam entschied daraufhin im September 2015, dass Mahler nach der Verbüßung von zwei Drittel der Haftstrafe auf Bewährung freikommen soll. Das Oberlandesgericht Brandenburg hob die Aussetzung der Strafe zur Bewährung nach einer Beschwerde der Staatsanwaltschaft München II wieder auf. Sowohl die JVA als auch die Staatsanwaltschaft sprachen sich gegen die vorzeitige Entlassung aus, da weitere Straftaten zu erwarten seien und Mahler eine „verfestigte kriminelle Persönlichkeitsstruktur“ aufweise. Dieser Auffassung folgte das Oberlandesgericht Brandenburg und stellte des Weiteren fest, dass eine positive Sozialprognose für ein straffreies Leben nicht zu erwarten sei. Die kurzzeitige Haftunterbrechung nutzte Mahler unter anderem um erneut Vorträge in rechtsradikalen Kreisen – insbesondere denen der NPD – zuhalten. (Tagesspiegel 31.03.2017, Tagesspiegel 18.01.2019)
Dem Tagesspiegel ist am 22. Juli 2015 zu entnehmen, dass „[b]randenburgs Sicherheitsbehörden […] sich auf den Tod des Neonazis und bekannten Holocaustleugners Horst Mahler vor[bereiten].“ Weiter heißt es, dass die Polizei erste Vorbereitungen getroffen habe für den Fall von Mahlers ableben um Fackel- und Trauerzüge von Neonazis in Brandenburg an der Havel zu verhindern. (Tagesspiegel 22.07.2015)
2017: Horst Mahler hält am 9. Januar 2017 in der Nähe von Mannheim einen Vortrag. Mitschnitte davon werden auf rechtsradikalen YouTube Accounts hochgeladen. In diesen ist zu hören, wie Mahler unter anderem folgende Dinge sagt: „Die Judenheit ist in der Tat der Feind“, „das ist der Auftrag an die Judenheit, der bis heute von ihr erfüllt wird. Sie sind darauf aus, die Völker regelrecht zu vernichten.“, „Das ist das Ziel dieses Volkes von Anfang an und er ist nie aufgegeben worden“. (PNN 30.03.2017)
Am 19. April 2017 veröffentlichte Mahler ein Video in dem er verkündet, dass er nicht wieder zur Haft antreten werde. Die Staatsanwaltschaft München II stellt daraufhin einen europäischen Haftbefehl aus. Seit der Veröffentlichung des Videos befand sich Horst Mahler auf der Flucht bis am 15. Mai 2017 bekannt wurde, dass er in Ungarn um Asyl gebeten hatte. Dies tat er mit einem persönlich an Viktor Orban gerichteten Brief. Daraufhin wurde er von den ungarischen Behörden in Sopron festgenommen und in Abschiebehaft gesetzt. Rund eine Woche nachdem am 6. Juni 2017 der Beschluss des Budapester Stadtgerichts zur Auslieferung Mahlers an Deutschland bekannt wurde, wurde er am Flughafen in Budapest den deutschen Behörden übergeben und zurück in die JVA Brandenburg an der Havel gebracht um dort die restliche Strafe von dreieinhalb Jahren abzusitzen. (Spiegel Online, 17.05.2017)
2018: Horst Mahler zeigt die Leiterin der JVA Brandenburg an der Havel an. Er wirft der Leiterin Frau Wellnitz unter anderem fahrlässige Körperverletzung vor. In seinem behindertengerechten Haftraum habe Mahler in der Nacht auf den 15. November 2017 eine Verbrennung am großen Zeh seines rechten Beines erlitten. Die vermeintlich unmittelbare Ursache „die Berührung des erwähnten Körperteils mit einem im Haftraum angebrachten Heizkörper“. Die verletzende Handlung bestehe in „der grob fahrlässigen Eröffnung einer Gefahrenquelle“ laut Mahler. (MAZ 12.01.2018)
Im Jahr 2018 musste Mahler dann auch der rechte Unterschenkel amputiert werden. Daraufhin wurde von Mahler und der JVA Brandenburg an der Havel ein Entlassungsgesuch aufgrund „multimorbider Krankheit“ gestellt. Dieses wurde trotz des von Mahler zu erwartenden Todes von der Staatsanwaltschaft München II Ende November 2018 abgelehnt. Dies begründete die Staatsanwaltschaft damit, dass bei „der erforderlich werdenden palliativen Betreuung in der letzten Lebensphase“ das Anstaltskrankenhaus ausreichend ist und Mahler zur Not in eine externe Klinik verlegt und dort bewacht werden könnte. Die Staatsanwaltschaft ginge davon aus, dass „ein Ableben nach den ärztlichen Berichten wahrscheinlich“ sei. Weiter führte sie an, dass aufgrund der erheblichen Taten Mahlers und seines Verhalten in der Zeit der Haftunterbrechung „überwiegende öffentliche Sicherheitsinteressen“ bestünden und weiter hieß es, dass es sich nicht „mit der erforderlichen Sicherheit ausschließen [lasse], dass weitere Straftaten begangen werden“. (Der Tagesspiegel 18. Januar 2019)
Am 18. März 2018 haben Neonazis aus dem Brandenburger Nordwesten eine Kundgebung vor dem Justizzentrum angemeldet. Rund 40 Neonazis forderten unter anderem Freiheit für die Shoaleugnerin Ursula Haverbeck. Weitere Beiträge gab es zu dem §130 (Volkverhetzungsparagraphen) und dem Neonazi Horst Mahler. Angemeldet wurde die Kundgebung von Nick Zschirnt. Er ist den ‚Freie Kräfte Neuruppin‘ zuzurechnen. Auf der Kundgebung gesprachen der Anwalt der rechtsterroristischen ‚Gruppe Freital‘ Martin Kohlmann sowie Zschirnt selbst. Rund 850 Personen stellten sich den Neonazis entschlossen entgegen. (Emanzipatorische Antifa Potsdam)
Die Neonazikundgebung in Potsdam am 18. März 2018, Quelle: Presseservice Rathenow
2019: Im Gesamten Jahr werden in Brandenburg an der Havel mindestens 50 Aufkleber festgestellt. Auf diesen wird „Freiheit für alle politische Gefangene“ gefordert und Ursula Haverbeck, Horst Mahler, Wolfgang Fröhlich sowie Siegfried Borchardt sind abgebildet. Die Aufkleber stammen von der Seite „nsheute.com“ und sind laut Eigenaussage in Kooperation mit der „Gefangenenhilfe“ entstanden. (Antifa Jugend Brandenburg)
Am 16. März 2019 veranstalteten Freie Kräfte sowie Mitglieder der NPD den „Tag der politischen Gefangenen“ in Brandenburg an der Havel auf dem Katharinkirchplatz. Zu der Kundgebung kamen ca. 30 bis 40 Neonazis aus Brandenburg an der Havel sowie überwiegend aus Westbrandenburg. Aus Brandenburg an der Havel nahm unter anderem der Mörder von Sven Beuter, Sascha L., teil. Des Weiteren waren unteranderem Roy S., Ramon G., Hans-Peter G. und Michael H. anwesend. Aus Westbrandenburg waren unteranderem Dave T., Nick Z., Beatrice K., Pierre B., Robert W., Manuela K. sowie Frank O. angereist (um nur ein paar zu nennen). Von der „British National Front“ ist Shoaleugner Richard Edmonds angereist und hielt eine Rede. Auf Transparenten wurde sich mit Shoaleugner*Innen wie Horst Mahler und Ursula Haverbeck solidarisiert. Weiter wurde beklagt, dass es ein „totalitäres Sonderrecht“ in Deutschland gebe, weil der Straftatbestand der Volksverhetzung in einem Land mit Meinungsfreiheit keinen Platz haben sollte. Dagegen gingen bei Dauerregen 150 Menschen auf die Straße und forderten unter anderem auf den Transparenten „Faschistische Strukturen zerschlagen“ und „Kein Kiez für Nazis“. (Antifa Jugend Brandenburg)
Auf einem Transparent wird bei der Kundgebung auf dem Katharinkirchplatz von den Neonazis „Meinungsfreiheit durchsetzen, Freiheit für Horst Mahler“ gefordert, Quelle: Presseservice Rathenow
Die Antifa Jugend Brandenburg fordert auf einem Transparent „Faschistische Strukturen zerschlagen!“, Quelle: Presseservice Rathenow
Laut Spiegel sowie Tagesspiegel soll Andreas Kalbitz am 10. August 2008 eine E‑Mail von Horst Mahler erhalten haben. Diese liegt dem Tagesspiegel ebenfalls vor. In der E‑Mail berichtete Mahler vom ersten Verhandlungstag am Landgericht Potsdam. Die Mail nach dem Prozessauftakt ging an einen Verteiler von 276 E‑Mail-Adressen — darunter die von Andreas Kalbitz. Dem Tagesspiegel sagte Kalbitz er könne sich nicht an einen Kontakt zu hochrangigen Vertretern der Nazi-Szene erinnern. Dem “Spiegel” erklärte er: “Von einer E‑Mail von Herrn Mahler vor elf Jahren weiß ich nichts”. Und weiter: “Ich habe keinerlei Kontakt mit Horst Mahler und distanziere mich schärfstens von den von ihm aufgestellten Thesen.” (Der Tagesspiegel 23.08.2019)
2020: Am 8. August 2020 holen 32 Neonazis den für ursprünglich im März geplanten „Tag der politischen Gefangenen“ in Hennigsdorf nach. Der NPD-Funktionär Andrew Stelter fordert in einer Rede Solidarität für Ursula Haverbeck sowie für Horst Mahler. Besucht und organisiert wurde die Kundgebung von Neonazis aus der NPD, der Junge Nationalisten (JN), die Jugendorganisation der NPD) und Neonazis aus dem Freien Kameradschaftsspektrum. Symbolisch kehren die Neonazis dem Mahnmal für die Opfer des Faschismus, welches auf dem großen Platz steht, den Rücken zu. Im Nationalsozialismus war die Kleinstadt Hennigsdorf der Standort von zwei Außenstellen von Konzentrationslagern. (Zeit 9.10.2020)
Neonazis fordern auf einem Transparent „Freiheit für Horst Mahler“. Im Hintergrund ist das Mahnmal für die Opfer des Faschismus zu sehen, Quelle: Presseservice Rathenow
Am 27. Oktober 2020 wurde Horst Mahler aus der JVA Brandenburg an der Havel entlassen. Auf seiner Homepage veröffentlicht Mahler die Verfügung, die ihm Auferlegt wurde. Demnach soll der einen Bewährungshelfer bekommen und muss diesem stets seinen Wohnort mitteilen. Außerdem muss er auch alle Texte eine Woche vor deren Veröffentlichung dem LKA vorlegen. Falls er dies nicht tut, droht ihm eine Haftstrafe. (rbb24 27.10.2020, Spiegel 27.10.2020)
Aussicht
Es ist nicht davon auszugehen, dass Mahler seine Aktivitäten einstellt. Sein Gebaren, trotz seines angeschlagenen Gesundheitszustands, lässt nicht schließen, dass er sich zurückziehen wird. Mahler wird wahrscheinlich wieder Vorträge halten und antisemitische Texte verbreiten. Am liebsten tut er das zurzeit über das Internet. Voraussichtlich wird er dies auch weiterhin tun und damit weiterhin als „Vorbild“ für viele Neonazis dienen.
Ob Mahler lange frei bleiben wird ist allerdings fraglich, denn die Staatsanwaltschaft Cottbus hat (nach eigenen Angaben) erneut Anklage in mehreren Fällen von Volksverhetzung gegen Mahler erhoben. In diesem Zusammenhang ist bereits ein neuer Haftbefehl beantragt worden. Des Weiteren hat die Staatsanwaltschaft München II Führungsaufsicht beantragt. Das heißt in diesem Fall, dass Mahler die Veröffentlichung von Text- und Sprachbeiträgen verboten werden soll, wenn er diese nicht eine Woche vorher beim Landeskriminalamt eingereicht hat und diese freigibt. Ob Mahler sich daran halten wird, bleibt abzuwarten. Tut er dies nicht, droht ihm wieder eine Haftstrafe.
Auch in der Zukunft gilt für uns: Gegen jeden Antisemitismus – immer und überall!
– Antifa Jugend Brandenburg und Alternatives Schulbündnis Brandenburg –
Aufgrund der aktuellen Verordnungen zum Schutz vor dem Covid-19-Virus ist eine Anmeldung zur Veranstaltung obligatorisch und die Platzzahl begrenzt. Bitte melden Sie sich vorher an unter kontakt@fachstelle-antisemitismus-bb.de
Einfache Wahrheiten über eine komplizierte Welt. Corona ist eine Erfindung der Pharmaindustrie! Menschen, die daran erkranken, müssen so für ihre Sünden büßen! Oder: Das Virus wurde in chinesischen Geheimlaboren gezüchtet! Verschwörungstheorien verbreiten sich nicht nur im Netz wie im Lauffeuer und sind schon lange kein Randphänomen mehr.
Katharina Nocun und Pia Lamberty beschreiben, wie sich Menschen aus der Mitte der Gesellschaft durch Verschwörungstheorien radikalisieren und die Demokratie als Ganzes ablehnen. Welche Rolle spielen neue Medien in diesem Prozess? Wie schnell wird jeder von uns zu einem Verschwörungstheoretiker? Und wie können wir verdrehte Fakten aufdecken und uns vor Meinungsmache schützen?
Pia Lamberty ist Psychologin und Expertin im Bereich Verschwörungsideologien. Ihre Forschung führte sie an die Universitäten in Köln, Mainz und Beer Sheva (Israel). Darüber hinaus ist sie Mitglied im internationalen Fachnetzwerk “Comparative Analysis of Conspiracy Theories”. Interviews und Berichte über ihre Forschung sind in zahlreichen nationalen und internationalen Medien erschienen.
Katharina Nocun ist Wirtschafts- und Politikwissenschaftlerin. Sie leitet bundesweit politische Kampagnen, u.a. für Mehr Demokratie e.V. und den Verbraucherzentrale Bundesverband. Ihr erstes Buch „Die Daten, die ich rief“ wurde in zahlreichen namhaften Medien aufgegriffen.
Die Veranstaltung wird ausgerichtet von der Emil Julius Gumbel Forschungsstelle am Moses Mendelssohn Zentrum Potsdam, der Fachstelle Antisemitismus Brandenburg und vom Graduiertenkolleg Gesundheits- und Sozialberufe der BTU Cottbus-Senftenberg.
Die Veranstaltenden behalten sich vor, von ihrem Hausrecht Gebrauch zu machen und Personen, die rechtsextremen Parteien oder Organisationen angehören, der rechtsextremen Szene zuzuordnen sind oder bereits in der Vergangenheit durch rassistische, nationalistische, antisemitische oder sonstige menschenverachtende Äußerungen in Erscheinung getreten sind, den Zutritt zur Veranstaltung zu verwehren oder von dieser auszuschließen.
Am Donnerstag, 15. Oktober 2020 um 19:00 Uhr BTU Cottbus-Senftenberg
Campus Sachsendorf
Gebäude 10, Raum 112
Lipezker Straße 47, 03048 Cottbus
mit
· Katharina Nocun (Ökonomin und Politologin)
· Pia Lamberty (Sozialpsychologin)
Moderation: Prof. Heike Radvan (Erziehungswissenschaftlerin, BTU Cottbus)
und am Donnerstag, 22. Oktober 2020 um 19:00 Uhr
Haus der Brandenburgischen-Preußischen Geschichte
Kutschstall
Am Neuen Markt 9, 14467 Potsdam
mit
· Katharina Nocun (Ökonomin und Politologin)
· Pia Lamberty (Sozialpsychologin)
Moderation: Dorina Feldmann (Fachstelle Antisemitismus Brandenburg)
Nach versuchtem „Sturm auf den Reichstag“ in Berlin: Havelländischer Aktivist der „Jungen Alternative“ soll laut der neu-rechten Publikation „Junge Freiheit“ gestern aus der Jugendorganisation der AfD ausgetreten sein.
Havelländer bei „Sturm auf den Reichstag“ dabei
Ab Sekunde 0:37 bis 0:55 ist Gavin Singer auf dem Video der „Antifa Zeckenbiss“ zu sehen
Fanatisierte Menschen mit schwarz-weiß-roten Fahnen, welche die Treppen des Berliner Reichstages erklimmen. Drei Polizisten, welche sichtbar Schwierigkeit haben, den Eingang zum wichtigsten bundesdeutschen Parlamentsgebäude zu schützen. Das sind die entscheidenden Szenen eines einminütigen Videos, das seit Samstagabend auf dem Twitteraccount der „Antifa Zeckenbiss“ zu sehen ist. Ebenfalls auf dem Filmmaterial sichtbar ist ein junger Mann mit Glatze, Bart und gelblich getönter Brille. Er steht in der ersten Reihe der Reichstag-Stürmer, unmittelbar vor einem der drei Polizisten. Bei dem Mann handelt es sich um Gavin Singer aus Milow bei Rathenow (Havelland). Er war bis zum Wochenende Mitglied der „Jungen Alternative Brandenburg“ (JAB).
Verbindungen zur „Jungen Alternative“
Gavin Singer (Mitte) als Ordner während einer Wahlveranstaltung der AfD, im August 2019 in Brandenburg an der Havel
Fotos seines Instagram-Profils (Screenshots liegen vor) zeigten Singer beispielsweise während einer Wanderung durch den Harz mit einer Fahne der Brandenburger AfD Jugendorganisation. Des Weiteren trägt er ein Shirt der der „Jungen Alternative Brandenburg“. Auf einem Foto post Singer zusammen mit der stellvertretenden JAB Vorsitzenden Anna Leisten sowie Schatzmeister Maximilian Brosche. Die Aufnahmen wurden am 5. August 2020 bei Instagram hochgeladen.
„Junge Freiheit“ verkündet Austritt
Seit gestern sind die Fotos, die Singers Mitgliedschaft in der „Jungen Alternative“ offenbaren jedoch wieder verschwunden. Der Grund wird dann durch eine Meldung der neu-rechten Publikation „Junge Freiheit“ (JF) deutlich. Singer hätte seine Mitgliedschaft in der „Jungen Alternative Brandenburg“ beendet. Gegenüber der JF vertrat er die Ansicht, nicht im Sinne der „Jungen Alternative“ gehandelt zu haben. Bisher distanzierte sich jedoch lediglich die „Junge Alternative Berlin“ im Rahmen einer Pressemitteilung von den „Ausschreitungen einer Gruppe von Ewiggestrigen und Spinnern vor dem Reichstag“.
Keine demokratiefeindliche Aktion?
Weiterhin erklärte Singer gegenüber der „Jungen Freiheit“, dass es ihm nicht darum gegangen sei, die Demokratie anzugreifen. Warum er sich dann aber dem von Reichsbürgern initiierten „Sturm auf den Reichstag“ anschloss, lies er gegenüber der JF offen. Tatsächlich bewegt sich Singer schon seit den letzten Jahren in der Nähe des extrem rechten Milieus. Aus dem Jahr 2017 existiert eine bisher unveröffentlichte Fotoaufnahme, die ihm im Gespräch mit dem Vorsitzenden des rechtsextremen „Bürgerbündnisses Havelland“ zeigt. Eine weitere Aufnahme zeigt ihn am 6. April 2019 während einer rechtsextremen Versammlung in Magdeburg. Dort ist zusehen wie er einem Mitglied der Orga-Crew eines wenig später startenden Fackelmarsches die Hand schüttelt. Vom 3. Oktober 2019 stammt zudem ein Foto, welches Singer inmitten des extrem rechten Aufzuges „Tag der Nation“ zeigt. Darüber hinaus wird die „Junge Alternative“ selber vom Verfassungsschutz als „rechtsextremistisch“ eingestuft.
Am frühen Montagmorgen, eine Stunde nach Sonnenaufgang pulsiert bereits das Leben in der sonst eher ruhigen brandenburgischen Kleinstadt Rathenow. Die Schulen haben wieder geöffnet, entsprechend groß ist die Frequentierung auf den Wegen und Straßen. Auch für die 356 Schüler der Jahngrundschule begann in der vergangenen Woche, nach den pandemiebedingten Unterrichtsausfällen des vergangenen Schuljahres und den langen Sommerferien, wieder die Unterrichtszeit. Doch der normale Schulalltag scheint noch nicht eingekehrt zu sein. Um 7.00 Uhr kam es nämlich zu einer Protestaktion, zu der Tage zuvor im Internet aufgerufen wurden. Etwa 90 Menschen – überwiegend Eltern und ihre Schützlinge – sammelten sich daraufhin vor der Schule. Sie forderten die Aufhebung der Suspendierung von Schulleiter Frank Gens. Gemäß eines zuvor im Internet verbreiteten Aufrufs, würde nämlich durch dessen Freistellung nicht nur ein Direktor, sondern auch ein Mathematiklehrer fehlen. An einem Zaun vor dem Schulgebäude brachten einzelne Eltern sogar den Slogan: “Wir brauchen Herr Gens” an.
Schulleiter missachtete Verordnungen
Doch die Suspendierung des Schulleiters hatte einen bestimmten Grund. Frank Gens wollte die in der “Verordnung über den Umgang mit dem SARS-CoV-2-Virus und COVID-19 in Brandenburg” geregelte Pflicht zum Tragen einer Mund-Nasen-Bedeckung nicht umsetzen. Gemäß eines von ihm unterschriebenen und an die Eltern der Schulkinder gerichteten Handzettels würde im feuchten Milieu der Maske ein “Brutraum für Bakterien und Pilze” entstehen. Außerdem sei durch das Tragen einer Mund-Nasen-Bedeckung die Atmung der Kinder beeinträchtigt. Allerdings ist Gens weder Arzt noch Virologe. Er habe sich lediglich darüber belesen, wie er auf einem im Internet verbreiteten Interview mit dem meinungsmachenden Youtuber Peter Weber erzählt. Unabhängig von dieser Ansicht, steht Gens aber als Beamter vor allem gegenüber seinem Dienstherren in einem öffentlich-rechtlichen Dienst- und Treueverhältnis. Die Missachtung einer von höherer Stelle aus festgelegten Verordnung, konnte deshalb nur die Suspendierung zur Folge haben.
Unterstützung von bekanntem Verschwörungserzähler
Für seine Sympathisierenden ist Frank Gens jedoch ein Held. Ein Unternehmer aus Rathenow bezeichnete ihn im Internet zum Beispiel so und regte Spendenaktionen für den ehemaligen Schulleiter an. Der mit Abstand bekannteste Sympathisant dürfte aber Xavier Naidoo sein. Der wegen Verbreitung von Verschwörungserzählungen diskreditierte Soulsänger hatte auf seinem Telegram-Channel den Handzettel mit den Worten: “Da hat ein Schulleiter mal ein Herz für Kinder”,verbreitet. Der Kanal hat immerhin 86.000 Follower und machte so Gens schnell auch über die Stadtgrenzen hinaus bekannt. Dem freigestellten Schulleiter gefiel es. Im Interview mit Peter Weber bemerkte Gens, dass sein besonderer Dank Xavier Naidoo gilt. Keiner der drei Männer war jedoch am Montagmorgen vor der Schule zugegen.
Verschwörungsfans und AfD wollten an Protest andocken
Dafür gesellten sich einige Anhänger von Verschwörungserzählungen unter die protestierenden Eltern und Schüler. Zwei Männer brachten unter Anderem ein Schild an, auf dem sie sich zu “Fans von Gens” auswiesen. Die beiden zeigten sich zuletzt bei den Rathenower “Hygienedemos” im Mai. Dort trugen sie Buttons, auf denen “Gib Gates keine Chance” geschrieben stand. Verschwörungserzähler behaupten, dass der Softwarehersteller Bill Gates Covid 19 erfunden hätte, um dann einen Impfstoff zu vermarkten, welcher Mikrochips enthält.
Auch der extrem rechte Vorsitzende des AfD Stadtverbandes Rathenow, Ralf Maasch, war vor Ort. Er hatte im Vorfeld zur Teilnahme an den Protesten aufgerufen. Nicht erschienen war hingegen NPD Stadtrat Michel Müller, der zuvor im Internet für Gens Partei ergriff.
Die Einschränkungen des alltäglichen Lebens, der Ökonomie, letztlich aller zwischenmenschlichen Beziehungen hat ein bisher einmaliges und ungekanntes Ausmaß angenommen. Bedingt durch die Bedrohung durch das neue Virus SARS-CoV‑2 hat es einen globalen Shutdown gegeben, eine nahezu komplette Stilllegung aller Gesellschaften. In unterschiedlichem nationalen Ausmaß starben hunderttausende Menschen. Die Fernsehaufnahmen aus Norditalien, die zeigten, wie Militärlaster Verstorbene abtransportieren mussten, stehen bis heute sinnbildlich für die Gefahren dieser weltweiten Pandemie mit mittlerweile über fünf Millionen diagnostizierten Erkrankten (WHO, Stand: 24.05.2020, 02:00 CEST).Jede Gesellschaft würde unter diesen Bedingungen leiden, doch gibt es spezifische Folgen, die nur in warenproduzierenden Gesellschaften oder, anders gesagt, im Kapitalismus auftreten.
Diese gilt es hier näher zu beleuchten und von den nicht-kapitalistischen Gesellschaften zu unterscheiden. In kapitalistischen Gesellschaften produzieren voneinander unabhängige Privatproduzenten*innen für den Markt, während sie die bei ihnen beschäftigten Arbeiter*innen ausbeuten. Alle Waren, die sie produzieren, müssen sich im Austausch mit Geld erst als gesellschaftlich notwendig erweisen. Erst wenn sie wirklich verkauft werden, gilt die Arbeit, die ihre Herstellung erforderte, als wertvoll. Das heißt: erst nachdem die Dinge hergestellt wurden, stellt sich heraus, ob es für sie ein gesellschaftliches Bedürfnis gibt- genauer gesagt- ein zahlungsfähiges gesellschaftliches Bedürfnis. Die Trennung eines Großteils der Menschheit (Arbeiter*innen) von ihren Produktionsmitteln und der Besitz ebendieser von wenigen (Kapitalist*innen) bedeutet für Erstere ihre Arbeitskraft an Letztere zu verkaufen. Arbeiter*innen bekommen aber nicht alle Arbeit bezahlt, sondern nur den Teil, den sie benötigen, um sich selbst zu reproduzieren (Lebenshaltungskosten, Essen, Wohnen usw.). Dieser variiert zu jeder Zeit und Gesellschaft. Produziert wird überhaupt nur, wenn für Kapitalist*innen Ausbeutung möglich ist und sie sich einen Profit aneignen können.
Wenn dieses System, dass schon in „normalen“ Zeiten mit vielen Ungerechtigkeiten, Umweltzerstörung, Krieg und Elend verbunden ist, nun in die Krise kommt, nimmt auch diese eine spezifische Form an. Können oder dürfen keine Waren produziert und verkauft oder Dienste nicht angeboten werden, wird die Produktion eingestellt. Dies hat den Arbeitsplatzverlust von Millionen Menschen zur Folge, die zu den vielen Unbeschäftigten hinzukommen, kein Geld mehr verdienen und somit ihr tägliches Überleben nicht länger gewährleisten können. Auch wenn es in vielen westlichen Gesellschaften erkämpfte Sozialsysteme gibt, stehen diese längst nicht allen zur Verfügungen und sind in den meisten Ländern der Erde nicht vorhanden. Klar, auch mit der Krise gibt es für alle genügend Essen, Wohnungen, Autos usw., doch die Verfügungsmöglichkeiten darüber werden für viele schlagartig verkleinert bzw. verschwinden. Dies ist spezifisch für den Kapitalismus. In einer bedürfnisorientierten Produktionsweise würden einfach alle weiter ernährt und u.a. mit Wohnraum und Nahrungsmitteln versorgt werden. Eine möglicherweise entstehende Knappheit (z.B. bei Desinfektionsmitteln, Masken, Klopapier, usw.) würde nicht bedeuten, einfach den Meistzahlenden alles auszuhändigen, sondern es den jeweils Betroffenen zur Verfügung zu stellen.Da alle Länder heute mit ihren Wirtschaftsräumen in einer Konkurrenz zueinander stehen, schaffen sie Grenzen gegeneinander oder wirtschaftliche Binnenräume wie die EU. Doch auch dann gibt es EU-Außengrenzen. Menschen, die versuchen aufgrund vielfältiger Gründe wie Krieg, Umweltzerstörung, schlechter Sozialverhältnisse oder Lebensbedingungen, etc. aus einem Land in ein anderes zu fliehen, werden davon abgehalten, weggesperrt oder in Lager verfrachtet. Gerade in Zeiten einer globalen Pandemie zieht dies entsprechend hohe Infektionsraten nach sich, egal ob in Elendslagern wie Moria oder dem Geflüchtetenheim nebenan. Viele Menschen in enge Räumlichkeiten zu stopfen, entbehrt spätestens jetzt jeglicher Vernunft. Doch nicht nur Geflüchtete sind von diesem Unsinn betroffen. So sind u.a. auch Arbeiter*innen, die sich in einem Schlachtbetrieb bzw. den dazugehörigen Wohnheimen mit Corona infiziert haben, von dieser Fahrlässigkeit betroffen.
In manchem Krankenhaus scheint das Profitstreben und nicht ein unausgefeilter Pandemieplan für hohe Ansteckungsraten unter Patient*innen und Mitarbeiter*innen verantwortlich zu sein. Auch in einer nichtkapitalistischen Gesellschaft würde gearbeitet werden, jedoch nicht unter sorgloser Gefährdung der Mitarbeitenden. Unter kapitalistischen Bedingungen, lässt sich allgemein festhalten, spitzt sich auch eine Krise wie eine Pandemie noch weiter zu. Nicht die Abstandsregeln oder die fehlende Kita-Betreuung werden auf Dauer den Ausgang der Krise bestimmen. Fraglich bleibt eher wie lange noch ein Schutz von Risikogruppen gegen ein Wegbrechen ökonomischer Potenzen aufrecht erhalten werden kann. Schon kommen vor allem Neoliberale mit ganz unterschiedlichen Parteibüchern um die Ecke und stellen wirtschaftspolitische Erwägungen vor die Gesundheit vieler Millionen Menschen. Und dies obwohl nicht einmal geklärt ist, welche Spätfolgen Corona-Infektionen nach sich ziehen.
Und das dicke Ende kommt erst nach der Krise, da werden dann nach bekannter Manier die Unternehmer*innen durch mehr Ausbeutung, weniger Bezahlung oder Entlassungen ihrer Angestellten versuchen ihre Verluste wieder auszugleichen. Weiterhin wird der Staat genau da den Rotstift ansetzen, wo es am nötigsten ist. Der Staat wird ‑wie gewohnt- in der Jugendhilfe sparen, bei sozialen und kulturellen Einrichtungen das Budget kürzen und am Ende werden von der Krise, die Menschen am meistens getroffen sein, welche es schon davor waren.
Auch die sich im Augenblick ins Astronomische verschuldenden Staaten werden dann tendenziell für die weniger Vergüteten die Steuern erhöhen. Die Maßnahmen gegen die Pademie müssen im Auge behalten werden. Die bisher in Deutschland zweifellos erfolgreiche Bekämpfung der Pandemie muss permanent neu in Frage gestellt und diskutiert werden. Die Aussetzung und Beschneidung der Bewegungs- und Versammlungsfreiheit darf nicht zum Selbstzweck werden, unter Wahrung von Abstands- und Hygieneregeln muss öffentliche Meinungsäußerung unbedingt erlaubt sein. Nicht wenige Regierungen werden die Pandemie auch nutzen, um oppositionelle Gruppen zu kriminalisieren. Autoritäre Maßnahmen, die im Zusammenhang mit der Pandemie verhängt werden, werden wahrscheinlich auch danach noch bestehen. Dem können wir nur mit Solidarität und Entschlossenheit begegnen. Nicht Repression und Überwachung sind geeignete Maßnahmen zur Pandemiebekämpfung. In einer befreiten Gesellschaft würde nach den Bedürfnissen der Menschen produziert und Verhältnisse geschaffen, in denen Menschen Abstandsregelungen einhalten können und deren Bedürfnisbefriedigung prioritär ist. Der Kapitalismus ist nicht das Ende der Geschichte, auch gerade das zeigt diese Krise!
In Potsdam, aber auch in vielen anderen deutschen Städten, demonstrieren und meditieren seit einigen Wochen eine krude Mischung aus Esoteriker*innen, Nazis und Verschwörungsmytholog*innen. Was oberflächlich als eine Kritik der Anti-Corona-Maßnahmen erscheint, entpuppt sich bei näherer Betrachtung als eine verzweifelte Suche nach der Erklärung der Welt.
Dass ich erkenne, was die Welt im Innersten zusammenhält
Aus dem Versuch Antworten auf eine ungerechte, gewaltvolle und eine die Menschen zurichtende Realität zu geben, wird dabei schnell eine Aneinanderreihung von wahlweise Allgemeinplätzen, Vermutungen, Suggestivfragen, wissenschaftlichem Halbwissen und verkürzter Wiedergabe von Inhalten aus unseriösen Youtube-Videos. Berechtigte Kritik an einem herabgewirtschafteten und zusammengesparten Gesundheitssystem sowie zunehmenden Waffenexporten paaren sich hier mit allerlei hanebüchenem Unsinn.
An diesen Thesen soll die Welt genesen
Frisch und frei von der Leber weg werden die unterschiedlichsten Thesen geäußert – allerdings in einer Form, in der den Zuhörer*innen suggerieren werden soll, das Geäußerte müsse auf jeden Fall stimmen und es sei Zeit dagegen aufzubegehren. So präsentierte auch in Potsdam die Veranstalterin eine endlos lange „Was wäre wenn?“- Fragenreihe. Was wäre, wenn es wirklich eine Weltverschwörung, Zwangsimpfungen oder Chemtrails geben würde?Von anderen Teilnehmer*innen und auf anderen Veranstaltungen kommen noch jede Menge andere sich zum Teil offen widersprechende Vermutungen hinzu:Das Virus gäbe es nicht, das Virus gäbe es, sei aber nur eine Grippe oder ein Schnupfen, die Todeszahlen seien gefälscht, die Menschen würden nur mit aber nicht an Corona sterben, alle sollten zwangsgeimpft und gechipt werden, die Mund‑u. Nasenschütze seien Maulkörbe um die Menschen ruhig zu stellen, durch die Abstandsregeln sollten alle bewusst sozial isoliert werden, usw. Die Belege für solchen Unsinn kommen vor allem von Internetseiten und YouTube-Kanälen sogenannter „Alternativmedien“. Besonders oft zitiert werden dabei Ken Jebsen, Oliver Janich und Heiko Schrang. Jede noch so krude Aussage findet in den Weiten des Internets ihre Bestätigung.
Der fehlende Zusammenhang
Der Zusammenhang von Natur, Gesellschaft und Denkformen, aber auch die Erforschung und Bewertung eines Pandemiegeschehens, zeichnen sich durch eine gewisse, dem Gegenstand eingentümliche Komplexität aus. Diese kann nicht mal eben im Vorbeigehen oder durch eine handvoll Youtube-Videos verstanden werden. Mithilfe von Abstraktion (Absehung) und Verknappung der für die Erklärung unbedingt notwendigen Zusammenhänge wird eine Ersatzvermittlung konstruiert. Anstatt das Verhältnis von Struktur und Handlung in der kapitalistischen Gesellschaft nachzuvollziehen, um zu verstehen, wie jede*r Einzelne ein gesellschaftliches System durch sein bewusstes und unbewusstes Handeln reproduziert, wird einzelnen Menschen oder „Verschwörergruppen“ zugestanden die Welt zu regieren oder zu manipulieren. Auch wenn es Kapitalist*innen geben mag, die versuchen Einfluss auf die Politik zu nehmen, die Umwelt zu zerstören oder ihre Arbeiter*innen über das „normale“ Maß hinaus auszubeuten, erklärt dies nicht den Zusammenhang gesellschaftlicher Reproduktion oder mit anderen Worten: den zum Himmel schreienden Normalzustand. Niemals könnte in einer durch die kapitalistische Konkurrenz gekennzeichnete Welt ein Mensch oder eine kleine Gruppe alles kontrollieren. Selbst konkurrierende Staaten sollen auf einmal Teil eines gemeinsamen satanischen Planes sein, ihre Interessengegensätze wie durch Zauberhand aufgehoben. Und im Himmel ist Jahrmarkt.Diese Vorstellungen resultieren in Forderungen die Übeltäter*innen mindestens einzusperren oder wahlweise umzubringen.
Gesunder Menschenverstand
Natur- oder Gesellschaftswissenschaften werden als Standard der Pandemie- oder Welterklärung als erledigt angesehen abgeschrieben und abgelehnt. Richten soll es der „gesunde Menschenverstand“, das „Bauchgefühl“ oder wahlweise die „innere Stimme“. Diese könnten eher Auskunft geben über richtig und falsch, wahr und unwahr. Doch gibt es nahezu keinen Zusammenhang oder Gegenstand der so einfach zugänglich wäre. Wesen und Erscheinung fallen nahezu immer auseinander. In der Geschichte der Menschheit war es mitnichten der Alltagsverstand, der ein Verständnis komplexer Zusammenhänge ermöglichte. Ganz im Gegenteil, bedurfte es zur Klärung etlicher Fragen der Wissenschaft. Die Erkenntnisse des Alltagsverstandes lassen sich im Hinblick auf seine Geschichte gut bebildern: Die Erde ist eine Scheibe, die Sonne dreht sich um die Erde, die Pest wird durch Ausdünstungen übertragen, Blitze sind Gottesstrafe, usw. Das soll nicht bestreiten, dass auch Wissenschaft Abhängigkeiten aufweist, gerade in Hinblick auf Gesellschaftstheorien. Nur kann für eine Erkenntnis komplexer Zusammenhänge nicht auf sie verzichtet werden.
Wir sind das Volk
Eine Losung, die selbsternannte Wahrheitsfinder*innen mit PEGIDA und Montagsmahnwachen vereint ist ein offensiv gebrülltes „Wir sind das Volk“. Es ist der Versuch Homogenität und Gemeinsamkeit gegen Differenz und Widersprüche geltend zu machen. Eine Gesellschaft, die sich trennt durch ein Auseinanderfallen in Arm und Reich, durch die Zurichtungen des Patriarchiats, durch Rassismus und andere Zumutungen soll durch diese heimelnde Parole zusammengeführt werden. „Wir“ werden hier „verarscht, belogen und betrogen“. Wer in Deutschland das „Wir“ ist, wird nicht näher erläutert. Sicher nicht damit gemeint sind die Leute, die in Zeiten der Krise durch eine Doppelbelastung von Beruf und Kinderbetreuung leiden, in Geflüchtetenheimen oder Schlachthäusern einer erhöhtem Ansteckungsgefahr ausgesetzt sind oder die Menschen, die durch ein Verletzen der Abstandregelungen potenziellen Gesundheitsgefährdungen unterliegen.
Medienkritik? Fehlanzeige!
Wie nahezu alle Arbeitsprodukte werden auch Medienerzeugnisse im Kapitalismus zur Ware. Nicht allein Seriösität, valide Quellen oder eine pragmatische Aufmachung entscheiden über Erfolg oder Misserfolg eines Medienunternehmens. Wie alle anderen Unternehmen auch stehen sie in Konkurrenz zueinander, versuchen durch reißerische Schlagzeilen, Exklusivgeschichten u.ä. Verkaufszahlen zu erhöhen oder Werbeanzeigen zu generieren. Auch Konzerne, Parteien oder andere Interessengruppen versuchen Einfluss zu nehmen auf die Berichterstattung und bisweilen gelingt ihnen das auch. Doch als Kritik daran diese nun wahlweise flach als „Mainstreammedien“ oder faschistisch konnotiert als „Lügenpresse“ darzustellen und sich stattdessen vermeintlichen „Alternativmedien“ zuzuwenden geht offensichtlich am Problem vorbei. Spätestens nachdem die AfD andere Parteien als „Altparteien“ abkanzelte, um dann selbst in Spendenskandale verwickelt zu werden und den eigenen Angehörigen Ämter zuzuschieben, müsste allgemein bekannt sein, dass neue Namen nicht die Funktionsweise einer Institution verändern. Genauso wie die großen Medien, müssen auch Janich, Schrang, Jebsen und Co. ihr Geschwurbel an die Leute bringen. Eine Welt ohne Verschwörung, Zwangsimpfung und permantentes Regierungsversagen wäre für sie der schnellste Weg in die Insolvenz.
Alles relativ!
Ein weiteres Merkmal der Demonstrierenden ist die Relativierung. Egal ob Gleichsetzung des nationalsozialistischen Massenmordens mit der Impflicht, der die Abstandsregeln durchsetzenden Polizei mit der Stasi oder der Vergleich des eigenen Rumgeschwurbels mit dem antifaschistischen Widerstand gegen die Nazis 1933. Kein Vergleich hinkt zu sehr, um ihn nicht zu benutzen. Es ist egal, dass Menschen geschützt und auch niemand wegen seiner Meinung abgehaftet wird, ja sogar jeglicher Unsinn übers Internet Verbreitung findet. Neben der völligen Unkenntnis historischer Ereignisse und Epochen zeugt dieses Denken vor allem von vollständiger Selbstüberhöhung.
Cui Bono – Wes Brot ich ess, des Lied ich sing
Die beliebteste Frage verkürzter oder oberflächlicher Gesellschaftskritik bleibt „Cui bono?“ oder „Wem nützt es?“Diese vereinfachende Frage führt bei den Hygienedemos auf der einen Seite zu massiven Verdrehungen. Wie lässt sich im Sinne eines Nutzenkalküls erklären, dass Staaten ihre kompletten wirtschaftlichen Potenzen schrotten und somit nahezu alle gesellschftlichen Gruppen, wenn auch in unterschiedlichem Ausmaß, schädigen?Dies mit dem Nutzen für die Pharmalobby zu erklären entbehrt jeglicher Grundlage. Als ob konkurrierende Unternehmen oder der Staat sich das einfach gefallen lassen würden. Außerdem steckt in der Frage immer schon die Antwort drin. Wenn ich nach dem „Wem“ frage, bleibt nur eine Person oder Gruppe als Anwort übrig. Nur lassen sich Krieg, Umweltzerstörung, Ausbeutung und Pandemie eben nicht monokausal mit dem Nutzen für Einzelne erklären. Da geht es um einen Gesamtzusammenhang von Natur und Gesellschaft oder um eine spezifische historische Ausformung diese Zusammenhanges. Wenn sich bestimmte Ereignisse im Handeln der Menschen wiederholen, werden diese durch bestehende Strukturen begünstigt und nicht durch eine kleine Gruppe betrügerisch herbeigeführt. Wenn es so sein sollte, warum werden diese Verschwörungen ausgerechnet von Menschen aufgedeckt, die weder über Verbindungen ins Zentrum des Staates, noch über sonstige Qualifizierungen zur Aufklärung verfügen? Wir fragen ja nur…
Alles öko oder was?
Ein weiterer Erzählstrang auf den Kundgebungen ist die Ökothese. Die Natur sei aus dem Gleichgewicht gekommen, es müsste mehr Essen selbst angebaut werden und überhaupt müsse nur gesund gegessen werden und ein paar Globuli hinterhergekippt werden um die eigene Gesundheit zu erhalten. Dass die Steigerung der Lebenserwartung eng zusammenhängt mit moderner Medizin und anderen technischen und gesellschaftlichen Errungenschaften und sozialen Kämpfen, wird dabei nach bekanntem Muster ausgeblendet. Die Entwicklung der gesellschaftlichen Arbeit als Vermittlung zwischen Natur und Gesellschaft lässt sich eben nicht einseitig kritisieren. Seit es die Menschheit gibt, hat sie sich selbst und ihre Umwelt verändert. Durch ihr Handeln z.B. Abholzung, Viehzucht, Jagd, Städtebau usw. haben Menschen Einfluss auf die Natur genommen. Eine Natur im Gleichgewicht kann es nur ohne Menschen geben (was auch immer Gleichgewicht für eine sich ständig verändernde Natur bedeutet). Richtig ist hingegen die Form des Zusammenhangs zu kritisieren und zu verändern. Die kapitalistische Reichtumsproduktion degradiert die Natur zu einem Mittel der Profitwirtschaft, genauso wie den Menschen auch. Der bestehende Widerspruch des momentanen Stoffwechsels zwischen Mensch und Natur kann eben nicht nach einer Seite hin aufgelöst werden. Passiert dies aufseiten der Natur müssen die Menschen weichen, passiert dies auf der Seite der kapitalistischen Gesellschaft geht dieser irgendwann die Grundlage menschlichen Lebens flöten. Es gab zwischen beiden Seiten nie ein Gleichgewicht, nur eine Bewegungsform.Abzuschaffen ist die kapitalistische Produktionsweise!
Was tun?
In Pandemiezeiten sind diese Aufzüge und Zusammenkünfte besonders gefährlich. Nicht nur werden sämtliche Abstands- und Hygieneregeln außer Acht gelassen und so eine erneute Verbreitung des Virus begünstigt. Auch diskreditieren sie notwendige Anliegen, wie z.B. verbesserte Arbeitsbedingungen und Bezahlungen für Pflegende und andere Krankenhausmitarbeitende, eine ständige Überprüfung der Infektionsschutz-Maßnahmen, die Ermöglichung von Hygiene- und Abstandsregeln auch für refugees durch die Evakuierung aus den Lagern und eine dezentrale Unterbringung und schließlich den Protest gegen die ungerechte Verteilung der Krisenlasten. Wer Nazis auf Demos duldet, sich antisemitischen und irrationalen Welterklärungen öffnet und bewusst andere gefährdet, muss mit Gegenwind rechnen! Eine Kritik an den bestehenden Verhältnissen muss tiefer gehen als das paranoide Gefrage nach Verschwörung und Verantwortung. Es bleibt eben kompliziert.
Am Montag, 25.05.2020 wollen um 18:45 wieder Verschwörungsgläubige und Nazis zusammen mit “Besorgten Bürgern” für “Grundrechte und Freiheit” auf die Straße gehen. Was ein quatsch! Wir rufen zur selben Uhrzeit am Marktplatz in Templin zu einer Gegenveranstaltung auf! Kommt zahlreich, tragt Schutzmasken und haltet 1,5m Abstand zueinander. Lasst uns Laut sein und zeigen: Templin bleibt bunt und solidarisch statt braun und arisch!
Zum Hintergrund: Seit dem 5. Mai demonstrieren stadtbekannte AfD-SympathisantInnen, VerschwörungsideologInnen und Neonazis in Templin zusammen mit “besorgten BürgerInnen” gegen die Infektionsschutzmaßnahmen der Bund- und Landesregierungen. Am 11. Mai folgten dem Aufruf knapp 30 Menschen.
Die Demos folgen einem bundesweiten Aufruf aus dem Spektrum der “Hygienedemos” und selbsternannten “Coronarebellen”. Es wird bewusst ein Verbindung zu den Montagsdemonstrationen von ’89 hergestellt. Hier tummeln sich rechte EsoterikerInnen, AfD, VerschwörungserzählerInnen, RechtspopulistInnen, ReichsbürgerInnen, Hooligans, AntisemitInnen und Neonazis und verbreiten ihre Ideologien unter teils Tausenden von Menschen, wie in Stuttgart und München. In mehreren Städten wie in Berlin kam es dabei zu gewalttätigen Ausschreitungen gegen Polizei und Menschen, die sich gegen die faschistische Übernahme der Proteste zur Wehr setzten. Was dieses Spektrum, dass sich rund um die AfD sammelt, eigentlich von “Grundrechten” hält, zeigt es seit 1933 bis heute immer wieder.
Es gibt gute Gründe für berechtigte Kritik am sogenannten “lockdown” und den Folgen der Corona-Krise für Mensch und Gesellschaft. Diese Kritik darf aber nicht zu einem Schulterschluss mit Rechten führen, die menschenverachtenden und antisemitischen (Gewalt-)Fantasien anhängen und diese verbreiten.
Dafür rufen wir zum Gegenprotest auf. Am Montag, 25.05., ist um 18:45 Uhr eine Kundgebung auf dem Templiner Marktplatz angemeldet. Erscheint zahlreich und unter Einhaltung des Infektionsschutzgesetzes (Schutzmasken, 1,5 m Abstand).
Am 16.05.2020 ruft die Junge Alternative Brandenburg zur Demo nach Prenzlau. Es soll „für Grundrechte und Politik mit Verstand“ eingestanden werden. Das sehr allgemeine Thema wird nicht erläutert, es gibt keinen Inhalt, nur abgetragene stumpfe Parolen. Es gibt weder einen Aufruf noch inhaltliche Tiefe, das zeigt wie fern ihnen Politik mit Verstand ist. Im ihrem “Einsatz” für Grundrechte zeigt sich ihre Doppelmoral: So ist es die AfD die immer wieder probiert, Grundrechte zu unterhöhlen. Inszeniert wird das Schauspiel durch den AfD Landtagsabgeordneten Felix Teichner und den AfD Kreistagsabgeordneten Hannes Gnauck. Teichner, der sich im letzten Jahr an einer NPD nahen Demonstration in Templin beteiligte, fällt im Landtag kaum auf. So hat er noch kein einziges Mal seine Redekünste dem Landtag präsentiert. Am Samstag möchte er nun zum „gesamtpolitischen Umgang mit dem Virus“ sprechen. Auch hier wirkt die Themenauswahl planlos und beliebig. Die allgemeine Abwesenheit inhaltlicher Tiefe bei der Ankündigung der Veranstaltung zeigt wie verzweifelt die AfD probiert die Covid-19 Pandemie für ihre Zwecke zu instrumentalisieren. Es ist also davon auszugehen, dass der Inhalt der Veranstaltung auf völkisch nationalistische Hetze begrenzt sein wird.
Das werden wir so nicht stehen lassen! Verantwortungsvolles Handeln heißt jetzt mehr denn je global und solidarisch handeln!
Wir werden am 16.05.2020 in Prenzlau auf die Straße gehen, um gemeinsam und solidarisch gegen die völkisch nationalistische Hetze der AfD zu stehe. Die erste Demonstration startet um 13 Uhr an der Kreuzung Marktberg/Heinrich Heine Straße. Die zweite Demonstration startet um 13:30 Uhr in der Straße des Friedens vor der Marienkirche.
Templin am Montag:
Gegenprotest zu rechten “Spaziergängen” am 18.05.2020, 18:45 Uhr, Marktplatz Templin
Seit dem 5. Mai demonstrieren stadtbekannte AfD-SympathisantInnen, VerschwörungsideologInnen und Neonazis in Templin zusammen mit “besorgten BürgerInnen” gegen die Infektionsschutzmaßnahmen der Bund- und Landesregierungen. Am 11. Mai folgten dem Aufruf der über facebook geteilt wurde knapp 30 Menschen. Zum Glück konnten ca. 20 Menschen bereits am letzten Montag durch eine
spontane Gegendemonstration auf die rechten Umtriebe aufmerksam machen.
Die Demos folgen einem bundesweiten Aufruf aus dem Spektrum der “Hygienedemos” und selbsternannten “Coronarebellen”. Es wird bewusst ein Verbindung zu den Montagsdemonstrationen von ’89 hergestellt. Hier tummeln sich rechte EsoterikerInnen, AfD, VerschwörungserzählerInnen, RechtspopulistInnen, ReichsbürgerInnen, Hooligans, AntisemitInnen und Neonazis und verbreiten ihre Ideologien unter teils Tausenden von Menschen, wie in Stuttgart und München. In mehreren Städten wie in Berlin kam es dabei zu gewalttätigen Ausschreitungen gegen Polizei und Menschen, die sich gegen die faschistische Übernahme der Proteste zur Wehr setzten. Was dieses Spektrum, dass sich rund um die AfD sammelt, eigentlich von “Grundrechten” hält, zeigt es seit 1933 bis heute immer wieder.
Es gibt gute Gründe für berechtigte Kritik am sogenannten “lockdown” und den Folgen der Corona-Krise für Mensch und Gesellschaft. Diese Kritik darf aber nicht zu einem Schulterschluss mit Rechten führen, die menschenverachtenden und antisemitischen (Gewalt-)Fantasien anhängen und diese verbreiten.
Dafür rufen wir zum Gegenprotest auf. Für nächsten Montag, 18.05., ist um 19:00 Uhr eine Kundgebung auf dem Templiner Marktplatz angemeldet. Erscheint zahlreich und unter Einhaltung des Infektionsschutzgesetzes (Schutzmasken, 1,5 m Abstand).
Gemeinsam können wir die rechten Übernahmeversuche stoppen und ein Zeichen für demokratische Kritik an einem kaputten System setzen!