Kategorien
Bildung & Kultur

Verschwende deine Jugend!

Es ist mor­gens Vier­tel nach sechs und der Weck­er klin­gelt. Mit noch verklebten Augen kriecht man aus der kusche­li­gen Schlum­mer­höh­le, um sich dann tagein, tagaus in das­selbe, fast schon gefäng­nisähn­liche Schul­ge­bäude zu schlep­pen, in dem man von noch müderen Schüler_innen und frus­tri­erten Lehrer_innen erwartet wird. In der ersten Stunde heißt es dann gle­ich: Ger­ade sitzen, artig sein und fleißig mitar­beit­en, damit das Arbeits- und Sozialver­hal­ten, sprich die Kopfnoten1, die später auf der ersten Seite des Zeug­niss­es zu sehen sind, nicht schlecht aus­fall­en. In der näch­sten Stunde gibt es dann den Math­etest zurück und es ist wieder nur eine Vier. Das bedeutet nicht nur jede Menge Ärg­er zu Hause mit den Eltern, son­dern vor allem auch noch mehr Nach­hil­fe am Nach­mit­tag – sofern man sich diese über­haupt leis­ten kann. Und das obwohl die wenige Freizeit, die neben der Schule und Hausauf­gaben am Nach­mit­tag noch bleibt, sowieso schon zukun­ft­sori­en­tiert durchge­plant sein soll: Das heißt Sport im Ver­band, um soziale Fähigkeit­en auszu­bilden und fit zu bleiben, ein Aus­land­s­jahr für bessere Fremd­sprachenken­nt­nisse, frei­willige Hil­fe bei der Organ­i­sa­tion von Schulfesten und selb­st in den Ferien soll man am besten noch ein Prak­tikum machen, um sich schon mal in ver­schiede­nen Berufen auszupro­bieren. Tja. Chillen vorm Fernse­her is nich mehr.

Strenge Lehrpläne, Kopfnoten, blöde Lehrin­halte und autoritäre Lehrer_innen gibt es natür­lich nicht zufäl­lig. Schule ist ein Ort, der nicht los gelöst von der Gesellschaft funk­tion­iert. Die Gesellschaft ist geprägt von Herrschaftsver­hält­nis­sen wie Ras­sis­mus, Kap­i­tal­is­mus und Sex­is­mus. Und deshalb find­en sich diese auch in der Schule wieder. So wird zum Beispiel vom Staat wird bes­timmt was, wie und wo wir ler­nen. Schule soll nur schein­bar in erster Lin­ie Wis­sen ver­mit­teln, in Wirk­lichkeit aber geht es vor allem darum, die Schüler_innen auf das gut vorzu­bere­it­en, was sie später bis zur Rente erwarten wird: die Lohnar­beit und der Kampf auf dem Arbeitsmarkt.

Das beste Beispiel dafür ist die Bew­er­tung (auswendig) gel­ern­ten Wis­sens durch die Noten von 1–6. Die Idee indi­vidu­elles Kön­nen und qual­i­ta­tive Inhalte durch Zahlen zu beschreiben, ist an und für sich schon ziem­lich bescheuert. Tests, Klasse­nar­beit­en und Klausuren wer­den nicht geschrieben, um zu über­prüfen, wie viel man bere­its ver­standen hat, son­dern um Unter­schiede zwis­chen den Schüler_innen herzustellen. Wenn zum Beispiel ein The­ma in der Klasse beson­ders gut ver­standen wurde und in der Klausur alle nur Ein­sen, Zweien und Dreien schreiben, kann die Lehrkraft eventuell damit rech­nen, von der Bezirksver­wal­tung wegen zu guten Ergeb­nis­sen (ander­sherum geht es natür­lich auch) ermah­nt zu wer­den. Noten bes­tim­men ob man das näch­ste Schul­jahr oder sog­ar das Abitur schafft, ob man auf eine Uni­ver­sität kommt und wer später wie viel arbeit­en muss, um davon gut oder weniger gut leben zu kön­nen. Schule legt also die Grund­struk­tur für den eige­nen sozialen Auf- oder Abstieg fest.

Außer­dem fördert Schule die Anpas­sung von Men­schen an Forderun­gen von außen: durch den steten Druck von Zen­suren, Prü­fun­gen und Aus­sortierung­sprodze­duren, das pas­sive Ler­nen, schlechte Arbeits­be­din­gun­gen (wie Schul­büch­er von 1990), das erzwun­gene Ler­nen von teil­weise dubiosen Din­gen (wen küm­mert es schon im realen Leben was die Vorgänge der Mi-und Meiose sind?), die Repres­sion der Lehrer_innen und Eltern etc. All das führt dazu, dass Leute Sachen nicht in Frage stellen und sich ein­schränken. Unser Selb­st­be­wusst­sein wird Stück für Stück kleingemacht. Gle­ichzeit­ig sollen Schüler_innen aber auch „erwach­sen“ han­deln, da die Zukun­ft ja eigen­ver­ant­wortlich bes­timmt würde. Dieses erwach­sene Han­deln drückt sich dann schlichtweg in Ver­hal­tensweisen aus, die im Kap­i­tal­is­mus wichtig sind: Konkur­ren­zfähigkeit, Belast­barkeit, Ehrgeiz. Zukün­ftige Arbeit­steilun­gen wer­den hier hergestellt und ver­fes­tigt. Schule ori­en­tiert sich also im Kap­i­tal­is­mus zwangsläu­fig an den Bedin­gun­gen kap­i­tal­is­tis­ch­er Pro­duk­tion­sweisen und nicht an den Bedürfnis­sen der Men­schen. Aus diesem Grund ist Schulkri­tik auch immer Kapitalismuskritik.

Aber auch, was Geschlechter­ver­hält­nisse bet­rifft, sieht es in der Schule ganz schön duster aus. Kinder und Jugendliche wer­den in Mäd­chen und Jun­gen eingeteilt und als solche in der Schule unter­schiedlich behan­delt. Von Mäd­chen wird angenom­men, sie seien fleißig, streb­sam und ordentlich. Jun­gen hinge­gen wer­den oft eher als faul und unaufmerk­sam, aber fähig ange­se­hen. Wenn sie schlechte Noten bekom­men sind sie eben ein­fach nur faul gewe­sen, bei Mäd­chen liegt es aber am fehlen­den Kön­nen. Im Unter­richt bekom­men Jun­gen generell mehr Aufmerk­samkeit durch Lob und Tadel als Mäd­chen. Dies führt oft dazu, dass Mäd­chen meist weniger selb­st­be­wusst und stolz auf ihre Leis­tun­gen sind, weil sie häu­fig kein bis wenig Feed­back bekommen.

Außer­dem wer­den schon in der Schule kün­ftige Macht­struk­turen vorgelebt: Je höher die beru­fliche Posi­tion im Schul­be­trieb, desto weniger Frauen üben sie aus. So sind in der Grund­schule die meis­ten Lehren­den weib­lich, die Schulleitun­gen sind in den aller­meis­ten Fällen von Män­nern besetzt.

Auch beim The­ma Sprache wer­den Mäd­chen und Frauen in der Schule ver­nach­läs­sigt. Die Rede ist immer nur von „den Schülern“ und „der Schülervertre­tung“. Aus Bequem­lichkeit oder oft auch ganz bewusst, wird also kon­se­quent eine Hälfte der Schüler_innen nicht ange­sprochen. Bei einem Blick in ver­schiedene Schul­büch­er find­et man in vie­len immer noch uralte stereo­type Geschlechter­bilder präsen­tiert. In ihnen wer­den männliche Indi­viduen als Hand­lungsträger dargestellt. Frauen ver­weilen meist nur an deren Seite und sind für den Haushalt, die Kinder und die Gefüh­le zuständig. Von Lehrkräften wird dies nur sel­ten thematisiert.

Das­selbe lässt sich auch in Bezug auf Anti­semitismus in Schul­büch­ern sagen. In dem von ver­schiede­nen Schul­be­hör­den emp­fohle­nen Geschichts­buch „Anno“ aus dem West­er­mann Ver­lag von 1997 wird ohne jegliche Aufk­lärung über Ursachen und geschichtliche Zusam­men­hänge behauptet: „Eine Son­der­rolle spiel­ten die Juden in den mit­te­lal­ter­lichen Städten“, weil sie „hohe Zin­sen“ nah­men: „Für viele Chris­ten waren ihre Schulden bei den Juden erdrück­end. Der Reich­tum weck­te Neid und Haß.“

Die vie­len Progrome an Jüdin­nen und Juden im Spät­mit­te­lal­ter find­en entwed­er über­haupt gar keine Erwäh­nung, oder es wird in diesem Zusam­men­hang von Auswan­derung und Vertrei­bung gesprochen, was nicht nur schlichtweg falsch, son­dern vor allem extrem rel­a­tivierend ist. Auch wis­sen die wenig­sten Schüler_innen, dass Mar­tin Luther anti­semi­tis­che Ver­fol­gun­gen befür­wortete, ja sog­ar forderte. Das liegt wahrschein­lich daran, dass neben dem Kinoaus­flug zu „Luther“ und der Exkur­sion nach Wit­ten­berg ein­fach keine Zeit mehr blieb, ein­mal über Luthers Pam­phlet „Von Juden und ihren Lügen“ (1543) zu sprechen. In diesem ruft er näm­lich zur Ver­bren­nung von Büch­ern und Syn­a­gogen und zur Ver­sklavung der jüdis­chen Bevölkerung auf.

Dies sind nur einige wenige Gründe, warum wir der Mei­n­ung sind, Schule in ihrer jet­zi­gen Form gehört abgeschafft! Bil­dungspoli­tik kann nicht unab­hängig von gesamt­ge­sellschaftlichen Prozessen betra­chtet wer­den. Daher heißt es für uns: Schulkri­tik ist und bleibt Gesellschaftskritik!

Doch wohin mit unser­er Kri­tik und wie damit arbeit­en? Wie kön­nen emanzi­pa­torische Inter­ven­tion­s­möglichkeit­en ausse­hen? Und wie kön­nen wir uns ganz konkret im All­t­ag gegen Ungerechtigkeit­en in Schule und Uni wehren?

Um Antworten auf diese und viele andere Fra­gen zu find­en, laden wir zum bil­dungskri­tis­chen Spek­takel ein. Es hat das Mot­to: „Ver­schwende deine Jugend!“ und find­et vom 7.–9. August auf dem Fusion-Gelände in Lärz bei Berlin statt. Wenn ihr Lust habt auf jede Menge Work­shops, span­nende Diskus­sio­nen und ne fette Par­ty, dann kommt zum Spektakel!

Mehr Infos, Pro­gramm und Anmel­dung zum Spek­takel unter: www.jdjl-brandenburg.de

Kategorien
Antifaschismus

DVU macht sich lächerlich!

Cot­tbus — Am Sam­stag den 25. Juli 2009 ver­anstal­tete die DVU eine Wahlkampf-Kundge­bung am Cot­tbuser Oberkirch­platz. Matthias Faust der Bun­desvor­sitzende der DVU trat als Ver­anstal­ter, zusam­men mit Chrs­t­ian Worch in Erschei­n­ung. Derzeit befind­et sich die DVU auf „Som­mer-Wahlkampf­tour 2009“ durch Bran­den­burg, wobei Cot­tbus die zweite Sta­tion von ins­ge­samt fünf Anlauf­punk­ten darstellte. Diese Öffentlichkeit­sar­beit ist seit 2002 der erste größere Ver­such sich wieder blick­en zu lassen. Als Red­ner­In­nen trat­en neben Faust die Land­tagsab­ge­ord­neten Markus Non­ninger und Bir­git Fech­n­er sowie Press­esprech­er Andreas Molau auf…

Derzeit ist nicht erkennbar welche Strate­gie die „Partei“ mit Alt­nazi Worch ver­fol­gt. Worch machte als Holo­caust Leugn­er und Vor­denker der Freien Kräfte und der Autonomen Nation­al­is­ten von sich reden. Die DVU dis­tanzierte sich in der jün­geren Ver­gan­gen­heit von rechtem Extrem­is­mus und ver­suchte sich sozial Schwachen als gemäßigte Rechte anzubiedern.

Trotz der Polit­promi­nenz von Worch scheit­erte die DVU mit ihrem Wahlkampf auch in der Lausitz kläglich. Zu keinem Zeit­punkt waren mehr als 20 Teil­nehmerIn­nen anwe­send. Diese waren von außer­halb, haupt­säch­lich aus Pots­dam, mit angereist. Die Cot­tbuser Nazis schenk­ten der DVU keine Aufmerksamkeit.

Die weni­gen Teil­nehmerIn­nen sind auf dem riesig abges­per­rten Gelände fast unterge­gan­gen. Die aus­gestellte Pro­pa­gan­da, wie Auf­steller und Trans­par­ente, waren auf­grund der Unzugänglichkeit des Gelän­des kaum sicht­bar. Trotz ein­er Fly­erverteilung seit­ens der DVU am Vortag, ging die Res­o­nanz der Cot­tbuser gegen Null.

Diese DVU-Kundge­bung war ein kläglich gescheit­ert­er Auftritt. Da stand eine Kle­in­gruppe von Per­so­n­en, die sich alle kan­nten, im Regen auf einem pink ver­schön­erten Platz und haben große Reden geschwun­gen, die kein­eR hören wollte. Schließlich musste die Ver­anstal­tung auf­grund der schein­baren Langeweile der Teil­nehmerIn­nen auch noch zwei Stun­den eher abge­brochen werden.

Same pro­ce­dure as every year“ — The Police 

Wie bere­its bei ver­gan­genen Ver­anstal­tun­gen glänzte der Cot­tbuser Ein­sat­zleit­er auch in diesem Fall mit real­itäts­fern­er Ein­satz­tak­tik. Schon am Abend zuvor wur­den Per­so­n­en schikaniert, mit der Begrün­dung im Voraus die DVU-Ver­anstal­tung ohne Kom­p­lika­tio­nen ablaufen zu lassen.

Sämtlich­er Protest am besagten Tag wurde von vorn­here­in ver­boten und bloße Anwe­sen­heit in Sichtweite zur DVU-Ver­anstal­tung wurde mit Platzver­weisen geah­n­det. Der vorge­se­hene Ver­anstal­tun­ng­sort war von Ham­burg­er Git­tern umstellt und von über­trieben vie­len Schlägerbullen/Zivis gesichert, die keine Men­schen ohne Per­son­al- und Gesin­nungskon­trolle in den Ver­samm­lungs­bere­ich ließen.

Zu ein­er Fes­t­nahme kam es bei dem Ver­such eines Antifaschis­ten, sich nach aus­ge­sproch­enen Platzver­weis in die Kirche zurückzuziehen.

Protest und Widerstand 

Die bürg­er­liche Gegen­ver­anstal­tung aus DGB, JuSos, GRÜNEN, Cot­tbuser Auf­bruch, Tol­er­antes Bran­den­burg usw. fand einige hun­dert Meter von der DVU Kundge­bung ent­fer­nt statt. Sie stand unter dem Mot­to „Pfunde gegen Rechts“. Bürg­erIn­nen kon­nten sich wiegen lassen um so zu zeigen, dass men­sch „schw­er­er wiegt“ als die Nazis. Lei­der wird nicht deut­lich was mit dieser Aktion erre­icht wer­den soll. Die Kreativ­ität des bürg­er­lichen Protestes (z.B. auch „Geis­ter­stadt“) lässt in Cot­tbus sehr zu wün­schen übrig. Allerd­ings ist Pos­i­tiv zu bemerken, das die Koop­er­a­tion zwis­chen Bürg­er­lichen und den regionalen Antifas in den meis­ten Fällen sehr gut funk­tion­iert. Der bürg­er­lichen Ansatz beschränk­te sich hier allerd­ings auf den Protest, in Form der besagten Gegenveranstaltung.

Gegen 14 Uhr wurde ver­sucht eine spon­tane Demon­stra­tion anzumelden, welche von der Polizei vor Ort jedoch unter­sagt blieb. Da jeglich­er Protest im Vor­feld nicht genehmigt war, haben sich ca. 50 anwe­sende AntifaschistIn­nen nicht ein­schüchtern lassen und eine unangemeldete Demon­stra­tion, mit Trans­par­enten und lauter Anteil­nahme, durch die Innen­stadt von Cot­tbus, durchge­führt und ihren Unmut gegenüber den faschis­tis­chen Zustän­den geäußert. Als Erfolg kann angerech­net wer­den, dass men­sch eine große Aufmerk­samkeit in der Stadt erzielte. Und schließlich wurde eini­gen Faschos, die meinen mit aufge­druck­ten Parolen wie „Sozial geht nur Nation­al“ auf ihren Shirts das öffentliche Bild bes­tim­men zu kön­nen, das Laufen im Schnellschritt beige­bracht. Ein­er war lei­der nicht schnell genug und musste sich mit ein paar Defor­ma­tio­nen am Kör­p­er abfinden.

Presse

Die regionale Presse, wie RBB und Lausitzer Rund­schau, legten ihren Fokus, neben schlecht recher­chierten Fak­ten, auf die bürg­er­liche Gegen­ver­anstal­tung. Dabei wurde fälschlicher­weise als Ver­anstal­ter immer wieder der „Cot­tbuser Auf­bruch“ her­vorge­hoben, welch­er allen­falls Teil­nehmer eines größeren Zusam­men­schlusses war. Außer­dem trat­en beim RBB Bil­dun­ter­schriften auf, aus denen her­vorg­ing, dass es sich um einen Protest gegen die NPD und nicht gegen die DVU gehan­delt haben soll. Des Weit­eren wurde die lächer­liche Klein-Kundge­bung der DVU auch noch als „Auf­marsch“ beze­ich­net. Damit bekommt die DVU mehr Anerken­nung als sie es sowieso nicht ver­di­ent hat.

Während die Lausitzer Rund­schau den Antifaschis­tis­chen Wider­stand wenig­stens kurz erwäh­nte (Platzver­schönerung und Wandbe­malun­gen), wird dieser beim RBB kom­plett aus­ge­blendet. Der Lausitzer Rund­schau wird emp­fohlen ihre Kom­men­tar­funk­tion auf der Web-Seite zu ent­fer­nen, um den bürg­er­lichen Recht­en nicht noch mehr Diskus­sion­splat­tfor­men zu bieten.

Faz­it

Trotz­dem die DVU-Kundge­bung nicht ver­hin­dert wer­den kon­nte und von Seit­en des bürg­er­lichen Protestes dahinge­hend auch keine Inten­tio­nen vorhan­den waren, haben wir Antifaschis­ten laut­stark alles ver­sucht, um die Ver­anstal­tung zu stören.

In diesem Sinne: „Gegen Nazis und Recht­spop­ulis­ten in Cot­tbus und Über­all – Jet­zt ist Schluss mit Tralala — Bock auf Box­en Antifa!

Kategorien
(Anti)militarismus Antifaschismus Geschichte & Gedenken

Neonazis wollen wieder in Halbe marschieren

Halbe — Lange Zeit schien es, als hät­ten die Neon­azis den Sol­daten­fried­hof in Halbe (Dahme-Spree­wald) als Ort für ihre Aktiv­itäten aufgegeben. Doch wie die Berlin­er Mor­gen­post Online aus Sicher­heit­skreisen erfahren haben will, liegt nun erneut eine Anmel­dung vor. Das Mot­to des Neon­azi-Marsches: “Ruhm und Ehre den deutschen Frontsol­dat­en und den europäis­chen Freiwilligen”.

Nach Infor­ma­tio­nen der Mor­gen­post Online han­delt es sich bei dem Anmelder des diesjähri­gen Neon­azi-Auf­marsches um Lars J. aus Ros­tock. J. sei in der Szene kein Unbekan­nter, heißt es weit­er: Er sei lange Zeit ein­er der aktivsten Neon­azis in Nord­deutsch­land gewe­sen. Als Mit­glied der ver­bote­nen „Wik­ing Jugend“ sowie der „Frei­heitlichen Deutschen Arbeit­er­partei“ solle er über inter­na­tionale Kon­tak­te, bis hin zum Ku-Klux-Klan in den USA ver­fü­gen. Lars J. gelte zudem als Ini­tia­tor der ehe­ma­li­gen Kam­er­ad­schaft „Aktion­s­gruppe Fes­tungsstadt Ros­tock“ und hat­te in der Ver­gan­gen­heit mehrfach Aufmärsche in Halbe angemeldet.

Bis zu 400 Neon­azis erwartet 

Die Ver­anstal­tung wurde laut Mor­gen­post Online für Sonnabend, den 14. Novem­ber, um 12 Uhr angemeldet. Die Auf­tak­tkundge­bung soll an der Lin­den­straße, Höhe Haus­num­mer 47, Ecke Kirch­straße stat­tfind­en. Die Zwis­chenkundge­bung sei in Sichtweite zum Denkmal Wald­fried­hof in Halbe geplant. End­punkt des Auf­marsches solle wieder die Lin­den­straße sein. Der Ver­anstal­ter erwarte 200 bis 400 Teil­nehmer, schreibt die Morgenpost.

Im ver­gan­genen Jahr marschierten Neon­azis unter anderem in Berlin zu einem Heldenge­denken auf; ein Auf­marsch von Recht­sex­trem­is­ten aus Bran­den­burg und Sach­sen wurde zudem in Burg / Bran­den­burg aufgelöst. Wie die Polizei berichtete, hat­ten sich etwa 80 Neon­azis mit Fack­eln und Trans­par­enten offen­bar unangemeldet ver­sam­melt. Am Sol­daten­fried­hof Halbe blieb es 2008 erneut ruhig.

Neon­azi-Aufmärsche verboten 

Am größten deutschen Sol­daten­fried­hof in Halbe sind seit dem Jahr 2006 Neon­azi-Aufmärsche ver­boten. Der Bran­den­burg­er Land­tag hat­te dazu eine Änderung des Ver­samm­lungs­ge­set­zes ver­ab­schiedet, nach der Kundge­bun­gen, bei denen die Wehrma­cht oder andere NS-Organ­i­sa­tio­nen ver­her­rlicht wer­den sollen, auch an allen anderen Gräber­stät­ten in Bran­den­burg unter­sagt sind.

Kategorien
(Anti)militarismus

Bombodrom nein — wir feiern!

Bei den tra­di­tionellen Som­mer­ak­tion­sta­gen wird in diesem Jahr das Feiern deut­lich im Vorder­grund ste­hen. “Noch nie zuvor hat die Bun­deswehr einen solch zen­tralen Stan­dort aufgeben müssen, zum ersten Mal wur­den dem deutschen Mil­itär seine Son­der­rechte bei Pla­nungsver­fahren ver­weigert”, heißt es in einem Aufruf des “Bünd­nis Rosa Hei­de gegen Bom­bo­drom und Mil­i­taris­mus”. “Nach zwei erfol­gre­ichen Beset­zun­gen in den ver­gan­genen Jahren, haben wir jet­zt allen Grund das Ende des Bom­bo­droms zu feiern.”

Die gute Nachricht vom Verzicht der Bun­deswehr auf das Bom­bo­drom hat die Ver­anstal­ter bewogen, ihren ursprünglichen Plan zu ändern. “Ursprünglich soll­ten die Aktion­stage wie im ver­gan­genen Jahr auch als zivil­er Unge­hor­sam direkt auf dem Bom­bo­dromgelände stat­tfind­en,” so Uschi Volz-Walk. “Das Zusam­men­spiel von regionalem Protest, juris­tis­ch­er Auseinan­der­set­zung und Aktio­nen des zivilen Unge­hor­sams hat let­ztlich zum Erfolg geführt. Mit diesen Erfahrun­gen wollen wir auch andere Grup­pen stärken. Deshalb wer­den wir in diesem Jahr feiern, uns mit anderen über anti­mil­i­taris­tis­che Per­spek­tiv­en aus­tauschen und der Bun­deswehr beim Ein­pack­en helfen.”

Zum Fest haben sich zahlre­iche Musik­grup­pen ange­sagt: Für Fre­itag, den 14.8.: Para­neua (Ska aus Neu­rup­pin), YOK (Pock­et­punk an Ukulele und Quetsche), Rolan­do Ran­dom & The Young Soul Rebels (Ska/Punk/Reggae aus Berlin) sowie Lari and Fari (Indie/Pop/Alternativ aus Berlin). Am Sam­stag gibt es ein anti­mil­i­taris­tis­ches Fest und eine Tech­no-Par­ty mit DJ Eule.

Die Som­mer­ak­tion­stage sind seit 1995 regelmäßiger Bestandteil der Protestkul­tur für eine freie Hei­de. In den ver­gan­genen zwei Jahren organ­isierte das Rosa Bünd­nis in diesem Rah­men sym­bol­is­che Beset­zun­gen. Mit der Kam­pagne “Bomben nein — wir gehen rein!” hat­ten sich rund 2100 Men­schen verbindlich bere­it erk­lärt, im Ern­st­fall auf das Gelände zu gehen.

Das Camp find­et in diesem Jahr von Don­ner­stag, 13. August bis Son­ntag, 16. August auf der Bio­ranch in Zem­pow statt.

Weit­ere Infos zum Pro­gramm und Ort gibt es unter www.g8andwar.de

Kategorien
Antifaschismus

Mobilisierung gegen DVU Kundgebung

Am 25. Juli (Sam­stag) will die recht­sex­treme Partei Deutsche Volk­sunion (DVU) in Cot­tbus, am Oberkirch­platz, eine Wahlkampfkundge­bung durch­führen. Die Ver­anstal­tung der DVU find­et im Rah­men der Vor­bere­itung auf die Land­tagswahl, am 27.September, statt. Der Info­s­tand der DVU soll von 13.00 – 17.00 Uhr andauern. Zur sel­bi­gen Zeit find­en kreative Gege­nak­tiv­itäten statt an denen sich jede und jed­er beteili­gen darf und sollte…

 

Gegen­ver­anstal­tun­gen:

23.07. Vor­trag: “Strate­gie der DVU

25.07. Gegenkundge­bung am Park­platz Sandow­er­straße (org. vom Bünd­nis “Bunter Boykott”)

Nach ein­er kläglich­er Wahlkamp­fauf­tak­tkundge­bung in Brandenburg/Havel wird Cot­tbus die näch­ste Sta­tion der Neurecht­en sein. Bis­lang war das Auftreten der Partei in Cot­tbus eher beschei­den. So hin­gen während der Europawahl bis auf viele Plakate in umliegen­den Dör­fern nur einige wenige in der Stadt selb­st. Den­noch existiert ein, am 7. März 2008 gegrün­de­ter Kreisver­band Spree-Neiße, der die Stadt Cot­tbus einbezieht.

Der, seit 1991, in Bran­den­burg agieren­der DVU war es 1999 gelun­gen, mit 5,28% und 2004, mit 6,1% in den Land­tag einzuziehen. Nach 2 Leg­is­laturpe­ri­o­den kann die DVU keine erwäh­nenswerte Arbeit vor­weisen und ist bis­lang nur wegen ihrer anti­semi­tis­chen Het­ze sowie Ver­her­rlichung von Nation­al­sozial­is­mus aufgefallen.

Die Partei scheint ihren Ruf in Hin­blick auf die kom­mende Land­tagswahl in ein besseres Licht rück­en zu wollen. Seit dem Antritt zur Europawahl ver­sucht die DVU sich als „Neue Rechte“ zu behaupten und greift, im aktuellen Trend viel­er neon­azis­tis­ch­er Organ­i­sa­tio­nen, auf Nation­al­is­mus-Gerede wie, „Wir sind das Volk“, zurück.

Eine angestrebte gemein­same Liste, der NPD mit der DVU, wird es als Folge von Dif­feren­zen zwis­chen den bei­den Parteien nicht geben. Nach­dem der „Deutsch­land­pakt“, der vor­sah, dass DVU und NPD 2009 bei Landtags‑, Bun­destags- und Europawahlen nicht gegeneinan­der antreten, seine Gültigkeit ver­loren hat, sieht sich die DVU gezwun­gen, nun auch gegen die NPD, die sich neuerd­ings als die „echte Rechte“ beze­ich­net, anzutreten.

Die DVU wird alles dran set­zen um eine weit­ere Leg­is­latur antreten zu kön­nen. Fol­glich ist sie nun genötigt umso inten­siv­er in der Öffentlichkeit auf sich aufmerk­sam zu machen.
Wer sich genauer über die DVU und ihre men­schen­ver­ach­t­ende, ras­sis­tis­che Poli­tik informieren möchte, der kann die Infover­anstal­tung im Qua­si­mono am Don­ner­stag, 23.Juli, 19 Uhr besuchen. Am 25. Juli wer­den wir ver­suchen die Ver­anstal­tung zu beein­trächti­gen und rufen alle auf, die den Neon­azis paroli bieten wollen, zu kom­men. Eine Gegen­ver­anstal­tung find­et ab 12.00 auf dem Park­platz, an der Sandow­er­straße, statt. Da sich dieser Park­platz zu weit ent­fer­nt von dem Ver­anstal­tung­sort der DVU befind­et, sind spon­tane und ein­fall­sre­iche Aktio­nen direkt am Oberkirch­platz drin­gend erwünscht.

Kategorien
(Anti-)Rassismus Antifaschismus jüdisches Leben & Antisemitismus Law & Order

Der Mord, die Stadt und die Folgen

Tem­plin (ipr) Seit Mitte 2007 gab es zahlre­iche Über­griffe aus der recht­en Szene Tem­plins auf junge Linke, Punker und Men­schen mit dun­kler Haut­farbe. Durch den bru­tal­en Mord an Bernd K. am 22. Juli 2008 wurde diese gewalt­tätige Szener­ie Tem­plins ans Tages­licht gez­er­rt. Ein Jahr nach der Tat scheint sich nun die Lage beruhigt zu haben. Gegenrede.info ver­sucht einen Überblick über das zurück­liegende Jahr zu geben.

Die Jus­tiz

Vier rechte Tem­plin­er Gewalt­täter sitzen derzeit in Haft. Der damals unter Bewährung ste­hende Pot­zlowtäter Sebas­t­ian F. hat­te den Anfang gemacht. Zweimal besof­fen auf dem Fahrrad erwis­cht, brachte ihn in Unter­suchung­shaft. Danach kamen zwei Kör­per­ver­let­zun­gen und ein „Heil Hitler“ ans Tages­licht. Der Richter nan­nte den kon­se­quent in Londs­dale-Klei­dung gehüll­ten Mann eine „tick­ende Zeit­bombe“ und schick­te ihn für 29 Monate ins Gefängnis.

Bernd Ks Mörder, Sven P., und dessen Mit­täter Chris­t­ian W., die in einem quälen­den, zwölf Sitzungstage andauern­den Prozess zu zehn Jahren Jugend­haft und neun Jahren und drei Monat­en Gefäng­nis verurteilt wor­den sind, haben in der ersten Juli­woche ihr schriftlich­es Urteil zugestellt bekom­men. Die Anwälte haben nun bis Anfang August Zeit, die angekündigte Revi­sion zu begründen.

Patrick K., der Mitte let­zten Jahres dem polizeilichen Druck in Tem­plin aus­gewichen war und seine Aktiv­itäten in andere Uck­er­märkische Städte wie Pren­zlau und Lychen und kurz darauf in die Unter­suchung­shaft ver­legt hat­te, darf für min­destens zwei Jahre über seine Tat­en in ein­er Zelle nachdenken.

Hinzu kommt noch der auch vor Gericht sich als Recht­sex­trem­ist beken­nende Roman A. Der mehrfach vorbe­strafte Gewalt­täter aus dem zehn Kilo­me­ter ent­fer­n­ten Milmers­dorf hat­te am 10. August 2008 in Tem­plin einen 16-Jähri­gen ohne Grund zusam­menge­treten. Die Tat erregte wegen ihrer Bru­tal­ität und ihrer zeitlichen Nähe zum Mord an Bernd K. bun­desweites Auf­se­hen. Er muss für drei Jahre und sechs Monate hin­ter Gitter.

Loli­ta Lodenkäm­per, Press­esprecherin der Staat­san­waltschaft Neu­rup­pin, nen­nt das die Null-Tol­er­anz-Maxime ihrer Behörde und kündigt an: „Wir wer­den weit­er­hin mit hohem Ver­fol­gungs­druck und großem Engage­ment jede recht­sex­treme Straftat zügig vor Gericht bringen!“

Ein weit­er­er rechter Schläger, der das bere­its zu spüren bekom­men hat, ist Matthias M. Er hat­te es inner­halb von neun Monat­en auf acht Gewalt­tat­en gebracht und wurde im Juni diesen Jahres zu ein­er Gesamt­strafe von zwei Jahren und 6 Monat­en Gefäng­nis verurteilt. Er hofft nun, dass eine Beru­fungsver­hand­lung vor dem Landgericht Neu­rup­pin, ihn vor dem Knast bewahrt.

Die Beru­fung hat­te seinem älteren Brud­er Mar­tin M. im Novem­ber 2008 schon den Haf­tantritt erspart. Seine Strafe wurde im Beru­fungsver­fahren zur Bewährung aus­ge­set­zt. Maßge­blich ver­ant­wortlich dafür war ein Brief des Kreisju­gend­wartes des Kirchenkreis­es Templin/Gransee. In diesem Brief bescheinigte er Mar­tin M. eine pos­i­tive Entwick­lung, die sog­ar dazu geführt habe, dass er Mar­tin M. für ein Rock­konz­ert in Tem­plin Ord­ner­funk­tio­nen über­tra­gen werde. Eine jährlich wiederkehrende Ver­anstal­tung im Rah­men der öku­menis­chen Friedens­dekade, die noch im 2007 von Mar­tin M. und seinen recht­en Gesin­nungsgenossen ange­grif­f­en wor­den war. Die Ver­anstal­tung ver­lief im let­zten Jahr friedlich. Und Mar­tin M. ist seit dieser Gerichtsver­hand­lung auch nicht mehr durch Gewalt­tätigkeit­en aufgefallen.

Es gab noch weit­ere Einzeltäter, die mit Bewährungsstrafen und Straf­be­fehlen belegt wor­den sind. Und es gab auch den Nach­wuchs. Ein sechzehn­jähriger Teenag­er, der das am Boden liegen­des Opfer getreten hat­te, nach­dem es von Matthias M. nierdergestreckt wor­den war. Der Bursche erhielt eine Ermah­nung, und das Ver­fahren wurde eingestellt.

Die Polizei

Für den Leit­er der Tem­plin­er Polizei­wache, Har­ald Löschke, hat sich qual­i­ta­tiv einiges in der Stadt verbessert. Die Kom­mu­nika­tion zwis­chen Bürg­er­meis­ter und Polizei funk­tion­iere mit­tler­weile gut. Nach dem Mord habe man sich alle zwei Wochen getrof­fen, im Augen­blick reiche ein Tre­f­fen alle vier Wochen, um sich über die Lage auszu­tauschen. Eines hebt er beson­ders her­vor: „Die Bürg­er nen­nen neuerd­ings ihren Namen, wenn sie bei uns anrufen, um einen Vor­fall zu melden. Das gab es vorher nicht.“ Es habe in diesem Jahr in Tem­plin eine poli­tisch motivierte Gewalt­tat gegeben, ergänzt er. Son­st lediglich ein paar rechte Propagandadelikte.

Bei der Gewalt­tat han­delte es sich um einen Angriff auf einen Reporter der „Tem­plin­er Zeitung“, den der Täter im Suff für ein Aus­län­der gehal­ten hat­te. Bei dem von Staat­san­waltschaft und Gericht zügig durchge­zo­ge­nen Ver­fahren wegen Voll­rausches attestierte der Richter dem bish­er nur wegen Trunk­en­heits­de­lik­ten aufge­fal­l­ene Täter eine latente Aus­län­der­feindlichkeit. Ein Prozess über den in der „Tem­plin­er Zeitung“ übri­gens nicht berichtet wurde.

Bere­its im Jan­u­ar hat­te Matthias M. wieder „unpoli­tisch“ zugeschla­gen, was ihm trotz­dem eine sofor­tige Vor­führung beim Haftrichter ein­brachte, der allerd­ings dem Antrag auf Unter­suchung­shaft nicht zus­timmte. Die Anklageer­he­bung in diesem Fall ste­ht kurz bevor.

Eines möchte Har­ald Löschke ganz deut­lich sagen: „Wir hal­ten die ver­stärk­ten polizeilichen Maß­nah­men, die wir im Novem­ber 2007 auf­grund der gewalt­täti­gen recht­en Szene einge­führt haben, weit­er­hin aufrecht.“ Eines werde man von ihm bes­timmt nicht mehr hören: „Wir haben diese Szene voll im Griff.“

Die Stadt

Bürg­er­meis­ter Ulrich Schoene­ich, der noch kurz nach dem Mord die rechte Szene als eine Erfind­ung der über­re­gionalen Presse gebrand­markt hat­te und dafür aus der Lan­desregierung und durch Jour­nal­is­ten mas­siv kri­tisiert wor­den war, zeigt sich heute geläutert und unter­stützt ener­gisch bürg­er­lich­es Engage­ment für Demokratie in sein­er Stadt.

Dass sich die Kom­mu­nika­tion zwis­chen Polizei und Stadtver­wal­tung verbessert habe, bestätigt auch er. Schoene­ich erin­nert an zahlre­iche Aktio­nen, die nach dem Mord ini­ti­iert wor­den sind: Das Bene­fizkonz­ert am Pub, das Demokratiefest vor den Kreistag­wahlen, zu dem Jugendliche aufgerufen hat­ten und das zu ein­er regelmäßi­gen Ver­anstal­tung wer­den soll, Ver­anstal­tun­gen der Friedrich-Ebert-Stiftung und des CDU-Bun­destagsab­ge­ord­neten Jens Köp­pen, oder eine Diskus­sion­srunde zum Umgang mit Recht­sex­tremen am Tem­plin­er Gym­na­si­um. Es gab eine nicht öffentliche Ver­anstal­tung mit Ver­fas­sungss­chutz und Stadtverord­neten und eine Schu­lung für sämtliche Mitar­beit­er der Stadtver­wal­tung in Sachen Rechtsextremismus.

Wir haben eine Stab­stelle für Demokratieen­twick­lung und Tol­er­anz geschaf­fen, die mir direkt unter­stellt ist.“ ergänzt er. „Wir beteili­gen uns seit Anfang des Jahres im Begleitauss­chuss des Lokalen Aktion­s­planes (LAP) Uck­er­mark, der im Land­kreis die Mit­tel aus dem Bun­de­spro­gramm „Vielfalt tut gut“ im Kampf gegen Recht­sex­trem­is­mus vergibt.“

Große Hoff­nun­gen set­zt Ulrich Schoene­ich in eine Sozial­rau­m­analyse, die mit Unter­stützung eben jenes LAP von Wis­senschaftlern in Tem­plin und seinen Ort­steilen durchge­führt wird, und für die auch von den Stadtverord­neten die notwendi­gen Gelder bewil­ligt wor­den sind.

Andere Ideen kon­nte der Bürg­er­meis­ter nicht durch­set­zen. So scheit­erte sein Ver­such, ein Alko­holver­bot an öffentlichen Plätzen der Stadt einzuführen. Die Stadtverord­neten woll­ten sein­er Logik: Die jun­gen Recht­en tre­f­fen sich an Bushal­testellen, Super­märk­ten oder Park­bänken, besaufen sich dort und schla­gen danach zu, nicht fol­gen. Seinen Vorschlag, die recht­en Schläger zu Hause zu besuchen, um mit ihnen zu sprechen, rede­ten ihn die Experten des Mobilen Beratung­steams aus. Dafür bräuchte man speziell Aus­ge­bildete Leute.

Seine Vorstel­lung, die Arbeit der fünf städtis­chen Jugen­dar­beit­er neu zu organ­isieren und deren Schw­er­punk­te auch auf die Straße zu ver­lagern, hängt in der Warteschleife, weil die bish­erige Chefin sich eine anderen Arbeit­ge­ber gesucht hat.

Die Rechte Szene

Es gibt sie noch. Man sieht die Leute im Stadt­bild, manch­mal im Out­fit autonomer Nation­al­is­ten mit Feld­mützen und Palästi­nenser­tuch. Eine Gruppe von ihnen saß anfangs im Prozess gegen Sven P. und Chris­t­ian W. Manch­mal gibt es Abends ein paar Pöbeleien in Tem­plin­er Kneipen. Das rig­orose Vorge­hen von Polizei, Staat­san­waltschaft und Gericht­en scheint Ein­druck auf die Kam­er­aden gemacht zu haben. Im Grunde hal­ten sie still. Richtig präsent sind sie nur im Netz, in Com­mu­ni­ties wie „Jappy.de“. Dort zeigen sie Fotos von Geburt­stags­feiern und anderen Par­tys, oft in Szenekleidung.

Mar­tin M., der im Jugend­klub der Kirche den braven Jun­gen mit der Klampfe spielt und vor Gericht beteuerte, er gehört nicht mehr zur recht­en Szene, zeigt sich danach im Netz als nationaler Sozial­ist, der auf Demos wie in Stral­sund den Kämpferischen mimt. In diesem Früh­jahr erschien er auf ein­er Brauch­tums­feier der 72-jähri­gen Uck­er­märkischen NPD-Kreistagsab­ge­ord­neten Irm­gard Hack. Wenn man seinem Fre­un­deskreis in der Com­mu­ni­ty ver­fol­gt, hat man die Tem­plin­er Szene recht schnell beisam­men. Auch wenn er mit­tler­weile ver­sucht, sein Pro­fil in Teilen abzusperren.

Kategorien
(Anti-)Rassismus Antifaschismus

Die Freiheit, rassistisch zu sein

INFORIOT Bald geht es für Bran­den­burgs Innen­min­is­ter in den Ruh­e­s­tand. Nach den Land­tagswahlen im Sep­tem­ber zieht sich der CDU-Recht­saußen Jörg Schön­bohm erk­lärter­maßen auf das Altenteil zurück. Poli­tisch gibt es für den Ex-Gen­er­al also nicht mehr viel zu ver­lieren. Wen wun­dert es da, dass Schön­bohm aus­gerech­net jet­zt mit einem Pam­phlet an die Öffentlichkeit tritt, das um deut­liche Worte nicht ver­legen ist: “Poli­tis­che Kor­rek­theit — Das Schlacht­feld der Tugend­wächter” ist die gut 60-seit­ige Schrift betitelt, die vor weni­gen Wochen erschien.

Das Buch würde, so urteilt die ultra­rechte “Junge Frei­heit”, “Dämon­isierung und Stig­ma­tisierung von Ander­s­denk­enden” ange­hen, welche durch über­triebene “poli­tis­che Kor­rek­theit” (PC) her­vor­rufen würde. Die neurechte Wochen­zeitung ist so begeis­tert, dass sie die Schön­bohm-Schrift sogle­ich in ihren Buchver­trieb aufgenom­men hat. Auch das Inter­net­por­tal “Bibel-wissen.de” (“Jesus ist der Weg, die Wahrheit und das Leben”) freut sich, dass der “gemäßigt-kon­ser­v­a­tive” Schön­bohm so mutig sei, die gegen­wär­tige “Sprach­normierung” endlich ein­mal anzugreifen.

Worum geht es tat­säch­lich? Schön­bohm wet­tert gegen Kri­tik, die aus­gren­zende Sprache ins Visi­er nimmt. Vorge­bliche “polit­i­cal cor­rect­ness” würde die Mei­n­ungs­frei­heit in Deutsch­land gefährden. Das The­ma ist seit Jahren schon Objekt von Tiraden aus der extremen und kon­ser­v­a­tiv­en Recht­en. Bere­its 1996 wurde von antifaschis­tis­chen Wis­senschaftler darauf aus­führlich einge­gan­gen. Zum Kom­plex hat Schön­bohm kein Iota Neues beizu­tra­gen. Er erge­ht sich in Wieder­hol­un­gen der neurechts-recht­sex­trem-kon­ser­v­a­tiv­en Stan­dards. 1994 (!) schrieb etwa die ein­deutig recht­sex­treme Zeitschrift “Nation und Europa” (Heft 7/8, S. 6ff) über “polit­i­cal cor­rect­ness” als ein­er “neuen Zen­sur” (S. 6) wie im “Orwellschen ‘1984’ ” (S. 6), von “tabuisierten The­men” (S. 8) und von “link­er PC-Inqui­si­tion” (S. 8). Schön­bohm in 2009 schreibt von “Kor­rek­theit­szen­sur” (S. 20) wie bei Orwell (S. 35), “neuen Sprachtabus” (S. 21) und “PC-Inqui­si­tion” (S. 6). Mit langem Anlauf wächst zusam­men, was zusam­men gehört.

Schön­bohm schimpft: “Es gibt keine Zen­sur mehr — Gott sei Dank! Aber es gibt den Auf­s­tand der Anständi­gen — Gott sei’s geklagt. Was wir momen­tan erleben, ist ein Amok­lauf der Poli­tis­chen Kor­rek­theit. In allen Bere­ichen infizieren uns die Gut­men­schen mit dem Betrof­fen­heitsvirus, normieren die Sprache und bes­tim­men unsere Lebensgewohnheiten.”

Was genau damit gemeint ist? Wenn Wörter wie “Neger” für ihre ras­sis­tis­che Bedeu­tung kri­tisiert wer­den, sieht Schön­bohm die Mei­n­ungs­frei­heit in Gefahr. “Dabei ist der Wor­tur­sprung eigentlich denkbar harm­los”, so der CDUler. Es stamme vom lateinis­chen “niger” und das bedeute nichts weit­er als schwarz. Dass darin notwendig der Ver­weis auf eine “negride Rasse” inbe­grif­f­en ist, erwäh­nt er nicht. Eigentlich ver­wun­der­lich, denn die Rede von ange­blichen men­schlichen Rassen sei aus Schön­bohms Sicht mit­nicht­en ras­sis­tisch. Er klagt: “ ‘Rasse’ zählt [..] zu jenen Wörtern, die in uns sofort einen Polit­i­cal-Cor­rect­ness-Reflex auslösen.”

Weit­er: “Poli­tis­che Kor­rek­theit führt dazu, daß wir unsere eigene Iden­tität aufgeben.” Welche Iden­tität ist gemeint? Die stammtisch-ras­sis­tis­che Iden­tität, die endlich, endlich wieder von “Rasse” und “Neger” reden und damit die Dinge beim Namen nen­nen darf? Genau die: “Wie oft habe ich es erlebt, daß jemand zu mir kam und sagte: ‘Sie haben ja recht, aber müssen Sie das unbe­d­ingt in aller Öffentlichkeit sagen?’ ”, berichtet Schön­bohm. Und hat so auch gle­ich die Zauber­formel gefun­den, um den bun­des­deutschen Recht­sex­trem­is­mus zu erk­lären: “Daß Recht­sex­treme in solch einem Kli­ma an Boden gewin­nen, liegt auf der Hand. Sie geben vor, die ver­meintlichen Tabus zu brechen, und schaf­fen es auf diese Weise, daß sich ein Teil der Wäh­ler nur noch von ihnen ver­standen fühlt. Nach dem Mot­to: Endlich sagt mal ein­er die Wahrheit.” Noch ein­mal in Zeitlupe: Schön­bohm sagt, dass diejeni­gen Leute an Recht­sex­trem­is­mus und Ras­sis­mus schuld hät­ten, die Recht­sex­trem­is­mus und Ras­sis­mus kri­tisieren. Denn dadurch füh­le sich der deutsche Michel auf den Schlips getreten und würde durch diesen PC-Tugendter­ror genötigt, DVU oder NPD zu wählen.

Ende des Jahres soll übri­gens wom­öglich ein weit­eres Buch von Schön­bohm erscheinen.

Kategorien
Antifaschismus

Brandenburger Sitten in Berlin: Hitlergruß in der Disko, dann “Bordsteinkick” gegen Linken

(Quelle Indy­media: “Friedrichshain­er Bor­d­stein­kick: Neue Infos”, Namen und Bilder hier anonymisiert) Seit dem bru­tal­en Über­fall mit soge­nan­ntem „Bor­d­stein­kick“ (bekan­nt aus dem „Kinofilm Amer­i­can His­to­ry X“) am 12. Juli in Friedrichshain ver­sucht das Berlin­er LKA mit aller Macht die Tat zu rel­a­tivieren, zu ent­poli­tisieren und den ver­let­zten AntifaschistIn­nen eine Mitschuld an dem Geschehen zu geben. Ein Polizeis­prech­er ver­mutete in der Abend­schau auf rbb gar ein „good night white pride“-Logo habe zu dem Bor­d­stein­kick provoziert und die Tat mit verur­sacht. Es kam zu Haus­durch­suchun­gen und Ver­haf­tun­gen bei Antifas und Zeu­gen, von den beteiligten Neon­azis ist hinge­gen wenig zu hören. Obwohl allein deren Aus­sagen für die Ermit­tlun­gen der Berlin­er LKA gegen die linken Jun­gendlichen her­hal­ten müssen.

 

Wir stellen fest:

- Die ver­hafteten Täter gehören zu ein­er Neon­azi­gang die seit Jahren in Königs Wuster­hausen und Umge­bung gewalt­tätig agiert, sich selb­st als hun­dert­prozentige Neon­azis und Ras­sis­ten begreifen und in der Ver­gan­gen­heit immer wieder grund­los ihre Opfer attackierten.

Ein Blick in die ein­schlägi­gen sozialen Inter­net-Net­zw­erke belegt zudem:
- Diese Gruppe verkehrte regelmäßig mit anderen Berlin-Bran­den­burg­er Neon­azis in der Friedrichshain­er Diskothek „Jeton“. Hier kon­nten sie offen Neon­azi-T-Shirts zur Schau stellen und sich gegen­seit­ig mit dem Hit­ler­gruß fotografieren.

Wir wis­sen: Immer wieder grif­f­en Neon­azis nach oder vor dem Jeton-Besuch Linke, Nicht­deutsche oder Homo­sex­uelle an. Auch die Berlin­er Neon­azis Alexan­der Basil, David Gudra und Chris­t­ian W. standen erst kür­zlich für einen solchen Über­fall in Berlin vor Gericht. 

- Auch am Tattag war die Täter­gruppe mit anderen Neon­azis im bzw. vor der Diskothek Jeton. Nicht nur in der offiziellen Jeton­fo­to­gal­lerie find­en sich bekan­nte KWer Neon­azis. Par­ty­bilder bele­gen ein­deutig, kurz vor der Tat hiel­ten sich u.a. Oliv­er K. vor und im Jeton auf, Mar­cel B. sass vor dem Jeton und zeigte Pas­san­ten den Hitlergruß.

- Mar­cel B. fiel bere­its 2003 durch neon­azis­tis­che Aktiv­itäten auf. In Mit­ten­walde schmierte er Hak­enkreuze und “SKIN HASS” an eine Grund­schule. An sein­er Schule in Bestensee ließ er die Neon­azi-CD “Ziller­taler Türken­jäger” kursieren. 

Von ein­er Spon­tan­tat extrem­istis­ch­er Jugendge­walt zu sprechen ist ein Skan­dal, dass Jeton war zu kein­er Zeit zu Unrecht im Fokus von AntifaschistIn­nen. Bekan­nte Neon­azis kön­nen hier seit Jahren offen auftreten, ihre Freizeit ver­brin­gen und sich ver­net­zen. Berichte von Austeigern aus der Neon­azi-Szene und Beobach­tun­gen von Szeneken­nern haben das mehrfach belegt. Die aktuell vor­liegen­den Fotos zeigen die Tat­beteiligten kurz vor der Tat u.a. mit Hit­ler­gruß vor dem Jeton. Die gegen­teili­gen Beteuerun­gen des Jeton Betreibers Ron­ny Berkhan in sein­er Stel­lung­nahme unter http://www.jeton-berlin.de/ zeu­gen besten­falls von man­gel­n­dem Prob­lem­be­wusst­sein oder poli­tis­ch­er Naivität. 
Eines ist beim Durch­forsten der ein­schlägi­gen Fre­un­deslis­ten, Gäste­büch­er, Foto­gal­le­rien etc. auf­fäl­lig genug: 
- Alle Beteiligten verbindet der Kult um den Film „Amer­i­can His­to­ry X“, welchem der Bor­d­stein­kick entlehnt ist. Er ist selb­st­ge­nan­nter Lieblings­film, das Motiv find­et sich als Film­poster an der Zim­mer­wand, als Handy­bild­chen, Avatar oder Bild­schirm­schon­er immer wieder. Der Bor­d­stein­kick war mit Sicher­heit Teil der eige­nen Neon­azi-Iden­tität und keine spon­tane Tat, die durch ein beliebtes Antifal­o­go verur­sacht wurde. 
Wer die üblichen ras­sis­tis­chen Stan­dart­pass­wörter der Neon­aziszene ken­nt stößt im Netz bei den Tat­beteiligten bzw. deren direk­tem Umfeld auf Bilder­samm­lun­gen die einiges erah­nen lassen: Gewalt­strotzende und men­schen­ver­ach­t­ende Bild­chen gegen Linke, Far­bige und Juden, Rassen­hass, Huldigung von NS-Ver­brechen und gemein­sames Posieren mit Maschi­nengewehren und anderen schw­eren Waf­fen, Hit­ler­grüße, Neon­azidemos, Konz­erte und jede Menge „white trash“. 

Für einen entschlosse­nen Antifaschis­mus – auf die eigene Kraft ver­trauen.
Kein Ver­trauen in das Berlin­er LKA und den Berlin­er Gefälligkeitsjournalismus.
Kategorien
(Anti)militarismus

Ist die Heide wirklich frei?

Auszug aus dem Sichelschmiede-Rund­schreiben Juli 2009:

Eine Weile haben wir gerät­selt, wie denn die Aus­sage von Jung nun
wirk­lich zu ver­ste­hen ist: Verzichtet die Bun­deswehr auf die Nutzung des
ehe­ma­li­gen Bom­bo­droms als Luft-Boden-Schieß­platz, oder verzichtet sie
auf das Gelände an sich? Ein Anruf bei der Press­es­telle des
Bun­desvertei­di­gungs- min­is­teri­ums brachte uns Klarheit.

Herr Matthias Mantey, Sprech­er für Wehrver­wal­tung und Fra­gen des Rechts
im BMVG, teilte uns mit: *“Das ist erst­mal ein Verzicht auf die
Nutzung als Luft-Boden-Schieß­platz. Alles weit­ere muss noch gek­lärt
wer­den”*.

Es kön­nte also dur­chaus noch passieren, dass das
Bun­desvertei­di­gungsmin­is­teri­um sich entschließt, den Platz (oder einen
Teil davon) für andere mil­itärische Zwecke zu nutzen. Falls es sich
dabei um leis­ere Aktiv­itäten han­deln würde, kön­nten sie sich evtl.
tat­säch­lich Chan­cen aus­rech­nen, damit durchzukommen.

Wir meinen, es kön­nte gut sein, als Protest­be­we­gung zügig zu ein­er Ein­schätzung zu
kom­men, wie wahrschein­lich ein solch­es Szenario ist, und ggf. noch vor
der Wahl weit­erge­hende Aus­sagen einzufordern.

Kategorien
Antifaschismus

Verlängertes antifaschistisches Wochenende in Zossen

Zossen — Am Sam­stag, den 04. Juli besucht­en 150 zum größten Teil junge Men­schen das Konz­ert „Love music, hate fas­cism!” im Zossen­er E‑Werk , wobei Hip-Hop, Rock und Funkbands aus Berlin und Bran­den­burg für aus­ge­lassene Stim­mung sorgten. Das Konz­ert, welch­es von der Pro­jek­t­gruppe „Zossen wird laut! ” ver­anstal­tet wurde, richtete sich gegen faschis­tis­che Struk­turen in Tel­tow Fläming und ist als jährlich­er sub­kul­tureller Anlauf­punkt für kri­tisch alter­na­tive Jun­gendliche aus der Umge­bung zu verstehen.

In den Jahren zuvor kam es bei linksalter­na­tiv­en Ver­anstal­tun­gen bzw. Infoaben­den im E‑Werk regelmäßig zu ver­sucht­en Angrif­f­en von der lokalen Neon­aziszene, mit teil­weise bis zu 30 Per­so­n­en. Die Kam­er­ad­schaft „Freie Kräfte Tel­tow-Fläming”, kurz FKTF, war bei diesen faschis­tis­chen Aktio­nen immer die mobil­isierende Gruppe im Hin­ter­grund. Nur durch kon­se­quente antifaschis­tis­che Gege­nak­tiv­itäten und inten­siv­er Aufk­lärungsar­beit über extrem rechte Per­so­n­en und Struk­turen, kon­nte dieses Jahr ein ähn­lich­er Angriff ver­hin­dert werden.

Far­ban­griff auf die Bürg­erini­tia­tive „Zossen zeigt Geicht”

Und trotz­dem wurde auch dieses mal eine kleine Gruppe von Neon­azis um Christoph Schack in Zossen beobachtet, wie diese ver­suchte Präsenz zu zeigen. Die Per­so­n­en­gruppe kon­nten zwar nicht die antifaschis­tis­che Ver­anstal­tung stören oder sich unerkan­nt unter die Besucher_Innen mis­chen, jedoch kam es nach dem Konz­ert, am frühen Mor­gen zwis­chen 4 und 5 Uhr, zu einem Far­ban­griff von Neon­azis mit brauner Farbe auf ein Haus in der Fis­ch­er­strasse 23. Dieses Haus gilt in Zossen als parteiüber­greifend­er Anlauf­punkt für Bürger_Innen, die sich in der Region gegen extrem rechte Struk­turen engagieren möcht­en und ist der offizielle Tre­ff­punkt der Bürg­erini­tia­tive „Zossen zeigt Gesicht”, die sich mit interkul­turellen Bürg­er­festen und Infoaben­den, erfol­gre­ich gegen recht­es Gedankengut zur wehr set­zt. Der Angriff ist als Reak­tion der Neon­azi­gruppe gegen das antifaschis­tis­che Konz­ert zu ver­ste­hen, welch­es sie nicht unbeant­wortet ablaufen lassen wollten.

Auf der Hauswand waren die Parolen „Volksver­räter” und „Linke Sau” zu lesen, was deut­lich macht, dass die Neon­azis nicht nur gezielt den öffentlichen Tre­ff­punkt der Bürg­erini­tia­tive angreifen woll­ten, son­dern auch ver­sucht­en einen ihrer Aktivis­ten einzuschüchtern, der in den unteren Eta­gen des Haus­es sein Geschäfts­büro hat. Es ist in diesem Zusam­men­hang nicht ver­wun­der­lich, dass am Tatort zwei Aufk­le­ber der Kam­er­ad­schaft „FKTF” gefun­den wur­den, was den Täterkreis der extrem recht­en Per­so­n­en nochmals ein­gren­zt, da alle ihre aktiv­en Mit­glieder bekan­nt sind. Obwohl die Polizei in unmit­tel­bar­er Nähe zum Haus ihr Revi­er hat und auf­grund der Erfahrun­gen aus den let­zten Jahren vorge­warnt war und Neon­azi Christoph Schack beim Ausspähen des Tatorts beobachtet wurde, kon­nte dieser Angriff nicht ver­hin­dert werden.

Neon­azis lassen nicht locker…

Als Reak­tion auf den Angriff, haben Aktivist_Innen der Bürg­erini­tia­tive am Mon­tag­mor­gen mehrere Anti-Naz­i­trans­par­ente aus dem Haus in der Fis­ch­er­strasse her­aus gehangen, wodurch die klare Botschaft ver­mit­telt wer­den sollte, dass sie sich nicht von den Neon­azis ein­schüchtern lassen wer­den. Kurze Zeit darauf zog diese Reak­tion wieder zwei junge unbekan­nte Neon­azis aus Zossen an, welche davon wohl ver­wun­dert waren und sich provoziert fühlten. Min­destens drei unab­hängige Zeu­gen haben daraufhin beobachtet wie diese Per­so­n­en ver­sucht­en, einzelne Trans­par­ente von dem Haus zu ent­fer­nen und faschis­tis­che Parolen brüll­ten. Eine Per­son mit nack­tem Oberkör­p­er, hat­te zudem ein blaues Hak­enkreuz auf dem Oberkör­p­er, was er aus Pro­voka­tion den anwe­senden Per­so­n­en beim ver­sucht­en Abreisen der Trans­par­ente zur Schau stellte. Die bei­den Neon­azis flüchteten mit Fahrrädern die Fis­ch­er­strasse ent­lang, vor­bei an der Feuer­wehr, in Rich­tung Einkauf­s­cen­ter. Kurze Zeit später wurde die Polizei über den Vor­fall informiert, welche die Lage eben­falls als unsich­er ein­stufte, da auch im Umfeld des Zossen­er Mark­t­platzes immer wieder einzelne Men­schen aus dem extrem recht­en Spek­trum beobachtet wur­den, unter anderem Christof Schack mit weib­lich­er Begleitung. Viele Aktivist_Innen der Bürg­erini­tia­tive haben an diesem Tag die Stadt Zossen als Angstraum wahrgenom­men, auf­grund von unge­hemmten Neonaziaktivitäten.

Antifaschis­tis­che Spon­tande­mo gegen Zossen­er Zustände 

Um diese faschis­tis­chen Aktiv­itäten in Zossen nicht unkom­men­tiert zu lassen und um Sol­i­dar­ität mit den betrof­fe­nen Men­schen der Bürg­erini­tia­tive zu sym­bol­isieren, wurde noch am Mon­tagabend gegen 21 Uhr eine Spon­tandemon­stra­tion in Zossen durchge­führt. Fast 40 Men­schen beteiligten sich an dieser kurzen, aber laut­starken Aktion und stell­ten unter Beweis, dass durch sol­i­darisches, gemein­sames und gen­er­a­tionsüber­greifend­es Han­deln gegen Neon­azis, die Angst vor extrem recht­en Angrif­f­en bzw. Pro­voka­tio­nen über­wun­den wer­den kann.

Einige Stadtverord­nete der recht­skon­ser­v­a­tiv­en Bürg­er­partei Plan‑B und der CDU sind in diesem Zusam­men­hang immer wieder als Vor­re­it­er eines total­i­taris­tis­chen Diskurs­es in der Region zu benen­nen, wobei eine plumpe Gle­ich­set­zung von linksradikalen Posi­tio­nen bzw. Aktiv­itäten, mit faschis­tis­ch­er Ide­olo­gie und Prax­is durchge­führt wird. (siehe Artikel Zossen: Stadt rel­a­tiviert Nazi­ak­tiv­itäten) Das solche Posi­tio­nen, der ver­meintlich bürg­er­lichen Mitte unser­er Gesellschaft, dazu beitra­gen, dass das his­torisch ein­ma­lige Phänomen des Nation­al­sozial­is­mus und dessen zer­störerischen Fol­gen ver­harm­lost wer­den und extrem rechte Posi­tio­nen salon­fähig gemacht wer­den, ist diesen Poli­tik­ern entwed­er nicht bewusst oder nehmen sie tak­tisch in Kauf. Es ist dur­chaus sin­nvoll hier­bei von „Zossen­er Zustän­den” zu sprechen, welche es immer wieder ermöglichen, dass sich Neon­azis im Stadt­ge­bi­et ungestört bewe­gen kön­nen und anti­semi­tis­che Unternehmer wie Rain­er Link, nicht dazu aufge­fordert wer­den, ihre geschicht­sre­vi­sion­istchen Trans­par­ente von der Hauswand zu ent­fer­nen. Das jet­zt die Zeit der kle­in­städtis­chen Ruhe in Zossen vor­bei ist und das Neon­aziprob­lem der Stadt nicht mehr durch poli­tis­ches Schweigen oder durch kri­tik­lose Ver­harm­lo­sung geleugnet wer­den kann, da eine neue Qual­ität extrem rechter Gewalt erre­icht wurde, dass kön­nen selb­st recht­skon­ser­v­a­tive Poli­tik­er nicht unkom­men­tiert hinnehmen.

Des Weit­eren sehen wir die Tat­sache äußerst kri­tisch, dass ein­er Neon­azi-Grup­pierung soviel Raum in öffentlichen Medi­en wie der Märkischen All­ge­meinen Zeitung (MAZ), für ihre abstrusen Ver­schwörungs­the­o­rien und men­schen­ver­ach­t­en­den Pro­pa­gan­da gegeben wird. Eine kri­tis­che bzw. dis­tanzierte Berichter­stat­tung über Neon­azi­ak­tiv­itäten sieht anders aus.

Schlussfol­gerun­gen

Der extrem rechte Far­ban­griff von Neon­azis aus dem Umfeld der lokalen Kam­er­ad­schaft „Freie Kräfte Tel­tow-Fläming” gegen die Bürg­erini­tia­tive „Zossen zeigt Gesicht”, rei­ht sich ein in eine Vielzahl faschis­tis­ch­er Aktiv­itäten und Aggres­sio­nen in der Region um Zossen. Zulet­zt ver­suchte Chris­t­ian Stef­fen, aus dem Umfeld der „FKTF”, mit zwei weit­eren Neon­azis am 20.06. in der Bahn­hof­sstraße vor der Sparkasse in Mahlow, einen alter­na­tiv­en Jugendlichen anzu­greifen und ver­fol­gten diesen, als er mit seinem Fahrrad flüchtete. Knapp eine Woche zuvor, am 14.06. griff eben­falls Chris­t­ian Stef­fen mit einem weit­eren Neon­azi am Bahn­hof Mahlow einen alter­na­tiv­en Jugendlichen an. Nach­dem der Betrof­fene angerem­pelt wurde, schlug Stef­fen ihn mit der Faust ins Gesicht. Eine Anzeige wurde erstat­tet. Auch bei ein­er Neon­azi-Kundge­bung am 11.02. in Zossen ver­sucht­en mehrere Teil­nehmer, unter anderem die „FKTF” Mit­glieder Daniel Teich und Lutz Skupin, die Gegen­demon­stran­ten anzu­greifen, scheit­erten jedoch damit bere­its an der Polizei. In der Ver­gan­gen­heit gab es auch ver­suchte Angriffe auf antifaschis­tis­che Ver­anstal­tun­gen in Rangs­dorf und Zossen. Als nicht unbe­deu­tend hinzuzufü­gen wäre, dass ein­mal mehr das „FKTF” Mit­glied Christoph Schack aus Zossen, vor dem extrem recht­en Far­ban­griff beobachtet wurde, wie er den Tatort in der Fis­ch­er­strasse ausspähte und sich auch in den Tagen danach im Umfeld des Tatorts aufhielt. Zudem sind die meis­ten Mit­glieder der „Freien Kräfte Tel­tow-Fläming” bere­its durch Gewalt­tat­en der Polizei bekan­nt.
Das sich die lokalen Neon­azis auf extrem recht­en Inter­net­seit­en, durch Pressemit­teilun­gen und in Zeitungskom­mentaren selb­st als Opfer ein­er staatlichen Ver­schwörung gegen ihre neon­azis­tis­che Kam­er­ad­schaft darstellen wollen, kann nicht darüber hin­wegtäuschen, dass men­schen­ver­ach­t­ende Gewalt gegen Ander­s­denk­ende, Ander­sausse­hende und antifaschis­tis­che Per­so­n­en, oft­mals bis zum Tod, ein wesentlich­es Moment faschis­tis­ch­er Ide­olo­gie und Prax­is ist, wie sie unter Anderem die „FKTF” aber auch die NPD ver­tritt. Diese Organ­i­sa­tio­nen lassen sich hier­bei lück­en­los in eine faschis­tis­che Kon­ti­nu­ität ein­fü­gen, wie sie seit dem Ende des Nation­al­sozial­is­mus in Deutsch­land vorzufind­en ist. Insofern ist die Dis­tanzierung der Gruppe von diesem Far­ban­griff mehr als unglaub­würdig und spiegelt lediglich die Angst vor staatlich­er Repres­sion wieder.

Antifa heißt Angriff

Unsere Sol­i­dar­ität gilt all den­jeni­gen Grup­pen und Per­so­n­en, die sich antifaschis­tisch gegen men­schen­ver­ach­t­ende Struk­turen ein­set­zen und nicht davor zurückschreck­en, einen von All­t­agsras­sis­mus und herumziehen­den Neon­azis geprägten städtis­chen Nor­malzu­s­tand, entschlossen ent­ge­gen zutreten. Denn Faschis­mus ist keine Mei­n­ung, son­dern ein Verbrechen!

Inforiot