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Antifaschismus Verschwörungsideologie

[PM/B] Outing: Organisierte Naziszene, Fussball & Querdenken

Die Proteste der Quer­denken­szene im Zuge der Coro­n­a­pan­demie waren Schau­platz ein­er mit­tler­weile sehr gefes­tigt wirk­enden Mis­chszene aus Neon­azis und gewaltaffinen Fuss­ball­fans. Diese sorgten bei den ver­schwörungside­ol­o­gis­chen Protesten mit ihrem geschlosse­nen und mar­tialis­chen Auftreten für gewalt­tätige Auseinan­der­set­zun­gen mit Gegendemonstrant:innen und der Staats­macht. In diesem Kon­text trat regelmäßig der Belziger Neon­azi Flo­ri­an Ull­rich (Spitz­name “Lola”) auf.

Eine Brandenburger Neonazikarriere

Flo­ri­an Ull­rich ist seit mit­tler­weile 10 Jahren Teil der Bad Belziger Neon­aziszene. Seine erste poli­tis­che Prä­gung erfol­gte durch die NPD, deren Kundge­bun­gen und Demon­stra­tio­nen im Belziger Raum häu­fig von ihm besucht wur­den. Das Ver­hält­nis zur NPD war dabei typ­isch für Bran­den­burg­er Kle­in­städte. Aufmärsche und Kundge­bun­gen wur­den besucht, allerd­ings gab es eine starke Ori­en­tierung an der örtlichen faschis­tis­chen Erleb­niswelt. Flo­ri­an U. nahm an Zelt­lager­aus­flü­gen und Recht­srock­konz­erten teil. In Belzig selb­st ist Flo­ri­an U. zudem als gewal­to­ri­en­tiert­er Nazi bekan­nt. Gemein­sam mit weit­eren lokalen Nazis störte er in der Ver­gan­gen­heit mehrfach antifaschis­tis­che und zivilge­sellschaftliche Ini­tia­tiv­en. So befand sich Flo­ri­an U. im Jahr 2014 mit weit­eren Nazis bei ein­er Ver­anstal­tung des “Belziger Forums gegen Recht­sex­trem­is­mus” im Zuschauer­raum, um anwe­sende Teilnehmer:innen einzuschüchtern. Dieses Muster set­zte sich in den Fol­ge­jahren fort und hält bis heute an. Sofern in Bad Belzig Ver­anstal­tun­gen stat­tfind­en, die nicht in sein Welt­bild passen, ist damit zu rech­nen, dass Flo­ri­an U. provoziert, stört oder Teilnehmer:innen bedro­ht. Dabei bleibt es allerd­ings nicht. So ver­suchte sich Flo­ri­an U. 2017 mit anderen Nazis Zugang zum Info­café “Der Winkel” zu ver­schaf­fen. Bei diesem Ver­such wurde er gewalt­tätig gegenüber einem Gast des Cafés und später festgenom­men. Auch die Polizei und die Jus­tiz spie­len eine beson­dere Rolle in der Neon­azikar­riere von Flo­ri­an U. Obwohl dieser regelmäßig Straftat­en bege­ht scheint kein Wille vorhan­den, ihn ein­er umfan­gre­ichen Strafver­fol­gung zu unterziehen. Dies geht soweit, dass Flo­ri­an U. trotz etlich­er Gewalt­tat­en und Vorkomm­nisse nicht vor Gericht zur Ver­ant­wor­tung gezo­gen wurde, unter anderem als er 2019 während ein­er Naz­ifeier einen Polizis­ten tätlich angriff und ver­let­zte. Seine Gewalt wird stattdessen regelmäßig ent­poli­tisiert. Als er 2019 gemein­sam mit seinem Naz­ifre­und Tim Wun­der­lich auf dem Rück­weg von einem Fuss­ball­spiel des 1. FC Union Berlin einen Geflüchteten in der Bahn ras­sis­tisch belei­digte und ihn sowie seinen Begleit­er auf dem Bahn­hof kör­per­lich angiff war für die Polizei klar, dass es sich in diesem Zusam­men­hang um Fuss­ball­ge­walt han­deln müsse. Für den Betrof­fe­nen war Flo­ri­an U. allerd­ings kein Unbekan­nter. Bei­de kan­nten sich als “Teamkam­er­aden” aus dem Fuss­bal­lvere­in Borus­sia Belzig. Flo­ri­an U. ist dort Spiel­er und Mit­glied der Dor­ful­tra­gruppe “Trinker­fre­unde”, in welch­er neben ihm noch weit­ere lokale Nazis aktiv sind. Der Angriff auf den Geflüchteten hat­te nicht den Auss­chluss von Flo­ri­an U. aus dem Fuss­ball­team zur Folge. Im Gegen­teil: Dieser ist dort weit­er­hin Spiel­er während der Betrof­fene des Vor­falls nicht mehr im Vere­in ist. Unter­stützung von Seit­en des Vere­ins nach dem ras­sis­tis­chen Angriff erfol­gte zu kein­er Zeit.

Flo­ri­an Ull­rich auf ein­er NPD Demon­stra­tion 2014 in Belzig (3.v.l.); Maik Eminger am Mikrofon
Flo­ri­an Ull­rich 2018 in Chem­nitz (mit­tig)

Rechtsoffene Fussballszene bei Union Berlin

Neben seinem Dasein als “Dor­ful­tra” und Spiel­er in Belzig ist Flo­ri­an Ull­rich auch Teil recht­sof­fen­er Zusam­men­hänge des Berlin­er Erstligis­ten Union Berlin. Er besucht regelmäßg Spiele des Berlin­er Vere­ins unter anderem mit Tim Wun­der­lich. Eine Mit­glied­schaft in der aktiv­en Fan­szene ist nicht bekan­nt, allerd­ings bewegt sich Flo­ri­an U. im Umfeld der recht­sof­fe­nen Ultra­gruppe Crimark. Solche recht­sof­fe­nen und gewalt­bere­it­en Ultra­grup­pen wirken eine starke Anziehungskraft auf Neon­azis aus. In diesen Zusam­men­hän­gen kön­nen Gewal­ter­fahrun­gen und Gemein­schafts­ge­fühl gesam­melt sowie Kon­tak­te geknüpft wer­den. Die oft nach außen dargestellte unpoli­tis­che Hal­tung hil­ft Nazis wie Flo­ri­an U. dabei, solange sie sich nicht zu auf­fäl­lig ver­hal­ten, in den Fan­szenen Fuß zu fassen. Während sein­er Zeit bei Union Berlin lernte Flo­ri­an auch seinen gegen­wär­ti­gen Demopart­ner Willi Otto kennen.
Willi O. war im Gegen­zug zu Flo­ri­an lange Teil der organ­isierten Ultra-Fan­szene bei Union Berlin. Er war Mit­glied bei der Jugen­dul­tra­gruppe Teen Spir­it Köpenick, deren Struk­turen er allerd­ings vor seinen öffentlich sicht­baren Nazi­ak­tiv­itäten ver­ließ. Im Gegen­satz zu Flo­ri­an U. ist Willi O. im Ost­ber­lin­er Stadt­teil Licht­en­berg wohn­haft (gewe­sen) und es sind keine langjähri­gen Nazi­ak­tiv­itäten bekan­nt. Stattdessen scheint er im Rah­men von Fußball­spie­len inner­halb recht­sof­fen­er Struk­turen Kon­tak­te zu Nazis geknüpft zu haben. Mit anderen Anhängern von Union Berlin besuchte er unter anderem 2019 den Nazi­auf­marsch “Wir für Deutsch­land — Tag der Nation” in Berlin-Mitte.

Willi Otto 2019 in Berlin bei “Wir für Deutsch­land” (mit­tig schwarze North­face Jacke)

 

Der III. Weg

Für Flo­ri­an Ull­richs Weg in die Belziger Naziszene waren zwei damals noch zur NPD gehörende Aushänger­schilder der Naziszene in Bran­den­burg maßge­blich ver­ant­wortlich. Pas­cal Stolle und Maik Eminger kön­nen auf eine jahrzehnte andauernde Nazikar­riere zurück­blick­en. Bei­de eint auch, dass sie mit der NPD unzufrieden waren. Als die Nazi Kle­in­st­partei “Der III. Weg” in Bran­den­burg Struk­turen auf­baute, wur­den Stolle und Eminger zen­trale Fig­uren der Organ­i­sa­tion. Flo­ri­an U. bee­in­flusste dies eben­falls. Ein von Eminger organ­isiertes Fuss­ball­turnier 2015 besuchte er als Teil des Teams “Sturm Belzig”. Dies fand auf dem Grund­stück der Emingers in Pots­dam-Mit­tel­mark statt. Der selbe Ort, an dem Emingers Brud­er von einem Spezialein­satzkom­man­do festgenom­men wurde, um ihn im Zuge des NSU-Prozess­es in Unter­suchung­shaft zu brin­gen. Andre Eminger, Maik Emingers Brud­er, wurde in diesem als Mit­täter des NSU verurteilt. Bei Flo­ri­an U. hat diese ide­ol­o­gis­che Schule für eine tief sitzende nation­al­sozial­is­tis­che Überzeu­gung gesorgt. Die Nähe zum drit­ten Weg ist trotz Stolles Wegzug nach Eisen­hüt­ten­stadt geblieben. Als der III. Weg 2020 in Berlin-Hohen­schön­hausen seine jährliche Großdemon­stra­tion abhielt, war auch Flo­ri­an U. gemein­sam mit Willi O. anwe­send. Flo­ri­an U. posierte auf der Demon­stra­tion in einem Shirt der aus dem Nazi-Hooli­gan­m­i­lieu stam­menden Kampf­s­port­marke “Label23”. Zudem fie­len bei­de mit einem Schlauch­schaal mit Logo der Kampf­s­port AG “Kör­p­er & Geist“des III. Wegs auf.

Flo­ri­an Ull­rich 2020 in Berlin-Hohen­schön­hausen auf III. Weg Demon­stra­tion (mit­tig in Label23 Shirt)
Willi Otto 2020 in Berlin-Hohen­schön­hausen auf III. Weg Demon­stra­tion (links, Jacke mit drei grauen Streifen

 

Querdenken

Wie ein­gangs bere­its erwäh­nt befand sich auf den Quer­denken Demon­stra­tio­nen ein Milieu, in welchem sich Flo­ri­an Ull­rich und Willi Otto seit Jahren bewe­gen. Wenig ver­wun­der­lich ist dementsprechend die Teil­nahme bei­der an der Quer­denk­ende­mo am 07.11. 2020 in Leipzig. Sie waren Teil des gut erkennbaren Blocks gewalt­bere­it­er Nazis und gewaltaffin­er Fuss­ball­fans. Diese durch­brachen Polizeiket­ten, grif­f­en Journalist:innen an und liefer­ten sich Schlägereien mit Gegendemonstrant:innen. Die Polizei wirk­te an diesem Tag recht hil­f­los, obwohl für Beobachter:innen bere­its lange vorher erkennbar war, welche Struk­turen zu diesem Auf­marsch mobil­isierten. Flo­ri­an U. und Willi O. müssen als Teil des seit vie­len Jahren beste­hen­den Net­zw­erks recht­sradikaler Fuss­bal­lzusam­men­hänge gese­hen wer­den. Dies kann beson­ders für den 07.11 her­aus­gestellt wer­den, da hier jene Fuss­bal­lan­hänger Spek­tren- und Vere­in­süber­greifend gewollt und öffentlich zusam­men agierten. Aufgerufen wurde auf Szenekanälen wie Grup­pa OF. Trotz lokaler Rival­itäten marschierten Fans ver­schieden­ster Vere­ine für ihr sozial­dar­win­is­tis­ches Welt­bild auf. Ins­beson­dere in Ost­deutsch­land unter­stützen diese Struk­turen Nazis bei der Ausübung von Gewalt. Es bleibt eine Auf­gabe für antifaschis­tis­che Ini­tia­tiv­en diesem Engage­ment Gren­zen aufzuzeigen.

Flo­ri­an Ull­rich 2020 Leipzig Quer­denken (ganz rechts, schwarze Fließjacke)
Willi Otto 2020 Leipzig Quer­denken (mit­tig, Jacke mit zwei weißen Streifen)

 

Quellen zum Nachlesen:

http://badbelzigrechtsaussen.blogsport.de/2019/02/12/nazilieder-gesungen-polizei-loest-feier-in-bad-belzig-auf/

http://badbelzigrechtsaussen.blogsport.de/2019/09/12/angriff-in-der-nacht-nicht-fussballrandale-sondern-rassismus/

https://www.pnn.de/potsdam-mittelmark/bad-belzig-nazi-zwischenfall-beim-altstadtfest-bad-belzig/21325388.html

http://badbelzigrechtsaussen.blogsport.de/2015/06/07/der-braune-kick-neonazi-fussballturnier-in-grabow/

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Antifaschismus Verschwörungsideologie

AfD Kundgebung in Brandenburg an der Havel

Damitgefährden sie wil­lentlich Men­schen­leben. Auch in Bran­den­burg an der Hav­el gibt es eine solcheGruppe. Die Wut dieser Men­schen ist grund­sät­zlich nachvol­lziehbar, nur lei­der richtet sie sichgegen die Falschen. Während dem Einzel­han­del und Künstler:innen das Aus dro­ht, ret­tet dieBun­desregierung mit mehreren Mil­liar­den Euro Unternehmen wie die Lufthansa. Das ist dur­chauskri­tik­würdig. Das Prob­lem liegt dabei aber nicht in ein­er jüdis­chen Elite, ein­er Hoch­fi­nanz oder beiGeflüchteten, son­dern im Kap­i­tal­is­mus. Die Kri­tik der Coronaleugner:innen ist stark vere­in­fachtund gestützt durch Falschin­for­ma­tio­nen und gefährliche Ver­schwörungserzäh­lun­gen. Lei­der sind mit­tler­weile auch Parteien wie die AfD auf den Zug der Coro­n­aver­harm­lo­sungaufge­sprun­gen. Zur Abwech­slung het­zt die AfD nicht mehr nur gegen den Islam, son­dern siescheint einen neuen The­men­schw­er­punkt bei dem Coro­na­manag­ment gefun­den zu haben. Während die in Teilen recht­sex­treme Partei anfangs noch härtere Maß­nah­men forderte, hat man sichdem Niveau der „Querdenker“-Bewegung angepasst. Nun fordert man die sofor­tige Beendi­gung derals über­trieben wahrgenomme­nen Coro­na­maß­nah­men. Aus diesem Anlass ver­anstal­tet die AfD am 30. April eine Kundge­bung am Neustädtis­chen Markt.Unter dem Mot­to „Lock­down-Irrsinn been­den – Frei­heit für Land und Bürg­er!“ wird die Parteidiesen Fre­itag ihr recht­es Gedankengut in Bran­den­burg kund tun. Die Absicht dahin­ter ist rechtein­deutig. Die AfD ver­sucht im Milieu der „Querdenker:innen“ Stim­men für die anste­hendeBun­destagswahl zu gewin­nen. Wir sind nicht bere­it den Recht­en die Straße zu über­lassen.Daher haben wir eine Gegenkundge­bung um 19 Uhr vor dem Reise­büro am Neustädtis­chen Marktangemeldet. In Bran­den­burg ist kein Platz für rechte Het­ze und Geschwurbel!

 

Kommt daher am 30.04. um 19 Uhr zum Kathari­nenkirch­platz. Tragt Masken, hal­tet Abstand.

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Arbeit & Soziales Inklusion & Ableism Verschwörungsideologie

Solidarische Zukunft statt Kapitalismus

Am Sam­stag den 24. April demon­stri­erten 500 Men­schen unter dem Mot­to „Sol­i­darische Zukun­ft statt Kap­i­tal­is­mus” in Pots­dam gegen das Pan­demie­mange­ment. Unter Ein­hal­tung der Hygien­e­maß­nah­men lief die Demon­stra­tion von Babels­berg über die Innen­stadt-Ost bis in die Pots­damer Innen­stadt. Ini­ti­ti­iert wurde die Demo durch die Ini­tia­tive ‘Patient:innen gegen die kap­i­tal­is­tis­che Lei­d­kul­tur’. Sie kri­tisieren, dass statt der Exis­ten­zen und der Gesund­heit aller Men­schen Reiche und Konz­erne, ihre Patente, Ren­diten und Mietein­nah­men sub­ven­tion­iert und geschützt wer­den. Ihrer Mei­n­ung nach muss ein Umdenken geschehen — nicht mehr der Prof­it son­dern die Bedürfnisse der Men­schen und der Natur sollen im Vorder­grund der Coro­na-Poli­tik stehen.
Kas­par Som­o­gyi aus dem Kreis der Initiator*innen beze­ich­net die Demon­stra­tion als vollen Erfolg: “Wir freuen uns über die vie­len ver­schiede­nen Teil­nehmenden, die heute mit uns eine sol­i­darische Zukun­ft ein­fordern — und das mit Masken und Abstand. Das zeigt, dass unsere Kri­tik geteilt wird und bit­ter notwendig ist. Akteure wie u.a. das Autonome Frauen­zen­trum, Antifa­grup­pen, Gew­erkschaften, der Vere­in Refugees Eman­ci­pa­tion, die Medi­zin­stud­is für Präven­tion, Sol­i­dar­ität Bran­den­burg dem Alter­na­tiv­en Schul­bünd­nis Bran­den­burg beteiligten sich mit zahlre­ichen Rede­beiträ­gen und forderten mit uns tiefge­hende Verän­derun­gen. Was wir jet­zt brauchen ist eine radikale Umverteilung von Reich­tum, die Senkung von Mieten, kon­se­quenten Kli­maschutz, die Freiga­be von Impf­paten­ten, die Verge­sellschaf­tung von Kranken­häusern und die Auflö­sung von Sammelunterkünften.”
Dabei gren­zt sich die Ini­tia­tive klar von den Protesten der Querdenker:innen ab, die in den let­zten Wochen immer wieder nach Pots­dam mobil­isiert hatten:
Wir haben gezeigt, dass Kri­tik an der Coro­na-Poli­tik keine Ver­schwörungsmythen braucht und man nicht mit Gesund­heits­geg­n­ern, Eso­terik­ern und Nazis marschieren muss. Wir wer­den weit­er gegen diese Leute auf die Straße gehen und gle­ichzeitg weit­er an ein­er sol­i­darischen Antwort auf das desas­tröse Pan­demie­m­anag­ment arbeit­en. Die Demo heute ist nicht die let­zte Aktion der Patient:innen gegen die kap­i­tal­is­tis­che Lei­d­kul­tur!” stellt Som­o­gyi klar.

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Antifaschismus Arbeit & Soziales Inklusion & Ableism Verschwörungsideologie

Das Grundproblem heißt Kapitalismus

Am kom­menden Sam­stag, den 24. April wer­den mehrere hun­dert Men­schen unter dem Mot­to „Sol­i­darische Zukun­ft statt Kap­i­tal­is­mus” gegen das staatliche Pan­demie­m­an­age­ment demon­stri­eren. Die Initiator*innen kri­tisieren, dass die Coro­n­apoli­tik die bre­ite Bevölkerung belastet, während viele Konz­erne prof­i­tieren. Von den soge­nan­nten Querdenker*innen gren­zen sie sich scharf ab: Die Aufrufend­en wollen nicht gegen den Gesund­heitss­chutz demon­stri­eren, son­dern für eine lebenswert­ere Gesellschaft.

Unsere Belas­tungs­gren­ze ist erre­icht. Prekär Beschäftigte, Sorgearbeiter*innen und Geflüchtete tra­gen die größten Risiken in der Pan­demie. Sie fürcht­en um ihre Exis­tenz und Gesund­heit. Aber Schutz vor Infek­tio­nen in der Wirtschaft?
Fehlanzeige!”, sagt Mira Hun­srück, die die Demon­stra­tion mitorganisiert.

Während die Super­mark­tverkäuferin nun nach Feier­abend aus Infek­tion­ss­chutz­grün­den keinen Spazier­gang mehr machen darf, kon­trol­liert nie­mand, was ihr Betrieb tut, um sie während ihres Neu-Stun­den-Tages zu schützen. In der Indus­trie arbeit­en täglich Massen von Men­schen ohne aus­re­ichen­den Arbeitss­chutz — Arbeit­ge­ber wer­den zu nichts verpflichtet, denn wo das Kap­i­tal schaden nehmen kön­nte, wird nicht reg­uliert. Dabei ist es wis­senschaftlich erwiesen, dass sich die meis­ten zwis­chen 09:00 Uhr und 16:00 Uhr ansteck­en — also auf der Arbeit und auf dem Arbeitsweg. Da läuft mächtig was schief.”

Das Grund­prob­lem sei, dass es im Kap­i­tal­is­mus nie um die Gesund­heit der Men­schen gehe, son­dern allein um die Prof­ite der Unternehmen. Kas­par Som­o­gyi aus dem Kreis der Initiator*innen kri­tisiert: „Die Pan­demie hat die Missstände in unser­er Gesellschaft nur zuge­spitzt. Erst durch das kaputt ges­parte Gesund­heitssys­tem wurde Coro­na zur Katas­tro­phe. Darunter lei­den vor allem die Men­schen, die schon vorher benachteiligt waren.” Deshalb fordert Som­o­gyi: „Wir wollen nicht zurück zu einem soge­nan­nten Nor­malzu­s­tand vor Coro­na. Genau dieser Nor­malzu­s­tand hat zu dieser Krise geführt. Die Lehre aus Coro­na ist, dass wir uns endlich an den Bedürfnis­sen von Men­sche und Natur und nicht an Gewin­ner­wartun­gen von Konz­er­nen ori­en­tieren müssen.”

Dabei üben die Initiator*innen deut­liche Kri­tik an den Coronaleugner*innen, die in den let­zten Wochen mehrmals nach Pots­dam mobil­isiert haben. Es gäbe berechtigte Gründe, gegen die Coro­n­apoli­tik zu demon­stri­eren, man müsse sich aber nicht mit den Querdenker*innen gemein machen. „Wir haben in Pots­dam immer wieder gegen die Coronaleugner*innen demon­stri­ert. Jet­zt gehen wir mit ein­er eige­nen Mes­sage auf die Straße”, erk­lärt Mira Hun­srück. „Wir laden am Sam­stag alle ein, die eine sol­i­darische Antwort auf das Desaster der Coro­n­apoli­tik wollen – aber die nicht mit Gesund­heits­geg­n­ern, Eso­terik­ern und Nazis marschieren wollen.”

Die Demon­stra­tion begin­nt am 24.04.21 um 14:00 Uhr am Babels­berg­er Rathaus und wird von dort aus durch das Zen­trum Ost bis in die Innen­stadt führen. Die Teilnehmer*innen sind ange­hal­ten, auf Abstände zu acht­en, Masken zu tra­gen und sich vorher z.B. per Bürg­ertest testen zu lassen. Getra­gen wird die Demon­stra­tion von einem Kreis aus Grup­pen und Einzelper­so­n­en, die seit Jahren in Pots­dam in ver­schiede­nen Kam­pag­nen und Ini­tia­tiv­en aktiv sind. Unter den Redner:innen auf der Demon­stra­tion sind Akteure wie das Autonome Frauen­zen­trum, die Freie Arbeiter*innenunion, die GEW-Stud­is, die Emanzi­pa­torische Antifa, Refugees Eman­ci­pa­tion, Medi­zin­stud­is für Präven­tion und Sol­i­dar­ität Bran­den­burg und das Alter­na­tive Schul­bünd­nis Brandenburg.

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Antifaschismus Verschwörungsideologie

Querdenken versenken! — Solidarität statt Verschwörung

Sol­i­dar­ität statt Verschwörung

Wie diese Dinge weit­erge­hen und die Ver­ant­wor­tung dafür, […] das ist in let­zter Instanz an uns.“ (Theodor W. Adorno)

Wie stark die extreme Rechte auftreten und mobil­isieren kann hängt davon ab, wie aktiv ihr die Zivilge­sellschaft ent­ge­gen­tritt. Es liegt an uns, ras­sis­tis­chen und faschis­tis­chen Welt­bildern entschlossen den Raum zu nehmen.

Unheil und Katas­tro­phe sind die Antrieb­skraft der extremen Rechte und Pro­pa­gan­da ist für sie ein wichtiges Instru­ment. Es wer­den Unwahrheit­en ver­bre­it­et und das öffentlich Sag­bare gezielt nach rechts ver­schoben. Ins­beson­dere die AfD tut dies, um danach zu behaupten, man sei falsch ver­standen wor­den oder auf der Maus aus­gerutscht. Damit wer­den gezielt rechte Wähler*innen ange­sprochen, während man gle­ichzeit­ig ver­sucht, den bürg­er­lichen Schein zu wahren.

Mit der im let­zten Jahr ent­stande­nen Bewe­gung „Quer­denken“ scheint die AfD eine neue Ziel­gruppe gefun­den zu haben. Während man zu Beginn der Pan­demie noch kri­tisierte, die Regierung würde nicht aus­re­ichend auf die Lage reagieren und die Maß­nah­men seien nicht hart genug, schwenk­te man schließlich auf den Kurs von „Quer­denken“ um und wurde gewis­ser­maßen zum par­la­men­tarischen Arm.

Auch in Bran­den­burg an der Hav­el gibt es einen „Querdenken“-Ableger. Unter dem Namen „Bran­den­burg ste­ht auf“ demon­stri­eren jeden Mon­tag „besorgte Bürger*innen“ Hand in Hand mit Anhänger*innen recht­sna­tion­al­is­tis­ch­er Grup­pe­nund Parteien. Zusät­zlich zu diesen Demon­stra­tio­nen, bei denen Maß­nah­men wie Masken tra­gen und Abstand hal­ten ignori­ert wer­den, find­et nun auch jeden zweit­en Sonnabend Autoko­r­sos statt. An diesen nehmen ca. 450 Per­so­n­en in gut 300 Autos teil. Auch der Direk­tkan­di­dat für den Bun­destag der AfD, Axel Brösicke, befind­et sich unter ihnen und äußert sich immer wieder wohlwol­lend über die Aktivitäten.

Ähn­lich wie die AfD insze­niert man sich auch im Milieu von „Quer­denken“ gerne als Opfer falsch­er Berichter­stat­tung. So sei der ver­suchte Sturm des Reich­stags im let­zten Som­mer drama­tisiert wor­den und die extreme Rechte spiele keine wesentliche Rolle bei den Demon­stra­tio­nen. Dies behauptet auch „Bran­den­burg ste­ht auf“. So wurde im Bezug auf eine in Berlin geplante Ver­anstal­tung in der Telegram-Gruppe disku­tiert, ob dies nicht eine Aktion des Staatss­chutzes sei, um die Bewe­gung zu diskred­i­tieren. Daraufhin wurde durch einen Hauptver­ant­wortlichen erläutert, dass man den Organ­isator aus Berlin kenne, dieser sei „mit Sicher­heit kein Nazi, son­dern Voll­blut­pa­tri­ot“. In der genan­nten Telegram-Gruppe fall­en immer wieder Nutzer*innen mit Reichs­flagge als Pro­fil­bild und ein­schlägi­gen Pseu­do­ny­men auf, in denen bekan­nte Szenecodes wie „88“ (=HH, Heil Hitler) genutzt wer­den. Auch Slo­gans wie „Heimat­treu“ wer­den immer wieder ver­wen­det. Weit­er­hin tauschen im örtlichen und zeitlichen Zusam­men­hang mit den Aktiv­itäten der Gruppe auch immer wieder Stick­er der Anti-Antifa sowie der Iden­titären Bewe­gung in der Stadt auf, nicht sel­ten mit Stick­ern von „Bran­den­burg ste­ht auf“.

Eine Nähe zur recht­en Szene ist also sicht­bar. Zudem kann man im Chat immer wieder klas­sis­che Ver­schwörungserzäh­lun­gen lesen, nach denen geheime Mächte im Hin­ter­grund der Welt­poli­tik steuern wür­den. Diese Erzäh­lun­gen sind tief im Anti­semitismus ver­wurzelt. Auch das immer wieder genutzte Motiv der „Lügen­presse“ hat einen anti­semi­tis­chen Ursprung. Es wurde im Nation­al­sozial­is­mus geprägt, um eine kri­tis­che Presse auch gesellschaftlich zu diskred­i­tieren. So wurde behauptet, dass die Medi­en durch eine jüdis­che Ver­schwörung ges­teuert wür­den, um dem deutschen Volk zu schaden. Hinzu kom­men noch Äußerun­gen, die den Holo­caust rel­a­tivieren und bei denen sich Mit­glieder der Gruppe der­sel­ben Ver­fol­gung aus­ge­set­zt fühlen wie die Jüdin­nen und Juden im NS. Konkret wurde etwa die Möglichkeit der Durch­set­zung der Quar­an­täne für Verweiger*innen mit Konzen­tra­tionslagern gle­ichge­set­zt. Als dies hat nichts mit „Frieden und Frei­heit“ zu tun, wie man es sich gerne auf die Fahne schreibt.

Wer an Ver­anstal­tun­gen dieser Gruppe teil­nimmt und nicht wider­spricht, macht sich wil­lentlich mit Antisemit*innen, Nazis und Verschwörungsideolog*innen gemein. Wer schweigt, akzeptiert.

Am 27.03. plant „Bran­den­burg ste­ht auf“ einen Autoko­r­so. Daher rufen wir zu eine Gegenkundge­bung auf. Kommt am 27. März zum Wiesen­weg und set­zt mit uns ein Zeichen gegen Ver­schwörungserzäh­lun­gen und Anti­semitismus. Bran­den­burg bleibt bunt!

Tre­ff­punkt: Sonnabend, 27.03. um 13.00 Uhr am Wiesenweg

Tragt Masken, hal­tet Abstand, kommt nur, wenn ihr keine Symp­tome habt.

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Arbeit & Soziales Bildung & Kultur Inklusion & Ableism Verschwörungsideologie

Solidarische Zukunft statt Kapitalismus

Seit einem Jahr regiert der Beat des Pan­demie­mange­ments unsere Leben im Zwei­wochen­takt. Und trotz­dem: Infek­tions- und Todesrat­en bleiben hoch, wir gehen brav arbeit­en und müssen uns mit starken Beschränkun­gen von Bewe­gungs­frei­heit und Recht­en arrang­ieren. Unsere Belas­tungs­gren­zen sind erre­icht, soziale Beziehun­gen bröck­eln, Fam­i­lien lei­den unter Mehrbe­las­tun­gen. Exis­ten­z­grund­la­gen gehen ver­loren, nicht nur in der Gas­tro- oder Kul­tur­branche. Dabei ist unter dem Bemühen, sich und andere nicht anzusteck­en, so einiges aus dem Blick ger­at­en. Dass das Ansteck­ungsrisiko in unser­er Freizeit größer sein soll als auf Arbeit, ist nur eine Aspekt davon.

Es läuft schlecht.

Und irgend­wie klappt nichts: Finanzielle Hil­fen kom­men viel zu spät und die Impflo­gis­tik ver­sagt. Die Gesund­heit­sämter kön­nen die Auf­gabe der Pan­demiebekämp­fung nicht erfüllen und in den Kranken­häusern man­gelt es an Per­son­al und Ressourcen. Hard­lin­er ein­er repres­siv­en Sicher­heits- und Überwachungspoli­tik nutzen die „Gun­st der Stunde“, um die Befug­nisse von Polizei und Mil­itär auszudehnen. Die halb­herzige Lock­down­poli­tik hat das Infek­tion­s­geschehen außer Kon­trolle ger­at­en lassen, staatliche Insti­tu­tio­nen ver­sagen und nötige grundle­gende Verän­derun­gen wur­den bish­er nicht ange­gan­gen. Den Preis für dieses Ver­sagen zahlen dabei diejeni­gen, denen es wirtschaftich und sozial ohne­hin nicht gut ging. Ger­ade wer wichtige Sorgear­beit leis­tet, für uns Kinder, Kranke und Alte betreut, aber auch prekär Beschäftigte und kleine Selb­st­ständi­ge tra­gen die größten Risiken und die größten Las­ten. Der Applaus für ihre “Sys­tem­rel­e­vanz” zu Beginn der Pan­demie hat sich für die meis­ten der in diesem Bere­ich Beschäftigten nicht aus­gezahlt. Tat­säch­lich ver­lieren ger­ade viele Beschäftigte auf­grund der Schließung von Fir­men und Geschäften Einkom­men und Erspar­nisse, eine Entwick­lung die sich in den näch­sten Monat­en noch ver­schär­fen wird. Für Erwerb­slose und arme Men­schen gibt es kaum Unter­stützung. Wer wenig hat, hat Mühe das Wenige durch die Pan­demie nicht zu ver­lieren. Und wer schon vor der Pan­demie am Rand der Gesellschaft stand, wird noch nicht mal bei ein­fach­sten Infek­tion­ss­chutz­maß­nah­men bedacht, wie die Sit­u­a­tio­nen von Geflüchteten oder Obdachlosen zeigen.

Nicht für alle.

Großun­ternehmen prof­i­tieren hinge­gen von staatlichen Hil­fen, die Gewinne großer Tech-Unternehmen steigen kon­tinuier­lich und je nach Stand der Ver­hand­lun­gen um die Impf­stoffe schießen auch die Börsenkurse in die Höhe. Auch auf dem Immo­bilien­markt sorgt die Pan­demie für sat­te Gewinne. In beein­druck­ender Schnel­ligkeit wur­den Mil­liar­den­hil­fen für die Lufthansa bewil­ligt. Die Ver­mö­gen der Millionär*innen und Milliardär*innen sind 2020 schneller gewach­sen als in den Jahren zuvor. Tat­säch­lich ist es die Umverteilung von Ver­mö­gen von unten nach oben, die durch die Coro­n­apoli­tik einen Boost erfährt.

Und die Zer­störung schre­it­et voran.

Gle­ichzeit­ig stößt uns Coro­na auf ein weit­eres ungelöstes Prob­lem: Die durch die immer weit­er inten­sivierte Aus­beu­tung natür­lich­er Ressourcen zum Zwecke der Prof­it­max­imierung vor­angetriebene Umweltzer­störung trägt dazu bei, dass ver­mehrt neue Viren auf den Men­schen überge­hen. Coro­na ist nicht die erste, und wird nicht die let­zte Pan­demie sein. Die gle­iche Ursache, die unge­hemmte Ver­w­er­tung der Natur zu wirtschaftlichen Zweck­en, treibt den Kli­mawan­del voran, der die Lebensver­hält­nisse auf diesem Plan­eten drastisch zu ver­schlechtern dro­ht. Und wie im Falle der Pan­demie beste­hen die staatlichen Gegen­maß­nah­men aus ein­er Mis­chung aus leeren Ver­sprechun­gen und der Hoff­nung, es würde sich auf wun­der­same Weise eine tech­nis­che Lösung ergeben. Statt inter­na­tionaler Zusam­me­nar­beit und gegen­seit­iger Hil­fe wird der Großteil der Men­schheit vom Zugang zu Impf­stof­fen und Medika­menten aus­geschlossen bzw. mit den Fol­gen des Kli­mawan­dels alleingelassen.

Das Prob­lem heißt Kapitalismus.

Die Prob­leme, deren Auswirkun­gen ger­ade unseren All­t­ag bes­tim­men, existierten auch schon vor Coro­na. In der Pan­demie zeigen sich aber deut­lich die Charak­ter­is­ti­ka dieser Gesellschaft­sor­d­nung, des Kap­i­tal­is­mus. Die Bekämp­fung der Pan­demie scheit­ert so vor sich hin, weil dieses Wirtschaftssys­tem, das auf Prof­it­max­imierung um jeden Preis beruht und die dazuge­hörige poli­tis­che Ord­nung nicht in der Lage sind, dieser etwas effek­tiv ent­ge­gen­zuset­zen. Denn zur Bekämp­fung der Pan­demie wäre Koop­er­a­tion notwendig sowie die Organ­i­sa­tion der Güter­pro­duk­tion und ‑verteilung ent­lang men­schlich­er Bedürfnisse und nicht von Gewin­ner­wartun­gen. Das ist aber nicht vere­in­bar mit den grundle­gen­den Struk­turen unser­er Gesellschaft.

Das Prob­lem heißt Kap­i­tal­is­mus und darüber müssen wir reden. Dass die Coro­n­apoli­tik vor allem Wohlhaben­den und Reichen zugute kommt und für alle anderen nur Trostpflaster vorhält, macht viele wütend. Das ist aber auch ohne Coro­na der kap­i­tal­is­tis­che Nor­malzu­s­tand. Dass Krankenpfleger*innen als “sys­tem­rel­e­vant” beklatscht, aber nicht bess­er bezahlt wer­den, während Milliardär*Innen reich­er wer­den, dass Men­schen um ihre Gesund­heit und ihr Leben fürcht­en, während sich Konz­erne im Tech­nolo­gie,- Medi­zin,- und Finanzsek­tor über das Virus als Wach­s­tums­beschle­u­niger freuen, ist nach den Maßstäben dieser Gesellschaft: nor­mal. Eben­so, dass Deutsch­land durch seinen ökonomis­che und poli­tis­che Macht dazu beiträgt, weltweit Men­schen vom Zugang zu Medi­zin und Impf­stoff auszuschließen. Deshalb ist das kein Nor­malzu­s­tand, zu dem wir zurück­wollen. Allein schon nicht, weil dieser Nor­malzu­s­tand der Pan­demie den Weg ebnete: — schließlich wurde Coro­na erst in Verbindung mit dem kaputtges­parten und pri­vatisierten Gesund­heitssys­tem zur Katas­tro­phe. Die Pan­demie hat so die grundle­gen­den Struk­turen dieser Gesellschaft offen gelegt.

Das gilt es zu ändern. Ein erster Schritt dazu wäre, sich gemein­sam gegen die gegen­wär­ti­gen und kom­menden Zumu­tun­gen zu wehren.

Deswe­gen:
Raus auf die Straße am 24. April 2021, 14 Uhr, Pots­dam Babels­berg Rathauskreuzung.
Kämpferisch und mit Abstand gegen das kap­i­tal­isi­tis­che Pandemiemangement!

 

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Kein Platz für Neonazis?

Kein Platz für Neonazis? – Extrem rechte Beteiligung auf Frankfurter Querdenken-Kundgebung am 28. November 2020

Es ist inzwis­chen kein Geheim­nis mehr, dass die soge­nan­nten „Hygenie“-Demonstrationen gegen die von Bund und Län­dern erlasse­nen Verord­nun­gen zur Eindäm­mung des Coro­na-Virus ein Sam­mel­beck­en von Neon­azis, Reichs­bürg­ern und anderen extremen Recht­en gewor­den sind. Die immer wieder gebetsmüh­le­nar­ti­gen Beteuerun­gen keine Nazis und Antisemit_innen auf den Ver­samm­lun­gen zu dulden wer­den ad absur­dum geführt, wenn auf den Büh­nen eben jene sprechen kön­nen oder von den Teil­nehmenden die Grun­drecht­sein­schränkun­gen mit dem Nation­al­sozial­is­mus ver­glichen und dabei die Shoah ver­harm­lost wird. Laut Thürin­gens Innen­min­is­ter Georg Maier sind etwa ein Drit­tel aller Teil­nehmenden dieser Demon­stra­tion rechtsextrem.[1]

Ein weit­eres Beispiel ist die Kundge­bung von „Quer­denken“ am 28. Novem­ber 2020 in Frank­furt (Oder), bei welch­er nicht nur Verschwörungsideolog_innen aus dem gesamten Bun­des­ge­bi­et angereist sind, son­dern auch zahlre­iche Neonazis.

Es sollen sich doch alle nur lieb haben: Michael Ball­weg (mitte) auf der Bühne des „Querdenken“-Protests. Neben ihm der Mod­er­a­tor Nana Dom­e­na (links).

Für jenen Sam­stag, den 28. Novem­ber 2020, meldete „Quer­denken“ auf der Oder­prom­e­nade mit Blick in die Frank­furter Nach­barstadt Slu­bice eine Kundge­bung für 1.500 Men­schen an, an denen zahlre­iche deutsche, wie pol­nis­che Coro­na-Leugn­er_in­nen teil­nah­men. Es sollte in den Augen der Anmelder_innen ein his­torisches Ereig­nis sein. Deutsche und Polen gemein­sam auf die Straße gegen ihre Regierun­gen. Ein „Fest der Frei­heit“ und des „Friedens“ war geplant, wie der Mod­er­a­tor Nana Dom­e­na betonte. An diesem grauen Herb­st­tag war die Stim­mung jedoch alles andere als friedlich und fre­und­schaftlich. Gegenüber Ander­s­denk­enden war sie sog­ar äußerst feind­selig. Das es auch anders geht zeigt eine deutsch-pol­nis­che Demon­stra­tion vor weni­gen Monat­en. Anfang Sep­tem­ber zogen bei der ersten gren­züber­greifend­en Pride bis zu 1.000 Teil­nehmende [2] friedlich durch Slu­bice und Frank­furt (Oder) und macht­en auf die Sit­u­a­tion der LGBTQI-Com­mu­ni­ty in bei­den Län­dern aufmerk­sam. Zusät­zlich forderten sie die für die Verbesserung von Anlauf­stellen für nicht-het­ero­sex­uelle Men­schen. Dies fand beim „his­torischen“ „Querdenken“-Protest keine Erwäh­nung, hätte es doch die Sin­gu­lar­ität ihres Auf­marschs erschüttert.

Pressevertreter_innen wur­den angepö­belt und bedrängt. Anstatt zur Beson­nen­heit aufzu­rufen, nötigte Ini­ta­tor Michael Ball­weg die anwe­senden Journalist_innen dazu sich bei der Demon­stra­tionsleitung akkredieren zu lassen. Dass der Stuttgarter trotz der Bekun­dung, seine Bewe­gung sei für die „Wiedere­in­führung demokratis­ch­er Grun­drechte“, es mit der Presse­frei­heit nicht so genau nahm wun­dert nicht. Immer wieder sind eben Jene auf den Demon­stra­tio­nen, die sich ein Deutsches Kaiser­re­ich oder gle­ich ein führer-gelenk­tes Regime wün­schen anwe­send und wer­den geduldet. Zahlre­iche Medi­en haben immer wieder darüber berichtet, wie etwa das Jüdis­che Forum [3] oder zulet­zt EXIF [4]. Ball­weg selb­st scheint eben­so die Nähe zu ver­fas­sungs­feindlichen Struk­turen zu suchen. Anfang Novem­ber traf er sich im thüringerischen Saalfeld mit dem Reichs­bürg­er und selb­st ernan­nten „König von Deutsch­land“ Peter Fitzek. [5]

Neonazis aus Brandenburg …

Wie auch bei den ver­gan­genen Demon­stra­tio­nen bildet Frank­furt (Oder) dabei keine Aus­nahme. Auch hier beteiligten sich zahlre­iche Ange­hörige der extremen Recht­en. Szenekenner_innen fie­len zahlre­iche bekan­nte Gesichter auf, die in der Ver­gan­gen­heit son­st eher bei Neon­azi-Demon­stra­tio­nen zu sehen waren. Dazu gehören Neon­azis aus den nahe gele­gen­den Land­kreisen Oder-Spree und Märkisch-Oder­land, sowie aus Ober­hav­el und dem Havel­land. Zu diesen gehörten etwa Robert Wegen­er und der NPDler Robert Wolin­s­ki aus Vel­ten. Bei­de beteiligten bere­its in den let­zten Monat­en an Anti-Coro­na-Protesten in Oranien­burg und Umge­bung. Dort macht­en sie sich schon früh den zunehmenden Ein­fluss der „Querdenken“-Bewegung im Land Bran­den­burg zu nutze und ver­suchen ihre eige­nen Inhalte in die Proteste zu tra­gen. Mit Erfolg, wie auch andere Beobachter_innen fest­stellen mussten.[6] In Frank­furt trafen sie auf einen alten Bekan­nten: Maik Schnei­der. Schnei­der, der derzeit auf die Revi­sion eines Gerichtsver­fahren am Bun­des­gericht­shof wartet, saß bis­lang wegen Brand­s­tiftung ein­er geplanten Geflüchtete­nun­terkun­ft in Nauen 2015 im Gefängnis.

In der Menge find­et man sich dann doch. Die bei­den Neon­azis Robert Wegen­er (Bild­mitte, mit grauer Jacke) und der NPDler Robert Wolinksi (mit schwarz­er Schieber­mütze) im Gespräch mit Jens Irgang und Maik Schneider.
Eigentlich sollte er jet­zte eine Haft­strafe ver­büßen. Der mut­maßliche Brand­s­tifter Maik Schnei­der (mitte) ließ es sich nicht nehmen auch in Frank­furt (Oder) einen „Querdenken“-Protest zu besuchen.

Eben­falls aus dem West­en bzw. Nor­den Bran­den­burgs sind mit Roy Grass­mann aus Bernau und Sven Kil­ian aus Nauen zwei weit­ere Neon­azis angereist. Früher eben­falls auf NPD-Ver­anstal­tun­gen anzutr­e­f­fen, verteilen bei­de inzwis­chen Zeitschriften des extrem recht­en Com­pact-Mag­a­zins, das regen Absatz auf der Frank­furter Demo fand.

Kom­pak­ter Ver­schwörungswahn: Roy Grass­mann aus Bernau beim Verteilen des extrem recht­en Mag­a­zins „Com­pact“.

… und darüber hinaus.

Die über­re­gionale und län­derüber­greifende Bedeu­tung für die Kundge­bung unter­strich u.a. die Teil­nahme zahlre­ich­er pol­nis­ch­er und deutsch­er Hooli­gans, die durch ein­deutige Sym­bole deut­lich erkennbar waren. Mit Sven Liebich aus Halle/Saale und Reza Begi aus Köln sind zudem zwei bekan­nte Anti­semiten angereist. Sven Liebich, der auch Verbindun­gen zum ver­bote­nen „Blood & Honour“-Netzwerk gehabt haben soll, fiel zulet­zt durch einen gewalt­täti­gen Übergiff in Leipzig Anfang Novem­ber auf [7]. Über seinen Web­store verkauft er zudem Stick­er und Klei­dung mit den Holo­caust ver­harm­losenden Sym­bol­en. Reza Begi ist seit län­gerem als Holo­caustleugn­er und Teil­nehmer extrem Rechter Aufmärsche bekan­nt. Zulet­zt leugnete er erneut die Massen­ver­nich­tung der Jüdinnen_Juden als er als Zuhör­er den Prozess gegen Ursu­la Haver­beck ver­fol­gen wollte.[8]

Der Neon­azi Sven Liebich (mitte, mit rot-weißem „Corona“-Schal) kam aus Halle mit Unterstützer_innen angereist.
Der Anti­semit und Holo­caustleugn­er Reza Begi in den bei Verschwörungsideolog_innen trendi­gen Far­ben „Schwarz-Weiß-Rot“.

Rechte Medienmacher berichten

Zu den regelmäßi­gen Teil­nehmenden der recht­sof­fe­nen „Querdenken“-Proteste gehören inzwis­chen auch zahlre­iche Medi­en­schaf­fende aus der Bewe­gung. Da die ange­blichen „Sys­tem-Medi­en“ nur ein­seit­ig bericht­en wür­den, ver­suchen sich Verschwörungsideolog_innen inzwis­chen mas­siv mit an eigen­er Berichter­stat­tung. Dabei beschränken sich deren Akteur_innen nicht nur auf das bloße doku­men­tieren der Demon­stra­tio­nen von „Quer­denken“, son­dern ver­suchen die Anhänger_innen und möglichen Sympathisant_innen gezielt mit „Alter­na­tiv­en Fak­ten“ zu ver­sor­gen. Das Mag­a­zin Com­pact verteilte an der Oder deshalb nicht nur seine Zeitschriften, son­dern war auch mit einem Kam­era-Team von Com­pactTV vor Ort.
Neben solchen For­mat­en, zu denen etwa auch der rus­sis­che Pro­pa­gan­da-Sender Rus­sia Today (RT) gezählt wer­den kann, gehören auch Einzelper­so­n­en, die mit auf Sta­tive geschraubte Smart­phone und Mikro­fo­nen unter­wegs sind. Einige von diesen Medienaktivist_innen bericht­en dabei exk­lu­siv für „Quer­denken“. Matthäus West­fal alias „Aktivist Mann“ ist ein­er von ihnen, die auch in Frank­furt dabei waren.

Immer vorne mit dabei: Matthäus West­fal alias „Aktivist Mann“.

Der 24-Jährige West­fal stammt aus dem Land­kreis Min­den-Lübbecke und filmt nicht erst seit den Coro­na-Protesten. Wie das Recherche Kollek­tiv Ost­west­falen berichtet, ist der rechte YouTu­ber bere­its seit min­desten fünf Jahren in evan­ge­likal-fun­da­men­tal­is­tis­chen Spek­trum aktiv und Mit­glied der anti­semit­sichen Sek­te Organ­is­che Chris­tus-Gen­er­a­tion (OCG) um den Schweiz­er Ivo Sasek.[9] Als „Aktivst Mann“ ist er bei Ver­anstal­tun­gen der AfD eben so gerne gese­hen, wie auf Neon­azi-Demon­stra­tio­nen. Mit dem Holo­caustleugn­er Niko­lai Ner­ling ist er gut bekan­nt und spricht auch mal auf seinen Kundgebungen.[10] Obwohl er sich selb­st gerne als neu­traler Jour­nal­ist darstellt um Polizeiab­sper­run­gen zu über­winden, ist er vor allem als Aktivist in den vorder­sten Rei­hen zu beobacht­en. Sei es bei der so genan­nten „Reich­stagsstür­mung“, wie auch in Frank­furt (Oder), wo er mit der Deutsch­land-Fahne in der Hand an der Spitze ein­er kurzen Demon­stra­tio­nen über die Stadt­brücke marschierte.

Frankfurter Neonazis eher am Rand

Die Neon­azis Ben­jamin Krüger (rechts) und Sven Lemke (mitte, mit schwarz-weiß-rotem Schal) an der Oder­prom­e­nade. Im Hin­ter­grund zu sehen mit DDR-Schal: Jens Irgang (ex-NPD Berlin)

Die bina­tionale Anti-Coro­n­aver­samm­lung war auch der extremen Recht­en in der Oder­stadt nicht ent­gan­gen. Min­destens ein Dutzend nah­men daran teil, zogen es jedoch vor sich eher auf Abstand zu den anderen Teil­nehmenden zu hal­ten. Sven Lemke [11] und Ben­jamin Krüger [12] aus dem Umfeld der Kam­er­ad­schaft Kom­man­do Wer­wolf [13] präsen­tierten sich zusam­men mit anderen Neon­azis mit schwarz-weiß-roten Masken und Klei­dung ein­deutiger Neon­az­i­marken. Auch die jun­gen Neon­azis Den­nis Kunert und Romano Gos­da [14], let­zter­er im Kapuzen­pullover mit der Auf­schrift „Auge um Auge. Zahn um Zahn“ beteiligten sich nach län­ger­er Abwe­sen­heit wieder an einem Aufmarsch.
Bei den eher über­schaubaren Protesten von Coro­na-Leugn­er_in­nen in den let­zten Monat­en in der Oder­stadt um Organ­isator Horst-Uwe Kil­la taucht­en kaum Neon­azis auf, den­noch wurde dort zulet­zt auch eine Protest­form adap­tiert [15], die wenig später auch in Cot­tbus für Auf­se­hen sorgte. [16]

Romano Gos­da (m. „Frank­furt Oder-Auf­schrift“) und Hooligan-Attitüde.

Denis Kunert (türkiser Pullover unter offen­er Jacke) gut gelaunt mit weit­eren Neon­azis auf den Weg zur „Querdenken“-Kundgebung auf der Oderpromenade

Die AfD Frank­furt (Oder) um Wilko Möller rief im Vor­feld der „Querdenken“-Demonstration nicht zur Teil­nahme auf. Den­noch war die AfD vor Ort präsent, u.a. mit Andreas Suchanow. Der Bun­de­spolizist und AfD-Stadtverord­nete kam in Begleitung von Neon­azis, die in der Ver­gan­gen­heit des öfteren auf Neon­azi-Demon­stra­tio­nen, zulet­zt am 3. Okto­ber bei einem Auf­marsch des „III. Weg“ in Berlin, aufge­fall­en sind. Das zu Neon­azis keine Berührungsäng­ste beste­hen zeigt nicht zulet­zt die Nähe des Frank­furter Stadtver­bands zum so genan­nten „Flügel“. Vor­sitzen­der Wilko Möller fiel zudem selb­st des öfteren durch extrem rechte Äußerun­gen und Volksver­het­zung auf. [17]
Das Coro­na-Leugn­er_in­nen und deren Sympathisant_innen aus der Neon­azi-Szene keines­falls nur harm­lose rechte Spinner_innen sind zeigte sich noch am Abend nach der „Querdenken“-Demonstration. Mehrere Neon­azis, die vorher auf der Kundge­bung waren, grif­f­en in der Nähe ein­er beliebten Kneipe mehrere Antifaschist_innen an, die an ein­er Gegen­de­mo teilgenom­men hatten.

Der AfDler Andreas Suchanow fühlt sich sichtlich wohl unter anderen Neonazis.

Quellen:

1 Vgl. Tagess­chau: Ein Drit­tel auf „Querdenken“-Demos recht­sex­trem, 05.12.2020, https://www.tagesschau.de/inland/querdenken-105.html, zulet­zt einge­se­hen am 26.12.2020

2 Vgl. Schleier­ma­ch­er, Uta: Pride-Teil­nehmer in Słu­bice und Frank­furt (Oder) fordern Ende der Diskri­m­inierung. In: rbb24: 05.09.2020, https://www.rbb24.de/studiofrankfurt/politik/2020/09/erster-csd-frankfurt-oder-slubice-pride-polen-lgbtiq.html, zulet­zt einge­se­hen am 26.12.2020

3 Als Beispiel hier u.a. JFDA: „Ver­samm­lung für die Frei­heit“: Über­griffe auf Presse, Mis­sach­tung von Aufla­gen, 300 Fes­t­nah­men, 29.08.2020, https://jfda.de/blog/2020/08/30/versammlung-fuer-die-freiheit/, zulet­zt einge­se­hen am 26.12.2020.

4 Vgl. EXIF: „Tag X“-Romantik aus dem Bilder­buch – „Coro­na-Proteste“ & rechter Ter­ror, 29.11.2020, https://exif-recherche.org/?p=6953, zulet­zt einge­se­hen am 26.12.2020

5 Vgl. Rohwed­der, Wulf: „Quer­denker“ im „Kön­i­gre­ich“. In: Tagess­chau, 19.11.2020, https://www.tagesschau.de/investigativ/querdenken-reichsbuerger-101.html, zulet­zt einge­se­hen am 26.12.2020

6 Vgl. Pfis­ter­er, Mis­cha: Neon­azis mit Endzeitrhetorik. In: Neues Deutsch­land, 19.11.2020, https://www.neues-deutschland.de/artikel/1144651.querdenken-neonazis-mit-endzeitrhetorik.html, zulet­zt einge­se­hen am 26.12.2020

7 Vgl. Fre­itag, Michael: Leipzig am 7. Novem­ber: Nach­we­hen für einen „Quer­denker“ + Video. In: Leipziger Inter­net Zeitung, 11.11.2020, https://www.l‑iz.de/leben/gesellschaft/2020/11/Leipzig-am-7-November-Nachwehen-fuer-einen-Querdenker-Video-359175, zulet­zt einge­se­hen am 26.12.2020

8 Vgl. JFDA: Urteil im Prozess gegen Holo­caustleugner­in Ursu­la Haver­beck: 1 Jahr Haft, 04.12.2020, https://jfda.de/blog/2020/12/04/urteil-im-prozess-gegen-holocaustleugnerin-ursula-haverbeck-1-jahr-haft/, zulet­zt einge­se­hen am 26.12.2020

9 Vgl. Recherche Kollek­tiv Ost­west­falen: Aktivist Mann: Sek­tier­er und biol­o­gis­tis­ch­er Ras­sist aus OWL, 23.09.2020, https://rkowl.blackblogs.org/2020/09/23/aktivist-mann-sektierer-und-biologistischer-rassist-aus-owl/, zulet­zt einge­se­hen am 26.12.2020

10 Vgl. Ebd.

11 Vgl. Recherchegruppe Frank­furt (Oder): https://recherchegruppeffo.noblogs.org/?s=sven+lemke&x=0&y=0. zulet­zt einge­se­hen 13.02.2021

12 Vgl. Recherchegruppe Frank­furt (Oder): Rock und Runen, 16.04.2018, https://recherchegruppeffo.noblogs.org/?s=benjamin+kr%C3%BCger&x=0&y=0, zulet­zt einge­se­hen am 26.12.2020

13 Vgl. Recherchegruppe Frank­furt (Oder): Watch out for the Wer­wolf! 02.06.2013, https://recherchegruppeffo.noblogs.org/?s=kommando+werwolf&x=0&y=0, zulet­zt einge­se­hen am 26.12.2020

14 Vgl. Recherchegruppe Frank­furt (Oder): Romano Gos­da – Ver­strick­un­gen eines jun­gen Neon­azis, 22.08.2016, https://recherchegruppeffo.noblogs.org/?s=romano+gosda&x=0&y=0, zulet­zt einge­se­hen am 26.12.2020.

15 Vgl. Matschkowiak, René: 50 Teil­nehmer ziehen mit Sarg durch Frank­furt (Oder). In: MOZ, 14.11.2020, https://www.moz.de/lokales/frankfurt-oder/anti-corona-demo-50-teilnehmer-ziehen-mit-sarg-durch-frankfurt-_oder_-53114162.html, zulet­zt einge­se­hen am 26.12.2020

16 Vgl. Fröh­lich, Alexan­der: Ver­fas­sungss­chutz ver­mutet ver­botenes Neon­azi-Net­zw­erk hin­ter Sarg-Auf­marsch, 25.11.2020, https://www.tagesspiegel.de/berlin/spuren-zu-spreelichtern-und-afd-verfassungsschutz-vermutet-verbotenes-neonazi-netzwerk-hinter-sarg-aufmarsch/26658952.html, zulet­zt einge­se­hen am 26.12.2020

17 Vgl. Gutke, Thomas: Stadt Frank­furt (Oder) will AfD-Anfrage von Staat­san­waltschaft prüfen lassen. In: MOZ, 03.12.2020, https://www.moz.de/lokales/frankfurt-oder/vorwurf-der-volksverhetzung-stadt-frankfurt-_oder_-will-afd-anfrage-von-staatsanwaltschaft-pruefen-lassen-53535289.html, zulet­zt einge­se­hen am 26.12.2020

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Antifaschismus Arbeit & Soziales Verschwörungsideologie

Aus der Krise lernen – Ohne Solidarität ist alles doof

Coro­na stellt uns vor große Her­aus­forderun­gen. Seit einem Jahr machen wir alle Erfahrun­gen damit was es heißt in und mit ein­er Pan­demie zu leben. Jedoch sind wir unter­schiedlich von der Pan­demie betrof­fen. Unsere Wohn­ver­hält­nisse, unsere Arbeit, unseren finanziellen Mit­tel, unsere sozialen Beziehun­gen, unsere Gesund­heit, unser Alter, unser Geschlecht. All das macht, dass wir bess­er oder schlechter durch die Krise kom­men. Die Maß­nah­men der Bun­des- und Lan­desregierun­gen ret­ten sowohl Leben (z.B Maskenpflicht, Abstand, Hygiene), ver­stärken aber auch die beste­hen­den Ungle­ich­heit­en. So gehen zum Beispiel Mil­liar­den an Großkonz­erne, während die Unter­stützung für Einzelhändler*innen und Gas­tronomie zu wenig und zu spät kommt. Das Gesund­heits- und Pflegesys­tem ist seit Jahren am Boden. Home­of­fice und ‑school­ing sind nicht für alle gle­ich möglich. Viele Men­schen müssen in beengten und gefährlichen Woh­nun­gen wohnen, etc. Das Haup­tau­gen­merk der Regierung liegt dabei auf dem Funk­tion­ieren „der Wirtschaft”. „Der Men­sch” bleibt dabei auf der Strecke.
Gle­ichzeit­ig nutzen die AfD und andere recht­sex­treme Kräfte die Äng­ste der Men­schen für ihre men­schen­ver­ach­t­ende Propaganda.
Mit unser­er Kundge­bung wollen wir ein Augen­merk auf die Ungle­ich­heit­en richt­en, die durch die Pan­demie und die darauf­fol­gen­den Maß­nah­men der Regierung entste­hen und ver­schärft werden.
Wir suchen einen sol­i­darischen Weg durch die Krise, ohne dabei einen Platz zu bieten für ras­sis­tis­che, anti­semi­tis­che, ver­schwörungside­ol­o­gis­che, oder ander­weit­ig diskri­m­inierende Positionen.

Stay home” ist ein Priv­i­leg der­jeni­gen die es sich leis­ten können.
Lasst uns am 20.02. um 14:00 gemein­sam auf die Straße gehen, für weltweite Sol­i­dar­ität, statt Hass und Hetze!
Tragt Masken und hal­tet den Min­destab­stand ein! Parteien­flaggen und Wer­bung bit­ten wir zu Hause zu lassen.

Sprecht gerne Freund*innen und Bekan­nte an, leit­ete diese mail weit­er und kommt am Sam­stag nach Prenzlau.
Soll­tet ihr alleine mit eur­er Moti­va­tion sein und Angst haben alleine vor­bei zu kom­men, dann kön­nt ihr euch bei agr-uckermark@riseup.net melden.
Wir find­en dann sich­er einen Weg, wie ihr euch trotz­dem wohl fühlen könnt.

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Haft statt Aufklärung?

Im Innenauss­chuss des Bran­den­burg­er Land­tages wurde gestern bekan­nt, dass in der ehe­ma­li­gen Haf­tanstalt in Eisen­hüt­ten­stadt auss­chließlich “Men­schen nicht-deutsch­er Herkun­ft” wegen Ver­stoßes gegen Quar­an­täne­maß­nah­men inhaftiert wor­den sind (die MAZ berichtete am 10.2.2021).

Mara Hasen­jür­gen vom Flüchtlingsrat Bran­den­burg äußert sich dazu: 

Eine frei­heit­sentziehende Maß­nahme, die in der Prax­is auss­chließlich für Men­schen nicht-deutsch­er Herkun­ft Anwen­dung find­et, ist struk­turell ras­sis­tisch. Wir müssen davon aus­ge­hen, dass viele der in Eisen­hüt­ten­stadt Inhaftierten in Sam­melun­terkün­ften der Land­kreise oder der Erstauf­nahme selb­st leben. Die Bewohner*innen von Sam­melun­terkün­ften sind über­durch­schnit­tlich gefährdet sich zu infizieren oder sich als Kon­tak­t­per­son in Quar­an­täne begeben zu müssen. Dabei wer­den sie mit Secu­ri­ties am Ein­gang und teil­weise ein­er Polizeistreife vor der Tür viel eng­maschiger überwacht, als Men­schen, die in Woh­nun­gen leben.”

Haft statt Aufklärung?
Geflüchtete bericht­en dem Flüchtlingsrat immer wieder, nicht aus­re­ichend und in aller Regel nicht mehrsprachig über eine Anord­nung zur Quar­an­täne informiert wor­den zu sein. Mehrfach sind zudem ekla­tante Män­gel bei der Ver­sorgung geflüchteter Men­schen, die sich in Sam­melun­terkün­ften in Quar­an­täne begeben mussten, bekan­nt gewor­den, so beispiel­sweise im April/Mai in Hen­nigs­dorf, im Juli in Stahns­dorf und im November/Dezember in Eisen­hüt­ten­stadt.

Hin­ter­grund
Die Abson­derung­shaft beruht auf dem Infek­tion­ss­chutzge­setz. Als in Bran­den­burg am 5. Mai 2020 erst­mals ein Geflüchteter aus Pots­dam-Mit­tel­mark in Haft genom­men wurde – damals noch im Aus­reisege­wahrsam in Schöne­feld – hat­te der Flüchtlingsrat gefordert, auf mehrsprachige Aufk­lärung und per­sön­liche Ansprache, statt Zwangs­maß­nah­men zu set­zen (Presseno­tiz vom 8.5.2020). Seit­dem stand die Befürch­tung im Raum, dass Bewohner*innen von Sam­melun­terkün­ften für Geflüchtete auf­grund ihrer stark kon­trol­lierten Wohn­si­t­u­a­tion über­pro­por­tion­al von dieser Zwangs­maß­nahme nach dem Infek­tion­ss­chutzge­setz betrof­fen sein kön­nten. Diese Befürch­tung hat sich nun bewahrheitet. 

Dro­hende Willkür
Es ist zu befürcht­en, dass die Abson­derung­shaft, auch auf­grund fehlen­der Vol­lzugsregelun­gen, willkür­lich einge­set­zt wird. Diese Befürch­tung wurde ver­stärkt durch die, let­z­tendlich nicht wahrgemachte Dro­hung des Land­kreis­es Pots­dam-Mit­tel­mark vom 29.7.2020, protestierende Geflüchtete als “Aufrührer” in Gewahrsam zu nehmen. Die Pots­damer Neuesten Nachricht­en zitierten damals Kreis­sprecherin Andrea Met­zler: “ ‘Die Ein­satzkräfte holen nun diejeni­gen raus, die andere Bewohn­er anstacheln’ […] Die ‚Aufrührer’ sollen in den Abschiebe-Gewahrsam nach Schöne­feld gebracht wer­den, wo derzeit Per­so­n­en zwangsweise unterge­bracht wer­den, die sich bei behördlich ange­ord­neter Quar­an­täne unein­sichtig zeigen.” Am 30.7. rev­i­dierte sie ihre Aus­sage gegenüber den PNN, den­noch zeigt der Vor­fall anschaulich, wie leicht­fer­tig Ver­ant­wortliche schein­bar die frei­heit­sentziehende Maß­nah­men bei Geflüchteten in Betra­cht ziehen. 

Geflüchtete selb­st haben in den ver­gan­genen Monat­en die men­sche­nun­würdi­gen Quar­an­tänebe­din­gun­gen immer wieder öffentlich gemacht und bei Sozialar­bei­t­en­den und Betreibern eine Verbesserung ihrer Sit­u­a­tion gefordert. Es ist zu hof­fen, dass die Abson­derung­shaft nicht als Mit­tel oder Dro­hge­bärde genutzt wurde, um berechtigte Kri­tik zu unterbinden. 

Vor­würfe ernst nehmen
Der Flüchtlingsrat fordert die Lan­desregierung sowie die bei­den zuständi­gen Min­is­te­rien für Soziales und Inneres dazu auf, zu prüfen, unter welchen Umstän­den die Betrof­fe­nen in der Abson­derung­shaft inhaftiert wur­den. Wie wurde die medi­zinis­che Ver­sorgung sichergestellt? Hat­ten sie die Möglichkeit Rechtsmit­tel gegen ihre Inhaftierung einzule­gen, mit der Außen­welt zu kom­mu­nizieren und Rechtsanwält*innen oder Beratungsstellen zu erre­ichen? Wur­den die Haftbe­din­gun­gen überwacht? Dem Vor­wurf, dass es sich hier um ras­sis­tis­che Diskri­m­inierung han­deln kön­nte, muss nachge­gan­gen wer­den, anstatt ihn abwehrend vom Tisch zu wischen.

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Andacht statt Kundgebung

Im Land­kreis Havel­land stieg in den let­zten Wochen die Anzahl der mit dem Coro­na-Virus Infizierten erhe­blich an. Mit­tler­weile liegt die 7‑Tage-Inzi­denz mit Stand heute bei 295,71. Eine alarmierende Zahl, welche deut­lich über dem Gren­zw­ert von 200 liegt, ab dem Ver­samm­lun­gen, gemäß Bran­den­bur­gis­ch­er Coro­na-Verord­nung, unter­sagt wer­den. Doch in Falkensee, mit etwa 44.000 Ein­wohn­ern immer­hin die bevölkerungsre­ich­ste Stadt im Havel­land, ließen sich Akteure der Telegram-Gruppe: „Das HAVELLAND ste­ht AUF“ etwas ein­fall­en, um sich den­noch tre­f­fen zu kön­nen. Sie nutzten eine „Hin­tertür“ in der Coro­na-Verord­nung und melde­ten ihre Ver­samm­lung ein­fach als „religiöse Ver­anstal­tung“ an. Mit Erfolg – die Kundge­bung durfte am frühen Mon­tagabend am Falken­hagen­er Anger stattfinden.

Ver­samm­lung am Kriegerehrenmal

An ein­er nur sehr schwach beleuchteten Stelle des Gras­platzes, direkt an einem Kriegerehren­mal ver­sam­melten sich dann ab 18.00 Uhr etwa 25 Sym­pa­thisierende von „Das HAVELLAND ste­ht AUF“. Begrüßt wur­den sie vom Falkenseeer Stadtverord­neten Thomas Fuhl (Partei­los), welch­er als Mod­er­a­tor fungierte. Er sprach über die Wahl des Kundge­bung­sortes. Drei Bauw­erke seien ihm zum Beispiel an diesem Ort wichtig. Drei Bauw­erke die – bildlich gese­hen – gle­ich­wohl auch die Eckpfeil­er der neuen Ini­tia­tive bilden kön­nten . Da wäre die alte Schule, welche „Bil­dung“ sym­bol­isiere und gemäß Fuhls Worten „eine ganz, ganz wichtige Säule“ sei, damit die Gesellschaft funk­tion­iere. Als Zweites nan­nte er die Kirche, welche für ihn ganz klar einen Ver­samm­lung­sort sym­bol­isiere. Als drittes, wichtiges Bauw­erk nan­nte Fuhl das Denkmal für die Gefal­l­enen Sol­dat­en des ersten Weltkrieges. Dies habe für ihn schein­bar eine mah­nende Funk­tion. „Wenn Irri­ta­tio­nen ihren Lauf nehmen, enden sie meis­tens in kriegerischen Auseinan­der­set­zun­gen“, so Fuhl. In der Mah­nung kön­nte aber auch ein Appell liegen, eine Ermah­nung zur Einigkeit. Denn wenn Fuhl eines in Falkensee oder Bran­den­burg nicht haben wolle, wären dies „bürg­erkriegsähn­liche Zustände, weil die Leute der ver­schiede­nen Grup­pen nicht mehr miteinan­der reden“.

Ver­schwörungs­the­o­retik­er und Schwur­bler willkommen

Auch die Admin­is­tra­torin der Telegram-Gruppe „Das HAVELLAND ste­ht AUF“, eine Bürg­erin aus Dall­gow-Döberitz, möchte Frieden und darüber hin­aus Liebe und Freude. So bekräftigte es die blonde Frau zumin­d­est bei ihrer Rede am Mon­tagabend. Sie wollen Men­schen – ins­beson­dere im Coro­na-Lock­down – vere­inen. Jed­er sei dazu willkom­men, auch „Ver­schwörungs­the­o­retik­er“ und „Schwur­bler“, wie die Frau expliz­it betonte. Und offen­bar auch Stephan B aus Berlin, ein Sym­pa­thisant extrem rechter Organ­i­sa­tio­nen, der momen­tan als ver­meintlich­er Pres­sev­ertreter für das For­mat: „Volks­bote“ aktiv ist und entsprechend gefärbte Artikel schreibt. Er wurde – gemäß Chat­pro­tokoll –sog­ar per­sön­lich von der Admin­is­tra­torin von „Das HAVELLAND ste­ht AUF“ eingeladen.

Ziel: „Erweck­ung des Havellandes“

Der ange­blich religiöse Hin­ter­grund der Ver­samm­lung spielte hinge­gen nur am Rande – beispiel­sweise beim Beten eines „Vaterun­sers“ durch Thomas Fuhl – eine Rolle. Bere­its im Telegram-Chat hat­te die Admin­is­tra­torin von „Das HAVELLAND ste­ht AUF“ jedoch erken­nen lassen, dass die Ver­anstal­tung eigentlich anderen Zweck­en diene, ins­beson­dere der Ver­net­zung und der Erweck­ung des Havel­lan­des. Dazu wurde auch die Flugschrift „Demokratis­ch­er Wider­stand“ verteilt, deren Autoren im ver­gan­genen Jahr die berüchtigten Berlin­er „Hygien­edemos“ ini­ti­iert hat­ten. Im Telegram-Chat von „Das HAVELLAND ste­ht AUF“ teilte die Admin­is­tra­torin darüber hin­aus auch Artikel des extrem recht­en Compact-Magazins.

Fotos: hier

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