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Antifaschismus

Erneut 200 bei Neonaziaufmarsch in Wittstock/Dosse

INFORIOT Zum zweit­en Mal fand in Wittstock/Dosse ein Neon­azi­auf­marsch gegen Asyl­suchende statt. Die offen neon­azis­tis­che Ver­anstal­tung am gestri­gen Sonnabend war ein Schaulaufen des “sozial-rev­o­lu­tionären” Flügels der West­bran­den­burg­er Neon­aziszene und einiger Grup­pen aus Meck­len­burg-Vor­pom­mern. Während andere Bran­den­burg­er Grup­pierun­gen wie bpsw. BRAMM durch ein eher gemäßigtes Auftreten ein ras­sis­tis­ches Klien­tel in der Asyl-Frage abzu­holen, han­delte es sich in Witt­stock um einen reinen Neon­azi­auf­marsch. Dabei war vor allem die jüngst in Bran­den­burg aktive Kle­in­st­partei „Der III. Weg“ treibende Kraft bei der Veranstaltung.

Das Fronttransparent
Das Front­trans­par­ent

Mit Sprechchören wie “Nationaler Sozial­is­mus Jet­zt” oder “Antifa Huren­söhne”, unter­mauert von rup­pigem Recht­srock, marschierten unge­fähr 200 Neon­azis durch Wittstock/Dosse. Die Demon­stra­tion unterteilte sich in fünf feste Blöcke. An der Spitze der Demon­stra­tion liefen Neon­azis aus dem Witt­stock­er Raum mit einem Trans­par­ent, was einen lokalen Bezug hat­te. Andere Blöcke hat­ten keinen Bezug zu Witt­stock. Der zweite und dritte Block wurde durch den “III. Weg” und die Eminger-Kam­pagne „Ein Licht für Deutsch­land gegen Über­frem­dung“ gestellt. Viele Aktivist*innen des III. Wegs sind in entsprechen­der Partei-Klei­dung zum Auf­tak­tort erschienen. Ihre Jack­en mussten sie allerd­ings wegen des Uni­vormierungsver­bots auf öffentlichen Ver­anstal­tun­gen able­gen. Das Auftreten als geschlossene, elitäre For­ma­tion war aber auch ohne die gle­ichen Out­fits sicht­bar. Die weit­eren Blöcke füll­ten die “Freien Kräfte Neuruppin/Osthavelland” (FKNRP) und ihr Prig­nitzer Ableger, die “Freien Kräfte Prig­nitz”, die ihre Grup­pen­zuge­hörigkeit durch bedruck­te Pullover zur Schau stell­ten. Für die FKNRP war die Ver­anstal­tung eine Werbe­möglichkeit für die Abschluss­demon­stra­tion zum „Tag der Deutschen Zukun­ft“ am 06. Juni in Neu­rup­pin. Hierzu nutzte der FKN­RP-Aktivist Mar­vin Koch die ihm vorge­se­hene Rede auf der Zwis­chenkundge­bung in der Polth­i­er-Sied­lung. Einen weit­eren Block führten die “Nationale Sozial­is­ten Müritz” bzw. “Aktion­s­gruppe Nord-Ost”, ein Ver­net­zung­spro­jekt soge­nan­nter “Autonomer Nation­al­is­ten” aus Witt­stock und Mecklenburg-Vorpommern.

III. Weg dominierte Veranstaltung
Nicht nur durch ihr Auftreten der Demon­stra­tion dominierte der III. Weg die Ver­anstal­tung. Auch in der Organ­i­sa­tion machte sich der Ein­fluss des Süd­deutschen Exports bemerk­bar. So war Maik Eminger, Zwill­ings­brud­er des im NSU-Prozess angeklagte André Eminger, der organ­isatorische Dreh- und Angelpunkt der Ver­anstal­tung. Er bes­timmte den kom­plet­ten Ver­lauf des Auf­marsches, er heizte neben den Witt­stock­er Neon­azi-Kad­er Sandy „Lui“ Lud­wig die Stim­mung während des Laufens an und hielt Reden auf der Zwis­chenkundge­bung am Witt­stock­er Markt.
Von den fünf Redner*innen auf dem Auf­marsch, von dem Anmelder, der die Aufla­gen ver­lesen hat abge­se­hen, kamen drei Funk­tionäre der Kle­in­st­partei zu Wort. Die Eröff­nungsrede auf der Zwis­chenkundge­bung in der Polth­i­er-Sied­lung hielt der Bad-Belziger Stadtverord­nete Pas­cal Stolle, der erst kür­zlich sein Über­tritt zum III. Weg öffentlich verkün­dete. Als weit­er­er Red­ner auf der Zwis­chenkundge­bung auf dem Mark­t­platz trat Matthias Fis­ch­er auf. Fis­ch­er ist let­ztes Jahr aus Nürn­berg zurück in die Uck­er­mark, wo er ursprünglich herkommt, gezo­gen. Vor allem Fis­ch­er fiehl im Gegen­satz zu den anderen Redner*innen durch seine rhetorischen Sicher­heit auf. Er propagierte, als jemand, der nach eige­nen Angaben 25 Jahre in West­deutsch­land gelebt hat­te, ein Ausster­ben der Deutschen, welch­es nun Ost­deutsch­land drohe.

Polizei unter­band Proteste
Knapp 100 Antifaschist*innen hat­ten sich im Friedrich-Ebert-Stadt­park ver­sam­melt, um den Neon­azi­auf­marsch zu begeg­nen. Kurz vor dem Auf­takt der Neon­azidemon­stra­tion unter­band die Bran­den­burg­er BFE eine ver­suchte Block­ade der Strecke, die auf der Kreuzung in der Kyritzer Straße mut­maßlich stat­tfind­en sollte. Weit­ere Ver­suche an den Neon­azi­auf­marsch ran zu kom­men, wur­den eben­falls schnell durch die Polizei im Keim erstickt. Auf den Mark­t­platz soll es zu einem Pfef­fer­sprayein­satz durch die Polizei gekom­men sein. Auf dem Weg in die Alt­stadt und während der Zwis­chenkundge­bung auf den Mark­t­platz wurde der Auf­marsch jedoch durch laut­en Protest begleit­et. Das zivilge­sellschaftliche Aktions­bünd­nis “Witt­stock beken­nt Farbe” hielt indes ein Willkom­mensfest in der Papageien­sied­lung ab, wo Geflüchtete dezen­tral unterge­bracht wer­den. Eine Putza­k­tion der Stadt ver­hin­derte, dass die Neon­azis direkt auf den Mark­t­platz ihre Kundge­bung abhal­ten konnten.

Bilder: hier, hierund hier.
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Antifaschismus

Letzte Infos zum Neonaziaufmarsch am 28. März in Wittstock/Dosse

Am kom­menden Sonnabend,den 28. März wollen Neon­azis und Rassist*innen unter dem Mot­to „Nein zu dieser Asylpoli­tik“ gegen die Unter­bringung von Geflüchteten in der Doss­es­tadt Witt­stock auf­marschieren. Bis zu 300 Neon­azis und Rassist*innen wer­den erwartet. Hierzu alle Infor­ma­tio­nen auf einem Blick:

1. NazirouteKarte Wittstock 2

  • nach dem let­zten Stand führt die Route der Neon­azis und Rassist*innen wie folgt:

Bahn­hof (Auf­takt N1) — Bahn­hof­sstraße — Kyritzer­straße — Polth­ier­sied­lung — Zurück zum Bahn­hof — Ringstraße — Gröper­straße — Mark­t­platz (Abschlusskundge­bung N2).

2. Gegen­ver­anstal­tun­gen und Anlaufpunkte

  • Es wird emp­fohlen sich um 13 Uhr am Bahn­hof Wittstock/Dosse zu sam­meln. (N1)
  • Von 13–17 Uhr find­et in der Dür­erstraße / Ecke Schiller­straße ein Bürg­er­fest des Aktions­bünd­niss­es “Witt­stock beken­nt Farbe” statt. (Punkt 1) Ursprünglich sollte der Auf­marsch dort hin­führen. Dies wurde jedoch unter­sagt. Es ist nicht aus­geschlossen, dass Neon­azis den­noch dort hin marschieren wollen, da in der “Papageien­sied­lung” Geflüchtete dezen­tral unterge­bracht sind
  • In der Innen­stadt find­et ein Spazier­gang der evan­ge­lis­chen Gemeinde statt. Diese startet um 14 Uhr an der St. Marienkirche in der Kirchen­straße und führt direkt zum Bürg­er­fest in der Dür­erstraße / “Papageien­sied­lung” (Punkt 2)
  • Der Mar­tin­sraum der evan­ge­lis­chen Kirche in der Sankt-Marien-Str. 8 ste­ht für kurze Ver­schnauf­pausen zur Ver­fü­gung (Punkt 2)

Alle Punk­te find­en sich auf der Aktion­skarte hier wieder.
28. März 2015 | 13:00 | Bahn­hof Wittstock/Dosse
Zugtr­e­ff­punk­te für Berlin und Neuruppin:
11:00 // S Gesund­brun­nen (Berlin) // Abfahrt 11:19 // Gleis 4
12:10 // Rheins­berg­er Tor (Neu­rup­pin) // Abfahrt 12:24

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(Anti-)Rassismus Flucht & Migration

Frankfurt (Oder) – Übergriff mit Ansage? 5 syrische Geflüchtete Opfer von rassistischer Gewalt

In der Nacht vom vergangenen Freitag auf Samstag griff eine neunköpfige
Gruppe Rassist*innen fünf syrische Geflüchtete auf offener Strasse in
Frankfurt (Oder) an. Zwei der Betroffenen befanden sich kurzzeitig im
städtischen Krankenhaus zur Behandlung. Dem Übergriff gingen
Provokationen in einer Shisha-Bar im  Frankfurter Stadtteil
Neuberesinchen voraus. Dort wurden die Betroffenen mehrfach rassistisch
beleidigt, auch „Sieg Heil“-Rufe wurden skandiert. Daraufhin folgte eine
zweistündige Verfolgung der Syrer, die in dem gewalttätigen Angriff
gipfelte. Dabei wurde den bereits am Boden liegenden Betroffenen gezielt
auf den Kopf getreten. Die Angreifer nahmen somit offensichtlich
lebensgefährdende Verletzungen in Kauf. Laut der Frankfurter
Staatsanwaltschaft sind die Täter bekannte Neonazis. Mindestens zwei der
Angreifer befinden sich momentan in Untersuchungshaft.
Der Übergriff ereignet sich in einer Situation, in der bundesweit und
zum Teil auch erfolgreich gegen Geflüchtete mobilisiert wird. Parallel
dazu formiert sich seit Sommer 2014 eine rassistische Mobilisierung
gegen Geflüchtete in Frankfurt (Oder), zunächst in den sozialen Medien
und Anfang diesen Jahres auch auf der Straße. Tonangebend ist dabei die
Facebookgruppe „Frankfurt/Oder wehrt sich“, welche im Januar und Februar
rassistische Aufmärsche durch die Oderstadt organisierte. Hier
marschierten unter anderem Gewalttäter, neonazistische Rocker und
Hooligans auf, um sich gegen eine vermeintliche „Überfremdung“ stark zu
machen. Auf facebook zeugen zahlreiche Kommentare von der
Gewaltbereitschaft der Frankfurter Rassist*innen.
Auch auf den sogenannten „Einwohnerversammlungen“ wurde die Ablehnung
gegenüber Geflüchteten in der Stadt offensichtlich. Sowohl im November
2014 als auch im Februar diesen Jahres sprach sich die Mehrheit der
Anwesenden gegen Geflüchtete in ihrer Nachbarschaft aus und begründete
dies zum Teil mit offensichtlich rassistischen Argumentationsmustern.
„Solche Übergriffe wie am vergangenen Wochenende fallen nicht einfach
vom Himmel, sondern sie sind Ausdruck eines rassistischen
Normalzustandes. So erschreckend dieser Angriff auch ist, spiegelt er
doch den traurigen Alltag Frankfurts und Brandenburgs wieder, in dem
sich Geflüchtete oftmals wiederfinden. Was Frankfurt jetzt braucht, ist
eine konsequente antirassistische Gegenkultur. Nicht der Rassismus der
vermeintlich „besorgten Bürger*innen“ muss ernstgenommen werden, sondern
die Belange der Geflüchteten müssen in den Mittelpunkt der Diskussion um
die weitere Aufnahme von Geflüchteten rücken. Sowohl Barbetreiber*innen
als auch deren Gäste müssen in Zukunft konsequent gegen Neonazis in
ihren Räumlichkeiten vorgehen und bei rassistischen Äußerungen
einschreiten.“, so eine Sprecherin der Beratungsstelle für Opfer rechter
Gewalt Frankfurt (Oder).
Frankfurt (Oder), den 26.03.2015
Beratungsstelle für Opfer rechter Gewalt (BOrG) des Utopia e.V.
--
Utopia e.V.
Berliner Straße 24
15230 Frankfurt (Oder)
*unsere aktuelle Kampagne: http://linkerfreiraumffo.blogsport.eu/ *
utopia-ffo@riseup.net
http://utopiaffo.blogsport.de/
http://garageffo.blogsport.de/
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Sonstiges

Brück: Infoveranstaltung zur Aufnahme von Asylsuchenden im Ort

Einwohner_innenversammlung
Am gestri­gen Abend lud das Amt Brück (Land­kreis Pots­dam-Mit­tel­mark) zu ein­er Einwohner_innenversammlung in die St. Lam­ber­tus Kirche ein. The­ma des Abends war die Informierung aller inter­essierten Men­schen über die Auf­nahme von 27 Asyl­suchen­den in der Stadt Brück. Um alle Fra­gen best­möglich zu beant­worten waren sachkundi­ge Vertreter_innen des Land­kreis­es und des Trägervere­ines der Unterkun­ft anwe­send. Vor­ab bekan­nten sich das Amt und die Stadt Brück in ein­er Pressemit­teilung zur Auf­nahme der Asyl­suchen­den. „Brück ver­ste­ht sich als Ort der Vielfalt und der Tol­er­anz“, so Amts­di­rek­tor Chris­t­ian Groß­mann (SPD). Entsprechend werde sich „um die ank­om­menden Fam­i­lien und Kinder“ geküm­mert, so Bürg­er­meis­ter Karl-Heinz Borgmann ergänzend. „Familienfreundlichkeit“werde „in Brück“ schließlich „groß geschrieben“.
Ein­leitung in die Informationsveranstaltung
Gegen 19.00 Uhr eröffnete dann Amts­di­rek­tor Chris­t­ian Groß­mann die Einwohner_innenversammlung, zu der 150 Men­schen erschienen waren. Er teilte mit, dass 27 Flüchtlinge, darunter fünf Fam­i­lien mit ins­ge­samt zehn Kindern in der Stadt erwartet wer­den. Dies sei zwar für Brück, so Groß­mann, eine vol­lkom­men neue Sit­u­a­tion, jedoch sei er zuver­sichtlich, dass beste­hende Vorurteile zumeist auf Unwis­senheit beruhen und im Rah­men der Infor­ma­tionsver­anstal­tung entkräftet wer­den können.
Pfar­rer Hel­mut Kautz gab sich in seinen ein­lei­t­en­den Worten eben­so zuver­sichtlich, wie hil­fs­bere­it. Ihm sei schließlich bei sein­er Ankun­ft in Brück auf­tra­gen wor­den: „Seien sie Pfar­rer nicht nur für die Chris­ten, son­dern für alle Brück­er!“ Dementsprechend wolle er sich nun auch um die ank­om­menden Flüchtlinge kümmern.
In diesem Sinne sprach auch Otthein­er Klein­erüschkamp (CDU), Bürg­er­meis­ter der Nach­barge­meinde Linthe. Er bot an, die mit der Unter­bringung entste­hen­den Auf­gaben gemein­sam zu bewälti­gen. „Den Leuten“ solle ein „würdi­ger Ersatz für ihr zu Hause“ geboten und es ihnen, so Klein­erüschkamp weit­er, leicht gemacht wer­den, „sich hier einzuleben“.
Infor­ma­tio­nen des Landkreises
Nach der Ein­leitung in die Ver­anstal­tung, informierte nun die Sozialdez­er­nentin des Land­kreis­es Pots­dam-Mit­tel­mark, Gertrude Meißn­er, detail­liert über die Auf­nahme und die Ver­sorgung der Asyl­suchen­den im Kreis sowie die Wahl des Stan­dortes Brück.
Gemäß ihren Angaben hat der Land­kreis Pots­dam-Mit­tel­mark die Auf­gabe bis Jahre­sende 659 Asyl­suchende und 85 syrische Kontin­gent­flüchtlinge aufzunehmen. Diese Zahlen seien allerd­ings vari­abel, da die Möglichkeit beste­ht, dass weit­ere Men­schen ankom­men wer­den. Insofern ist der Land­kreis auch bestrebt, weit­ere Unterkün­fte zu akquiri­eren. Zurzeit gibt es in Tel­tow und Stahns­dorf zwei beste­hende Heime, die mit jew­eils 200 Per­so­n­en pro Unterkun­ft, am Ende ihrer Kapaz­itäten sind. Auch die kleineren Gemein­schaft­sun­terkün­fte in Bad Belzig und Beelitz sind eben­falls aus­ge­lastet. Deshalb werde nun auch auf Objek­te zurück­ge­grif­f­en, die in kleineren Orten liegen und wegen der nicht opti­malen Stan­dort­fak­toren bish­er als ungeeignet galten.
Die kün­ftige Gemein­schaft­sun­terkun­ft in Brück befind­et sich beispiel­sweise in einem zwar indus­triell genutzten, aber unbe­wohn­ten Gewer­bege­bi­et. Hier wer­den die 27 Asyl­suchen­den ab heute unterge­bracht sein. Nach Ostern kom­men dann noch ein­mal 45 Men­schen dazu, so dass ins­ge­samt 72 Per­so­n­en unterge­bracht werden.
Als Herkun­ft­slän­der der Asyl­suchen­den wur­den Tschad, Syrien, Iran, Alban­ien und auch die Rus­sis­che Föder­a­tion genan­nt. Für ihre Betreu­ung wird eine Sozialar­bei­t­erin zuständig sein.
Des Weit­eren sieht sich der Land­kreis Pots­dam-Mit­tel­mark für die Gewährleis­tung der Sicher­heit, dem Ange­bot von gemein­nütziger Arbeit, der Ver­mit­tlung von Deutschken­nt­nis­sen in Koop­er­a­tion mit der Volk­shochschule, die Finanzierung der Grund­sicherung sowie die gesund­heitliche Ver­sorgung der Asyl­suchen­den ein­schließlich der Ver­voll­ständi­gung des Impf­s­tandes zuständig.
Darüber hin­aus würde sich der Land­kreis über eine Unter­stützung der Einwohner_innen von Brück freuen.
Einwohner_innenfragen
Nach dieser infor­ma­tiv­en Ein­führung waren nun die Brück­er am Zuge, durch ihre Fra­gen beste­hende Unklarheit­en aufzuhellen, Äng­ste auszuräu­men und Vorurteile zu überwinden.
Eine Bürg­erin, die beispiel­sweise vor drei Jahren aus Berlin wegen den hohen Mieten wegge­zo­gen ist, befürchtete durch den Zuzug von Asyl­suchen­den und der möglicher­weise damit ver­bun­de­nen Verk­nap­pung des Wohn­raumes, eine erneute Verdrängung.
Dem wider­sprach allerd­ings der Land­kreis. Asyl­suchende wür­den in Pots­dam-Mit­tel­mark auss­chließlich in Gemein­schaft­sun­terkün­ften unterge­bracht wer­den. Zwar war vor drei Jahren schon ein­mal eine men­schen­würdi­gere Unter­bringung angedacht, jedoch auf­grund man­gel­nden Wohn­raums und steigen­der Flüchtlingszahlen wieder ver­wor­fen worden.
Lediglich bei syrischen Kontin­gent­flüchtlin­gen sei die Unter­bringung in Woh­nun­gen geplant. Dies träfe jedoch auf Brück nicht zu.
Wenn es jedoch pri­vate Woh­nungsange­bote hier gäbe, so die Antwort auf eine Frage ein­er anderen Bürg­erin, würde der Land­kreis auch nicht nein sagen. Schließlich müssten in diesem Jahr noch min­destens 63 syrische Flüchtlinge aufgenom­men wer­den. Die Miete würde, bei entsprechen­der Eig­nung der Woh­nung, dann das Job­cen­ter zahlen.
Anschließend kamen die The­men Sicher­heit und Inte­gra­tion auf die Agen­da. Ein Bürg­er äußerte Bedenken vor ein­er ange­blichen Gewalt­bere­itschaft der trau­ma­tisierten Men­schen, ein ander­er sei sel­ber schon in einem Krisen­ge­bi­et gewe­sen und habe die dort Leben­den als „unzivil­isiert“ emp­fun­den. Diesem Szenario wieder­sprach Rose Dit­t­furth vom Arbeits- und Aus­bil­dungs­fördervere­in Pots­dam-Mit­tel­mark e.V. im Hin­blick auf die hier ank­om­menden Men­schen ener­gisch. In ihrer lan­gen Lauf­bahn als Sozialar­bei­t­erin in der Bad Belziger Asy­lun­terkun­ft habe sie kein unzivil­isiertes Ver­hal­ten erlebt. Im Gegen­teil, die meis­ten hier­her kom­menden Men­schen seien eher glück­lich, dass sie in geord­neten Struk­turen aufgenom­men wer­den und sich diesen anpassen.
Ander­er­seits kön­nen in Heimen natür­lich auch Span­nun­gen nicht aus­geschlossen wer­den. Den dort leben­den Men­schen ste­ht laut Asylge­setz schließlich nur ein Raum von 6,00m² zu. Pri­vat­sphäre gebe es dort eher nicht. Im Ern­st­fall soll jedoch ein 24-Stun­den-Wach­schutz Stre­it schlichten.
Trau­ma­tisierten Men­schen, ins­beson­dere Folteropfern, würde zudem psy­chol­o­gis­che Betreu­ung ange­boten, damit sie die Chance erhal­ten die erlit­te­nen Qualen seel­isch zu verarbeiten.
Aber wie soll mit Asyl­suchen­den, die ein schw­eres Trau­ma durch­leben, im All­t­ag umge­gan­gen wer­den, schloss die näch­ste Frage an. Tat­säch­lich gäbe es für hier­für kein Paten­trezept, so Frau Meißn­er vom Land­kreis. Hier sei die Men­schlichkeit jedes Einzel­nen gefragt. Nur wenn offen und ohne Vorurteile auf die Men­schen zuge­gan­gen wird, könne auch eine gute Inte­gra­tion gelingen.
Selb­stver­ständlich sei natür­lich auch die Sprache ein entschei­den­der Schlüs­sel. Hier machte die Mitar­bei­t­erin des Land­kreis­es eben­falls Mut. Kinder von Asyl­suchen­den wür­den durch den Schulbe­such recht schnell, teil­weise inner­halb eines hal­ben Jahres, die deutsche Sprache beherrschen. Erwach­sene bräucht­en zwar in der Regel länger, wür­den aber laut Land­kreis, wenn sie ein­mal einen Deutschkurs begonnen hät­ten, diesen auch mit großer Moti­va­tion weit­er führen.
Eine kri­tis­che Stimme erkundigte sich daraufhin nach dem Mehraufwand für Lehrkräfte und ob dadurch nicht das Bil­dungsniveau der anderen Schüler lei­de. Doch auch hier wider­sprach die Vertreterin des Land­kreis­es. Für die Nach­hil­fe im Deutschunter­richt seien geson­derte Unter­richtsstun­den vorge­se­hen, die von zusät­zlichen Lehrkräften betreut werden.
Trotz der fundierten Argu­mente, ver­sucht­en Einzelper­so­n­en jedoch weit­er­hin gezielt Äng­ste durch Vorurteile zu schüren. Dem­nach zeige sich all­ge­mein, dass Orte mit vie­len Migranten soziale Bren­npunk­te seien. Zudem sei eine alban­is­che Fam­i­lie, im Hin­blick auf die Ankündi­gung von Asyl­suchen­den aus Alban­ien, ohne­hin nicht inte­gra­tions­fähig. Doch auch diesen Behaup­tun­gen wurde ener­gisch wider­sprochen, in diesem Fall so gar aus dem Publikum.
Eine junge Frau, die aus Köln stammt und jet­zt in Brück lebt, erzählte, dass sie in der Grund­schule viele Aus­län­der in der Klasse und damit über­haupt kein Prob­lem hatte.
Eine andere junge Brück­erin kam ursprünglich aus Berlin-Wed­ding und hätte dort auch keine schlecht­en Erfahrun­gen mit Asyl­suchen­den gemacht. Sie fragte sog­ar wie konkret geholfen wer­den kann. Sind Spenden erwün­scht und wenn ja wohin? Dies hörte Sozialar­bei­t­erin Rose Dit­t­furth natür­lich gerne. Spenden wären selb­stver­ständlich erwün­scht. Ins­beson­dere Fahrräder und Spielzeug wären wohl die sin­nvoll­sten Dinge. Jedoch bat Dit­t­furth zunächst ein­mal um Geduld, die Asyl­suchen­den müssen schließlich erst­mal in ihrem neuen zu Hause ankom­men. Erst danach sei eine Bedarf­s­analyse sinnvoll.
Möglicher­weise kön­nen diese Fra­gen dann während eines ersten „run­den Tis­ches“ am 25. April 2015 gek­lärt werden.
Abschließend äußerte sich dann noch ein­mal Amts­di­rek­tor Chris­t­ian Groß­mann zu dem über­wiegend pos­i­tiv ver­laufend­en Abend: „Es gab vie­len Fra­gen und wir haben sie gut beant­wortet. Wir haben keine Angst vor dem Heim.“
Fotos: hier

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(Anti-)Rassismus Geschichte & Gedenken

Rassistisches und Geschichtsrevisionistisches Workshopwochende im Hof Märkische Heide in Kirchmöser

Bund für Got­terken­nt­nis (Luden­dorff) e. V.

Der 1951 gegrün­dete „Bund für Got­terken­nt­nis (Luden­dorff) e. V“ hat cir­ca 250 Mit­glieder. Diese sind durch­schnit­tlich über 80 Jahre alt. Nur einige wenige Mit­glieder sind mit­tleren Alters, so waren beispiel­sweise am Work­shop­woch­enende in Kirch­mös­er (s. u.) auch min­destens eine Fam­i­lie mit Kind vor Ort. Inhaltlich geht es den Luden­dorf­fern um die Ver­mei­dung der Rasse­durch­mis­chung und den damit ein­herge­hen­den Tod des deutschen Volkes. Hier­bei liegt ihnen beson­ders die Erziehung der Kinder in ihrem Sinne am Herzen, was ihnen wieder­holt Ein­träge in den Ver­fas­sungss­chutzbericht des Lan­des Bran­den­burg brachte. Ihre Weltan­schau­ung wird in dem Vor­wort zu ihrem Buch „Die Juden­macht, ihr Wesen und Ende“ deutlich:

Seit im drit­ten Reiche der Abwehrkampf der Deutschen Rasse gegen das jüdis­che Volk in stren­gen Geset­zen seine Gewähr gefun­den, sehen wir daher mit Schreck­en, daß es Mil­lio­nen Deutsche gibt, die sich auch heute noch der trügerischen Hoff­nung hingeben, der Jude sei nun über­haupt nicht mehr eine Welt­ge­fahr. Indessen wühlt der Schlaue noch heute durch seine geheimen Kampf­scharen im Volke und wühlt erst recht in all den Völk­ern, in denen er noch herrscht, gegen unser kraftvoll wieder­aufer­standenes Deutsches Reich.“i.

Grund­lage für die Aus­rich­tung des Bun­des für Got­terken­nt­nis sind die Werke von Mathilde Luden­dorff. Es han­delt sich um ins­ge­samt zwölf Büch­er mit Titel wie „Selb­stschöp­fung“ oder „Der Men­sch und das große Wag­nis der Schöpfung“.

Zur inter­nen Schu­lung und zum Aus­tausch find­en regelmäßig Tre­f­fen der Mit­glieder statt. In ihrem Objekt in Kirch­mös­er gibt es jew­eils eine Früh­lings- und eine Herb­st­ta­gung sowie eine Weihnachtsfeier.

Der Hof Märkische Heide

Im Jahr 1999 erwarb der „Bund für Got­terken­nt­nis (Luden­dorff) e. V“ in Kirch­mös­er einen sanierungs­bedürfti­gen Hof. Ziel war es ein Ferien­dom­izil für die Mit­glieder zu schaf­fen. Die Arbeit­en in der Grän­ert­straße 15 zogen sich bis 2002 hin, ab dann war das Haus für Tagun­gen geöffnet. Diese dien­ten jedoch nur zur inter­nen Schu­lung der Mit­glieder, öffentlichkeitswirk­same Auftritte blieben aus. Die Ren­ovierungsar­beit­en gin­gen weit­er, sodass mit­tler­weile alle Gebäude­trak­te nutzbar sind. Es wurde ein großer Saal, eine Men­sa und zahlre­iche Gästez­im­mer geschaf­fen. Auf­grund des Man­gels an einem Pen­dant zum Hof Märkische Hei­de, find­en mit­tler­weile zahlre­iche Feiern von Ort­san­säs­si­gen (Hochzeit­en, Geburt­stage etc.) auf dem Gelände der Luden­dorf­fer statt.

Wolf­gang Peetz ver­wal­tet mit der Sem­i­nar- und Ferien­hof GmbH den Hof Märkische Hei­de für den „Bund für Got­terken­nt­nis (Luden­dorff) e. V“. Er selb­st ist, nach eigen­er Aus­sage, nicht Mit­glied im Bund. Es ist jedoch davon auszuge­hen, dass er die durch den Bund ver­bre­it­eten Ansicht­en teilt oder zu min­destens toleriert. Durch einige Aus­sagen sein­er­seits, kann er wohl eher dem Spek­trum der Reichs­bürg­er zuge­ord­net wer­den, denn er sieht Deutsch­land noch als beset­zt an. Des Weit­eren scheint sein Welt­bild durch ras­sis­tis­che und nation­al­is­tis­che Ansicht­en bes­timmt zu sein. Peetz hat in Kirch­mös­er Dorf gute Kon­tak­te und pflegt diese auch regelmäßig.

Tagung­spro­gramm

Für das Woch­enende vom 14. bis 15. März luden die Luden­dorf­fer mit­tels Fly­er zu einem Work­shop­woch­enende ein. Die Mobil­isierung der eige­nen Mit­glieder erfol­gte über interne Kanäle. Mit den Fly­ern, welche sowohl in Geschäften als auch in Briefkästen lagen, wurde das Ziel ver­fol­gt, sich den Bewohner_innen aus Kirch­mös­er und Bran­den­burg an der Hav­el zu öff­nen und sie zu den Ver­anstal­tun­gen der Luden­dorf­fern zu locken.

Das Tagung­spro­gramm fällt teil­weise schw­er zu analysieren, denn, sofern man nicht in den kru­den The­o­rien der Luden­dorf­fer ver­siert ist, haben Titel wie „Der Marx­is­mus – die kon­se­quenteste Ide­olo­gie des mech­a­nis­tis­chen Zeital­ters“ und „Wahn – über­all Wahn“ wenige Aus­sagekraft. Die Ref­er­entin für den zweit­ge­nan­nten Vor­trag war Gisa Pahl. Die studierte Recht­san­wältin ver­trat unter anderem zahlre­iche Neon­azis und neon­azis­tis­che Organ­i­sa­tio­nen vor Gericht: beispiel­sweise Udo Voigtii, Ralf Wohllebeniii und den Nationalen Wider­stand Dort­mundiv. Der Inhalt ihres Vor­trags ist nicht bekannt.

Anders ver­hält es sich mit „Guth­mannshausen – Gedenkstätte zur Erin­nerung an die zivilen Opfer des zweit­en Weltkrieges“. Guth­mannshausen liegt im Land­kreis Söm­mer­da im Bun­des­land Thürin­gen. Der Freis­taat verkaufte im Jahr 2011 das ehe­ma­lige Rit­tergut Guth­mannshausen an den Vere­in Gedächt­nis­stätte e.V. Dieser ist ide­ol­o­gisch und per­son­ell mit dem 2008 ver­bote­nen Organ­i­sa­tion Col­legium Humanum nahezu iden­tisch und kann fol­glich als recht­sex­trem eingestuft wer­den. Er wurde 1992 durch die Holo­caust-Leugner­in Ursu­la Haver­beck-Wet­zel gegrün­detv. Inhaltlich geht es Gedächt­nis­stätte e. V. darum eine Gedänkstätte für die „vergesse­nen Opfer“ des Zweit­en Weltkriegs zu schaf­fen. Zu diesen zählen auss­chließlich Deutsche, die durch Bomben, Ver­schlep­pung, Vertrei­bung und Gefan­genen­lager umgekom­men sindvi. Hier wird ver­sucht aus Täter_innen Opfer zu machen und die deutschen Kriegsver­brechen dadurch zu rel­a­tivieren. Dies geschieht ganz in der Tra­di­tion der Grün­derin des Vere­ins, welche den Holo­caus leugnet. In einem Ein­ladungss­chreiben vom aktuellen Vor­sitzen­den Klaus-Wol­fram Schiede­witz, der im Übri­gen auch an diesem Woch­enende in Kirch­mös­er referierte, wird deut­lich, welch­er Ide­olo­gie sich die Vere­ins­mit­glieder ver­schrieben haben:

Dazu gehört die Aufar­beitung der geschichtlichen Wahrheit eben­so wie die Erneuerung und Wieder­bele­bung unser­er ure­ige­nen Wertvorstel­lun­gen, zu denen vieles in unser­er heuti­gen mate­ri­al­isierten, egal­isieren­den Umwelt nicht passen will. Dies merken wir immer mehr, auch durch die unver­ant­wortliche Über­frem­dung Europas. Unsere Väter und Großväter sind dafür nicht in den Kampf gezo­gen und haben ihr Leben hingegeben. Die großen Opfer der Gen­er­a­tio­nen des 20. Jahrhun­derts dür­fen nicht umson­st gewe­sen sein. […] Der 8. Mai 1945 war ein Tag des Elends, der Qual, der Trauer und des Massen­mordes. Deutsch­land hat­te 6 Jahre lang im gewaltig­sten Krieg aller Zeit­en um die Exis­tenz gekämpft. Die Tapfer­keit und Opfer­bere­itschaft der Sol­dat­en, die Charak­ter­stärke und Uner­schüt­ter­lichkeit der Frauen und Män­ner im Bomben­hagel des alli­ierten Lufter­rors, die Trä­nen der Müt­ter, der Waisen, wer die Erin­nerung daran zuschan­den macht, lähmt unseren Willen zur Selb­st­be­haup­tung, daran soll­ten wir immer denken.“vii.

Ähn­lich kri­tisch ver­hält es sich mit dem Vor­trag am Son­ntag, der Titel lautet „Agnes Miegel – mehr als die „Mut­ter Ost­preußens“. Agnes Miegel (1879–1964) ist ein deutsche Schrift­stel­lerin, Jour­nal­istin und Bal­laden­dich­terin. Sie gehörte zu den­jeni­gen 88 Schriftsteller_innen die das soge­nan­nte „Gelöb­nis treuester Gefol­gschaft“ für Adolf Hitler unter­schrieben habenviii. Für ihr Engage­ment erhielt 1939 das Ehren­ze­ichen der Hitler­ju­gend und schlussendlich trat sie dann 1940 in die NSDAP einix. Die Ursache für ihren späten Ein­tritt begrün­det sie wie folgt:

Der Nation­al­sozial­is­mus trat erst in mein Leben, als er andere schon lange erfüllte. Das ist eine Schuld – und ich habe es gebüßt durch die vie­len inneren, nicht nur inneren Kämpfe, durch die ich dann in gedrängter Zeit gehen musste: […] Durch ein Hin­auszögern und ein Grauen dafür, mit mir Ungle­ichen als Gele­gen­heit­sjäger zu scheinen, ste­he ich ausser­halb der Partei, der ich nur durch den RDS [Reichsver­band des deutschen Schrift­tums] und die Volkswohlfahrt ange­höre. Vielle­icht ist dies, was ich als eine Art Busse für mein spätes Aufwachen anse­he, das Richtige für mich, vielle­icht wirkt mein Ein­stehn dann überzeu­gen­der auch auf Andere. Denn ich bin Nation­al­sozial­ist.x.

Nach dem Ende des Drit­ten Reich­es schrieb Agnes Miegel zu ihrem Engage­ment im Nation­al­sozial­is­mus: „Dies habe ich mit meinem Gott alleine abzu­machen und mit nie­mand son­st.xi. Eine Dis­tanzierung oder gar Reue sieht anders aus.

Durch die kurze Analyse der bei­den Vorträge kon­nte deut­lich gemacht wer­den, dass sich an diesem März­woch­enende Men­schen im Hof Märkische Hei­de getrof­fen haben, die ein deutschna­tionales, ras­sis­tis­ches und geschicht­sre­vi­sion­is­tis­ches Welt­bild haben.

Neben Agnes Miegel ging es am Son­ntag noch um PEGIDA. Es han­delte sich um eine Lesung, in der Karl-Heinz Requard Teile ein­er Textzusam­men­stel­lung von Dr. Gun­dolf Fuchs mit dem Titel „Die Pegi­da. Auf­schwung, Hemm­nisse und Gefahren sowie Weit­er­en­twick­lung“ vortrug. Requard war während der Umstel­lung auf die neue deutsche Rechtschrei­bung im Fokus der Presse, denn er engagierte sich mas­siv für den Erhalt der alten Sprachregelun­genxii. Er wurde für Juni 2013 auch als Ref­er­ent für die Gedächt­nis­stätte Guth­mannshausen angekündigtxiii. Der Autor des Textes, Dr. Gun­dolf Fuchs, war zeitweise im Vor­stand des Bun­des für Got­terken­nt­nis. Er pub­lizierte unter anderem in der Hauszeitschrift von Col­legium Humanum (2008 ver­boten) und in der neon­azis­tis­chen Zeitschrift „Recht und Wahrheit“xiv. Gemein­sam mit sein­er Frau Elke schrieben sie auch Texte für die Zeitschrift der Lude­norf­fer „Men­sch und Maß“, darin heißt es unter anderem, dass der „hit­lerische Anti­semitismus“ durch „jüdis­che Glaubens­mächte“ finanziert wor­den sei um dadurch den „reinen Gedanken der Volk­ser­hal­tung“ zu beschädi­genxv.

Zur inter­nen Ver­anstal­tun­gen kamen cir­ca 10 bis 15 Mit­glieder. Zur öffentlichen „Son­ntagsrunde“ waren noch einige Luden­dorf­fer anwe­send. Hinzu kamen neun Damen älteren Alters aus dem Dorf. Ob sie lediglich Auf­grund des bil­li­gen Kaf­fees und Kuchens kamen oder ein wirk­lich­es Inter­esse am The­ma hat­ten, kann nicht sich­er beurteilt wer­den. Ins­ge­samt waren 19 Per­so­n­en vor Ort.

Gegen­protest

Der Bürg­ervere­in Pro Kirch­mös­er und die evan­ge­lis­che Kirche luden zu einem Flohmarkt mit anschließen­dem Fachvor­trag zum The­ma PEGIDA ein. Als Ref­er­enten gelang es den Organisator_innen Dirk Wilk­ing vom Mobilen Beratung­steam zu gewin­nen. Nach einem kurzen Inputvor­trag zum Bund für Got­terken­nt­nis wandte er sich dem kom­plex­en The­men­bere­ich von PEGIDA zu. Anhand zahlre­ich­er Bilder illus­tri­erte er deut­lich, dass der lokale Ableger von PEGIDA, die BraMM, Bran­den­burg­er für Mei­n­ungs­frei­heit & Mitbes­tim­mung, eine von Neon­azis dominierte Ver­anstal­tung ist. Zwar sind die Organisator_innen dieser nicht zwin­gend dem neon­azis­tis­chen Spek­trum zuzuord­nen, aber die Teilnehmer_innen der Spaziergänge sind mehrheitlich Neon­azis. Danach wandte sich Wilk­ing PEGIDA in Dres­den zu und analysierte kurz die dor­ti­gen Teilnehmer_innen. Im Anschluss disku­tierten die rund 20 Zuhörer_innen gemein­sam mit Wilk­ing inten­siv über ver­schiedene Aspek­te von PEGIDA. Nach cir­ca zwei Stun­den war die Ver­anstal­tung dann beendet.

Richtig­stel­lung
Ursprünglich hat­ten wir geschrieben, dass Wolf­gang Peetz in der Ver­anstal­tung am Sam­stag vor Ort war und durch Zwis­chen­rufe auffiel. Hier­bei han­delte es sich jedoch um eine Ver­wech­selung. Peetz schaute nur kurz in die Kirche hinein und ging dann ohne Kom­men­tar. Für diesen Fehler möcht­en wir uns in aller Form entschuldigen.

Bund für Got­terken­nt­nis – Ein Teil von Kirchmöser/Brandenburg an der Havel?

Wie durch zahlre­iche Gespräche und State­ments am Sam­stag deut­lich wurde, wird der Hof regelmäßig für Fam­i­lie- und Fir­men­feiern von Kirchmöseraner_innen gebucht. Ursache hier­für sei der Man­gel an Alternativen.

Des Weit­eren wird der Hof Märkische Hei­de auf der Inter­net­präsenz der Stadt­mar­ket­ing- und Touris­mus­ge­sellschaft Bran­den­burg an der Hav­el min­destens seit dem Jahr 2011 bewor­benxvi. Dies ist beson­ders kri­tisch zu sehen, da der „Bund für Got­terken­nt­nis (Luden­dorff) e. V“ regelmäßig im Bran­den­burg­er Ver­fas­sungss­chutzbericht auf­taucht und dort ein­deutig als ras­sis­tisch und anti­semi­tisch charak­ter­isiert wirdxvii. Des Weit­eren gab es erst im Jahr 2011 einen Skan­dal wegen der Unter­bringung von Kanut_innen aus Griechen­land, Tune­sien, Argen­tinien und der Schweiz im Hofxvi­ii. Auch auf anderen Inter­net­präsen­zen wird der Hof als Über­nach­tungsmöglichkeit bewor­benxix. Kurios ist jedoch, dass Laut einem Artikel der MAZ vom 11. August 2011 die Bewer­bung des Hofes von der Stadt­mar­ket­ing- und Touris­mus­seite gelöscht wurdexx.

Die Bürg­er­schaft in Kirch­mös­er sollte in der Zukun­ft inten­siv disku­tieren, ob es weit­er­hin sin­nvoll ist durch Fam­i­lien­feiern den „Bund für Got­terken­nt­nis (Luden­dorff) e. V“ beziehungsweise die GmbH mit dem Ver­wal­ter Wolf­gang Peetz finanziell zu unter­stützen oder ob es nicht möglich ist einen alter­na­tiv­en Ver­anstal­tungsraum zu schaffen.

ludendorff-programm

i https://archive.org/stream/DieJudenmacht-IhrWesenUndEnde/LudendorffErichUndMathilde-DieJudenmacht-ihrWesenUndEndeLudendorffsVerlag1939FarbigerDeckel#page/n11/mode/2up
ii http://www.netz-gegen-nazis.de/artikel/pahl-gisa
iii Robert Bon­gen, Nils Cas­jens, Sebas­t­ian Hei­del­berg­er: „Neue Hin­weise auf NSU-Kon­tak­te nach Ham­burg“. Panora­ma 3 Nr. 34 vom 3. Sep­tem­ber 2013
iv Ver­fas­sungss­chutzbericht Ham­burg 2012, 179ff.; Ver­fas­sungss­chutzbericht 2010, 182ff.
v https://thueringenrechtsaussen.wordpress.com/2014/08/01/geschichtsrevisionischtes-denkmal-in-guthmannshausen/
vi http://www.verein-gedaechtnisstaette.de/fileadmin/user_upload/Gedaechtnisstaette.pdf, Seite 8.
vii Ein­ladungss­chreiben zum ersten Vor­tragswoch­enende (17.–18.09.2011) von Gedächt­nis­stätte e. V. an seine Spender_innen, Mit­glieder und Freund_innen; laut Datum ver­fasst am 24.08.2011.
viii Ernst Klee, Das Kul­turlexikon zum Drit­ten Reich. Wer war was vor und nach 1995, 2007, 409.
ix Ernst Klee, Das Kul­turlexikon zum Drit­ten Reich. Wer war was vor und nach 1995, 2007, 409.
x http://www.muenster.de/stadt/strassennamen/agnes-miegel-strasse.html
xi Junge Welt, 19. März 2009, 3.
xii http://deutschesprachwelt.de/sprachwahrer/lobreden.shtml#Requard
xiii Blick nach Rechts, 25.02.2013.
xiv Blick nach Rechts, 25.02.2013.
xv Taz, 05.04.2010.
xvi http://www.tagesspiegel.de/berlin/paddeln-im-braunen-sumpf/4477502.html;http://stg-brandenburg.de/Suche_nach_Ausstattung/show/1464.html
xvii http://www.verfassungsschutz.brandenburg.de/cms/detail.php/lbm1.c.342274.de
xvi­ii http://www.tagesspiegel.de/berlin/paddeln-im-braunen-sumpf/4477502.html
xix http://www.musik-foto-service.de/seite13.html;http://www.zur-reise.de/index.php?option=com_content&view=article&id=644&Itemid=840
xx http://www.genios.de/presse-archiv/artikel/MAER/20110811/ludendorffer-geloescht-rechtsextrem/201108113008847.html
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(Anti-)Rassismus Flucht & Migration Law & Order

Wer zu Rassismus Nein sagt, muss politische Konsequenzen ziehen!

In Bran­den­burg sind Men­schen mit Migra­tions­geschichte tagtäglich Diskri­m­inierun­gen aus­ge­set­zt. Betrof­fen sind neu Zuge­wan­derte genau­so wie schon lange hier lebende Einge­bürg­erte, Hochqual­i­fizierte genau­so wie Lan­dar­bei­t­erin­nen und Kell­ner. Sie erleben ras­sis­tis­che Belei­di­gun­gen auf der Straße, wer­den bei der Woh­nungssuche benachteiligt, erhal­ten schlechteren Lohn, wer­den in der Schule gemobbt, beim Arzt schlechter ver­sorgt, in Behör­den und beim Einkaufen abw­er­tend behan­delt oder an der Diskotheken­tür abgewiesen.
 
Men­schen, die nicht von Ras­sis­mus betrof­fen sind, kön­nen die tief­greifend­en Auswirkun­gen von solchen Würde­v­er­let­zun­gen, ver­weigerten Chan­cen und voren­thal­tener Teil­habe kaum ermessen.
 
Die bran­den­bur­gis­che Par­la­mentsmehrheit hat das Prob­lem erkan­nt und Ende 2013 die Lan­desver­fas­sung um eine sog. Anti­ras­sis­musklausel ergänzt, die allerd­ings mit konkreten Maß­nah­men unter­füt­tert wer­den muss, soll sie nicht rein sym­bol­isch bleiben. Fol­gerichtig wäre die Ein­führung eines Lan­desan­tidiskri­m­inierungs­ge­set­zes (LADG), was aber lei­der bis heute auf sich warten lässt. Deshalb ist es immer noch so, dass Men­schen sich juris­tisch z. B. gegen einen diskri­m­inieren­den Ver­mi­eter zur Wehr zu set­zen kön­nen, nicht aber gegen eine Behör­den­mi­tar­bei­t­erin oder einen Lehrer. Wenn es zu Diskri­m­inierung durch staatliche Stellen kommt, bietet näm­lich das All­ge­meine Gle­ich­be­hand­lungs­ge­setz (AGG) keinen Schutz, weil es nur im zivil­rechtlichen Bere­ich gilt. Diese Schut­zlücke im öffentlichen Recht gilt es zu schließen.
 
Will Bran­den­burg mod­ern und attrak­tiv sein für neue Unternehmen, mehr Zuzug und mehr Touris­mus haben, so muss es ein Leben und Wirtschaften in ein­er offe­nen und diskri­m­inierungs­freien Gesellschaft bieten kön­nen. Erst dann wer­den sich hier alle Men­schen willkom­men fühlen.
 
Die Antidiskri­m­inierungs­ber­atung Bran­den­burg berät und inter­ve­niert seit 5 Jahren lan­desweit in Fällen von ras­sis­tis­ch­er Diskriminierung.

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(Anti-)Rassismus Antifaschismus Flucht & Migration Law & Order

SCHÖNER LEBEN OHNE NAZIS – Vielfalt ist unsere Zunkunft

Wir sind Bürg­erin­nen und Bürg­er dieses Lan­des – Alteinge­sessene und Zuge­zo­gene, ver­schieden in unseren poli­tis­chen Überzeu­gun­gen, unserem Glauben und unseren Lebens­for­men. Wir sind weltof­fen und gast­fre­undlich und wir wollen Men­schen Schutz geben, die vor Krieg, Not und Ver­fol­gung fliehen mussten. Neu­rup­pin ist bunt und soll es bleiben. Unsere Gesellschaft und beson­ders unsere Region leben davon, dass Men­schen sich willkom­men fühlen und bei uns eine neue Heimat finden.

Wir lassen es nicht zu, dass gegen Men­schen gehet­zt wird. Wir lassen es nicht zu, dass auf unseren Straßen Angst und Schreck­en ver­bre­it­et wer­den. Darum wer­den wir zusam­men gegen den Auf­marsch der Neon­azis Wider­stand leisten.

Am 6. Juni zeigen wir mit Musik, Sport, Kun­st und Kul­tur, wie tol­er­ant und kreativ die Stadt Neu­rup­pin und das Land Bran­den­burg sind. Und wir zeigen, dass Gewalt, Hass und Ras­sis­mus keine Zukun­ft haben – wed­er hier noch andernorts.

Wir laden alle Men­schen von nah und fern ein:

KOMMEN SIE AM 6. JUNI 2015 UM 10 UHR NACH NEURUPPIN.

Lassen Sie uns gemein­sam mit demokratis­chen Mit­teln auf vielfältige Weise protestieren. Wer sin­gen und tanzen will, disku­tieren, feiern oder beten, wer sich den Neon­azis friedlich ent­ge­gen stellen will, ist uns willkommen.

Vielfalt ist unsere Zukun­ft – Schön­er leben ohne Nazis!

20.3.2015,

Aktions­bünd­nis „Neu­rup­pin bleibt bunt“

Aktions­bünd­nis gegen Gewalt, Recht­sex­trem­is­mus und Fremdenfeindlichkeit

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Sonstiges

Brandenburg an der Havel: Informationsveranstaltung zur Errichtung einer Asylunterkunft am Neuendorfer Sand

Titel
Am gestri­gen Abend führten Vertreter_innen der Stadtver­wal­tung von Bran­den­burg an der Hav­el eine Infor­ma­tionsver­anstal­tung zum geplanten Neubau ein­er Gemein­schaft­sun­terkun­ft für Asyl­suchende am Neuen­dor­fer Sand durch. Unge­fähr 50 Men­schen nah­men diesen Ter­min wahr. Sowohl Asylgegner_innen als auch Befür­worter kamen dabei zu Wort.
All­ge­meine Informationen
Zunächst ver­mit­telte ein Vertreter der Stadt erst ein­mal all­ge­meinen Überblick, über die Men­schen, die kom­men wer­den, ihren rechtlichen Sta­tus und welche Art der Unter­bringung für sie angestrebt wird. Im Übri­gen wurde auch in dieser Ver­anstal­tung noch ein­mal dargestellt, dass die Auf­nahme von Asyl­suchen­den geord­net und nach einem bes­timmten Regle­ment abläuft.
Erster Anlauf­punkt für Men­schen, die im Land Bran­den­burg Asyl suchen, ist so zunächst die Erstauf­nah­meein­rich­tung in Eisen­hüt­ten­stadt (Land­kreis Oder-Spree). Dort find­et dann u.a. eine Erfas­sung ihrer Dat­en sowie eine gesund­heitliche Unter­suchung statt. Anschließend wer­den die Asyl­suchen­den über einen Verteilungss­chlüs­sel auf die einzel­nen Land­kreise und kre­is­freien Städte verteilt.
Die Stadt Bran­den­burg an der Hav­el hat dies­bezüglich beispiel­sweise die Pflicht 2,7 % der im Land aufzunehmenden Men­schen eine Unterkun­ft zur Ver­fü­gung zu stellen.
Momen­tan leben 258 Asyl­suchende in der Havel­stadt, davon 179 in der Gemein­schaft­sun­terkun­ft in der Flämingstraße und ins­ge­samt 79 in Wohnungen.
Um bis Ende 2015 weit­ere Men­schen aufnehmen zu kön­nen, ist nun geplant die Flämingstraße um 50 neue Plätze zu erweit­ern und neue Unterkün­fte in der Fohrder Land­straße, mit 105 Plätzen, sowie eben am Neuen­dor­fer Sand, mit 100 Plätzen, zu schaf­fen. Des Weit­eren­sollen 160 Woh­nun­gen angemietet werden.
Fra­gen, Antworten und Willkommenskultur
In der anschließen­den Frages­tunde bracht­en dann zunächst die Asylgegner_innenihre Vorurteile gegenüber Asyl­suchen­den durch entsprechende Anfra­gen an die Mod­er­a­tion zum Aus­druck. Warum der Stan­dort Neuen­dor­fer Sand? Warum soviel Geld für Asyl­suchende aus­geben? Kom­men eigentlich nur Män­ner und wäre es nicht bess­er, wenn sie ihre Heimat auf­bauen wür­den? Wie sieht der Gesund­heitss­chutz aus? Woher haben die das Geld für teure Fitnessstudios?
Die Stadtver­wal­tung ihrer­seits hat­te sich aber anscheinend gut auf die Ver­anstal­tung vor­bere­it­et und entsprechende Sach­bear­beit­er gle­ich mit ein­ge­laden, die auch auf die abstruses­ten Fra­gen kom­pe­tent antworten und so die beste­hen­den Vorurteile – zumin­d­est für die Mehrheit­der Anwe­senden – sach­lich entkräften konnten.
Hin­sichtlich der Stan­dort­wahl wurde noch ein­mal betont, dass die Sied­lung am Neuen­dor­fer Sand nicht der einzige Ort in Bran­den­burg an der Hav­el ist, in dem Asyl­suchende unterge­bracht wer­den sollen. Allerd­ings gäbe es für die hier geplante Neuein­rich­tung an anderen Punk­ten in der Stadt kaum ver­gle­ich­bar gute Stan­dortbe­din­gun­gen. Dies­bezüglich wur­den alle möglichen alter­na­tiv­en Stan­dorte, so der Sach­bear­beit­er der Stadt, genau geprüft und sorgfältig gegeneinan­der abge­wogen, auch im Hin­blick auf die Kosten. Dazu bemerk­te übri­gens ein Bürg­er, dass die Kosten­frage irrel­e­vant sei. Schließlich wer­den, sein­er Mei­n­ung nach, jährlich Mil­liar­den­werte an Waf­fen­tech­nik in die Krisen­län­der geliefert, so dass sich jet­zt nicht gewun­dert muss, wenn die Men­schen von dort aus Furcht vor Krieg, Folter und Vertrei­bung nun hier­her kommen.
Das jedoch vor allem Män­ner aus diesen Län­dern kom­men, lässt sich hinge­gen nicht bestre­it­en. Hier wurde jedoch darauf hingewiesen, dass die Stra­pazen ein­er Flucht, zum Teil über mehrere tausend Kilo­me­ter, durch Krisen­ge­bi­ete, übers Mit­telmeer, für viele Frauen und Kinder ein­fach nicht trag­bar sind und häu­fig den sicheren Tod bedeuten. Das heiße allerd­ings nicht, dass diese in ihren Heimatlän­dern keine Gefahr aus­ge­set­zt sind. Hin­ter jedem Akt der Flucht steckt eben meist noch ein viel größeres Dra­ma. Zudem wurde auch noch ein­mal darauf hingewiesen, dass keines der Krisen­län­der dieser Welt mit europäis­chen Staat­en ver­gle­ich­bar ist und ein gefordert­er „Auf­bau der Heimat“ auf­grund der Gegeben­heit­en vor Ort wohl eher eine roman­tis­che Illu­sion sei.
Hin­sichtlich des Gesund­heitss­chutzes müsse sich hinge­gen keine Sor­gen gemacht wer­den, da alle Asyl­suchen­den bere­its in Eisen­hüt­ten­stadt unter­sucht wür­den. Sollte es trotz­dem zu Krankheit­saus­brüchen kom­men, würde zunächst die gesamte Erstauf­nah­meein­rich­tung so lange in den Quar­an­tänezu­s­tand ver­set­zt, bis kein Risiko mehr für die Bevölkerung beste­ht. Zudem wurde im Hin­blick auf die zuvor konkret the­ma­tisierten Masern hingewiesen, dass der Tod eines kleinen­Jun­gen in Berlin vor allem auf die Impfver­weigerung sein­er deutschen Eltern zurück­zuführen ist.
Klar wider­sprochen wurde auch den immer wieder aufk­om­menden Fra­gen, ob Asyl­suchende beson­ders und ins­beson­dere finanziell bevorteilt wür­den. Laut den Angaben der Sozialdez­er­nentin erhal­ten Men­schen, die in Bran­den­burg an der Hav­el Asyl gefun­den haben und in Woh­nun­gen unterge­bracht sind, jedoch lediglich 359,00 € im Monat, das sind 40,00 € weniger als deutschen Staats­bürg­ern gemäß geset­zlich­er Grund­sicherung nach dem zweit­en Sozialge­set­zbuch (Hartz IV) zu ste­ht. Asyl­suchende die in einem Heim unterge­bracht sind, erhal­ten sog­ar noch weniger, näm­lich unge­fähr 328,00 € im Monat. Was sie mit Ihrem Geld allerd­ings machen, ob sie sich damit Essen und Klei­dung kaufen oder Sport treiben, bleibt ihnen allein überlassen.
Darüber hin­aus wird natür­lich angestrebt, dass die Asyl­suchen­den möglichst schnell in ein Beschäf­ti­gungsver­hält­nis kom­men, so dass sie sich ihren Leben­sun­ter­halt selb­st finanzieren kön­nen. Dies ist jedoch erst früh­estens nach drei Monat­en nach der Ankun­ft möglich und auch nur dann, wenn dadurch keine deutschen Staatsbürger_innen oder EU-Bürg­er_in­nen benachteiligt werden.
Damit waren dann auch die wesentlich­sten Fra­gen beant­wortet. Sicher­lich blieben einige der Anwe­senden, u.a. eine kleinere Gruppe älter­er Herrschaften, die ver­sucht­en aus­län­der­feindliche Ressen­ti­ments zu schüren, oder Einzelper­so­n­en, die unlängst bei den BraMM-Demos mitliefen, weit­er­hin skep­tisch, dafür melde­ten sich im Laufe des Abends immer mehr Men­schen, die sich erkundigten, wie genau geholfen wer­den kann.
Dies griff die Stadt natür­lich gerne auf und betonte, dass ehre­namtliche Hil­fe sehr willkom­men ist. Ins­beson­dere Men­schen die Deutschken­nt­nisse ver­mit­teln kön­nten wür­den drin­gend gebraucht wer­den. Über­haupt sei die Sprache eines der besten Mit­tel um sich einan­der kennenzulernen,so Vorurteile abzubauen und Inte­gra­tion dadurch zu fördern.
Auch der Leit­er der beste­hen­den Asy­lun­terkun­ft in der Flämingstraße meldete sich zu Wort und bestätigte, dass er bish­er keine schlecht­en Erfahrun­gen in seine Heim gemacht habe. Viele der dort unterge­bracht­en Men­schen seien von der Sit­u­a­tion in ihrem Heimat­land und der lan­gen Flucht geze­ich­net und sehn­ten sich eher nach Ruhe. Vie­len muss auch in der Bewäl­ti­gung ihres All­t­ags geholfen wer­den, da manche Dinge, die hier selb­stver­ständlich sind, in ihren Heimatlän­dern gar nicht existierten.
Des Weit­eren wur­den Begeg­nungsmöglichkeit­en und Willkom­mensfeste angeregt um sich bess­er ken­nen­zuler­nen. Dies­bezüglich ver­wies die Stadt aber auch auf schon beste­hende Ange­bote, wie die „Interkul­turelle Woche“ und ähn­liche Ver­anstal­tungsrei­hen, die gern häu­figer fre­quen­tiert wer­den können.
Die neue Asy­lun­terkun­ft am Neuen­dor­fer Sand soll ab Herb­st 2015 bezugs­bere­it sein.
Fotos: hier

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Brandenburger Willkommenskultur der besonderen Art: Polizeiübungen direkt neben der Flüchtlingsunterkunft

Trotz Protesten von Willkom­mensini­tia­tiv­en hat die FH der Polizei die Manöverübun­gen auf dem TÜV-Gelände direkt neben der Unterkun­ft für Flüchtlinge in Lehnitz/Oranienburg im Land­kreis Ober­hav­el fort­ge­set­zt. In der Flüchtling­sun­terkun­ft wohnen mehr als 200 Män­ner, Frauen und Kinder, die vor Krieg und Ver­fol­gung geflo­hen sind. Fach­leute schätzen, dass min­destens 40% der Flüchtlinge auf­grund der erlebten Ver­fol­gung und der Flucht trau­ma­tisiert sind.
 
Mit den Polizeiübun­gen in unmit­tel­bar­er Nach­barschaft ihrer Unterkun­ft sind sie erneut mit ein­er Geräuschkulisse kon­fron­tiert, die viele von ihnen mit ihrer Ver­fol­gung assozi­ieren: Hub­schraubere­in­sätze, Spezial­fahrzeuge und Hun­dertschaften in Uni­form, Übun­gen zur Häuser­stür­mung und Ver­fol­gung, Schießübun­gen mit unschar­fer Munition.
 
Auch die Polizeifach­hochschule sieht ein Prob­lem, offen­bar jedoch vor allem im Protest der Willkom­mensini­tia­tiv­en. Gespräch­sange­bote des Flüchtlingsrates unter Ein­beziehung ein­er Trau­maspezial­istin, die jahre­lange Erfahrung in der Arbeit mit Flüchtlin­gen hat, hielt die Fach­hochschule für unange­bracht. Zwar wird weit­er­hin Gesprächs­bere­itschaft sig­nal­isiert, es stellt sich jedoch die Frage, welch­es Ziel die Gespräche haben sollen, wenn die Fach­hochschule es ablehnt, Exper­tin­nen auch nur anzuhören und klarstellt, dass es Über­legun­gen zu einem Auswe­i­chort nicht gäbe.
 
Die Fach­hochschule lädt Flüchtlinge ein, durch Beobach­tung der Polizeimanöver ihre Äng­ste abzubauen — ein frag­würdi­ges Unter­fan­gen, das den jahre­lan­gen Erfahrun­gen der Trau­mather­a­pie wider­spricht. Denn eines der Symp­tome von Trau­ma­tisierung ist es ger­ade, die Kon­fronta­tion mit Erleb­nis­sen, die Assozi­a­tio­nen zum Trau­ma aus­lösen kön­nten, zu ver­mei­den. Und so gibt es die stilleren nicht-öffentlichen Stim­men in dem Heim in Lehnitz, die ihr Unbe­ha­gen mit der starken Polizeipräsenz in der Nach­barschaft in ein­er Atmo­sphäre des Ver­trauens sehr klar for­mulieren und den Wun­sch äußern, so schnell wie möglich einen anderen Wohnort zu finden.
Das erste Manöver in diesem Jahr ist been­det – die Auseinan­der­set­zung darüber, dass ein Gelände für Ter­ror­bekämp­fung, Schießübun­gen und Polizeigroßein­sätze direkt neben ein­er Unterkun­ft für Flüchtlinge wed­er ein­er human­itären Flüchtlingsauf­nahme noch den Europäis­chen Verpflich­tun­gen zur Berück­sich­ti­gung der Bedürfnisse beson­ders schutzbedürftiger Men­schen entspricht, geht weiter.
 
Willkom­men­skul­tur sieht anders aus! Der Flüchtlingsrat fordert die sofor­tige Aus­set­zung aller Polizeiübun­gen und per­spek­tivisch ein Auf­nah­mekonzept, das Flüchtlinge und andere sachkundi­ge Men­schen in die Gestal­tung der Unter­bringung einbezieht. 

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Rassistische Gewalt steigt auch in Brandenburg

Für das Jahr 2014 hat der Vere­in Opfer­per­spek­tive bis­lang 92 rechte Gewalt­tat­en (im Vor­jahr 85) reg­istri­ert. Sie richteten sich nach Ken­nt­nis der Beratungsstelle gegen min­destens 149 Betrof­fene. Der Anteil der ras­sis­tisch motivierten Tat­en liegt mit 58 deut­lich höher als im Jahr davor (41) und macht 63 Prozent aller reg­istri­erten Tat­en aus (2013: 48 Prozent). 19 Gewalt­tat­en wur­den aus Hass gegen poli­tis­che Gegner_innen verübt, 11 richteten sich gegen nicht Rechte, 2 gegen sozial Aus­ge­gren­zte / Men­schen mit Behin­derun­gen, jew­eils ein homo­phober und ein anti­semi­tis­ch­er Angriff wur­den erfasst. Es wur­den 76 Kör­per­ver­let­zun­gen — davon 41gefährliche — reg­istri­ert sowie 3 ver­suchte Kör­per­ver­let­zun­gen, 9 Bedro­hun­gen, 2 Brand­s­tiftun­gen, 1 Sachbeschädi­gung und eine sex­uelle Nöti­gung. Von einem hohen Dunkelfeld ist auszuge­hen. Nicht erfasst wur­den Kundge­bun­gen gegen die Auf­nahme von Flüchtlin­gen vor Flüchtling­sheimen und Pri­vat­woh­nun­gen, in denen Flüchtlinge leben. Sie sind von den Ver­anstal­tern als Ein­schüchterung gemeint und wer­den von den Betrof­fe­nen als Bedro­hung emp­fun­den, kön­nen aber sta­tis­tisch nicht als Gewalt­de­likt gew­ertet werden.
Die meis­ten Angriffe wur­den in Cot­tbus reg­istri­ert, gefol­gt vom Land­kreis Spree-Neiße, in dem nach wie vor Sprem­berg mit ein­er agilen gewalt­täti­gen Neon­aziszene einen Schw­er­punkt bildet.
 
Der Anstieg ras­sis­tis­ch­er Gewalt ist nach Ein­schätzung der Opfer­per­spek­tive auf die andauernde und mas­sive Mobil­isierung gegen Flüchtlinge zurück­zuführen (1). Sie wen­det sich let­z­tendlich gegen alle als Migrant_innen wahrgenomme­nen Men­schen. Ras­sis­tisch eingestellte Durchschnittsbürger_innen fühlen sich ermuntert und wer­den zu Gelegenheitstäter_innen, so wie in Pots­dam am 6. Sep­tem­ber, als ein nige­ri­an­is­ch­er Staats­bürg­er seine neue Woh­nung am Schlaatz beziehen will. Zwei Nach­barn stellen sich ihm in den Weg, um ihn nicht ins Haus zu lassen. Sie beschimpfen ihn ras­sis­tisch und erk­lären, er würde hier nicht wohnen. Als er darauf beste­ht, eine Woh­nung gemietet zu haben, sog­ar seine Schlüs­sel zeigt, schlägt ein­er der bei­den ihm ins Gesicht und besprüht ihn mit Pfef­fer­spray. In Elster­w­er­da belei­digt am 13. Mai ein Rechter einen Deutschen libane­sis­ch­er Herkun­ft ras­sis­tisch, als er diesen bei der Arbeit auf einem Garten­grund­stück beobachtet. Er tritt den sichtlich Erkrank­ten zweimal in den Unter­leib und dro­ht ihm mit dem Tod, falls er die Stadt nicht ver­lasse. Der Betrof­fene muss in Folge des Angriffs sta­tionär behan­delt werden.
 
Neben der tat­säch­lichen Zunahme ras­sis­tis­ch­er Gewalt wirken sich ver­mut­lich fol­gende Entwick­lun­gen auf die sta­tis­tis­che Erfas­sung aus: eine langsam zunehmende Sen­si­bil­isierung der Polizei für ras­sis­tis­che Tat­en und damit eine Verbesserung der Doku­men­ta­tion von Hin­weisen auf ras­sis­tis­che Motive und die große Unter­stützung von Asyl­suchen­den durch zahlre­iche Ini­tia­tiv­en. Die soziale Ein­bindung fördert die Bere­itschaft, nach ras­sis­tis­chen Angrif­f­en Anzeige zu erstat­ten und pro­fes­sionelle Hil­fe in Anspruch zu nehmen. Zur Ver­hin­derung langfristiger psy­chis­ch­er Angriffs­fol­gen man­gelt es in Bran­den­burg allerd­ings nach wie vor an qual­i­fizierten Über­set­zungsmöglichkeit­en bei Psy­chother­a­pi­en und ein­er unbürokratis­chen Regelung für Asyl­suchende, nach ras­sis­tis­chen Bedro­hun­gen bzw. Angrif­f­en den Wohnort wech­seln zu kön­nen (soge­nan­nte Umverteilung).
 
Mit Sorge beobachtet der Vere­in die Neuein­rich­tung von großen Sam­mel­lagern ohne abge­tren­nte Wohnein­heit­en. Masse­nun­terkün­fte stig­ma­tisieren die hier Unterge­bracht­en und schüren vor allem in kleinen Ortschaften ras­sis­tis­che Ressen­ti­ments. Die fehlende Pri­vat­sphäre beschädigt nicht nur die Bewohner_innen, sie fördert zudem Gewalt in den Unterkün­ften. Die geringe Ausstat­tung mit qual­i­fizierten Sozialarbeiter_innen ver­schärft die Situation.
Der Vere­in Opfer­per­spek­tive fordert die Lan­desregierung dazu auf, die Unter­bringungspoli­tik neu auszuricht­en. Das Innen­min­is­teri­um sollte in Rück­griff auf die Anti­ras­sis­musklausel in der Lan­desver­fas­sung die ihm unter­stell­ten Behör­den anweisen, Kundge­bun­gen gegen die Auf­nahme von Flüchtlin­gen nicht vor deren Woh­nun­gen bzw. Unterkün­ften zu genehmigen.
 
(1) Siehe: Netz gegen Nazis „Ras­sis­tis­che Mobil­isierun­gen gegen Flüchtling­sun­terkün­fte, Rechte Demon­stra­tio­nen und Wahlkampf bei NPD und AfD – Das Jahr 2014 in Brandenburg“

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