„Der dritte Weg“ hat offenbar heute einen ersten Stützpunkt im Land Brandenburg gegründet. Dies verkündete jedenfalls Sprecher Maik Eminger während einer Kundgebung der neonazistischen Partei am Vormittag in Werder (Havel) sowie noch einmal während einer ähnlichen Versammlung am frühen Nachmittag in Brandenburg an der Havel. Ziel sei es nun weitere Strukturen aufzubauen und einen Anlaufpunkt für Leute zu schaffen, welche die Hoffnung in „etablierte Parteien“ verloren hätten, so Eminger. Die eigentliche Gründungszeremonie fand jedoch offenbar außerhalb der Öffentlichkeit statt.
Kundgebungen in Werder (Havel) und Brandenburg an der Havel
Im Vorfeld öffentlich bekannt geworden war nur die Absicht des „Dritten Weges“ unter dem Motto „Ausländerstopp! Für die Zukunft deutscher Familien!“ in einem Einkaufspark in Werder (Havel) aufzumarschieren, um gegen vermeintlichen „Asylmissbrauch“ und angeblicher „Überfremdung“ zu protestieren. Als Versammlungsort wurde zunächst ein Parkplatz eines Einkaufszentrums beworben. Aufgrund der privaten Besitzverhältnisse musste die Veranstaltung aber in die Straße „Auf dem Strengfeld“ Ecke Aprikosenweg ausweichen. Hier begann die Versammlung mit 30 Teilnehmern aus Potsdam, Brandenburg an der Havel, Potsdam-Mittelmark und dem Havelland dann gegen 11.00 Uhr, streng abgeschirmt von der Bereitschaftspolizei. Der Ablauf der Veranstaltung folgte den üblichen Gewohnheiten des mittelmärkischen Neonazimilieus. Zunächst trug Manuel Schmidt als Introduktion ein Gedicht vor, dann folgte, nach einem musikalischen Intermezzo, der erste Redebeitrag von Maik Eminger. Dieser entsprach dem üblichen Ton des Milieus. Eminger malte, aus seiner Sicht, düstere Überfremdungsvisionen und drohte, dass in Zukunft jeder sein „erklärter Feind“ sei, der „sich nicht als Deutscher zum Deutschen Volke“ bekennte. Zudem sei „jeder unweigerlich verloren, der nicht weiß wo er hingehört“, so Eminger weiter. Anschließend folgte ein weiteres musikalisches Zwischenspiel, dass den geplanten „Tag der Deutschen Zukunft“ am 6. Juni 2015 in Neuruppin thematisierte und auf den Redebeitrag von Christoph Meinecke, einem Sympathisanten der „Freien Kräfte Neuruppin / Osthavelland“ einstimmte. Dessen Rede selber bot allerdings inhaltlich nicht viel Neues, sondern bediente sich milieuüblicher Versatzstücke, mit denen in der jüngsten Vergangenheit immer wieder Stimmung gegen Flüchtlinge und Asylsuchende gemacht wurde. Dann folgte abermals Musik und der nächste Redner machte sich bereit. Diesmal war der ehemalige Bad Belziger NPD Stadtverordnete Pascal Stolle, der wie Eminger jetzt zum „Dritten Weg“ gehört, an der Reihe. Auch er hetzte in erster Linie gegen Flüchtlinge und Asylsuchende. Darüberhinaus gab er jedoch auch bekannt, dass es in den nächsten 14 Tagen weitere Kundgebungen des „dritten Weges“ geben wird. Diese sollen als Mobilisierungskundgebungen für einen Aufmarsch am 1. Mai 2015 in Saalfeld (Thüringen) dienen und bundesweit durchgeführt werden, so Stolle. Anschließend gab Maik Eminger die Gründung eines Stützpunktes des „dritten Weges“ in Brandenburg bekannt, bevor er nach einem weiteren Musiktitel die Kundgebung in Werder (Havel) auflöste.
Anschließend fuhren die Neonazis nach Brandenburg an der Havel und wiederholten dort die gesamte Kundgebung mit derselben Teilnehmeranzahl in der Zeit von 14.00 – 15.30 Uhr.
Proteste gegen Kundgebungen
Da im Vorfeld lediglich die Veranstaltung des „dritten Weges“ in Werder (Havel) öffentlich bekannt wurde, formierte sich auch nur dort ein recht breiter Protest, an dem sich ungefähr 90 Menschen beteiligten. Organisiert wurde die in Hör- und Sichtweite zur Neonaziversammlung stattfindende Gegenveranstaltung vom Werderaner Bündnis KURAGE, einer lokalen Initiative für Kulturaustausch, gegen Rassismus und Gewalt. Es wurden Plakate und Transparente gegen Neonazis gezeigt und die Redebeiträge der Versammlung des „dritten Weges“ durch Pfiffe und Buhrufe gestört. Diesem Protest schlossen sich spontan auch Autofahrer_innen an in dem sie beim passieren der Neonazikundgebung laut hupten.
Unter den Teilnehmer_innen des Gegenprotestes waren auch ungefähr 30 Antifaschist_innen, die ebenfalls Stimmung gegen die Neonazis machten und zugleich für die Teilnahme an den geplanten Protesten gegen den „Tag der deutschen Zukunft“ am 6. Juni 2015 in Neuruppin warben.
In Brandenburg an der Havel formierte sich hingegen, bis auf Unmutsbekundungen einzelner, kein Protest. Lediglich Sympathisanten der lokalen Linksjugend verteilten vereinzelt Flyer gegen Neonazis und für die Unterstützung von Flüchtlingen.
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Der Kleinbus des Nauener Mikado e.V. wurde in der Nacht zum 17. April möglicherweise gezielt von Rassist_innen angegriffen. Am Morgen fand ein Vereinsmitglied das Fahrzeug mit zerstochenen Reifen vor. Hinter dem Scheibenwischer war eine Art Bekennerbrief geklemmt. Er war offenbar in drohender Absicht an die Vereinsmitglieder gerichtet: “Liebe Asylantenfreunde, Tröglitz ist auch hier! Bis bald!”.
Der Hinweis auf Tröglitz (Sachsen-Anhalt) kann somit als unverhohlene Drohung interpretiert werden. In dem Ort hatten Unbekannte am ersten Aprilwochenende dieses Jahres eine geplante Asylbewerberunterkunft angezündet.
Am gestrigen Abend haben in Nauen ungefähr 120 Personen einen „Aufmarsch“ unter dem Motto „Nein zum Heim“ durchgeführt. Die Veranstaltung war zuvor vom ehemaligen NPD Abgeordneten Maik Schneider angemeldet worden und richtete sich gegen Planungen des Landkreises Havelland am Rande der Stadt eine Gemeinschaftsunterkunft für Flüchtlinge und Asylsuchende zu errichten. Der Rassismus der sich eigentlich dahinter verbirgt äußerte sich auf der Versammlung recht freimütig, durch Schilder mit Aufschriften wie „Nauen bleibt weiss“. Gegen den Aufzug protestierten ungefähr 130 Menschen, in Hör- und Sichtweite, am Rathausplatz.
Bunte Proteste
Eine Initiative hatte im Socialmedia kurz nach dem Bekanntwerden der „Nein zum Heim“ – Veranstaltung unter dem Motto: „Keine Stadt für Nazis! Rassistischen Aufmarsch in Nauen bei Berlin verhindern!“ zu Gegenprotesten aufgerufen. An der Kundgebung am Rathausplatz nahmen u.a. auch die stellvertretende Bürgermeisterin Marion Grigoleit und der Vorsitzende der Stadtverordnetenversammlung Hartmut Siegelberg teil. Weiterhin unterstützten verschiedene Initiativen aus dem gesamten Havelland und Brandenburg an der Havel die Proteste.
Im Gegensatz zur der Versammlung von „Nein zum Heim“ blieb die Gegenveranstaltung allerdings nur stationär. Zweimal zog allerdings der Aufzug der Heimgegner_innen in unmittelbarer Nähe an vorbei. Dabei wurden die Sympathisant_innen von „Nein zum Heim“ lautstark ausgepfiffen und ausgebuht.
Zu einer kurzen Spannungssituation kam es als der rassistische Aufmarsch zum zweiten mal an der Gegenkundgebung vorbeilief. Der vorangehende Block des Aufzuges der Heimgegner_innen machte plötzlich kehrt, bewegte sich auf die Protestierer zu und suchte mindestens die verbale Auseinandersetzung. Polizei und Versammlungsleitung brachte die Situation jedoch schnell unter Kontrolle.
NPD markiert Revier
Trotz des gestrigen Protestes sieht sich das neonazistische Milieu in Nauen jedoch durch die aktuelle Asyldebatte offenbar klar im Aufwind. Während einer Stadtverordnetenversammlung am 12. Februar 2015, bei der über den Verkauf des Grundstückes für die künftige Gemeinschaftsunterkunft abgestimmt werden sollte, gelang es einigen NPD Funktionären einen großen Teil des Publikums aufzuwiegeln und anschließend derart zu stören, dass Saal und Grundstück polizeilich geräumt werden mussten. Die Veräußerung des zukünftigen Heimgeländes konnte durch die Tumulte indes jedoch nicht verhindert werden.
Dennoch scheint sich „Nein zum Heim“ bzw. die dahinter steckenden Neonazis damit nicht abfinden zu wollen. Der gestrige Aufzug, der explizit sogar als „Aufmarsch“ beworben wurde, war absehbar, zumal die NPD und ihre Jugendorganisation JN in anderen Städten und Gemeinden bereits ähnliches versuchten.
Insofern ist es auch nicht verwunderlich, dass neben einigen „Bürger_innen“ aus Nauen, auch bekannte Gesichter des brandenburgischen Neonazimilieus aus dem Havelland, Potsdam-Mittelmark und Teltow-Fläming sowie Einzelpersonen aus Berlin bei dem Aufzug mitmarschierten.
Bereits am 14. März 2015 hatten 80 Neonazis aus dem gesamten Land Brandenburg eine erste Kundgebung gegen die geplante Gemeinschaftsunterkunft durchgeführt. 30 Menschen, darunter auch einige Vertreter_innen der lokalen Linkspartei, protestierten damals dagegen. Die entsprechende Antwort erfolgte offenbar dann aber postwendend in der Nacht vom 24. zum 25. März 2015, als Unbekannte versuchten die Scheiben des Ortsbüros der Partei „DIE.LINKE“ einzuschlagen.
Ähnliches hatten die versammelten Neonazis möglicherweise bereits während der erwähnten Stadtverordnetenversammlung am 12. Februar im Sinn, als sie auf die Fensterfront des Tagungsortes eindroschen und so die dortigen Tumulte zusätzlich anstachelten.
Einer der damaligen Rädelsführer war übrigens der Anmelder der heutigen Versammlung, Maik Schneider. Gegen ihn soll diesbezüglich inzwischen auch die Polizei ermitteln.
Schneider war gestern übrigens auch nicht der einzige namhafte Parteifunktionär auf der Veranstaltung. Weiterhin nahm u.a. auch Frank Kittler, Abgeordneter der NPD in der Gemeindeversammlung Brieselang, teil. Dieser trug die einzige Parteifahne während des Aufzuges.
Weiterhin nahm auch der brandenburgische Landesvorsitzende der JN, Pierre Dornbrach aus Baruth/Mark, am Aufmarsch teil. Nach dem Abspielen eines Songs des linksradikalen Rappers Holger Burner hielt er auch die Hauptrede während einer Zwischenkundgebung in einem Plattenbauviertel von Nauen. Hierbei versuchte Dornbrach, 14 Tage vor dem 1. Mai, die Asyldebatte ideologisch mit völkischer Antikapitalismuskritik zu verknüpfen. Roter Faden seiner Rede blieb jedoch, die klare Ablehnung von „Asylantenheimen“.
Ein Bekenntnis, dass offenbar auch im Interesse der so genannte Bürgerinitiative „Zukunft Nauen“ lag, die sich zuvor eher von organisierten Neonazis fernhielt. Gestern liefen jedoch beide offiziellen Ansprechpartner der Initiative nicht nur beim Aufmarsch mit, sondern warben dort auch für ihre Unterschriftenaktion gegen die geplante Gemeinschaftsunterkunft für Flüchtlinge und Asylsuchende. Ein freundschaftliches Verhältnis von Mitgliedern der Bürgerinitiative „Zukunft Nauen“ zu den anwesenden Neonazifunktionären war erkennbar. Berührungsängste gab es offenbar nicht.
Nächstes Neonazievent in Planung
Bereits am 20. April beabsichtigen Neonazis erneut in Nauen aufzumarschieren. Vorgeblicher Grund könnte dann das 70 jährige Gedenken an einen Bombenangriff während des Zweiten Weltkrieges sein. Allerdings zelebrieren Neonazis an diesem Tag auch regelmäßig den Geburtstag Adolf Hitlers.
Die Nauener Zivilgesellschaft ruft deshalb in der Zeit von 14.00 bis 18.00 Uhr zur Teilnahme an einem bunten Familienfest im Bereich Lindenplatz / Marktecke / Gartenstraße auf. Ab 18.30 Uhr soll es zu dem eine Kundgebung am Lindenplatz /Gartenstraße geben.
Fotos: hier
Remembering means Fighting!
Rassismus und Faschismus entgegentreten — damals wie heute
Nahezu genau 70 Jahre nach der Befreiung Frankfurts vom Nationalsozialismus durch die Rote Armee wollen Neonazis und Rassist*innen erneut ihre Hetze gegen Geflüchtete verbreiten. Die Gruppe “Frankfurt/ Oder wehrt sich” organisiert bereits zum dritten Mal eine rassistische Aktion in der Stadt.
Am 23.4.1945 zog die Rote Armee in die Stadt ein und beendete die deutsche Barbarei, für die sich bis zum bitteren Ende Millionen Deutsche eingesetzt hatten. Für uns als Antifaschist*innen ist dieses Datum ein Grund zum Feiern — aber auch zum Kämpfen: 70 Jahre nach dem Ende der NS-Herrschaft sehen wir uns weiter mit Rassismus, Unterdrückung und Menschenverachtung konfrontiert. Lasst uns den Neonazis am 25.4.2015 in Frankfurt (Oder) also zeigen, was wir von ihnen halten! Die rassistischen Zustände in Frankfurt (Oder) müssen benannt und bekämpft werden!
Seit August vergangenen Jahres gibt es in Frankfurt (Oder) eine organisierte rassistische Mobilisierung. Anstoß gab eine rassistisch aufgeladene Debatte um vermeintliche Drogenkriminalität im Lenné-Park. Lokalmedien griffen Gerüchte über dealende Schwarze Personen ungeprüft auf und berichteten ausgiebig. Dramatisierungen und „Flüchtlingsproblematik“-Rhetorik sorgten für weitere Panik. In dieser Dynamik entlud sich der Alltagsrassismus der Frankfurter*innen auf Facebook-Seiten wie „Blaulichtreport Frankfurt (Oder)“, „Bürgerwehr Frankfurt (Oder)“ oder “Frankfurt/Oder wehrt sich”. Für die im Aufschwung befindliche AfD ein gefundenes Fressen. So erhielt sie bei den letzten Landtagswahlen knapp 20% der Frankfurter Stimmen.
Eine erste Demonstration am 17. Januar mit knapp 250 Teilnehmenden war der Höhepunkt der organisierten rassistischen Mobilisierung in Frankfurt (Oder). Zwar versperrten Blockaden dem Aufmarsch den Weg in die Innenstadt und zwangen sie dazu, eine andere Route zu nehmen, doch können die Frankfurter Neonazis das Ganze als Zwischenerfolg verbuchen, war es doch die erste erfolgreiche neonazistische Demo in Frankfurt (Oder) seit 2007. Angezogen hat der Aufmarsch Neonazi-Kader, Hooligans, Rocker oder NPD’ler — darunter circa 70 Frankfurter*innen. Erschreckend war die Anzahl der vielen jungen Menschen, die sich wie selbstverständlich voller Hass und Menschenverachtung in die Menge einfügten und beseelt von der Sehnsucht nach einer „Volksgemeinschaft“ bei den „Wir sind das Volk“-Rufen mit einstimmten.
Am 14. Februar folgte dann eine weitere Kundgebung des rassistischen Mobs, zwar mit geringerer Beteiligung und begleitet von einem breiten Protest und einer antirassistischen Demonstration des Bündnisses “Kein Ort für Nazis in Frankfurt (Oder)”, aber doch wurde Menschenverachtung auch an diesem Tag eine Bühne geboten.
Und auch wenn es ihnen durch eigenes Unvermögen, ihren offen zur Schau getragenen Neonazismus und mangelnde politische Erfahrung bisher nicht gelungen ist, das vorhandene rassistische Potenzial gänzlich auszuschöpfen und über einen Kreis aus befreundeten Neonazis hinauszukommen, bedeutet dies keineswegs Entwarnung: die Rassist*innen stellen sowohl im Alltag als auch am 25.4. selbst eine Bedrohung für Andersdenkende dar. Als Beispiel sei an dieser Stelle auf einen rassistischen Übergriff auf eine Gruppe syrischer Geflüchteter am 21.3.2015 verwiesen; polizeibekannte Neonazis beleidigten und verfolgten sie zunächst gezielt, um sie dann mit Tritten und Schlägen zu verletzen.
Zudem ist davon auszugehen, dass die Gruppierung um “Frankfurt/Oder wehrt sich” Unterstützung von der Neonazi-Bewegung “Der III. Weg” erhält. Dessen zentrale Figur in der Region und in Brandenburg, Maik Eminger, war bereits auf beiden vorangegangenen Neonazi-Demonstrationen als Redner in der Oderstadt anwesend.
Remembering means Fighting!
Kommt nach Frankfurt und achtet auf Neuigkeiten!
Alerta Antifascista!
Immer wieder tragen Rassist*innen und Neonazis ihre menschenverachtende Hetze auf die Straße – auch in Frankfurt (Oder). Das Bündnis „Kein Ort für Nazis in Frankfurt (Oder)“ ruft dazu auf, sich dem entgegenzustellen. Wir solidarisieren uns mit Geflüchteten und anderen Betroffenen von rassistischer Hetze und Gewalt: Auch wenn am 25. April erneut Neonazis durch Frankfurt marschieren wollen.
Neonazis wollen „Bürgerbewegung“ in Frankfurt (Oder) aufbauen – ohne uns!
Mit Pegida und deren Ablegern gehen derzeit tausende Menschen auf die Straße, um striktere Abschiebung und ein geringeres Aufnahmekontingent für Flüchtlinge zu fordern. Die Anhänger*innen dieser Gruppierungen sind nicht in der Lage, sich in die prekäre Situation der Geflüchteten hinein zu versetzen. Im Gegenteil – rassistische Vorurteile sind bei ihnen fest verwurzelt.
Es ist nicht das erste Mal, dass sich stadtbekannte Neonazis versammeln wollen, um ihr rassistisches Menschenbild an die Bürger*innen Frankfurts heranzutragen. Ihr Versuch, sich als bürgerliche Bewegung darzustellen, ist bereits in der Vergangenheit gescheitert. Angestachelt durch die Hetze kam es in der Vergangenheit zu Beleidigungen, Anfeindungen und Übergriffen gegenüber Geflüchteten.
Unsere Botschaft: Solidarität mit Geflüchteten – keinen Fußbreit den Rassist*innen und Neonazis!
Bürgerkriege, Terrormilizen, Hungerkatastrophen oder Unterdrückungsregime zwingen jeden Tag Menschen zur Flucht in sichere Länder, da ihnen in ihren Herkunftsländern wirtschaftlicher Ruin, Gewalt, Unterdrückung oder Tod drohen. Es ist an uns Demokrat*innen, Flüchtlinge willkommen zu heißen und eine Gesellschaft, die in „die Deutschen“ und „die Anderen“ geteilt ist, nicht zuzulassen. Menschenverachtung – egal auf welcher Grundlage – dulden wir nicht. Ob im Sportverein, in der Schule oder andernorts: Wir müssen weiter den Kontakt mit Geflüchteten suchen und dazu beitragen, ihnen mehr Teilhabe an der Gesellschaft zu ermöglichen. Die Rassist*innen wollen Flüchtlingen durch ihre menschenverachtende Stimmungsmache das Recht auf ein Leben in Würde nehmen. Indem sie eine Verschärfung des Asylrechts verlangen, sprechen sie geflüchteten Menschen den Zugang zu Schutz und Sicherheit – und damit ein zentrales Menschenrecht – ab. Dem stellen wir uns ganz entschieden entgegen!
Für eine antirassistische Kultur in Frankfurt (Oder)!
Den menschenverachtenden Forderungen der Rassist*innen und Neonazis setzen wir humanistische und demokratische Werte entgegen. Flüchtlinge sollen friedlich und sicher in Deutschland leben können, ohne Angst vor sozialer Kälte, Hass und Gewalt haben zu müssen. Flucht ist kein Verbrechen! Daher fordern wir alle Demokrat*innen auf, sich kreativ, zahlreich und entschlossen am Protest gegen die Veranstaltung der Rassist*innen und Neonazis zu beteiligen. Sollte die Notwendigkeit bestehen, einen rechten Aufmarsch zu verhindern, sind friedliche Massenblockaden das Mittel unserer Wahl. Wir sind solidarisch mit allen, die unser Ziel teilen, sich den rassistischen Aktionen entgegenzustellen.
Keinen Fußbreit dem Rassismus! Frankfurt (Oder) bleibt kein Ort für Nazis!
Das Bündnis
Das zivilgesellschaftliche Bündnis „Kein Ort für Nazis in Frankfurt (Oder)“ besteht seit Ende 2011. Es ist ein Zusammenschluss verschiedener Gewerkschaften, Vereine, Parteien, antifaschistischer
Initiativen und Einzelpersonen. Alle Akteur*innen engagieren sich kontinuierlich für eine demokratische Teilhabe Aller, leisten antirassistische und antifaschistische Arbeit und stellen sich gegen Menschenverachtung und Diskriminierung. Zahlreiche Beispiele der Vergangenheit zeigen, wie erfolgreich Menschen ein Zeichen gegen Rechts setzen können, indem sie gemeinsam zivilen Ungehorsam leisten. Das Bündnis wird sich auch in Zukunft ganz im Sinne dieser Tradition menschenverachtender Ideologie in den Weg stellen.

Von Frederik Schindler
FS: Wie kam es zur Gründung der Frauen*Mädchen*Trans*-Gruppe, seit wann existiert ihr und wieviele Menschen organisieren sich ungefähr in eurem Zusammenschluss?
FMT*BBG: Unsere Gruppe wurde Anfang 2014 gegründet. Wir haben ja eine relativ überschaubare und familiäre Kurve in Babelsberg. Wir Frauen* haben da ähnliche Erfahrungen gemacht – und nicht nur gute, was natürlich verbindet. Um unsere Kräfte zu bündeln, haben wir uns zusammengeschlossen, momentan sind 7 Frauen* in der Gruppe aktiv.
Zum Frauen*kampftag 2014 habt ihr das Karl-Liebknecht-Stadion symbolisch in Rosa-Luxemburg-Stadion umbenannt, erstmals eure Zaunfahne präsentiert und einen Flyer gegen Sexismus und Mackertum in der Kurve verteilt. Wie waren die Reaktionen darauf?
Die Rückmeldungen waren durchweg positiv. Dazu muss allerdings gesagt werden, dass wir eine sehr politische Kurve sind und klar antisexistisch, antihomophob und antirassistisch ausgerichtet sind. Deshalb haben wir keinen massiven Widerstand erwartet, allerdings repräsentiert die Nordkurve Babelsberg auch nicht die Norm der deutschen Ultrakultur. In anderen Kurven wären solche Aktionen leider undenkbar. Wir haben von anderen Gruppen und auch vom Fanprojekt Respekt und Anerkennung bekommen. Allerdings findet auch nicht überall eine Selbstreflexion statt, gerade was das Thema Mackertum angeht. Auch unsere Kurve ist nicht frei von Sexismus und Rassismus, auch hier gibt es sexistische Beleidigungen. Und auch das Verhalten einiger Fans auf Auswärtsfahrten ist problematisch, da werden Frauen* oftmals nicht richtig ernstgenommen.
Es gibt in deutschen Fanszenen nur wenige Frauen in Ultragruppen und noch weniger Frauen-Ultragruppen — ihr seid sogar die einzige, die unabhängig von einer offenen Gruppe agiert. Woran liegt das? Was sind in Bezug auf Sexismus die größten Probleme in der Ultraszene?
Weiblich gelesene Menschen in der Fanszene müssen sich immer wieder erklären, beweisen und profilieren. Wer da aus der Masse heraussticht – und das machen Frauen* im Männerfußball automatisch – muss auch auf bestimmte Reaktionen gefasst sein, das möchte nicht jede. Gerade, wenn man dann noch Sexismus anprangert, wird man oft belächelt oder stumm gemacht. Viel zu oft gelten Frauen* im Stadion noch als “die Freundin von…”. Was es zudem gibt, ist eine Konkurrenzsituation zwischen aktiven Frauen*, was ein solidarisches Miteinander erschwert. Das ist schade, denn wir profitieren vom Frauen*schutzraum, in dem der auf Frauen* ausgeübte Druck abgebaut werden kann. Leider ist dieses Empowerment nicht in allen Kurven erwünscht. Wir versuchen außerdem, Heteronormativität und Zweigeschlechtlichkeit zu hinterfragen und auch zu thematisieren, dass die Situation von Menschen, die von Rassismus oder Transphobie betroffen sind, noch schwieriger ist.
Gibt es denn auch eine Vernetzung mit anderen Gruppen?
Auf persönlicher Ebene gibt es Kontakte zu Frauen* aus Jena, Bremen und St. Pauli. Diese Vernetzung würden wir gerne noch ausweiten und haben deshalb im letzten Jahr am Workshop-Wochenende der Initiative F_in Frauen im Fußball in Neuharlingersiel teilgenommen.
Im Juni seid ihr für das nächste, mittlerweile 11. F_in-Treffen verantwortlich. Worum geht es und an wen richtet sich die Einladung?
Es ist ein Netzwerktreffen für Frauen* aus der aktiven Fanszene im deutschsprachigen Raum. Das erste Mal wird es von einer eigenen Frauen*gruppe organisiert, in Zusammenarbeit mit dem Fanprojekt Babelsberg, das mit Tine Stern als Mitarbeiterin eine tolle und engagierte Arbeit leistet. Im Vordergrund steht der Austausch von Erfahrungen, es wird auch Workshops zum Thema Selbstermächtigungsstrategien und Empowerment geben, außerdem referiert Magda Albrecht zum Thema Körpernormierungen. Wir treffen uns vom 19. bis zum 21. Juni in Babelsberg, ein paar freie Plätze gibt es noch!
Mehr im Netz:
“Einfach nur Ultra unter Ultras sein – das wär was!” – Fussball-gegen-Nazis.de über den Ausschluss von Frauen in der Fankultur
Frauen* in die Kurve – alles andere ist Quark! 11. F_in Vernetzungstreffen in Potsdam, 19.–21.6.2015
Arte Tracks über weibliche Ultras – siebenminütiger Fernsehbeitrag
DIE WELT fragt sich: Wie schwer haben es Frauen in der Ultra-Szene?
Längerer Beitrag von Nicole Selmer über weibliche Fans im Männerfußball
New Girls in the Block – Frauen in der Ultraszene. Ausführlicher Beitrag von Heidi Thaler
Der Dritte Weg – Aufbau Ost
Seit einiger Zeit forciert die neonazistische Splitterpartei „Der III. Weg“ einen Ausbau ihrer Aktivitäten in der Ostzone. Dabei schreckt sie nicht vor der Abwerbung von NPD-Mandatsträgern zurück und konzentriert sich besonders auf die Orte, in denen die NPD in der Vergangenheit versagte. Ein Blick auf die Entwicklung in Berlin und Brandenburg.
Der Dritte Weg – ein Exportschlager?

Der Dritte Weg ist besonders interessant für Strukturen, die mit Verboten belegt sind oder werden, da das Parteiengesetz als Schutz verstanden wird. Ziel ist jedoch nicht, wie bei der NPD, der Kampf um die Parlamente. Neben dem „antritt zu Wahlen und dem politischen Kampf auf der Straße liegt das Hauptaugenmerk der Partei vor allem im Bereich des kulturellen Kampfes und im Kampf um die Gemeinschaft.“ Dabei setzt die Partei auf „Elitenbildung“. So wird man ohne Probleme Fördermitglied und somit passives Mitglied, doch um in den Kreis der Elitekämpfer „für Volk und Heimat“ werden, braucht es eine Schulung an deren Ende man in einer Ehrung Vollmitglied wird.
Der Dritte Weg in Brandenburg

Nach dem Zuzug des FNS-Kaders Mathias Fischer aus dem Frankenland in die brandenburgische Uckermark begannen nun auch in der „Mark Brandenburg“ die Aktivitäten des III.Weg. Angefangen mit Flugblattaktionen und internen Stammtischen folgten schnell Kundgebungen in Brandenburg/Havel, Eisenhüttenstadt und zuletzt Wittstock, bei denen die neue Partei eine maßgebliche Rolle spielte. Dabei sind es nicht nur zugezogene Neonazis, sondern auch gestandene Aktivisten, die in die Partei drücken. Nach außen hin war es vor allem Maik Eminger, Bruder des mutmaßlichen NSU-Helfers André, der die Partei in den ersten Wochen vor Ort vertreten hat. Er meldete beispielsweise die Kundgebung in Eisenhüttenstadt an und wurde als Redner für die Partei angekündigt. In Wittstock trat neben ihm der Belziger Pascal Stolle als Redner auf. Stolle war bis vor kurzem noch für die NPD Mandatsträger in der Stadtverordnetenversammlung von Bad Belzig. In seinem Facebook-Profil gab er zu seinem Wechsel an, niemals Mitglied in der NPD gewesen zu sein und nun, „nach langem Überlegen und Gesprächen“, entschieden zu haben, in die Splitterpartei eintreten zu wollen. Positiv kommentierte dies Sascha Lücke, Neonazi aus Brandenburg/Havel und verurteilter Totschläger. Kurze Zeit später berichtet die Partei von „Anwerbeversuchen durch den Verfassungsschutz“ in der Havelstadt. Ob damit Lücke gemeint ist, ist unbekannt, aber naheliegend, wenn man bedenkt, wie gern sich der Verfassungsschutz gerade an straffällig gewordenen Neonazis bedient.
Im Zuge der Mobilisierung zu einem Neonaziaufmarsch in Wittstock sind auch hier Aktivitäten des III.Weges auffällig geworden. Die Prignitz war seit der NPD-Spaltung im Jahr 2004 ein blinder Fleck für rechte Parteien. Die Freien Kräfte entwickelten sich als Hauptorganisation und bis auf ein, zwei Einzelpersonen konnte die NPD kaum Erfolge vermelden. Wohlwollend reagierten in sozialen Netzwerken Aktivisten der Region auf die Aktivitäten der Partei vor Ort. Neben der Beteiligung am Aufmarsch und dem Aufstellen von gleich drei der fünf Redner fanden auch Flugblattverteilungen in einigen Gemeinden der Region statt. Am Aufmarsch selbst nahmen mehrere Neonazis teil, teilweise extra aus Bayern angereist.
Im Anschluss an die Demonstration sollen sich einige Neonazis, darunter einige Auswärtige, zu einem „Liederabend“ in einer ehemaligen Gaststätte in einem Nachbardorf getroffen haben. Die Veranstaltung wurde durch die Polizei beendet. Es ist nicht bekannt, ob die Veranstaltung in Verbindung mit den Aktivitäten des „Dritten Weg“ oder mit einer Werbeveranstaltung zum „Tag der deutschen Zukunft“ am 06.06.2015 in Neuruppin, steht.
Der Dritte Weg goes Reichshauptstadt

Der Stützpunkt Berlin ist auf der Partei-Webpräsenz als offizieller Stützpunkt gelistet, obwohl er bisher keine Aktivitäten entfaltete. Anders beim Brandenburger Stützpunkt – er ist nicht offiziell, dafür jedoch durchaus öffentlichkeitswirksam aktiv.
Zunächst bedanken wir uns bei allen Antifaschist*innen, die uns am vergangenen Samstag in Wittstock/Dosse unterstützt haben, ein notwendiges Zeichen gegen Rassismus und neonazistische Hegemonialbestrebungen in der Region zu setzen. Für die wenigen Menschen, die hier aktiv für eine Zivilgesellschaft eintreten, Geflüchtete unterstützen oder einfach nur die neonazistischen und rassistischen Umtriebe nicht hinnehmen wollen, war dies ein wichtiges Signal der Solidarität.
Trotzdem wollen wir die Ereignisse des Tages nüchtern betrachten. Nahezu ohne Widerstand konnten die knapp 200 Neonazis und Rassist*innen durch die Dossestadt marschieren. Der Aufmarsch war ein Schaulaufen von neonazistischen Organisationen von „Freien Kräften“, über NPD bis zum „III. Weg“ und strotzte nur so vor aggressiver Stimmungsmache und Hetze gegen Geflüchtete und politische Gegner*innen. Auch die „Freien Kräfte Neuruppin/Osthavelland“ waren vor Ort und warben für den „Tag der Deutschen Zukunft“ (TDDZ) am 06. Juni 2015 in Neuruppin.
Gänzlich unwidersprochen wurde der Aufmarsch in Wittstock aber auch nicht abgehalten. Nahezu 100 Antifaschist*innen sammelten sich im Friedrich-Ebert-Park und störten den Neonaziaufmarsch auf dem Hin- und Rückweg. Ebenso wurde die Zwischenkundgebung der Neonazis am Marktplatz lautstark ausgepfiffen. Mehr war an diesem Tag allerdings nicht möglich. Jegliche Versuche auf die Route des Aufmarsches zu gelangen und die Neonazis zum Stillstand oder gar zu Umkehr zu zwingen wurde durch die Brandenburger BFE schnell im Keim erstickt. Nach Angaben von Inforiot kam es auf den Marktplatz zu einem Pfeffersprayeinsatz. Laut Angaben der Polizeidirektion Nord waren 300 Beamt*innen im Einsatz um die Durchführung des Aufzuges zu sichern.
In den letzten Monaten vermehrt sich zudem der Eindruck, dass sich bei der Brandenburger Polizei ein Strategiewechsel vollzogen hat. Bei den Aufmärschen in Frankfurt (Oder), am 17. Januar 2015, und in Cottbus, am 15. Februar 2015, zeigte sich, dass die Brandenburger Polizei, mit Unterstützung anderer Einheiten, zunehmend gewillt ist, antifaschistischen Protest schnellstmöglich im Keim zu ersticken. Dabei schreckt sie, wie beispielsweise in Cottbus, auch vor dem Einsatz vom Gewalt nicht zurück. Dieser Kurswechsel hängt möglicherweise mit der Umbesetzung des Brandenburger Innenministeriums in der neuen Legislaturperiode zusammen. Der neue Innenminister Karl Heinz Schröter alias „Genosse Granit“ gehört nämlich zum konservativen Flügel der SPD und ist als politischer Hardliner berüchtigt. Im Landkreis Oberhavel war er zuvor einer der letzten Landräte Brandenburgs, der trotz öffentlichen Drucks und Parteirüge eisern am umstrittenen Gutscheinsystem für Flüchtlinge festhielt. Andererseits geriet das Brandenburger Innenministerium im vergangenen Jahr durch ein Urteil des Verwaltungsgerichtes Potsdam aber auch selber unter Beschuss. Am 27. Mai 2014 hatte das Gericht nämlich eine Klage der NPD für Recht erkannt, demnach die Polizei zur Durchsetzung eines neonazistischen Aufmarsches am 15. September 2012 in Potsdam sich nicht genügend bemühte, die dortigen Menschenblockaden, die den Aufzug so verhinderten, zu räumen. [5.]
Um uns allen, im Hinblick auf den TDDZ, Szenarien wie in Cottbus oder Frankfurt (Oder) zu ersparen, laden wir am 6. Juni 2015 alle interessierten Menschen nach Neuruppin ein, um den dort geplanten neonazistischen Großaufmarsch zu verhindern.
Erscheint bitte zahlreich und bringt Eure Freund*innen mit!
Presseberichte:
[1] https://inforiot.de/erneut-200-bei-neonaziaufmarsch-in-wittstockdosse/
[2] https://presseservicern.wordpress.com/2015/03/29/wittstockdosse-polizei-setzt-aufzug-von-neonazis-durch/
[3] http://www.moz.de/details/dg/0/1/1379480/
[4] http://www.maz-online.de/Lokales/Ostprignitz-Ruppin/Wittstock-Buntes-Zeichen-gegen-Rechtsextreme
[5.] http://openjur.de/u/728552.html
Bilder:
[1] https://www.flickr.com/photos/rassloff/sets/72157651199741320/
[2] https://www.flickr.com/photos/presseservice_rathenow/sets/72157651210280118/
[3] https://www.flickr.com/photos/neysommerfeld/sets/72157651613698291/
Babelsberg traf auf den BFC Dynamo

Zum Spiel
Das 200. Spiel von Julian Prochnow im Babelsberger Dress endete für ihn kurios nach nicht einmal einer Stunde. Binnen zwei Minuten holte er sich via Foul- und Handspiel erst die Gelbe und dann die Gelb-Rote Karte ab. Bis dahin war es ein Spiel, in dem beide Mannschaften aus ihren vorhandenen Chancen nichts herausholten. Auch anschließend war es weitestgehend ausgeglichen, Babelsberg hatte ein wenig mehr Spielanteile und drückte, während der BFC sich auf Konter konzentrierte, diese aber nicht sauber durchführte. Ein gerechtes 0:0 vor 3 800 Zuschauern. Beide Teams versacken also weiterhin im Mittelfeld und die Nulldreier müssten weiter auf ihren ersten Dreier im laufenden Kalenderjahr warten. Auf den Rängen blieb es verhältnismäßig ruhig. Die BFC-Fans präsentierten ein Plakat von „Blau Weiß Bunt“, vermutlich ein Werbebanner des SV Babelsberg 03. Außerdem zündeten die Berliner Gäste wenig Rauch und Raketen. Durch das Feuerwerk kam es zu einer einminütigen Spielunterbrechung.
Neonazis im BFC-Block
Bereits im Vorfeld der Partie waren gemäßigte BFC-Anhänger genervt. Sie wussten, dass Neonazis auftauchen werden. Dennoch waren es weniger organisierte Neonazis als noch beim Hinspiel in Berlin. Aktivisten des „Nationalen Widerstand Berlin“ (NW Berlin), ein NPD-Anmelder der rassistischen „Anwohner“-Proteste von Hohenschönhausen, Potsdamer Freie Kräfte und der NPD-Kreisvorsitzende von Havel-Nuthe, Michel Müller, fanden den Weg ins Stadion. Andere Neonazis, die beim Spiel erwartet wurden, fuhren lieber zu zeitgleich stattfindenden Aufmärschen in Wittstock und Dortmund. Rechte Parolen waren deshalb kaum zu vernehmen. Ein Hitlergruß, ein kleines einzelnes „Arbeit macht frei – Babelsberg 03“ sowie „Huren SVB“, wobei einige meinen, „Juden SVB“ gehört zu haben, waren im Gästeblock zu vernehmen. Der Kern des Auswärtsblocks konzentrierte sich jedoch, angepeitscht durch zwei Vorsänger, auf die Unterstützung ihres Teams.
Außerhalb des Stadions
Die Polizei stufte das Spiel als Gefährdungsspiel ein, die Trennung der beiden Fanlager ist bei einem solchen essenziell. Doch bereits vor dem Spiel hätte es zu Auseinandersetzungen kommen können. Eine größere Gruppe von BFC-Hooligans konnten ungehindert am Fanladen der Babelsberger-Fanszene vorbeimarschieren, nur im letzten Moment konnten eilig herbeigefahrene Polizeibeamte eine Auseinandersetzung verhindern. Auch nach dem Spiel erfolgte erneut eine Fantrennung, die spätestens am Rathaus Babelsberg endete: Auf der Treppe des S‑Bahnhofs Babelsberg kam es zu einem Handgemenge, bei dem ein Babelsberg-Fan eine 15 bis 20 Zentimeter lange Schnittwunde erlitt. Diese musste im Krankenhaus genäht werden. Unter den Angreifern sollen laut Auskunft der Opfer Personen aus dem Umfeld des NW Berlin gewesen sein. Im Zuge der Auseinandersetzung stürzten mehrere Personen, sowohl Fans der beiden Lager als auch Polizeikräfte. Die Babelsberg-Fans konnten sich aus dem Bahnhof retten, der Verletzte verließ den Bahnhof aufgestützt auf zwei Freunde. Die Erstversorger begutachteten die Wunde und gingen davon aus, dass ein solcher Schnitt nicht mit einer Flasche oder Scherbe zu verursachen sei. Festnahmen oder Dokumentationen durch die anwesenden BFE-Beamten erfolgten nach bisherigen Informationen nicht. Die Ärzte im Krankenhaus gaben an, dass die Wunde sowohl durch ein Messer, aber auch andere Gegenstände, wie Glasscherben zugeführt worden sein kann. Der Verletzte selbst weiß nicht, wie es zu dem Schnitt kam und konnte auch keinen Täter identifizieren. In dem Handgemenge kam auch er zu Fall. Die Situation war zu hektisch und unübersichtlich – so die Beschreibung. In ihrer Pressemitteilung zum Spiel geht die Polizei nicht auf die Situation ein. Sie verweist auf eine konsequente Fantrennung und Ermittlungen wegen Abbrennens von Pyrotechnik. Wenn man der Pressemeldung glaubt, gab es weder einen Angriff auf Beamte, noch auf Babelsberg-Fans, bei dem eine Person ins Krankenhaus kam. Ein Sprecher des Innenministeriums meldete dem „Neuen Deutschland“ 12 Festnahmen rund um das Spiel. Zudem wurde eine Anzeige wegen Körperverletzung gefertigt. Ob diese infolge der Schnittverletzung aufgegeben wurde, sei unklar, berichtete die Zeitung. Am kommenden Mittwoch wird das Sicherheitskonzept der Polizei erneut auf die Probe gestellt: Der Drittligist Energie Cottbus reist zum Pokal-Halbfinale in die Landeshauptstadt.
Getarnt als vermeintliche Bürger_innen gegen die derzeitige „Asylpolitik“ waren gestern 120 Neonazis durch die nordbrandenburgische Kleinstadt Wittstock/Dosse gezogen. Dabei glorifizierten sie den „Nationalen Sozialismus“ und riefen Parolen, die möglicherweise dem Straftatbestand der Volksverhetzung erfüllten. Ungefähr 300 Beamt_innen schützten, laut Pressemitteilung der Polizei, unter Beachtung des „verfassungsrechtlichen Gebot(es) der Neutralität“ die „Demonstrationsfreiheit“ der Neonazis. „Stör- und Blockadeversuche des Aufzuges“ seien verhindert und in diesem Zusammenhang Anzeigen wegen „Beleidigung“ und „Widerstand“ aufgenommen worden. Ebenfalls werde gegen Teilnehmer_innen des Aufzuges „gegen Asylpolitik“ ermittelt, so die Polizei weiter. Diese sollen gegen das „Versammlungsrecht“ verstoßen und sich uniformiert haben.
Symbolischer Protest
Mit vielfältigen Aktionen haben dutzende Menschen heute gegen den Aufzug der Neonazis protestiert.
In einem umgangssprachlich als Papageiensiedlung bezeichneten Viertel im Norden der Stadt, veranstaltete das Bündnis „Wittstock bekennt Farbe“ ein gemeinsames Straßenfest mit dort untergebrachten syrischen Flüchtlingen. Dazu waren diverse Stände aufgebaut worden.
Des Weiteren stand der jährliche Jugendkreuzweg der evangelischen Kirche, der durch die Stadt bis zur Papageiensiedlung führte, unter dem Zeichen des Protestes gegen Rassismus.
Zudem waren entlang der Route des Aufzuges „gegen Asylpolitik“ durch die historische Altstadt zahlreiche Plakate des Freien Gymnasiums Wittstock angebracht, auf denen sich für eine bunte Stadt mit kultureller Vielfalt ausgesprochen wurde. Weiterhin waren Transparente der Initiativen „Wittstock bekennt Farbe“ sowie „Neuruppin bleibt bunt“ und „Oranienburg ist anders, weltoffen, Bunt“ angebracht worden.
Zu direkten Aktionen gegen den „Neonaziaufmarsch“ hatte hingegen lediglich das Bündnis „NoTDDZ 2015“ unter dem Motto „kein Fußbreit den Nazis!“ aufgerufen. Diesem Aufruf offenbar folgend hatten sich ab 13.00 Uhr ungefähr 60 Menschen ebenfalls in der Nähe der Bahnhaltestelle, in einer Parkanlage versammelt. Kurz vor Beginn des Aufzuges „gegen Asylpolitik“ versuchten sie die Weite des Geländes zu nutzen, um auf die Bahnhofsstraße zu gelangen, scheiterten allerdings an den Polizeiketten. Ein weiterer Versuch auf die Route des Aufzuges der Neonazis zu kommen, scheiterte in der Kyritzer Straße. In der Altstadt soll die Polizei zudem Pfefferspray eingesetzt haben, um etwaige Blockaden zu verhindern. So blieb den Gegner_innen des Aufzuges „gegen Asylpolitik“ nur der symbolische Protest am Rande. Dabei wurden u.a. Transparente, die sich solidarisch mit Flüchtlingen zeigten und zu Protesten gegen den „Tag der deutschen Zukunft (TDDZ)“ in Neuruppin aufriefen sowie eine Antifa-Fahne gezeigt. Die Abschlusskundgebung des Aufzuges „gegen Asylpolitik“ wurde lautstark ausgepfiffen.
Neonazis marschierten ansonsten störungsfrei
Der Aufzug „gegen Asylpolitik“ bewegte sich gestern ausschließlich im Süden der Stadt und im Zentrum. Es war die mittlerweile dritte derartige Versammlung in Wittstock/Dosse. Am 6. Dezember 2014 fand eine erste Demonstration mit 150 Teilnehmer_innen statt, eine zweite folgte mit ungefähr 20 teilnehmenden Personen am 31. Januar 2015.
Startpunkt der gestrigen Versammlung war wieder der Bereich vor der Bahnhaltestelle Wittstock/Dosse. Dort sammelten sich bis 14.30 Uhr ungefähr 120 Neonazis. Bürger_innen waren hingegen, anders als beim Aufmarsch am 6. Dezember 2014, kaum noch beteiligt. Der Aufzug gab sich in Stil und Ausdruck klar als neonazistischer Aufmarsch zu erkennen. Dazu waren etliche Neonazis aus Brandenburg, Berlin, Mecklenburg-Vorpommern, Sachsen-Anhalt und Thüringen angereist. Diese wurden unter anderem durch Aufrufe in einschlägigen Socialmedia-Seiten zur Teilnahme aufgefordert. Unter anderem bewarben die „Aktionsgruppe Nord-Ost“, „Ein Licht für Deutschland gegen Überfremdung“, die „NPD Prignitz-Ruppin“, „NPD Potsdam-Mittelmark“ sowie eine Socialmedia-Gruppe, hinter der sich mutmaßlich die „Nationale Sozialisten Wittstock/Dosse“ verbergen, die Veranstaltung.
Nach der Verlesung der Auflagen durch den mutmaßlichen Versammlungsleiter startete der Aufzug dann Richtung Bahnhofstraße, überquerte den Bahnübergang in der Kyritzer Straße und zog dann unter dem skandieren von Parolen, wie „Frei, Sozial, National“ und „Nationaler Sozialismus jetzt“ bis in ein umgangssprachlich als Polthiersiedlung bezeichnetes Viertel im Süden der Stadt, in dem viele Neonazis wohnen. Hier gab es dann, in der Polthierstraße Ecke Steinstraße, die erste Zwischenkundgebung. Bei dieser forderte Pascal Stolle, ehemaliger Stadtverordnete für die NPD in Bad Belzig (Landkreis Potsdam-Mittelmark) und jetziger Aktivist der Partei des „dritten Weges“, als erster Redner einen „sofortigen Stopp, der Übersäung“ seiner „Heimat mit Asylantenheimen“ sowie „einen sofortigen Stopp von Asylanten in Deutschland“.
Auch Marvin Koch von den „Freien Kräften Neuruppin /Osthavelland“ knüpfte an die Flüchtlingsthematik an und versuchte Asylsuchende pauschal als kriminell darzustellen. Des Weiteren versuchte er Ängste zu schüren, demnach durch die Aufnahme von Flüchtlingen sein „Volk systematisch ausgerottet würde“. Koch könne es diesbezüglich „nicht mit seinem Gewissen“ vereinbaren, seine „Kinder in so eine marode Welt zu setzen, ohne probiert zu haben an diesen Zuständen etwas zu verändern“. In diesem Sinne warb er auch für die Teilnahme an der „Abschlussdemonstration“ zum „Tag der Deutschen Zukunft in Neuruppin“ und endete mit den Worten „Nationaler Sozialismus oder Untergang“.
Anschließend zog der Aufzug mit Parolen wie „Kriminelle Ausländer raus – und der Rest auch“ oder „Deutschland den Deutschen – Ausländer raus“ weiter in Richtung Altstadt. Da letzt genannter Slogan möglicherweise den Straftatbestand der Volksverhetzung erfüllt, kündigte die Pressesprecherin der Polizei eine strafrechtliche Prüfung des Sachverhaltes an. Vor Ort unterbunden wurden derartige Parolen jedoch nicht.
In der Altstadt, genauer gesagt hinter dem Rathaus, fand dann die Abschlusskundgebung des Aufzuges „gegen Asylpolitik“ statt.
Hier ergriff dann Maik Eminger, mutmaßlicher Kopf der „freien Kräfte“ in Potsdam-Mittelmark das Wort und knüpfte an die Reden seiner Vorredner während der Zwischenkundgebung an. „Ein friedliches Zusammenleben verschiedenartiger Rassen und Völker“ könne er sich nicht vorstellen und forderte deshalb „das Ende dieser Überfremdung“ sowie „das Ende der herrschenden Asylpolitik“. Seinen Redebeitrag beendete Eminger in Interaktion mit den anderen Teilnehmer_innen des Aufzuges. Er skandierte „Nationaler Sozialismus“ und die anderen Versammlungsteilnehmer_innen ergänzten mit „jetzt“.
Anschließend übernahm Matthias Fischer, bis zu dessen Verbot langjähriger Aktivist des „Freien Netzes Süd“ in Bayern und heutiger Parteigänger des „dritten Weg“ im Land Brandenburg das Mikrofon. Auch er schürte, anknüpfend an seine Vorredner, „Überfremdungsängste“ und forderte das noch „viel mehr“ dagegen auf die „Straße“ gehen müssten. „Noch“ könnte „die „Heimat“ gerettet werden, so Fischer.
Danach wurde der Aufzug durch die Kettenstraße zur Bahnhaltestelle zurückgeführt und nach dem Abspielen der deutschen Nationalhymne, in allen drei Strophen, für beendet erklärt.
Flüchtlinge in Wittstock
In der Stadt Wittstock/Dosse wurden im letzten Jahr mehrere geflüchtete Familien aus Syrien aufgenommen. Nach einem kurzen Aufenthalt in einem temporär als Gemeinschaftsunterkunft genutztem Gebäude, wurden diese in Wohnungen in der so genannten Papageiensiedlung untergebracht.
Die Unterbringung in der Stadt wurde von einem Großteil der Bürger_innen während einer Versammlung der Stadt begrüßt. Lediglich das im Ort äußerst aktive neonazistische Milieu sprach sich, offensichtlich aus rassistischer Motivation, dagegen aus und führte diesbezüglich mehrere Veranstaltungen durch. Derlei Aktivitäten setzen sich anscheinend nun auch 2015 fort, nach dem die Stadt, ebenfalls nach Zuspruch durch die Bevölkerung, weitere Flüchtlinge aufnahm.
Fotos: hier